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Nebel über Hogwarts

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Flüche und Bäder

Nebel über Hogwarts – Kapitel 34: Flüche und Bäder
 

In der ausgelaugten Ruhe, die Hogwarts nach dem Halloween-Ball erfasst hatte, brauchte Remus einige Tage, bis er sich dazu durchringen konnte, James und Sirius von Peters neuen Informationen über Suzanne zu erzählen. Die beiden nahmen es einigermaßen gefasst auf, auch die Kritik an ihrem Verhalten, die Remus ihnen nicht verschwieg, auch wenn Sirius – natürlich – darauf bestand, dass Snape nur bekommen hatte, was er verdiente.

Der nächste Teil ihres Vorschlages, nämlich, Suzanne einige nützliche Verteidigungszauber beizubringen, traf auf größere Zustimmung, genauso wie die Idee, dass Remus und Peter das übernehmen sollten, weil Suzanne die beiden mehr mochte als James und Sirius. Und so kam es, dass die drei eine Woche nach dem Angriff auf Hogsmeade in einem leeren Klassenzimmer für Zauberkunst standen und sich ein wenig misstrauisch musterten.

Suzanne sah noch immer sehr blass und bedrückt aus, aber in ihren Augen schimmerte ganz weit hinten ein entschlossener Funke, der Remus daran erinnerte, warum man niemanden in eine Ecke drängen sollte. „Bist du bereit?“, fragte er und sie nickte, den Zauberstab fest in ihrer kleinen Hand eingeschlossen. „Dann auf drei.“

Peter nickte ebenfalls. „Eins... zwei... drei!“

Expelliarmus!“

Protego!“

Sein Schildzauber wehrte ihren blassen, roten Entwaffnungsversuch spielerisch ab und der Strahl schlug mit einem leisen Knall über einem von Professor Flitwicks Schränken ein. „Das sieht schon ziemlich gut aus“, meinte er und Suzanne nickte, wenn auch mit zweifelndem Gesichtsausdruck. „Nochmal?“

„Ja.“

Nach dem vierten Versuch hätte Remus fast seinen Zauberstab fallen gelassen, so überrascht war er. Er hatte seinen Schildzauber einen Moment zu spät gesprochen und spürte, wie Suzannes Entwaffnungsversuch an seiner Hand zerrte – etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte. „Fast hättest du mich gehabt – versuchs nochmal!“

Sie nickte und rief so schnell Expelliarmus, dass Remus nicht einmal Zeit für einen nonverbalen Protego hatte und rücklings hingeworfen wurde, während sein Zauberstab durch die Luft segelte und vor Suzannes Füßen landete.

Peter lachte auf. „Das ist toll!“, rief er, während er gemeinsam mit seiner Schwester zu Remus hinüberlief, um seinem Freund wieder aufzuhelfen. So froh er auch war, dass Suzanne sich nun wenigstens ein bisschen verteidigen konnte, der nächste Vollmond stand dicht bevor und schon jetzt tat Remus alles weh – auch ohne dass er durch die Luft geschleudert wurde.

„Entschuldigung“, rief sie aus und streckte die kleinen, zarten Hände aus, um ihm beim Aufstehen zu helfen – was ihr auch gelang, wenn auch mit der Unterstützung von Peters kräftigeren Armen. „Ich... ich dachte du wärst bereit und ich war so aufgeregt und...“

Er lächelte und schüttelte den Kopf. „Ist schon in Ordnung – ich bin ja selbst schuld, und du hast alles richtig gemacht.“

Trotzdem übten sie für den Rest des Abends, indem Suzanne Peter verhexte und Remus zählte und Tipps gab, bis das Mädchen den Expelliarmus ohne Probleme beherrschte und er auch so stark war, dass sie damit schwächere Schildzauber durchbrechen konnte. Remus war froh, dass sie Schluss machen konnten, auch wenn er nun nicht mehr in der Bahn von wenn auch schwachen, so doch dezidiert feindseligen Zaubern stand, er fühlte sich bereits müde, obwohl seine Erschöpfung in keiner Proportion zu seiner Anstrengung stand. Manchmal... manchmal wünsche ich mir, einfach nur normal zu sein.

Morgen würde er sich noch einmal mit Florence treffen, Ausreden erfinden, warum sie am Samstag nicht zusammen lernen konnten, und ihr in das besorgte Gesicht lügen, und dann wären es nur noch wenige Stunden und Madame Pomfrey würde ihn zur Peitschenden Weide führen, in sein Gefängnis. Auch wenn es seine Freunde im letzten Monat geschafft hatten, zu ihm vorzudringen und mit ihm über die Ländereien zu jagen, war es jetzt, wo die Auroren die Bewachung des Schlosses verstärkt hatten und jede Nacht Patrouillen verdächtigen Aktivitäten nachgingen, nicht sicher, ob sie es zu ihm schaffen würden. Remus graute allein schon bei dem Gedanken, eine Verwandlung alleine war mit das Schrecklichste, das er sich vorstellen konnte, und das nicht nur wegen der Narben, die sie unweigerlich zurückließ. Noch Tage danach fühlte er sich so, als ob man ihn eingesperrt hätte und nicht nur den Wolf, der in ihm hauste, wachte nachts aus Albträumen auf, in denen man ihn als Monster beschimpfte und in einem Zoo ausstellte, suchte in geschlossenen Räumen nach einem Ausweg, den es nicht gab und...

„Remus? Peter?“, fragte Suzanne leise, während sie gemeinsam die vielen Treppen zum Gryffindorturm hinaufstiegen, und er hielt inne, betrachtete das kleine Mädchen, das mit strengem Blick zu ihm hochsah. „Seid ihr eigentlich noch immer gemein zu Snape?“

Remus runzelte die Stirn, mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet, doch dann schüttelte er den Kopf. Zumindest er hatte seit einiger Zeit nichts mehr mit Snape zu tun gehabt, außer dass sie im selben Unterricht gesessen hatten. „Nein.“

Auch Peter schüttelte den Kopf, sie beide schienen sich an ihr Gespräch nach dem Halloweenball zu erinnern und an das, was sie damals gesagt hatten. „Auch nicht.“

„Und versprecht ihr mir, dass ihr nie wieder gemein zu ihm sein werdet? Niemand hat das verdient, so behandelt zu werden.“

Langsam seufzte Remus, dachte an die Reaktionen von James und Sirius, wenn sie von diesem Versprechen wüssten, doch dann nickte er schließlich und sah aus dem Augenwinkel, wie Peter dasselbe tat. „Versprochen.“
 

Die Ländereien von Hogwarts waren, während der November fortschritt, immer kälter und ungemütlicher geworden, bis auch zwei Personen, die sehr entschlossen waren, sich ein wenig Privatsphäre zu verschaffen, den kalten Winden und den dicken Regentropfen nicht länger trotzen konnten. Also hatten Remus und Florence einen neuen Treffpunkt benötigt und sich nach einiger Überlegung schließlich für das Badezimmer der Vertrauensschüler entschieden.

Die Bibliothek fiel aus, genauso wie die Küche, und auch in den Fluren war es mittlerweile so eisig, dass ihr Atem in kleinen Wölkchen vor ihnen kondensierte und die meisten Schüler mittlerweile ihre Winterumhänge trugen. Viele Möglichkeiten blieben danach nicht mehr.

Natürlich, sie hätten sich in ein leeres Klassenzimmer setzen können, doch erstens bestand dort immer die Gefahr, von Peeves oder einem Lehrer gestört zu werden, und zweitens konnte Remus sich keinen unromatischeren Treffpunkt vorstellen als einen kahlen, von schlichten Bankreihen gesäumten Raum. Und ob er es vor seinen Freunden zugeben wollte oder nicht, Remus' Interesse an Florence war zunehmend romantischer Natur.

Die erste, alles andere verschlingende Nervosität, die ihn immer befallen hatte, wenn er sich mit ihr traf, hatte er mittlerweile abgelegt – doch sie hatte nur Platz gemacht für andere, differenziertere Gefühle, die er nicht so genau einordnen konnte und die ihn in den allermeisten Fällen fürchterlich verwirrten.

Er wusste nur, dass er sie unbedingt sehen wollte, dass es wehtat, wenn sie ging und er sie vermisste, wenn sie sich nicht treffen konnten – und wenn seine idiotischen Freunde das „fürchterlich verknallt“ nennen wollten, dann sollten sie doch!

„Hallo Remus!“, murmelte eine leise Stimme an seinem Ohr und er zuckte zusammen, als er sich umwandte und Florence entdeckte, die es wohl irgendwie geschafft hatte, sich mehr oder weniger unbemerkt an ihn heranzuschleichen und sich nun köstlich über seinen Schreck amüsierte. „Bist du so in Gedanken versunken, dass du mich gar nicht bemerkst?“

„Hey Florence.“ Er wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte – immerhin war er wirklich ein wenig abwesend gewesen – also beschränkte er sich darauf, das Passwort zu sagen und Florence den Vortritt in das Badezimmer zu lassen, vor dem sie sich getroffen hatten.

Glücklicherweise war keiner der Vertrauensschüler auf die Idee gekommen, den Raum für eine frühe Dusche zu nutzen, und es entstanden keine peinlichen Situationen mit irgendjemand anderem – nur die Nixe döste auf ihrem gemalten Felsen an der Wand, aber die zählte definitiv nicht. Und schlief außerdem.

„Wie war Verwandlung?“, fragte er ein wenig unentschlossen, während sie sich aus ihren Schichten von warmer Kleidung schälten und Mützen, Handschuhe, Schals und ihre Winterumhänge auf der Bank neben den Handtüchern platzierten.

Florence lächelte. „Gar nicht so schlecht – McGonagall hat mir heute immerhin keine Punkte abgezogen, und mein Aufsatz kam sogar mit einem A zurück. Naja, gut, eher unser Aufsatz... aber es war ein A! Ich dachte erst, dass wir gar kein Verwandlung hätten, weil sie nicht am Frühstückstisch saß, aber dann war sie ja da und es hat alles geklappt.“

Ihre Wortwahl brachte ihn zum Grinsen, sie hatten den letzten Samstag, während James und der Rest des Quidditch-Teams sich unter den wachsamen Augen von Auroren durch eisige Böen und Schneeregen quälten, damit verbracht, Florence' Verwandlungshausaufgaben zu erledigen, und es war befriedigend zu sehen, dass das Ergebnis nicht nur von ihm geschätzt wurde. „Das ist doch toll!“, meinte er und sie grinste, bevor sie zu den vielen Wasserhähnen hinüberging und einige davon aufdrehte. Für einen Moment fragte Remus sich, was sie vorhatte, doch dann sah er, wie sie aus Schuhen und Strümpfen schlüpfte und sich an den Beckenrand setzte, darauf wartete, dass das Wasser ihre Zehen erreichte.

„Komm doch auch her!“, lächelte sie und blickte zu ihm hoch, erwartungsvoll, aus großen Augen. „Der Boden ist ganz warm und das Wasser sicher auch.“

Ein wenig zögerlich tat er es ihr gleich, schob seine Hose nach oben und nahm neben ihr Platz, hoffte, dass sie nicht auf seine Beine achten würde. Auf seiner fahlen Haut stachen die Narben hervor, manche hell und rot, manche schon ein wenig verblasst, manche so weiß und alt, dass sie auf ihre eigene Weise den Blick auf sich lenkten. Ihre Unterschenkel hingegen waren zwar ebenso hell wie die seinen, aber ihre Haut war perfekt, sah weich und angenehm aus und Remus spürte den plötzlichen Impuls, darüberstreichen zu wollen.

Er lenkte sich davon ab, indem er Florence ins Gesicht sah, was allerdings auch nicht viel half – auf ihren Wangen hatte sich eine leichte Röte ausgebreitet und er merkte, wie sie neugierig seine Schienbeine betrachtete. „Was hast du gemacht?“, fragte sie schließlich, als die ersten, prickelnden Berge aus Schaumbad seine Fußsohlen kitzelten und er fast aus Reflex seine Füße einzog.

Unsicher zuckte er mit den Schultern. „Ein Kratzer hier... ein Unfall da... du weißt, wie kleine Jungen sind.“

Sie lachte auf. „Tatsächlich weiß ich das nicht – ich habe ja keine kleinen Geschwister. Deswegen muss ich mich auf furchterregende, schreckliche Geschichten beschränken.“

Auch Remus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während sich das heiße Wasser an seinen Zehen entlang nach oben arbeitete, bis es schließlich seinen ganzen Fuß umschloss und er spürte, wie die Kälte, die sich bei dem schrecklichen, düsteren Wetter in seinen Knochen eingenistet hatte, langsam vertrieben wurde. „Tja... dann muss ich dir wohl helfen, befürchte ich...“

Er grinste, doch nur für einen Moment – dann fiel ihm ein, was er ihr sagen wollte, und seine ganze gute Laune verpuffte schlagartig, gemeinsam mit der Wärme, die das steigende Wasser ausstrahlte. „Wo wir bei Hilfe sind...“ Von der Seite her warf er ihr einen scheuen Blick zu, während er sich nicht entschließen konnte, weiterzusprechen, doch sie betrachtete ihn nur neugierig. „Ich glaube nicht, dass wir am Samstag gemeinsam Verwandlung lernen können... du weißt ja, ich muss auf Patrouille, und wenn ich nicht ein wenig vorschlafe, dann überstehe ich die Nacht nicht...“

Es war eine glatte Lüge und er fühlte sich nicht wohl dabei, doch wenn er an die Alternative dachte, fiel es ihm viel leichter, sein schlechtes Gewissen hinunterzuschlucken. „Aber Sonntag können wir uns treffen, wenn du das möchtest...“

Er kam nicht umhin, die Enttäuschung auf ihrem Gesicht zu bemerken, doch sein Vorschlag mit Sonntag schien sie merklich aufzumuntern und sie schaffte es sogar, ihn anzulächeln. „Ist okay. Dann kann ich wenigstens auf das Quidditch-Match gehen... ich muss ja wissen, wie unsere Konkurrenz abschneidet, jetzt, wo wir gerade im Cup führen.“

Remus nickte langsam, froh, dieses unangenehme Thema hinter sich gebracht zu haben, auch wenn ein Tag mit Madame Pomfrey im Krankenflügel natürlich keinen Ersatz für Florence' Gesellschaft darstellte. Für einen flüchtigen Augenblick stellte er sich vor, wie sie ihn besuchte, verwarf den Gedanken aber ganz schnell wieder – seine Freunde würden ausreichen müssen. Und das taten sie doch eigentlich auch.

Für einen Moment starrte er auf die Berge an buntem Schaumbad hinaus, die sich vor ihnen auftaten, dann spürte er, wie sich ein Kopf an seine Schulter kuschelte und er, ohne nachzudenken, seinen Arm um Florence legte, froh über die Berührung, froh über den Trost, den sie spendete.

„Ich freu mich schon auf Sonntag“, murmelte sie und er nickte, bevor ihm schließlich ein anderer Gedanke durch den Kopf schoss. „Und was ist mit dem Weihnachtsball? Freust du dich auch schon darauf?“

Sie kicherte, ein leises Geräusch, das er an seinem Arm spüren konnte, weil sie sich bewegte. „Natürlich – welches Mädchen freut sich denn nicht darauf, in einem eleganten Festumhang durch die geschmückte Große Halle zu schweben?“

„Möchtest du wieder mit mir schweben?“, fragte er und hielt den Atem an, während er auf ihre Antwort wartete und das Wasser seine hochgekrempelte Hose erreichte. „Klar will ich das.“

Der Abend war vielleicht doch nicht so schlecht, wie er gedacht hatte.



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