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Der ganz normale Alltag(s Wahnsinn)

Seto & Joey + Beziehung = ???
von

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Oh mein Gott - wir sind perfekt?!

Es gab bestimmt hunderte, wenn nicht sogar tausende von Frauen und wohl auch einige Männern die sich ein gemeinsames Leben mit Seto Kaiba wünschten. Dem Seto Kaiba. Und unter all diesen Menschen gab es garantiert noch mal die doppelte Anzahl an Fantasien, wie so ein Leben aussehen würde. Vermutlich lagen diese verliebten Traumtänzer Nachts in ihren Betten und stellten sich ein super luxuriöses, aufregendes und unglaublich spannendes Leben an der Seite des Milliardärs vor.
 

Die hatten ja so was von überhaupt keine Ahnung!
 

Ja, anfangs war ein zusammenleben mit Kaiba noch aufregend und spannend gewesen. Und das, wieder erwarten nicht aufgrund seines Reichtums oder seiner Berühmtheit. Das was einem wirklich Herzklopfen verursachte war die aufkommende Panik wenn man, wieder einmal, irgendwelche imaginären Grenzen überschritten hatte. Es war das Chaos das sich in der eigenen Gefühlswelt ausbreitete wenn man versuchte den Schritten ihres Beziehungstanzes zu folgen, obwohl einem niemand die dazugehörige Choreographie erklärte. Es war der Frust, wenn die gewünschten Reaktionen auf lang geplante Überraschungen ausblieb, der einem den Antrieb gab nicht einfach aufzugeben und alles hinzuwerfen. Mit diesen – nicht ganz so wunderbaren - Eigenschaften von Kaiba würde sich kaum jemand über größere Zeitspannen hin anfreunden können. Vor allem da man längerfristig über die unsinkbare Mentalität einer Titanic verfügen und gleichzeitig immerzu aufpassen musste niemals auf direkten Koalisationskurs zu gehen. Denn wenn man eines früher oder später lernen musste dann war das die Tatsache das ein Kaiba niemals von seiner Position abwich. Da höhlte auch kein steter Tropfen den Stein.
 

Und was dem einen wie die Hölle erschien, das war für Joey die einzige Beziehung die er sich wünschte. Egal was um ihn herum veränderte, zusammenbrach und andersweitig wieder aufgebaut wurde, die Konstante Seto Kaiba befand sich genau dort wo sie immer war: Mitten in seinem Herzen.

Oder sollte er sagen, gewünscht hatte?
 

Irgendwie waren die Eisschollen aus dem stürmischen Meer verschwunden. Wobei der Sturm wohl auch eher zu einer leisen Briese geschrumpft war. Und in Wahrheit war es zuerst auch wirklich schön gewesen, sich keine Sorgen machen zu müssen. Er konnte sich sicher sein das die Gefühle auf beiden Seiten da waren. Unveränderbar und felsenfest. Etwas wofür so manch anderer breitwillig zum Mörder werden würde.

Warum dann kam es Joey so vor als würde dieser gemütlichen Bootsfahrt langsam der Wind in den Segeln ausgehen? Und warum schien aus dem Meer langsam ein kleiner Tümpel zu werden, seitdem aus Kaiba plötzlich Seto geworden war?
 

„Joey! Ich suche dich im ganzen Haus und schreie mir meine panische Seele aus dem Leib und du sitzt ausgerechnet in der Bibliothek?“, platzte ein sehr gehetzt wirkender Teenager in seine seltsamen Gedankengänge. Joey der das inzwischen schon zur genüge kannte, schloss seine Zeitung und damit auch den nervigen Artikel über den ‚unglaublich erfolgreichen und umwerfenden CEO der Kaiba Corporation’, bevor er sich Mokuba mit einem nachsichtigen Lächeln zuwandte.

„Wo brennt es denn diesmal? Ist unter deinen zweihundertvierundzwanzig Hosen etwa nicht die passende für dein Date?“

Mokuba, dem seine langen dunklen Haare inzwischen bis über die Schultern reichten, blitzte ihn empört an: „Du hast ja keine Ahnung! Ich bin so verzweifelt das ich sogar versucht habe Seto um Hilfe zu bitten.“

„Wie weit bist du gekommen?“, fragte Joey und lehnte sich neugierig geworden ein Stück nach vorne. In den letzten Jahren war aus dem süßen kleinen Kaiba ein süßer überdramatischer Kaiba geworden. Seto war der Meinung das es zu einem grossteil an Joey lag und wusch damit seine Hände in Unschuld. Ha, als ob!

Der jüngere verzog das Gesicht. „In etwa bis zu: Hallo, ich weiss du hast ein wichtiges Gespräch mit einigen wichtigen Menschen in hässlichen Anzügen aber dein einziger kleiner Bruder hat heute die wichtigste Verabred.. Und irgendwann zwischen ‚einziger’ und ‚wichtigste’ hat er wohl aufgelegt.“
 

Joey konnte nicht anders als den Kopf zurück zu werfen und lauthals zu lachen. „Ich kann nicht glauben das er an solchen Tagen immernoch ans Telefon geht wenn du anrufst. Er scheint die Hoffnung noch nicht aufgegeben zu haben.“

Mokuba verdrehte die Augen und setzte sich ihm gegenüber um seinen Kopf ächzend und überaus dramatisch auf der Tischplatte abzulegen. „Ihr mit eurer absolut perfekten Beziehung habt einfach keine Ahnung mehr wie anstrengend es ist noch auf der Suche zu sein.“
 

Es dauerte zwei Stunden um Mokuba in ein Outfit zu stecken das ihnen beiden passend erschien und ihn als es klingelte vor die Tür zu dem wartenden Mädchen zu schieben. Darüber würde er noch mal mit Moki sprechen müssen. Als Kerl war es eigentlich seine Aufgabe das Mädchen abzuholen, das wusste sogar er als homosexueller. Wenn er sich denn selbst überhaupt so bezeichnen konnte. Gab es Kaibasexuell? Immerhin war dieser Mensch der einzige der in seinem Magen etwas anderes als ein Hungergefühl auslösen konnte. Aber wie dem auch war, jetzt musste er in dieser verflixten Garage voller Luxuskarren erst mal sein altes Fahrrad finden.

Eine halbe Stunde später gab er es auf und beschloss die Frage nach dem Verbleib seines Fahrrades auf später zu verschieben. Eventuell konnte er Seto davon überzeugen seine ganzen Karren mal aus dem Schuppen zu fahren, damit er da drinnen mal aufräumen konnte. Er selbst würde die Dinger nicht mit einer zehn Meter Stange anfassen, denn leider hatte Seto die unangenehme Eigenschaft jeden noch so winzig kleinen Kratzer auf hundert Metern Entfernung zu erkennen.
 

So parkte er seinen neueren, laut Tristan immernoch altersschwachen und auf einem Rad lahmenden Honda etwa zwanzig Minuten später auf dem Parkplatzes des großen Bosses. Genau zwischen den ganzen ausländischen Nobelkarosserien. Er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen während er auf den gläsernen Haupteingang des Gebäudes zuschlenderte. Als er diesen kleinen Stunt das erste Mal gebracht hatte, war sein Auto abgeschleppt worden. Natürlich war er gleich vom schlimmsten ausgegangen und hatte wie ein Irrer auf dem Parkplatz rumgetobt und über superreiche, miese, stehlende Arschlöcher geschimpft. Es hatte fünf Sicherheitsleute, vier blaue Augen, ein geprelltes Knie, eine vom schreien geschundene Stimme und einen zwischen Irritation, Unglauben und unterdrücktem Lachen schwankenden Seto Kaiba gebraucht um die Situation zu klären. Seitdem galt die ungeschriebene Regel dass alle Autos mit eindeutigem Kaiba Nummernschild oder in einem Preisniveau der Unterschicht dort stehen durften.
 

Er winkte den beiden Empfangsdamen beim vorbeigehen und hielt gemächlich auf den Lift zu. Wo ihm auch schon von einem der Sicherheitsmännern die Tür aufgehalten wurde. Bei ein paar von denen stand er wirklich hoch in der Achtung und das nur weil ihm ein einziges, kaum zähl- noch wertbares Mal die Gäule durchgegangen waren und er Kaiba mitten in der Empfangshalle ordentlich beschimpft hatte. Da er immernoch lebte um davon erzählen zu können galt er hier als so was wie der unbesiegbare. Ganz schön schmeichelhaft, wenn man bedachte wie das einst in ihrer Schulzeit gewesen war. Bei den Lehrern galt er vermutlich immernoch als das Böse sinnierte er während der Aufzug gemächlich auf das höchste Stockwerk zuhielt.
 

Oben angekommen steuerte er mit schlafwandlerischer Sicherheit auf Setos persönliche, bei insidern auch als die grausame Torwächterin bekannte Sekretärin zu. Wie alles in der Chefetage strahlte auch sie absoluten Perfektionismus und eine gewisse Kälte aus. Damit auch gleich jeder auf den ersten Blick wusste das man es hier mit dem Menschen zu tun hatte der die Fäden in der Hand hielt. War der Anzug zu billig? Die Nase zu groß? Dann aber ganz schnell kertmarsch und zurück in die Versenkung!

Beim schlimmsten, eintreffenden Fall – wenn man keinen Termin beim großen Guru vorweisen konnte – gab es unter ihrem Schreibtisch einen großen roten Knopf der den Sicherheitsdienst auf den Plan rief. Wie so vieles andere hier. Auch damit hatte Joey wirklich schon zu viele Erfahrungen gesammelt. Was er jedoch auch recht fix rausgefunden hatte war das sie eine Schwäche für Schokolade und Kinya Kotani besaß. Danach war es nicht mehr weit bis zu kleinen Bestechungsgeschenken seinerseits und seitdem waren sie so etwas wie geheime Naschpartner bei fetziger Musik geworden. Mit einem Lächeln lehnte er sich über die kleine Theke: „Hallo schöne Frau. Ganz alleine hier?“

Die etwas über fünfzigjährige verdrehte ihre Augen, dennoch erhellte gleich darauf ein winziges Lächeln ihr strenges Gesicht. „Mein Antrag auf Personenschutz ist noch in Bearbeitung, was bedeutet das ich deinem strahlendem Charme immernoch hilflos ausgeliefert bin.“

„Jemand sollte dem Big Boss deswegen mal gehörig auf die Finger klopfen.“, stimmte er ihr nickend zu. „Apropos Big Boss.. hat er gerade ein wichtiges Meeting? Und wenn ja, wie wichtig ist es tatsächlich?“
 

Shizune Ama seufzte leise bevor sie sich ihrem PC zuwandte und ein paar Tasten bediente. Man sah ihr in solchen Momenten wirklich nicht an das sie zu einem wandelnden Giftspucker mutieren konnte. Joey hatte ihr genau deswegen einen besonderen Platz in seiner Schublade für KC Mitarbeiter eingeräumt, etwas das wohl auf gegenseitig beruhte seitdem er ihren geliebten Chef bereits mehrmals zu Gotteslästernder Stunde hinter seinem Schreibtisch rausgezogen hatte. Geliebt im Sinne von ‚Ich liebe ihn wie meinen eigenen Sohn’. Mit so einer Liebe konnte er teilen, besonders wenn sie sich verschwörerisch ein wenig zu ihm beugte um ihm die gewünschten Informationen zu geben.

„Er hat den Besitzer und die beiden Geschäftsführer einer unser Plastiklieferanten bei sich. Es gab wohl Probleme mit der letzten Lieferung. Wir mussten über die Hälfte zurückschicken und das hat natürlich die Produktion beeinträchtigt.“

Überlegend malte er kleine Kreise mit dem Finger auf das hochpolierte Holz der Theke. Alles was die planmäßige Produktion beeinträchtigte war Seto ein Dorn im Auge. Aber zählte im Grunde nicht alles unplanmäßige in dieser Firma zu diesem Dorn?

„Auf einer Skala von eins bis zehn?“, hinterfragte er lauernd und Shizune, perfekte Frau die sie nun einmal war schien bereits auf diese Frage gewartet zu haben denn sie betätigte den Knopf der die Tür zum Heiligtum von außen entsperrte.

„Eine vier höchstens.“
 

Ha! Bei einer vier gab es nicht einmal den Hauch einer Diskussion, schließlich war er selbst schon bei einer acht an ihr vorbeigekommen. Nach einer eindrucksvollen Krokodilstränen Vorstellung wohlgemerkt. Wobei.. so krokodilig – war das überhaupt ein Wort? – waren sie in diesem Moment gar nicht. Er hauchte noch einen Luftkuss in Shizunes Richtung, stellte sich vor die Tür und atmete noch einmal tief durch. Der richtige Auftritt war erstaunlich wichtig wenn man etwas von Seto wollte. Besonders wenn dieser es nicht wollte.
 

Mit Schwung riss er die Tür auf und damit mindestens eine Person aus ihren Träumen. Vier Personen starrten ihn an. Drei verwirrt und ungläubig darüber das es jemanden gab der es einfach so wagte herein zu platzen und einer eindeutig genervt. Joey wusste gar nicht was Seto hatte, schließlich war er doch eindeutig derjenige den er aus irgendeiner Dimension voller Langeweile gerissen hatte.

„Wir müssen reden, Kaiba!“, platzte Joey auch direkt mit seinem Anliegen heraus und schockte damit abermals drei kleine vierer-Fische. Während der in Joeys Augen absolut umwerfend aussehende CEO begann sich die Schläfen zu massieren, stand ein etwas fetterer Kerl in den Dreißigern auf und versuchte damit wohl einschüchternd zu wirken.

„Was glauben Sie eigentlich wer Sie sind?! Sie können hier doch nicht einfach hereinplatzen! Kaiba unternehmen Sie sofort etwas dagegen!“, forderte er und deutete aufgebracht auf Joey. Hatte dem denn niemand beigebracht das man das nicht tat? Gerade als Joey zu einer erwiderung ansetzen wollte räusperte Seto sich und zog damit die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich.
 

„Ich denke damit können wir dieses Treffen auch als beendet sehen. Die nächste Lieferung hat besser eine einwandfreie Qualität, denn sonst müssten wir uns leider nach einem anderen Lieferanten umsehen. Diese Firma kann sich keine Verzögerung ihrer Produktion leisten und meine Nerven kein weiteres Gespräch mit ihnen. Ich wünsche einen guten Tag.“

Wow! Fast etwas ehrfürchtig sah Joey dabei zu wie die drei unter dem eisigen Blick des CEO’s sämtliche Erwiderungen herunterschluckten und bei der Tür hinausschlichen. Niemand konnte behaupten das Seto über die Jahre hinweg seinen Biss verlor. Nein, eigentlich verfeinerte er ihn eigentlich nur noch ständig.

Kaum das die Tür hinter den dreien ins Schloss gefallen war seufzte Seto, lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und ließ ihn nicht aus den Augen.

„Ich war seltsamerweise der Meinung das wir so etwas wie einen Deal besäßen. Ich spare mir alle abwertenden Tier und im besonderen die Hundekommentare und du würdest dafür nicht mehr unangemeldet hier hereinplatzen. Was bedeutet das ich entweder halluziniere oder aber nun wieder über das Recht verfüge dich eine Töle zu nennen.“
 

Verdammt! Das hatte er in seinem Drang mit Seto zu sprechen ganz übersehen. Er würde den anderen nie, also nie wie niemals in aller Ewigkeit, wieder zu so einer Übereinkunft bringen. Und wohl nur aus diesem Grund blieb das erwartete kleine Donnerwetter wohl auch aus. Verflixte und verfluchte Ungerechtigkeit! Aber gut, daran war jetzt auch nichts mehr zu rütteln.

„Mokuba hat heute etwas seltsames gesagt.“, erklärte der blonde sich und setzte sich Seto gegenüber. Weder sah er gern auf den anderen hinab, noch dieser besonders gern zu ihm hinauf. Was man nicht alles mitbekam je länger man sich kannte. Schon merkwürdig..

„So ungern ich es zugebe, aber das ist in letzter Zeit keine Seltenheit. Das dürftest selbst du mitbekommen haben.“

Joey schüttelte entschieden seinen Kopf. „Nicht seine hormongeplagte Seltsamkeit. Er sagte wir, also wir beide wie in du und ich, führen eine perfekte Beziehung.“, gab er die Worte des jüngeren Kaibas wieder und auch beim eigenen aussprechen der Worte befiel ihn auch diesmal wieder leichte Panik. Etwas das Seto mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm, sich nach vorne beugte, seine Arme auf dem Tisch abwinkelte und sein Kinn darauf abstützte.
 

„Und das bringt dich dazu in mein Meeting zu stürmen? Wobei ich mich immer wieder frage wie du an Mrs. Ama vorbeikommst.“

„Hörst du mir überhaupt zu?!“, maulte Joey und trotz seiner vorherigen Gedanken sprang er aus seiner sitzenden Position wieder auf. „Er sagte perfekte Beziehung! Perfekt so wie fehlerfrei und makellos! Ohne jede Kante und Schramme oder gar einer Beule!“

„Du kennst das Wort makellos? Scheinbar bringen die euch in dieser Universität wirklich etwas bei. Aber ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Wäre das nicht genau das worauf alle hinarbeiten?“ Seto gab sich offensichtlich mühe nicht allzu genervt zu klingen, dennoch konnte Joey es heraus- und dadurch die kleine Beleidigung sogar überhören.

„Worauf alle hinarbeiten? Woher hast du das? Vielleicht aus der Zeitung?“, grummelte er seinen Lebensgefährten genervt an und konnte gar nicht nachvollziehen das dieser so gar nicht verstehen wollte um was es hier eigentlich ging. Was hier, verfluchte Scheisse noch mal, auf dem Spiel stand!

„Könntest du aufhören meine Zeit und damit auch Geld mit sinnlosem Kläffen zu verschwenden und endlich zum Punkt kommen?“

„Ich glaube in unserer Beziehung ist der Alltag eingekehrt. Aus reißendem Sturm wurde ein laues Lüftchen! Jetzt sind wir nicht mehr spannend sondern perfekt!“, er spie das Wort mit bodenloser Verachtung in den Raum und erwischte sich selbst dabei wie er Kreise in den teuren Teppich lief.
 

Stille breitete sich wie zähflüssiger Honig zwischen ihnen aus und Joey hielt inne um Seto einen verwunderten Blick zuzuwerfen. Normalerweise gab es doch auf alles sofort einen Konter oder wenigstens einen dummen Spruch?

„Joey...“, begann der brünette und erdolchte ihn quasi mit einem undeutbaren Blick. Wie lange war das her das er einen solchen Blick nicht deuten konnte? Was zum Henker? Seto räusperte sich und setzte noch einmal an.

„Das soll doch jetzt keine verquerte, völlig niveaulose Art und Weise sein mir mitteilen zu wollen das du das mit uns beenden willst?“, wurde er mit völlig tonloser Stimme gefragt und Joey bekam große Augen.

„Um Gottes Willen – NEIN! Nein, natürlich nicht!“

„Worauf soll das dann hinauslaufen?“, brummte Seto und stand nun seinerseits auf um den Schreibtisch zu umrunden. „Du kommst hier rein, platzt in mein Meeting so das ich gezwungen bin das ganze abzubrechen und das ganze Drama nur damit du dich darüber beschweren kannst, dass andere unsere Beziehung für perfekt halten? Entweder sind deine Gedankengänge sehr viel seltsamer als ich immer angenommen habe, und glaube mir das wäre schon eine Leistung, oder du übersiehst es mir etwas elementares an diesem Ausbruch mitzuteilen.“
 

Und mit jedem weiteren Wort zerbrach etwas der mühsam aufgebauten Mauer die Joey um seine wirklichen Gefühle aufgebaut hatte. Seto war weder laut noch besonders unfreundlich geworden. Er schien es tatsächlich nicht zu verstehen. War es denn wirklich nur er selbst, der sich solche Gedanken machte? Sich ergebend ließ er seine Schultern nach vorne fallen und nahm damit sämtliche Anspannung aus seinem Körper.

„Du bist perfekt Seto. Du hast einen perfekten Schulabschluss, eine perfekte Firma, einen perfekten kleinen Bruder der gerade ein perfektes Mädchen ausführt und nicht zu vergessen deinen perfekten Ruf.“, begann er und hob kurz den Kopf um Setos Reaktion zu sehen. Dieser hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sich an den Schreibtisch gelehnt und schien ihm aufmerksam zuzuhören. „Ich bin chaotisch, kann mich nicht einmal dazu durchringen eine Uhr zu tragen weil ich genau weiß das ich trotzdem zu spät kommen werde und dann keine Ausrede mehr habe. Mein Schulabschluss war mittelprächtig und ich rede häufig bevor ich fertig gedacht habe. Und trotzdem.. obwohl ich eigentlich nicht perfekt sein sollte, bekomme ich immer mehr das Gefühl perfekter zu werden.“

Seto öffnete den Mund, wohl um etwas dazu zu sagen, doch Joey hob seine Hände und fuchtelte abwehrend damit herum. Wenn er schon einmal dabei war das alles loszuwerden, dann wollte er verflucht noch mal nicht dabei unterbrochen werden!
 

„Am Anfang haben wir gestritten, kaum das wir nahe genug an dem anderen dran waren um ihn zu erkennen. Selbst als wir schon zusammen waren gab es immer wieder Streitigkeiten. Inzwischen ist das nicht mehr so und ich frage mich warum das so ist, schließlich wissen wir beide das du keine Kompromisse schließt. Du entscheidest etwas und ziehst es durch. Aber bedeutet das dann nicht anders herum das im Gegensatz dazu ich mich verändert habe? Das ich langsam perfekt werde? Perfekt für dich? Und, scheisse – das macht mir eine Heidenangst, denn das ist es doch was uns zusammenhält. Ich glaube ich bin auch längere Sicht nicht mehr interessant für dich wenn das so weitergeht.“
 

Frustriert ballte Joey seine Hände zu Fäusten und ließ den Kopf hängen. Er durfte Seto jetzt nur nicht ansehen, denn obwohl er sein Herz und seine Gedanken normalerweise auf der Zunge trug, so galt das doch nicht automatisch für alle seine Ängste.

„Was für ein, wenig eloquent ausgedrückter Bockmist.“

„Bitte?!“, geschockt fuhr Joey mit seinem Kopf wieder nach oben und starrte Seto aus weit aufgerissenen Augen an.

„Du bist also plötzlich perfekt, ja? Ich habe selten etwas schwachsinnigeres aus deinem Mund gehört. In deiner Perfektheitsparanoia übersiehst du ein paar entscheidende Dinge. Manchmal möchte ich dich nehmen und einfach nur schütteln bis deine wenigen Gehirnzellen sich wenigstens wieder an der richtigen Position befinden! Ist dir schon mal in den Sinn gekommen das nicht nur du etwas dafür getan hast, damit dieses ganze Beziehungsding überhaupt funktionieren kann? Wie oft in der letzten Zeit habe ich mir, zugegebenermaßen wohl recht bissige, Kommentare verkniffen. Aber das garantiert nicht weil du plötzlich fehlerlos bist. Oh, nein! Es war damit mich deine treudoofen Hundeaugen nicht mit diesem verletzten Ausdruck ansehen und mich bis in den dringend benötigten Schlaf verfolgen.“, offenbarte Seto ihm und mit jedem Wort begann Joey Herz wieder schneller zu klopfen.

„Du hast hier in dieser Firma inzwischen fast schon mehr Freiheiten als mein eigener Bruder und du glaubst doch nicht tatsächlich das mir das gefällt? Alleine beim Gedanken daran das du zutritt zur Entwicklungsabteilung mit deiner Karte hast, bekomme ich kalte Schweißausbrüche. Zuhause lässt du überall dein Zeug herumliegen, bequatscht mein Personal und hältst es damit von der arbeit ab. Du schleimst dich bei meiner Sekretärin ein und hast mir das Recht abgeschwatzt dich mit dem Tier zu vergleichen dem du nun mal so unverwechselbar ähnlich bist. Also wage es nicht.. wage es bei allen guten und bösen Göttern dieser Welt nicht, zu behaupten du wärst perfekt!“
 

Mit wenigen Schritten hatte sich Joey an Setos Brust geworfen und drückte ihn so fest er konnte, was dem anderen ein überraschtes Ächzen entlockte. „Also bin ich noch interessant für dich?“, fragte er mit wackeliger Stimme und ließ seinen Kopf an Setos Schulter sinken als sich dessen Arme um ihn schlangen.

„Dummes, dummes Hündchen. Ich befürchte dich könnte nicht einmal ein Diamant perfekt schleifen. Das einzige perfekte an dir ist das du nicht perfekt bist.“, murmelte Seto nahe an seinem Ohr und gab ihm einen Kuss an die Schläfe.

„Wir haben uns also beide nicht mehr getraut wir selbst zu sein.“, stellte Joey fest und ignorierte das er darauf keine Antwort darauf bekam, schließlich würde der große Firmenchef niemals zugeben sich etwas nicht mehr getraut zu haben.
 

„Und jetzt schwing deinen Hintern aus meinem Büro ich habe jetzt genug Gefühlsdusselei für einen ganzen Monat hinter mich gebracht.“, befahl Seto schließlich nach einigen Minuten in denen sie nicht gesprochen sondern sich einfach nur umarmt hatten und Joey konnte das fröhliche Lachen wirklich nicht unterdrücken. Das war der Mann den er so heiß und innig liebte und nicht mehr missen wollte.

„Wie du befiehlst, Herr.“, murmelte er und genoss es zu sehen wie sich Setos wunderbare blauen Augen verdunkelten. Scheinbar war doch etwas perfekt an ihm – er wusste genau welche Knöpfe er zu drücken hatte um diese Reaktion zu erreichen. Und seltsamerweise hatte er gegen diesen Perfektionismus gar nichts einzuwenden.

„Ich bin pünktlich zuhause.“
 

Nun, scheinbar schien auch Kaiba zu wissen welche Knöpfe er zu drücken hatte um ihn zu begeistern. Hehe. Wie anders das doch Anfangs alles gewesen war...
 

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In diesem Falle leider ungebetat =(

Und ganz zufrieden bin ich mit den beiden auch nicht, aber nach meiner langen Schreibpause wollte ich irgendwie wieder einsteigen und nicht bereits schon bestehende Storys total versauen. Also versaue ich lieber eine neue. *g*

Und hoffe das mir die beiden wieder vertrauter werden. ;)
 

Lg

Kyraliah

Der König ist zurückgekehrt

Sobald Joey den neuen König der Unter und Oberstufen ihrer Schule auf dem Pausenhof bemerkte, blendete er seine Freunde automatisch aus. Nicht das er das unbedingt guthieß, schließlich waren sie ihm wichtig, aber in dem Fall ging es nicht anders. Würden sich Gefühle per Blick übertragen lassen, würde Rei Yamato nicht einfach nur Tod umfallen sondern zu einem winzigen Aschehaufen zerbröseln. Und diesem Haufen wäre dann mit ein paar gezielten und verteilenden Tritten auch Abhilfe geschaffen. Ihm und seinen auf Butterbrot-Niveau herumlaufenden Gorillas. Aber leider war das hier die Realität und nicht eine viel gerechtere Traumwelt und in dieser Realität sah es nun einmal so aus, als hätte Yamato alles und Joey nichts mehr. Abgesehen von seinem bis weit über den Tod hinausgehenden, wütenden Zorn natürlich.
 

Dabei hatte alles ganz harmlos vor 2 Wochen, zu ihrem neuen Schulbeginn nach den Ferien angefangen. Jede Schule im Umkreis war angewiesen worden ein oder zwei Klassen einer niedergebrannten Schule aufzunehmen. Einer Schule für gehobene Schüler und Schülerinnen um einmal genau zu sein. Und wie es aussah schienen ausgerechnet sie die allerschlimmsten Arschlöcher der Nation und noch darüber hinaus erwischt zu haben. Ab Tag eins setzte sich Yamato und seine Clique an die Spitze der Hackordnung und erwarteten, dass nun auch tatsächlich alle vor ihnen kuschen würden.

Die meisten taten dies auch. Und zu den meisten gehörten ein grossteil der hormongeplagten Mädchen, die nichts besseres zu tun hatten als davon zu träumen, dass einer dieser verwöhnten Erben sie nehmen und auf einem weißen Pferd zu einem verwunschenem Schloss – auch als Prada Schuhsalon bekannt – entführen würde. Dazu kamen dann noch die ganzen Speichellecker und Arschkriecher die einfach nur um ihr ruhiges Schulleben fürchteten und ein paar Möchtegerns die hofften eine Weile auf der Welle des Ruhmes mitsurfen zu können.
 

Das alles war ihm und seinen Freunden erstmal völlig entgangen. Sie hatten ihren eigenen Baum in den Pausen und so gut wie keine gemeinsamen Stunden mit den Neulingen. Zudem gerade Tea nicht zu der Sorte Mädchen gehörte, welche etwas auf Geld und gekauftes Aussehen gaben und auch Duke selbst genug Kohle hatte um nicht auf irgendwelche anderen Schnösel angewiesen zu sein. Besonders nicht in der Schule. Doch wie alles schöne, schien auch ihre kleine Seifenblase mit einem Zeitschalter versehen worden sein – sie platzte auf denkbar undenkbare Art und Weise.
 

Mit einem lächerlichem Zusammenstoß. Puff und weg. Ade schönes Bläschen, es war schön mit dir. Die Erinnerung allerdings, war überhaupt nicht schön.
 

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„Alter! Hast du ihr Gesicht gesehen?“, fragte Tristan ihn und hob sich lachend an seiner Schulter fest. „Ich glaube sie hätte nicht entsetzter aussehen können, wenn Yugi vor ihr in Strapsen rumtanzen würde.“

Joey kicherte bei dem Gedanken und wandte sich seinem besten Freund zu, ging somit Seitwärts ohne weiter auf den Weg zu achten: „Du weißt ja nicht was sich hinter verschlossenen Türen so alles abspielen mag.“

Tristan warf sich theatralisch den Arm über die Augen und ging halb in die Knie während er ganze Triaden, über imaginäre Bilder die ihn nun bis in den Schlaf verfolgen würden abließ. Was beide nur noch mehr zum Lachen brachte und wohl kaum so schnell versiegt wäre, hätte sich da nicht ein Körper zwischen Joey und dem Weg zum nächsten Klassenzimmer aufgetan. Das ganze ergab ein empörtes Schnaufen, ein erschrockenes keuchen, ein weiterhin amüsiertes kichern und dreimal entsetztes Luftholen.

„Hoppla..“, murrte Joey und drehte sich zu der Person die er wohl ein wenig angerumpelt hatte. „Entschuldigung Alter. War keine Absicht.“
 

Diesmal überging er die verschiedensten Atemtechniken der umstehenden Personen und musterte sein ‚Opfer’. Der Kerl schien wohl zu diesen Typen aus der abgebrannten Schule zu gehören, wenn er in Betracht zog das er eine andere Schuluniform trug. Na toll, das hatte ihm jetzt noch gefehlt. Schließlich hatte er um die Gerüchte dieser Gruppe gehört. Da war man Kaiba mal ne Weile los und schon mussten sich hier weitere Snobs breit machen.

„Alter?“, echote der etwas größere, schwarzhaarige und drehte sich zu seinen drei Begleitern um. „Hat dieses Nichts mich gerade wirklich Alter genannt?“

Joey blinzelte einmal.. zweimal… bevor er die Stirn runzelte und sich seinerseits zu Tristan umwandte: „Sag mir bitte das ich hallumi.. hallozi… mir Sachen einbilde!“

Dieser hatte inzwischen seinen Lachanfall erfolgreich überwunden und blickte zwischen Joey und dem seltsamen Typen hin und her. Er schien viel zu perplex um sich über das gestottere des Blonden lustig machen zu können.

„Ich befürchte du halluzinierst nicht.“

„Oh toll, genau das was ich noch gebraucht habe. Klebt mir vielleicht ein Schild auf dem Rücken auf dem steht das sich alle aufgeblasenen Idioten unbedingt in meiner unmittelbaren Umgebung aufhalten müssen?!“

„Wie kann so eine Töle wie du es bist..“
 

Und von allen Leuten, war Tristan vielleicht der einzige der die Faust kommen sah, die sich gleich darauf in Yamatos Gesicht versenkte. Aber leider sahen weder er noch Joey die perfekt ausgeführte Racheaktion kommen. Wer hätte auch ahnen können, dass dieser Kerl der Bruder, des Cousins vom Bürgermeister war?
 

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„Ich kann diesen Lackaffen nicht ausstehen.“

Diese Worte reichten um Joey aus seiner kleinen Erinnerungswelt zu reißen und seine Aufmerksamkeit wieder seinen Freunden, namentlich momentan Duke, zukommen zu lassen. Wie sehr dieser ihm doch gerade aus der Seele sprach. Und das nur mit dem halben Wissen der ganzen Geschichte, denn er konnte es einfach nicht über sich bringen ihnen den Rest auch zu erzählen. So bekamen sie nur die niederträchtigen Seitenkommentare Seitens Yamatos und die nicht vorhandene Resistenz Seitens Joeys mit. Was, wenn es nach ihm ging, schon zuviel war.

„Naja, sie tun ja keinem was.“, erwiderte Yugi und erntete dafür einige böse Blicke. Schließlich bekamen sie alle mit, wie ausgerechnet Joey unter dem selbsternannten König und dessen Gefolge zu leiden hatte. Aber Yugi war eben Yugi – zudem dieser ja dachte es würde bei verbalen Schlagabtauschen bleiben.

„Sie stolzieren hier rum wie irgendwelche Hähne und plustern sich auf um den ganzen paarungswütigen Weibchen auch ihre schönen Farben zu zeigen.“, spie Tea aus und überraschte damit die gesamte Gruppe. Normalerweise widersprachen sich Tea und Yugi niemals. Aber scheinbar war momentan alles etwas außerhalb des normalen Bereiches anzusiedeln.

„Naja, solange sie nicht anfangen zu gackern…“, warf Tristan abwertend ein und zum großen Spass aller begann er auch gleich vorzumachen wie die anderen es nicht machen sollten.
 

Tatsächlich lenkten diese Spielereien Joey kurzweilig immer von seinen eigenen düsteren Gedanken ab und dafür war er mehr als dankbar. Und so war das Lächeln auf seinen Lippen auch nicht gespielt als er Tristan dabei zusah wie dieser sich zum Affen – oder sollte er sagen Gockel? – machte; „Ich würde ja zu gerne sehen, wie unser aller König das hinkriegen würde.“

„Warum nennen ihn eigentlich alle König? So königlich sieht er gar nicht aus.“, merkte Duke an und sah fragend in die Runde. Tatsächlich konnte ihm diese Frage so niemand wirklich verübeln. Für das normal geschulte Auge sah Yamato wirklich nicht übel aus. Das etwa kinnlange schwarze Haar und die dazu passenden dunklen Augen und die milchige Haut übten wohl auf so manchen eine gewisse Anziehungskraft aus. Dennoch fehlte da eine hoheitsvolle Ausstrahlung. Dem würde Joey noch nicht einmal zu einem All you can Eat Buffet folgen, geschweige denn als treuer Anhänger in einer heuchelnden Masse. Und so zuckte er mit den Schultern und erklärte es für Duke, der krankheitsbedingt einige Tage gefehlt hatte:
 

„Vor einigen Tagen, wir waren in der Kantine, ging plötzlich einer der Gorillas vor Yamato auf die Knie und säuselte irgendwas von wegen er sei jetzt sein König und er würde offiziell seinen Treueid schwören. Blabla. Total hirnrissiges Zeug halt.“, abwertend wank er mit einer Hand ab und Tristan sah dies als Zeichen die Geschichte fortzusetzen.

„Und was ein Gorilla kann, das kann auch der zweite und der dritte und irgendwie löste das eine Dominosituation aus. Plötzlich fielen sie alle um! Ohne ersichtlichen Grund riefen ein paar Mädchen aus der Unterstufen auf einmal ein Königreich mit Yamato als ihren König aus.“

Joey nickte zustimmend und seine viel zu langen blonden Haare fielen ihm Strähnchenweise bis tief ins Gesicht hinein. „Inzwischen gibt es sogar den ein oder anderen Lehrer der sich dieser Bewegung angeschlossen hat.“

„Bewegung? Wo soll das hinführen? Ins nächste Irrenhaus vielleicht?“, maulte Tea und biss mit mehr Gewalt als nötig von ihrem Brötchen ab.

„Oder ins Fitnessstudio.“, nahm Yugi den Faden auf und den Rest der Pause verbrachten sie gemeinschaftlich sich neue Ziele für die Affenbande auszudenken.
 

Am nächsten Montag versuchte Joey erfolglos die Geschichtsstunde mit schlafen zu verbringen, denn wie es schien war es seinen Freunden viel wichtiger zu erfahren warum er am Wochenende nichts mit ihnen unternommen hatte. Oder warum er sich neuerdings mit niemandem mehr duellieren wollte. Oder warum er sein Deck überhaupt nicht mehr bei sich trug. Oder warum er sie nur anknurrte wenn sie versuchten zu erfahren warum er in letzter Zeit so häufig einen abwesenden Blick bekam und in die Ferne starrte.

Kannten die denn keine Privatsphäre? Langsam wurde ihm klar wie Kaiba sich immer fühlen musste, wenn diese dämlichen Zeitungsfritzen ihn oder seinen kleinen Bruder wieder einmal verfolgten. Da wurde ja der geduldigste Mensch verrückt!

Zudem er nicht einmal besonders geduldig war.
 

Also tat er das nächstbeste das ihm einfiel, wenn schlafen schon nicht möglich war. Seine Freunde ausblenden und nachdenken wie er sich selbst wieder aus dieser Misere befreien könnte ohne sein Gesicht dabei zu verlieren. Oder noch schlimmer – seinen Stolz.

Yamato hatte ihn durch einen von seinen Gorillas für die große Pause zu ihm bestellen lassen. In den Pausenhof. Und dummerweise fiel ihm ums verrecken kein Grund ein um seine Freunde davon zu überzeugen das die Pause im Gebäude viel toller zu verbringen wäre. Schließlich waren draußen angenehme 26 Grad bei strahlend blauem Himmel. Verdammt sei das Wetter!

Und verdammt sei seine verfluchte Impulsivität und seine verflixte Selbstüberschätzung. Aber alles Fluchen würde ihm nichts helfen, wenn Yamato pfiff hatte er zu springen. Zumindest wenn er die beiden bereits erwähnten Dinge nicht verlieren wollte. Von seinem wichtigstem Besitz einmal ganz abgesehen.
 

Als es nach 2 weiteren, viel zu schnell vergangenen Schulstunden zur großen Pause klingelte ließ er sich mehr Zeit als alle anderen. Aber selbst das zusammenpacken in Zeitlupentempo würde die unausweichliche Begegnung nur verzögern, aber nicht ungeschehen machen. Seit wann war er eigentlich so ein Feigling? Wenn es denn überhaupt feige war sich miesen Tatsachen zu stellen. Wenn er seinen Besitz wieder wollte, und es stand so was von außer Frage das es anderes war, musste er da noch eine Weile durch. Ob seine Zunge einen Knoten bekäme wenn er den Typen wirklich mit König anzusprechen hatte? Oder ob es vielleicht etwas helfen könnte ihm auf die geschniegelten und hochpolierten Schuhe zu kotzen?
 

Tiefseufzend stieß er die Tür nach draußen auf und sah sich um. Von Yamato noch weit und breit keine Spur, während seine Freunde sich wie üblich an dem bestimmt schon 50 Jahre alten Sakurabaum niedergelassen hatten. Unsicher stieß er Luft durch seine zusammengebissenen Zähne.

„Komm schon Joey, du packst das. Nach jedem Tief folgt ein Hoch!“, sprach er sich selbst Mut zu und war etwas enttäuscht als selbst das nicht zu helfen schien, den Stein in seinem Bauch aufzulösen.

„Selbstgespräche Wheeler? Haben sie dich endlich aus ihrem Kindergarten geworfen?“

Woooaahh! Diese Stimme hätte er unter Tausenden erkannt. Trotzdem schnellte er herum um seine Befürchtung alias Begeisterung alias Alptraum alias Hoffnungsschimmer zu bestätigen.
 

Tatsächlich stand da Kaiba der ihn da aus Eisblauen Augen musterte. Seto Kaiba der eigentlich noch mindestens zwei Wochen auf Geschäftsreisen im Ausland sein sollte. Der Kaiba den er hier jetzt momentan noch weniger gebrauchen konnte als seine Freunde, denn das war – verdammt noch mal – der allerletzte Mensch auf Erden der ihn am Boden sehen sollte. Auch wenn dies schon unzählige Male so gewesen sein mochte, so war er normalerweise innerhalb von Sekunden wieder da und gab sein Comeback. Verdammt, verdammt, verdammt!!!

„Was in dreiteufels Namen machst du hier, Kaiba?“, fauchte er dementsprechend angenervt und blitzte ihm Angrifflustig entgegen.

„Das frage ich mich bereits seit Jahren, aber so ein Straßenköter wie du wird das wohl kaum nachvollziehen können.“, gab Kaiba unbeeindruckt zurück und stellte sich, im Gegenteil, noch etwas gemütlicher hin. Was für ein Saftarsch!

„Ich meine was du jetzt, in diesem Moment, hier machst!“

„Ist dir in den letzten Wochen das letzte deiner beiden IQ-Teilchen davongelaufen?“, wurde er mit etwas irritierter Stimme gefragt. „Offensichtlich Mittagspause.“
 

„Da ist Euer Köter, Yamato.“, unterbrach eine schleimige, unterwürfige Stimme ihr kleines Argument und völlig gegen seinen Willen zuckte Joey erschrocken zusammen. Das durfte jetzt einfach nicht wahr sein! Das durfte jetzt um Gottes Willen einfach nicht passieren! Doch wie so häufig wenn man sich einfach ein großes Loch im Boden wünschte, passierte einfach gar nichts. Nichts das die Zeit am weiterlaufen gehindert oder seine Blamage abwenden hätte können. Die ganze Welt war so furchtbar ungerecht.

„TsTs, wie ungezogen von dir Wheeler. Habe ich denn nicht klar und deutlich ausrichten lassen wo du auf mich zu warten hast?“, drang da auch schon die unangenehm samtene Stimme von Yamato an sein Ohr und alles wegwünschen schien nichts dagegen zu unternehmen. „Na los, bei Fuss. Du darfst ausnahmsweise meine Tasche tragen.“

Und damit, werte Damen und Herren, war Joey Wheelers Blamage also schlussendlich öffentlich. Den Kopf senkend und damit den Blick von Kaiba abwendend, seufzte er ein letztes Mal tief und war dabei sich in Bewegung zu setzen als ihn eine eisige Stimme inne halten ließ.

„Unser Gespräch ist keineswegs beendet Wheeler.“
 

Trotz der seltsamen Betonung konnte Joey es nicht verhindern seinen Blick zurück zu Kaiba schnellen zu lassen. Nur das dieser ihn nicht mehr weiter zu beachten schien und stattdessen seinen patentierten Gefrierblick in Richtung Yamato und seiner drei Gorilla schickte. Und ganz, ganz, ganz ungewollterweise musste Joey daran denken das ein König genau so auszusehen hatte. Stolz und irgendwie hoheitsvoll eben, umgeben von einer furchtlosen Aura die im Gegenteil eher stumme Herausforderungen in alle Richtungen abgab. Zudem Seto eindeutig niemand hinterherlaufen musste um ihn stärker aussehen zu lassen.

„Doch das ist es durchaus. Dieses kläffende Nichts ist mir in dieser Pause verpflichtet und es würde weder ihm noch dir gut tun das zu übersehen.“, merkte Yamato süffisant an und schien dabei zu übersehen das er sich gerade die ersten vier Schritte in ein selbstgeschaufeltes Grab begeben hatte.

„Wie man in so wenigen Sätzen, so viele Fehler unterbringen kann ist mir unbegreiflich. Kein Wunder das du Wheeler so nahe bei dir haben willst. Zweimal wenig Gehirnzellen ergibt immerhin fast einen normalen IQ. Da ich aber keineswegs die Gewohnheit besitze mit mir selbst oder toten Gegenständen zu sprechen, wird es wohl etwas lebendes sein. Zudem ich mich natürlich frage was genau denn passieren wird, wenn ich es nicht einfach übersehe?“, diese Sätze kamen in erstaunlich neutralem Tonfall und verwunderten dadurch nicht nur Joey sondern auch einige der Schüler die neugierig ein Stück näher rangekommen waren.
 

Unter anderem auch seine eigene Clique, die sich versuchte unauffällig näher an sie heran zu schleichen und Joey fragende Blicke zuwarfen die er jedoch nur mit einem geschlagenem Kopfschütteln beantworten konnte. Yamato selbst schien immernoch nicht begriffen zu haben wen genau er da eigentlich vor sich hatte und verströmte weiterhin seine überaus selbstsichere Ausstrahlung. Zudem er sein Kinnlanges Haar in einer geschmeidigen Bewegung hinter die Ohren zurück strich und ein fast mitleidiges Lächeln in Richtung des CEO’s schickte.
 

„Was immer du auch sagst, fremder Schönling. Aber die kleine räudige Töle da muss leider, leider eine ganze Weile lang tun was ich sage. Zumindest wenn er das hier,“, bei diesen Worten öffnete er seine Schultasche und holte eine kleine Karte hervor. „wieder haben will.“

Joey brauchte die Karte nicht sehen um zu erkennen was es war, schließlich hatte er sie dem Kerl selbst gegeben. Und wenn er Setos Blick aus den Augenwinkeln richtig deutete dann schien auch er begriffen zu haben was genau Yamato da in der Hand hielt... leider nicht nur er.

„Ist das dein rotäugiger schwarzer Drache, Joey?!“, rief Yugi erstaunt und auch irgendwie empört aus. Der Blonde, der inzwischen mehr oder minder genau zwischen Yamato und Kaiba stand, konnte nicht anders als zu nicken und die Hände zu Fäusten zu ballen. Seine heißgeliebte, hochverehrte, für ihn absolut unbezahlbare Karte in den Händen dieses Arschloches! Es war fast zu viel..

„Aber Joey.. wie?“, diesmal war es Tristan und Joey wandte seine, von Hoffnung leer gewordenen schönen braunen Augen zu seinen Freunden.

„Ein zu seinen Gunsten manipuliertes Duell mit der Karte als Einsatz. Entweder das oder er würde dafür sorgen das mein Dad seine Stelle verliert.“, murmelte er die Antwort und merkte wie er abwechselnd rot und weiss vor Schmach und unterdrückter Wut wurde.
 

„Warum?“

Diesmal wandten sich alle Blicke auf Kaiba, der inzwischen mit vor der Brust verschränkten Armen dastand und scheinbar völlig unberührt von dem ganzen Schauspiel zu sein schien. Eine Tatsache die auch Yamato ein wenig aus dem Gleichgewicht brachte: „Was warum?“

Kaiba machte eine umfassende Armbewegung und hob eine Augenbraue. „Warum der ganze Zirkus um Wheeler? Hat er vielleicht deine, mit Sicherheit ziemlich Niveaulosen Avancen abgelehnt? Obwohl nutzlose Gefühlsdusselei als Grund hierfür schon ziemlich erbärmlich wäre.“

Während die meisten Schüler versuchten ihr Lachen zu verbergen, schien Yamato zum ersten Mal sprachlos zu sein. Immerhin klappte er seinen Mund ein paar Mal auf, aber heraus kam kein einziges Wort. Schließlich erbarmte sich Tristan.

„Ich denke es ist weil Joey ihn mit einem Kinnhaken zu Boden geschickt hat, als Yamato ihn eine Töle nannte.“

„Oh?“, machte Kaiba und ließ Joey nicht eine Sekunde aus den Augen. Dieser fühlte das mehr als das er es wirklich sah. Zudem seine Ohren von Mal zu Mal mehr brannten und sicherlich schon die Farbe eines Feuermelders besaßen. „Weißt du, was die wirklich erschreckend deutlichen, Unterschiede zwischen dir und mir sind, Yamato?“, fragte Kaiba als er nach scheinbar endloser Zeit seine Aufmerksamkeit wieder umschwenkte. Doch da es als rhetorisch gemeinte Frage gedacht war, fuhr dieser auch gleich fort.
 

„Zum einen wusste ich bereits wer du bist, bevor ich heute hierher gekommen bin. Was bedeutet ich besitze eine ziemlich genaue Vorstellung davon was du nicht bist und demnach auch nicht kannst. Und dank sehr guter Selbsteinschätzung und maßloser Nächstenliebe werde ich dir mitteilen was ich alles kann und alles bin. Zuerst einmal bin ich genervt und grundsätzlich wirkt sich das negativ auf alle Subjekte aus, die meinen es wäre sinnvoll meinen Weg zu kreuzen.
 

Dann bin ich CEO der Kaiba Corporation und damit auch stiller Teilhaber an der ein oder anderen Firma. Unter anderem der Firma die deinem Vater gehört sowohl als auch an der Firma in der Wheelers Vater arbeitet. Du merkst vielleicht schon etwas? Ich könnte also erstere Firma aus dem Geschäft werfen und Wheelers Vater feuern lassen. Du kannst das nicht. Zudem es verboten ist Duelle, die etwas als Einsatz haben welcher über 500 Yen liegt, auf dem Schulgelände auszutragen. Du bist ein namenloser Schüler und ich der Schulsprecher und ich denke ich muss nicht weiter ausführen was das bedeutet, oder?
 

Sobald du den Wetteinsatz dieses verbotenen Duells also wieder zurückgegeben hast, wirst du zusammen mit deinen lächerlichen Bodyguards nach Hause fahren und dir die richtige Schuluniform anziehen. Wenn nicht lasse ich dich wegen unbefugten Betretens dieser Anstalt des Geländes verweisen.
 

Und zu guter letzt lass mich dir noch mitteilen das sich die Anwälte dieser Schule, die ihr Gehalt übrigens aus den Spenden meiner Firma beziehen, dieser ganzen Erpressung einmal annehmen werden.“
 

Völlig atemlos und mit unregelmäßig aussetzendem Herzen sah Joey dabei zu wie Kaiba innerhalb von zwei Minuten den König entthronte, seinem Vater den Arbeitsplatz und ihm seine Karte sicherte. Bei allem was ihm heilig war... träumte er?

Und verflixt, der verdammte Scheisskerl hatte nie besser ausgesehen. Wie diese unglaublichen Augen bösartig auffunkeln konnten und die ganze Mimik verriet das Kaiba eigentlich auf Wiederworte hoffte, rein um den anderen noch ein paar weitere Millimeter in den Dreck zu drücken. Atemberaubend!

Absolut.. hinreißend!
 

So in seine Betrachtungen versunken, schreckte er etwas atemlos auf als eine Hand mit seiner heißgeliebten Karte in seinem Sichtfeld auftauchte. Ohne nachzudenken schnappte er sie aus den Händen dieses Widerlings und drückte sie strahlend an sich. Er hatte sie wieder! Und das verdankte er wirklich nur Kaiba.

.. ...

..

Das hieß er schuldete dem etwas, richtig? Ähm, war das jetzt nicht irgendwie vom Regen in die Traufe? Selbiger, neuer und damit auch alter Nemesis war zu ihm getreten und musterte ihn missbilligend. Was war denn jetzt wieder los?

„Wheeler, dir ist doch irgendwo in deinem Spatzenhirn bewusst das ich Schulsprecher bin, oder?“

Etwas sprachlos bei dieser unerwarteten Frage, konnte Joey nicht anders als zu nicken.

„Und dir ist auch bewusst, dass ich in der Geschäftswelt über nicht gerade kleinen Einfluss verfüge?“

Abermals konnte Joey nur nicken. Unfähig seinen Blick von den strahlenden Augen seines Gegenübers abzuwenden. Außerdem schien es unmöglich sein beflügeltes Herz genug zu beruhigen um in Ruhe über den Hintergrund der Fragen nachdenken zu können.

„Du hast mich nie geschlagen, wenn ich dich mit einem Hund verglichen habe. Ist das auch schon durch deine Nebelschwaden im Gehirn zu dir vorgedrungen?“

Aktuell.. nein, dieser Gedanke war ihm bis jetzt noch nicht gekommen. Wobei das sehr seltsam war, wenn man bedachte wie wenig er es leiden konnte so abwertend von Kaiba behandelt zu werden. Dennoch hatte bisher noch nicht einmal der kleine Finger gezuckt, während ihm bei Yamato direkt beim ersten Mal die Faust ausgerutscht war. Was zum Henker? Unsicher geworden betrachtete er Kaiba einfach weiterhin, ohne zu nicken oder zu verneinen. Sicher war sicher.
 

Kaiba verdrehte die Augen und wandte sich ein Stück ab, bevor er ihm bereits im gehen einen letzten Satz vor die Füsse warf: „Der einzige Unterschied zwischen Yamato und mir der dich interessieren sollte ist dass mein Hündchen mich nicht beißt, sondern nur empört anbellt. Zudem das niederwerfen gewisser ... Lebewesen nur Spass bereitet wenn sie die Möglichkeit haben aus alleiniger Kraft wieder aufzustehen.“
 

Völlig fassungslos und aus der Bahn geworfen starrte Joey noch geraume Weile einfach durch die Gegend. Trotz aller Verwirrtheit, welche die unglaublichsten fünfzehn Minuten seines Lebens ausgelöst hatten, bleibt ein Gedanke doch erstaunlich deutlich im Vordergrund. Und so drehte er sich zu schließlich blinzelnd zu seinen ebenso geschockten Freunden um:
 

„Der König ist zurückgekehrt.“
 

****
 

Für alle die etwas verwirrt sind - der erste OS ist in der Zeitspanne gesehen weiiiiit hinter diesem. Der Leser soll quasi wissen auf was das alles hinausläuft. oh verdammt.. ich habs Ende verraten. :P

Bankgespräche

Noch zwei weitere Schritte und er wäre da. Also jetzt bloß nicht in sinnlose Hektik verfallen und weiterhin ganz cool und gelassen dahinschlendern. Zudem er sich vermutlich sowieso schon in der sicheren Zone befand, schließlich waren die Geräusche der Schritte hinter ihm etwas leiser geworden. Dem Himmel sei gedankt für unsichtbare Grenzen und die dort wartenden gefährlichen Gefahren!

Sich kurz umsehend, konnte er sich tatsächlich davon überzeugen das diese Verrückten mit vor Wut verzerrten Gesichtern stehen geblieben waren. Was ihn doch glatt dazu brachte ihnen ein strahlendes Lächeln und einen ausgestreckten Mittelfinger zur Schau zu stellen. Das war so verdammt lustig! Immernoch grinsend ließ er sich auf die Bank plumpsen und streckte seine Beine lässig aus bevor er zum Grund der wütenden Gestalten hinübersah.
 

Kaiba würdigte ihm und damit wohl seiner gesamten Existenz keinerlei Aufmerksamkeit, sondern tippte stur weiterhin auf seinem dämlichen Laptop herum. Gott, der würde bestimmt irgendwann mit viereckigen Augen herumlaufen. Was eigentlich ziemlich schade wäre, denn gerade seine Augen machten den Großteil seiner gesamten Ausstrahlung aus. Klar.. seine Haarfarbe im Zusammenhang mit der hellen Haut hatte schon auch was, aber wer erst mal in diese unglaublich blauen Tiefen gesehen hatte, wusste wovon er sprach. Und ja, es war Joey durchaus bewusst das sich das ganze irgendwie schwärmerisch anhörte, aber was sollte es? Schließlich schwärmte ein Großteil der Mädchen aus der Unterstufe für den jungen, erfolgreichen Millionär. Da konnte er, als künstlerisch begabter und somit aufstrebender Star das doch wohl auch, oder etwa nicht?
 

„Was willst du hier, Köter?“, wurde er schließlich doch nach einigen Minuten des Ignorierens und ungestörten Anstarrens gefragt. Nicht das Kaiba sich dafür die Mühe machen würde ihn anzusehen. Oh nein, der doch nicht. Aber immerhin klang es nicht so als hätte der andere vor ihn zum Frühstück zu verspeisen. Wäre eh nicht soviel dran an ihm, wenn man das genau bedachte.

„Asyl. Ich bin auch ganz leise, ehrlich!“, antwortete Joey dem scheinbar sehr beschäftigten Firmenchef und überging ausnahmsweise den dämlichen Hundekommentar. Ganz so doof wie der andere ihm ständig vorwarf war er schließlich auch wieder nicht. Keinen Streit mit Kaiba wenn man etwas von ihm wollte. Goldene Regel Nummer fünfzehn.

„Das ist eine Sitzbank und kein Tierheim, Wheeler.“, murmelte der andere, wirkte aber seltsamerweise etwas abgelenkt. Scheinbar war das herumgetippsel auf dem hochtechnischem Dingsbumbs momentan wichtiger als er. Konnte ihm nur recht sein, solange er nur erst mal hier sitzen durfte.

Sehr witzig, Kaiba.“, grummelte Joey trotzdem. Schon alleine um den Schein zu wahren, schließlich würde ihm Kaiba sofort mehr Aufmerksamkeit schenken wenn er mitbekommen würde, dass ihm das Gelaber momentan echt am Arsch vorbei ging. Und das würde den Bankverweis bedeuten. Garantiert.
 

So aber runzelte der Brünette nur kurz die Stirn und hielt einige Millisekunden mit dem Tippen inne, bevor er sich wieder in seine Arbeit vertiefte. Phu, noch mal Schwein gehabt. So konnte Joey sich also schließlich wirklich entspannen, natürlich erst nachdem er der wartenden Gruppe noch einmal die Zunge rausgestreckt hatte, und sich genüsslich nach hinten an die Rücklehne der Bank lehnen. So ließ sich die große Pause wirklich aushalten. Sonnenschein, Vogelzwitschern, Tastaturgeklapper und zudem hin und wieder ein paar kostenlose kühle Schauer von links.
 

Das ganze ging ungefähr fünf Minuten gut, bevor er begann sich zu langweilen und immer mal wieder zu dem anderen hinüberschielte. Ob er sein Glück mal ein bisschen strapazieren sollte? Sein letzter Zusammenstoss mit Kaiba lag ja nun auch schon wieder nen ganzen Tag zurück. Und der war unbestreitbar harmlos ausgefallen, weil Mokuba dabei gewesen war und ihnen verboten hatte das ganze zu vertiefen. Was musste Kaiba auch mal früher aus dem Büro kommen? Gerade wenn Moki und er mitten im vierten Teil von Harry Potter waren und sich eigentlich den fünften Teil auch noch vorknöpfen wollten... Und das ganze auf dem überdimensionalen, übergigantischen Megaplasma Flatscreen Fernseher der Kaibas. Jedes Kino war ein Scheißdreck dagegen! Zudem Moki ein unerschöpflicher Lieferant an Naschereien war und ebenso fleißig dabei half es zu vernichten.

Und wie Joey feststellen durfte, war Mokuba auch der wahre Herr im Haus. Kaiba konnte gerade einmal einen überraschten ganzen und einen gemeinen halben Satz rausbringen, bevor das ganze vom Knirps abgewürgt worden war. Joey hatte sogar noch bis zum Ende des Films bleiben dürfen. Und bis zur nachfolgenden Diskussion. Und bis zum Abendessen. Und bis zum ausknobeln des nächsten Termins. Kleine Kaibas waren eindeutig ein Geschenk an gelangweilte Joeys. Apropos gelangweilt..
 

„Ich glaube Yugi wäre in Hufflepuff gelandet, wenn es Hogwarts wirklich geben würde.“, wagte er sich schließlich vor und bemerkte erfreut das die Hände des anderen abermals kurz zum Stillstand kamen. Leider nicht lange genug. Also fröhlich weitermachen, ne?

„Tea würde es bestimmt nach Ravenclaw verschlagen, schließlich ist sie so ne schlaue. Bei Tristan bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich glaube es wäre auch Ravenclaw. Auch wenn er das nicht so raushängen lässt.“, plapperte Joey vor sich hin und nahm seine Unterlippe zwischen die Zähne um über weitere Personen nachzudenken. „Bei Duke bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich tendiere irgendwie zu Slytherin. Aber wenn man mich fragen würde warum, könnte ich vermutlich keine gescheite Antwort geben.“

„Wann kannst du das denn überhaupt schon mal?“, zischte Kaiba und lehnte sich schließlich auch endlich ein Stück zurück, bis er sich ebenfalls anlehnte und ihm einen genervten Blick zuwarf. „Gibt es einen bestimmten Grund für dein sinnloses Gequatsche? Außer mich von der Arbeit abzuhalten natürlich?“

„Klar gibt es den!“, rief Joey aus und funkelte dem anderen entgegen. „Ich kann dich nicht einordnen.“

Kurz huschte ein überhebliches Lächeln – eigentlich vielmehr ein dämliches Grinsen, aber wer wollte schon kleinlich sein? - über Kaibas Gesicht, bevor er den Laptop mit einer lässigen Bewegung zuklappte: „Ich füttere dich hin und wieder und vertreibe dich nicht, wenn du offensichtlich Schutzbedürftig angekrochen kommst. Das ist doch alles was du über dein Herrchen wissen musst.“
 

Boah.. also wirklich.. boah!

Aufgebracht schnappte Joey nach Luft. „Kaiba, du bist so ein verflixter, mieser, heuchlerischer, gemeiner Großkotz das es schon nicht mehr feierlich ist!“

Selbiger Großkotz hob nur, wenig überrascht wirkend eine seine fein geschwungenen Augenbrauen und fragte gespielt erstaunt. „Du hast also gestern nicht eine Wochenration an Lebensmitteln aus meiner Speisekammer in deinem Magen verschwinden lassen?“

„Na komm, Kaiba. Ganz so viel war das auch wieder nicht!“

„Und du hast auch vorher nicht feige den Schwanz eingezogen und dich vor irgendwelchen Primaten in Sicherheit gebracht?“, fuhr Kaiba unbeirrt fort und ließ ihn dabei nicht eine Sekunde aus den Augen.

„Das war ein taktischer Rückzug!“, fauchte Joey und verschränkte die Arme vor der Brust bevor er von Seto weg, wieder stur nach vorne blickte. Pha! So wie der andere es darstellte wäre er ja der neue Feigling der Nation und gebrauchte ausgerechnet den Eisblock der Nation als Schutzschild. Zudem ihn dieser neuerliche Hundevergleich wirklich auf die Palme brachte. Elender Bastard!

„Hätte mich täuschen können.“, entgegnete selbiger Eisblock mit deutlich hörbarem Sarkasmus in der Stimme. „Zudem ich mir sicher bin das du wieder einmal zuerst gesprochen, dann gehandelt und mit viel Glück danach insoweit nachgedacht hast, als das du erkennen konntest dass du dich wiederholt in eine absolut vermeidbare und sinnlos dumme Situation gebracht hast. Und das erste das dir mit deinen wenigen Gehirnzellen eingefallen ist, war hierher zu rennen, in der Hoffnung man würde dir nicht wirklich bis zu mir folgen.“

„Blah, blah.. und zu Weihnachten schenke ich dir eine Kristallkugel, da du dich ja offensichtlich so gerne selbst reden hörst. Könntest daraus sogar noch Profit schlagen, elender Geldsack.“, schoss Joey zurück und ärgerte sich gleichzeitig darüber wie das Blut in seine Ohren schoss. Das dieser Typ aber auch immer so verflixt aufmerksam sein musste?! Wer auch immer behauptet hatte Kaiba würde nichts von seiner Umwelt mitbekommen lag so was von dermaßen falsch.. unfassbar!
 

Aus den Augenwinkeln schoss er dem anderen einen bösen Blick hinüber und grummelte leise vor sich hin. Was diesen vermutlich, mal wieder, zu nur noch mehr Hundekommentaren hinreißen würde. Aber was tat man nicht alles für die eigene Sicherheit?

„Eine Kristallkugel ist ein Anfang.“

.. äh.. hää? Perplex wandte sich Joey dem anderen Jungen wieder zu und blinzelte ein paar mal sinnlos, in der Hoffnung diese Aussage besser verstehen zu können. Der Brünette verzog die Lippen zu einem etwas deutlicherem Grinsen und schien ihn von seiner Verständnislosigkeit befreien zu wollen.

„Danach folgen die Hausschuhe und die Zeitung und wenn du brav und stubenrein bist, musst du nicht mal im Zwinger schlafen. Im Winter, der falls es dir entgangen sein sollte noch einige Monate entfernt ist, jagt man keine Hündchen vor die Türe.“

Als das war doch.. !

„Alter, es wäre besser wenn du wenn du deinen Kopf hin und wieder aus dem Gefrierschrank nehmen würdest. Ich glaube dir ist da schon das ein oder andere wichtige eingefroren. Und zum aller, aller – wirklich absolut letzten Mal und zum mitschreiben: Ich bin kein Hund!“
 

Ha! Treffer! Aber so was von TREFFER!

Wenn Kaibas Augen für irgend etwas gut waren, außer seinen armen Mitschülern ungewolltes Herzklopfen zu verschaffen, dann war es um die Laune des Firmenchefs zu bestimmen.

Normal war die alltägliche, überhebliche, für jede Situation anwendbare Laune

Ganz hell war ganz schlecht.

Ganz hell mit flackerndem Blick war kurz vor dem Vulkanausbruch. Dazu brauchte es normalerweise aber auch eine Entführung Mokubas.

Ganz dunkel hatte er bis jetzt noch nicht gesehen und vermutlich wollte er das auch nicht. Wenn er darauf wetten müsste, würde das wohl soviel wie fünf Sekunden vor dem Tod bedeuten.
 

Wie dem aber auch war.. hatten sie wirklich kurz geflackert? Geflattert? Gezittert? Egal! Angriff war bekanntlich die beste Verteidigung und so fuhr er Seto schnell über den Mund, bevor dieser auch nur ein Wort zischen oder fauchen oder gar spucken konnte.

„Okay, okay.. kein Grund sich aufzuregen Kaiba. Ich habs nicht so gemeint!“, unterstrichen wurde das ganze mit fuchtelnden Armen und hektischem Blinken. Joey hatte natürlich nicht wirklich Angst vor dem anderen. Nein, das war undenkbar. Trotzdem war es manchmal einfach besser, es sich nicht ganz zu verscherzen. So war zumindest die allgemeine Meinung zu solchen Dingen.

Und erstaunlicherweise schien diese Aussage – es war keine Entschuldigung! – Kaiba tatsächlich wieder runter zu fahren. Es bildete sich sogar ein wiiiinziges Grinsen und die dunklen Gewitterwolken verzogen sich ebenso schnell, wie sie aufgetaucht waren.
 

„Du hast es also nicht so gemeint, ja?“

„Das hab ich doch eben gesagt. Hörst du mir eigentlich auch hin und wieder zu?“, brummelte der Blonde und seufzte ergeben. Warum er sich das eigentlich immer wieder antat?

„Ich höre dir zu, was jedoch nicht bedeuten muss das ich deine verquerten Gedankengänge auch nachvollziehen kann. Aber ich bin geneigt, mich erstaunt darüber zu zeigen dass du es also nicht so meinst, wenn du behauptest kein Hund zu sein. Also kann man euch doch noch neue Tricks beibringen.“, schnurrte Kaiba mit auf einmal äußerst zufriedenem Gesichtsausdruck.
 

Und, wem außer Joey waren hier noch mehrere absolut falsche Dinge aufgefallen?

Man konnte Sätze nicht schnurren! Man konnte nicht mal Wörter schnurren! Und ganz, ganz sicher konnte ein Seto Kaiba nicht schnurren. Das einzige, das der mit seinem Sch vorne dran konnte, war zu schnarren.

Außerdem waren seine Gedankengänge logisch und immer gut durchdacht! Und jedem der etwas anderes behauptete, dem sollte sein Rotauge mal in einer dunklen Gasse begegnen! Was Kaiba da nur wieder für einen Blödsinn von sich gab. Wie so einer eine Firma leiten konnte, war ihm stellenweise wirklich unbegreiflich. Dem fehlten doch sogar die normalsten Verhaltensregeln für Schulpausen. Dummer Snob.

Aber das schlimmste, unglaublichste, unfassbarste, gemeinste und niederschmetternste...

„Euch?! Wieso denn euch?!“, entwich Joey schließlich doch, irgendwie überfordert mit der ganzen Gedankenflut. Es gab mehr Personen die Seto mit Hunden verglich? Es gab tatsächlich mehr? Wer?! Und viel wichtiger: Wo waren diese verabscheuungswürdigen Kreaturen? Er würde denen mal so das ein oder andere mitteilen! Hatte denen noch keiner gesagt das er mal in einer Gang war? Den ein oder anderen Gefallen könnte er sicherlich noch einfordern und dann gnade ihnen eine höhere Macht als Gott, denn Gott alleine würde denen nicht mehr helfen können!
 

„Hm, ich war der festen Überzeugung du würdest jetzt Gift und Galle spucken und wieder irgendwelche niveaulosen Beschimpfungen in der Gegend herumbrüllen. Scheinbar bist du doch zu irgendwas gut. Für Überraschungen.“
 

Joey würde sie alle erwischen und wenn es das letzte wäre, dass er mit seiner Zeit anfangen würde! Wie schwer könnte es schon sein, in einer Stadt wie Domino Menschen ausfindig zu machen die Hunden ähnelten? Vielleicht trugen sie sogar Halsbänder mit dem KC-Zeichen drauf, schließlich schrieb dieser Narzisst sein Kürzel doch sonst auch auf jeden noch so kleinen Schnipsel. Aber dem wäre mit einer Schere ganz schnell Abhilfe geschaffen. Oder einem Messer. Und im schlimmsten Notfall würde auch ein Pflaster dafür herhalten müssen. Oder.. haaaaalt! Viel bessere Idee: Graffiti Sprühzeugs. Dann wollte man doch mal sehen, ob man die danach noch mit niedlichen kleinen Hündchen vergleichen könnte. HarHar!
 

„Hat sich dein Gehirn jetzt endgültig auf standby geschalten?“
 

Ob Mokuba etwas darüber wusste?

Wenn nicht er, wer denn auch sonst? Das kleine Krümelmonster hatte sich in letzter Zeit nicht nur als großzügiger Essensverteiler, sondern auch als unerschöpfliche Informationsquelle erwiesen. Und wenn er das kleine Genie fragte, würde der ihm sicher die besten Hundefänger empfehlen können. Wozu war der Name Kaiba schließlich sonst zu gebrauchen?

Er sah sich selbst schon mit einer langen Stange mit dazugehörigem Fischernetz durch die Straßen rennen und dieser Gedanke brachte ein Gehässiges Lächeln auf seine Lippen. Joey fletschte seine Zähne schließlich nicht umsonst sein Jahren.
 

„Köter, du bist nicht wirklich so weggetreten weil du dieses Wort für eine Mehrzahl solcher bedauernswerter Kreaturen, wie du es eine bist, wahrgenommen hast oder?“
 

Aus irgendwelchen Gründen, drang dieser Satz dann doch zu ihm durch und langsam sendeten ihm auch seine Augen auch wieder die korrekten Bilder. Bilder eines Arme verschränkenden Firmenchefs, dessen Augen so etwas wie Unglauben wiederspiegelten. Unglauben und so etwas wie Resignation.
 

„Das hast du doch gerade gesagt! Im Gegensatz zu dir, höre ich meinen Gesprächspartnern zu!“, fauchte Joey immernoch verwirrt und seltsamerweise getroffen. „Und ich bin geschockt, Kaiba! Ge-scho-ckt! Gerade du, der doch angeblich sonst für nichts außer seiner Firma und Mokuba Zeit hat, rennst also rum und sammelst irgendwelche Spinner ein und trainierst sie als Wachhunde!“

Während Seto seine Augen kurz schloss und eine Hand hob um sich die Nasenwurzel zu massieren, hätte Joey schwören können den anderen murmeln zu hören das dieser hoffte diese unglaubliche Dummheit wäre wirklich nicht ansteckend. Bastard!

„Man trennt das Wort geschockt nicht so und wenn du mir tatsächlich zuhören würdest, wärst du auch zu der richtigen Schlussfolgerung gekommen und würdest keine unglaubwürdigen, utopischen Behauptungen in den Raum stellen. Ich möchte wirklich nicht wissen was für eine Abzweigung diese harmlose Aussage meinerseits in deinen Gehirnwindungen genommen hat um so einen Blackout zu fabrizieren.“

„Es ist mir scheissegal wie man dieses dämliche Wort trennt! Und außerdem denke ich, dass in meinem Kopf alles die richtigen Abzweigungen nimmt, vielen herzlichen Dank!“
 

Bald wäre Setos Augenbraue gar nicht mehr sichtbar, soweit war sie inzwischen schon nach oben gerückt. Daran änderte auch das leichte Kopfschütteln nichts. „Dieses ‚euch’ bezieht sich auf dich und all die restlichen Hunde dieser Welt. Und die ganze Aussage wiederum bezieht sich auf ein Sprichwort. Das ich inzwischen sogar schon meine schlecht verpackten Seitenhiebe erklären muss, spricht nicht unbedingt für dich Wheeler.“
 

.........

....

„Oh..“, verdammte Sch...! So einfach war das? Nein, oder? Wirklich? Er hatte sich nicht gerade dafür in Grund und Boden blamiert, ne? Oder doch?

„Ja, oh. Wirklich Wheeler, ich würde mir nicht einmal für dich die Zeit nehmen wenn du nicht so furchtbar bedürftig und aufmerksamkeitsheischend wärest. Und so penetrant aufdringlich. “

„War das nun ein Kompliment?“

„Hat es sich denn wie eines angehört?“

„Wollte nur sichergehen.“

„Es gibt scheinbar für alles ein erstes Mal.“
 

Und noch Stunden später sollte ein als Joey Wheeler bekannter Junge nichts besseres zu tun haben als sich das vergangene Gespräch und seine Reaktionen wieder in den Sinn zu rufen.

Es war kein Verbrechen ein bisschen zu schwärmen und es war in Ordnung sich selbst im geheimen irgendwie Setos Freund zu nennen. Es war nicht ungewöhnlich sich selbst aus möglichen gefährlichen Situationen zu retten, selbst wenn das hieß sich den Launen eines gewissen Firmenchefs auszuliefern. Es zählte als normal, hin und wieder bei Freunden vorbei zu sehen, sich durch ihre Speisekammer zu mampfen und deren kleine Brüder zu unterhalten. Auch Zankereien waren unter Freunden durchaus geduldet und in ihrem Alter irgendwie normal.
 

Aber war es normal, sich zutiefst beleidigt und angegriffen zu fühlen, wenn man meinte das der andere nicht von einem selbst sprach, wenn das Gespräch auf Hunde kam? War es wirklich in Ordnung sich dann in seiner Stellung bedroht zu fühlen?

Nein... nein das war es nicht und das bedeutete:

Verdammt tief.

Joey Wheeler saß verdammt tief in der Jauchegrube.
 

~~~~

Danke für die lieben Kommentare. :D

Und solltet ihr jetzt denken.. 'och nööö.. ist ja doch alles genauso wie bei allen anderen FF's...' dann habt ihr irgendwie recht *drop*

Aber es sollte (hoffe ich ^^) irgendwie klar werden das ihre 'Beziehung' schon tiefer geht als die, wo die meisten anderen FF's anfangen.

.. hm, selbst wenn nicht. Wen juckts? Ich schreibe ja weils mir Spass macht. Hehe

Danke also nochmal!

It's called Gravitation

Diesmal ausnahmsweise mein blabla vorneweg.

Sorry, das es so lange keinen OS mehr von mir hier gab. Aber jetzt geht es ja weiter und ich habe noch viele Ideen. Gerade jetzt wo es ja spannender wird. ;)

Ansonsten, ja da haben die Jungs von Gravitation einen Gastauftritt, aber nur einen weit entfernten, also wenn ihr sie nicht kennt: Keine Panik. Müsst ihr auch nicht.

So, genug geredet. Auf ins, (hoffentliche) Vergnügen ;)
 

Ach nein - noch ein gaaaanz großes Danke an bells-mannequin die sehr viel Zeit und Geduld in mein Kommaproblem gesteckt hat. Du kannst dir meiner unendlichen Dankbarkeit sicher sein!
 

It's called Gravitation
 

Wie zwei unauffällige Schatten schlichen sie nun bereits seit über 30 Minuten durch die große Villa. Und das obwohl die eine Hälfte dieses Teams jedes Recht besaß sich hier aufzuhalten. Aber laut Mokuba würde es den ganzen Spaß nehmen, wenn er hier offensichtlich herumstolzieren würde, während Joey ihm hinterher schlich. Und wer wäre Joey, wenn er dem widersprechen würde? So kam es also, dass sie gemeinsam auf Zehenspitzen durch die Gänge huschten, mit kleinen Spiegeln zuerst um die Ecken guckten und nebenbei versuchten ihr Gekicher über die ganze Situation zu unterdrücken. Irgendwie war es aber auch fast schon wieder filmreif, wie sich der ganze Abend, einer Lawine nicht unähnlich mit einem kleinen Schneeball – auch bekannt als Anruf – immer mehr, steigerte.
 

Noch vor einer guten Stunde war Joey nämlich noch bei sich zuhause gewesen und hatte sich zumindest ansatzweise über seine Hausaufgaben gesetzt. Doch jene hatte er nur zu gerne für Mokubas Anruf in die Ecke gepfeffert und war auf die Neuigkeiten hin wie ein Irrer in den Keller gestürmt, um sich sein Fahrrad zu holen und sich das letzte bisschen Atem aus den Lungen zu quetschen auf der fast schon mörderischen Fahrt zur Kaibavilla. Aber wirklich, wer hätte anders reagiert als er? Fast verschwörerisch hatte Mokuba ihm durchs Telefon ins Ohr geflüstert: „Joey, du ahnst nie, wer gerade bei uns zuhause ist!“ Und trotz des leisen Tonfalls war die Aufregung des Kleinen gut herauszuhören gewesen.

„Na los, spucks aus!“, war er auch sofort darauf eingestiegen und im nächsten Moment wäre ihm fast der Hörer aus der Hand gefallen und er musste dreimal nachfragen, um auch ganz, ganz, gaaaanz sicher zu gehen das er sich nicht verhört hatte.

Bad Luck sitzen bei uns auf der Terrasse!“
 

Jetzt musste man dazu sagen, dass es nichts Neues war, dass irgendwelche Berühmtheiten hin und wieder bei den Kaibas ein und ausgingen. Meistens erfuhr Joey nur im Nachhinein davon und Kaiba war dazu übergegangen auch Mokuba nicht mehr im Vorfeld bescheid zu geben. Und das nur, weil jener den Verdacht hegte, dass sein kleiner Bruder in bestimmten Fällen einfach nicht mehr den Mund halten würde. Nun, es sah zumindest so aus, als würde er nicht davon ausgehen, dass der kleine Wicht Joey in einer James Bond artigen Art zu ihnen ins Haus holen würde, nachdem dieser erfahren hatte, wer bei ihnen im Haus war.

Nicht, dass er das Kaiba irgendwie verdenken konnte, selbst ihm war es nicht in den Sinn gekommen, dass er sich mal durch einen Geheimgang auf das Gelände schleichen würde. Ob Moki dafür sehr viel Ärger bekommen würde? Immerhin war jener Gang als möglicher Fluchtweg gedacht und nicht als Eingang für neugierige Klassenkameraden. Doch solche Gedanken wischte der Blonde schnell beiseite, um sich besser auf die Kletterpartie konzentrieren zu können, denn um ins Haus zu gelangen hatte er sich, natürlich auch auf Anweisung hin an den Efeuranken an der Ostseite des Hauses hochhangeln müssen. Und jeder, der das schon mal ausprobiert hatte wusste, dass das keinen Spaß für die Arme darstellte. Auch nicht für einigermaßen Sportliche Menschen, wie er selbst das einer war!
 

Schließlich erfolgreich im Haus angelangt war er von Mokuba auch sofort in Empfang genommen und ‚ausgerüstet’ worden: Einen Stöpsel fürs Ohr, um sich die Kommunikation zu erleichtern, eine schwarze Wollmütze und Jacke – eine, die verdächtig so aussah, als würde sie Seto gehören – um im abgedunkelten Teil des Hauses auch wirklich nicht gesehen zu werden, und schlussendlich einen kleinen Handspiegel für jeden. Und seitdem mussten sie sich auch fast krampfhaft das Lachen verkneifen, denn sie beide wirkten vielmehr wie unfähige Einbrecher als zwei Fans auf der Suche nach ihren Idolen.

Wobei die Suche an sich nicht so schwierig gewesen wäre, schließlich wusste Mokuba genau, wo es hinging. Das Problem daran war jetzt nur, nahe genug heran zu kommen ohne gesehen zu werden.

„Vorsicht, Ecke rechts.“, nuschelte der Kleine und Joey nickte um anzuzeigen, dass er es verstanden hatte. Sie besaßen schon von so einigen vorhergehenden Spielen eine Art Geheimsprache. Auch wenn diese nicht wirklich geheim war, sondern vielmehr nur stark verkürzt. Das 'Vorsicht' wies darauf hin, dass sie eventuell an der nächsten Abzweigung auf jemanden treffen könnten. Was natürlich schlecht war, wenn man nicht gesehen werden wollte und Joey würde den Teufel tun und sich erwischen lassen! Nicht wenn er soo kurz davor war, die Mitglieder seiner absoluten Lieblingsband endlich live und in Farbe sehen zu können. No way! No fucking way!
 

Sich an der Ecke langsam zu Boden sinken lassend, blickte er kurz zu Mokuba und machte ein Zeichen, dass diesem bedeuten sollten zu warten. Mit aller nötigen und gebührlichen Vorsicht nahm er den kleinen Spiegel zur Hand und schielte damit vorsichtig um die besagte schwierige Ecke. Auf den ersten Blick wirkte der lange Gang leer und er wollte schon in ein erleichtertes Grinsen ausbrechen, als sich ein paar Beine in seinen Blickwinkel schoben. Und wenn er schon nicht die ausgreifenden Schritte erkennen würde, dann doch aber mindestens den Mantel. Scheiße! Erschrocken zog er den Spiegel zurück und sprang auf, um sich gehetzt nach Moki umzusehen. Fast lautlos formte er das Unheil verkündende Wort: „Seto!“

Sofort riss der jüngere seine Augen auf und sah sich hektisch um, bevor er Joey am Handgelenk ergriff und einige Meter zurückzog. Während dieser versuchte eine Tür möglichst schnell und dennoch leise zu öffnen, breitete sich Panik in Joey aus. Was wenn Seto sie nun fand? Der würde ihn doch garantiert mit einem Fußtritt vor die Tür befördern! Und ein paar abfällige Hundekommentare würde es obendrauf noch geben! Nein, nein, neiii.. – noch so in seine innerlichen Qualen verstrickt hätte er fast aufgeschrieen, als er abermals am Handgelenk gepackt und in einen dunklen Raum gezogen wurde. Sein Atem ging schneller und griff sich ans Herz als die Tür langsam und – dem Himmel sei gedankt! – leise zufiel. „Oh Gott, meine Nerven.“

„Pssscht!“, machte Mokuba und lehnte mit dem Ohr an dem dunklen Holz, um nach draußen zu lauschen. Die Zeit machte Joey sich zu Nutze, um sich in dem Raum umzusehen. Ein Badezimmer, wenn er sich diese Meinung in der Dunkelheit erlauben konnte. Schulterzuckend wandte er sich von dem ganzen Marmor ab und lehnte sich neben Moki an die Tür, nur um festzustellen, dass jene wohl zu dick war. „Warum zum Henker ist denn selbst euer Badezimmer schallgedämpft?“, flüsterte er dem Kleineren zu. Doch jener hob nur die Schultern. „Keine Ahnung, aber glaubst du, die Luft ist inzwischen rein?“

„Naja, der Geldsack wird wohl kaum vor der Badezimmertür stehen und Löcher in die Luft starren.“, schnaubte Joey und hob kurz darauf beruhigend die Hände. „Das sind nur ganz .. äh... ungewöhnliche ... Beschimp... Kosena… Spitznamen!“
 

Obwohl Mokuba nicht so aussah, als würde er ihm glauben, immerhin verdrehte der gerade seine Augen und schüttelte den Kopf missbilligend, sah es nicht so aus, als würde Joey eine weitere Rede über den ‚tollen großen Bruder und dessen noch viel tollere Taten’ erwarten. Etwas, wofür er momentan sehr dankbar war, denn obwohl er durchaus schon mal vor einiger Zeit festgestellt hatte, dass er ein Problem besaß, mochte er es nicht so gern, mit der Nase drauf gestoßen zu werden. Es war einfacher, weiterhin mit Beleidigungen um sich zu werfen und sich grundsätzlich überhaupt ein wenig mehr zurück zu ziehen. Sogar eine Schlägerei mit ‚dem König’ hatte er über sich ergehen lassen, nur um nicht zu Setos üblicher Bank zu flüchten. Das brachte ihm dann neben ein paar blauen Flecken dann zwar auch noch ein paar dumme Sprüche vom Eisblock ein, aber damit ließ es sich besser leben, als unter Umständen beim Anschmachten erwischt zu werden. Also, nicht dass er das tun würde! Nur nicht falsch verstehen! Anschmachten war etwas für Mädchen und das war er ja nun sicher nicht. Es ging da vielmehr ums Prinzip und gerade verwirrte er sich selbst mit seinen eigenen Gedanken. Nicht gut. Am Ende würde er Seto irgendwann noch mal Recht geben müssen, wenn der ihm mal wieder die Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege vorhielt.
 

Von diesen Gedanken wurde er abgelenkt als der kleine Wunderknabe die Tür vorsichtig einen Spalt öffnete und da Joey ja nun noch ein ganzes Stück größer war, stellte er sich hinter den Kleinen, um auch durch den entstandenen Schlitz nach draußen schielen zu können. Und es sah unglaublicherweise so aus, als wäre die Luft rein. Also, auf in den Kampf!

Tatsächlich kamen sie nach zwei weiteren ‚Fast-Begegnungen’ mit verschiedenstem Personal der Kaibabrüder auch endlich zu einem der beiden Balkone, die sich über der Terrasse befanden. Die dazugehörige Tür ließ sich genauso lautlos wie alle anderen in dieser Villa hier auch öffnen. Ob Kaiba jemanden beschäftigte, der Tag und Nacht durch den Kasten hier hetzte und alles ölte, was auch nur so aussah, als würde es bald mal quietschen? Was wäre das dann für eine Berufsbezeichnung? Einöler? Schmierfink? Fast wäre ihm ein Kichern entwischt, doch er konnte es noch rechtzeitig zurückhalten. Was wohl auch an dem halbwegs verzweifelten Blick von Mokuba lag. Sie waren so nah an ihrem Ziel!

Und das Ziel hieß Bad Luck!
 

Sofort schlich sich ein erwartungsvolles Glitzern in seine braunen Augen und es brauchte nicht lange, bis sich die beiden Jungen vorsichtig über den Balkonboden robbten, bis sie am Geländer angekommen waren. Sich noch einen letzten triumphierenden Blick zuwerfend wagten sie es schlussendlich ihre Nasen durch die schmalen Gitterstäbe des Geländers zu schieben und nach unten zu schielen.

Und tatsächlich! Dort saßen sie! Oh Gott, oh Gott, oh Gott!!

Fast hätte Joey angefangen zu hyperventilieren. Dort, vielleicht drei oder vier Meter Luftlinie entfernt sah er die Mitglieder seiner und Mokis absoluter Lieblingsband! Shuichi Shindo, Hiroshi Nakano und Suguru Fijisaki! Da ging einem wirklich das Herz auf!

„Atmen, Joey!“, drang die etwas besorgt klingende Stimme seines Mittäters durch seinen etwas nebligen Freudentaumel und ganz so, als hätte seine Lunge nur auf diesen Befehl gewartet, begann sie wieder zu arbeiten. Aber das war sowieso gerade nur ganz nebensächlich. Mit strahlenden Augen, sich kaum zu blinzeln trauend, beobachtete er die drei Männer dabei, wie sie sich mit Kaiba unterhielten. Zumindest tat er das, bis sein Blick auf zwei weitere Besucher fiel. Den einen konnte er nach einigem Überlegen sogar zuordnen: Toma Seguchi von der Gruppe Nittle Grasper – eine Band, die er eher uninteressant fand, weshalb seine Begeisterung darüber auch kaum zu erwähnen wert war.
 

„Wer issn der Blonde da?“, flüsterte er ohne seinen Blick von seinem großen Vorbild Shuichi zu nehmen. Schließlich könnte er ja eine winzige Bewegung verpassen und das, wo er sich vorgenommen hatte, sich diese Bilder bis ganz tief in die Seele zu brennen. Wer besaß schon das unverschämte Glück, mit kleinen, zum teilen bereiten Mokubas befreundet zu sein und das daher tatsächlich erleben zu dürfen? Zudem der kleine Wuschelkopf sich ohne Probleme einfach zu den anderen dazu setzen könnte. Aber nein, stattdessen harrte dieser in geheimer Mission hier mit ihm in einem mehr schlecht als recht geschütztem Versteck aus. So fern und doch so nah dran am größten Paradies, das sich ein Fan nur wünschen konnte. Das Dauergrinsen, das sich eingeschlichen hatte, wollte gar nicht mehr runter von seinem Gesicht, schien sich vielmehr dort festgesetzt zu haben im festen Willen nie wieder zu gehen.

„Irgend so ’nen Autor. Eher uninteressant.“, kam die ebenfalls geflüsterte Antwort und er nickte dazu nur. Schließlich war er ebenfalls dieser Meinung. Autoren waren nun wirklich kein Grund, sich wie ein Ninja durch Häuser zu schleichen und sich wie eine Flunder auf den Boden eines Balkons zu pressen. „Is aber der Liebhaber von Shuichi, wenn ich das vorher richtig verstanden habe.“, diese Worte fügte der kleine Wirbelwind eher nachlässig, uninteressiert an.

„WAS?!“

Pssscchhht!
 

Mokuba, schneller Denker, der er nun mal war – das musste etwas mit diesen verfluchten Kaibagenen zu tun haben –, zog Joey mit aller Gewalt von Balkongeländer zurück und presste ihm die kleine Hand auf den Mund. Was zur Folge hatte, dass dem Blonden auffiel, dass er sie vermutlich gerade verraten hatte. Scheiße! Das Leben war so ungerecht! Er war soo nahe dran an der Erfüllung einer seiner Träume und musste es sich selbst vermasseln, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass Shuichi schwul war? Joey war sich inzwischen sicher, dass er alles Pech dieser Welt für sich gepachtet hatte.

Mit klopfenden Herzen saßen die beiden auf dem Boden, in der Bemühung möglichst leise zu atmen und darauf zu lauschen, ob man unter ihnen etwas gehört hatte. Doch das Gemurmel, das zu ihnen hochdrang, schien sich nicht zu ändern und nach unglaublich langen 60 Sekunden atmeten die beiden erleichtert auf. Es dauerte zwar noch ein paar Minuten, doch schließlich beruhigte sich zumindest Joeys Herzschlag. Fragend sah er zu seiner nie versiegenden Informationsquelle, stumm nach mehr Wissen verlangend. Der Kleine schien kurz hin und her gerissen zwischen der Möglichkeit einfach wieder nach vorne zu rutschen und Joeys Wissensdurst zu ignorieren oder aber ihm die Informationen, die er besaß, in richtig typischer Kaibamanier um die Ohren zu klatschen.

Die Kaibegene gewannen natürlich.

Wie könnte es auch jemals anders sein?
 

„Als die alle angekommen sind, stand ich gerade noch ein wenig geschockt auf der Treppe.“, murmelte Mokuba und auf Joeys noch ein Stück fragender werdenden Blick hin grinste er kurz. „Naja, man bekommt nicht täglich gesagt, dass seine Band zu sich nach Hause kommt!“, das wurde hektisch geflüstert und der Teenager konnte nur zustimmend nicken. Das war mal sehr nachvollziehbar. Es war sogar ein Stück beeindruckend, dass Moki überhaupt noch hatte stehen können. „Und Shuichi hing wie eine Klette an diesem Eiri dran. Wie angeklebt.“

„Wer ist denn jetzt Eiri schon wieder?“, hinterfragte Joey stirnrunzelnd und beschloss das Augenverdrehen seines Gesprächpartners zu ignorieren. Vorausgesetzt er bekäme jetzt noch halbwegs vernünftige Informationen. „Der Autor.“

„Ach, der Blonde?“

Der Schwarzhaarige öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, schloss ihn dann jedoch wieder und seufzte stattdessen nur tief. „Ja Joey, der blonde Autor. Eiri Yuki.“

„Hm, aber nur weil der an Shuichi dran hing, muss das ja noch nichts heißen. Vielleicht ist das nur deine hormongeplagte Vorstellung?“, noch war er nicht davon überzeugt. Wirklich nicht. Heutzutage knutschten Mädchen in der Schule rum und trotzdem waren sie nicht gleich lesbisch. Zumindest, wenn man ihnen Glauben schenken konnte.

„Ich bin zu jung, um schon mit dieser Plage kämpfen zu müssen. Ganz im Gegenteil zu gewissen anderen Personen...“, er grinste Joey frech an und fuhr dann fort. „Sie haben sich auch schon geküsst.“, kurz hielt Moki inne, um sich ein wenig nachdenklich in seine schwarze Mähne zu greifen und mit einer Strähne zu spielen. „Naja, zumindest Shuichi hat geküsst, der andere hat ihn recht schnell weggedrückt. Kannst du dir das vorstellen?!“
 

Und nein, Joey konnte nicht. Die Empörung in der Stimme des anderen war auch die seinige. Wer würde es denn bitte wagen, den Shuichi von sich zu stoßen? Das war ja selbst für Heteros undenkbar! Das war einfach unerhört und unglaublich und dafür konnte es nur Rache geben!

Fast sofort fiel sein Blick auf eine der Blumenvasen, die ganz harmlos und unglaublich dekorativ im Eck des Balkons standen. „Zu groß!“ Sein Mittäter schien seine Gedanken gelesen zu haben und obwohl Joey zustimmend nickte, festigte sich das zufriedene Grinsen von vorher wieder. Auf den kleinen Kaiba war eben in jeder Situation Verlass und würde auch nicht davor zurückschrecken Blumenvasen auf die Köpfe von wichtigen Gästen zu werfen. Wobei man sich hier über das ‚wichtig’ streiten konnte. In seinen Augen war so ein dahergelaufener Autor kaum etwas wert. Höchstens die Anstrengung etwas nach ihm zu werfen. Nur was?

Abermals konnte er für die telepatischen Fähigkeiten eines Kaibas nur dankbar sein, auch wenn er es in anderen Situationen verabscheute, dass es einer gewissen anderen Person so leicht zu fallen schien, seine Gedanken zu lesen. Aber wie dem auch war, Mokuba war wie der Blitz vom Balkon verschwunden und kehrte kurze Zeit später mit einem tropfendem Schwamm zurück. Ein wenig skeptisch hob Joey eine Augenbraue, was eine Geste war, die er sich wohl unbewusst bei Seto abgeschaut hatte. Aber war das ein Wunder? So häufig, wie er sich schon damit konfrontiert gefunden hatte?

Nicht wirklich, oder?

Eben...
 

„Ein Schwamm?“, gut seine Stimme klang nicht wirklich begeistert, aber andererseits war die Vorstellung, für diese Tat von Kaiba getötet zu werden, auch nicht wirklich angenehm, daher sollte sich das Ganze wohl doch ein wenig in Grenzen halten. Es war ja fast schon wieder ärgerlich, wie weit ihm sogar Moki schon in Gedanken voraus war. Hin und wieder. Manchmal.

Der Jüngere nickte und erst jetzt bemerkte Joey das fast schon bösartige Funkeln in den normalerweise so unschuldig wirkenden Augen. Allerdings nur fast, denn das vor ihm war immer noch Mokuba Kaiba. Unschuldsengel deluxe und damit das genaue Gegenteil von dessen großem Bruder. Trotzdem neugierig geworden warf er einen weiteren Blick auf den eher unscheinbaren Schwamm und folgte den Tropfen die da gemächlich aber beständig auf den Boden tropften. Sie waren ... „Rot?“

„Perfekt gereifter Rotwein aus Spanien.“, erklärte der nicht mehr ganz so unschuldige Engel grinsend und reichte Joey den Schwamm mit einer angedeuteten Verbeugung. „Ich habe die Waffe besorgt, du wirst sie benutzen.“

Joey nickte heftig, die blonden Haare die ihm dabei ins Gesicht fielen ignorierend – wann war ihm die Mütze abhanden gekommen? egal – und nahm ‚die Waffe’ mit der gebührenden Vorsicht. „Es ist eindeutig an der Zeit, ein wenig Farbe in das Leben dieses Autoren zu bringen.“, es war schwer ein ernstes Gesicht beizubehalten, doch irgendwie schafften sie es beide. „Wir sind gemeinsam in dieser Sache.“, bestätigte er und zusammen robbten sie auf Knien und Händen wieder zum Balkongeländer. „Du schaust ob die Luft frei ist und ich werfe.“, flüsterte er und schielte dann noch einmal nach unten um nach seinem Opfer Ausschau zu halten.
 

Die Aktion an sich gelang dann auch in nur wenigen Sekunden. Von „Jetzt!“, bis „Treffer!“, dauerte er kaum ein paar Atemzüge und obwohl sie so schnell davon liefen, als ob der Teufel persönlich hinter ihnen her wäre, war es Joey gelungen, einen Blick für die Ewigkeit zu erhaschen. Der Schwamm hatte diesen Eiri perfekt am Kopf getroffen und verteilte seinen Inhalt nicht nur in Sekundenschnelle in dessen Haare und über Gesicht sondern auch noch großzügig an die um ihn herumsitzenden. Nun ja, Kollateralschaden ließ sich eben nur selten vermeiden.

Ohne Rücksicht auf Verluste hetzten sie in das dritte und damit letzte Stockwerk. Herum um Ecken, an betriebsamen Angestellten und gelangweiltem Sicherheitspersonal vorbei bis zu Mokubas Zimmertür. Jene war schnell aufgerissen und hinter ihnen auch wieder zugeworfen, bevor sie sich heftig atmend gegenüberstanden und anstarrten bis sie beide wie auf Kommando in lautes Gelächter ausbrachen.

„Gott, hast du sein Gesicht gesehen?“, keuchte Joey und wieherte fast vor lauter Lachen, als Moki es auch sofort nachmachte. Sich kaum noch auf den Beinen halten könnend ließ er sich auf das ungemachte Bett des Jungen fallen und hielt sich den langsam sogar schmerzenden Bauch. Es war zum Glück nicht das erste Mal, dass er sich hier befand, sonst hätte er sich mehr umsehen und sich darüber freuen müssen, dass Mokuba nicht so ein penibler Ordnungsfanatiker wie Seto war. So aber konnte er sich vollkommen auf seine Gehässigkeit konzentrieren und dem Jüngeren dabei zusehen, wie auch diesem langsam aber sicher die Luft ausging. Ja, sogar kleine Tränen rannen dessen Wangen hinab. Wie lange es wohl her war, dass sie so sehr gelacht hatten?
 

Nach einigen Minuten, in welchen nur lauter Atmen und hin und wieder auch noch mal Gekicher im Raum zu hören war, ließ sich Moki im Schneidersitz auf dem Boden nieder und sah zu Joey hinauf: „Dir ist klar, dass wir hier keineswegs sicher sind?“

Dazu konnte er nur nicken. Natürlich war ihm das klar. Genau wie ihm deutlich bewusst war, dass er selbst derjenige war, der den Großteil des Zornes einer ganz gewissen Person abbekommen würde. Aber mitgefangen, mitgehangen. „Das war es mir definitiv wert. Auch wenn wir dadurch unsere Zeit so nahe an Bad Luck dran zu sein, deutlich verkürzt haben.“

„Ich finde es so cool, dass du dir für solche Aktionen nicht zu schade bist.“, kam das Geständnis von Mokuba, auf welches hin Joey gar nicht anders konnte, als aufzustehen und sich dann weit genug zu dem Jungen herabzubeugen, um ihm durch das dichte, schwarze Haar zu wuscheln. „Hey, du bist mein Freund! Da ist das doch selbstverständlich. Wir funken auf der gleichen Wellenlänge!“, dazu gab er mit der freien Hand noch ein Daumenhochzeichen, bevor er geschockt zusammenzuckte als die Tür mit einem Knall aufflog. Ohoh.
 

Seltsamerweise schien Kaiba keineswegs erstaunt darüber, ihn hier zu sehen. Dessen durchaus durchdringender und deutlich angepisster Blick wanderte von ihm zu Mokuba und wieder zurück, bevor er die Arme vor der Brust verschränkte und mit offensichtlicher Mühe seinen bisher fest zusammengepressten Kiefer auseinander bekam. „Ob ihr mir wohl erklären könnt, wie gerade ein in Rotwein getränkter Schwamm auf dem Kopf einer meiner Gäste gelandet ist?“ Und hier sollte sich nur niemand täuschen lassen! Obwohl die Worte so ganz ohne Kontext nicht wirklich schlimm klangen, waren die in seiner Stimme mitschwimmenden Eisschollen scharf und trafen ohne weitere Probleme. Mokuba war also mit Sicherheit nicht alleine in seinem Zusammenzucken. Joey und Moki sahen sich an und schienen gleichzeitig zu beschließen, dass es für ihr weiteres Überleben wohl besser wäre zu schweigen.

„Nein?“, hinterfragte Kaiba und diesmal war es beißender Sarkasmus der die beiden abermals zusammenzucken ließ. Und das, obwohl der blöde Sack nur ein einziges Wort gesprochen hatte! Auf einmal sah die ganze Aktion nicht mehr ganz so lustig aus wie noch vor wenigen Momenten. Der Blonde müsste sehr ernsthaft und sehr lange nachdenken, wann er sich das letzte Mal so gefühlt hatte wie gerade eben. Nicht einmal sein Dad schaffte es, seine Standpauken so zu verkaufen. „Schafft ihr es dann vielleicht, eure rötlichen Finger zu erklären?“

Ein gehetzter Blick auf ihre Hände offenbarte tatsächlich das von Kaiba aufgezeigte Problem. Schwupps und schon hatten sie diesen Indizienfall verloren, ohne überhaupt ein Wort gesagt zu haben. Die Welt war und blieb einfach nur verdammt ungerecht! Wie abgesprochen fielen bei beiden Schuldigen die Schultern nach vorne und sie begannen mit einem Fuß auf dem Boden herum zu scharren.
 

„Auch nicht?“, hinterfragte Kaiba mit nun verdächtig sanfter Stimme, schien diesmal jedoch nicht wirklich auf eine Antwort zu warten, da er gleich fortfuhr. „Nicht nur, dass ich mich entschuldigen musste für euer unwürdiges Verhalten, nein ich musste auch noch mit ansehen, wie sich zwei eigentlich erwachsene Männer darum stritten, einen dritten Mund zu Mund zu beatmen. Obwohl jener noch nicht einmal ohnmächtig war. Von dem nun völlig mit Rotwein besprengten Vertrag einmal ganz abgesehen!“

Es ließ Joey wirklich um seine Seele bangen, aber er konnte nicht anders. Obwohl er sich mit aller Macht dagegen stemmte und verzweifelt versuchte, seinen Mund geschlossen zu halten, konnte er gegen das kurze Glucksen, das ihm entkam, nichts tun. Gar nichts! Aber die Vorstellung davon war einfach zu köstlich: Ein über alle Maßen angepisster Seto hatte vermutlich gerade mal ein ‚Entschuldigung’ durch die geschlossenen Zähne gepresst und von dem sich auftuendem Spektakel nicht nur Kopfschmerzen bekommen. Köstlich, einfach nur köstlich!

„Das findest du also lustig, Köter?“
 

Aktuell... nein. Wenn Kaiba in dieser Tonlage sprach, würde er es nicht einmal mehr lustig finden, wenn Tristan in einem Ballerinakostüm durchs Zimmer hüpfen würde. Vermutlich. Und im ersten Augenblick wusste Joey auch nicht zu sagen, ob er sich über Mokubas erleichtertes Aufseufzen ärgern oder es ihm nachvollziehen sollte. Immerhin war jener erstmal aus der Schusslinie, schließlich hatte er sich selbst gerade äußerst erfolgreich als Zielscheibe angeboten. Nicht gut. Gar nicht gut. Und vor allem, wo war seine Stimme hin? Er wollte sich gerade über den dämlichen Hundekommentar aufregen, als sein Blick an Setos Augen hängen blieb. Und vorbei war es. Sein Mund wollte sich nicht einmal mehr einen Millimeter weit öffnen. Wie sagte man beim Roulette doch gleich noch mal? Ach ja: „Nichts geht mehr“ und das war leider gerade eine äußerst traurige aber wahre Tatsache. Denn dieser Blick versprach Mord und Todschlag. Direkt aus der Hand des Unternehmers. Verdammt!

„Mokuba du gehst jetzt sofort ins Bett. Wir unterhalten uns morgen.“, verkündete Kaiba da gerade eben in Joeys Gedanken hinein und unterband jedes Wort, das dessen kleiner Bruder hervorbringen konnte, mit einem weiteren dieser Blicke.

„Wheeler, mitkommen!“, damit wandte sich Seto ab und Joey blieb nach einem kurzen Blicktausch mit Moki nichts anderes übrig, als diesem Befehl folge zu leisten. Naja, immerhin hob der kleine Wicht mit einem sehr, sehr schwächlichem Lächeln die Daumen in der allgemein bekannten ‚Du schaffst das’-Geste. Immerhin glaubte einer an ihn, wenn er selbst es schon nicht mehr tat.
 

Mit leicht gesenktem Blick folgte Joey dem größerem durch die Gänge und erkannte auch recht schnell, wohin die Reise gehen sollte. In dessen Büro. Was nur einen weiteren Hinweis darüber darstellte, wie angepisst der andere mit ihnen... nun, jetzt ja vielmehr nur noch mit ihm war. Noch vor ein paar Wochen hatte Seto gemeint, dass der Tag, an dem er Joey in eines seiner Büros lassen würde, der Tag wäre, an dem einer von ihnen beiden es nicht mehr lebend verlassen würde. Und jene kurze Erinnerung ließ Joey trocken schlucken. Ein winziger, dämlicher Schwamm sollte sein Todesurteil gewesen sein? Er hatte noch nicht einmal jemandem wehgetan! Das musste Seto doch einsehen können? Oder?!

Ein wenig unentschlossen folgte er dem anderen in das Büro und gerade als die Tür hinter ihm ins Schloß fiel, fuhr Kaiba auch schon herum und kam mit finster aufleuchtenden Augen auf ihn zu. Fast ungewollt trat Joey ein paar Schritte zurück, bis er mit den Schultern an der Tür anstieß. Ob sich das Wort verdammt abnutzte wenn man es zu häufig verwendete? Egal, verdammt!

„Du raubst mir wirklich noch mal den letzten Nerv, Wheeler!“, zischte Kaiba da auch schon und er bekam die leise Ahnung, dass jener nur zischte, um nicht ungewollt die ganze Villa zusammen zu brüllen. Und obwohl Joey sich wirklich auf andere Dinge konzentrieren sollte, zum Beispiel darauf, am Leben zu bleiben, so fühlte er doch eine kurze Welle Stolz in sich aufwallen. Warum? Hey, jeder und noch dessen Mutter wusste, dass man Seto Kaiba nicht bestehlen konnte und er raubte ihm sogar Verstand! Man musste eben alles von der positiven Seite sehen.

„Wage es nicht, jetzt wieder im unendlichen Irrgarten deines degenerierten Kleinhirns zu verschwinden!“, inzwischen flüsterte der Größere nur noch und Joey war sich sicher, eine Ader an dessen Schläfe pochen zu sehen, die er bisher bei all seinen Eskapaden noch nicht bemerkt hatte. Er hielt es für ein schlechtes Omen. Ob es an der Zeit war, ein wenig mehr Reaktion zu zeigen als große Augen und einen verschlossenen Mund?
 

„Nun mach mal ’nen Punkt Kaiba!“, maulte er und hob die Arme, um den anderen davor zu, stoppen ihm zu nahe zu kommen. Er hatte Seto noch nie gewalttätig erlebt, aber gerade könnte er es ihm wohl zutrauen. Und jetzt, wo er schon mal angefangen hatte... „Es war doch nur ein Schwamm!“, mit den Händen formte er die Größe der gemeinen Waffe nach, auch wenn er es zugegebenermaßen ein wenig verkleinerte. „So was tut doch nun wirklich niemandem weh. Ein kleiner Scherz unter... Freunden?“, ja das war gut. Vielleicht konnte er auf dieser Schiene das bisher noch niemals aufgetretene Mitgefühl des anderen wecken? Schließlich ermordete man keine Freunde. So ähnlich stand es doch sogar schon in der Bibel. Sich selbst zunickend konnte Joey keine Milderung in der Mimik des anderen feststellen. Nein, stattdessen schien die Gewitterwolke über dem Kopf sich sogar noch ein wenig zu verfinstern. Oh shit!

„Ich – musste – mich – entschuldigen!“, grollte Kaiba, jedes Wort besonders betonend und stieß die abwehrend ausgestreckten Arme vor sich mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite. Fast augenblicklich fühlte Joey sich am Kragen gepackt und nun tatsächlich unausweichlich einem sehr wütenden, aber durchaus strahlendem Augenpaar ausgesetzt. „Wenn dir etwas an deinem völlig unnützem und raumverschwendendem Leben liegt, solltest du Flohschleuder dir schnell einen Grund für diese lächerliche Aktion einfallen lassen. Einen sehr glaubhaften Grund, Wheeler. Und das ganze, bevor ich meine guten Manieren vergesse und deinen luftbefüllten Kopf so lange von Roland in das Pissoir tauchen lasse, bis sich meine vorübergehende Gedächtnislücke schließt und mir wieder einfällt, dass es verboten ist, andere Individuen umzubringen!“
 

Jetzt war es offiziell: Sein Leben würde hier und heute ein Ende finden. Ade schöne Welt, es war die meiste Zeit schön mit dir.

So hatte er Kaiba noch nie erlebt und wünschte es sich auch nicht mehr, doch wenn er auch nur einen Hauch einer Überlebenschance haben wollte, dann müsste jetzt etwas sehr, sehr Sinnvolles aus seinem Mund kommen. Er öffnete ihn und… sinnvoller Gedanke. Bitte!

„Er hat Shuichi weggedrückt!“ – Vielleicht wäre es doch besser, wenn Kaiba ihn in seinem Klo ertränken lassen würde. Das meinte Pissoir doch, oder? Wenn er das hier überleben würde, sollte er Mokuba wohl danach fragen. Wobei es ihn ja fast schon wieder nervte, dass der Schnösel noch nicht einmal das selbst erledigen wollte. Doch immerhin, Kaiba blinzelte. War das nun gut oder schlecht?

„Bitte?“, es klang neutral und wütend. Immer noch. War das überhaupt eine Kombination, die funktionierte? Nun, selbst wenn nicht, so schaffte Kaiba es doch, sie funktionieren zu lassen. Nicht, dass Joey das in irgendeiner Form überraschte, schließlich kamen hier die überragenden Kaibagene wieder zum Tragen. Aber er war etwas gefragt worden, nicht? Was auch den Grund dafür darstellte, dass sich ein störrischer Glanz in seinen brauen Augen niederließ. „Er hat Shuichi Shindo weggedrückt, als der ihn geküsst hat! Mokuba hat es genau gesehen!“

„Und deshalb habt ihr ihm einen Schwamm gegen den Kopf geworfen?“, nun das klang fast ein wenig fassungslos, wenn man Seto mit diesem Wort in Zusammenhang bringen durfte. Und so von Nahem hatte Joey auch einen recht guten Ausblick darauf, wie sich dessen Pupillen ganz kurz für ein paar Millisekunden vor Überraschung weiteten. Aber das könnte auch Wunschdenken gewesen sein, denn nur einen Augenaufschlag später war das Phänomen wieder verschwunden. Trotzdem nickte er ein wenig zaghaft. „Ja?“

„Ihr werft einem meiner Besucher, einem bekannten Autoren, einen mit Rotwein getränkten Schwamm gegen den Kopf, weil er sich nicht von einer wandelnden Katastrophe mit pinken Haaren küssen lassen wollte.“ Es war definitiv keine Frage. Nein, es war vielmehr eine trocken hervorgebrachte Feststellung, die ein wenig mehr Kampfgeist in Joey regte. Niemand nannte Shuichi eine wandelnde Katastrophe! Auch kein Seto fucking Kaiba!
 

„Natürlich!“, diesmal war es an ihm zu fauchen, etwas das von Seiten Setos nur mit dem hochziehen einer fein geschwungenen Augenbraue beantwortet wurde. „Man stößt einfach keine Leute wie Shuichi von sich, wenn die einen küssen wollen! Das ist Frevel und Hochverrat in einem! Weißt du, was Fans dafür alles tun würden?!“

Unglaublicherweise schien Seto tatsächlich kurz über seine Worte nachzudenken bevor sich der Griff an seinem Kragen ganz leicht lockerte und ein abfälliges Schnauben zu hören war. „Leute wie Shuichi also, ja?“, hinterfragte der Größere und langsam aber sicher verschwand der größte Zorn aus dessen blauen Augen. Joey stieß ein erleichtertes Stoßgebet zu jeder höheren Macht aus und entspannte seine bisher abwehrend gehobenen Schultern leicht. „Genau so ist es. Wir mussten diese Schmach für ihn wieder gerade rücken. Das ist die Pflicht eines guten Fans.“, stimmte er zu und wunderte sich ein wenig über das kurze verziehen der ihm doch recht nahen Lippen. War Seto jetzt am Ende sogar amüsiert? Doch woher sollte dieser plötzliche Sinneswandel kommen?

„Hm, ist das so?“, zwar war die Tonlage immer noch grollend, doch viel weniger zischend und die vielen, vielen Eisschollen waren auch schon am Schmelzen. Wenn sich jemand auf die winzigen Facetten in der Stimme des CEO’s verstand, dann war das Joey. „Mit ‚solchen’ Leuten meinst du Personen, die im Rampenlicht stehen, von vielen bewundert werden und doch niemals erreichbar sind, nehme ich an?“

Diesmal konnte er nur zustimmend nicken. Genau so war es schließlich doch auch. Jeder Fan wäre bereit, über Leichen zu gehen, um so ein Erlebnis zu durchleben und es noch seinen Großenkeln erzählen zu können. So etwas schob man nicht einfach beiseite wie eine lästige Fliege! Dieser Eiri besaß einfach keine Ahnung, was für ein Geschenk ihm damit gemacht worden war. Das einzig Seltsame daran war nur, dass sogar Seto zu begreifen schien, was Joey da versuchte ihm zu vermitteln.
 

„Also ist es völlig in Ordnung wenn diese sich wahllos ihren Launen hingeben und dürfen demnach auch so handeln, wie sie es sich wünschen ohne auf Gegenwehr zu stoßen? Das ist die ganze Interpretation dahinter, richtig?“, und obwohl Seto diese Sätze in einem fragendem Tonfall aussprach, war Joey sich irgendwie sicher, dass diese Dinge inzwischen mehr als feste Aussagen zu sehen waren. Auch wenn sie sich so ein wenig seltsam anhörten, war es ja trotzdem noch wahr. Ungefähr so hatte er es ja gerade gesagt und es ließ sich ja schlecht wieder zurückrudern, nur weil der andere den Wortlaut umformulierte, den Inhalt aber irgendwie gleich ließ. Den Kopf ein wenig schief legend musterte er Seto auf Anzeichen einer Falle hin. Aber da dort immer noch ein wenig Zorn in den hellblauen Augen vor sich hin schwelte – nur darauf wartend, dass man ihn wieder zu einem Eissturm entfachte – tat er das nicht besonders lange und stimmte ein weiteres Mal zu.

"Und du bist selbstverständlich einer dieser Fans.", diesmal bemühte der andere sich nicht einmal mehr um einen fragenden Tonfall und Joey verdrehte die Augen ein wenig genervt.

"Musst du eigentlich unbedingt alles wiederholen und das offensichtliche nochmal laut feststellen?", zwar war er sich bewusst, dass er noch nicht wirklich aus der Gefahrenzone heraus war – wie auch, wenn Kaiba ihn immernoch am Kragen seiner eigenen schwarzen Jacke festhielt – aber irgendwann war auch mal genug. Aber was genau hatte jetzt dieses kurze Aufblitzen in den blauen Augen bedeutet? Schon wieder eine Reaktion des anderen , die er nicht deuten konnte? Also langsam aber sicher wurde ihm das unheimlich. Bis vor kurzem war er noch recht stolz darauf gewesen, die einzelnen Gesten des anderen in eine allgemein gültige Sprache übersetzen zu können. Doch diese Fähigkeit schien heute irgendwie auf der Strecke geblieben zu sein. Auch wenn er den kurzen Triumph, der jetzt gerade in der Mimik des anderen zu sehen war, nun doch wieder zuweisen konnte. Was zur Hölle?
 

"Nein, nicht unbedingt.", antwortete Kaiba und noch, bevor Joey sich wirklich fragen konnte, warum er jetzt so eine Antwort bekam oder viel interessanter: Warum Seto gerade Triumph verspürt hatte, flogen sowieso alle Gedanken weit aus allen Gehirnzellen. Die Augen weit aufreißend konnte er nicht anders, als den plötzlich noch viel näheren jungen Mann anzustarren und sich zu fragen, ob er da tatsächlich gerade geküsst wurde? Geküsst! Von Seto fucking Kaiba!

Aber im Grunde.. also im Grunde war es auch egal. Ganz besonders als Seto die Hand von seinem Jackenkragen löste, um sie ihm in den Nacken zu legen und ihn näher an sich heran zu ziehen. Und oh Gott... der Mensch konnte küssen! Fast ungewollt schlossen sich Joeys braune Augen und er begann, den Kuss zu erwidern. Wenn er schon hallu.. hallozi... sich etwas einbildete, dann wollte er auch etwas davon haben. Und etwas bekommen, das tat er. Man mochte gar nicht glauben, wie viel Wärme jemand mit einer so eisigen Ausstrahlung abgeben konnte. Oder wie gut es sich anfühlte, wenn jener ihm durch die Haare strich. Oder dass er das zufriedene Brummen nicht unterdrücken konnte, als der Kuss vertieft wurde.
 

Doch wie alle schönen Momente im Leben, so musste wohl auch dieser vorüber gehen und so beendete Seto den Kuss schließlich. Was Joey dazu veranlasste, seine Augen wieder zu öffnen und sich dem seltsam prüfendem Blick des anderen ausgesetzt zu fühlen. Wenn der es jetzt auch nur wagen sollte, etwas Blödes dazu zu sagen! Aber was wäre dann? Unsicher geworden begann er sich auf der Unterlippe herum zu kauen. Warum genau hatte Seto ihn jetzt geküsst? Besaß jener ein ähnliches 'Problem' wie er selbst? War es nur ein Witz? Eine neue Art, um ihn zu Boden zu werfen?

"Ich gedenke diese Art von ... Fanservice von dir zu monopolisieren und es könnte sehr unerfreuliche Auswirkungen für alle anderweitig Beteiligten haben, wenn dem nicht der Fall wäre. Hast du das verstanden, Wheeler?"

Äh... was? Nein! Oder? Was genau versuchte Kaiba ihm da eigentlich gerade zu vermitteln? Fanservice? Der Kerl konnte nicht erwarten, dass er sich nach so einem Kuss und so vielen Fragen einfach so auf eine so behinderte Fragen konzentrieren konnte!

"Ich habe dich etwas gefragt!"

Offensichtlich konnte Kaiba es doch. "Äh.. ja klar.. sicher doch.", am besten immer zustimmen bei dieser Tonlage. Man lernte mit der Zeit ja doch so einiges, wenn man ständig mit dem Älteren zusammenstieß. Jener nickte auch, offensichtlich zufrieden mit der Antwort und hob die Hand, um ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Von dieser schon wieder so unerwarteten Geste abermals aus der Bahn geworfen, bekam Joey auch kaum mit, wie der andere sich von ihm löste. Etwas das sich bei den nächsten Worten jedoch schlagartig wieder änderte. Empört starrte er Kaiba an und verbannte damit erst mal alle anderen Gedanken und Fragen die ihn später noch geraume Weile beschäftigen sollten:

"Ich soll mich persönlich entschuldigen?! Na hör mal, das hat der Typ verdient und außerdem hast du das doch schon erledigt!"
 

Es bleibt wohl müßig zu erwähnen, dass Joey sich tatsächlich noch entschuldigte und dass auch Mokuba zu der Runde noch einmal hinzugeholt wurde. Mit der durchaus unerwarteten aber sehr willkommenen Hilfe von Seiten Setos wurde das Ganze als ein bedauerlicher Unfall dargestellt, bei dem Mokuba eine Flasche Wein, die er Joey präsentieren wollte, umgeschüttet hatte. Joey, hilfsbereit wie er natürlich war, hätte das Debakel mit dem Schwamm aufgewischt. Nur auf die Frage hin, wie denn der Schwamm dann über den Balkon gefallen war, war es einzig Mokuba und seinem unsichtbaren Heiligenschein zu verdanken, dass niemand mehr nachfragte. Seine schlichte Antwort darauf lautete: "It's called Gravitation."



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Kommentare zu dieser Fanfic (20)
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Von:  lilac
2015-12-07T21:24:24+00:00 07.12.2015 22:24
Also das war mein lieboings kapitel. Die idee zum schwamm ist hirnrissig ....und das joey da auch mit macht ....und dann so witzig formuliert. ?....selten so " gewihert" ...

KLASSE.

Lg lilac
Von:  lilac
2015-12-04T21:08:29+00:00 04.12.2015 22:08
Intressante geschichte, schön mal etwas zulesen wie es ..."danach" laufen kõnnte.
Von:  Onlyknow3
2015-05-02T15:49:55+00:00 02.05.2015 17:49
Was für eine Wendung der Dinge, und was für eine tolle Idee von Seto sich das so zurecht zu biegen das Joey jetzt seiner ist und keiner mehr ein Recht auf den Blonden hat. Ach ja da könnte noch mehr rein passen aber die Geschichte ist auch so sehr schön, hat mir sehr gut gefallen.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2015-05-01T19:07:30+00:00 01.05.2015 21:07
Trotzdem ein super kapitel mit allem was Joey zu bieten hat. Er ist halt unverbesserlich, und raubt Seto doch manchmal die nerven. Aber nur so hat er es geschafft von Seto etwas zu hören womit er nicht gerechnet hat, nämlich das er Joey nicht"perfekt" ist, und das Seto seiner noch lange nicht Überdrüssig ist wie er gedacht hat. Hat mich sehr gefreut das Kapitel zu lesen, die anderen kommen noch drann.

LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2013-07-24T09:24:13+00:00 24.07.2013 11:24
Auch für einen Wheeler ist Irren menschlich,gehört dazu zum Leben.Bin so gespannt was im nächste Kapitel passiert.Mach weiter so.


LG
Onlyknow3
Von:  Onlyknow3
2013-07-24T08:48:38+00:00 24.07.2013 10:48
Super Kapitel,das war klasse,mir hat es gefallen.Mach weiter so.


LG
Onlyknow3
Von: abgemeldet
2010-01-13T19:08:56+00:00 13.01.2010 20:08
WOW! Ein fulminantes Ende! Bravo…
Ein in Rotwein getränkter Schwamm? Oh ha, das ist echt tötlich für jeden Anzug… *lach* Wie geil ist das denn?
Ich find’s klasse… der Auftritt von Gravitation finde ich echt cool. Schön gemacht, dass Mokuba und Joey Fans von beiden sind… echt genial.
Und Kaiba… *rofl*… wie er in Mokubas Zimmer gestürmt ist… Genial… ganz schön angepisst, dass er sich entschuldigen musste… *lach*
Und wie ist das mit Kaibas Privatrecht auf Joey? *lol* Fantastisch gemacht…
Ein würdiger Abschluss, obwohl ich nicht traurig gewesen wäre, wenn es noch weiter gehen würde, ganz im Gegenteil… du hast einen angenehmen Schreibstil und tolle Ideen… ich freue mich drauf, eventuell mehr von dir zu lesen. *v*
Haaaach, die Länge meines Kommis sagt nicht mal im GERINGSTEN, wie gut ich diese FF finde... das ärgert mich. ><
*wink* Pan

Von:  Yoshy03
2009-12-21T06:55:03+00:00 21.12.2009 07:55
Hammer^^ einfach einsame spizte^^

ich musste kaibas satz zweimal lesen^^ also komplizierter ich liebe dich zu sagen gibt es nicht bzw. wenn dich jemand anfasst, is er brei^^

freu mich auf das nächst^^
lg
Von: abgemeldet
2009-03-25T14:20:45+00:00 25.03.2009 15:20
Der Kapititel „Oh mein Gott, wir sind perfekt“ finde ich echt klasse… alleine die Idee, das mal SO unzudrehen, ist sowas von genial… *freuz*
Nein, ehrlich… Die SexJo – Beziehungen werden ja immer als dramatisch, streitvoll und gegensätzlich beschrieben, aber dass sie schon so harmonisch ist, dass Joey sich beschwert, ist so DERMAßEN gelungen… einfach klasse! *nicknick*
SEHR gut gemacht. Die Rechtschreibung und Grammatik ist gut, sodass man über nichts stolpert und der Schreibstil ist schön zu lesen, sodass man flüssig folgen kann und die Möglichkeit hat, sich hineinzuversetzen…
Alles ist logisch und daher realistisch dargestellt. Perfekt, möchte ich bald sagen…
Ein äußerst gelungenes Werk.
Würde mich riesig über mehr davon freuen.
*wink* Pan


Von:  CARRION
2009-03-18T18:17:55+00:00 18.03.2009 19:17
ich liebe dieses kapitel einfach.

wie Kaiba diesen möchtegern King nieder macht
un wie du das beschrieben hast ...

einfach genial. <3



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