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Bora, Stein der Winde

von

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Ankunft in der Elbenfeste

Heller Sonnenschein weckte Justin. Das Erste, was der Junge bewusst wahrnahm war, das ihm alles wehtat. Sogar Stellen, von dem er nicht gewusst hatte, dass sie einem schmerzen können. Stöhnend richtete er sich auf und schaute sich um.

„Muskelkater vom feinsten, stimmts?”, fragte die Stimme des schwarzen Ritters und als Justin über seine Schulter nach hinten schaute sah er den Mann auch, er schon fleißig die Pferde striegelte.

„Untertrieben”, murrte er unwillig und der Ritter lachte.

„Oh ja, ich weiß noch ganz genau, wie ich mich nach meinem ersten Ritt über eine so lange Zeit gefühlt habe”, meinte er feixend.

„Aha”, gab Justin zur Antwort.

„Ich merke schon du hast kein Interesse an einer Unterhaltung mit mir... Nun, wie dem auch sei, wir müssen bald weiter, ihr habt einen ganzen Tag geschlafen”, erklärte der Mann.

Justin stöhnte auf. Alleine der Gedanke, noch mal so lange zu reiten und das mit seinem Muskelkater, und er könnte schreien vor Schmerz.

„Tut mir leid, aber das kann ich euch leider nicht ersparen. Aber sobald wir in der Feste sind könnt ihr drei euch ausruhen, solange ihr wollt”, versprach der Ritter.

Justin murmelte etwas Unverständliches und legte sich dann noch einmal hin. Doch er war gerade wieder halb eingedöst, als der Mann ihn grob am Arm rüttelte.

„Los, aufstehen, wir müssen weiter”, meinte er.

Es dauerte eine ganze Weile, bis die drei sich dazu durch gerungen hatten, wirklich aufzustehen und sie bereuten es alle drei sofort. Dann hob Faiver sie wieder in den Sattel und ihnen war nach heulen zumute. Die Tortur ging weiter. Den gesamten Tag ritten sie. Gegend Abend kamen sie dann bei einer riesigen Mauer an.

„Wie wollen wir denn da rüber?”, fragte Sally.

„Rüber wollen wir gar nicht. Es gibt ein Tor, dort können wir durch”, erklärte der Ritter.

Plötzlich legte sich ein Schatten auf den kleinen Trupp und als sie nach oben schauten sahen sie einen geflügelten Wolf. Ein kleines Mädchen, vielleicht acht Jahre alt saß auf seinem Rücken des Wesens. Der Wolf landete sanft auf dem Boden.

„Hier bist du! Ich habe dich schon überall gesucht!”, rief das Mädchen dem Ritter zu.

„Aja? Und warum, wenn ich fragen darf?”, erkundigte sich dieser.

„Nun, weil der...”, in dem Moment hatte das Mädchen Justin, Timo und Sally gesehen.

„Da sind die ja!”, rief sie und schaute wieder zum Ritter, „das ist hier aber nicht der richtige Weg zum Meister! Wo willst du sie hinbringen?”

„Dorthin, wo sie vor dem Meister sicher sind. Ich habe eigene Pläne mit ihnen”, erklärte der Ritter ruhig.

„Das heißt, du verrätst uns? Oh Junge, du weist doch, was das heißt, für deine Familie! Ich an deiner Stelle würde das nicht machen”, meinte das Mädchen.

„Janne, das verstehst du nicht. Ich habe meine Gründe, so vorzugehen”, erklärte der Ritter.

„Ach, und dein Familie ist dir egal, wenn du nur das bekommst, was du willst, oder wie?”, erkundigte sich das Mädchen.

„Glaube mir, wenn alles so klappt, wie ich es mir vorgestellt habe, dann wird meiner Familie nichts geschehen und wir sind endlich frei und zwar wir beide”, erklärte der Ritter.

„Und wenn es nicht klappt? Nein, das ist viel zu riskant. Wenn du die drei jetzt zum Meister bringst, dann werde ich ihm nichts davon sagen, aber wenn du es nicht tust, dann zwingst du mich dazu, ihm alles zu berichten”, drohte Janne.

„Brauchst du nicht mehr, mein Täubchen”, ertönte eine weitere Stimme von oben.

Erschrocken starrten gleich wieder alle hinauf. Ein Drache flog dort, auf seinem Rücken ein alter Mann.

„Schitt”, murrte der Ritter unwillig.

„M-meister”, stotterte Janne.

„Ich habe es gewusste, mein lieber. Mir war von der ersten Sekunde an klar, dass du mich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit verraten würdest. Du hättest mir ohne zu zögern dein Schwert in den Rücken gerammt, nicht wahr? Du hast Wochen, Monate, Jahrelang nur darüber nachgedacht, wie du mich am schmerzvollsten umbringst, stimmts? Du hast lange auf eine Gelegenheit wie diese hier warten müssen, hab ich recht?”, säuselte der Alte dem Ritter zu.

„Ja. Ich musste wirklich lange warten... und dann so was... “, murrte dieser.

„Nun, du kannst mir deine Loyalität beweisen indem du mir sagst, wer der Drei Bora hat. Oder du kannst dafür sorgen, das sie alle sterben müssen, die drei, Janne, du, deine Freunde in der anderen Welt, deine Familie... alle eben”, meinte der Alte.

„Ich werde es dir nicht sagen...”, der Ritter lachte humorlos, „ich hatte ganze zehn Jahre Zeit, dich kennen zulernen. Selbst wenn ich jetzt tue, was du willst wirst du sie alle umbringen, deswegen schweige ich.”

Der Mann seufzte.

„Ich hatte gehofft, dass du mehr Vernunft besitzt. Immerhin habe ich das, was dir etwas bedeutet immer in Ruhe gelassen. Du solltest mir also vertrauen, mein Bester”, fand er.

„Tz! Du hast dein Versprechen doch nur gehalten weil du mich gebraucht hast! Du kannst Drachenwind nicht führen, aber sobald du Bora hast ist das kein Problem und du brauchst mich nicht mehr, also wirst du alle, die dir nichts mehr bringen kurzerhand umbringen. Oh Theo, hältst du mich wirklich für so dumm? Vergiss es einfach, ich werde dir nichts sagen, egal was du wissen willst”, meinte der Ritter.

„Nun, wenn du es so willst… Janne, versuche du deinen Freund zur Vernunft zu bringen”, befahl der Alte.

Das kleine Mädchen dachte kurz nach, dann schüttelte sie entschieden den Kopf.

„Nein. Es heißt ja, wenn man nichts riskiert kann man nichts gewinnen, deswegen riskiere ich alles und hoffe damit auch alles zu gewinnen”, erklärte sie.

„Schön, okay...”, murrte der Alte unwillig.

Er ließ seinen Drachen landen und sprang von seinem Rücken. Dann zog er ein Schwert, das sofort Flammen schlug. Auch der Ritter sprang von seinem Pferd und zog seine Kling, aber anders als das seines Gegners war es ein kleiner Sturm, der entfacht wurde. Die Beiden gingen ohne Umschweife aufeinander los und schlugen aufeinander ein, als würde es kein Morgen mehr geben. Justin Timo und Sally verfolgten den Kampf sichtlich interessiert, Janne jedoch sah ängstlich aus. Sie wusste, von diesem Kampf hing ihrer aller Zukunft ab, den drei Jugendlichen war das weniger klar. Sie waren einfach nur fasziniert, denn nie zuvor hatten sie gesehen, wie zwei Leute mit einem Schwert aufeinander ein hiebten und wie bannend dieses Schauspiel sein konnte, das wussten sie dementsprechend noch weniger. Keiner der vier Zuschauer bemerkte, dass sich der Drache derweil von hinten näherte. Das Monster war einfach da und schlug sie alle vier weg wie als wären sie einfach ein Haufen Puppen. Das sich dabei keiner ernsthaft verletzte, das kam einem Wunder gleich. Stöhnend blieben sie liegen, der Schlag war hart gewesen und sie waren ein ganzes Stück geflogen bevor sie noch härter aufgekommen waren. Dann jedoch sah Justin, dass das Band, mit dem er den Stein um den Hals getragen hatte, gerissen war und der Stein selbst nun ein Stückweit von ihm entfernt lag. Und das der Drache darauf zuging. Wie von einer Hornisse gestochen sprang er in die Höhe und rannte zu dem kleinen Stein, denn er wusste plötzlich, dass der Drache ihn unter keinen Umständen bekommen durfte! Er schnappte das kleine Ding dem Drachen vor der Nase weg, der spie eine Feuersäule hinter ihm her, die Justin zwar nur streifte, aber seine Kleider und seine Haut verbrannte. Schmerzvoll schrie er auf, rannte jedoch weiter. Der Drache folgte ihm und jagte immer mehr und mehr Feuer hinter ihm her. Seine Freunde und Janne konnten nur daneben stehen und gar nichts tun, denn was sollten sie schon gegen einen ausgewachsenen Drachen ausrichten?

„Wir müssen irgendetwas tun!”, rief Sally dennoch voller Verzweifelung.

„Wir können aber nichts machen, das ist immerhin ein Drache und noch dazu der Stärkste und Gefährlichste der Gegend hier”, antwortete Janne ruhig.

„Wir müssen ihm trotzdem helfen!”, schrie Timo. Just in diesem Augenblick erwischte ein Feuerstrahl den rothaarigen Jungen ganz und Justin blieb wie Tod am Boden liegen. Erschrocken hielten die drei Zuschauer die Luft an, doch der Rotschopf rührte sich keinen Millimeter mehr. Fassungslos ging Timo ein paar Schritte auf ihn zu, konnte nicht glauben, was gerade geschehen war, dann wurde er mit einem mal unglaublich wütend. Nie zuvor war er in seinem Leben so wütend gewesen, er nahm nichts mehr um sich herum wahr, er wollte nur noch eines, den Drachen umbringen. Er spürte nicht, wie sich ein kleiner Sturm um ihn entfachte und sich sein Körper veränderte. Seine Ohren wurden lang und bewegten sich seitlich an seinem Kopf hoch, seine Finger wurden Klauen und seine Zähne Dolche. Auf seinem Rücken wuchsen zwei große Fledermausschwingen und seine Augen wurden zu denen einer Katze. Ohne etwas davon wahrzunehmen stürzte er sich auf den Drachen und schlug und kratzte, wie vom Teufel besessen. Der Drache war mehr verdutzt als das es ihm wirklich weh tat oder er gar verletzt wurde, doch das nahm Timo in seinem Rausch nicht wahr. In der Zeit kämpften der Ritter und der alte Mann verbissen weiter. Sie waren in etwa gleich stark, weswegen beide nichts von Justin, Timo und dem Drachen mitbekamen. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem jeweiligen Gegner. Sie gönnten einander eine kurze Atempause, in der sie sich beide misstrauisch beäugten.

„Janne!”, rief der Ritter, ließ den alten Mann dabei jedoch nicht eine Sekunde aus den Augen.

Das Mädchen antwortete nicht, sie hatte ihn zwar gehört, war aber über Timos Aussehen noch zu verblüfft um ihm zu antworten, doch der Ritter wusste, das sie ihn gehört hatte.

„Janne, bitte versuch irgendeinen Zauber um uns hier wegzubringen!”, rief er in der normalen Sprache, der Menschensprache, nicht in der Sprache der Unsterblichen, weswegen der alte Mann ihn nicht verstand. Doch er konnte sich denken, was der Ritter gerufen hatte und noch wütender als zuvor griff er wieder an. Janne warf einen kurzen Blick zu den beiden.

„Er hat recht”, murmelte sie, „hier können wir nicht bleiben, hier wird es zu gefährlich...”

Sie schloss die Augen und konzentrierte sich.

„Wohin?!”, rief sie dem Ritter nach einer Weile zu.

„Die Feste!”, rief dieser zurück und wich einem schlag seines Kontrahenten aus.

Janne senkte den Kopf ein wenig und plötzlich war überall helles Licht. Das Nächste, was man wieder sehen konnte war eine große Halle, gebaut aus weißem Stein. Durch große Fenster flutete Licht herein wie ein Wasserfall. Justin, der bewusstlos gewesen war, kam langsam wieder zu sich und auch Timo erwachte aus seinem Rausch. Sally schaute sich verblüfft um. Janne keuchte und der Ritter ging in die Knie vor Erschöpfung. Der Kampf war nur kurz gewesen, doch zugleich auch sehr kräfteraubend. Langsam setzte Justin sich auf und Timo tat es Sally gleich und schaute sich verwundert um.

„Wo sind wir hier?”, wollte Sally wissen, „und was machen wir hier?”

„Und wie sind wir hierher gekommen?”, fragte Timo.

Nun schaute auch Justin sich um, aber nur kurz.

„Das ist sie”, bemerkte er.

„Das ist was?”, erkundigte sich Timo.

„Die Halle aus meinem Traum. Wo ich diesen Stein bekommen habe”, antwortete der Rotschopf.

Erst jetzt vielen Timo und Sally auf, das es Justin gut zu gehen schien. Sie liefen beide zu ihm hin.

„Dir ist nichts passiert?”, fragte Sally besorgt, doch sie bekam keine Antwort.

Justin schaute einmal kurz durch den Raum, aber er schien nicht zu finden was er suchte und so wandte er sich dem Ritter zu.

„Wie Sally schon fragte: Wo sind wir hier und warum sind wir hier?”

Der Ritter keuchte noch immer, aber sein Atem beruhigte sich zusehends.

„Warte...”, stieß er hervor, „gleich kann ich dir antworten...”

Noch ein paar Minuten vergingen, dann hatte er sich wieder erholt, im Gegensatz zu Janne, die mittlerweile auf dem Boden eingeschlafen war. Der Ritter stand auf.

„Nun, dies ist die Feste der Elben, genauer der Festsaal. Hier werden große Bälle veranstaltet. Aber das dürfte euch gerade nicht sonderlich interessieren. Wir sind hier, weil wir hier vorerst in Sicherheit sind. Die Drachen kommen nicht hierher, sie haben Angst vor der Magie, die diesen Ort umgibt. Aber Theo wird sie bestimmt bald dazu gebracht haben, doch Hier aufzutauchen. Er will unbedingt Bora habe. Aber es wird dauern und das ist gut, denn Zeit ist das wohl kostbarste Gut, was wir hier haben. Und wie wir hierher gekommen sind kann Janne euch besser erklären, aber wie ihr seht ist sie ganz erschöpft, also lasst euch vorerst gesagt sein, das es ein Zauber war. Aber ich weiß nicht einmal welcher, die Magie war noch nie mein Spezialgebiet”, erklärte er.

„Aha”, machte Justin.

Die Tür am anderen Ende des Saals öffnete sich und Melody trat herein. Sie war noch schöner als Justin sie in Erinnerung gehabt hatte und Sally und Timo brauchten nur kurz in sein Gesicht schauen um zu wissen, wer sie nur sein konnte. Sie sagte nichts, sie trat einfach nur zu den fünfen.

„Guten Tag Melody”, begrüßte der Ritter sie.

Die Elbe nickte ihm nur zu, dann betrachtete sie eingehen erst Sally, dann Timo. Bei seinem Anblick trat verblüffen in ihre Mimik, nur kurz jedoch, dann hatte sie sich wieder in der Gewalt. Sie sagte dennoch noch immer nichts, sondern begann damit, Justin von Kopf bis Fuß zu mustern.

„Guten Tag”, meinte dieser und grinste verlegen. Ihm war es sichtlich unangenehm, dass sie ihn so anstarrte und ihm kam auch wieder ins Bewusstsein, was das letzte gewesen war, was er getan hatte, als er dieses wunderschöne Wesen das letzte mal gesehen hatte.

„Herzlich willkommen”, begrüßte sie nun auch verbal alle Anwesenden.

Dann jedoch irrte ihr Blick wieder zu Timo. Sie warf dem Ritter einen langen, fragenden Blick zu, der zuckte nur mit den Schultern. Nun fand auch Justin endlich die Zeit, seinen Freund ein wenig genauer in Augenschein zu nehmen. Er vergas vor verblüffen sogar das Atmen.

„Was ist den mit dir passiert?!”, quiekte er.

Timo schaute seinen Freund verwirrt an.

„Wie, was soll den mit mir passiert sein?”, fragte er.

„D-Du hast Flügel! Und so ganz merkwürdige Ohren!”, rief Justin.

„Was willst du?”, Timo war nun restlos verwirrt. „Du hast wohl zuviel Feuer abgekriegt.”

„Nein, du hast wirklich...”, er wandte sich Melody zu, „hast du irgendwo einen Spiegel?”

Die Elbe nickte und deutete Timo, sie zu begleiten, doch nicht nur Timo folgte ihr, auch der Ritter, Sally und Justin trotteten hinterher. Melody führte sie durch lange Gänge zu einem Raum, der, anders als der Festsaal, richtig wohnlich eingerichtet war. Es gab einen kleinen Tisch auf dem eine Schale mit frischem Obst stand, ein paar Stühle um den Tisch herum, mehrere, gemütlich aussehende Sofa, einige Sessel, einen Kamin in dem munter ein Feuer prasselte und viele Bilder an den Wänden. Es waren fast alles Landschaften, ab und an aber auch mal ein edel aussehender Jagdhund oder ein Pferd, das stolz seinen Schweif hob. An einer Seite hingen in regelmäßigen Abständen große Spiegel, die den Raum noch ein wenig größer wirken ließen. Timo trat sofort an einen der Spiegel heran und erschrak als er sich selbst sah.

„Was ist das denn?!”, quiekte er erschrocken auf, griff über seine Schulte und zog an einem der Flügel, mit der anderen Hand betastete er seine Ohren.

„Ein Chito”, murmelte Melody leise.

„Ein was?”, hakte Justin nach.

Melody ignorierte ihn.

„Meinst du wirklich?”, fragte der Ritter nach.

„Ja. Aber nicht irgendeiner. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber er könnte Dragonwing sein. Er sieht Night sehr ähnlich. Ein Chito ist er aber in jedem Fall”, antwortete sie auf seine Frage.

Der Ritter dachte nach.

„Er sieht Night wirklich erstaunlich ähnlich. Er könnte es tatsächlich sein”, überlegte er.

„Wer, wie, was, wo, wann? Könnte mich mal jemand aufklären?”, fragte Timo, noch immer entsetzt über sein Aussehen.

„Ich erkläre es euch”, bot der Ritter an, „es ist so, vor Jahrtausenden gab es hier einst Milliarden über Milliarden Chito. Sie waren ebenso zahlreich wie die Menschen in der Welt, aus der ihr kommt. Doch dann setzte die Weltenwandlung ein und die Chito starben wie die Fliegen. Am Ende war kaum mehr als eine Hand voll übrig, unter ihnen auch die Vorfahren Moons und Nights. Der Chitobestand blieb über Jahrhunderte hinweg relativ konstant, doch dann begann der Krieg um das Erbe des ehemaligen Reichsherren und die Chito kamen abermals am schlechtesten bei weg. Es sind seid damals nur noch so wenige übrig, das man wahrlich großes Glück braucht, um einen zu finden. Sie gelten bei manchen Völkern sogar als Glücksbringer, ihrer Seltenheit wegen, ähnlich wie bei euch die vierblättrigen Kleeblätter. Aber nun, die Zeit des Krieges war in etwa die Zeit, als du geboren wurdet. Nein, nicht in etwa, es war genau diese Zeit, denn Moon, die... sagen wir mal die Königin der Chito, die hatte damals einen Sohn zur Welt gebracht. Sie und Night wusste, das er sterben müsste, wenn sie ihn bei sich behielten und so gaben sie den Jungen in die Obhut der Hochelfe Layla. Was diese mit dem Jungen tat, das weiß niemand, außer ihr selbst. Aber du, du könntest der Sohn von Moon und Night sein. Es ist nicht unmöglich, im Gegenteil, es ist sehr wahrscheinlich, dass du es bist.”

„Aber das geht doch gar nicht! Ich habe doch meine Eltern!”, rief Timo.

„Doch Timo, das geht sehr wohl”, überlegte Justin.

„Hä? Wieso? Das geht gar nicht”, schmollte der Schwarzhaarige.

„Doch, Marie ist doch lediglich ein halbes Jahr jünger als du! Ich habe mich schon immer gefragt, wie das gehen soll, dass ihr Geschwister seid, obwohl zwischen euch nur ein halbes Jahr liegt. Das sind mindestens zwei Monate zu wenig”, fand Justin.

„Dann kann es doch aber genauso gut sein, das Marie Adoptiert ist”, verteidigte sich Timo verbissen.

„Klar ist das möglich, aber wer weiß. Es ist im Prinzip auch egal, du bist ein Chito, das steht fest und mehr brauchen wir gar nicht wissen. Wer deine Eltern sind oder eben auch nicht, das kannst du zu Hause viel besser Regel”, fand der Ritter.

Ein kurzes Schweigen folgte, dann hörte man deutlich das Knurren von drei hungrigen Mägen. Justin, Timo und Sally liefen rot an während der Ritter und Melody lachten.

„Ich glaube, ich sage Jack, er soll etwas ordentliches zu Essen machen”, erklärte Melody und verließ den Raum. Der Ritter grinste breit. Die drei Jugendlichen schauten überall hin, nur nicht in seine Richtung.

„Ach Leute, das muss euch doch nicht peinlich sein”, fand der Ritter, er bekam jedoch keine Antwort.

„Okay, wenn ihr meint, das Anschweigen etwas bringt, dann macht es, aber lasst uns trotzdem schon mal zum Speisesaal gehen”, meinte er und trat aus dem Raum heraus.

Sally, Timo und Justin folgten ihm. Der Ritter führte sie durch einige Gänge, dann waren sie in einem Raum, der von einem riesigen Tisch beherrscht wurde.

„Setzt euch”, meinte der Ritter und verließ dann den Raum wieder.

„Wo will er denn hin?”, erkundigte sich Timo.

„Ich nehme mal an, Janne holen”, antwortete Justin und trat an den Tisch und setzte sich. Seine Freunde taten es ihm gleich und so saßen und warteten sie. Nach kurzer Zeit kehrte der Ritter zurück und auch er setzte sich.

„Ihr werdet eine ganze Weile hier bleiben, sobald sich Janne erholt hat werden sie und ich jedoch gehen, wir haben nämlich noch einiges zu erledigen. Nach dem Essen zeige ich euch eure Zimmer”, erklärte er.

Justin, Sally und Timo nickten.

„Wenn ihr etwas nicht wisst, dann fragt und auch wenn euch manche Dinge nicht richtig vorkommen, nimmt es einfach hin. Es hat schon alles seine Richtigkeit”, fuhr er fort.

„Was sollte uns denn hier nicht richtig vorkommen?”, fragte Sally neugierig.

„Nun, hier ist es üblich, dass die Diener und Dienerinnen bestraft werden, wenn sie etwas falsch machen. Mischt euch nicht ein, wenn sie geschlagen werden, das hat so seine Richtigkeit. Und es ist ihnen auch untersagt, die Gäste des Hauses anzusprechen. Zwingt sie bitte nicht, ihre Befehle zu missachten. Wenn Jack nämlich auch so schon schlecht gelaunt ist kann es sein, das er ihnen die Zunge herausschneidet”, erklärte der Ritter.

„Das ist grausam”, fand Justin und seine Freunde nickten zustimmend.

„Ja, da habt ihr recht, aber es ist hier so üblich. Respektiert einfach die Sitten eines anderen Volkes”, bat der Ritter.

„Ich werde dir nichts versprechen, aber ich werde es versuchen”, antwortete Justin.

„Genau, ein Versprechen gibt es nicht, aber wir werden unser bestes geben”, meinte auch Sally und Timo nickte einfach.

„Nun, das ist mehr als das wozu ich mich am Anfang durchringen konnte, also will ich mich damit mehr als zufrieden geben”, meinte der Ritter.

„Ich habe noch ein paar Fragen an dich”, meinte Justin.

„Dann frag. Ich werde dir aber nicht alles beantworten. Einfach deshalb, weil es Dinge gibt, die ihr jetzt noch nicht erfahren sollt. Nach und nach werdet ihr ausnahmslos alles herausfinden, aber für manche Dinge ist jetzt noch nicht die Zeit dazu”, erklärte der Ritter.

„Okay... ich möchte aber wissen, was ihr damit gemeint habt, dieses ganze Gerede um deine Familie und was meintest du damit, dass du dich am Anfang zu noch weniger durchringen konntest?”, wollte Justin wissen.

Bevor der Ritter antworten konnte ging die Tür auf und ein paar junge, blonde Elben kamen herein. Sie trugen Platten und Schüsseln stellten alles wortlos auf dem großen Tisch ab und gingen dann wieder. Als alle gegangen waren und niemand mehr kam deutete der Ritter den Dreien, mit dem essen anzufangen.

„Aber sollen wir nicht noch auf Melody warten? Oder auf Janne?”, fragte Justin.

„Janne schläft und Melody wird später kommen. Es wäre eine Beleidigung an die Köche, wenn ihr das Essen kalt werden lasst”, erklärte der Ritter und die drei Jugendlichen ließen sich das nicht zweimal sagen, sondern hauten rein, als hätten sie seid Wochen hungern müssen.

„Könnt ihr essen und gleichzeitig auch zuhören?”, wollte der Ritter nach einer Weile wissen.

Justin nickte sofort, Timo und Sally hatten nicht einmal seine Frage mitbekommen.

„Okay, dann will ich nämlich deine Frage beantworten. Also, es ist so, ich stamme nicht aus dieser Welt. Ich wurde auf der Erde geboren und bin dort aufgewachsen. Ich habe lange dort gelebt, war verheiratet und hatte Kinder, doch dann ist Theo aufgetaucht. Er hat gewusst, dass ich einer der wenigen bin, die Drachenwind führen können. Die Höllenschwerter können nämlich nicht von jeden beliebigen geschwungen werden, sondern nur von einer Familie des jeweiligen Elements. Ich stamme aus der Familie derer, die Boras Macht nutzen und Drachenwind führen kann. Theo stammt aus der Familie, die das Feuer in sich haben. Er kann aber mit Drachenwind nichts anfangen, es sei den, er hat Bora, aber das wird jetzt zu kompliziert. Er wusste auf jeden Fall, das ich Drachenwind führen kann und deswegen brauchte er mich. Er wusste aber auch, das ich ihm nicht einfach so helfen würde, immerhin wollte er ja, das ich tausende Elben umbringe und das alles. Also musste er ein... durchschlagendes Argument finden. Er hat damit gedroht, er würde meine Familie töten, wenn ich ihm nicht helfe. Das war natürlich sehr durchschlagend und so befolge ich seid zehn Jahren schon seinen befehlen”, erzählte der Ritter.

„Ach so. Aber hast du denn keine Angst, dass er deine Familie jetzt umbringt?”, erkundigte sich Sally die mit einem Ohr zugehört hatte.

„Doch, klar, aber ich will trotzdem nicht ewig nach seiner Laune tanzen müssen, also muss ich dieses Risiko eingehen. Außerdem werde ich die vermutlich sowieso nicht wieder sehen”, murmelte der Mann.

„Du hast in Nordstadt gelebt, nicht wahr?”, fragte Justin.

Der Ritter schaute ihn verblüfft an.

„Woher weist du das?”

„Meinst du, ich bin dumm? Ich werde von so einem merkwürdigen Kerl verfolgt, da ist doch klar, das ich wissen will, wer das ist! Ich habe den Tag in der Eisdiele den Spieß einfach umgedreht und dich verfolgt”, antwortete Justin.

Der Ritter schaute den Rotschopf erst verblüfft an, dann lachte er schallend.

„Kluger Junge”, grinste er, „ und weil ich mich so gut auskannte hast du geschlussfolgert, das ich in Nordstadt gewohnt habe. Dazu muss ich aber sagen, einerseits hast du Recht, andererseits liegst du aber auch total daneben. Ich habe tatsächlich mal eine zeitlang in Nordstadt gewohnt, doch nur fünf Jahr lang, die ersten Jahre nach der Geburt meiner Tochter. Die meiste Zeit habe ich jedoch in Wolfendorf gewohnt, wo ich auch meine Frau kennen lernte.“

„Ach so ist das. Gut, dann nächste Frage: was ist mit Janne? Sie sieht aus, als wäre sie vielleicht acht Jahre alt, aber sie benimmt sich nicht so”, meinte Justin.

„Ja, das Stimmt. Nun, es gibt viele verschiedene Welten, nicht nur die Beiden, die ihr schon kennt. Sie kommt aus einer Welt, in der ich noch nie war und ihr vermutlich auch nicht. Her nachdem, welchem Volk man angehört, macht Lävia alles Mögliche mit uns. Janne wird zwar immer älter, aber ihr Körper entwickelt sich zurück. Ich altere nur sehr langsam, Timo, du wirst höchstwahrscheinlich in etwa dem selbem Tempo älter werden, wie bisher auch, Sally, was bei dir sein wird weiß ich nicht, denn die Menschen, die hierher kommen leben in der Regel nicht lange genug, als das irgendetwas sichtbar wäre, was das Alter anbelangt. Justin, du wirst vermutlich wie ich nur langsam Altern”, überlegte der Ritter.

„Wie kommst du darauf?”, wollte Timo prompt wissen.

„Nun, du bist ein Chito, und deswegen wird diese Welt keine Einflüsse auf dich haben”, antwortete der Ritter.

„Und wie kommst du bei Justin drauf?”

„Nenn es männliche Intuition.”

„Wie ist eigentlich dein richtiger Name?”, fragte Justin in so beiläufigem ton, das der Ritter fast geantwortet hätte, doch dann grinste er nur.

„So neugierig wie ihr darauf seid werde ich ihn euch nicht verraten.”

„Och bitte!”, rief Sally.

„Nein! Vielleicht später einmal, ich lasse euch gerne etwas zappeln.”

„Das ist fies”, murrte Justin.

„Ich weiß. Habt ihr noch mehr Fragen?”

„Ja”, kam sofort die Antwort von den beiden Jungen.

„Und welche?”

„Was bitteschön sind Chito, ich meine, was zeichnet sie aus und alles”, wollte Timo wissen.

„Na ja... Chito können nicht schwimmen, sie sind nämlich Wesen der Winde. Das Wasser ist so was wie ihr natürlicher Feind. Außerdem haben einzig die Chito die Fähigkeit, einem Drachen wirklich gefährlich zu werden, jetzt mal von den Steinen und den Höllenschwertern abgesehen. Ich glaube, viel mehr kann ich dir nicht erzählen, ich bin einem Chito noch nie begegnet. Vor dir meine ich”, erklärte der Ritter.

„Okay, jetzt erkläre mir bitteschön, was der Weltenretter ist und was es mit diesen Steinen auf sich hat und das alles”, bat Justin.

„Oh, das ist jetzt sehr kompliziert. Also der Weltenretter ist an sich einfach nur eine Legende, aber dieses Reich hat die Eigenschaft, Legenden wahr werden zu lassen. Es gibt mehrere Fassungen der Legende, aber die, die als richtig gilt, die kennen nur die Elfen im Silberwald, das heißt, die wirst du erst erfahren können, wenn du einer Elfe begegnest. Aber ich habe natürlich auch schon einige Versionen gehört und die grob Zusammengefasst besagt, das die Herrin einem Menschen die Göttermacht verleiht, der verfällt dieser Kraft und stürzt die gesamte Welt ins Unglück und nur der Weltenretter kann diesen Gott bezwingen. Natürlich muss er den dunklen Mächten nicht ganz alleine entgegentreten. Laut Legende hat er mehrere Begleiter, den Herrn der Donner, den Prinzen der Chito, die Mächtigste aller Elben, den Herrn der Schatten und noch einige weitere”, erzählte der Ritter.

Die Tür ging auf und Melody trat ein. Wortlos setzte sie sich zu den vieren. Während Justin aß betrachtete er sie genau.

„Schmeckt es euch?”, fragte die Elbe nach einer Weile.

„Großer Lob an den Küchenchef”, kommentierte Sally während sie weiter futterte.

Die Elbe nickte: „Werde ich Jack ausrichten.”

Dann herrschte wieder Schweigen. Zumindest kurz. Justin zog den Stein hervor, den er sich wieder um den Hals gebunden hatte.

„Ich habe mal eine Frage an dich, Melody”, meinte er.

Sie schaute ihn nur an.

„Wie konntest du mir den Stein geben, ich meine, ich lag zu Hause in meinem Bett und du warst hier. Da sind doch viele Kilometer zwischen gewesen.”

„Bora ist der Wind”, antwortete Melody als würde das alles erklären.

„Und du bist ein Traumseher”, fügte der Ritter hinzu.

„Genau, nächste Frage, was ist ein Traumseher?”

„Ausnahmsweise mal etwas leichtes. Traumseher sind Wesen, die in ihren Traumen bestimmte Dinge sehen. Sie sehen zum Beispiel, was sich vor Jahrhunderten an einem bestimmten Ort abgespielt hat, oder was in Jahrhunderten an einen bestimmten Ort sein wird. Oder was in der Gegenwart an einem anderen Ort oder einer anderen Welt geschieht wird. Du hattest diese Gabe schon immer, doch erst in den letzten Jahren ist sie so intensiv geworden.”

„Heißt das denn dann nicht, dass im Prinzip jeder ein Traumseher sein kann? Ich meine, niemand wird alle Welten kennen, deswegen kann doch jeder Traum das sein, was sich woanders gerade abspielt”, überlegte Justin.

„Interessante Überlegung, aber nein. Sicher, es gibt unglaublich viele Welten, aber auch ein Traumseher kann nur die Welten sehen, die mit seiner eigenen verbunden sind. Zum Beispiel, hier könntest du in deinen Träumen sehen, was sich in Jannes Welt abspielt, in deiner eigenen Welt wäre das jedoch nicht möglich, weil es von deiner Welt kein Tor in Jannes Welt gibt, von hier aus aber schon. Verstehst du?”

„Natürlich, ist ja nicht schwer”, antwortete Justin. Dann wandte er sich wider Melody zu.

„Sag mal, weißt du, wie der Ritter mit richtigem Namen heißt?”, fragte er.

„Er hat mir einen genannt, aber ob das wirklich sein richtiger ist weiß ich nicht”, antwortete sie.

„Und welchen hat er dir genannt?”, wollte er weiter wissen.

„Ja, genau, einfach mal die Bekannten fragen”, lachte der Ritter.

„Du kannst ihn uns auch selber sagen”, konterte Sally.

Der Ritter lachte.

„Ja, ich hab schon verstanden, ihr werdet unter keinen Umständen locker lassen. Okay, mein richtiger Name ist Moritz.”

Justin schaute verdutzt.

„Echt, du heißt Moritz?”

„Ja, ist das ein Problem?”

„Nein, an sich nicht, es ist nur so das... ich weiß nicht, das was du uns erzählt hast weist wahnsinnig viele Parallelen mit jemanden auf, den ich mal gekannt habe, dieser Jemand ist nur vor zehn Jahren verstorben”, erklärte Justin.

„Aha. Und jetzt meinst du, ich habe alles gelogen oder dieser Jemand hat seinen Tod einfach nur vorgetäuscht oder wie?”

„Das hab ich nicht gesagt!”

„Aber gedacht.”

„Ja und nein... sagen wir mal so, ich habe es gehofft. Dieser Jemand hat mir sehr viel bedeutet.”

Darauf herrschte wieder einmal Schweigen.

„Nun, mein Name ist auf jeden fall Moritz, wenn ihr wollt könnt ihr mich so nennen”, bot der Ritter an. Ein nicken folgte seinen Worten.

„Nun, ist okay... aber noch eine letzte Frage: Was kommt jetzt als nächstes? Ich meine, was sollen wir den jetzt tun, was kommt als nächstes?”, wollte Justin wissen.

„Nun sobald Janne wieder okay ist werden sie und ich uns auf den Weg machen und schauen, was als nächstes angehen sollte. Solange bleibt ihr hier und ruht euch aus, vielleicht sollte Jack euch auch Reitunterricht geben, eure Reitkünste waren ja nicht unbedingt prickelnd”, meinte Moritz.

„Überlass das am besten einfach mir”, sagte Melody.

Okay, wenn du meinst. Ich zeige euch dann am besten eure Zimmer, kommt mit”, sagte Moritz und die drei standen auf und folgten ihm.



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