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In the Heart

~Daily-Challenge~
von

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kaufen - Messing - erstaunlich - dunkel

☆¤*★*¤☆Nummer 2☆¤*★*¤☆
 


 

Als die Klingel ertönte, schnellte der blond gelockte Schopf nach oben.

Noch vor Sekunden hatte sie eine Miene wie sieben Tage Regenwetter gezogen, während sie sich die neusten Rechnungen für Transport und Einkauf angesehen hatte, doch Kunden schafften es immer wieder, ihre Laune zu heben.

Ein überschwängliches Lächeln legte sich auf die weichen Züge der recht kleinen Frau, die mit enormer Energie hinter ihrem Tresen hervorhuschte und zu dem graubärtigen Mann an der Tür trat.

„Guten Morgen, wie kann ich Ihnen helfen?“ Routiniert wie immer, rasselte sie die Begrüßungsfloskel herunter, die meistens guten Anklang fand und ein Lächeln einbrachte – schon fast die Garantie dafür, dass sie in ein paar Minuten einen zufriedenen Menschen zur Tür entlassen konnte; sie selbst mit einem Stück weniger ihrer Sammlung, kostbarer Antiquitäten.

Der Mann vor ihr, der sich gerade seines Hutes entledigte und sich dabei die Haare richtete, die schon gewisse Geheimratsecken andeuteten, suchte mit den Augen vorerst den Laden ab, ehe er seine Aufmerksamkeit auf Julia richtete.

„Ich schaue mich erstmal um, danke“, winkte er freundlich schmunzelnd ab, sodass die Blonde nickte und eine einladende Geste in Richtung Inventar machte. „Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie mich“, grinste sie und wandte sich wieder ihrem Tresen zu, auf dem leider immer noch die Rechnungen lagen, die ihre Laune gen Minuspunkt brachten.

Sie verkaufte ja nicht schlecht, aber die Waren einzukaufen und dann auch noch einschiffen zu lassen, kostete einen gehörigen Teil ihres Budgets.

Das Telefon riss sie aus ihren Gedanken und mit einem kurzen Biss auf die Unterlippe sah sie noch einmal zu ihrem Kunden, der sich anscheinend gerade an einer antiken Vase ergötze, die sie erst letzte Woche per Kurier aus Asien hatte einfliegen lassen.

Mit einer Hand griff sie zum Hörer, meldete sich dabei in ihrer gewohnten Verkauferstimme, die sie sich mit etlichen Stunden vorm Spiegel antrainiert hatte. „’Harris’ Antiquitäten’, Julia am Apparat?“

Das leichte Lächeln auf ihren Zügen gefror augenblicklich, als sie der Stimme zuhörte, die ihr gerade in schnellem Französisch versuchte, zu erklären, dass eine neue Lieferung nicht durch den Zoll gekommen sei und nun mit gehöriger Verspätung ankommen würde. „Und wieso kam sie nicht durch?“, hakte sie leise nach, jedoch auf Englisch, strich sich dabei eine Strähne aus der Stirn und achtete tunlichst genau darauf, dass ihr Kunde von ihrer Aufregung nichts mitbekam. Der bestaunte gerade einen Sekretär aus dem alten Griechenland, für den Julia hart hatte feilschen müssen.

„Das weiß ich noch nicht so genau, ich sag dir dann Bescheid.“ Julia nickte verstimmt, besann sich dann aber noch zu einer Antwort. „In Ordnung, danke Rob.“ Sie lächelte wieder leicht, doch als sie auflegte, wütete sie innerlich und rang um Beherrschung. Leise legte sie den Hörer auf die Gabel und atmete tief durch. Diese Verspätung war eine Katastrophe, schon allein, weil ein paar der Teile demnächst verschickt werden mussten, die bereits weggegangen waren.

Die Blonde seufzte, ließ dann aber die Rechnungen liegen und trat um den Tresen herum. Gerade, als die Tür ein zweites Mal aufging und ein gut gelaunt erscheinender Halbriese darin zum Vorschein kam. Ein riesiger Karton tronte auf seiner Schulter und es schien nicht so, dass es große Anstrengungen gekostet hatte, diese dort hinaufzuwuchten. „Hey Juli, was machst du denn für ein Gesicht?“, grinste er breit, auch wenn sein Blick dann direkt zum Graubärtigen huschte, der die Anwesenheit des Mannes wohl nicht registriert hatte. Etwas leiser kam er auf Julia zu und beugte sich zu ihr herab, um ihr einen Kuss auf die Schläfe zu drücken. „Sorry“, raunte er kurz, was auch nichts an seiner guten Laune drehen konnte. Als wäre in dem Karton lediglich eine Feder, hob er ihn hoch und setzte ihn Julia vor die Füße, die immer noch etwas verblüfft über das plötzliche Auftauchen ihres Freundes war. „Wo kommst du denn her?“, fragte sie daher erstmal gesitteter Weise nach und beäugte den fast zwei Köpfe größeren Mann vor ihr aufs Genauste. Er war braun gebrannt und sie konnte erkennen, dass es dieses Mal nicht vom Solarium herrühren konnte.

Charlie hob missmutig die Augenbrauen und zog einen demonstrativen Schmollmund, der für gewöhnlich immer dabei half, ein Lächeln von ihr abzugewinnen. Als dies ausblieb, räusperte er sich kurz. „Ich hatte dir doch geschrieben, dass ich übers Wochenende bei meinen Großeltern an der Küste bin.“ Er zeigte auf seine Haut. „Und ich sag dir, die Arbeiten draußen im Garten haben wirklich was gebracht.“ Charmant wie immer grinste er sie an und auch sie konnte sich keines verkneifen.

„Na gut, dir sei vergeben, dass du mich nicht mitgenommen hast.“ Ehe er eine Schnute ziehen konnte, kniete sie sich auf den Boden und besah sich den Karton. „Und das?“ Sie deutete auf die braune Farbe der Ummantelung und sah Charlie fragend an. „Das…“ Er kniete sich neben sie. „Hat mir meine Großmutter mitgegeben.“ In einer kurzen Bewegung zog er das Klebeband ab, das verhindern sollte, dass das Paket aufging, und legte es neben sich.

Interessiert beobachtete Julia, wie er Schicht für Schicht des in Folie und Zeitung gewickelten Etwas auspackte, doch gerade, als er es entblößen wollte, ertönte ein Räuspern von der anderen Ecke des Ladens.

Innerlich fluchend sprang die Blondine auf und hastete zu ihrem Kunden, den sie für den Bruchteil einer Sekunde schon wieder vergessen hatte.

Charlie grinste schelmisch, wartete jedoch darauf, dass seine Freundin wieder bei ihm war, sodass sie das Mitbringsel gemeinsam bestaunen konnten.
 

10 Minuten später ertönte abermals die Türklingel und Stille kehrte ein. Das Lächeln auf Julias Gesicht verpuffte sich noch im Bruchteil einer Sekunde, während die Tür ins Schloss fiel und sie zu Seufzen begann. „Also, heute ist nicht mein Tag“, sagte sie frustriert und ging zurück zu Charlie, der in der Zwischenzeit schon mal das Chaos beseitigt hatte. „Macht nichts, gleich hast du bessere Laune“, versprach er mit einem aufbauenden Grinsen, was ein Nicken zur Folge hatte. „Dann spann mich nicht auf die Folter!“

Zum Vorschein kam eine kleine Vase mit vielen Verziehungen, die einem sofort ins Auge fielen. Schweigend strich Julia mit einer Fingerkuppe über die Rillen, die dunkel hervorzutreten schienen und sich anfühlten, als wären sie fein säuberlich geschnitzt worden. „Erstaunlich…“, murmelte sie in ihren nicht vorhandenen Bart und blickte aus den Augenwinkeln zu Charlie, der lediglich grinste.

Da er jedoch nichts sagte, studierte sie weiter.

Ihr gefiel die Vase, wie sie sich eingestand und das nicht nur, um damit ordentlich Geld zu scheffeln. Jedes Stück in ihrem Laden besaß einen eigenen Charakter und sie hatte das Gefühl, dass dieses Stück einen ausgeprägten besaß. Mit einer langen Vorgeschichte.

„Sie ist aus dem Mittelalter“, begann nun Charlie, auch wenn Julia nicht aufblickte oder die Hand inne halten ließ, die anscheinend alles entdecken wollte.

„Pures Messing.“ Minimal bewegte er sie auf und ab, um zu demonstrieren, dass sie recht schwer war. „Meine Großmutter sagte, sie habe sie auf dem Dachboden gefunden. Auf dem Sockel sind Initialen eingraviert, die ihres Wissens nach Winifried Margold heißen sollen. Eine Edeldame aus der alten Zeit.“ Seine Stimme hatte einen geheimnisvollen Ton angenommen, was Julia einen Schauer über den Rücken jagen ließ. „Du meinst, diese Vase gehört eigentlich in ein Museum, als in einen Antiquitätenladen?“ Sie lächelte leicht, doch die Unglaubwürdigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben.

„Meine Großmutter sagte, ich solle sie dir geben, als ich ihr von deinem Laden erzählte.“ Er zuckte kurz die Achseln. „Und das tue ich auch, was du damit machst, ist deine Sache. Es gibt sicherlich eine Menge Leute, die sie gerne kaufen würden.“

Schmunzelnd nahm sie ihm die Vase ab und sie musste feststellen, dass sie wirklich ziemlich schwer war. Für einen Moment zogen sich Fragen durch ihren Kopf; wo sie sie hinstellen könnte, um sie gut zur Schau zu stellen, wie hoch sie den Preis setzen sollte und ob sie nicht ein paar Leute einladen sollte, die sich besonders für derartige Dinge interessierten, doch sie entschied sich für nichts dieser Möglichkeiten. „Ich hab eine bessere Idee“, grinste sie und stellte die Vase auf ihren Tresen. „Ich behalte sie und denke immer wieder darüber nach, was für einen wundervollen Freund ich habe, dessen Großmutter eine sagenhafte Frau ist.“ Charlie grinste süffisant und streckte die Hände in die Hosentaschen. „Zu viel der Ehre. Komm, lass uns was essen gehen.“ Sie fasste nach seiner Hand und gingen nach nebenan, wo sie sich eine kleine Küche eingerichtet hatte; die Vase dabei gebieterisch über das Inventar des Ladens schauend, das insgesamt eine geringere, emotionale Bindung hatte, als der mittelalterliche Blickfang.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kasa-chan
2009-01-20T13:18:01+00:00 20.01.2009 14:18
Es liest sich sehr flüssig, ist gut aufgebaut und regt die Fantasie an ;D eine schöne zweite Kurzgeschichte ^^
Das Ende find ich niedlich, wobei ich den letzten Satz irgendwie zweimal lesen musste, weil ich ihn zunächst nich kapiert habe o.o"""

Von: abgemeldet
2009-01-04T20:31:50+00:00 04.01.2009 21:31
Sooo... auf zum Kommi-Gespamme :D

Woah, die Arme kann einem ja richtig leid tun mit diesem ständigen Rauf-und-runter... andererseits müsste es auch recht spannend sein, zu sehen welche "Typen" Mensch sich für welche Antiquitäten interessieren.
Das Ende fand ich süß, die Vase wird bei den beiden sicher noch gut aufgehoben sein...^^

Vom Stil her hab ich wieder absolut nichts zu meckern, Rechtschreibung war auch in Ordnung und was mich echt überrascht ist, dass mir keine Wiederholungsfehler aufgefallen sind... da bin ich sonst voll pingelig, aber bei dir hab ich NICHTS gefunden ;)

...ok, auf zur nächsten KG^^

PS: Frohes Neues =) das darf man doch am 4. immer noch schreiben oder?xD
Von: abgemeldet
2008-09-14T15:03:06+00:00 14.09.2008 17:03
Kommen wir zu Aufgabe zwei *trommelwirbel* XD

Die Geschichte ist wunderschön aufgebaut, die Beschreibungen detailliert, aber nicht erdrückend und allgemein lässt sich alles sehr flüssig lesen. Mich hat die Story vom ersten Augenblick an eingenommen, denn zu wissen wie es mit den verschiedenen Personen und Gegenständen weitergeht, bzw. zu erleben wie sich die Laune von Julia immer wieder durch kleine und größere Gesten verändert hat einen Reiz dem man nicht widerstehen kann. ^^

Auch hier kann ich nur einen einzigen Tipp geben. Schau nochmal auf deine RS/Grammatik. Sind nur kleinere Tippfehler, aber dennoch lassen sie das lesen ein wenig ruckeln, wenn man ein Wort zweimal lesen muss, weil man sich erst den eigentlich dazugehörigen Buchstaben suchen muss XD Aber, kann passieren. ^^

Ich bin gespannt auf Aufgabe drei.


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