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Twilight in the Shadow

von

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Zweites Buch eines Veräters

Zweites Buch eines Verräters
 

Ich erwachte, geweckt von einer sehr alten und schon sehr lang nicht mehr vernommenen Melodie, aus meinem ungewollten Schlaf. Und fast Augenblicklich war mein Bewusstsein wieder voll da.

Ich wollte aufspringen, um zu erfahren, was passiert war, aber alles was ich spürte war ein brutaler Ruck in den Armen, der mich wieder zurück auf das Bett streckte, auf dem ich erwacht war. Und erst jetzt spürte ich die Ketten, die meine Hände hinter meinem Kopf zusammen und an das Bett gefesselt hielten.

Ich blickte zum Fußende des Bettes und erkannte, das man mir auch dort Ketten um Oberschenkel und Fußgelenke geschlungen hatte um sie am unteren Rand des Bettes zu befestigen. Egal was ich machte, ich konnte mich kaum rühren.

Also ließ ich die angespannten Muskeln ruhen und sank zurück in die Kissen. Wieder ein Gefangener. Das schien mein unentrinnbares Schicksal zu sein.

„Du bist ein erstaunlicher Vampir Raziel.“ Belock trat aus dem Schatten des Raumes in den Kreis des Kohlebeckens, dass neben meinem Bett stand.

„Was willst du?“ Vergeblich versuchte ich die Wut zu unterdrücken, die mich beim Anblick dieses Vampirs zu überrennen drohte.

„Ich will nur mit dir reden Raziel.“ Er setzte sich auf einen Stuhl. „Die Ketten bedaure ich, aber du lässt mir keine andere Wahl.“ Ich fixierte ihn böse.

„Ich wüsste nicht, was wir zu bereden hätten, außer die Art wie ich dich töte!“ Knurrte ich.

„Genau deshalb musste ich dich anketten. Du bist uneinsichtig.“

„Uneinsichtig? Uneinsichtig?“ Fuhr ich auf. „Was glaubst du, wie du reagieren würdest, wenn dich jemand, dem du vertraut hast, dich plötzlich deinem Todfeind übergibt?“

„Raziel ... .“

„Und zu sieht, wie man dich, durch Folter an den Rand des Wahnsinns treibt?“

„Ich ... .“

„Du über ein Jahrhundert lebendig begraben wirst und man dir jede Hoffnung nimmt, jemals wieder aus deinem Verließ zu kommen?“

„Was ... .“ Wieder ließ ich ihn nicht ausreden.

„Man dir alles weg nimmt? Die Hoffnung, den Glauben, die Seele und ... .“ Belock drückte mir mit einer schnellen Bewegung seine Hand auf den Mund und beugte sich über mich.

„Sei still Raziel. Ich weiß was passiert ist und es tut mir leid, aber lass mich dir wenigstens erklären wieso ... .“ Ich schüttelte seine Hand ab und zerrte an den Ketten.

„Wieso? Was solltest du für einen Grund haben, außer ... .“ Er holte mit der Hand aus und schlug sie mir ins Gesicht und augenblicklich verstummte ich.

Ein Faustschlag ins Gesicht, war eine Sache zwischen Männern, die in einem Kampf ausgetragen wurde. Aber eine Ohrfeige zwischen zwei Männern, war etwas völlig anderes. Das war eine Demütigung, die man nur schwer vergessen konnte.

Ich hatte kaum geglaubt, dass sich der Hass, den ich auf Belock hatte noch steigern konnte, aber eben hatte er es getan. Egal, was er mir angetan hatte, es war eine Sache zwischen zwei gleichgestellten Kriegern gewesen. Dies hier aber war die Sache zwischen einem Herrn und einem Sklaven und dass würde ich ihm zurückzahlen.

„Rede.“ Ich drehte den Kopf auf die Seite, denn ich wollte ihm nicht ins Gesicht sehen. Egal was er zu sagen hatte, ich würde ihm niemals vergeben.

„Ich sehe es in deinen Augen Raziel, du wirst es mir niemals glauben.“ Sehr richtig.

Er stand auf und lief unruhig durch den Raum. Dabei schweifte sein Blick immer unruhig hin und her, blieb auf mir hängen und wechselte wieder in eine andere Richtung. Manchmal blieb er stehen und stocherte mit einer Stange in den Flammen herum. Kleine Funken stoben auf und regneten auf den Boden und das Bett. Und das Feuer schien mit der Zeit ein eigenes Leben zu entwickeln. Es loderte immer höher und höher, bis es schließlich fast bis an die Decke reichte und dann breiteten sich die Flammen über die Decke und denn Boden aus und... .

Ich schüttelte den Kopf und vertrieb die Illusion. Dann wanderten meine Augen zu Belock. Der am Fußende des Bettes stand und auf mich herab sah.

„Was sollte das? Was bezweckst du mit solch einer Illusion?“ Meine Augen folgten ihm, als er sich wieder auf den Stuhl zurück setzte und fast traurig auf mich herab blickte.

„Du wirst es nie verstehen, aber trotzdem sollst du es erfahren. Du musst es sogar erfahren.“ Er machte eine Pause und seine Augen wanderten über meinen Körper. „Denn wenn ich es dir nicht erkläre, dann wirst du mich für immer verachten. Und ich will doch das du verstehst, warum ich so gehandelt habe. Warum ich so handeln musste! Du kannst mich gerne hassen Raziel, aber verachte mich nicht.“

Wieder glitten seine Augen über meine Gestallt und blieben schließlich auf meinem Gesicht hängen. Er suchte meine Augen fand sie aber nicht, weil ich mein Gesicht von ihm abgewandt hatte. Es reicht, dass ich seine Stimme hören musste.

„Es muss jetzt über dreihundert Jahre her sein. Damals war ich ein frisch geborener Vampir. Einer unter vielen, in einem kleinen Dorf irgendwo in Nosgoth. Ich erinnere mich noch genau an diesen einen Tag. Es war der Tag, an dem mein Leben erst richtig begann. Es war der Tag, an dem ich dich zum ersten mal gesehen habe. Wie du mit deiner Eliteeinheit durch unser Dorf geritten bist und die alten Vampire voller Ehrfurcht vor dir zurück wichen. Wie du hoch erhoben Hauptes auf deinem schwarzen Schlachtross durch das Dorf geritten bist. Das Schwert und die Rüstung voller Blut, dass fast schwarz im Abendlicht schimmerte.“ Er stockte kurz und erinnerte sich an den Tag zurück.

„Ja, wie ein schwarzer Engel, der gnadenlos über die Erde fegt, Stolz und Edel. Die wahre Gestallt des Gottes der Finsternis, der auf gebleichten Knochen seinen Thron errichtet. Die vollkommene Inkarnation der Schönheit. Als meine jungen Augen dich erblickten, dachte ich für einen Augenblick, dass ich sterben müsse. Du strahltest etwas aus, dass mich magisch anzog und von diesem einen Augenblick wollte ich nur noch eines. Ich wollte in deiner Nähe sein. Näher, als irgendein anderer Vampire. Und so meldete ich mich bei deinem Clan für die Streitkräfte und ein langer Fluss begann seinen lauf zu nehmen.“ Er stand auf und lief durch das Zimmer.

„Ich arbeitete hart an mir, denn ich wollte der Beste sein. Der Beste von allen, denn nur diesem einen würde es vergönnt sein in deiner Nähe zu sein. Und dieser Eine wollte ich werden. Um jeden Preis. Und schließlich wurde ich von dir zu einem deiner zehn Generäle erwählt. Ich hatte es geschafft. Ich war am Ziel meiner Träume angekommen. Aber schon bald stellte ich fest, dass das mir noch nicht reichte. Ich wollte mehr. Und in diesem Moment spielte mir der Zufall in die Hände. Ich entdeckte die Verschwörung einer deiner Brüder gegen dich und konnte sie aufdecken und von diesem einen Moment war ich dein Vertrauter. Von diesem Moment an, war ich nicht mehr einer deiner zehn Generäle, sondern ich war dein Freund. Dein Freund, dem du über alles vertraut hast.“ Er lächelte bei dem Gedanken.

„Kurze Zeit darauf startet Kain seinen Kriegszug gegen die Menschen und ich zog an deiner Seite in die Schlacht, wie ich es mir immer gewünscht hatte. An der rechten Seite des Todesengels ritt ich in den Krieg. Es war ein überragendes Gefühl, dass ich nie vergessen werde. Aber kurze Zeit darauf lernte ich die anderen Statthalter kennen und vom ersten Moment an, wusste ich, dass etwas geschehen musste.“ Sein Gesicht verfinsterte sich, als er sich zu mir umdrehte.

„Sie behandelten dich, wie einen gewöhnlichen Vampir. Erwiesen dir nicht die Ehre, die dir zugestanden hätte. Vor allem Turel und Rahab ließen ihre Launen an dir aus und du hast immer nur wissend gelächelt und sie mit freundlich, verletzenden Worten auf ihren Platz zurück verweisen. Aber das reichte mir nicht. Diesen aufgeblasenen Vampiren musste eine Lektion erteilt werden und da kam mir wieder der Zufall zu Hilfe und ich erfuhr von dem Plan Meridian anzugreifen. In diesem Moment wusste ich, was zu tun war. Ich ließ mich von den Menschen gefangen nehmen und bot ihnen meine Dienste an. Ich versprach ihnen Kains Geheimnisse zu liefern und sie stimmten zu.“ Er ballte die Fäuste.

„Diese dummen Menschen. Und alles hätte wunderbar funktioniert. Turel und Rahab währen in die Stadt gegangen und die Menschen hätten sie gefangen genommen und über sie Kains Geheimnis erfahren. Denn diese Beiden hätten Kain ohne mit der Wimper zu zucken verraten. Nicht so wie du, der ihm treu ergeben ist. Ob die Menschen nun Kain besiegt hätten oder nicht hat für mich keine Rolle gespielt. Denn wenn sie es getan hätten, währst du der neue Vampirgott geworden und wenn Kain gewonnen hätte, währe alles beim alten geblieben. Aber es funktionierte ja nicht so, wie ich es geplant hatte. Wer hätte auch ahnen können, das dieser Trottel Turel bei einem so leichten Angriff wie den auf Arotas so viel falsch machen würde, das Kain beschloss den Auftrag für Meridian in fähigere Hände zu legen. Aber als dies geschah, war es schon zu spät. Mein Vertrag mit den Menschen ließ sich nicht mehr Rückgängig machen.“ Erneut ballte er die Hände in stillem Zorn.

„Ich habe mich verflucht! Ich hasste mich so in diesem Moment, als ich dich gefangen nehmen musste. Aber wenn ich den Vertrag gebrochen hätte, dann hätten sie uns Beide gefangen genommen und es hätte keine Hoffnung auf Rettung gegeben. Also spielte ich meine Rolle weiter und bettete, dass ich mich all die Jahrzehnte in dir geirrt hatte und du doch nicht so stark währst, wie ich immer glaubte. Aber das erwies sich als Irrtum. Du warst stark. Und für jede dir zugefügte Wunde hasste ich mich noch mehr!“ Seine Stimme war lauter geworden und aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie ein unterdrücktes Beben durch seine Muskeln lief.

„Bis ich es nicht mehr ertragen konnte und versuchte dich durch den größt möglichen Schmerz zum Reden zu bringen. Aber auch damit irrte ich mich. Du bliebst Kain treu und ich begriff, dass ich verschwinden musste, um dich zu befreien. Also ließ ich einen anderen Vampir zu dem Schafott schaffen, das für mich vorbereitet war, floh und wollte dich retten!“ Belock trat einen Schritt näher an das Bett und beugte sich über mich, presste meine Hände auf die Kissen.

„Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass diese unreine Rasse Hand an dich legen würde. Ich konnte es nicht! Ich startete einen Rettungsversuch nach dem anderen. Aber alle scheiterten sie, an dieser alten Hexe. Kain zog irgendwann Wortlos seine Truppen ab, erklärte dich als verschollen und ich versuchte mit den letzten Überresten der Cabal, dich zu retten. Aber erfolglos.“ Er schloss die Augen und ich konnte auf die kurze Distanz fast sehen, wie die Bilder an ihm vorbei zogen.

„Und dann kam diese Nachricht, von einem unserer Spione, dass sie dich eingemauert hätten mit einem uralten vampirischen Bannspruch, der dich auf ewig an diesen Ort fesseln würde. Und in diesem Moment wusste ich, dass wir verloren hatten. Das es keine Chance mehr gab dich zu retten. Aber ich wollte die Hoffnung einfach nicht aufgeben. Das du es irgendwann schaffen würdest dich aus deinem Gefängnis zu befreien. Also baute ich diesen Handel auf, der von Menschen und Vampiren gleichermaßen genutzt wird, um das größt mögliche Informationsnetz zu bekommen.“ Er richtete sich wieder auf.

„Und nun hat sich die ganze Arbeit bezahlt gemacht. Du bist endlich wieder zurück gekommen. Zurück in die Welt, die dir zu Füßen liegt.“ Er wendete sich ab.

„Verstehst du es jetzt Raziel? Ich hab das alles nur für dich geplant. Es war nie meine Absicht dich zu verraten. Das würde ich niemals tun. Das könnte ich gar nicht!“ Als er sich umdrehte hatten seine Augen einen fast gläsernen Glanz.

„Bitte Raziel, sag das du mich verstehst! Sag das du verstehst, warum ich so handeln musste! Bitte!“ Ich sah ihn nur verachtend an. Denn weder konnte ich es, noch wollte ich es verstehen. Egal für wen er es getan hat, ich würde es ihm niemals vergeben. Niemals! Und ich sah seinen Augen an, das er die Antwort auf seine Frage in meinem Gesicht lesen konnte. Schließlich nickte er.

„Ja, ich habe es verstanden. In deinen Augen ist nur noch Verachtung für mich übrig. Ich wusste es. Ich wusste, dass du mir nicht vergeben würdest. Ich wusste, dass du es nicht verstehen würdest. Aber wie kannst du es verstehen? Du weißt nicht, was ich durchgemacht habe. Du weißt nicht, wie auch ich darunter gelitten habe!“ Er schloss die Augen.

„Du gelitten? Das ich nicht lache Belock! Schau dir meinen Körper an! Schau ihn dir an! Deinetwegen werde ich für immer an diese Schmach erinnert. Deinetwegen, werde ich für immer gezeichnet sein. Also erzähl mir nichts von wegen, das du gelitten hast und ... .“ Warf ich ihm entgegen. Das war doch zu absurd, aber er unterbrach mich, in dem er herum fuhr, sich über mich beugte und mir den Mund zu hielt.

„Kein Wort mehr Raziel. Sag bitte kein Wort mehr, oder du zwingst mich etwas zu tun, was ich nicht tun möchte. Ich will diese wundervolle Haut nicht noch mehr zerschneiden. Aber wenn du mir keine andere Wahl lässt, dann werde ich es tun. Denn eins sollte dir klar sein. Jetzt wo du endlich wieder bei mir bist, werde ich dich nicht mehr gehen lassen. Du wirst bei mir bleiben. Ob nun auf die ein oder andere Weise, das bleibt dir überlassen. Aber du wirst bei mir bleiben!“

Als er den Kopf hob und ich ihm in die Augen sah, wusste ich es. In diesem einen kurzen Augenblick wurde mir plötzlich alles klar. Alles, was ich über zwei Jahrhunderte nicht wahr haben wollte, stand plötzlich ganz klar und erkennbar vor mir. Warum? Warum hatte ich es nicht schon viel früher begriffen? Ich lächelte sarkastisch, als ich es bemerkte, denn ich hatte endlich seine Schwachstelle entdeckt. Etwas, womit ich ihn verletzen konnte.

„Warum tust du es nicht endlich?“ Er blickte auf.

„Was meinst du?“

„Das worauf du schon wartest, seit du mich zum ersten mal gesehen hast.“ Ich konnte in seinen Augen die langsam aufsteigenden Hoffnung erkennen und wusste, dass ich mit meiner Vermutung richtig gelegen hatte. Aber trotzdem fragte er:

„Was meinst du?“ Ich lächelte.

„Warum küsst du mich nicht endlich?“ Er sah mich erst erstaunt und dann hoffnungsvoll an. Seine Augen begannen zu leuchten und er beugte sich noch ein Stück weiter über mich. Aber dann entdeckte er das verachtende glitzern in meinem Blick und schreckte zurück. Seine Augen bekamen wieder den alten, eiskalten Glanz und er erhob sich, blickte kurz auf mich herab und schlug mir ins Gesicht.

„Mach was du willst Raziel, aber spotte nicht über mich!“

„Ich spotte nicht.“ Er beugte sich vor und packte meinen Hals, drückte zu, bis ich kaum noch Luft bekam.

„Ich biete dir eine letzte Chance Raziel. Leite mit mir zusammen die ‚Blutrote Rose’ oder bleibe bei deiner Meinung und du wirst sehen, dass ich auch in der Lage bin, Gnadenlos zu sein.“ Ich brauchte ihm nicht zu antworten. Ich wusste, dass er die Antwort kannte. Und er wusste es auch, denn kurze Zeit später nickte er wieder.

„Ich habe nichts anderes erwartet, aber verdammt sollst du sein, dass du mich zwingst deinen Körper noch mehr zu verletzen.“ Er richtete sich auf. „Aber es sei, wie du willst. Du hast dich entschieden und ich habe mich entschieden. Du wirst bei mir bleiben. Du wirst mich nie mehr verlassen mein Todesengel. Du wirst bei mir bleiben, bis die Zeit anhält oder das Universum zerbricht!“

Er ließ mich los und wendete sich zu der Feuerschale um. Stocherte etwas darin herum und zog schließlich die Stange aus den Flammen. Ich konnte an ihrem Ende ein Brandzeichen erkennen. Eine aufblühende Rose, die von Dornenranken umschlossen war und es hatte den Anschein, als ob sie bluten würde. Belock bemerkte meinen Blick.

„Ein Kunstwerk nicht wahr. Ich habe sie anfertigen lassen, von den besten Magiern dieses Landes. In ihr steckt eine unglaubliche schwarze Kraft.“ Er rammte das Eisen wieder zurück ins Feuer. „Ihre Kraft müsste reichen, um sogar einen solch mächtigen Vampir wie dich zu fesseln.“ Er drehte sich um.

„Sag mir, bist du in den Jahren deiner Gefangenschaft nicht noch um ein vielfaches stärker geworden? Ein Vampir wie du lässt sich nicht über ein Jahrhundert einsperren, ohne gestärkt daraus hervor zu gehen.“ Ich antwortete nicht.

„Leider muss ich mit meinem Zauber noch etwas warten, denn er verlangt eine dunkle Neumondnacht und die werden wir in ein paar Stunden haben.“ Er sah sich noch mal nach mir um, dann verließ er das Zimmer.

Ich schloss die Augen und versuchte das gehörte einzuordnen. Er wollte mich also an sich binden, wie mich diese alte Hexe an Meridian gebunden hatte. Das konnte er vergessen. Nie wieder würde ich mich von irgendjemanden irgendwo festhalten lassen.

Er hatte geglaubt mich durch seine Geschichte umzustimmen, aber das genaue Gegenteil hatte er erreicht. Belock hatte mich nur in meiner Annahme bestätigt, dass man absolut niemandem vertrauen konnte. Das war ein Fehler, den ich schon einmal zu oft begangen hatte und er durfte mir nie wieder passieren.

Und doch war er mir wieder passiert. Ohne das ich es gemerkt hatte. Ich vertraute Atrieleges, so wie ich damals Belock vertraut hatte. Dies war die einzigste Schwäche, die ich mir eingestehen musste. Es hatte bisher nur zwei Personen gegeben, denen ich mein Leben anvertrauen würde. Das waren Kain und Belock gewesen. Nun waren es Kain und Atrieleges.

Ich versuchte erneut die Ketten zu zerreisen, aber wie zuvor gelang es mir nicht. Ich währe auch enttäuscht gewesen, wenn es mir so leicht gelungen währe zu fliehen. Also ließ ich mich zurück sinken und wartete. Wartete auf Belock und das, wovon er glaubte, dass es mich festhalten konnte.
 

Es war mittlerweile Nacht geworden, dass konnte ich fühlen und Belock war noch nicht erschienen. So naiv, zu hoffen das er nicht kommen würde, war ich nicht und so wartete ich weiter, bis er schließlich gegen Mitternacht in das Zimmer zurück kam.

Er warf einen kurzen Blick auf mich, dann ging er zu dem Feuerbecken, holte das Eisen heraus und besah sich das rot glühende Symbol. Er schüttelte den Kopf und legte es wieder zurück.

„Ich frage dich ein letztes mal Raziel. Noch kannst du es dir anders überlegen. Willst du mit mir die ‚Blutrote Rose’ leiten?“

„Du kennst meine Antwort Belock. In dem Moment wo du versucht hast die Vampire zu verraten, hast du auch mich verraten und ich dulde keinen Verrat.“ Belock musste lächeln.

„Ja. Es gibt wohl keine andere Möglichkeit.“ Er trat an das Bett heran und seine Augen glitten abermals über mich.

„Ich wollte immer nur in deiner Nähe sein Raziel. Vom ersten Augenblick an, als ich dich sah, wusste ich, dass du der einzigste bist, dem ich meine Treue schwören würde. Du bist einzigartig unter den Vampiren. Nicht einmal Kain reicht mit seinem Stolz und seiner Kraft an dich heran. Du stehst hoch erhobenen Hauptes über den Legionen der Finsternis.“ Seine Augen glitten zu meinem Gesicht und er beugte sich über mich.

„Und als schwarzer Engel fegst du über das Land und wo du auch bist, du bringst Tod und Zerstörung mit dir.“ Seine Lippen berührten meinen Hals und als ich versuchte den Kopf weg zu drehen, hielt er ihn fest.

„Die vollkommene Inkarnation des dunklen Gottes!“ Und in diesem Moment grub er seine Zähne in meinen Hals und begann mein Blut zu trinken. Ich bäumte mich auf, als ich erkannte was er vor hatte. Aber er drückte mich fest auf das Bett und hielt mich gefangen. Und mit jedem Tropfen Blut, den er aus mir heraus saugte. Mit jedem einzelnen Tropfen schwand meine Kraft.

„Belock.“ Ich hörte meine eigenen Stimme kaum und war mir auch nicht sicher, ob er sie hörte. „Hör auf!“ Ich schrie auf, als er seine Zähne noch ein Stück weiter in mein Fleisch schlug.

„Hör ... auf! Du ... bringst .... mich ..... um ...... .“ Ich erschlaffte unter ihm und in dem Augenblick, als ich glaubte zu sterben, ließ er von mir ab und richtete sich auf.

Mein Kopf kippte auf die Seite und ich konnte nur noch stoßweiße atmen. Und alles was ich hörte, war mein Herzschlag, der übermäßig laut durch meinen Körper pochte und versuchte den Rest an Blut zu transportieren, den mir Belock gelassen hatte. Dieser wich ein Stück zurück und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl nieder.

„Ich wusste es Raziel. Du hast so starkes Blut wie ... .“ Er krümmte sich zusammen und als er sich wieder aufrichtete, war sein Gesicht kalkweiß.

„Beinah, beinah hätte ich den Kampf verloren. Du bist zurecht der oberste Vampirgeneral. Außer Kain kann es Niemand mit dir aufnehmen.“ Erneut wurde er von Krämpfen geschüttelt und nach einer halben Ewigkeit, wie es mir vor kam, erhob er sich wieder von seinem Stuhl und ging auf mich zu. Schweiß stand ihm auf der Stirn und seine Augen hatten einen fast fiebrigen Glanz, als er sich über mich beugte und seine Stirn auf meine Brust legte.

„Warum? Warum hast du dich nicht anders entschieden? Warum zwingst du mich, dir weh zu tun?“ Er schaute kurz auf. „Warum kannst du nicht einfach nur mir gehören?“

Dann drehte er seinen Kopf wieder weg und schaute in die Flammen, die sich in seinen Augen dunkel wiederspiegelten.. „Warum mein schwarzer Engel? Warum zwingst du mich dazu?“

Seine Hand wanderte nach oben und strich mir über die Wange und seine Augen folgten der Bewegung. „Du bist so schön, dass ich es fast nicht mehr ertrage dich anzusehen. Deine strahlende Gestallt blendet mich, du Vogel mit den blutigen Flügeln. Wie du immer noch mit ihnen schlägst um wieder frei zu kommen.“ Er fing wieder an zu zittern.

„Goldener Vogel in blutigen Ketten, du wirst nie mehr frei fliegen, solange ich dich in Ketten halte. Egal was geschehen mag. Du wirst mir gehören. Du wirst nur noch für mich deine wunderschönen Flügel ausbreiten und in deinem ganzen Glanz erstrahlen!“ Zitternd erhob er sich.

„Ich werde dich mit glühendem Feuer an mich schmieden, auf das nie wieder ein anderer deine schöne, blutendreine Gestallt erblicken mag!“ Mit einer Hand griff er nah dem Brandmal in den Flammen und zog es aus dem Feuer. Mit der anderen Hand griff er nach meinem Hemd und riss es mir vom Leib. Dann richtete er sich auf und setzte das Eisen auf meine linken Oberarm.

„Ich werde dich nie mehr gehen lassen!“ Und mit einem mächtigen, uraltem magischen Bannwort stieß er das glühende Eisen in mein Fleisch.

Ich schrie auf und versuchte mich zu befreien, begehrte gegen den Schmerz auf und versuchte mich weg zu drehen. Aber vergeblich. Mir stieg der Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase und ich spürte, wie das Eisen meine Knochen berührte. Spürte, wie es sich durch Muskeln und Gewebe fraß und mich an den Rand des Fühlbaren trieb.

Kurz bevor mein Geist abglitt, riss er das Eisen wieder aus der Wunde und der erneute Schmerz riss auch mich wieder zurück in die Realität. Ich schrie erneut und sank dann erschöpft in die Kissen zurück. Nahm nur noch am Rand war, wie mein Körper versuchte die Wunde zu heilen, was ihm aufgrund des Blutmangels nicht gelang. Und als ich schon glaubte wieder in die Bewusstlosigkeit abzugleiten nahm ich ihn war, den Geruch der Leben verhieß.

Ich drehte meinen Kopf und sah, das Belock sein Handgelenk an den Lippen hatte und es aufbiss. Ich roch mehr, als dass ich es sehen konnte, wie das süße Blut an seinem Arm hinunterlief und auf den Boden tropfte. Und irgendwo tief in mir erwachte der Vampir. Mächtig und verlangen. Eine wilde Bestie, die mir ihre Kraft gab und die unter keinen umständen sterben wollte.

Belock hielt sein Handgelenk über das Brandmal und ließ etwas von seinem Blut hineintropfen und Augenblicklich begann sich die Wunde zu schließen. Allerdings auf eine andere Art wie üblich. Als ich meinen Kopf drehte und zu ihr hinsah konnte ich es sehen. Das Brandmal auf meinem Oberarm. Wie es blutrot glühte und sich von der Haut abhob. Hätte ich es nicht besser gewusst, dann hätte ich gesagt, das mir Jemand etwas auf den Arm gemahlt hätte. Den genau so sah es aus.

Das Symbol einer aufblühenden Rose, umrammt von Dornen, in blutroten Lettern in mein Fleisch gebrannt. Ich wollte meinen Blick abwenden, aber der Vampir in mir ließ es nicht zu. Er roch das frische Blut und er wollte es haben. Um jeden Preis. Dinge wie Stolz oder Ehre interessierten ihn nicht. Alles was er wollte war leben!

„Es ist getan Raziel.“ Belock ließ sich auf dem Bett nieder und strich mir die Haare aus dem Gesicht und je näher er mir kam, um so deutlicher wurde der Geruch nach Blut.

„Dieses Zeichen wird mich immer zu dir führen. Egal wo du bist, ich werde es wissen. ebenso wirst du wissen, dass ich in deiner Nähe bin.“ Er lächelte.

„Eigentlich müsstest du es schon spüren, das leichte brennen in deinem Arm. Je näher wir uns kommen, um so stärker wird es sein und um so heller wird die Rose leuchten.“ Und jetzt wo er es sagte bemerkte ich es. Ein leichtes brennen, das immer stärker wurde, bis ich dachte, er würde mir erneut das Brandeisen in den Leib rammen.

„Und es gibt nur eine Möglichkeit, wie du es beenden kannst. Soll ich dir zeigen wie?“ Er lehnte sich über mich, seine Hand berührte das Zeichen und augenblicklich verschwanden die Schmerzen. Belock lächelte und ich sah ihn nur aus trüben Augen an.

Alles was er sagte ging an mir vorbei, denn ich hatte kaum noch die Kraft die Augen offen zu halten, geschweige denn den Vampir in mir zu bändigen. Ich bäumte mich auf und meine Reißzähne schlugen nach seinem Handgelenk, auf dem immer noch der süße Lebenssaft klebte.

„Ja,“ meinte Belock. „Der Vampir in dir wird übermächtig. Er verlangt nach Blut. Er will überleben um jeden Preis.“ Wieder lächelte er, aber dies mal wissend und berechnend.. Dann hob er sein Handgelenk an seine Lippen und riss sich eine noch größere Wunde. Blut tropfte auf meine Brust und in mein Gesicht und der Vampir begann zu raßen. Ich konnte ihn nicht mehr bändigen. War nur noch Zuschauer in einem Spiel, über das ich schon längst die Kontrolle verloren hatte. Konnte nichts mehr gegen das machen, was kommen würde. Konnte nur noch zusehen.

Belock grinste diabolisch und beugte sich über mich und der Vampir roch das Blut an seinen Lippen und verlangte danach. Verlangte danach mit allen seinen Sinnen. Und ich war absolut machtlos, als sich Belock noch ein Stück weiter über mich beugte und die Bestie in mir sich ihm entgegenstreckte, um an das Elixier zu kommen. Ich spürte seine Lippen auf meinen, als sich der ersehnte Lebenssaft von seinen in meinen Mund ergoss und der Vampir endlich zu dem kam, was er wollte.

Ich spürte wie er immer verlangender die rote Flüssigkeit aus Belocks Mund zog und wie ich mit jeder verstrichenen Sekunde mich mehr hasste, als alles auf der Welt. Aber trotzdem war ich zu schwach. Ich konnte ihm keinen Einhalt gebieten. Konnte nichts gegen diese Demütigung tun. Gar nichts. Dazu verdammt zuzusehen, wie er einen endgültigen Sieg über mich errang.

Schließlich löste er sich von mir und wieder schrie die Bestie in mir auf. Sie hatte noch lange nicht genug und wollte um jeden Preis mehr. Versuchte die Ketten zu zerreisen und fauchte um ihr verlangen klar zu machen. Und mir war klar, dass er es wieder tun würde, immer wieder, bis ich vor ihm auf die Knie fallen würde, um nur noch einen Blutstropfen zu bekommen.

Aber zu meinem erstaunen ließ Belock davon ab mich weiter zu quälen und streckte mir nur sein Handgelenk entgegen. Und willig wie ein hungernder Hund schlug ich meine Reißzähne in sein Fleisch und trank. Trank dieses köstlichen Saft, denn ich brauchte und spürte wie sich die Bestie langsam wieder beruhigte und in die tiefen meiner Seele zurückkehrte, wo sie hingehörte und wo ich sie wieder einsperrte.

Und im selben Moment, wie sie an Macht verlor, riss ich meine Lippen von Belock los und drehte den Kopf weg. Belock zog sein Handgelenk zurück und umwickelte es sich mit einem streifen Stoff. Dann beugte er sich über mich und schaute mir ins Gesicht.

„Ja, ich habe gewonnen und du hast es gewusst. Du wusstest es vom ersten Augenblick an und wolltest es nicht wahr haben. Hast gehofft, das du stark genug sein würdest ihn unter Kontrolle zu halten. Aber ich sage dir, dass kann keiner von uns. Wenn der Blutdurst zu groß wird, kann ihn niemand kontrollieren.“ Ich wendete den Kopf funkelte ihn voller Hass an. Aber alles was er darauf erwiderte, war ein spöttisches Lachen.

„So ist es gut meine geliebte, machtlose Puppe. Ich will sehen, wie du in Qualen und Hass vergehst, wie du dich aufbäumst und in meinen Armen zusammen sinkst. Wie du kämpfst, mit der Gewissheit schon längst verloren zu haben!“ Er richtete sich auf und verließ laut lachend das Zimmer, ließ mich alleine, mit eben jener Gewissheit.

Der Gewissheit, dass er alles mit mir machen konnte und mit dieser unendlichen Schmach, die mich auffraß und die mir die Seele zeriss. Ich trug sein Zeichen auf dem Körper. Mehr noch ich trug es in meinem Körper und ich hörte den anderen Herzschlag. Seinen Herzschlag, als sein Blut durch meine Adern strömte und mir bewusst machte, dass er mit jedem seiner Worte recht gehabt hatte.

Ich schloss die Augen und wollte nur noch aus dieser Welt verschwinden. Alles was ich mir jetzt wünschte, war ein tiefer Traumloser schlaf, der mich wenigstens für einige Zeit vergessen ließ, was geschehen war. Und kaum das ich die Augen geschlossen hatte, wurde mir dieser Wunsch erfüllt.



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