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Bora, Stein der Winde

von

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Bei den Minotauren

Das ist das Labyrinth der Minotauren?!“, keuchte Timo und schaute von einem Hügel aus hinab in ein Tal, das nur aus Felsen, Hecken, reißenden Flüssen und Mauern zu bestehen schien.

Chakyu nickte.

„In seiner Mitte, da hinten am Horizont, da ist ihre Burg, der Ort, an dem sie leben. Zumindest die höher gestellten, die Rangniedrigen nennen das Labyrinth ihr Heim. Sie kennen sich von klein auf praktisch perfekt in den Gängen aus, es ist schwer einen Teil des Labyrinthes zu finden, das sie nicht mit jeder noch so kleinen Erhöhung kennen. Der Minotauer, der sich am Besten in den Gängen auskennt, das ist der Chef. Wenn sich zwei in etwas gleichgut auskennen, dann wird derjenige Chef, der schneller ist, und wenn sie auch gleich schnell sind, dann erst kommt ihre Stärke zum Einsatz. Bei solchen Kämpfen gibt es aber nur sehr selten Tote, in der Regel dann, wenn einer der Kontrahenten zu stolz ist, um aufzugeben“, erklärte der Elb.

„Woher weist du das denn alle?“, wollte Justin verblüfft wissen.

„Nun, da sich Lady Melody in eurer Begleitung befindet nehme ich an, das ihr Jack kennt. Ich bin für denn Herrscher diesen Reiches in etwa das, was Jack in seinem Reich ist: Diener, Stallmeister, Koch, Berater… ein Mädchen für alles, könnte man sagen. Die Herrscher diesen Reiches muss sich natürlich mit seinem Volk arrangieren und das sind in diesem Fall zum Grossteil die Minotauren. Ich habe den alten Merlin immer begleitet, wenn er die Minotauren besuchte und war auch immer dabei, wenn der jeweilige Minotaurenchef im Turm zu besuch kam. Dabei lernt man so das eine oder andere über dieses höchst interessante Volk“, erklärte Chakyu achselzuckend.

„Und wie sollen wir da durchkommen?“, wollte Blizzard wissen.

„Wie wäre es, wenn wir einfach drüber hinweg fliegen?“, wollte Shadow wissen.

„Das wird nicht gehen. Das Labyrinth ist der Schutz der Minotauren. Sie haben einen von Merlins Vorgängern darum gebeten, das er den Himmel über ihrem Labyrinth mit einer Barriere versieht, die jede Gefahr abhält, damit sie keinen Lustangriff befürchten müssen. Ihr seht, es führt kein Weg drum herum, wir müssen durch das Labyrinth hindurch“, antwortete der Elb.

„Nur ohne Führer verirren wir uns garantiert und das würde heißen, dass wir auf dort drinnen verhungern, vielleicht auch verdursten, wenn wir an keinem der Flüsse vorbei kommen“, murrte Moritz.

„Genau“, nickte der Elb.

„Nun, vielleicht gehen wir erst einmal runter zum Eingang, vielleicht fällt uns ja da etwas ein“, schlug Justin vor.

Chakyu nickte und führte sie über verschlungene Pfade zu einem großen Tor, das in den Felsen hineingebaut war. Hier stand einer der Minotauren und beäugte sie misstrauisch, während sich der Trupp in einiger Entfernung nieder ließ.

„Warum fragen wir nicht einfach, ob er uns hindurchführt?“, wollte Justin wissen.

„Weil sie nur Wesen vertrauen, die ihre ureigene Sprache sprechen und auch verstehen“, antwortete Chakyu, „jemand anderen werden sie einfach nicht durchführen, aus Vertrauensmangel.“

Justin nickte nachdenklich.

„Warum haben die Merlin eigentlich entführt?“, wollte Falko nun wissen.

„Ich weiß es nicht. Sie haben es mir nicht gesagt und sie fordern auch nichts. Wahrscheinlich wollen sie sich einfach nicht dem Todesgott widersetzten“, meinte der Elb Schulter zuckend.

„Kann ich verstehen“, kommentiere Melody, was ihr verwunderte Blicke einbrachte.

„Wer will es sich denn bitteschön mit einem Gott verscherzen?“, verteidigte sie sich.

„Wenn man es so sieht hast du vollkommen recht“, stimmte Moritz zu.

In dem Moment stand Justin auf und ging hinüber zu dem Minotauer.

„Sei gegrüßt“, sagte er.

Der Minotauer legte den Kopf schief, was bei seiner Größe überaus merkwürdig aussah.

„Es tut mir leid, ich würde gerne in deiner Sprache mit dir kommunizieren, aber ich kann sie leider nicht sprechen. Lediglich verstehen tu ich sie ohne große Probleme“, erklärte Justin.

Der Minotauer grunzte etwas, dann sprach er mit tiefer Stimme: »Und wer bist du, der du unsere Sprache verstehen kannst, aber nicht sprechen?«

„Ich bin Justin. Viele hier bezeichnen mich als den Weltenretter, obwohl ich es nicht bin, so würde es vorziehen, wenn sie mich als kleinen, nervtötenden Bengel bezeichnen“, erklärte Justin grinsend.

»Ihr seid also der Legendäre Weltenretter? Was wollt ihr hier, was wollt ihr von dem Volk der Minotauren?«, wollte der einzelne Minotauer wissen.

„Nun, mir wurde eine Aufgabe gestellt. Ich soll Merlin wieder zurückbringen, zu ihrem Turm, nur das ist nicht möglich, wenn wir nicht durch das Labyrinth kommen, aber wir würden uns alle restlos verlaufen, in der Vielzahl der Gänge. Würdet ihr uns bitte hindurchgeleiten, und sei es nur einer von uns?“, bat der Rotschopf.

Der Minotauer überlegte, man sah ihm deutlich an, wie es hinter seiner Stirn arbeitete.

»Tut mir leid, aber ich kann nicht einfach sagen, dass dies in Ordnung geht oder nicht, das muss Minos entscheiden«, erklärte das Wesen.

„Das respektiere ich. Wir werden warten, bis ihr eine Entscheidung habt“, antwortete Justin, nickte zum Abschied einmal den Kopf und ging dann langsam und ohne hast du seinen Freunden zurück.

„Was habt ihr besprochen?“, wollte Chakyu sogleich wissen.

„Ich habe ihn gebeten, uns durch das Labyrinth zu führen und er hat geantwortet, dass er das bei Gelegenheit mit Minos absprechen wird“, fasste Justin kurz zusammen.

„Das heißt, das wir jetzt nur warten können, ja?“, erkundigte sich Shadow.

„Genau das heißt es“, antwortete Justin und legte sich ins weiche Gras, seinen Umhang zog er so hin, dass er seine Augen bedeckte.

„Was hast du denn jetzt vor?“, wollte Moritz verwundert wissen.

„Schlafen. Ich bin müde, ich habe vergangene Nacht kein Auge zugetan“, antwortete der Rotschopf gähnend.

„Warum denn nur“, stichelte Falko, doch Justin ignorierte ihn, war binnen weniger Augenblicke schon am dösen. Es war später Nachmittag, als ihn das leichte Beben der Erde weckte. Verschlafen schaute er auf und sah, wie zwei Minotauren auf sie zukamen. Langsam und ohne sonderliche hast an den Tag zu legen, stand er auf und wartete auf die Beiden, die sich nur langsam näherten. Auch seine Begleiter waren aufgestanden und schauten den Minotauren entgegen.

»Seid gegrüßt«, sprach der größere der Minotauren, wiederholte noch einmal in der Sprache der Unsterblichen.

„Auch ihr sollt gegrüßt sein“, antwortete Justin förmlich.

»Ihr seid jener, der einen der Meinigen darum bat, euch und eure Gefährten durch das Labyrinth zu geleiten?« , erkundigte sich der Große.

„Ganz recht, der bin ich. Gehe ich dann recht in der Annahme, das ihr Minos seid?“, erkundigte sich Justin.

»Ganz recht, eben der bin ich. Warum wollt ihr zu dem Schloss, das mein Volk bewohnt?«, erkundigte sich Minos.

„Ganz einfach, wir haben vom Todesgott selbst den Auftrag erhalten, das wir die junge Merlin befreien sollen“, erklärte Justin.

»Ach so… und ihr meint damit ihr alle ein Gemetzel unter den Meinigen veranstalten könnt, führe ich euch durch das Labyrinth?«, lauerte Minos.

„Nein. Nein, ganz und gar nicht. Ich hatte sogar eher gehofft, dass wir uns friedlich einigen werden. Wir tun etwas für euch und dafür gebt ihr uns Merlin zurück. Mir ist nicht an einem Blutbad gelegen, sonst wäre ich auch nicht besser als jene, die ich vom ganzen Herzen verabscheue. Versteht ihr, wie ich das meine?“

»Natürlich, ich bin ja kein Tier«, knurrte der Minotauer.

„Das hab ich auch nie behauptet, aber so manch einer meines Volkes würde mich nicht verstehen. Da ich jedoch nicht mit euren Sitten vertraut bin, ist mir sehr daran gelegen, euch nicht versehentlich zu beleidigen, weswegen ich lieber nachfrage, bevor wir eines Missverständnisses wegen im Streit auseinander gehen“, erklärte Justin.

Minos dachte nach: »Eine wahrlich kluge Einstellung, obwohl ihr dabei Gefahr lauft, das ich den Eindruck erhalte, das ihr mich als weniger Intelligent anseht, nur weil ich eine Chimäre bin.«

„Selbst das dümmste Tier ist auf seine Weise Intelligent und ich muss sagen, dass eine Maus meist mehr Verstand hat, als ein ganzes Heer von Menschen“, antwortete Justin.

»Wie schön einen Mensch zu finden, der das genauso sieht«, nickte Minos, »doch nun zurück zu eurer Bitte. Nun, ich würde euch gerne weiterhelfen, doch das, was das Einzige ist, was ich begehre, das könntet ihr mir nicht geben.«

„Lasst es auf einen Versuch ankommen“, antwortete Justin schlicht.

»Nein, nein, es ist ein Ding der Unmöglichkeit, ihn zu finden, vergisst es. Oder, nun, ich kenne auch eure Gebote nicht und ich will euch nicht beleidigen, wen ich euch zurückweise«, der Minotauer sah unentschlossen aus.

„Mich vor den Kopf zu stoßen, da braucht es schon ein wenig mehr, als meine Hilfe zurück zu weisen“, erklärte Justin.

»Das mag sein, aber… nun gut, was ein Minotauer nicht kann, das kann vielleicht ein Mensch oder ein Elb. Oder ein Anhänger des Volkes der Manticareiter oder was auch immer ihr sein mögt. In den Hallen meines Volkes leben seit Jahren ein paar Chito. Vor langer, langer Zeit hatten sie ein Kind, einen Sohn, doch niemand weiß, was aus ihm wurde. Wollt ihr das für mich herausfinden? Ich kann sie beide nicht mehr traurig sehen«, erklärte Minos.

„Nennt mir den Namen desjenigen, den ihr sucht, und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, ihn zu finden“, antwortete der Rotschopf.

»Es ist der Prinz der Chito, sein Name ist Dragonwing«, erklärte Minos.

Justin schaute ihn verdattert an, dann lachte er laut los.

»Lacht ihr, weil ihr versteht, was für ein schwieriges unterfangen ist?«, wollte Minos verwirrt wissen.

„Nein, im Gegenteil. Ich lache, weil ich etwas Schwieriges erwartet habe, dies aber alles ist, aber nicht schwer. Der Prinz der Chito, der wird heutzutage von allen Timo genannt und hat in der Menschenwelt gelebt. Dort war er schon immer einer meiner besten Freunde. Er begleitete mich hierher und… ach, machen wir es uns leichter“, fand Justin, drehte sich um und rief zu seinen Begleitern zurück: „Timo, komm her, dein Typ ist gefragt!“

Der Schwarzhaarige kam zögernd näher heran, neben Justin blieb er unsicher stehen.

„Das hier ist Dragonwing, der Prinz der Chito“, stellte der Rotschopf lächelnd vor.

Minos nickte: »Nun, es war gut, euch zu bitten. Kommt mit, ich werde euch alle zu Merlin bringen.«

Justin nickte und deutete den anderen, dass sie mitkommen sollten. Der Minotauer lief langsam durch das Labyrinth, sodass sie keinerlei Probleme hatten, mit ihm mitzuhalten, im Gegenteil, doch diese Langsamkeit, diese Gemütlichkeit machte ihnen auch klarer, als alles andere, wie sehr sie den Minotauren ausgeliefert waren, denn schon nach wenigen Augenblicken hatten sie die Orientierung restlos verloren. Wenn die Minotauren jetzt auf die Idee kommen würden, die Gruppe allein zulassen oder gar anzugreifen, hätten sie keinerlei Chancen gehabt, jemals wieder dieses Reich der tausend Wege lebend zu verlassen. Obwohl keinerlei Anzeichen dafür bestand, das die beiden Minotauren vor ihnen so etwas in der Richtung vorhatten, zerrte die Anspannung an den Nerven der Gruppe und auch nachdem sie das Labyrinth vollständig durchquert hatten, waren sie nervös, unsicher und sie wussten alle, das dieses Gefühl wohl erst dann weichen würde, wenn sie wieder außerhalb des Labyrintheswaren. Doch nun standen sie in der Mitte vor einer Burg. Zwei weitere Minotauren bewachten den Eingang, kreuzten ihre Hellebarden, die sie als Waffen bei sich trugen solange, bis Minos selbst eine Handbewegung machte, woraufhin sie die Waffen auseinander zogen. Minos knurrte etwas Unverständliches und die beiden Minotauren traten zeitgleich einen Schritt zurück und senkten die Köpfe. Minos nickte in Richtung Tür.

»Ihr werdet Merlin suchen müssen, sie hat sich irgendwohin verkrochen. Ich weiß nicht, wo sie steckt. Wenn ihr sie habt, dann erwarte ich euch in der großen Halle, fragt einfach, wo sie sich befindet. Einer meiner Leute wird euch hinführen«, ohne ein weiteres Wort wandte Minos sich wieder ab und ging wieder zurück ins Labyrinth. Die anderen traten mit einem unsicheren Blick auf die verbliebenen drei Minotauren in die Burg ein.

„Was hat der Minotauer zuletzt noch gesagt?“, erkundigte sich Moritz während er sich umschaute.

„Das wir die gute Merlin selbst finden müssen. Er weiß nicht, wo sie sich im Augenblick aufhält. Und danach sollen wir in die große Halle, wenn wir fragen, dann werden die anderen Minotauren uns weiterhelfen und uns den Weg zeigen“, erklärte Justin während er ein paar Schritte machte und sich dann hinhockte.

„Was suchst du?“, fragte Blizzard.

„Eine Maus oder etwas ähnliches, um sie zu fragen. Vielleicht können uns die kleineren Tiere helfen, aber wie sieht Merlin eigentlich aus?“, der Rotschopf schaute fragend zu Chakyu.

„Nun, sie ist älter, als die Magier normalerweise sind, wenn sie die Ausbildung beginnen. Sie hatte kurzes Haar und ganz auffällige Augen…“, der Elb dachte nach, was ihnen noch weiterhelfen könnte.

„Sie hat keine Katzenohren oder Flügel oder so?“, wollte Justin wissen.

„Nein, hat sie nicht“, antwortete Chakyu.

„Gut, dann ist sie leicht zu erkennen, machen wir uns auf die Suche, immer zwei würde ich sagen, dann schaffen wir das sicherlich am besten“, fand der Rotschopf.

„Gute Idee, Shadow, du nimmst Blizzard, Chakyu, du gehst mit Melody, Timo, du krallst dir am besten Falko und Justin, du kommst mit mir“, beschloss Moritz kurzerhand.

„Ach, und warum können wir uns das nicht selber aussuchen?“, wollte Shadow wissen.

„Weil ich es ganz bewusst vermeiden will, dass zwei die Suche starten, die sich zu gut verstehen, weil dann Merlin nur zu schnell vergessen ist“, schnappte Moritz.

„Ach, und deswegen schnappst du dir auch Justin, was?“, stichelte Timo.

„Das hat andere Gründe, ich habe noch etwas mit ihm zu besprechen“, zickte Moritz zurück und schob den überrumpelten Justin einfach in einen Gang hinein.

Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden.

„Und was wolltest du nun mit mir besprechen?“, fragte Justin dann.

„Nichts, ich hatte nur keine Lust auf eine Diskussion mit Timo“, antwortete Moritz.

Justin schaute seinen Vater von der Seite her an.

„Was ist eigentlich zwischen dir und Ember?“, fragte er dann, machte sich innerlich auf das Schlimmste gefasst, denn ihm war in keinster Weise entgangen, das zwischen Ember und seinem Vater mehr gewesen sein musste, als eine bloße Freundschaft. Zahlreiche Blicke, kleine Worte und Gesten haben es ihm in den wenigen Stunden sehr deutlich gezeigt. Moritz schüttelte den Kopf.

„Nein, nichts, was dich kümmern müsste“, antwortete er, sah Justin dabei jedoch nicht an.

Betreten schaute der Junge zu Boden. Er wollte etwas sagen, doch ihm viel nichts ein, zumal er seinen Vater auch nicht direkt seine Vermutung ins Gesicht sagen mochte. Das würde sowieso nur zu weiteren Lügen führen, da war er sich sicher.

„Justin?“, nun schaute Moritz seinen Sohn doch ins Gesicht.

„Ja?“

„In der Menschenwelt wirst du ihn umbringen.“

Justin schaute sich um. Er war nicht mehr in dem Gang in der Minotaurenburg, er stand in einer Art Thronsaal. Vor ihm, auf einem hochlehnigen Thron, saß der Todesgott und schaute verächtlich auf ihn hinab.

„Hast du mich verstanden?“, knurrte er.

„Ähhh…“, Justin war sprachlos. Wen sollte er umbringen?

„Ja, Meister“, knurrte jemand hinter ihm.

Justin drehte sich um und sah sich ein weiteres mal seinem Ebenbild gegenüber. Er war sehr blass um die Nase und schien sich immer noch nicht vollständig von seinem Erlebnis im Schnee erholt zu haben. Vielleicht hatte man ihm auch lediglich soviel Zeit gelassen, bis er halbwegs laufen konnte, bis man ihn wieder vollständig für das Nutze, was er tun sollte, was auch immer es war. Er trug die grüne Kleidung der Elben, was ihn auf merkwürdige Art und Weise anders aussehen ließ, als in der schwarzen Rüstung, die er sonst immer trug. Ungefährlicher, menschlicher. Sein rotes Haar viel in einem geflochtenem Zopf bis hinab zu seinen Hüften, die blauen Augen, die kalt waren, eisig wie der Nordwind, blickten den Todesgott mit ebenso großer Verachtung an, wie dieser ihn, doch schwang in seinem Blick der pure Hass mit. Wenn er könnte, würde er den Gott auf der Stelle töten, seiner körperlichen Schwäche zum Trotz.

„Das hoffe ich für dich, ansonsten würde ich mich schon mal an den Geschmack von toten Kaninchen und Ratten gewöhnen, denn als Falke wirst du nichts anderes zu fressen bekommen. Das heißt, falls ich dich überhaupt am Leben lasse“, erklärte der Gott herablassend.

„Als wenn es ein Unterschied ist, ob er mich tötet oder ob ich tu, was er sagt“, brummte der rothaarige Fremde in sich hinein.

„Was sagtest du?“, lauerte der Todesgott.

„Nichts, nichts. Ihr müsst euch verhört haben, Mylord“, knurrte der Ritter wie ein Hund, kurz bevor er zubiss.

„Dann geh. Eine Weile wird er mit den Missgeburten zu tun haben, ich werde dir bescheid geben, wann du dich in die Menschenwelt zu begeben hast“, erklärte der Todesgott verächtlich.

„Ja, Mylord“, antwortete der Ritter in einem Tonfall, der seine Antwort zu einer Beleidigung werden ließ, drehte sich um und ging.

Justin zögerte nur einen kurzen Augenblick, dann lief er dem Kerl hinterher. Der lief mit ausgreifenden Schritten durch die Gänge. Er war wütend und machte seiner Wut so nun ein wenig Luft, doch es war klar, dass das erste Wesen, was ihm über den Weg lief, seinen vollen Zorn spüren wird, und der war nicht klein.

„Jerry“, die Stimme eines jungen Mädchens hintern ihnen. Der Kerl blieb sofort stehen und drehte sich um. Ein Mädchen, das nur wenig jünger als Justin war, stand da und schaute ihn an. Sie war hübsch, hatte sehr langes, kastanienbraunes Haar und nachtschwarze Augen, ihr Körperbau war zierlich, aber sie wirkte auch kräftig. Anders als bei den meisten Frauen, die in dieser Welt lebten, hatte sie noch über die maßen kindliche Gesichtszüge, weswegen sie wahrscheinlich häufiger von älteren Frauen bemuttert wurde.

„Feli“, sagte der rothaarige Mann zärtlich. Seine Wut schien wie weggeblasen.

„Hat er dich wieder getriezt?“, fragte sie und trat auf den Gang hinaus, die Tür ließ sie offen.

„Was erwartest du? Ich hasse ihn, er hasst mich. Er sieht in mir doch nur einen kleinen Wurm, solange er mich braucht lässt er mich halbwegs in Ruhe, aber wenn ich meinen neusten Auftrag erfüllt habe, dann war es das“, brummte der Ritter. Jerry. Er trat näher an das Mädchen heran, schob sie an die Wand.

„Was meinst du damit, dann war es das?“, fragte Feli unsicher.

„Dann bin ich Tod. Es ist egal, ob ich seinen Auftrag erfülle oder nicht, mein Tod ist es sowieso“, antwortete er und hob mit einer Hand das Kinn des Mädchens.

„Warum verschwindest du dann nicht einfach?“, fragte sie.

„Weil es nichts bringt. Sein Tod ist mein Tod. Und er wird ihn umbringen, er hat keine Chance gegen ihn. Vor allem nicht, wenn er nicht Drachenwind nutzt. Aber egal“, antwortete er und strich sanft an der Seite des Mädchens entlang, auf ihrer Hüfte ließ er seine Hand ruhen. Die Beiden küssten sich zärtlich.

„Wie lange bleibst du hier?“, hauchte sie.

„Ich weiß es nicht genau. Eine Weile noch, denke ich. Es kommt immer drauf an, wie lange er bei den Chimären braucht“, antwortete Jerry.

Das Mädchen umarmte ihn, und Justin wandte sich ab. Auch wenn ihn niemand zu sehen schien, wollte er doch nicht andere beobachten, wenn sie es nicht wollten, und er bezweifelte stark, dass einer von den beiden jetzt beobachtet werden wollte. Er machte zwei Schritte, um sich zu entfernen, blieb dann noch einmal stehen und schaute verblüfft zu den beiden zurück. Sein Handrücken tat weh, als wäre er mit ihr über eine Wand geschabt, doch er stand mehrere Meter weit weg von jeder Wand, doch als er die Hand von Jerry sah, sah er deutlich eine kleine Schürfwunde, die am Stein entlang rieb, während er dem Mädchen liebkosend über den Rücken strich. Die Wunde lag genau an der Stelle, die Justin wehtat.

„Er wird wach“, stellte eine Stimme fest.

Justin blinzelte in helles Sonnenlicht. Er lag an Boden, warum wusste er nicht. Gerade eben hatte er noch in diesem Gang gestanden und ohnmächtig war er nicht geworden, er hätte es sicher gemerkt, wenn es so gewesen wäre. Langsam versuchte er, sich aufzusetzen, doch ihm wurde schwindlig und so blieb er liegen.

„Wie geht es dir?“, fragte Moritz, der neben ihn kniete.

„Ich weiß nicht, sollte es mir denn schlecht gehen?“, wollte Justin wissen.

„Eigentlich schon, ja. Du bist einfach umgekippt“, erklärte Melody die neben ihm saß. Erst jetzt merkte Justin, das er nicht auf nacktem Boden lag, sondern auf einem Bett aus Heu und das es durchdringend nach einer Mischung aus Kuhstall und Heuboden roch.

„Ich bin umgekippt? Wirklich?“, fragte er verwundert und schaute sich um, soweit es ging.

„Ja. Einfach so, ohne das es einen sichtbaren Grund gab“, erklärte Moritz besorgt.

Justin versucht ein weiteres Mal, sich aufzusetzen und diesmal gelang es ihm auch. Er sah, dass alle um ihn herum standen, die ganze Gruppe und ein Mädchen, dass er nicht kannte. Sie war kaum älter als Justin, vielleicht achtzehn oder neunzehn, älter war sie auf keinen fall. Ihr Haar war schokoladenbraun und ihre Augen schimmerten in verschiedenen Farben, was es unmöglich machte, ihre Augenfarbe zu definieren.

„Was ist geschehen, das du einfach so umgekippt bist?“, fragte Melody besorgt, doch Justin ignorierte sie im ersten Augenblick einfach.

„Du bist Merlin, oder?“, fragte er.

Das Mädchen nickte stumm. Diese Bewegung erinnerte ihn an das Mädchen aus seiner Vision, denn nichts anderes konnte das, was eben passiert war, gewesen sein. Auch Merlins Gesichtszüge und ihr zierlicher Körperbau ließ ihn an sie denken.

„Sag mal“, begann er, „kennst du ein Mädchen, das Feli heißt?“

Merlin dachte einen Augenblick lang nach, dann nickte sie: „Ja. Meine kleine Schwester wurde von manchen Leuten Feli genannt. Richtig heißen tut sie aber Felicitas.“

„Wurde genannt?“, hakte Justin nach.

„Ja. Vor einiger Zeit hat ein Heer das Dorf angegriffen, in dem ich mit meiner Familie und auch mit Felicitas gelebt habe und einer der Männer, einer der Krieger, hat sie verschleppt. Später fand ich dann heraus, dass das Heer eine abgesprengte Gruppe des Dämonenheers war und der Führer des Heeres ist dafür bekannt, das er weder Gefangene nimmt, noch Gnade zeigt. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sie noch lebt“, erklärte Merlin.

„Tut sie aber. Sie lebt, mehr noch, sie scheint sich mit dem Führer diesen Dämonenheers sogar über die Maßen gut zu verstehen“, antwortete Justin, während er langsam aufstand.

„Was? Woher weist du das? Niemand, der diesem Heer jemals begegnete, hatte diese Begegnung auch überlebt!“, rief Merlin und ihre Stimme schwankte dabei zwischen Entsetzen und Unglauben.

„Ich war auch nicht wirklich da. Ich verstehe noch immer nicht, wie das zustande kommt, aber manchmal hab ich Visionen, während ich wach bin und die ganz plötzlich kommen. Gerade eben war es wieder einmal so weit“, erklärte Justin.

„Was genau hast du gesehen?“, erkundigte sich Moritz.

Justin schüttelte den Kopf.

„Nein, nein. Das möchte ich euch nicht erzählen, es ist…“, er suchte nach Worten, „nun ja, ich habe eben das Gefühl, das es euch nichts angeht, aber Moritz…“

Justin schaute seinen Vater ins Gesicht, der seinerseits fragend zurückblickte.

„Wer ist Jerry?“

Wie Justin erwartet hatte, schaute Moritz zu Boden und antwortete: „Das weiß ich nicht.“

Das reichte, jetzt platze dem Rotschopf der Kragen. Er blitzte Moritz wütend, fast schon hasserfüllt an und zischte: „Natürlich weist du das! Wenn nicht du, wer denn dann?!“

Moritz schüttelte den Kopf: „Nein, ich weiß es wirklich nicht! Ich weiß, wer er einst war, ich weiß aber nicht, was er jetzt ist. Das ist ein Unterschied, Justin.“

Damit schien die Unterhaltung für ihn beendet zu sein, denn er wandte sich um und ging zur Tür, sprach dort leise mit einem Minotauer, der dort gestanden und alles stumm beobachtet hatte.

Justin schnaubte noch einmal wütend und als Timo etwas fragen wollte, machte er eine abwehrende Handbewegung. Er schüttelte einmal heftig den Kopf, wie, als wolle er seinen ganzen Ärger und alles schlechte Gedanken aus selbigem verscheuchen, trat an eines der kleinen Fenster und schaute eine Weile einfach nur hinaus. Erst nachdem er sich beruhigt hatte, wandte er sich wieder um und mit fast schon gleichgültig starrer Miene ging er ebenfalls zu dem Minotauer und ohne Moritz auch nur entfernt zu beachten fragte er: „Bringt ihr uns bitte zur großen Halle? Minos wollte, das wir ihn dort treffen.“

»Natürlich. Ich habe nur darauf gewartet, das es dir wieder gut geht«, brummte der Minotauer und Justin stellte fest, das die hier ein weiblicher Minotauer war, denn ihre Stimme war nicht ganz so tief und auf gewisse weise sanfter, mütterlicher. Sie schien aber noch nicht allzu alt zu sein, denn sie war ein ganzes Stück kleiner als Minos.

Sie deutete mit einer Kopfbewegung ihnen allen, das sie mitkommen sollten und führte sie dann durch die Gänge. Schon nach wenigen Augenblicken hatten sie eine große, zweiflüglige Tür erreicht, vor der wieder wie Minotauren postiert waren, beide größer als die Dame, die sie hergeführt hatte, aber nicht viel. Auch sie trugen Hellebarden, die sie jedoch sofort zur Seite nahmen und sie durchließen. Sie traten in die riesige Halle. Der Boden war bedeckt mit Stroh, ansonsten gab es keine Möbel oder ähnliches und an den wenigen Stellen, die nicht bedeckt waren, sah man, dass der Boden nicht aus Stein, sondern aus fest getretenem Lehm bestand. Da die Fenster nach Westen auswahren, es jedoch um die Mittagszeit war, drang nur wenige Licht durch die kleinen Fenster und so herrschte ein abendliches Dämmerlicht.

»Wartet bitte hier, ich werde Minos bescheid geben, das ihr auf ihn wartet«, erklärte die Minotaurendame.

„Ja, tu das bitte. Und vielen dank, das ihr uns herbrachtet“, dankte Justin höflich.

Sie nickte lediglich und verschwand, einer der beiden Minotauren vor der Halle schloss die Tür.

„Worauf warten wir jetzt eigentlich?“, wollte Moritz wissen.

„Auf Minos“, antwortete Justin.

„Ach wirklich?“, knurrte sein Vater sarkastisch, „hätte ich jetzt nicht gedacht.“

„Warum sollte ich eigentlich vorhin zu euch kommen, als du mit Minos gesprochen hast und warum hast du mich als Dragonwing vorgestellt?“, erkundigte sich plötzlich Timo.

„Das hatte seine Gründe“, erklärte Justin und schaute dabei zu Moritz hinüber.

„Ach so und weil ich dir deine Frage nicht beantworte hast du beschlossen, unsere auch nicht mehr zu beantworte, oder was?“, fragte der. „Das ist kindisch, Justin.“

„Nur weil du es wohl so machen würdest, heißt das nicht automatisch, dass ich genauso handeln würde. Ich würde es euch auch dann nicht sagen, wenn du mir sämtliche deiner intimsten Geheimnisse auf einmal erzählst. Nein, es soll eine Überraschung sein und ich will sie nicht verderben indem ich vorher schon sage, worin sie besteht und wenn ich mich nicht vollkommen irre, wird es dich sehr freuen, Timo“, meinte Justin und lächelte dabei geheimnisvoll. Timo sah verwirrt aus, er verstand nicht, wovon Justin sprach, aber es hätte wohl auch niemand verstanden, und so lächelte der Rotschopf weiter vor sich hin und freute sich im Voraus. In dem Moment öffnete sich die Tür und Minos trat ein, die junge Minotaurendame folgte ihm.

„Hallo“, meinte Justin, als er die beiden sah.

Minos nickte.

»Meine Tochter, Mielie«, erwiderte Minos und nickte zu der Minotaurendame hinüber.

„Habe ich mir fast gedacht“, nickte Justin.

»Seid ihr bereit?«, fragte Minos.

„Wozu?“, der Rotschopf legte den Kopf schief.

»Na ja, ich denke, das sich der Prinz vielleicht vorbereiten wollte, seine Eltern zu sehen«, meinte der Minotauer.

„Der weiß davon gar nichts, du, deine Tochter und ich sind die einzigen, die davon wissen. Und ich habe nicht vor, die ganze Überraschung zu verderben, nur weil er sich „vorbereiten“ sollte“, Justin schüttelte den Kopf, „nein, aber hierher oder mit dir mit?“

»Kommt mit«, antwortete Minos.

Justin drehte sich um und schaute in lauter neugierige Gesichter, denn sie hatten alle nur den Teil mitgehört, den Justin gesprochen hatte, Minos’ Antworten haben sie nicht verstehen können.

„Kommt mit, Minos bringt uns hin“, erklärte er.

„Wohin denn genau?“, erkundigte sich Shadow.

„Weiß ich nicht, ich weiß nur, was uns dort erwarten wird“, antwortete Justin, was ihn noch mehr verwirrte Blicke einbrachte. Der Rotschopf lachte leise, dann folgte er dem Minotauer, der sie durch mehrere Gänge führte.

„Hast du ihnen schon bescheid gegeben?“, erkundigte sich Justin.

»Natürlich nicht. Wie du schon sagtest, es soll eine Überraschung sein«, brummte Mielie.

„Ach so, ist klar“, fand Justin grinsend, dann waren sie auch schon angekommen, standen vor einer Tür, weniger groß, als die der großen Halle, aber sie war dennoch sehr groß. Minos stieß die Tür auf, ohne anzuklopfen und deutete ihnen einzutreten. Justin deutete Timo mit einer Kopfbewegung, voran zu gehen, was dieser auch mit einem fragenden Blick tat. Er schaute sich fragend in der Halle um, konnte er doch im ersten Augenblick nichts erkennen, was einer Überraschung ähnelte, dann sah er jedoch die beiden Chito, die leicht missgelaunt in Richtung Tür blickten. Einer der beiden hatte rotblondes Haar, weiße Katzenohren, blaue Augen und ein paar Sommersprossen im Gesicht, es war eine Frau mit recht zierlichem Körperbau. Der andere war ein Mann mit schwarzem Haar, das jedoch ins bräunliche ging und kastanienfarbenen Augen. Er wirkte irgendwie düster, vor allem, weil es in seinen Augen gefährlich blitzte.

„Minos, was soll das, ich habe dich doch darum gebeten, das ihr anklopfen sollt, wenn ihr herein wollt!“, ereiferte sich die Frau und stand auf, ihr Blick war dabei auf den Minotauer geheftet, Timo und die anderen ignorierte sie einfach.

„Ich weiß, aber ich habe keine Lust, mich mit überflüssigen Gesten lange aufzuhalten. Begrüßt lieber unsere Gäste, besonders einer von ihnen wird euch interessieren“, der Minotauer sprach schleppend, man merkte, das er nicht gerne in dieser Sprache sprach und das es ihm große Mühe bereitete.

Die Chitofrau schaute nun auf die Gruppe, die mittlerweile vollständig eingetreten war und ihrerseits die beiden Chito musterte. Nun stand auch der Mann auf und trat neben die Frau.

„Und wer sind unsere Gäste, wenn ich fragen darf?“, erkundigte er sich, wobei er jeden einer genaue Musterung unterzog. Vor allem Shadow und Timo hielten seinen Blick länger auf sich fest, als die anderen. Ein paar Sekunden sagte keiner etwas und bevor die Stille peinlich zu werden begann, trat Justin vor.

„Seid gegrüßt. Nun, ich möchte uns kurz vorstellen, damit ihr eine Ahnung habt, wer wir sind“, er schaute zu seinen Gefährten zurück und während er den Namen jedes einzelnen nannte, deutete er auf denjenigen.

„Der letzte Name in unseren Reihen wird für euch beide vielleicht der interessanteste sein“, schloss er und deutete auf Timo.

„Das ist Timo Lux. Unter diesem Namen hat er viele Jahre gelebt, als wir jedoch herkamen fanden wir seinen richtigen Namen heraus.“

„Und der wäre?“, wollte männliche Chito schroff wissen. Es schien ihn zu langweilen und er verstand sichtlich nicht, weswegen Minos ihm das alles antat. Justin nickte seinen Freund auffordernd zu, während er selbst einen Schritt zurück trat.

„Also mein Name“, begann der Schwarzhaarige und schaute dabei unsicher zu Justin zurück. Auch er verstand nicht, was das alles sollte. „Mein Name in dieser Welt, mein Name als Chito ist Dragonwing.“

Die Reaktion seiner beiden Artgenossen ihm gegenüber hätte kaum unterschiedlicher sein können. Der Schwarzhaarige prallte zurück, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer gerannt und starrte Timo an, als sei er der Teufel selbst, die Blonde sah verblüfft und ungläubig aus.

„Nein, nein, das kann nicht sein“, murmelte sie.

„Es gibt viele, die das sagen und Layla und Ember haben es mir noch zwei mal bestätigt und ich sehe keinen Grund, dass die beiden lügen sollten“, verteidigte sich Timo unsicher und warf Justin einen Hilfe suchenden Blick zu, doch der lächelte nur geheimnisvoll.

„Layla sagst du? Und Ember? Dann muss es wahr sein, sie beiden würden ihn gewiss erkennen, wenn sie ihn sehen“, murmelte die Rothaarige, doch der Ausdruck ihrer Augen stand im krassen Widerspruch zu dem, was sie gesagt hatte.

„Nun, ihr kennt unsere Namen und scheint sehr wohl zu wissen, wer Timo ist, doch wer seid ihr?“, fragte Shadow und trat neben den Schwarzhaarigen. Fragend legte sie den Kopf auf die Seite und zuckte mit einem ihren Ohren.

»Sie werden es gewiss nicht von sich aus sagen, sie sind viel zu erstaunt. Kläre besser du deine Freunde auf«, brummte Minos zu Justin, der nickte.

„Ich denke, du hast recht“, er wandte sich den Chito zu, „Gehe ich recht in der Annahme, dass ihr beide Moon und Night seid?“

Die Rotblonde nickte abwesend. Sie hatte wahrscheinlich nicht einmal gehört, was er gesagt hat, sondern nur auf ihren Namen reagiert, doch das reichte Justin und seinen Begleitern wohl auch, denn nun schauten auch diese vollkommen verblüfft, aber auch ein bisschen fragend und verwirrt zu Justin.

„Woher…?“, Moritz beendete seine Frage nicht, als er Justins selbstzufriedenes lächeln sah.

„Ich hoffe doch, euch dreien gefällt die kleine Überraschung“, bemerkte der Rotschopf und deutete den anderen mit einer Kopfbewegung, dass sie rausgehen sollten. Zögernd und noch immer ziemlich verwirrt, taten sie jedoch alle, was er wollte und gingen und nach einem letzten aufmunternden nicken zu Timo, zog auch er sich zurück. Mit einem lächeln, als würde er vor Glück schier platzen, wandte er sich seinen Kameraden zu.

„Ich denke, die sollten wir eine Weile in ruhe lassen, immerhin kennen die drei sich kaum, obwohl sie verwand sind“, erklärte er, warum sie alle hatten rausgehen sollen.

»Nun, ich denke, dass ihr alle Hunger habt und ihr gewiss nicht jetzt schon wieder gehen wollt, also schlage ich vor, das wir jetzt gemeinsam unseres Hungers entledigen und unseren Durst stillen«, sagte Minos.

„Eine wahrlich gute Idee, ich zumindest bin kurz vorm verhungern“, nickte der Rotschopf.

Minos ging davon und Justin folgte sofort, die anderen abermals eher zögernd und unsicher. Ihnen gefiel es nicht, das sie nie verstanden, was der Minotauer zu sagen hatte und Justin klärte sie auch nicht auf, er ignorierte sie regelrecht.

Melody beeilte sich, um neben den Rotschopf zu kommen und fragte leise: „Macht es spaß, uns alle zu ignorieren? Ist es wegen Moritz oder haben wir alle etwas verbrochen?“

Justin schaute sie verwirrt an, dann lachte er kurz und leise.

„Nein, nein, ich vergesse nur immer wieder, das ihr alle Minos nicht verstehen könnt, und sonst sag ich ja auch nicht mehr, als das, was ich jetzt sage, das fällt jetzt nur mehr auf. Und wegen Moritz: nun ja, ich kann ihn nicht zwingen, meine Fragen zu beantworten und ich will es auch nicht, ich werde es mir einfach, einfach machen.“, griente er.

„Inwiefern?“, wollte Melody wissen.

„Nun ja, er will mir nicht sagen, was ich wissen will, aber ich kenne jemanden, der diesen Jerry auch kennt. Ich werde mich einfach beeilen, die Aufgaben zu lösen, und dann den Todesgott selbst fragen. Und wenn ich es schaffe herauszufinden, wo diese Burg liegt, dann kann ich vielleicht auch Felicitas finden. Auch sie kann mir weiterhelfen. Oder aber ich mache es mir ganz einfach, und frage Jerry selbst, wer er ist, denn bald schon werden wir einander treffen, das weiß ich. Und selbst wenn das nicht geschieht, werde ich in jedem Fall jemanden finden, der mir weiterhelfen kann, wenn es Moritz schon nicht tun will. Aber wissen möchte ich unbedingt, wer er ist, ich habe das Gefühl, das es unheimlich wichtig ist“, erklärte Justin.

„Aber warum soll es wichtig sein? Was ist denn überhaupt so besonderes an diesem Jerry?“, erkundigte sich Melody weiter.

„Nun, er ist…“, Justin brach ab, dachte einen Augenblick lang nach, „er steht unter dem Befehl des Todesgottes, Jerry hasst ihn jedoch, mehr als alles andere. Es muss also einen Grund geben, weswegen er einer seiner Diener ist und… ich will ihm helfen. Es ist ein ganz merkwürdiges Gefühl, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber ich weiß, was Jerry fühlt, ich weiß, wann er Schmerzen hat, ich weiß, wann er glücklich ist, ohne das ich sagen kann, woher oder warum. Außerdem, wenn ich ihn ansehe, dann ist es, als würde ich in einen Spiegel sehen, nur seine Augen sind anders. Sie sind kalt, ohne Lachen, ohne Mitleid. Ich will wissen was, ihn zu dem gemacht hat, was er ist, warum er mit so ähnlich ist und zugleich doch ganz anders, was mich mit ihm verbindet.“

Melody schaute nachdenklich zu Boden.

„Und du meinst, Moritz weiß, wer er ist?“, fragte sie dann leise.

„Ja. Ja, er muss es wissen. Wenn nicht er, wer dann? Erinnerst du dich an jenen Abend, an dem es mir so schlecht ging? Ich erzählte von diesem Gefühl, das ich in letzter Zeit immer habe. Moritz sah danach so merkwürdig aus und als wir ihn fragten, da sagte er, dass er eine Vermutung hätte, die er uns aber noch nicht mitteilen wollte. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass alles irgendwie mit Jerry zusammenhängt, also muss auch Moritz wissen, wer er ist. Sagen tut er es uns nicht, ich habe keine Ahnung, wieso. Aber es ist auch egal, ich werde schon herausfinden, wer Jerry ist, ob mit oder ohne seine Hilfe ist dabei auch nicht mehr wirklich wichtig“, antwortete Justin.

Melody nickte nachdenklich, dann öffnete Minos die Tür zu einer weiteren Halle und sie traten ein. Auch diese Halle war recht leer, der Boden war, wie die große Halle, in der sie sich mit Minos getroffen hatten, ausgelegt mit Stroh, die Fenster waren nur klein, gingen jedoch nach Westen aus, weswegen sie das ganze abendliche Sonnenlicht einfingen. Sie war kleiner, als die große Halle und es gab noch einen letzten Unterschied: Hier gab es eine riesige Tafel, die unter der Last des vielen Essens bald zusammen brechen drohte.

»Die anderen meines Volkes werden nach und nach kommen, deswegen ist soviel Essen dort. Wir speisen immer so, das jeder dann kommt, wenn er will, was aber nur für einen bestimmten Zeitraum gilt«, erklärte Minos auf einen fragenden Blick Justins hin.

„Ach so, ich verstehe schon“, nickte Justin. Es war wohl, wie in einem Hotel, wo der Speisesaal für einen bestimmten Zeitraum geöffnet war, man aber nicht pünktlich zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der Matte stehen musste, um etwas zu essen zu bekommen.

„Setzt euch und esst“, forderte Minos auf.

Das ließen sie sich nicht zweimal sagen, schon nach wenigen Augenblicken hörte man nur noch das schmatzen der Gruppe. Ab und an kamen ein paar andere Minotauren dazu und Justin verfolgte interessiert deren Unterhaltungen, dann jedoch hatte er selber eine Frage an Minos.

„Warum habt ihr eigentlich Merlin entführt?“, wollte er wissen.

»Der Todesgott hat uns angewiesen, sie mit uns zu nehmen, warum sagte er nicht, nur, das wir sie festhalten sollen, er wird kommen und uns sagen, wann wir sie gehen lassen dürften«, erklärte der Minotauer.

„Und warum habt ihr sie uns dann schon vorher gegeben?“, hakte Justin nach.

»Ganz einfach, weil er außerdem noch sagte, das wir sie auch schon früher gehen lassen dürften, aber nur, wenn ein Junge, der unsere Sprache spricht, sich als würdig erweist, ein Geschenk von uns entgegen zu nehmen«, antwortete Minos.

„Ach so, und indem ich euch Timo brachte hab ich mich als würdig erwiesen, oder wie?“, Justin legte den Kopf auf die Seite und schaute zu Minos hoch.

Der Minotauer nickte: »Genau so ist es, mein Freund. Wahrscheinlich hat der Todesgott gehofft, das wir euch umbringen würden, weil ihr uns auf irgendeiner Art und Weise beleidigt, aber du kannst gut umgehen mit Völkern, die du bisher noch nicht hast kennen lernen können.«

„Natürlich, ich muss ja auch immer mit meiner Mutter und meiner Schwester kommunizieren, ohne das die Ausrastete, das hier ist kaum schwerer“, erklärte Justin mit einem schwachen Lächeln.

Minos ließ einen grollenden Laut vernehmen und mit einem Anflug von Entsetzen merkte Justin, das dies ein einfaches Lachen war. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dieses Lachen jedoch hatte zur Folge, dass die anderen menschenähnlichen Wesen (im Klartext, seine Gefährten) am Tisch erschrocken aufsprangen und gehetzt um sich blickten, was wiederum Justin einen kleinen Lacher entlockte.

„Keine Angst, Minos hat nur über eine meiner Bemerkungen gelacht“, erklärte er mit einem Lächeln.

„Gelacht?!“, fragte Falko und starrte den Minotauer entsetzt an, „Tut mir jetzt leid, aber ich habe gerade gedacht, das Justin irgendeiner dumme Bemerkung gemacht hat und wir jetzt alle Minotaurenfutter sind!“

Seine Worte ließen die Stiermenschen am Tisch wütend knurren.

„Wir fressen kein Fleisch, wir sind ja keine Hunde“, knurrte Minos wütend in der Sprache der Unsterblichen.

„Falko entschuldige dich und zwar ganz höflich! Das, was du gesagt hast, war nämlich mehr als nur eine riesen Beleidigung für unsere Gastgeber“, knurrte Justin wütend über Falkos so unbedacht gewählten Worte.

Falko schaute ihn einen Augenblick lang irritiert an, dann nickte er: „Es tut mir leid, ich sprach schneller, als ich gedacht habe. Natürlich war mir klar, das nicht ihr uns fressen würdet, aber das war auch nur im übertragendem Sinne gemeint. Ich dachte eher daran, das Justin euch wütend gemacht hat und ihr uns jetzt im Labyrinth verhungern lassen würdet oder so. Ich wollte euch wirklich nicht beleidigen.“

Minos schnaubte unwillig eine Antwort, wie keiner der Anwesenden zu verstehen schien, dann sprach er noch einmal deutlicher: „Ihr solltet dann besser erst einmal gründlich darüber nachdenken, was ihr sagt, es hätten eure letzten Worte sein können. Ich nehme eure Entschuldigung an, aber dies wird das erste und auch letzte mal sein, das ich dies tue, die nächste so unglaublich dumme Bemerkung wird demjenigen den Kopf kosten.“

Entsetzt starrte die Gruppe den Minotauer an, dann nickten sie ängstlich.

„Ich denke, nach dieser Bemerkung ist es angebracht, wenn wir so früh wie möglich abreisen. Es würde uns freuen, wenn wir die Nacht hier verbringen dürften und uns dann einer von euch aus dem Labyrinth führen würde“, erklärte Justin.

»Ja, das wird wohl das Beste sein, aber ich möchte auch Moon, Night und ihren Sohn Mitspracherecht geben. Wollen wir zwei nicht mal zu ihnen stoßen und sie gleich fragen?«, erkundigte sich Minos bei dem Rotschopf, der sofort nickte und aufstand.

Auch die anderen, die sich langsam wieder hingesetzt hatten, standen wieder auf, doch Justin verneinte: „Ihr wartet hier. Und überlegt, bevor ihr etwas sagt.“

Dann ging er Minos nach, der schon durch die Tür war und den Gang hinab ging.

Sie gingen wieder zurück zu dem Ort, an dem sie Timo und seine Eltern zurückgelassen hatte und Minos pochte diesmal zweimal gegen die Tür, was diese in ihren Grundfesten erschütterte. Justin wunderte sich einen Moment lang darüber, dass die Tür nicht einfach aus dem Rahmen fiel, horchte dann jedoch auf die Schritte, die sich der Tür näherten. Selbige wurde geöffnet und Night schaute Minos entgegen.

„Was ist, was willst du?“, fragte er genervt.

„Mit dir sprechen“, brummte Minos, schob Night zur Seite und trat ein, Justin folgte nach einem kurzen Zögern.

Als er an Minos vorbei schaute sah Justin Timo, der auf dem Boden saß, seiner Mutter gegenüber. Mit leuchtenden Augen schaute er den Rotschopf entgegen machte aber keinerlei Anstalten, aufzustehen.

„Nur eine kurze Frage: ist es euch allen recht, wenn wir morgen schon wieder weiterziehen? Immerhin war Merlin nicht unsere einzige Aufgabe, die uns der Todesgott gab“, erklärte der Rotschopf, woraufhin Timos Augen sofort an Glanz verloren.

„Morgen schon?“, fragte er und es war unmöglich, die Enttäuschung in seiner Stimme zu überhören.

„Tut mir ja leid, aber wir müssen die Phönixe finden und dazu müssen wir erst einmal einen Weg finden, in die Menschenwelt zu gelangen“, Justin sagte bewusst Menschenwelt, nicht unsere Welt, denn er sah überdeutlich, das Timo diese Welt nicht mehr vollkommen als seine Heimat ansah und auch er selbst fühlte sich mittlerweile hier heimischer, als er es in der anderen Welt je getan hat.

Timo dachte nach, in seinen Augen lag etwas, was man nur als Trauer bezeichnen konnte. Man sah deutlich, dass er nicht weg wollte, weder morgen noch sonst irgendwann. Seitdem er wusste, das er adoptiert war, hat er sich nichts sehnlicher gewünscht, als das er seine richtigen Eltern kennen lernen konnte und nun, da er sie endlich traf, sollte dieses Treffen nicht einmal vierundzwanzig Stunden dauern und es sollte ein einmaliges Treffen bleiben, denn sie würden nicht wieder zu den Minotauren kommen. Nein, er wollte nicht gehen.

Timo wollte gerade etwas sagen, als Justin, dem plötzlich ein Gedanke kam, ihm zuvor kam: „Ich möchte mal kurz unter vier Augen mit dir reden, Timo.“

Nach einem kurzen Zögern nickte Timo und deutete auf eine Tür, die in einen anderen Raum zu führen schien. Die beiden Jungen traten ein.

„Also, was ist?“, wollte Timo wissen.

Justin druckste kurz herum, schien nicht mit der Sprache herausrücken zu wollen, doch dann holte er tief Luft und schaute Timo direkt in die Augen.

„Du musst nicht mitkommen, wenn du nicht willst. Ich möchte dich nicht bedrängen, ich kann es verstehen, wenn du nicht mehr mit uns kommen möchtest und die anderen werden es auch verstehen, da bin ich sicher. Selbst Shadow. Wenn sie nicht gleich mit dir hier bleibt oder später wiederkommt, meine ich“, erklärte er.

Timo schaute seinen Freund verblüfft an, denn er hätte nie damit gerechnet, dass der einen solchen Vorschlag machte. Er hatte längst gemerkt, das er für Justin unersätzlich war, er hätte nicht gedacht, das Justin von sich aus den Vorschlag machen würde, das er hier bleiben soll, er hatte gedacht, das, wenn der Vorschlag überhaupt kam, dann eher von einem der anderen, wenn nicht sogar von ihm selbst. Ausgerechnet von Justin hätte er es wirklich nie erwartet. Entsprechenderweise war er verblüfft, starrte Justin erst einmal einen Augenblick lang einfach nur an und versuchte zu realisieren, was der gerade gesagt hatte, dann nickte er.

„Ja, ich weiß…“, murmelte er.

„Sag jetzt kein aber. Egal, was du sagst, sag kein aber“, sagte Justin und sah dabei irgendwie müde aus.

Timo nickte: „Ist gut, ist gut. Ich werde darüber nachdenken. Mehr kann ich dir jetzt nicht sagen. Ich werde darüber nachdenken.“

Justin nickte und es viel ihm schwer auch jetzt noch ruhig zu bleiben. In seinem tiefsten Inneren hatte er gehofft, das Timo sofort sagen würde, das er in jedem fall mitkam, entsprechend war er nun enttäuscht. Zumal er wusste, dass ein Abschied ein Abschied auf ewig sein würde.

„Ist gut“, sagte der Rotschopf und ging wieder zurück zu Minos.

„Von mir aus können wir gehen“, sagte er und versuchte dabei so munter wie irgend möglich auszusehen, doch in Minos Augen sah er, das es kläglich misslang, doch der Minotauer schien auch zu verstehen, das er jetzt unter keinen Umständen darüber sprechen wollte, was er mit Timo besprochen hat. Weder hier vor Moon, Night und Timo, noch später vor wem, oder mit wem auch immer und so nickte der Minotauer und sie beiden gingen ohne ein weiteres Wort zurück zu den anderen.

„Und, was hat Timo gesagt?“, begrüßte Shadow ihn. Sie und Blizzard waren die einzigen, die noch bei Tisch saßen, jedoch nicht um zu essen, sondern weil sie auf ihn gewartet hatten.

„Später“, winkte Justin ab und wandte sich Minos zu, „wo kann ich mich hinlegen, um zu schlafen? Ich bin müde.“

»Wo auch immer du willst. Abgesehen von Moon und Night hat hier niemand einen festen Platz«, erklärte Minos und verließ den Raum wieder.

„Na denn…“, er wandte sich den beiden Chito zu, „wo sind die anderen?“

Wortlos standen beide auf und führten ihn in den Nebenraum, in dem sich die anderen schon zum Schlafen hingelegt hatten.

„Schon wieder da? Ist alles in Ordnung?“, fragte Moritz besorgt, da Justin blasser war, als sonst.

„Ja… nein. Es ist nichts in Ordnung“, knurrte Justin. Aus irgendeinem Grund war er plötzlich wütend. Unglaublich wütend. Mit ausladenden Schritten trat er an ihnen vorbei zum Fenster hin und schaute nach draußen, während Moritz und die anderen ihn verwundert anstarrten.

„Was war den?“, raunte Moritz Shadow zu.

„Nichts. Nicht wirklich. Im Gegenteil, als er in die Halle kam sah er sogar irgendwie traurig aus“, antwortete Shadow ebenso leise.

„Komisch“, meinte Moritz und runzelte die Stirn.

Shadow antwortete nicht darauf, sondern nahm Blizzard an die Hand und zog den Kleinen zu einer Ecke, was Moritz einen verwunderten Blick entlockte. Seiner Ansicht nach benahm auch Shadow sich merkwürdig, wie überhaupt alle in der Gruppe seid einiger Zeit. In dem Moment stand Melody auf und trat zu Justin. Sie sagte nichts, blieb einfach nur neben ihn stehen, bis Justin ihre Hand nahm und ihr deutete, mit hinaus zu kommen. Ohne, das sie Gelegenheit hatte, zu antworten, zog er sie einfach mit sich hinaus.

„Wo wollen die denn hin?“, wollte Falko wissen und schaute fragend zu Moritz.

„Na ja, ich würde mal sagen, irgendwohin, wo sie ihre Ruhe haben um allerhand unanständiges zu machen“, antwortete der achselzuckend.

„Glaub ich nicht“, mischte Shadow sich ein, „dann hätte Justin anders geguckt und sie nicht einfach so mit sich gezogen, sondern sie eher… sanft verführt.“

„Ach, und du kennst dich damit aus, ja?“, brummte Moritz.

„Na, besser als du anscheinend schon“, antwortete Shadow leichthin und widmete sich wieder Blizzard.

In der Zeit zog Justin Melody durch die Gänge bis er einen Ort fand, an dem sich die beiden ungestört unterhalten konnten.

„Was ist den, Justin?“, fragte die Elbe verwundert, dass sie einfach so mitgezogen wurde.

„Timo kommt morgen vielleicht nicht mehr mit“, antwortete Justin.

„Was? Aber warum wenn nicht mehr?“

„Ganz einfach, wegen seiner Eltern. Aber das ist eigentlich… nun ja, im Moment nebensächlich. Ich habe eine Frage an dich. Du hast doch Ahnung von Magie, oder? Also ich meine jetzt mehr, als die anderen zusammen, oder?“

Verwundert nickte Melody: „Ja, sicher, aber warum?“

„Wie ist es möglich, dass ich keinerlei Kontrolle mehr über meine Empfindungen habe? Kann das von einem Zauber her rühren?“

„Ähm…“, Melody dachte einen Augenblick lang nach, dann schüttelt sie den Kopf. „Nein, eigentlich nicht. Das würdest du spüren, du würdest es merken, das dich jemand von außen Kontrolliert. Aber warum fragst du eigentlich?“

„Weil ich wütend war, aber es eigentlich keinen Grund gab. Du hast es doch eben mitbekommen“, antwortete der Rotschopf.

„Und was ist daran so schrecklich? Ich meine, du scheinst davor richtige Angst zu haben“, fand Melody.

„Hab ich auch. Ich meine, wer meine Gefühle beeinflussen kann, der kann mich vielleicht auch so weit bringen, etwas zu tun, was ich nicht tun will. Irgendjemand oder irgendetwas bekommt mehr und mehr Macht über mich und davor habe ich Angst“, murmelte Justin.

„Meinst du wirklich, dass etwas dich so weit beeinflussen kann? Ich meine, ein Zauber kann es, wie gesagt, eigentlich nicht sein, es muss etwas anderes sein und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, das dich etwas so weit beeinflussen kann.“

„Doch, etwas kann das und ich habe Angst davor, denn ich weißt nicht einmal, was es ist, das mich in seinen Fängen hält“, Justin wandte sich ab, sah auf einmal sehr müde aus.

„Und was ist mit Jerry. Vielleicht beeinflusst er dich irgendwie. Ich meine, du scheinst ja irgendeine Verbindung zu ihm zu haben“, überlegte die Elbe.

„Das dachte ich auch schon, aber bisher hatte ich immer unterscheiden können, ob es seine Gefühle waren oder ob sie mir gehörten. Und sie haben mich bisher auch nicht in meinem tun beeinflusst. Das ist nämlich das, was mir am meisten Sorgen bereitet“, erklärte der Rotschopf.

Einen kurzen Augenblick lang schaute Melody ihn nur hilflos an, dann umarmte sie ihn. Sie hätte auch gerne ein paar aufmunternde Worte gesagt, doch wusste sie, das jedes Wort jetzt alles nur noch schlimmer gemacht hätte, also schwieg sie.

Nach einer kurzen Zeit gingen sie beide wieder zurück zu den anderen, die sich schon hingelegt hatten und schliefen. Melody und Justin machten es sich in einer Ecke bequem und sie beiden waren binnen weniger Augenblicke eingeschlafen.



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