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Assoziatives Schreiben

à ma manière
von

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Jubiläumsaktion

Tagträume:
 

„Hey Junge, hier wird nicht geschlafen, verdammt nochmal!“

Mit einem Tritt wurde Jonas geweckt. „Scheiß Sklaventreiber“, wollte er sagen, tat es aber dann doch nicht und dachte es aber nur. Er hatte schon genug Ärger. Wenn der alte Hoffman einen beim Schlafen erwischte hörte der Spaß für den Bauern auf.

„Schwing‘ deinen Hintern auf’s Feld!“

„Ja, ist ja schon gut, ich gehe schon“, murmelte er zerknirscht. Bei der brütenden Hitze konnte man fast nichts anderes tun, als irgendwo im Schatten einzunicken. Doch anstatt sich zu erholen packte Jonas seine Harke und machte sich auf den langen Weg. Das Feld war zu Fuß eine gute halbe Stunde von der Scheune, in der er eben eingeschlafen war, entfernt. Der Acker hätte mit Leichtigkeit auch maschinell bearbeitet werden können, aber das war hier nicht gewünscht. Im Camp für schwererziehbare, straffällig gewordene Jugendliche sollte alles von Hand erledigt werden. Erziehungsmaßnahmen schimpfte sich diese Vorgehensweise. In Wahrheit war es reine Schinderei. Die Blasen auf Jonas Händen und Füßen, die blauen Knie vom stundenlangen Unkrautzupfen im großflächigen Gemüsegarten und der Sonnenbrand auf seinen Armen und dem Rücken sprachen Bände. Selbst sein Kopf war nicht verschont geblieben, denn Kappen oder andere Kopfbedeckungen zu tragen war hier untersagt.

Wenn seine Mutter das sehen würde, wäre er schon längst wieder zuhause. Sie war auch gegen seinen Aufenthalt in dieser Einrichtung gewesen, aber sein Vater hatte sich wie immer durchgesetzt.

„Arbeit wird ihn wieder auf den rechten Weg bringen“, hatte er gesagt und damit war für den Banker das Thema erledigt gewesen. Neben wichtigen Terminen mit Kunden und den Vergnügungen zwischen den Schenkeln seiner Sekretärinnen blieb nicht viel Zeit sich um die Familie zu kümmern. Da war es nur praktisch, wenn der anstrengende Sohn ein paar Monate in der Obhut von jemand anders verbrachte und nicht bei der Mutter, die ihn nicht im Griff hatte.

Es war nicht das erste Mal, dass sich Jonas wünschte, seine Mutter würde sich einmal durchsetzen und sich nicht permanent auf den Schädel scheißen lassen.

Aber sie sagte zu allem, was ihr Mann von sich gab, ja und Amen.

Um sich von diesem unangenehme Thema abzulenken versuchte er, sich an schönere Sommer zurückzuerinnern. Die letzten paar waren nicht das gewesen, was man unter kostbare Erinnerungen einordnete, aber als er noch klein gewesen war, gab es eine Menge netter Episoden in seinem Leben.
 

Ganz früher, da hatte er auch nicht in der Großstadt gelebt in der er schließlich einer Bande beigetreten war. Damals da war alles einfacher gewesen. Er erinnerte sich an seine Großmutter, seinen Großvater, Maria, die Nachbarstochter mit der er in der Sandkiste gespielt hatte. Benji, der Hund des Bäckers, der gegenüber gewohnt hatte, Minka, die Katze die sich den Dachboden seiner Großeltern als neues Heim auserkoren hatte.

Es war dort ebenfalls brennend heiß gewesen im Sommer. Aber das war nie schlimm gewesen. Obstbäume hatten Schatten gespendet und der große See war doch auch nur ein paar hundert Meter weit weg gewesen. Es hatte Tage gegeben, da war er mit den anderen Kindern des kleinen Örtchens von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dort gewesen. Nicht einmal zum Mittagessen waren sie nachhause gegangen, sondern hatten mitgebrachte Brote gegessen.
 

Es war eine glückliche Zeit gewesen.

Was war es noch einmal gewesen, dass alles geändert hatte? Jonas wusste es nicht genau. Aber er glaubte sich zu erinnern, dass sein Vater eines Tages gekommen wäre, mit der Nachricht, er hätte einen neuen Job in der Stadt angenommen. Einen besseren Job in dem er viel mehr verdienen würde. Was war er zuvor gewesen, bevor er als erfolgreicher Banker gearbeitet hatte? Buchhalter. Er hatte für den Großteil der Geschäfte im Dorf die Buchhaltung erledigt. Damals hatte er auch seine Frau noch nicht betrogen und er hatte sich um seinen Sohn gekümmert. Oft war er auch mit Jonas am See gewesen, zusammen mit der Mutter und den Großeltern. Niemals war er laut geworden, oder unfair. Die Stadt hatte ihn verändert, oder war es das Geld gewesen? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.
 

Jonas wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als wieder dort zu sein, am See.

Nicht die kühle Nässe war das, was ihn lockte.

Doch es würde nie wieder so sein wie es einmal war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Bombadil
2009-04-22T06:25:49+00:00 22.04.2009 08:25
Mhh... mir gefällt die Idee: Ursprung von Kriminalität und Agression? Sehr schön wie er in Nostalgie versinkt... was mir dann aber auch gleich Grund für eine kleine Kritik gibt: ^__^

Etwas einseitig dargestellt. Böser Vater <--> Guter Junge
Denn irgendwie muss er sich ja mit "Sünde beladen" haben, was man aber kaum rausliest.

Ach ja: Schöner Ausgang der Geschichte. :)


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