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Die Hexen von Asunquarth

Die Chroniken der Weltenwandler - Erdmagie
von

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Unkontrollierbar

Kapitel 11: Unkontrollierbar
 

Schließlich, während Yur und Malan noch immer durch den Wald liefen, fing es an zu regnen. Viele kleine Wassertropfen fielen durch die dürren, dunklen Äste über ihnen und durchnässten ihre Kleidung, so dass diese schließlich überhaupt keinen Schutz mehr vor der Kälte bot und Yur dieses Wetter verfluchte. Auch im Dschungel hatte es öfter geregnet, doch waren die Tropfen dort angenehm warm gewesen und hatten eher eine gewünschte Erfrischung gebracht, wenn sie wieder durch das Geäst kletterte und nach Früchten suchte.

Seufzend verdrängte sie diesen Gedanken wieder, denn so unwohl sie sich dort in der letzten Zeit gefühlt hatte, war ihr erst jetzt klar geworden, dass das Kloster Verurs einfach nur ihr zu Hause gewesen war. Vielleicht hätte sie es auch so irgendwann verlassen, doch die Art, wie es am Ende geschehen war, war mehr als undankbar und grausam gewesen.

Noch einmal seufzte sie um ihrem Unmut Luft zu verschaffen und weitergehen zu können.

„Ist es noch weit?“, fragte sie leise an Malan gewandt, die noch immer ein Stück vor ihr lief und nun auf einmal stehen blieb.

„Was ist?“ Verwirrt tat es das Mädchen ihr gleich und sah sich angespannt um.

Noch immer war der Wald vollkommen still, so als gäbe es hier kein Leben mehr. Allein der Gedanke daran, war gruselig. Ein vollkommen toter Wald, während die Pflanzen doch normal immer von soviel Leben umgeben waren.

Die schuppige Stirn der Heilerin legte sich in Falten, doch dann schüttelte sie den Kopf. „Es ist nichts.“ Damit setzte sie sich wieder in Bewegung.

Auch wenn ihre Worte eigentlich beruhigend sein sollte, fühlte sich Yur in ihrer Unsicherheit durch ihr verhalten bestätigt, weshalb sie noch vorsichtiger voran schritt, als sie es vorher schon getan hatte. „Hier ist irgendwas, nicht war?“, fragte sie.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Malan.

„Doch, hier ist etwas“, meinte das Mädchen. „Hier ist es so ruhig. So ungewöhnlich ruhig für einen Wald. Ich fühle mich hier nicht wohl.“

„Du bist das Klima nicht gewohnt“, erwiderte die Heilerin und zuckte leicht mit den Schultern, über denen der schwere, tropfende Mantel aus Filz hing.

Die Jüngere senkte den Blick. „Aber die Stille...“

„Ich weiß“, murmelte Malan. „Wir sind gleich da...“

Doch auch, wenn sie so tat, als wäre alles in Ordnung, merkte Yur, wie sich die Wandlerin merkwürdig angespannt vorwärts bewegte. Also spürte auch sie etwas, das nicht normal war und nicht so sein sollte.

Das Mädchen konzentrierte sich, ehe sie auf einmal zusammenzuckte. Hier lag etwas in der Luft, dass nicht mit dem ströhmenden Regen oder der Kälte zu tun hatte. Es war ein Gefühl, eine Vorahnung, wenn man so wollte, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Sie konnte es nicht erklären, denn immerhin wusste sie auch nicht, wie es sich normal anfühlte in diesem Wald. Doch das Gefühl sagte ihr, dass sie vorsichtig sein sollte.

Kurz darauf lichteten sich die Bäume um sie herum und gaben die Sicht auf eine Gruppe kleiner Häuser frei. Es waren kleine, Eckige Häuser mit spitz zulaufenden Dächern, doch ein Haus, das größte von ihnen, hatte ein rundliches Dach.

Und alles schien tot. Hier waren keine Leute zu sehen und auch wenn Yur das Dorf - jedenfalls nahm sie an, dass dies ein Dorf war - unbekannt war, wusste sie, dass es so nicht sein sollte und erneut war es die Körperhaltung Malans die sie darin bestätigte.

Die ältere Kegarth stand angespannt vor ihr und sah sich um. „Was...“, murmelte sie, doch dann ging sie auf das große Gebäude mit dem runden, mit schwarzen Kacheln bedeckten Dach zu und wollte an die Tür Klopfen. Doch einen Moment später stand diese in Flammen und ließ die Frau zurückschrecken.

Yur musste nicht überlegen. Sie wusste auch so, was dies zu bedeuten hatte, noch bevor sie den Mann mit dem roten Umhang aus der Tür treten sah. Also war es umsonst gewesen: Der Rat war auch schon hier und sie waren ihm nun mehr oder minder Schutzlos ausgeliefert. Was sollte sie tun?

„Das ist die Wandlerin, die ihr gespürt habt, Abeth“, sagte nun ein Wassermagier - das verriet die Blaue Robe - der neben dem Flammenmagier zum Vorschein kam, zu diesem.

Er nickte nur und musterte die beiden Kegarth. „Echsenfrauen, hmm?“, meinte er und ging ein Stück auf sie zu, als sich Yur nicht länger beherrschen konnte und zwei Steinarme, die jedoch aufgrund des Untergrunds nicht sonderlich stabil waren, nach den Armen des Magiers greifen ließen.

Doch dieser sprang in die Höhe und flog das letzte Stück auf sie zu. „Erdmagier“, stellte er dann fest.

Das Mädchen musterte ihn voller Unbehagen. Der Mann war schon älter und hatte einen vollen Bart, der wie auch sein Haupthaar von einigen grauen Strähnen durchzogen waren. Wie es aussah, war er ein Mensch, doch ganz sicher war sie sich nicht. Die Aura die ihn umgab war zu unheimlich für sie, auch wenn sie sich auch hier nicht sicher war, ob sie es sich vielleicht nur einbildete.

Trotzdem wich sie einen Schritt zurück, als der Mann auf sie zu trat und nun Malan genauer musterte.

„Kegarth“, murmelte er dann. „Zwei lebende Kegarth und ich frage mich wo sie herkommen.“ Damit griff er der Heilerin an die Gurgel, während in seiner anderen Hand ein Ball aus Flammen erschien und knapp vor dem Gesicht der Frau stehen blieb.

„Malan!“, keuchte Yur auf und sah sich um, als sie bemerkte, das aus den Häusern weitere Ratsmagier kamen.

Die Heilerin jedoch ließ sich nichts anmerken und sah den Mann nur fest mit ihren gelben Augen an. „Wo sind die Menschen aus diesem Dorf? Habt ihr sie getötet?“

Der ältere Mann ließ ein überlegendes Lächeln auf seinem Gesicht erscheinen als er den Flammenball noch näher kommen ließ, so dass Malan sicher schon die Hitze im Gesicht spüren konnte, so ungerührt sie auch schien.

„Getötet?“, fragte er. „Teilweise.“ Das Lächeln wurde breiter. „Doch die meisten haben sich uns angeschlossen. Wir Menschen sind zum Glück nicht solche Dickschädel, wie Dämonen oder dreckige Echsen.“

Yur, die ihre Hände zu Fäusten geballt hatte, merkte wie die Wut in ihr aufkeimte, als sie diese Worte vernahm. Dreckige Echsen? Sie war keine Echse, auch wenn sie dieselbe Haut wie eine solche trug. Sie wusste den Namen ihrer Rasse und sie wollte sich nicht länger mit einem Tier vergleichen lassen! Aber wenn sie den Magier, der noch immer etwas in der Luft schwebte, da er scheinbar einen Angriff vorausahnte, nun angriff brachte sie damit Malan in Gefahr.

„Willst du mich töten?“, fragte die Heilerin und ließ ebenfalls ein Grinsen auf ihrem Gesicht erscheinen. „Nur zu...“

„Nein!“ Die Flamme loderte auf. „Ich will nur wissen, wo ihr herkommt.“

„Und du glaubst wirklich, dass ich dir das sage?“

Die Gedanken im Kopf des Kegarthmädchens rasten. Sie waren von sicher zwanzig Magiern umgeben und sie wusste, dass sie angegriffen würde, wenn sie nur eine falsche Bewegung machte. Das verrieten ihr allein die Flammen und Eispfeile, die über den Händen der Männer und Frauen erschienen waren. Aber sollte sie einfach nur zusehen, wie der Mann Malan tötete? Nein, das konnte sie auch nicht. Sie war doch hier, um Medizin oder einen Heiler für Kyssan zu finden, der im Sterben lag. Und wenn der Mann erst einmal die Frau getötet hätte, würde ihr wahrscheinlich das gleiche blühen. Und sie durften nichts von Kyssan erfahren, diese Leute. Denn wenn sie es erfuhren, dann würden sie ihn holen und dann würden sie auch die Welt auslöschen.

Doch konnten sie die Welt überhaupt finden, wenn ihnen ein Wandler nicht das Tor dorthin öffnete? Sie wusste ja nichts darüber, wie diese Fähigkeit der Wandler funktionierte.

„Malan“, flüsterte sie deshalb schließlich nur wieder und sah verzweifelt zu den beiden hinüber, auch wenn sie ihr keine Beachtung schenkten.

Was sollte sie denn tun? Was sollte sie nur tun? Sollte sie das wirklich alles einfach mit ansehen?

Der Hauch des Todes lag noch immer über diesem Dorf, sie wusste, dass hier einige Menschen oder was auch immer für Wesen an diesem Ort gelebt hatte, gestorben waren, doch sie konnte nicht sagen wie viele.

Ihre Augen ruhten auf der Flamme in der Hand des Mannes, die immer wieder zischte, wenn Regentropfen auf sie fielen. Aber da es magisches Feuer war, verlosch sie nicht.

„Wie ich schon sagte, ihr Echsen seid dickköpfig“, murmelte der Mann und ließ die Heilerin auf einmal los. „Ich habe damit schon meine Erfahrungen gemacht.“ Bitterkeit lag bei diesen Worten in seiner Stimme und er sah die Frau wütend aus den Augenwinkeln an, ehe er aufeinmal dem Wassermagier, der zuvor bei ihm gestanden war, zunickte.

Dann ging alles ganz schnell, zu schnell, als das Yur es verstand. Wasser sammelte sich um ihre Handgelenke herum und gefror im nächsten Moment zu Eis, so dass sie etwas in die Luft gehoben wurde und ihre Füße grade nicht mehr den Boden berührten. Also wussten diese Leute von der Schwäche der Erdmagier, zumindest was das Mädchen betraf. Was dachte sie da? Natürlich wussten sie das! Der Rat wusste sicher, ja, ganz sicher viel mehr als die meisten anderen. In Kore gab es laut den Büchern eine riesige Bibliothek und das Mädchen konnte sich vorstellen, wie viel Wissen dort gelagert war.

Doch das half ihr nun auf nicht, denn sie sehr sie ihre Hände, die dank der Kälte des Eises langsam taub wurden, auch zu bewegen versuchte, war es scheinbar einfach nur Sinnlos. Das Eis ließ sie nicht los. Es war viel erbarmungsloser als die Erde.

„Den meisten Leuten liegt nicht viel an ihrem eigenen Leben“, meinte der Feuermagier. „Vor allem nicht Rebellen...“ Mit diesen Worten ging er zu Yur hinüber und ließ den Flammenball nun vor ihrem Gesicht schweben. „Aber wenn es um das Leben anderer geht, werden sie meistens schwach.“

„Wir sind keine Rebellen“, erwiderte Malan, deren Körper sich nun auch anspannte.

„Wenn ihr keine seid...“ Der Mann grinste noch immer auf eine Art, dass sich Yur für einen Moment nichts sehnlicher wünschte, als ihn im Boden versinken und ersticken zu lassen, auch wenn das momentan nicht in ihrer Macht lag.

„Wenn ihr keine Rebellen seid“, wiederholte er. „Wieso kooperiert ihr dann nicht mit uns?“

Die Heilerin knirschte mit den Zähnen. „Ganz nach dem Motto, wer nicht für euch ist, ist gegen euch.“ An dem Mann vorbeisehend erkannte Yur, wie sich die Hände der Frau immer wieder zu Fäusten ballten und dann lockerten, während sie scheinbar durch ruhiges Atmen versuchte sich selbst zu beruhigen und den Mann dabei nicht aus den Augen ließ. „Wir sind hier um einen Heiler zu finden.“

„Erdmagier die einen Heiler suchen“, meinte der Mann. „Das ist interessant!“ Er lachte auf eine sehr dreckige Art und Weise, während die Flamme vor der Nase des Mädchens wieder aufloderte. „Wofür braucht ihr einen Heiler?“

„Das geht Euch nichts an!“, fauchte Malan.

„Doch...“

„Wieso meint Ihr das?“ Dabei warf sie ihm die eigentlich ehrwürdige Anrede fast vor die Füße.

Erneut lachte der Mann auf. „Weil ich ein Abeth bin und euch das Frage.“

„Ihr seid ein Tier“, murmelte die Frau.

„Nein“, der Feuermagier grinste sie an. „Ihr seid die Tiere, Echsenfrauen.“

Schweigen machte sich zwischen den Beiden breit, während Yur noch immer versuchte sich von den eiskalten Fesseln zu befreien, jedoch noch immer keine Chance hatte. Das Feuer vor ihrem Gesicht machte ihr Angst, aber sie wusste, dass auch sie nichts sagen durfte.

„Das Mädchen scheint stumm“, stellte der Magier in diesem Moment fest und ließ die Flamme noch höher lodern, so dass sich die Schuppen in ihrem Gesicht erhitzten und sie kurz aufkeuchen ließen. „Es kann scheinbar nicht schreien.“

„Lass das Kind in Ruhe“, fauchte Malan.

„Ah“, meinte er daraufhin. „Also willst du vielleicht doch mit mir Reden, Weib?“

„Nein“, erwiderte sie. „Aber ich warne dich...“ Ihre Augen verengten sich zu scheinbar von innen heraus glühenden Schlitzen, auch wenn Yur wusste, dass dies wohl nur eine Einbildung war. „Lass sie in Ruhe...“

„Sonst was?“ Fast wie zum Spaß ließ er erneut die Flamme auflodern und wandte sich der Frau ganz zu, während Yur bemerkte, dass ein Dolch nun in seiner freien Hand lag. „Willst du mich töten, Echse?“ Die Flamme wanderte nun aus seiner Hand zurück zu dem Mädchen und blieb nun fast halb so groß wie dieses vor ihr schweben, ganz so als wollte sie Yur im nächsten Moment verschlingen.

„Wenn du es so wünscht“, erwiderte Malan nun ganz auf die respektvolle Anrede verzichtend.

Einen Moment später schossen aus dem Boden gleich eine ganze Reihe aus Lehm bestehender Arme hervor und wollten sich um den Mann wickeln, der aber erneut in die Luft empor schwebte und ihnen so auswich. Als einer der Arme nun nach oben und nach ihm griff, machte er eine Bewegung mit der Hand, ehe einen Moment später das Messer in Malans Schulter stecke.

„Malan!“, schrie Yur auf, während sich die Heilerin den Dolch aus den Schuppen zog und dunkles Blut an diesem hinabtropfte, sich mit dem Regen vermischte und auf dem dreckigen Boden landete, um dort zu versickert.

„Wolltest du mich etwa töten?“, fragte die Frau keuchend und wieder machte sich ein schmales Lächeln auf ihrem Gesicht breit.

„Ja,“ antwortete der Mann nur ruhig.

Dann verwandelte sich das Eis um Yurs Hände auf einmal wieder zu Wasser zurück, so plötzlich, dass sie nicht das Gleichgewicht halten konnte und stattdessen zu Boden fiel. Noch ehe sie die Situation begreifen konnte, schwebte das Wasser durch die Luft, teilte sich auf und verwandelte sich erneut in Eis.

„Dumme Frau“, meinte der Feuermagier nur, während das Mädchen all dies ungläubig beobachten konnte.

Einen Moment später durchbohrten die Eispfeile die Kegarthfrau und verwandelten sich wieder zu Wasser, dass ebenfalls im Boden versickerte.

Verständnislos sah das Mädchen auf das Bild.

Malan hatte nicht einmal aufgeschrien, als die Pfeile sie trafen, doch ihr Mund war noch aufgerissen, als ihre Beine einklappten und sie zu Boden ging. Aus einigen Löchern in der Kleidung, die sich in erster Linie über den Bauch und Brustbereich verteilten, strömte das dunkle Blut heraus und verteilte sich dann, als die Frau ganz auf dem Boden lag, im Dreck, vermischte sich mit dem Wasser der Pfütze unter ihr. Sie rührte sich nicht, doch Yurs Gehirn wollte das, was sie sah nicht akzeptieren.

„Malan“, hauchte sie und streckte die Hand in die Richtung der Heilerin aus. „Malan...“

Weiterhin weigerte sich ihr Gehirn diese Bilder zu akzeptieren. Das konnte nicht sein...

Und gleichzeitig spürte sie, wie sich dieser Ballen in ihrem Bauch vergrößerte und Härter wurde. Diesen Ballen hatte sie schon die ganze Zeit gespürt, seit sie in Verur den Tod ihres Meisters hatte mit ansehen müssen. Doch sie verstand nicht.

„Malan“, murmelte sie erneut, als sich der Feuermagier zu ihr wandte.

„Was hast du, Mädchen?“, fragte er. „Bist du nicht klüger als diese Frau und willst uns erzählen, wo ihr herkommt.“

Seine Worte waren für sie nicht verständlich. Warum sagte er sie? Wollte er sie töten?

Nein! Nein! Nein!

Malan konnte nicht tot sein - oder? Nein!

Das konnte nicht sein. Nicht noch jemand, der sich um sie gekümmert hatte. Nicht noch jemand, der wegen ihr gestorben war.

Nein!

Sie konnte nicht tot sein.

„Malan“, flüsterte sie erneut und robbte auf den Knien zu dem bewegungslosen Körper hinüber.

Eigentlich wusste sie es schon, bevor sie die Leiche berührte. Der Tod, dieses furchtbare Gefühl des Todes, umgab diesen Körper. Doch wieso? Wieso war sie gestorben?

Yur konnte diesen Gedanken einfach nicht verarbeiten. Starb denn jeder, der nett zu ihr war?

Nein! Das war es nicht. Es hatte nichts mit ihr zu tun. Es war der Rat. Ja, der Rat der Weltenwandler hatte sie alle getötet. Meister Miras, Zik und die anderen Tades. Alle im Kloster, die sich ihnen nicht angeschlossen hatten, waren von den Magiern des Rates getötet worden. Sie waren alle tot. Und jetzt hatten diese Magier auch Malan, die einzige, die so war wie sie, die einzige andere Kegarth neben Yur, wie es dem Mädchen schien, getötet. Dieser Mann - sie hatten ihn Abeth genannt - war für ihren Tod verantwortlich.

„Was hast du, kleines Mädchen?“, hörte sie seine Stimme hinter sich und sie spürte, wie er hinter sie trat.

Sie merkte auch, dass er seine Hand nach ihr ausstrecken wollte, doch sie fuhr herum und schlug sie weg.

Obwohl sie verzweifelt war, blieben ihre Augen trocken, auch wenn man die Tränen kaum gesehen hätte, so liefen doch die Regentropfen noch immer über ihre Schuppen hinab. „Ihr...“, fauchte sie.

„Bist du wütend?“ Noch immer verhöhnte dieser Mörder sie, doch sie ballte nur die Hände zu Fäusten.

Dieses Grinsen, was auf seinen Lippen lag. Sie wollte ihn schlagen. Nein, eigentlich wollte sie ihn nicht schlagen. Sie wollte töten!

Ihre Gedanken wurden immer wirrer und rasten immer mehr. Von Klarheit fehlte in ihrem Geist jede Spur. Sie fühlte kaum noch ihren eigenen Körper, aber die Erde unter ihren Füßen.

Sie spürte noch immer den Tod in der Luft, der auch die Tiere verschreckt hatte. Und sie spürte das Leben, dass noch immer in den Pflanzen um sie herum lag. Die Erde unter ihr pulsierte geradezu vor Leben, vor Energie, vor Macht. Und in dem Moment wusste sie, dass sie diese Macht benutzen konnte. Sie war eine Erdmagierin und daher war der Lehm und der Fels genau so mit ihr verbündet, wie Pflanzen und Wurzeln, die sich durch den Boden zogen.

„Willst du vernünftig sein oder noch dieser Frau folgen?“, fragte der Mann und stand noch immer direkt vor ihr. Ja, er stand auf dem Boden und schwebte nicht mehr.

„Ihr...“, knurrte sie nur wieder. „Ihr seid alles Mörder!“, schrie sie dann, als auf einmal doch Tränen aus ihren Augen brachen und ihren Blick noch verschwommener werden ließen, als er es ohnehin schon war. Aber daran störte sie sich nicht.

Die Energie der Erde floss durch ihren Körper und sie wusste, was sie mit dieser Macht tun wollte. Sie wollte töten!

Die Wut, die sich zuvor in ihr verdichtet hatte und zu diesem schweren Ballen geworden war, löste sich auf einmal aus ihr, floss in die Erde und ließ weitere Arme hervor sprießen, ließ die Wurzeln der Bäume wachsen und den Boden unter den Magiern aufbrechen.

Davon sah Yur nichts, denn mittlerweile hatte sie die Augen geschlossen, aber sie spürte es. Ihre Macht, das alles war ihre Macht.

Ganz genau spürte sie, wie die Erde den Flammenmagier vor ihr und dann auch seine Anhänger nach und nach verschlang. Sie spürte auch, wie sie erdrückt wurden, ihre Knochen unter der Last der Erde brachen und sie erstickten.

Unter ihnen waren keine anderen Erdmagier und daher waren sie so hilflos.

Die Häuser um sie herum brachen ein, denn der Boden unter ihnen spaltete sich.

Der Tod... Er umgab sie nun völlig, doch das war nicht genug.

Sie wollte das sie alle starben! Alle!

Sie waren alle Mörder!

So verloren die Gedanken in ihrem Kopf den letzten Halt, denn sie wusste, dass es noch nicht alle waren, die der Erde zum Opfer gefallen waren. Doch wo waren die anderen?

Sich wild umblickend musste sie die Augen öffnen, als sie die verbliebenen sechs hoch über sich in der Luft schweben sah. Weit genug von den Ranken und den Erdhänden weg.

Die Farbe der Roben konnte sie nicht mehr erkennen, denn alles war zu einem einfarbigen rotdunklem Gemisch geworden. Alles verschwamm vor ihren Augen, doch sie wusste, was sie tun musste. Diese Leute über ihr mussten sterben. Egal wie!

Aber um dieses Dorf herum standen noch weitere Pflanzen. Bäume, die eigentlich schliefen, sich nun jedoch wieder reckten und versuchten mit ihren Zweigen nach den Magiern zu greifen, die jedoch erstaunlich schnell auswichen. Konnte es sein, dass es Luftmagier waren?

Egal! Sie mussten sterben!

Noch immer war so viel Wut in ihr. So viel Macht und sie floss in alle Richtungen in den Boden. Das war weitaus mehr als ein einzelnes, sterbliches Wesen je hätte kontrollieren können. Aber all das war ihr egal. Und wenn sie starb, war es ihr im Moment egal, solange sie diese Magier mit sich in den Tod riss.

Wütend ließ sie die Bäume immer höher wuchern. Sie konnten ihr nicht entkommen, egal was sie taten! Nein, sie durften ihr nicht entkommen!

Wieso lebten sie noch immer?

Was taten sie überhaupt? Wollten sie sich nicht wehren.

„Kommt her und wehrt euch! Versucht doch mich zu töten!“, kreischte sie zu ihnen empor, doch dann sah sie, wie etwas auf sie zukam.

Es dauerte, bis ihr klar wurde, dass dies eine hinabstürzende Blase aus Wasser war - zu lange.

Einen Moment später umgab das Wasser sie, auch wenn es sie nicht von den Beinen riss. Sie wollte zur Seite springen, doch dann wurde auf einmal alles um sie herum kalt. Eis ersetzte das Feuer der Wut, dass einen Moment vorher noch in ihr gelodert hatte, und löschte gleichzeitig alles aus. Von einem Augenblick auf den anderen wurde ihr klar, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte und dann schwanden ihr auch die letzten Sinne.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: Futuhiro
2010-02-03T21:33:37+00:00 03.02.2010 22:33
Das ist ja der Wahnsinn.
Ich wünschte, ich könnte auch so umfangreiche Todesszenen und Kämpfe schreiben. So dramatisch und emotional. Bei mir ist das immer mehr so "Er hieb ihn mit dem Schwert entzwei ... öhm ... Tot! Fertig!" ^^
Ja, also ein extrem geniales Kapitel. Vor allem, weil die Macht des Hasses hier so gut rüberkam. Mach einen Gegner richtig wütend und du wirst ihn nicht mehr besiegen können. Klasse!
Von:  Taroru
2009-08-02T19:33:51+00:00 02.08.2009 21:33
o.O
aua.....
ich bin sprachlos....
weiß nicht was ich schreiben soll ^^°
malans tod gefällt mir ja mal gar nicht *mit dir schimpf* anderseits... musste es vielleicht sein ^^°
die entwicklung hat ein rassendes tempo bekommen, finde ich
das baut noch mehr spannung auf ^^ ich will auch sofort wissen wie es weiter geht XD (war ja irgendwie klar....^^°)
ich bin jedenfalls gespannt ^^ und freu mich auf das nächste kappi ^^

nebenbei.... du hast die szene des kampfes echt klasse geschrieben... auch der unglaube von yur kam sehr gut rüber ^^


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