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Bora, Stein der Winde

von

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Ende

Ich habe dir dreimal gesagt, das wir tu spät kommen, wenn du dich nicht endlich mal beeilst, aber nein! Der Herr wollte ja nicht hören“, knurrte Timo Justin an, machte plötzlich einen scharfen Stopp vor der Tür zu ihrem Klassenraum.

In just dem Moment lautete es zur Pause. Seufzend streckte Timo die Hand nach der Klinke aus, doch die Tür wurde von innen geöffnet, bevor er sie ganz berührt hatte und Frau Chang trat heraus.

„Ach nein, das sie zwei auch mal wieder auftaucht, das hätte ich ja nicht erwartet“, spottete sie, beschäftigte sich jedoch nicht mehr mit den beiden, sondern ging davon. Sie würde sich wahrscheinlich nach der Pause mit Justin und Timo beschäftigen, also brauchten die Jungen gar nicht erst aufzuatmen. Sie gingen in die Klasse, wo sie gleich herzlich von allen begrüßt wurden. Nur zwei Mädchen blieben an ihrem Platz sitzen und erst beim zweiten hinsehen erkannte Justin, wer dort eigentlich saß. Sein Blick wurde immer ungläubiger und seine Augen immer größer, während die beiden Mädchen nur lächelten.

„Ich habe schon gedacht, es wird noch länger dauern, bis wir uns wieder sehen…“, meinte eine der beiden augenzwinkernd und strich sich ihr kurzes Haar aus dem Gesicht.

„Aber das ist doch…“, meinte Timo neben ihm, der die beiden Mädchen auch erst nicht erkannt hatte. Dann riefen die Jungen los: „Shadow! Melody!“ und stürzten zu der Elbe und der Chito, umarmten sie heftig.

„Was macht denn ihr hier?“, wollte Justin sogleich verwundert und doch voll Freude wissen.

„Ganz einfach, wir gehen zur Schule“, erklärte Shadow augenzwinkernd, die sich aus Timos Umarmung befreit hatte, während Melody sich nur noch mehr an Justin schmiegte.

„Aber wieso? Und wo wohnt ihr eigentlich und…“, Justin hatte so viele Fragen an die beiden, Melody jedoch legte ihm den Finger auf die Lippen. Für Fragen war später noch genug Zeit, sollte das bedeuten, das wusste Justin und so schwieg er, schaute Melody nur an. In dem Moment, als es zur zweiten Stunde klingelte und Frau Chang wieder herein kam, küsste Justin sie, nahm nur zögernd und widerwillig seine Arme von ihr und setzte sich eine Reihe hinter die beiden Mädchen, denn dies waren die einzigen freien Plätze. Bessere hätte er sich kaum vorstellen können.

„Ich finde es wundervoll, dass du da bist“, flüsterte er nach vorne, während Frau Chang irgendwelche Bemerkungen machte, auf die er sowieso nicht hörte.

Nein, seine Gedanken kreisten erst einzig um Melody, die er endlich wieder sah, und so wie sie sich benommen hatte und das sie hier in der Schule saß zeigte ihm, das sie wohl eine Weile bleiben würde.

»Willst du dir Mathe anhören oder hast du Lust, auf einen Rundflug?«, meldete sich Jerry in seinem Kopf.

»Was für eine dämliche Frage!«, war Justins Antwort, die ebenso lautlos kam, wie die Frage seines Bruders zuvor.

»Gut, dann zeig mal, wie gut du fliegen kannst!«, rief Jerrys Stimme in seinem Kopf und kaum hatte Justin sich in den Körper seines Bruders geflüchtet, als er auch schon ganz allein die Kontrolle hatte.

Jauchzend vor Glück flog er über die unendlich scheinende Landschaft Lävias dahin. Er sah noch einmal die Elbenfeste, zum ersten Mal aus der Perspektive eines Vogels, und er sah all die Orte wieder, die er besucht hatte und noch viel, viel mehr. Er flog über hohe Berge, grasbedeckten Ebenen, tiefen Schluchten und Täler, dunklen Wäldern und irgendwann war er am Meer angekommen, flog einfach weiter, über den blauen Ozean, bis hin zum Horizont. Er wusste, dass er sich an dieses Abenteuer selbst in seinen nächsten Leben noch erinnern würde und sei es, als ein Traum, den er träumte oder als ein Buch, das er schrieb. Er wusste ja nicht, was ihn in seinem nächsten Leben erwartete oder wie lange dieses noch andauern mochte, doch er wusste, dass dies nicht das letzte Abenteuer sein würde, das er in diesem Leben in dieser wunderbaren Welt bestehen würde. Es würden weitere folgen, seine Füße würden ihn immer und immer wieder hierher tragen, denn dies hier war seine wirkliche Heimat, auch wenn er nicht in ihr lebte. Sie war es schon immer gewesen und sie würde es auch immer sein, solange, bis er seinen letzten Atemzug tat. Doch an all das wollte er nicht denken, während er so über das Meer dahin flog, das in mehr Blautönen schillerte, als ein Mensch sich jemals vorstellen konnte. Nein, er wollte nicht an die Zukunft denken, denn zum ersten Mal in seinem Leben war er wirklich frei und dieses Gefühl wollte er sich einprägen. Es konnte eine ganze Weile dauern, bis er die Ketten der Schwerkraft wieder lösen konnte und bis dahin wollte er sich an dieses Gefühl erinnern, ebenso wie er sich an das Gefühl der Wintersonne in den wenigen Stunde voll Licht erinnerte, ebenso wie er sich an die weiten, grünen Wiesen erinnerte, ebenso, wie es sich an die Berge erinnerte, die in der Ferne gen Himmel ragten, ebenso, wie er sich an das Meer erinnerte, das ihn beinahe für immer in seinen Fängen gehalten hatte. Nein, er würde es nicht vergessen, er würde sich daran erinnern.

Immer und immer wieder…

Erinnern…



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