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Anima

Im Innersten
von

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Lachnummer

Thema des Tages: Wer die Wahl hat, hat die Qual

Das Stichwort war nicht sonderlich schwer, dafür aber ein passendes Opfer zu finden. Ich hatte auch noch Kira, Kato und Michael im Visier. Doch zum Thema waren schon Szenen im Manga bekannt, ich hatte keine Lust es noch einmal runterzueiern. Raziel erschien mir da besser und die Szene, als er Shatiel beerdigt hatte, wurde ja auch nur von Zaphikel erwähnt. Ich denke, Raziel hat Shatiel wirklich 'n bissel geliebt, mehr als freundschaftlich natürlich.
 

- Lachnummer
 

Kalter Wind pfiff mir um die Ohren und meine Hände waren nass und steif geworden. Als ich sie ansah, waren sie verdreckt und blutig, doch waren sie bereits taub und ich spürte keinen einzigen Schmerz. Also grub ich weiter in den Trümmern von Skid Row, auch wenn mich die Kraft verließ und es immer aussichtsloser wurde.

„Shatiel... Shatiel, wo bist du...?“

Ich grub weiter und rief dabei immer wieder ihren Namen, wie eine Art Gesang, damit ich nicht vor Erschöpfung einschlief. Ich musste sie finden, am nächsten Tag würde dies alles unter harten Beton vergraben sein. Wenigstens dass wollte ich ihr ersparen. Es war das Einzige was ich für sie tun konnte, nachdem ich sie umgebracht hatte.
 

Wieder kam ein kalter und starker Wind auf und Asche fiel in mein Gesicht. Es brannte und ich taumelte zurück und blieb irgendwo mit meinen Mantel hängen. Ich zog kräftig daran, um mich zu befreien und fiel schließlich gegen einen Haufen aus zermalmten Steinen und abgebrannten Holz.

Irgendwas fiel dadurch hinunter und blieb hängen. Zwar schaute ich nicht hin, aber ich konnte mir denken, dass es die Leiche eines I-Kindes war, die bei der Explosion bis zur Unkenntlichkeit verbrannt wurden. Ich drehte mich, wenn ich auch etwas wacklig auf den Beinen war von ihm weg, um mir selbst diesen Anblick zu ersparen...
 

...den Anblick ersparen, was ich getan habe...
 

Zitternd kam ich auf den Knien auf und setzte kriechend einen Teil meiner Suche fort. Ich kam mir schwach in dieser Haltung vor, aber ansonsten hätte ich sie nie gefunden. Sie lag unter Staub und einige Bretter verdeckten sie fast vollständig. Kein Wunder, dass ich sie erst nicht gefunden hatte.

„Shati... Shatiel!!!“, rief ich auf und plötzlich war all meine Kraft zurückgekehrt, ich kam auf die Beine, rannte zu ihr hin und warf mit einem Hieb die Bretter zur Seite und mein Lächeln verschwand augenblicklich, als ich nur ihren Kopf fand.

Schleichend fiel es mir wieder ein. Ja richtig, die Kette...
 

Diese verdammte Kette, die ich ihr sogar noch um den Hals gehängt habe
 

Sie war ebenfalls mit einem Sprengsatz gefüllt und hatte ihr den Kopf von den Schultern geschlagen.

Als ich die Explosion mit eigenen Augen sah und ihr Kopf, wie er durch die Luft flog und schließlich vor meinen Füßen landete, mit Blut überströmt...

Bei dem Anblick wurde ich hysterisch und rannte davon, weil ich es nicht ertrug. Ich glaube, ich hatte mich sogar übergeben.

Nun war das Blut getrocknet und abgebröckelt, nur am Halsende war noch etwas davon. Doch ich verspürte nun keine Übelkeit mehr, nur reine Trauer.

Vorsichtig wickelte ich sie in den Mantel und sah mich noch einmal um. Ihren restlichen Körper zu suchen war sinnlos. Selbst wenn noch etwas von der Explosion übrig geblieben sein sollte, würde ich ihn unter den ganzen Trümmern nicht finden.
 

Dass ich die Kinder nicht habe mitnehmen können, tat mir im Herzen weh. Doch waren sie schon so abgebrannt, dass sie sofort zu Asche zerfallen wenn ich sie auch nur mit den Fingerspitzen berühren würde.

Zudem waren es zu viele. Da die Bauarbeiten schon am nächsten Morgen beginnen sollten, hatte ich niemals genug Zeit gehabt alle beizusetzen.

Aber wenigstens Shatiel... Wenigstens sie sollte nicht in der Dunkelheit des Himmels verenden.

Ich verließ das zerstörte Skid Row und damit unzählige Trümmer und Leichenberge. Und manchmal kam es mir, als schrien sie mir über den Tod hinaus ihre Flüche hinterher.
 

Versager! Und so was will ein hoher Engel werden? Er kann ja nicht einmal ein paar Kinder vorm Tod bewahren
 

Vielleicht taten sie es auch wirklich, dass ich Stimmen hörte war nichts Ungewöhnliches. Und sie hatten das gute Recht, sich über mich lustig zu machen.

Erst dachte ich, es wurde Tag, doch ich stellte schnell fest, dass ich Skid Row verlassen hatte. Erstaunlich, dieser Unterschied. Um so mehr verstand ich das Leid, dass diese Kinder in der Dunkelheit erdulden mussten.

Hatte ich wirklich geglaubt daran etwas ändern zu können? Dass ich mit einer guten Tat die ganze Welt verbessern könnte? Wie lächerlich blauäugig ich war.

Und dass ich Zaphikel-sama solch eine Schande bereitet hatte, war dass Schlimmste dabei. Die anderen Engel, die zum Rat der großen Sieben gehörten würden sich sicher das Maul darüber zerreißen, wie lächerlich ich ihn gemacht hatte.

In der Militärakademie würden sie sich auch nur spotten, ich lebe nur noch, weil ich Zaphikel-samas »kleiner Liebling« war, ansonsten hätte mich Minister Sevotharte längst hinrichten lassen. Wie sollte es anders sein, anders würde dieser »Wichtigtuer« oder diese »Weichei«, diese »Witzfigur«, »Lachnummer«
 

Ja, ich wusste, wie sie mich alle nannten, wie sie über mich lästerten und, verdammt, es stimmte, alles stimmte, bei Gottes, es war alles wahr!!!
 

... Anders würde ich doch nicht überleben.

Der Mond war am Himmel nicht mehr zu sehen, doch was es erstaunlich hell. Die Sonne schien bald aufzugehen. Ich konnte dies nur zu deutlich erkennen, die Häuser waren nicht sehr hoch und die Umgebung wirklich langsam wieder etwas »lebendiger«. Hier konnte Shatiel sicher sein.

Es war vielleicht nicht der beste Ort, aber vielleicht der Schönste in ganz Shamayim. Nach Beriah konnte ich den Kopf nicht bringen, die Wachen am Gate würden ihn finden und verbrennen. Also konnte ich ihn nur unter trockener, toter Erde vergraben. Es waren nur wenige Grashalme, die aus dem Boden ragten (wahrscheinlich das einzige bisschen Grün auf der ganzen Sphäre), aber er war ideal.
 

Beim Graben achtete ich darauf, keins der Grashalme herauszureißen und als das Loch tief genug war, so dass weder die Soldaten noch spielende Kinder sie finden würden, legte ich sie, samt dem Mantel, in dem sie eingewickelt war in das Loch und grub es wieder zu.

Es ging so schnell, viel zu schnell und ich hatte kaum etwas gefühlt, als sie unter der Erde verschwand. Ich dachte, ich würde weinen, ich hatte doch sehr an ihr gehangen. Vielleicht hatte ich sie sogar geliebt. Nein, ich war mir sogar sicher. Und weil dies eine Sünde war, hatte Gott dies zugelassen um mir die Augen zu öffnen. Ich hatte sie geliebt und umgebracht und Gott hatte dabei zugesehen.

„Shatiel... Darf... Darf ich noch wieder kommen...?“

Eine dumme, lächerliche Frage. Jedoch... Irgendwie schien es mir, dass mit dem aufsteigenden Wind ihre Stimme wiederhallte. Fröhlich und stark...

Dummerchen! Natürlich darfst du!

Und wieder sah ich ihr Lächeln vor mir. Sie hatte sich geirrt. Sie war wunderschön gewesen, schöner wie mancher hoher Engel in Beriah. Ihr ehrliches, unschuldiges Lächeln hatte sie so schön gemacht.

Danke Shatiel, dass du so einem lächerlichem Trottel wie mir vertraut hattest.
 

Ein Knistern riss mich sofort aus meinen Gedanken und mein Herz raste. Waren das schon die Bauarbeiter gewesen, die Skid Row unter Beton legen sollte? Oder ein Soldat, der mich suchte?

Ich war nicht einmal auf den Beinen, als die Gestalt zu mir trat.

„Zaphikel-sama...“, flüsterte ich überrascht, als ich schließlich die Brille und das lange, schwarze Haar in der Dämmerung erkannte. Woher wusste er, wo ich war?

Oder wahrscheinlich war er mir schon die ganze Zeit gefolgt?
 

Stumm kam er zu mir, ich blieb weiterhin auf dem Boden und sah zu ihm auf, während er auf Shatiel´s Grab blickte. Auch als sein Mund sich öffnete, sah er mich nicht an.

„Ich denke, es gibt weder richtige, noch falsche Taten. So etwas ist relativ. Was zählt ist, warum man diese Taten begeht. Wahrlich, du hast etwas Dummes getan... Doch du hattest aufrichtige Gründe dafür. Und Aufrichtigkeit ist nichts Dummes oder Lächerliches.“

Und als ich, erleichtert aber dennoch beschämt zu weinen anfing und Zaphikel-sama väterlich seine Hand auf meine Schultern spürte, konnte ich auch ganz nah bei mir Shatiel spüren...



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