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Die Liebe ist schon eine verrückte Sache...

xXDaikenXx
von

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Ein ganz gewöhnlicher Sommertag?

++++Kapitel 1++++

Ein ganz gewöhnlicher Sommertag?
 

Es war ein herrlicher Sommertag. Die Sonne schien bereits jetzt, am frühen Vormittag, aus voller Kraft vom Himmel hinab und sorgte so dafür, dass es ziemlich schwül war, fast schon unerträglich heiß für das Befinden mancher Leute.
 

Gemächlich schlürfte sich ein Junge mit einer Fliegerbrille auf dem Kopf die Treppen zu seinem besten Freund hinauf. Eigentlich war es ihm bereits jetzt zu warm, um wie geplant mit seinem besten Freund Ken Fußballspielen zu gehen, doch wollte Daisuke erst einmal wissen, was denn der andere dazu meinte.

Endlich oben angekommen, betätigte er auch gleich die Klingel. Kaum hatte er das getan, musste er Gähnen. ‚Ich hätte letzte Nacht doch nicht so lange noch vorm Computer sitzen sollen. Aber Taichis Spiel ist so spannend gewesen…’ Ausgiebig streckte der Braunhaarige sich und wartete sehnsüchtig auf das Öffnen der Tür vor sich.

Doch dieses blieb aus.

Verwundert drückte Daisuke noch einmal auf die Klingel, dieses Mal aber kräftiger und länger. – wieder keine Reaktion.

„Ist er etwa nicht zu hause?“ fragte sich der Junge skeptisch. „Wir hatten doch ausgemacht, dass ich ihn abhole und wir dann gemeinsam zum Park gehen.“ Ungeduldig klopfte Daisuke nun an die Tür. „Hey! Bist du zu hause, Ken?!“ rief er so laut er konnte.

Auf einmal kam es ihm so vor, als hätte er in der Wohnung ein Geräusch gehört. So legte er sein Ohr an die Tür und horchte.

Im Inneren schien sich derweil jemand der Wohnungstür zu nähern. Deutlich konnte Daisuke zwar etwas hören, doch wusste er einfach nicht was genau das war. Er konzentrierte sich noch stärker auf das Geräusch und drückte sich stärker an die Tür.

Plötzlich wurde diese geöffnet und er fiel dabei der Länge nach in die Wohnung. „Autsch….“ kommentierte Daisuke seine Bekanntschaft mit dem Boden selbst und begann sich wieder aufzurichten. Neben sich konnte er nun jemanden wahrnehmen. „Ken?“ fragte er blinzelnd.

Der Angesprochene hustete darauf ein wenig und brachte ein gekrächztes „Hallo Dai-chan.“ hervor.

„Du bist ja erkältet.“ stellte der Brünette daraufhin fest und musterte Ken genauer. Sein Gegenüber trug einen gelben langärmligen Schlafanzug. In dessen müden Augen konnte er bereits das Fieber sehen, um dieses zu bemerken, hätte Daisuke noch nicht einmal auf das gerötete Gesicht seines Freundes achten müssen. Diese sonst so wundervollen Augen hattes jeglichen Glanz verloren und wirkten nun stumpf.

Langsam hockte sich Ken neben ihn. „Hast du dir weh getan?“ fragte er seinen Dai-chan heiser.

„N-nein… Mach dir mal um mich keine Sorgen!“ flink setzte Daisuke sich auf und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Schwach lächelte Ken ihn daraufhin an. „Das mit dem Fußball wird wohl heute nichts…“

„Ach, mach dir keinen Kopf! Du gehörst jetzt eindeutig ins Bett!“ meinte der junge Motomiya und sah sich im Eingangsbereich der Wohnung um. „Bist du alleine zu hause?“

Ein Nicken kam zur Antwort. „Meine Mutter musste heute früh zur Arbeit und mein Vater ist zur Zeit auf einer Geschäftsreise.“

„Ach so.“ ohne groß darüber nachzudenken, entschloss er sich heute um seinen besten Freund zu kümmern. Er konnte ihn ja schlecht alleine lassen! Entschlossen ballte er seine Hände zu Fäusten.

Verwundert starrte der Kranke den Braunhaarigen an. ‚Was ist ihm jetzt wieder in den Sinn gekommen?’ Doch ehe er sich genauer Gedanken darüber machen konnte, grinste Daisuke ihn breit an. „Was?“

„Da du doch so allein bist, habe ich mich entschlossen mich um dich zu kümmern!“

„A-Aber…!“

„Nichts aber! Ich kann dich doch schlecht in deinem Zustand dir selbst überlassen!“

Sich geschlagen gebend seufzte Ken. Ihm war bewusst, dass er Daisuke nun nicht mehr von seinem Vorhaben abbringen konnte. Also vereinfachte er es sich, ging einem Streit, den er sowieso verlieren würde, aus dem Weg und ließ seinen Freund nur tun. Ohnehin war der Schwarzhaarige sich sicher, dass er dank seiner Erkältung allein aufgeschmissen war. Er hatte ja auch schon Probleme gehabt aus sein Bett zu kommen um die Tür zu öffnen.
 

Erschöpft ließ sich Ken von Daisuke zudecken. Das Fieber zehrte an seinen Kräften und ohne Daisukes Hilfe hätte er ewig gebraucht um wieder ins Bett zu kommen. Müde ließ er seinen Blick zu seinen Freund neben sich wandern. Er beobachtete ihn, wie er einen Lappen in eine Schüssel mit kaltem Wasser tauchte und ihn anschließend wieder auswrang.

Als der Brünette Kens Blicke bemerkt hatte, grinste er ihn wieder breit an. „Du solltest besser ein wenig schlafen.“ Vorsichtig legte der er den nassen Lappen auf Kens Stirn. Kaum, dass er das getan hatte, schloss Ken auch schon seine Augen und schlief seelenruhig ein.
 

Einige Stunden später erwachte Ichijouji so langsam wieder. Zunächst kniff er seine Augen zusammen und öffnete diese dann blinzelnd.

Es war bereits Abend geworden, das konnte der schwarzhaarige Junge durch die schwachen orange-roten Sonnenstrahlen erkennen, die sein Zimmer inzwischen erhellten.

Erst als Ken versuchte sich aufzusetzen, bemerkte er, dass sich noch jemand außer ihm in seinem Zimmer befand. So beließ er es bei einem Versuch und drehte stattdessen seinen Kopf zur Seite, wo er diese Person vermutete. Und tatsächlich war da jemand, es war Motomiya Daisuke.

Dieser hatte seinen Kopf auf seine verschränkten Armen auf Kens Bett niedergelassen und schlummerte tief und fest neben diesem.

Sanft lächelnd richtete sich Ken vorsichtig auf und betrachtete seinen Freund neben sich. Am liebsten hätte er ihm noch ein Weilchen länger beim Schlafen zugesehen, doch durch seine eigenen Bewegungen wurde Daisuke zu seinem Bedauern wach.

Verschlafen setzte sich der Braunhaarige auf und rieb sich die Augen. „Hey, … du bist ja wieder wach …“ murmelte er und gähnte einmal herzhaft. „Und wie fühlst du dich?“

„Schon viel besser.“ glücklich lächelnd betrachtete er seinen Freund. Dieser streckte und reckte sich wie eine Katze und gähnte erneut. Für Ken gab es kaum etwas süßeres an zu sehen.

„Das ist gut.“ meinte Daisuke als er mit seinen Verrenkungen fertig war und nun Ken wieder ansah. „Weißt du wann deine Mutter wiederkommt?“

Darauf musste Ken erst einmal überlegen. „Ich weiß nicht genau… für gewöhnlich arbeitet sie bis 21 Uhr. Es ist aber jeden Tag unterschiedlich…“

„Hmmm … Na wenn das so ist …“ eine kurze Pause folgte, in der Ken ihn verwundert anschaute. „… werde ich wohl besser noch eine Weile hier bleiben. - Oder hast du was dagegen?“ breit grinsend blickte er in Kens blaue Augen.

Kaum, dass Ichijouji bemerkt hatte, wo sein Gegenüber hinschaute, wurde er etwas rot im Gesicht.

Verwundert blinzelte ihn Daisuke an. „Was ist denn…?“ Besorgt befühlte er die Stirn Kens. „Hast du noch Fieber?“

Plötzlich begann Ichijoujis Herz wie wild zu rasen. Diese unerwartete Nähe seines wohl besten Freundes brachte ihn völlig aus dem Konzept. Dessen Gesicht war im Moment nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. „N-nein. Mir geht es gut! Wirklich!“ brachte Ken nervös hervor und entfernte sich von Daisukes Hand.

„Wenn du meinst…“ murmelte der Braunhaarige und setzte sich auf Kens Bett. „Ich wette, du hast jetzt Hunger, ne?“

Erleichtert über den Themenwechsel nickte der Blauäugige. ‚Zum Glück hakt er bei so was nicht immer genauer nach…’

Glücklich über diese Antwort grinste Daisuke ihn an. „Dann werde ich dir eine meiner berühmten Nudelsuppen machen!“

„Berühmt?“ wiederholte Ken ungläubig die Worte seines besten Freundes.

Dieser nickte darauf eifrig. Ken wusste zwar, dass Daisuke Nudelsuppenkoch werden wollte, aber dass seine Suppen jetzt schon berühmt sein sollten lies ihn zweifeln.
 

Während Daisuke bereits am Kochen war, saß Ken bei ihm in der Küche und beobachtete ihn.

Er hatte sich erfolgreich gegen den Braunhaarigen gewehrt, dass er doch besser weiter liegen bleiben solle, dass er, Daisuke, die Küche schon nicht in Brand setzen würde.

Bei diesem kleinen Streit musste sich der braunhaarige Junge seufzend eingestehen, dass Ken ebenfalls einen richtigen Dickschädel hatte wie er selbst. So hatte er sich breitschlagen lassen und versuchte neben dem Kochen genau auf Ken zu achten, denn er war sich nicht sicher, in wie weit es dem Schwarzhaarigen wirklich besser ging. ‚Ich hätte vorhin schwören können, dass Ken wirklich geglüht hatte … Wieso ist er überhaupt so plötzlich rot geworden?’ zu ihm rüberschielend bemerkte Daisuke, dass Ken ihn anlächelte. Es verwirrte ihn zwar ein Wenig, dennoch lächelte er eben so zurück ehe er sich wieder dem Geschehen am Herd widmete.

Derweil wurde Ken erneut rot im Gesicht. ‚Oh verdammt! Warum muss das immer mir passieren?’ fluchte er innerlich ohne eine Mine dabei zu verziehen.

Die ganze Zeit über musste er seinen besten Freund anstarren. Aus einem ihm unbekannten Grund konnte und wollte er seinen Blick nicht von diesem wenden. – Und dann musste es doch so kommen, dass sich ihre Blicke früher oder später trafen, oder? – Das wusste Ken, dennoch hat er es nicht versucht zu verhindern.

Er konnte es zur Zeit kaum vermeiden Rotahnzulaufen, wenn Daisuke ihn anschaute. ‚Aber warum?’ Nachdenklich stützte er seinen Kopf auf seine auf dem Tisch verschränkten Arme. ‚Er ist zwar mein bester Freund, aber ist das normal? Ist es normal, wenn man seinen besten Freund immer in seiner Nähe wissen will? Wenn ich nur Vergleichsmöglichkeiten hätte…“ Schwer seufzend schloss Ken seine Augen.

Diese Vergleichsmöglichkeiten hatte er selbst nicht. Er hatte nie richtige Freunde gehabt und war auch lange Zeit nicht daran interessiert gewesen. In der Gegenwart seines inzwischen verstorbenen Bruders hatte er sich immer dumm gefühlt, er wollte genauso werden wie er, doch als er so war, war Ken auch nicht glücklich darüber. Er hatte sich allem und jedem gegenüber überlegen gefühlt und doch war da etwas gewesen, das ihm gefehlt hatte. Damals wusste er nicht was es war, doch heute wusste er es. Ihm hatten Freunde gefehlt, Freunde denen er voll und ganz vertrauen konnte. Menschen, die diese schmerzende Leere in ihm vertrieben. Niemals hätte er zu jener Zeit gedacht, dass seine „Feinde“ die Digiritter eines Tages seine Freunde werden würden. Sie haben ihn daran gehindert noch mehr Dummheiten zu begehen und anderen dabei Schaden zu zufügen. Sie haben ihm letzten Endes dabei geholfen diese widerliche Saat der Finsternis zu besiegen, die sich – glücklicher Weise inaktiv – noch immer in ihm befand. Dafür musste er zwar seine übernatürliche Intelligenz einbüßen, doch diesen Preis zahlte er gerne um nicht mehr allein sein zu müssen.

‚Bei den anderen ist mir nie so komisch in der Magengegend… Aber warum ist es ausgerechnet bei Dai-chan so? – Etwa weil wir gemeinsam die DNA-Digitation vollzogen hatten?’ der Schwarzhaarige hob seinen Kopf etwas und schaute Daisuke dabei zu, wie dieser gerade summend seine bereits kochende Suppe umrührte. „Es muss noch einen anderen Grund geben…“ murmelte Ken vor sich hin, woraufhin sich der Braunhaarige fragend umdrehte.

„Hast du grade was gesagt?“

„Nein, nicht so wichtig.“ mit diesem Worten setzte er sich wieder richtig hin.

Daisuke blinzelte kurz verwirrt ehe er Ken wieder angrinste. „Das Essen ist fertig!“
 

„Und? Und? Und wie schmeckt’s?“ sich fast über den ganzen Küchentisch lehnend kam Daisuke mit fast schon leuchtenden Augen dem Schwarzhaarigen immer näher.

Dieser hatte gerade erst angefangen die Nudelsuppe vor sich zu kosten. Von der Brühe hatte er erst einen Löffel in seinen Mund befördert und hatte so diesem noch im Mund zu stecken. Ungläubig blinzelte er seinen Gegenüber an.

Er kannte Daisuke zwar schon eine Weile, doch dass er wegen einer Nudelsuppe so aufgedreht sein konnte, war ihm neu.

Zögerlich nickte Ichijouji leicht. „Sie schmeckt wirklich gut!“ antwortete er nachdem er den Löffel wieder in die Suppe vor sich getaucht hatte.

Höchst erfreut grinste der Braunhaarige darauf und setzte sich wieder auf den Stuhl hinter sich um auch selbst mit dem Essen anzufangen.

Während Ken Seine Portion elegant und in voller Ruhe genoss, schlang Daisuke seine als wäre er am verhungern runter. Schmunzelnd schielte Ken ihn an. ‚Typisch Dai-chan…’ dachte er sich uns aß weiter.

„Ahhhh!“ kam es zufrieden Seiten Daisukes. Er war nun fertig mit Essen und rieb sich glücklich über seinen Bauch. Dann kam das, was kommen musste. Er musste recht laut aufstoßen. „Ups, sorry.“

Bei dem Gesicht, welches sein Freund gemacht hatte als er aufgestoßen hatte, musste Ken anfangen zu lachen. Dieses Lachen wurde so heftig, dass Ken anfing dabei zu husten.

Stirnrunzelnd glotzte Daisuke ihn an. Noch nie hatte Ken wegen eines Rülpsers gelacht, nicht einmal gelächelt, deswegen war es ihm schleierhaft was dieser denn jetzt so witzig daran fand. „Krieg dich wieder ein… Am besten noch, bevor du mir hier erstickst.“

Doch so leicht konnte Ken damit nicht aufhören. Er hielt sich seine Hände vor dem Mund und versuchte wieder normal zu atmen, sich zu beruhigen. Bis der Junge das aber geschafft hatte waren fast zwei Minuten vergangen, in denen er besorgniserregend blau angelaufen war.

Ohne Daisukes Hilfe hätte er sicher einen Notarzt gebraucht. Der Junge musste einige Male auf Kens Rücken klopfen ehe sein Freund wieder richtig Luft holen konnte.

„Sorry…“ jabste Ken.

„Geht’s wieder?“ fragte Daisuke leicht brummig.

Ein Nicken folgte. „Ich hab mich nur beim Lachen verschluckt…“ meinte Ken und hoffte, dass er nicht weiter ausgefragt werden würde. Allein der Gedanke an dieses Gesicht ließ ihn schmunzeln.

Ein Blick auf die Küchenuhr verriet Daisuke, dass es noch eine Stunde dauern konnte, bis Kens Mutter wieder kommen würde, bei dieser Erkenntnis seufzte er. ‚Irgendwie schade…’ Er stand noch hinter Ken und wand langsam seinen Blick ihm wieder zu. Da kam ihm eine Idee. Er stützte sich mit den Armen so auf die Rückenlehne des Stuhls, auf welchem Ken gerade saß, sodass dieser nach hinten kippte und Daisuke nun breit grinsend auf das erschrockene Gesicht Kens hinabblickte.

Dieser hatte sich vor Schreck an die Arme seines Freundes gekrallt und keuchte hektisch. „Mach das … nie wieder!!“ fuhr er ihn an, obwohl er genau wusste, dass man seinem „Befehl“ sowieso nicht folge leisten würde.

Noch immer grinsend erfreute sich der Braunhaarige über diese Reaktion. „Wollen wir noch etwas Fernschauen bis deine Mutter kommt?“ fragte er. „So wie ich dich kenne, willst du bestimmt nicht wieder zurück in dein Bett, ne?“

Vertraute Zweisamkeit?

++++Kapitel 2++++

Vertraute Zweisamkeit?
 

Und so saßen die beiden Jugendlichen im Wohnzimmer und zappten durch das Abendprogramm, wobei das eher Daisuke tat, denn sein Freund hatte ihm die Fernbedienung überlassen.

Ken hatte sich in eine Decke gekuschelt und wartete darauf, dass sein Kumpel endlich etwas finden würde, das sie sich anschauen konnten.

‚Warum laufen nur diese Seifenopern und Dokumentationen?! Wer will sich denn so was anschauen?’ so langsam begann Daisukes Geduldsfaden zu reissen. ‚Läuft denn wirklich nichts vernünftiges?’

Nach einer gefühlten Ewigkeit dann hatte er einen Spielfilm gefunden, der dem Anschein nach keine Seifenoper oder dergleichen zu sein schien.

Bereits nach den ersten Minuten begann Ken sich über die Handlung des Filmes zu wundern. Es kam ihm so vor, als würde der Kumpel des Hauptdarstellers besonders zu diesem zweideutige Bemerkungen abgeben und erstaunlich oft im Körperkontakt mit diesem zu stehen. Dabei war der Hauptdarsteller doch eigentlich an eine der unzähligen heißen Bräuten in diesem Film interessiert.

Das alles blieb Daisukes völlig unbemerkt. Er freute sich über die ganzen Actionszenen, die schnellen Sportautos und natürlich über die kurvenreichen Frauen mit Megaoberweite. Erst als der männliche Hauptdarsteller am eigentlichen Ziel war, einem bevorstehenden Kuss mit seiner Angebeteten, verzog der Braunäugige das Gesicht, denn der Hauptdarsteller drückte die heiße Schnecke von sich, mit der Begründung, dass er das nicht tun könne, dass er sich in jemand anderen verliebt hätte.

„Hä?“ entfuhr es dem jungen Motomiya.

‚Dann liege ich wohl doch richtig.’ stellte Ken fest und fragte sich im gleichen Moment, seit wann solche Filme im japanischen Fernsehen gezeigt wurden. Leicht schmunzelnd drehte er seinen Kopf zu seinem Freund.

Dieser schien die Welt nicht mehr zu verstehen. „Wieso… wieso hat der sie abgewiesen?!“ entsetzt starrte er den Fernseher an. Neben sich konnte er Ken kichern hören. „Was?“

„War klar, dass du das nicht schon vorher bemerkt hast.“

„Was? Wovon sprichst du?“

Breit grinsend meinte der Angesprochene nur „Wart’s nur ab. Selbst du dürftest das gleich merken.“

Sich fragend, was Ken denn damit meinte richtete er seinen Blick wieder zum Fernseher.

Kurze Zeit später kam die Szene, die Ken gemeint hatte.

Voller Entsetzen und mit weit aufgerissenen Augen starrte Daisuke ein Loch in die Luft und konnte das Geschehen des Films nicht verstehen.

In eben diesem hatte eben der Hauptdarsteller seinem Kumpel seine Liebe gestanden und knutschte sich ausgiebig mit diesem.

„Oh … mein … Gott ...!” kam es von Daisuke als er sich wieder gefangen hatte. Damit hatte er absolut nicht gerechnet. Selbst bei Kens Bemerkung hatte er noch angenommen, dass der Typ sich in eine andere FRAU verschossen hatte. „Sag jetzt nicht, du wusstest das schon … vorher.“

„Doch. Das war doch offensichtlich.“

„Und da hast du mich nicht vorgewarnt?!“ leicht angewidert schüttelte sich der Braunhaarige. Hätte er vorher gewusst, dass dieser Film so enden würde, hätte er sich doch lieber eine der langweiligen Dokumentationen angetan. Nicht, dass er etwas gegen Schwule oder Lesben hätte, er wollte es jediglich nicht mit ansehen, wenn diese sich küssten. Das wollte er noch nicht einmal sehen bei Heteropärchen! - Ok, seine Filmchen waren da eine Ausnahme. Schließlich kannte er die Akteure in denen nicht und würde auch nie beim zugucken von denen schief angemotzt werden. Er ist ja schließlich noch ein Teenager! Und da war das doch das Normalste von der Welt, dass er sich solche Dinge anschaute.

Ken erfreute sich derweil über die Reaktion seines besten Freundes. Er wusste, dass dieser nicht homophob war und nie jemanden wegen seiner sexuellen Ausrichtung beleidigen würde, dennoch war es Daisuke eben unangenehm bei solchen Szenarien selbst zu zusehen, damit konnte sich Ken abfinden, er dachte ja auch nicht anders darüber. Nur konnte Ken komischer Weise lockerer damit umgehen. „Nun hab dich doch nicht so!“ gluckste der Schwarzhaarige vergnügt.

Sich wieder gefangen drehte der Angesprochene sich zu Ken und kam ihm absichtlich sehr, sehr nahe, nur um ihm einen Schrecken einzujagen, indem er seine Lippen spitzte und so tat, als wolle er ihn knutschen. „Hab isch doch nisch. Nun komm her und lasch misch disch knutschen, Schatsch!“

Mit weit aufgerissenen Augen fiel Ken nach hinten und lag nun mit dem Rücken auf der Couch. Erst dachte Ken, er wäre erfolgreich ausgewichen, musste aber panisch feststellen, dass dem nicht so war, denn Daisuke hatte sich in Windeseile über ihn gebeugt und stützte sich neben seinem Kopf mit den Händen ab. Kens Herz raste wie wild und er konnte schon spüren wie ihm die Hitze wieder in die Wangen schoss. „Ah, Dai-chan!“ flehte der Kleinere verzweifelt und versuchte diesen von sich zu drücken.

Nur leider schien Daisuke seinem Flehen nicht nachkommen zu wollen und nährte sich weiter ganz langsam Kens Lippen. Kurz bevor sich ihre Lippen hätten berühren können, grinste Motomiya und platzierte stattdessen einen dicken Schmatzer auf Kens Stirn.

Als Ken das endlich bemerkt hatte, riss er seine Augen auf, welche er bis eben noch zusammengekniffen hatte. Völlig perplex starrte er den Jungen über sich an.

Bei dem Anblick brach dieser dann in lautes Gelächter aus.

Sich mit der einen Hand die Stirn haltend richtete sich Ichijouji wieder auf und beobachtete verärgert Daisuke, wie sich dieser vor Lachen regelrecht kugelte. „Haha… sehr witzig…“ brummte Ken und verschränkte bockig die Arme vor der Brust. Zwar war diese peinliche Situation nun vorbei, dennoch hatte er einen leichten Rosaschimmer auf den Wangen. Nicht weiter verwunderlich, wenn man wusste, dass das beinahe Kens erster Kuss geworden wäre. Einige glaubten zwar, dass er eine Zeitlang etwas mit Miyako gehabt hatte, aber selbst zu der Zeit hielt er sich das Mädchen schön auf Abstand. Er mochte sie zwar, aber geliebt hatte er sie nie, zumindest nicht soweit er das beurteilen konnte.

Selbst Daisuke ging davon aus, dass Ken mit dem Mädchen intimer geworden war und dachte sich deswegen bei solchen Scherzen nicht besonders viel.

„Och komm schon! das war doch lustig!“ meinte der junge Motomiya nachdem er sich endlich wieder zusammenreißen konnte.

„Nein, war es nicht!“ zischte Ken wütend und drehte ebenso wütend den Kopf von Daisuke weg.

‚Ups, bin wohl zu weit gegangen…’ dachte der Braunhaarige während er wieder auf die Couch zu seinem besten Freund kroch. Ohne Umschweife schloss er seine Arme um diesem, was Ken aufquieken ließ.

Knallrot im Gesicht versuchte Ken sich von Daisuke zu befreien, doch dieser hielt ihn zu stark fest, als dass er wirklich eine Chance gehabt hätte. So gab er es nach wenigen Sekunden schon auf und seufzte.

Schweigend legte Motomiya seinen Kopf auf Kens Schulter und zog ihn noch etwas näher an sich.

Auch wenn Ken das gerade ziemlich genoss machte ihm sein Körper leider einen Strich durch die Rechnung, denn ihm wurde nun erneut schwindelig und so unangenehm warm. Kläglich versuchte Ken zwar zu vermeiden, dass sein Kumpel davon erfahren konnte, doch merkte er es eben doch weil Ken begann schwerer zu atmen.

„Hm? Was hast du?“ fragte er besorgt, hob seinen Kopf um Ichijouji besser ins Gesicht blicken zu können. Vorsichtig, um ihn nicht unnötig zu verschrecken, legte Daisuke ihm seine Hand auf die Stirn. „Oh Gott! Du glühst ja schrecklich! – Komm, ich bring dich in dein Bett!“ schnell sprang Daisuke auf und wollte Ken hochheben, da er nicht glaubte, dass dieser im Moment im Stande war selbst zu gehen.

Eigentlich wollte Ken sich wehren, doch war er zu seinem Pech zu schwach dazu und musste sich so wohl oder übel fügen.
 

Auf dem Weg in Kens Zimmer mussten beide schnell einen Abstecher zum Badezimmer machen, da der Fiebrige kurz davor war sich zu übergeben.

Schwer atmend und immer wieder würgend hing Ken über die Toilettenschüssel und verfluchte sich selbst und diese dämliche Erkältung. Wieso musste das Fieber ausgerechnet dann wiederkommen, wenn er sich gerade so wohl gefühlt hatte, wenn er Daisuke so nahe war?

Eben genannter streichelte beruhigend über den Rücken seines Freundes und machte sich schreckliche Sorgen. Was sollte er nun tun? Er wollte Ken so gerne gesund machen, dafür sorgen, dass dieser sich besser fühlte, doch da war er leider machtlos. ‚Er hat doch heute kaum etwas gegessen…’ Besorgt beobachtete er stumm wie Ken sich erneut übergab.

Schwer keuchend krallte sich der Schwarzhaarige an die Toilette und unterdrückte den Drang noch einmal dem Würgen nachzugeben und den letzten Rest seines Magens in die Schüssel vor sich zu spucken. Er fühlte sich so schlapp, glaubte gleich das Bewusstsein verlieren zu müssen.

„Geht’s wieder?“ fragte Daisuke nach einigen Minuten, in denen Ken sich erfolgreich gegen den Würgedrang gewehrt hatte und nun auch seine Atmung so langsam wieder unter Kontrolle bekam.

Hoffend, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, nickte Ken leicht. „Ich glaube schon“ sagte er heiser, drehte sich langsam und vorsichtig zu seinem Freund um, um ihm ein schwaches Lächeln zu schenken. Mit Daisukes Hilfe stand er langsam wieder auf und lies sich zum Waschbecken hieven. Durstig trank Ken das Leitungswasser und wusch sich das Gesicht anschließend.

Voller Mitleid schaute der Braunhaarige ihm dabei zu, er kannte dieses Gefühl nur zu gut, er selbst hatte sich auch bei seiner letzten Erkältung im Winter ständig übergeben müssen und so konnte er sich ebenfalls gut an diesen widerlichen Nachgeschmack erinnern. Als er merkte, dass Ken fertig war stützte er ihn sofort und drehte den Wasserhahn zu ehe sie sich wieder auf den Weg zu Kens Zimmer machten.

Dort angekommen setzte Motomiya Ken auf das Bett und wollte diesen ursprünglich dazu bringen sich hinzulegen, doch Ken wollte nicht. Darauf blinzelte er ihn verwundert an.

„Ich möchte nicht.“ flüsterte Ken kaum hörbar.

„Eh? Wieso? Du solltest dich besser ausruhen und etwas schlafen!“

Heftig schüttelte Ken den Kopf. „Mir … geht es schon viel besser…!“ protestierte er und komischer Weise war dem wirklich so. Nachdem er sich anscheinend komplett leer gebrochen hatte, war ihm nicht mehr so warm und das Schwindelgefühl war verflogen.

Dass es ihm wirklich viel besser ging, konnte Daisuke nicht so recht glauben, denn Ken war recht blass und machte zudem einen äußerst schwachen Eindruck auf ihn. „Aber Ken… Ich kann dich ja verstehen, aber ich mache mir Sorgen! Es wäre wirklich besser für dich, wenn du dich hinlegst.“ äußerte er seine Bedenken im ruhigsten Ton, den er zur Zeit zustande brachte.

Obwohl Ken genau wusste, dass sein Kumpel recht hatte, wollte er nicht gehorchen. ‚Ich will nicht schlafen … nicht alleine…’ dachte der kleinere betrübt und senkte den Blick. Aus einem ihm unbekannten Grund wollte er Daisukes Nähe spüren, er wollte dass er ihn wieder in die Arme nahm. Dieses Verlangen wurde unaufhaltsam stärker, sodass er seinen inneren Wunsch in Worte fasste. „Würdest du mit mir… schlafen?“ fragte er zaghaft und blickte seinen Gegenüber mit glasigen Augen an.

Dieser starrte mit aufgerissenen Augen ungläubig vor sich hin. Hatte er da eben richtig gehört? - Dank des Filmes vorhin musste er erst an die Zweideutigkeit dieser Frage denken, ehe er sich innerlich selbst ohrfeigte. ‚Mit solch einer Absicht würde Ken mich das nie fragen!!’ So stimmte Daisuke dann doch ein. „Na gut! Leg dich schon mal hin, während ich mich umziehe! – Ich darf mir doch was von dir leihen?“ grinsend schaute er in das lächelnde Gesicht Kens der auf diese Frage nur stumm aber freudig nickte.

Wenige Minuten später lagen die beiden Jungen im Bett, wobei Daisuke Ken in die Arme genommen hatte und ihn im Nacken kraulte.

Wohlig seufzte Ichijouji dabei auf und kuschelte sich noch etwas enger an seinen Wohltäter. Zufrieden schloss er seine Augen und horchte auf das gleichmäßige Schlagen Daisukes Herzens und dessen Atemzügen. Sein Kopf lag auf den Brustkorb des braunhaarigen Wirbelwindes, welcher sich ruhig auf und ab bewegte. So gern er es auch hätte, dass dieser Moment niemals enden würde, musste er es irgendwann dann doch, denn seine Müdigkeit übermannte ihn und ließ ihn in einen ruhigen Schlaf sinken.
 

Am nächsten Morgen erwachte Ken ungewohnt glücklich. Es dauerte ein wenig, bis er richtig wach wurde und sich an die Geschehnisse des vergangenen Tages erinnerte. Ein kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen. ‚Das klingt so, als wäre alles nur ein Traum gewesen.’ Doch dem war nicht so, denn selbst jetzt noch lag er in den Armen seines besten Freundes. Ken wusste nicht warum er sich so sicher in dessen Armen fühlte, warum ihm seine Nähe so gut tat.

Seit langem hatte Ken keine ruhige Nacht mehr gehabt. Fast jede Nacht schreckte er wegen Alpträumen auf, an welche er sich in den meisten Fällen nicht einmal erinnern konnte. Doch die letzte Nacht über hatte er einen angenehmen Traum gehabt, er konnte sich zwar nicht mehr an alles erinnern, dennoch blieb dieses wohlige Gefühl. Er hatte von einer Blumenwiese geträumt. Die Sonne schien angenehm warm vom blauen Himmel hinab auf ihn und seine Freunde. Alle alberten miteinander rum, hatten Spaß zusammen. Und selbst Ken hatte viel gelacht.

Während Ken genauer darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass er schon einmal diesen Traum gehabt hatte. ‚Wann war das doch gleich gewesen?’ Plötzlich fiel es ihm wieder ein! Das war, als er das erste Mal bei Daisuke übernachtet hatte! Dabei fiel ihm auch auf, dass er in Daisukes Gegenwart bisher noch kein einziges Mal einen schlechten Traum gehabt hatte. ‚Hat er etwa schon länger diese Wirkung auf mich? Habe ich mich etwa schon damals sicherer in seiner Nähe gefühlt? – Aber warum? Warum ausgerechnet bei ihm? Hätte es nicht jeder andere meiner Freunde sein können?’

Bevor Ken sich noch mehr Gedanken darüber machen konnte, klopfte es leise an der Tür.

Durch dieses recht störende Geräusch wurde Daisuke wach und begann sich etwas zu bewegen.

Leise öffnete sich die Zimmertür und Frau Ichijouji trat hinein. „Oh, habe ich euch geweckt?“ fragte sie leise, als sie das verschlafene Gesicht des Braunhaarigen erspähte.

„Hm? – Ist schon gut…“ antwortete Daisuke leise, weil er davon ausging, dass sein Freund in seinen Armen noch schlafen würde. „Er ist sicher noch ziemlich erschöpft.“

Kens Mutter nickte bejahend darauf. „Der Schlaf wird ihm sicher gut tun. – Danke noch mal, dass du dich um ihn gekümmert hast.“

„Ach, das ist doch selbstverständlich! Ich konnte ihn ja schlecht alleine lassen… und außerdem ist er ja mein bester Freund. Er hätte sicher das Gleiche auch für mich getan.“

Leise kichernd betrachtete sie das angeblich schlafende Gesicht ihres Sohnes. “Ich bin überglücklich, dass er dich kennengerlernt hat. Durch dich und die anderen ist er viel offener und glücklicher geworden. Ich war so erleichtert gewesen, als ich ihn nach langem wieder habe lächeln sehen…“

Daisuke wusste wovon sie sprach. Schließlich war Ken lange Zeit über todunglücklich gewesen und anschließend zu einem unheimlichen Jungen mutiert, der allem und jedem aus dem Weg ging, während er dabei war, die Digiwelt mit Gewalt zu erobern. Zum Glück haben es die Digiritter geschafft ihn zu bekehren und halfen ihm seit damals wieder ein normales Leben führen zu können.

Anfangs tat Ken ihm leid, er konnte es kaum mit ansehen, wie dieser sich immer wieder die Schuld an allem gab und verbissen versuchte alle Probleme alleine zulösen. Doch nach und nach hatte er sich begonnen zu öffnen und nahm auch endlich die ihm angebotene Hilfe von ihnen an. ‚Als wir damals das erste mal die DNA-Digitation gemacht hatten, wusste ich, dass wir Freunde werden würden und zwar die Besten!’

Sanft lächelte die ältere Frau. „Gib mir bescheid, wenn er wieder aufgewacht ist, damit ich euch beiden etwas zum Essen bringen kann.“ mit diesen Worten verabschiedete sie sich vorerst und verließ das Zimmer.

Kaum, dass die Tür geschlossen war, seufzte der Braunhaarige. „Du kannst jetzt mit deinem Spiel aufhören… Ich weiß dass du wach bist.“

Ertappt errötete Ken leicht. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Ausgerechnet Daisuke bemerkte es, das hätte Ken viel eher seiner Mutter zugetraut… So gab sich der Schwarzhaarige geschlagen und hob seinen Kopf etwas um Daisuke ins Gesicht sehen zu können. „Woher wusstest du das?“

„Ich hatte es im Gefühl… aber viel wichtiger ist doch eine andere Frage: Wie fühlst du dich?“

„Ich glaube ganz gut… denke ich…“ etwas verunsichert schielte Ken in die Richtung, wohin Daisuke gerade seine Hand gelegt hatte, nämlich auf seine Stirn.

Kens Vermutung bestätigend schmunzelte der Braunhaarige. „Fieber hast du wirklich keines.“ Diese Feststellung erleichterte Daisuke ungemein. Hatte er doch die meiste Zeit über Wachgelegen in der Sorge, es könnte seinem besten Freund wieder schlechter gehen.

Ursprünglich hatte Daisuke geplant gehabt, sobald Kens Mutter von der Arbeit kommen würde, wieder nach hause zu gehen, damit Ken sich besser ausruhen konnte, doch eben dieser Junge hatte ihm da einen Strich durch die Rechnung gemacht, als er zuerst geradezu darauf bestanden hatte, dass er mit ihm in seinem Bett schlafen solle und dann, als Kens Mutter endlich zurück war, hatte der Schwarzhaarige ihn nicht mehr losgelassen. So musste Motomiya ihr alles in Kurzform erklären und bat sie für ihn bei seinen Eltern anzurufen, dass er die heutige Nacht bei Ken schlafen würde.

‚Hoffentlich bekomme ich nachher keinen Stress mit ihnen…’ breit grinsend ließ er seine Hand nun durch Kens Haar strubbeln was dem anderen nicht besonders gefiel.

„Hey…! Lass das!“ fauchte dieser und versuchte der Hand zu entkommen, doch dazu musste er sich aufsetzten. Sich seine Haare wieder glatt streichend beobachtete Ken, wie sich nun auch sein Kumpel aufrichtete.

„Sag mal, warum wolltest du gestern nicht alleine schlafen gehen?“ mit durchbohrenden Blicken sah Daisuke direkt in Ichijoujis Augen.

In seiner Bewegung erstarrend wurde Ken knallrot. Was sollte er darauf nur antworten? Er wusste es ja selber nicht genau, warum er ihn das wirklich gefragt hatte. Verlegen senkte er den Blick. „Ich weiß nicht… Ich glaube, weil ich… irgendwie angst hatte.“

„Angst?“

„Mhh… Ich weiß, das klingt albern, aber… ich habe ständig Albträume… und ich wollte nicht wieder alleine sein, wenn ich aus einen von ihnen erwache.“ Allein der Gedanke an diese Träume sorgte dafür, dass Ken nun Tränen in den Augen hatte.

„Ken…“ hauchte Daisuke besorgt. ‚Das wusste ich ja gar nicht!’ Sofort nahm er seinen weinenden Freund in die Arme.

Dieser schmiegte sich enger an den warmen Körper und umschlang diesen nahezu verzweifelt. Ohne, dass Ken etwas dagegen tun konnte, begann er heftig zu schlurzen und die Tränen liefen unaufhörlich über seine Wangen. Sein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub.

Beruhigend fuhr der Brünette mit seiner Hand über Kens Rücken. „Sch… ganz ruhig…“ Langsam begann er sich und seinen Freund hin und her zu schaukeln, als hätte er ein Baby in den Armen, dass er zum Schlafen bringen wollte. Zunächst ganz leise dann etwas lauter ertönte Daisukes summende Stimme.

Diese sanften Berührungen, diese ungewohnt ruhigen Laute Daisukes lösten in Ken ein ihm bislang noch unbekanntes Gefühl aus, sodass nur noch vereinzelte stumme Tränen über seine Wange liefen. Diese wunderbaren Laute beruhigten ihn, berührten sein Herz und erwärmten es. Seine Gedanken lagen brach, das Einzige was er noch zustande brachte war diesen angenehmen Tönen seines besten Freundes zu lauschen, während dieser inzwischen seinen Kopf streichelte.

Alles oder nichts!

++++Kapitel 3++++

Alles oder nichts!
 

Nach ein paar Minuten endete Daisukes Lied, was zur Folge hatte, dass Kens Gehirn wieder seine Arbeit aufnahm und er so begann zu überlegen, was für ein Lied sein Kumpel denn da eben gesummt hatte, da er aber nicht darauf kam, es ihm nicht mal bekannt vorkam, kam er nicht drum rum, es eben diesen selbst zu fragen. „Sag mal, was war das für ein Lied?“ fragte Ken fast flüsternd gegen Daisukes Brust.

Der Gefragte schaute zunächst verwundert auf den Jungen in seinen Armen hinab, ehe ein leichtes Lächeln über seine Lippen schlich. „Das habe ich letztens im Internet gehört… Ich glaub das hieß ‚Love is such a crazy thing’, oder so… weiß ich nicht mehr genau.“

„Hmmm…“ brummte Ken nur darauf und nahm sich vor, bei Gelegenheit mal selbst nachzuforschen und hoffte, dass Daisuke sich den richtigen Titel gemerkt hatte. Widerwillig löste er sich aus der Umarmung und setzte sich auf. Er hätte diese Wärme zu gern noch ein wenig länger genossen, doch wusste er nur zu gut, dass seine Mutter jederzeit reingeschneit kommen konnte.

Daisuke legte seine Hände auf die Schultern des Schwarzhaarigen. „Wollen wir frühstücken gehen?“ Das folgende Lächeln erleichterte ihn. Zu seiner Freude hatte er es anscheinend wirklich geschafft Ken aufzuheitern, auch wenn er sich beim Summen schon ziemlich dämlich vorkam. Schließlich sah er das nicht gerade als männlich an, die ganzen Umarmungen zwar auch nicht, aber dennoch hatte er jede Sekunde genossen, in der er Ken so nahe sein durfte. Ganz besonders die letzte Nacht hatte er irgendwo sehr genossen, neben den ganzen Sorgen und der doch recht unbequemen Schlafposition, in der er sich stundenlang befunden hatte. – Doch ließ er sich von all dem nichts anmerken. Er war sich sicher, dass wenn er Ken davon erzählen würde, würde dieser ihm missbilligende Blicke zukommen lassen oder es wäre ihm peinlich und er hätte sich unnötiger Weise mal wieder bei ihm entschuldigt.

Beide krochen aus Kens Bett und gingen gemächlich in die Küche, wo Frau Ichijouji sie bereits sehnsüchtig erwartete.

„Oh Ken, mein Schatz! Geht es dir wieder gut?“

Er nickte nur und setzte sich auf einen der Stühle. „Ja, Mama.“

Daisuke tat es ihm gleich und setzte sich direkt neben den Schwarzhaarigen.

„Das ist schön, ich hoffe ihr beiden habt Hunger mitgebracht!“ mit diesen Worten stellte sie jeden der beiden Jungs ihr Frühstück hin. Kaum dass sie das getan hatte, verabschiedete sie sich schweren Herzens von den beiden, weil sie wieder zur Arbeit musste.

Als dann die Tür ins Schloss fiel, atmeten die beiden Jungs erleichtert auf.
 

„Du Ken?“ fragte Daisuke als er sich mit einem Handtuch auf dem Kopf neben Ken auf dessen Bett setzte.

„Was ist?“

„Nicht, dass es mich was angehen würde, aber … hast du… schon mal?“ mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen fixierte der Brünette einen ungewissen Punkt an der Zimmerdecke und wartete auf eine Antwort auf seine Frage, die sogar für seine Verhältnisse schlecht gestellt war.

Kurz überlegte der Gefragte, was sein Freund denn damit meinte, er konnte sich zwar denken was, aber sicher war er sich da doch nicht. „Was habe ich schon mal?“

„Äh, na ja… ob du schon mal … Sex hattest und so…“

Stirnrunzelnd betrachtete der Schwarzhaarige den Jungen neben sich. ‚Wie kommt er nur darauf?’

- Ganz einfach! Während Daisuke vorhin unter der Dusche gestanden hatte, hatte er sich so einige Gedanken gemacht. Er fragte sich, wieso seine Freundschaft zu Ken so anders war im Vergleich zu den anderen. Wieso er sich selbst ständig dabei erwischt die Nähe des Schwarzhaarigen zu suchen. Lange hatte er diese Tatsachen mit voller Absicht übersehen, doch durch die jüngsten Ereignisse, in denen er Ken wirklich sehr nahe war, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Ganz ähnlich hatte er sich verhalten, als er noch in Hikari glaubte verliebt zu sein, nur mit dem Unterschied, dass Ken seine Annäherungsversuche anscheinend nicht abwies, sie stattdessen duldete.

Dass er demnach selbst allem Anschein nach schwul war, störte ihn merkwürdiger Weise nicht, er machte sich viel mehr Sorgen um Ken. Wie würde dieser reagieren, wenn er von seiner Vermutung erführe? Würde er ihn von sich stoßen oder seine Gefühle möglicher Weise erwidern? – Das galt es nun herauszufinden.

In den ganzen Jahren, die sie sich nun schon kannten, ist es Daisuke nie aufgefallen, dass Ken mit jemanden eine Beziehung geführt hatte, schließlich verbrachten sie so viel Zeit wie möglich miteinander, was soviel hieß wie jedes Wochenende und fast jeden Tag der Ferien. Nie hatte Ichijouji ihm gegenüber von einem Mädchen erzählt, dass er hübsch fand oder gar begehrte.

„Dir ist schon klar Dai-chan, dass wenn dem so wäre, dass ich dir davon schon längst erzählt hätte? – Wieso willst du das eigentlich wissen?“ und so ließ er sich nach hinten ins Bett fallen und streckte dabei alle viere von sich.

Daisuke hingegen rang noch mit sich, ob er seinem Freund wirklich seine wahren Beweggründe verraten sollte, oder doch lieber eine seiner „mein-Name-ist-Hase-ich-weiß-von-nichts“ -Nummern abziehen sollte. Doch wusste er, dass Ken auf diese nur sehr selten reinfiel. Und selbst dann war er sich nicht sicher, ob Ken das wirklich tat. ‚Also die Wahrheit…’ Motomiya atmete noch einmal tief durch ehe er zu einer Antwort ansetzte. „Also, weißt du… wir kennen uns nun schon eine ganze Weile…“

„…und?“ hakte Ken nach, als Daisuke irgendwie nicht Weitersprechen wollte.

„…und in der ganzen Zeit hattest du ja, so weit ich weiß, keine Freundin…“

„Und weiter? – Du doch auch nicht. – Wo ist da jetzt ein Problem?“

„Und da habe ich mich gefragt… warum…?“ mit hochrotem Kopf schaute Daisuke auf Ken hinab, der sich inzwischen mit seinen Ellenbogen abstützte und ihn stirnrunzelnd musterte.

„Du kannst ja Fragen stellen… Woher soll ich das wissen? Ich habe mich eben in keine bisher verliebt…“ Da Ken aber nicht dumm ist und er wusste, dass das noch nicht alles war, was ihn der Brünette fragen wollte, holte er sogleich zur Gegenfrage aus. „Und warum bist du die ganze Zeit über Single?“

Treffer. Versenkt.

Damit hätte Daisuke rechnen müssen. ‚Ganz ruhig… gaaaanz ruhiiiig!’ sprach er sich in Gedanken zu. „Ähhhhh, ich … ich war zwar ein paar mal verknallt, a-aber … du weißt doch wie oft ich abgeblitzt bin!!“ Daisuke raufte sich die Haare. Das war es nicht, was er eigentlich sagen wollte! Wieso konnte er nicht offen und direkt, wie sonst, Ken davon erzählen? – Sie teilten doch sonst jedes Geheimnis miteinander!

Besorgt beobachtete Ken seinen Kumpel, der allem Anschein nach gleich zu heulen anfangen würde. ‚Ist er bei einer abgeblitzt? – Oder wie soll ich das jetzt verstehen?’ Zögernd legte Ken ihm seine Hand auf die Schulter, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte. „Alles ok…?“

„Nichts ist ok!! Argh! Alles läuft so beschissen, beschissener geht’s doch gar nicht mehr! Ich bin hier grad dabei unsere Freundschaft zu zerstören und das nur weil ich mich ausgerechnet in dich verlieben musste!!“

Ehe Daisuke begriffen hatte, dass er seine Gedanken gerade laut ausgesprochen hatte, war der Junge neben ihm schon zu einer Salzsäule erstarrt.

‚Scheiße!’ dachte Motomiya mit geschocktem Gesichtsausdruck. Langsam drehte er seinen Kopf zur Seite um Kens Reaktion sehen zu können, denn dieser hatte bisher keinen Laut von sich gegeben.

Dessen Hand lag noch unbewegt auf Daisukes Schulter und sein Blick… verriet nichts gutes. Völlig regungslos starrte Ichijouji mit weit aufgerissenen Augen ein Loch in die Luft.

„Hehe… Ken? Ken?? Hey! Lebst du noch…?“ mit einer Hand fuchtelte Daisuke vor das Gesicht des Jungen rum. „Das … das war ein Witz? – Ja genau! Nur ein Witz! Jetzt krieg dich schon wieder ein!“ verzweifelt, wie auch todunglücklich versuchte er alles wieder zurück zu nehmen, es ungeschehen zu machen. Er wollte Ken unter gar keinen Umständen verlieren!

„…Nur ein … Witz?“ wiederholte Ken die eben gehörten Worte ungläubig.

Eifriges Nicken Seiten Daisukes kam zur Antwort.

Ohne dass Ken etwas dagegen unternehmen konnte, begannen die ersten Tränen stumm über seine Wangen zu laufen. Sein Herz schmerzte auf einmal so sehr. Im ersten Moment war er zwar wirklich sehr über dieses Geständnis geschockt gewesen, doch hatte es ihn irgendwie sehr gefreut. Doch jetzt? Jetzt behauptete Daisuke dass das nur ein Witz gewesen sein sollte? ‚Wenn ja, dann ein sehr schlechter!’

„Tu-tut mir leid! Das ging zu weit! Tut mir wirklich sehr leid!!“ völlig überfordert versuchte der braunhaarige die Tränen seines Freundes wegzuwischen, doch es wurden immer mehr.

„Warum?“ schniefte Ken. „Warum machst du so was immer und immer wieder?“ er schlurzte und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.

„Ken…?“ vorsichtig streckte er seine Hand nach ihm aus.

„Fass mich nicht an!“ fauchte dieser ihn mit weinerlicher Stimme an, kaum, dass Daisukes Fingerspitzen seine Schultern berührt hatten.

Geschockt über diese Reaktion zog er seine Hand zurück. „Warum heulst du überhaupt? Ich hab doch gesagt, dass es ein Witz war… auch wenn er sehr schlecht war…“ den letzten Teil murmelte er nur und schaute beleidigt zur Seite, weg von Ken. Das war definitiv nicht die Reaktion gewesen, mit der er bei Ken gerechnet hatte.

„Weil ich dich liebe verdammt!“ sprudelte es aus dem schwarzhaarigen Jungen wutentbrannt heraus. „Warum musst du ständig diese grausamen Scherze machen?!“ Durch das stärker werdende Weinen zitterte sein gesamter Körper und der Klos in seinem Hals wurde immer größer.

„Du… liebst mich?“ völlig überrumpelt und überfordert begannen nun auch Daisuke Tränen in die Augen zu steigen. „Ohhh Keeen! Das tut mir ja soooo leeeeiiiid!“ so umarmte er seinen Freund und schlurzte nun ebenfalls.

Ken hingegen versuchte sich aus dieser Umarmung zu befreien. „Lass - lass mich looos!“

„Das war kein Witz. Das war kein Witz Ken! Das alles tut mir ja soooo leid! Wenn ich doch gewusst hätte, dass du auch -“ doch weiter kam Daisuke nicht, denn durch Kens Rumgezappel fielen sie beide nun zu Boden.

Einige Sekunden lang lagen die beiden Jungen völlig regungslos auf dem Boden. Ken auf Daisuke, Daisuke direkt unter Ken.

Noch immer hielt der Brünette seinen besten Freund fest umklammert.

Und Ken hatte seine Augen weit aufgerissen, so wie auch seine Wangen deutlich vor Schamesröte glühten, alles deutete daraufhin, dass er diese Situation alles andere als gut befand. Dennoch war sein Körper unfähig sich zu bewegen! Er konnte dank der Tatsache dass sein Kopf gerade auf der durchtrainierten Brust seines Kumpels lag, deutlich dessen Herzschlag hören.

So war Motomiya der erste, der sich wieder regte. „Das tat weh…“ widerwillig löste er seine Arme von seinem Freund, um sich an den Hinterkopf fassen zu können. Dort glaubte er deutlich eine Beule zu fühlen. ‚Das wird Kopfschmerzen geben…!’

Langsam stützte sich Ken ab und richtete sich halbwegs auf, nur um wie versteinert in die braunen Augen des Jungen unter sich zu blicken. Dieser Blick, diese Tiefen in diesen wunderschönen Augen raubten ihm den Verstand. Es fühlte sich plötzlich so an, als würde er in ihnen versinken. Was war das nur? Eben noch hatte der Besitzer dieser Augen ihm so unendlich weh getan und er hatte diesen zurecht von sich gestoßen. Doch jetzt auf einmal sehnte er sich danach ihn zu berühren, von ihm berührt zu werden?

Als hätte Daisuke die Gedanken seines Freundes lesen können, legte er seine Hand auf die Wange des Schwarzhaarigen. „Ich weiß nicht, ob du mir zugehört hattest, aber das eben war wirklich kein Witz gewesen. Ich liebe dich wirklich!“

Kens Herz begann kräftiger zu schlagen. Hatte er da richtig gehört? ‚Dai-chan liebt mich?’ Mit geröteten Wangen und kleinen Freudentränen in den Augenwinkeln bildete sich ein Lächeln auf sein Gesicht.

Wie in Zeitlupe hob Daisuke seinen Kopf um seine und Kens Lippen zu vereinen. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl breitete sich in den beiden Jungs aus, unzählige Schmetterlinge flatterten in ihren Bäuchen. Als sie sich von ihrem zaghaften Kuss lösten, schauten sie sich mit verträumten Augen und geröteten Wangen glücklich an.

Endlich war es raus. Nun stand ihrer Liebe nichts mehr im Weg, oder?
 

Eigentlich war es still in der Wohnung der Familie Ichijouji, mal abgesehen von den Geräuschen, die der Fernseher von sich gab. Vor diesem Gerät, genauer gesagt auf der großen Couch, lagen zwei frisch verliebte Jungs, die eng umschlungen auf eben dieser Zärtlichkeiten austauschten. Nie im Leben hätten sie gedacht, dass sie jemals ein Paar werden würden, dachten sie schließlich noch vor kurzem dass sie nur gut befreundet wären und auf Mädchen stehen würden.

Zärtlich krauelte Daisuke Ken im Nacken, was diesen glatt hätte schnurren lassen, wäre er eine Katze.

Völlig zufrieden seufzte der Schwarzhaarige und schmiegte sich an den Spender dieser wohligen Berührungen unter sich. Er vergrub seinen Kopf in die Halsbeuge des brünetten Jungen und spürte wie dessen Hand nun begann über seinen Rücken zu gleiten.

Ganz ruhig wanderte sie hinab und schob sich unter das störende Stück Stoff, berührte sanft die zarte Haut darunter.

Ken musste sich zusammenreißen um nicht laut aufzustöhnen, denn zu sehr gefiel ihm das, was Daisuke mit ihm tat. Sie waren beide noch unerfahren auf diesem Gebiet, sodass Ken befürchtete, dass sein Dai-chan aus Sorge aufhören würde, weil dieser womöglich glauben könnte, dass es ihm nicht gefiel. So rang er sich nun auch durch und fing an seinen Geliebten zu streicheln, fuhr leicht aufgeregt mit seiner Hand Daisukes Seite auf und ab, ließ sie auch unter dessen Oberteil wandern.

Ein wohliger Schauer durchfuhr den brünetten Wirbelwind als er Kens Fingerspitzen auf seiner Haut spürte, die so zärtlich begonnen haben ihn zu reizen. Langsam ließ er seine Hände Kens Körper wieder hinaufwandern, nur um den Kopf des Jungen zu heben und ihm in seine strahlenden blauen Augen zu schauen. Sorgsam strich er eine störende Strähne zur Seite. „Weißt du eigentlich, wie schön du bist, Ken?“ hauchte er während er Kens Gesicht genauer betrachtete.

Der Angesprochene wurde prompt rot im Gesicht. So was hatte er ja noch nie gehört! Wie sollte er denn darauf reagieren? „Äh, danke…?“

Grinsend strich Daisuke mit dem Daumen über Kens weichen Lippen, ehe er seine Lippen auf diese legte. Vorsichtig fing er an, an Kens Lippen zu knabbern, bis er zaghaft mit seiner Zunge gegen sie stupste.

Unschlüssig, wie Ichijouji darauf reagieren sollte, entschloss er sich kurzer Hand seinen Mund einen Spalt zu öffnen und den Besucher eindringen zu lassen.

Schnell fand Daisukes Zunge ihr Ziel und neckte die des anderen etwas, liebkoste sie, sodass Ken bald den Mut fand nun auch aktiv an diesem Spiel teilzunehmen.

Immer gieriger wurde dieser Zungenkuss, beide Beteiligten konzentrierten sich nur noch auf eben diesen und vergaßen alles um sich herum. Immer wilder und fordernder liebkosten sich ihre Zungen. Doch irgendwann mussten sie sich voneinander lösen, schließlich waren sie noch auf Sauerstoff angewiesen, der ihnen so langsam zur Mangelware wurde.

Schwer atmend löste Ken den Kuss. Noch länger konnte er den Drang zu atmen einfach nicht mehr unterdrücken.

Und auch Daisuke war doch recht erleichtert wieder atmen zu können. Noch etwas aus der Puste zog er Ken an sich um ihm ein Küsschen auf der Stirn zu verpassen.

1. August

++++Kapitel 4++++

1. August
 

„Nun komm schon Ken! Die anderen warten schon!“

„Ja, ja…“ völlig abgehetzt versuchte der Blauäugige seinen Freund einzuholen, dem das Ganze nicht schnell genug ging.

Ungeduldig hopste Daisuke von einem Bein auf das andere. „Sie werden sicher böse auf uns sein!“ jammerte er und stellte sich schon vor, wie Miyako wieder mit ihm schimpfen würde. Er wusste zwar nicht genau warum, aber dieses Mädchen machte ihm gewaltig angst. Nur zu ihm war sie immer so gemein, denn wenn sich einer der anderen verspätete, war sie doch recht beherrscht im Vergleich. Ganz besonders im Vergleich zu Ken. Bei eben diesem war sie immer nett, egal wie spät er dran war, oder was er getan hatte, immer war sie nett zu ihm! Wieso konnte Daisuke sich vorstellen, so war es ja auch nur schwer zu übersehen, dass das Mädchen schon seit geraumer Zeit für seinen schwarzhaarigen Freund schwärmte. ‚Ständig schmeißt sie sich an ihn ran!! – Hoffentlich wird Ken nie darauf eingehen! Denn schließlich gehört er… mir!’

„Hey, Dai-chaaaan! Ich rede mit dir.“ Inzwischen hatte Ichijouji es geschafft seinen Begleiter einzuholen und wedelte nun mit seiner Hand vor dessen abwesend wirkendes Gesicht rum. „Na toll! Die Ampel ist jetzt wieder rot.“

„Hehe… Sorry.“

So standen die Beiden an der Straßenkreuzung und warteten auf die nächste Grünphase, damit sie auch den letzten Block hinter sich bringen konnten um zu den anderen Digirittern zu gelangen. Diese warteten sicherlich schon sehnsüchtig auf die beiden Jungs, waren sie nun schon über eine Stunde zu spät dran.

„Warum haben wir nur den blöden Wecker nicht gehört…?“ jammerte Daisuke vor sich hin, bevor er seinen Kopf nach vorne sinken ließ.

Aufmunternd legte Ken seine Hand auf Daisukes Schulter und lächelte ihn an. „Sie werden uns schon nicht den Kopf abreißen. – Komm! Es ist grün!“ eilig packte er nach der Hand des Brünetten und zog diesen hinter sich her.

„Dir vielleicht nicht, aber mir! Du bist sonst immer überpünktlich, doch ich bin fast immer zu spät! Ich kann Miyako schon jetzt rumschreien hören…“

Eilig drängelten sie sich so ihren Weg durch die Menschenmasse, wobei ihnen einige Leute alles andere als nette Dinge hinterher riefen.
 

Voller Wut stampfte Miyako auf und ballte dabei ihre Hände zu Fäusten. „Wo bleiben die beiden denn?! – Wenn ich Daisuke in die Finger kriege…! – Hey! Lass mich los Koushiro!“

„Nun beruhige dich doch! Sie werden sicher gleich kommen.“ versuchte eben genannter das aufgebrachte Mädchen am weiter toben zu hindern und kassierte dafür als Dank einen Stoß von ihrem Ellenbogen ins Gesicht.

Dieses Rumgebrülle des Mädchens mussten sie sich nun schon seit über einer halben Stunde antun, was bei einigen bereits für deftige Kopfschmerzen gesorgt hatte.

„Immer das Gleiche…“ kommentierte ein braunhaariger Wuschelkopf nur und schaute zu seinem blonden Kumpel neben sich.

Dieser hielt sich bereits den Kopf wegen des ständigen Hämmerns, welches durch Miyakos Stimme verursacht wurde. „Taichi… stell sie bitte aus… ich ertrag das nicht mehr lange…“

Schelmisch grinsend schaute Taichi ihn an während er sich durch sein braunes Haar strich. „Wenn das so einfach wäre, hätte ich das schon längst getan, Yamato. – Sie wird sicher wieder ruhe geben, wenn Ken-kun da ist. – Bisher war das doch immer so, ne?“

„Ja, aber warum muss er ausgerechnet heute zu spät kommen? – Er hängt definitiv zu viel mit Daisuke-kun ab! Der Junge färbt allmählich auf ihn ab.“ mit gewissen Blicken bedachte er seinen Gesprächspartner. Das kannte er selbst nur zu gut. Taichi und Daisuke ähnelten sich bereits von Anfang an, so wusste Yamato auch, wie stark die beiden Energiebündel auf andere abfärben konnten, hatte sein langjähriger Freund Taichi das Gleiche auch bei ihm getan.

„Ist doch nicht schlimm. – Vielleicht schafft es Ken-kun auch Daisuke im Gegenzug zu beeinflussen?“

„Das wäre traumhaft! – Doch sicher auch bald langweilig.“

Taichi kicherte. „Ja, ich weiß was du meinst. Es ist manchmal auch echt zu komisch, wenn der Junge mal wieder nichts rafft!“ neben sich konnte er seine kleine Schwester Hikari kichern hören.

„Aber Taichi! Du hast zwar recht, aber du solltest dich nicht so darüber witzig machen.“

„Ach?“ eine Grimasse schneidend drehte er sich zu ihr um. „Warum lachst du denn, wenn dir das missfällt?“

Darauf wusste die Jüngere keine Antwort, stattdessen lief sie leicht rot an und hoffte darauf, dass ihr jemand von den anderen aus der Patsche helfen würde.

Die jedoch hielten sich geflissentlich raus und drehten sich von dem Mädchen weg, um irgendwelche sinnlosen Gespräche mit einen der anderen zu halten. Sie hatten zwar alle dem Gespräch zwischen Yamato und Taichi gelauscht, sich ebenfalls wie Hikari darüber amüsiert, doch waren sie recht erleichtert, dass der Brünette sich seine Schwester herausgepickt hatte um sie ein wenig zu triezen.

„Seht mal!“ rief der jüngste unter ihnen, Iori, erfreut und deutete mit dem Finger in Richtung Straße.

Auf Befehl folgten alle mit den Augen die gezeigte Richtung Ioris und erspähten dann endlich auch die beiden noch fehlenden Jungs. In der Ferne konnten sie erkennen, wie sich die beiden abhetzten und wie einer der beiden wenige Sekunden später über seine eigenen Füße stolperte und harte Bekanntschaft mit dem Boden unter sich machte. „Dai-chaaan! hast du dir wehgetan?“ hörten sie Ken rufen während dieser sich zu den Gefallenen hinhockte.

„Er wird sich wohl nie ändern, was?“ fragte Yamato in die Runde und erntete dafür ein Nicken der Leute um sich.

„Tollpatsch wie eh und je…“ kommentierte Taichi nur während er sich an seiner Schläfe kratzte.
 

Endlich angekommen, half Ken Daisuke sich auf die Parkbank zu setzen, denn den Rest des Weges musste der Schwarzhaarige seinen Freund stützen, weil dieser sich sein Knie aufgeschlagen hatte und so nicht richtig Laufen konnte. Kaum, dass Ken sich von dem Jungen etwas entfernt hatte, wurde er auch schon von der hibbeligen Miyako kräftig umarmt.

„Oh, Ken-chan!! Wo warst du denn so langeeee?“ begann sie auch gleich ihm ins Ohr zu jammern.

In diesem Moment hätte Ken schwören können, dass das Mädchen ihm einige Rippen gebrochen hatte. „Hehe… Entschuldigung, wir beide hatten verschlafen, weil wir den Wecker nicht gehört hatten.“

Diese Antwort gefiel dem Mädchen, welches an dem Jungen hing, nicht. Allein das wir ärgerte sie gewaltig. Seit längerem schon mochte sie es nicht, wenn ihr Ken Zeit mit Motomiya verbrachte. Auch wenn sie wusste, dass Ken und Daisuke sehr gut miteinander befreundet waren, wollte sie, dass Ken mehr Zeit mit ihr statt mit ihm verbrachte.

In der Zwischenzeit hatte sich Joe auch schon vor Daisuke gekniet und begutachtete dessen Wunde. Als der junge Medizinstudent nur ganz leicht mit einem Taschentuch Daisukes Wunde berührte, um etwas des Blutes abzutupfen, zuckte der Junge unter der Berührung zusammen.

Die Zähne zusammenbeißend und so einen Schmerzenslaut unterdrückend klebte Motomiyas Blick an seinem Freund, der noch immer von dem Mädchen umarmt wurde.

„Geht’s?“ fragte Joe etwas besorgt nach.

Der Angesprochene nickte etwas abwesend und versuchte nun Joe anzuschauen. Bei der nächsten Berührung des Taschentuchs Joes zuckte Daisuke erneut zusammen, doch dieses mal konnte er es besser unterdrücken.

„Zum Glück für dich habe ich immer Verbandsmaterial dabei. Also müssen wir dich nicht extra zu einer Arztpraxis bringen.“ erklärte der Blauhaarige, als er auch schon einen der besagten Gegenstände aus seiner Tasche holte. Sorgfältig, wie auch geschickt, verband er Daisukes Knie nachdem er die Wunde desinfiziert hatte.

Als Joe das Desinfektionsmittel auf Daisukes Knie sprühte, kniff der Junge die Augen vor Schmerz zu und biss die Zähne erneut zusammen. Er wusste nicht, was unangenehmer war, der Schmerz oder machtlos mit ansehen zu müssen, wie sein Freund von Miyako angemacht wurde. ‚Ich weiß zwar, dass Ken nie darauf eingehen würde… aber irgendwie tut es trotzdem weh das anzusehen.’

„Jetzt lass doch den armen Ken los, Miyako-chan. Du erdrückst ihn sonst.“ Endlich hatte sich mal jemand da eingemischt und immerhin war es Sora, auf die das Mädchen gewöhnlich hörte.

„Oh, tue ich das? – Tut mir leid.“ So löste sich das Mädchen von Ichijouji, welcher sichtlich erleichtert aufatmete.

„Schon gut.“ einen dankenden Blick Richtung Sora werfend richtete er sein Shirt, welches durch Miyako verrutscht war. Am liebsten hätte sich Ken, bereits als sie angekommen waren, zu seinen Freund gesetzt und sich um ihn gekümmert, aber dieser Gedanke war in dem Moment gestorben, als er Miyako auch schon an sich zu kleben hatte. Schon vor einiger Zeit hatte er es aufgegeben sich gegen sie zu wehren, wusste er doch schon ganz gut, wie unerträglich sie werden konnte, wenn sie nicht ihren Kopf durchsetzen konnte. So ließ er das Mädchen nur tun, damit er und die anderen zumindest etwas Ruhe vor ihren besonderen hysterischen Anfällen haben konnten. Doch warum sie ausgerechnet so sehr an ihm hing, war ihm ein Rätsel. Schließlich war sie älter als er, auch wenn es sich hierbei jediglich um ein paar Monate handelte. ‚Ich verstehe sie einfach nicht… Was findet sie nur an mir? Weder sind wir enger miteinander befreundet, noch haben wir besonders viel Zeit miteinander verbracht. – Das sie in mich verknallt ist, war ja von Anfang an nicht sonderlich schwer zu erahnen, aber verfliegen solche Gefühle nicht mit der Zeit? - Ob das zwischen Dai-chan und mir auch nur Verknalltsein ist?’ Plötzlich legte sich eine Hand auf Kens Schulter, weswegen er erschrocken zusammenzuckte.

„Alles ok mit dir? Du wirktest eben so abwesend.“

„Ah, mir geht es gut, Takeru-kun, mach dir keine Sorgen.“ gespielt lächelte Ken den blonden Jungen neben sich an, welcher ihn nur skeptisch beäugte.

„Wenn du meinst…“ mit den Schultern zuckend drehte sich der Junge von ihm weg, um sich in das Gespräch zwischen Hikari, Sora und Miyako einzumischen, weil er soeben seinen Namen in deren Gespräch gehört hatte.

Es machte den Anschein auf Ken, als ob der Blonde etwas bemerkt haben könnte, jedoch warf er den Gedanken schnell wieder über Bord. Seit nun schon einer Woche, in der er mit Daisuke zusammen war, hatte er ständig das Gefühl gehabt, als würde sie jemand beobachten. Doch da weder er noch Daisuke sich auffällig benommen hatten, war es auszuschließen, dass ausgerechnet Takeru Wind von der Sache bekam.

Noch kurz schaute Ken zu Takeru, ehe er sich nun endlich seinem Freund wieder widmete, der inzwischen von Taichi und Yamato belagert wurde.

Die beiden älteren Jungs waren wieder kräftig dabei Daisuke zu necken.

Taichi, der direkt neben dem Jungen saß, wuschelte lachend durch dessen Haar. „Das kann aber auch nur dir passieren, ne?“

Genervt verdrehte der jüngere Goggleboy die Augen. ‚Wie lange muss ich mir das denn noch anhören?’

„Aber Taichi! Bist du nicht selbst letzte Woche in der U-Bahn gestürzt?“ fragte Yamato breit grinsend sich von hinten auf der Bank stützend.

Etwas rot im Gesicht zog der Gefragte den Kopf ein. „Schon, aber auch nur, weil diese Oma plötzlich ihre Beine ausgestreckt hatte.“

„Ach ja? Hat sie das?“ hakte Motomiya nach und musste ein Kichern unterdrücken.

„Ja! - Das hättest du sehen sollen! Das war echt einmalig.“ lachte der Blonde der drei.

Das konnte Ken sich bildhaft vorstellen, weswegen auch er ein aufkommendes Kichern unterdrücken musste.

„Du bist sooo gemein Yama! – Du hattest mir doch versprochen es für dich zu behalten!“ begann Taichi zu jammern und zog einen Schmollmund.

„Jetzt krieg dich wieder ein… Hey! Zieh nicht solch ein Gesicht!“ Und so begann Yamatos Versuch sich mit Taichi wieder gut zu stellen.

Die Szene wurde von Daisuke belächelt, bis er Ken neben sich bemerkte, der sich neben ihn setzte.

„Geht’s wieder?“ fragte der Schwarzhaarige zögernd.

Kräftig nickte der Gefragte darauf. „Ist schon viel besser!“ Um es zu beweisen bewegte er sein Knie etwas, wobei er sein Bein auf und ab bewegte.

Ein Lächeln bekam Daisuke dafür von Ken, der im Moment den Drang verspürte seinem Freund ein Küsschen zu geben, doch angesichts der vielen unwissenden Zuschauer unterdrückte er diesen. Schließlich hatten sie bislang niemandem auch nur das Geringste von ihrer Beziehung erzählt. - Und das sollte auch vorerst so bleiben.

Noch ehe sich die Zwei weiter in ein Gespräch vertiefen konnten, hörten sie Koushiro sich räuspern, weil dieser die Aufmerksamkeit aller haben wollte.

Schnell wurden alle still und blickten den Rothaarigen unter sich an.

„Gut, da wir nun alle vollzählig sind…“ begann er und schenkte ganz besonders Daisuke einen viel sagenden Blick, ehe er fort fuhr. „…können wir nun mit unseren Plänen anfangen.“

„Ja ja, Koushiro, wir wollen in die Digiwelt um unsere Partner zu besuchen, das wissen wir alle doch.“ mischte sich Miyako frech ein, weil sie bereits eine lange Rede des älteren Jungen witterte und diese unbedingt unterbinden wollte, sie im Keim ersticken wollte.

‚Immerhin zu etwas zu etwas ist sie zu gebrauchen…’ dachte sich Daisuke sarkastisch.

„Aber warum treffen wir uns ausgerechnet im Park? – Wäre es nicht besser gewesen, wenn wir uns, wie sonst auch, bei einem von uns zu hause getroffen hätten?“ fragte Iori kritisch nach, weil er sich keinen Reim aus der Sache machen konnte, zu mal keiner der Digiritter in der Nähe dieses Parks wohnte.

Darauf bildete sich ein Grinsen auf das Gesicht des Rothaarigen. „Weil wir nicht in die Digiwelt gehen werden.“

Einige Sekunden lang starrten die anderen Zehn den Jungen fragend an. Wollte er sie auf den Arm nehmen? Seitdem sie damals sich schweren Herzen von ihren Digimon verabschieden mussten, damit diese in der Digiwelt die Ordnung aufrecht erhalten konnten, haben sie sich immer alle versammelt um am 1. August sie in der Digiwelt zu besuchen und dort ein Picknick mit ihnen zu veranstalten, wie heute.

Warum sie sie nicht dennoch zu sich geholt haben? – Weil ihnen Genai damals sagte, dass das erneute Eintreten der Digimon in der Realenwelt zu neuen Störungen zwischen den Welten sorgen könnte. – So besuchten sie sie stattdessen, wenn es ihre Zeit erlaubte.

„Kannst… kannst du uns das genauer erklären, Koushiro-kun?“ fragte Sora nach, die sich wie die Anderen nicht sicher war, weshalb der Rothaarige so merkwürdig grinste.

„Natürlich.“ begann dieser. „Ich habe mich mit Genai unterhalten und er meinte, dass die Störungen zwischen den Welten nun gänzlich verschwunden seien und –“

„Heißt das, wir können unsere Partner wieder zu uns holen?!“ fragten Daisuke und Ken wie aus der Pistole geschossen.

Der Gefragte nickte.

Jubelnd fielen sich alle um den Hals. Sie konnten sich vor Freude kaum noch zusammenreißen, nach nun schon 5 Jahren könnten sie endlich längere Zeit mit ihren Digimon verbringen!

Völlig aufgekratzt öffneten sie das Tor zur Digiwelt und holten so ihre bereits informierten Partner zu sich. Als sich das Tor öffnete, staunten sie nicht schlecht, denn mit den Digimon kam auch Mimi zu ihnen in die Realeweilt.

"Hey Leute!" begrüßte sie die anderen Digiritter.

"Mimi!" rief Sora freudig und fiel ihrer Freundin in die Arme.

Während sich die beiden Freundinnen glücklich schnell ins Gespräch kamen, gesellte sich auch Biyomon zu ihnen und wurde ebenfalls überglücklich von seinem Partner in die Arme genommen.

So sah es auch bei den anderen Digirittern und ihren jeweiligen Partnern aus. Die Digimon wurden alle euphorisch in Empfang genommen.

So blieb nach der großen Überraschung nur noch die Frage, wo sie jetzt ihr geplantes Picknick halten sollten. Da der Park einen See in seiner Mitte hatte, waren sie sich schnell einig sich an diesem breit zu machen. Als dann alles fertig war, setzten sie sich hin unterhielten sich lachend miteinander.

Nicht, das es besonders auffällig gewesen wäre, aber Taichi hatte das Gefühl, während er Daisuke und Ken beobachtete, wie sie sich angeregt mit ihren Partnern unterhielten, als wäre etwas anders zwischen den beiden Jungs, doch was es war wusste er nicht. War es die Art und Weise, wie sie miteinander redeten? Oder eher wie sie miteinander umgingen? Taichi hätte schwören können, er hätte eben Daisukes Hand an der Taille des Schwarzhaarigen gesehen.

„Hey, Taichi!“ meckerte Yamato neben dem braunhaarigen Jungen rum, weil dieser mal wieder nicht zugehört hatte.

Kurz schüttelte Taichi seinen Kopf und wandte seinen Blick seinem Freund neben sich zu. „Was ist?“

Genervt musste Yamato stöhnen. „Du bist wohl heute nicht ganz bei der Sache, was?“

Verlegen kratzte sich der Junge am Hinterkopf. „Scheint so…“ murmelte er und versuchte sich nun mehr auf das Gespräch, das man mit ihm gerade führte, zu konzentrieren. Doch dieses komische Gefühl wollte ihn nicht so recht loslassen, er war sich absolut sicher, dass da was im Busch bei den beiden war.

Erwischt

++++Kapitel 5++++

Erwischt
 

So langsam begann sich der Himmel über den Digirittern und ihren Digimon von einem strahlendem blau zu einem Mix aus rot und orange zu färben und allmählig wurde es stiller in der Gruppe. Jediglich kleine Kichereien und etwas Geflüster war jetzt noch zu hören.

An sich mochte Ken die Stimmung, schließlich saß er gerade neben seinem Freund und konnte mit ihm zusammen den Sonnenuntergang beobachten. Doch was ihn gerade an der Gesamtsituation störte war, dass er gerade klitschnass war!

- Dank Daisukes Rumgealbere war er doch glatt vorhin mit ihm und Taichi zusammen in den See gefallen. Dabei ist Ken Taichi zwar unangenehm nahe gekommen, näher als es Ken lieb war, da dieser auf ihn gefallen war, doch zu allem Überfluss musste sein Dai-chan auch noch das Ganze zu einen Haufen vollenden, indem auch er rücklinks auf die beiden fallen musste. Dabei hatte Ken natürlich ordentlich Wasser geschluckt und musste sich, entgegen seiner ruhigen Art, wirklich zusammenreissen, nicht auf den jüngeren Goggleboy im Anschluss los zu gehen.

Doch als Daisuke sich überflüssiger Weise über Kens verunstaltete Frisur – die ihm übrigens das ganze Gesicht verdeckte – lustig machen musste, riss der Gedultsfaden des schwarzhaarigen Jungen und er jagte seinen Freund um den halben See.

So kreischte Motomiya und sah zu, dass er seinen Vorsprung beibehielt. Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass Ken ein äußerst guter Sprinter ist und auch vernachlässigt, dass ihm selbst sein Knie noch schmerzte.

So legte Ken nach einigen hunderten von Metern einen Zahn zu, bis er ihn endlich geschnappt hatte, ins kniehohe Wasser mit ihm fiel und sich dort mit ihm ausgiebig durch das flache Wasser, über den kleinflächigen Strand, bis hinüber über die Wiese rollte.

Das ganze Szenario wurde von den reslichen Digirittern natürlich nicht nur belächelt, denn bei dem ungeahnten Verhalten Kens hatten sie alle ihre Fotoapparate, Handys und Videokameras gezückt und alles für die Ewigkeit auf Bild festgehalten. -

So saßen die drei Jungs ein wenig später nun eingehüllt in Decken und hofften, dass ihre Kleidung trocken sein würde, wenn sie wieder nach hause müssen. Diese hing gerade zum Trocknen an den Ästen der Bäume und wehte im Wind.

„Geht es dir gut Ken?“ fragte Wormmon besorgt seinen Partner und blickte von dessen Schoß auf, weil es glaubte zu spüren wie sein Partner zunemends verärgert zu werden schien.

„Ja, ja… Mach dir keine Sorgen.“ antwortete er trotz seiner innerlichen Stimmung ruhig, während er das Köpfchen seines Digimons streichelte. ‚Warum mussten sie ausgerechnet Fotos davon machen…?’ Er selbst hatte sich bei dem Geraufe zwar abreagiert, doch ob es Daisuke wirklich so gut ging, wie dieser tat, wusste Ken nicht. Schließlich war der Braunhaarige noch bis vorgestern selbst krank gewesen. ‚Kein Wunder, wenn man bedenkt wie viel Zeit er bei mir verbracht hatte, als ich krank gewesen war. - Das war voraus zu sehen… Aber ich hätte nicht gedacht, dass er durch sein Fieber so… - scharf? - werden würde. Er ist regelrecht über mich hergefallen! - Hoffentlich erleidet er jetzt dadurch keinen Rückschlag… Ich bezweifel es, dass ich ihn noch einmal davon abhalten kann sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.’
 

»Flashback«
 

Am Morgen, dem Beginn des 3. Tages, seit dem Ken und Daisuke ein Paar waren, Schien alles bestens zu sein. Ken fühlte sich inzwischen wieder blendend und erwachte aus seinem Schlaf mit einem unbeschreiblichen Glücksgefühl. Allein den Atem seines Freundes neben sich zu hören, zu spüren, wie sich dessen Brustkorb auf und ab bewegte, stimmte ihn glücklich. Doch irgendwas war anders als am letzten Morgen. Verwundert blinzelte Ken ehe er sich etwas aufrichtete und nun Daisuke betrachtete.

Dieser schien schwer zu atmen und beim genaueren Betrachten konnte man erkennen, das dem Jungen sehr warm sein musste, denn einzelne Schweißtropfen befanden sich auf seiner Stirn.

Besorgt befühlte Ken die Stirn des Jungen, woraufhin sich sein Verdacht bestätigte. „Er hat Fieber.“ vorsichtig kletterte er über Daisuke aus dem Bett, darauf bedacht, seinen Freund nicht aufzuwecken. Auf leisen Sohlen schlich er aus sein Zimmer, schloss die Zimmertür so leise wie es ging und machte sich auf den Weg in die Küche.

Dort angekommen, begrüßte ihn seine Mutter auch gleich freundlich. „Guten Morgen, mein Schatz. Hast du gut geschlafen?“

Leicht nickte der Junge darauf, stand kurz planlos in seinem Schlafanzug neben dem Küchentisch, ehe ihm wieder einfiel, warum er überhaupt aufgestanden war. „Mama?“

„Was ist denn?“

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube Daisuke-kun hat sich bei mir angesteckt.“ druckste er und wartete auf eine Reaktion seiner Mutter.

Diese starrte ihn zu nächst verständnislos an, ehe es bei ihr klick machte und verstand, was ihr Sohn ihr gerade gesagt hatte. Ohne weitere Umschweife ging sie mit Ken zusammen in dessen Zimmer, nur um das Gleiche festzustellen, was man ihr bereits gesagt hatte. „Am Besten lassen wir ihn schlafen… ich werde seinen Eltern bescheid sagen. – Du kümmerst dich doch um ihn? – Ich muss gleich los zur Arbeit.“ – offensichtlich schien sie es nicht zu wundern, dass der beste Freund ihres Sohnes gerade im Bett schlief und weit und breit im Zimmer kein Anzeichen vorhanden war, dass sich hier eine zweite Madratze, ein Futon oder der Gleichen zumindest noch vor kurzem befand.

„Ok, Mama.“ kaum, dass er das gesagt hatte, war seine Mutter auch schon aus dem Raum verschwunden, offensichtlich auf dem Weg zum Telefon. Schultern zuckend setzte sich Ken neben seinen schlafenden Freund auf den Boden. ‚Schon komisch… wieso war sie nicht verwundert darüber, dass Dai-chan in meinem Bett schläft? Ob sie vielleicht etwas ahnt?’
 

Nun war es bereits Mittag und Kens Dai-chan schlief noch immer, zwar hin und wieder etwas unruhig, doch im Moment war er immerhin ruhig. Den ganzen Vormittag über hatte Ken dem Brünetten beim Schlafen zugesehen und jediglich aufpassen müssen, dass dieser ihn nicht beim Rumstrampeln niederschlug. Nur knapp war Ken so einem blauen Auge entkommen.

Seufzend nahm er den Lappen von der Stirn Daisukes, um diesen zum gefühlten hundertsten Mal in die Schüssel mit Wasser neben sich zu tauchen. Bei seinem Tun fragte der Schwarzhaarige sich, ob sein Dai-chan ihn auch beim Schlafen beobachtet hatte, als er krank gewesen war. Mit einer leichten Röte auf den Wangen drehte er seinen Kopf zum vermeindlich schlafenden Jungen im Bett.

Dieser drehte just in diesem Moment seinen Kopf zu Ken und blinzelte ihn verschlafen an.

„Du bist ja wach…“ murmelte Ken kaum hörbar und konnte sein Herz kraftvoll gegen seine Brust schlagen hören.

„Ken…-chan…“ sagte Daisuke recht leise und heiser. So sehr er es auch wollte, er konnte sich einfach nicht aufsetzen. So blieb Motomiya liegen und beobachtete seinen Liebsten, der unter geröteten Wangen ihn förmlich anstarrte.

„Wie… wie fühlst du dich?“ fragte Ken etwas nervös, während er weiterhin versuchte die Hitze aus seinen Wangen zu vertreiben.

Nach kurzem Überlegen meinte der Gefragte nur grinsend „War schon mal besser.“.

Nach kurzem Zögern legte Ken seine Hand auf Daisukes Stirn, erleichtert stellte er fest, dass das Fieber scheinbar gesunken war. Gerade, als er seine Hand wieder zurückziehen wollte, wurde er am Handgelenk gepackt und, unerwartet wie das kam, auf das Bett gezogen. Erschrocken quiekte der Blauäugige auf, nur um sich im nächsten Moment in einen Kuss mit seinem Dai-chan wieder zu finden.

Fordernd intensivierte Motomiya den Kuss, sehnte sich nach den süßen Lippen Kens, schlang seine Arme um den Hals seines Geliebten, nur um sicher zu gehen, dass dieser sich nicht so schnell befreien konnte.

Völlig überrumpelt und stark verwirrt spürte Ken die Lippen des Braunhaarigen, welche immer und immer fordernder nach seinen zu schnappten begannen. Erst nach einigen Sekunden war er wieder soweit klar im Kopf gewesen, dass er nun auch in der Lage war den Kuss zu erwidern, was gar nicht so einfach war, wo er sich doch durch die Umarmung seines Freundes kaum bewegen konnte.

Als Daisuke das spürte, musste er leicht in den Kuss hineingrinsen. Sicher, dass sein Geliebter sich nun völlig seiner Lust unterworfen hatte, ließ er seine Hand zärtlich den Rücken Ichijoujis hinunter wandern. An der Hüfte angekommen, schob er ohne zu zögern seine Hand unter das Shirt, erntete dafür ein wohliges Aufstöhnen Kens, fuhr dennoch unbeirrt fort. Mit den Fingerspitzen streichelte er die zarte nackte Haut des Jungen auf sich, entlockte ihm dabei die wunderschönsten Laute.

Keuchend löste sich Ken von Daisuke, warf im nächsten Moment den Kopf unter einem lauten Aufstöhnen in den Nacken, denn soeben spürte er eine Hand auf seinem Hintern, die ihn dort fest packte.

Zufrieden mit dieser Reaktion wechselte Daisuke die Stellung, indem er Ken gänzlich auf das Bett zog und nun auf ihm lag.

Verwirrt starrte der nun Untenliegende in die rotbraunen Augen über sich. In diesen meinte er pure Lust zu erkennen, glaubte in diesen lustverschleierten Augen zu ertrinken. ‚Was ist nur mit ihm los? Er hat mich bislang noch nie so behandelt, geschweige denn habe ich je einen solchen Blick bei ihm gesehen…’ Diese Blicke hatten auf Ken dein Eindruck, als würden sie ihn förmlich ausziehen, erregten ihn, dennoch breitete sich ein Unbehagen diesbezüglich in ihm aus.

Gierig drückte der Braunäugige Ken einen wilden Kuss auf die Lippen, leckte über diese, während er zärtlich über die Seite seines Freundes streichelte. Endlich öffnete Ken seinen Mund leicht, worauf Daisuke sehnsüchtig gewartet hatte und nutzte die Chance um mit seiner Zunge in die warme Mundhöhle seines Freundes zu gleiten. Dort erkundete er jeden einzelnen Zentimeter mit ihr, bis er die Zunge Kens aufsuchte, um mit ihr zu spielen. Derweil rieb der braunäugige der beiden Jungs sein Becken an dem Kens.

Nicht, dass es Ken nicht gefiel, doch irgendetwas störte ihn hier gerade gewaltig, doch was es genau war, wusste er nicht. Eine Stimme in seinem Kopf schrie ihm unentwegt zu, er solle sich wehren, er sei noch nicht bereit für das, was sein Dai-chan mehr als nur offensichtlich mit ihm vorhatte. – Doch sollte er ihr gehorchen? – War er wirklich noch nicht bereit diesen Schritt zu gehen?

Derweil hatte Daisuke sich daran gemacht die Halsbeuge Kens zu liebkosen, sie mit unzähligen süßen, hauchzarten Küssen zu überdecken. Hin und wieder saugte er sich kurz an der zarten Haut fest, biss gelegentlich leicht hinein, erfreute sich an den Lauten, die der Junge unter ihm von sich gab. Deutlich konnte er spüren, wie es nicht nur in seiner Hose allmählig begann enger zu werden. So schob er langsam das Shirt Kens höher und höher, bis nun die stramme Brust des Jungen nicht mehr von diesem störenden Stoff bedeckt war.

Mit hochrotem Kopf konnte Ken wenig später die Zunge seines Dai-chans über seine eigenen Brustwarzen lecken spüren, wohingegen der bittersüße Druck auf seine Lendengegend nachließ. Das alles hier war so berauschend für ihn, dennoch versuchte er weiterhin gegen diese Lust in sich an zu kämpfen. Doch sein Körper hingegen hatte sich bereits geschlagen gegeben und reckte sich genüsslich den wunderbaren Berührungen entgegen. Keuchend bemerkte Ken die Hand Daisukes auf seinem Schritt, welche begann Druck auf sein Glied auszuüben. Entsetzt schaltete sein Verstand sich ein. - Ja, er war noch nicht bereit, das hatte Ken nun erkannt, doch wie sollte er Daisuke das mitteilen, ohne ihn dabei womöglich zu verletzen? – Mit diesem Wissen entschloss Ken sich nach kurzen Zögern seinen Freund zunächst zum Stoppen zu bewegen. So zog er diesen, unter Protest des Jungen, wieder zu sich rauf und schaute in dessen glasigen Augen. Sah die geröteten Wangen.

Da Ken den Griff um Daisukes Kinn gelöst hatte, senkte der Brünette den Kopf um sich erneut der Halsbeuge Kens zu widmen.

‚Verdaaaaaaaaaaammmt!! Warum habe ich es ihm nicht gesagt?!’ Ken war einfach zu hypnotisiert von dem Anblick eben gewesen, dass er kein einziges Wort über seine Lippen bringen konnte und selbst jetzt noch befand er sich in einer Starre. ‚Ok, ganz ruhig! Du packst das! – Jetzt raus damit!!’ versuchte er sich Mut zu machen. „Dai-chaaan…“ keuchte Ken, „…bitte, ich … bin noch nicht…“ mehr brachte er nicht raus.

Gerade in diesem Moment, leckte der Junge ausgiebig über die Halsbeuge des Schwarzhaarigen, ließ seinen Kopf jedoch anschließend dort ins Kissen sinken.

Verwundert blinzelte Ichijouji. Sein Freund schien sich nicht weiter zu bewegen. „Dai-chan?“ fragte er zögerlich, bekam jedoch keine Antwort. „Der pennt ja!“ stellte Ken verärgert fest, nachdem er den Jungen auf sich einige Male geschüttelt hatte.
 

»Flashback End«
 

‚Ok, „abhalten“ ist vielleicht nicht das richtige Wort gewesen…’ beendete Ken seine Gedanken an jenen Tag für das Erste. ‚Aber ausgerechnet daran meint er sich nicht erinnern zu können… Irgendwie kann ich das nicht so recht glauben.’ dachte Ken, während er Daisuke neben sich beobachtete, der gerade V-mon knuddelte.

Derweil wurde Taichi kräftig von Yamato geneckt, denn dieser fand es noch immer zum Schieflachen, dass sein Freund doch tatsächlich zusammen mit den beiden anderen in den See gefallen war.

„Mäh! Yama, hör doch endlich auf zu lachen…!“ beschwerte sich der Braunhaarige zum wiederholten Male, doch auch dieses Mal traf seine Beschwerde auf taube Ohren.

Es war einfach zu lustig mit anzusehen gewesen, wie erschrocken Taichi vorhin drein geschaut hatte, als ihm bewusst geworden war, dass er gleich ordentlich nass werden würde und dazu kam auch noch dass Yamato genau neben ihm gestanden hatte und es so quasi aus erster Reihe beobachten konnte. ‚Das Gesicht war einfach unbezahlbar!’ feixte der Blondschopf in Gedanken und lachte fröhlich weiter.

Eingeschnappt drehte Taichi sich weg von Ishida und zog die Decke etwas enger an sich.

Sein Agumon blinzelte ihn verwirrt an. So recht verstand es nicht, warum sein Partner sich so merkwürdig verhielt. Früher hatte dieser doch immer über solchen Dingen gestanden, oder?

„Jetzt hab dich doch nicht so!“ warf Yamato ein und legte dabei seinem Kumpel eine Hand auf die Schulter.

„Ich hab mich aber so…!“ brummte er darauf nur. Bei jedem anderen hätte Taichi normaler Weise auch gelacht, doch für seinen Geschmack übertrieb Yamato es. Er fand es einfach nur fies von ihm im Moment, mehr nicht. – Auch wenn er selbst an dessen Stelle sich wahrscheinlich nicht anders verhalten hätte, das wusste Taichi nur zu gut.

„Nanu…?“ so unauffällig wie möglich lehnte Yamato sich vor. „Schau mal, bilde ich mir das nur ein, oder hat Daisuke wirklich seinen Kopf auf Ichijoujis Schulter gelegt?“ fragte er den Braunhaarigen flüsternd ins Ohr.

Dieser dachte, dass der Blonde ihn nur verarschen wollte, doch als er selbst zu den besagten Jungs schaute, sah er das Gleiche. ‚Dann habe ich mir das vorhin vielleicht doch nicht eingebildet?’

Keiner der anderen Digiritter, wie auch die Digimon, bemerkten was davon. Letztere hätten wohl selbst wenn sie das gesehen hätten, es nicht weiter interessant gefunden, war ihnen die Welt ihrer Partner doch noch immer zu fremd, sodass sie so manches einfach nicht hinterfragen wollten, es stattdessen einfach so nahmen, wie es war.

Ein breites Grinsen zierte Yagamis Gesicht.

„Was hast du jetzt schon wieder vor?“ fragte Yamato ihn und ahnte böses, bereute es bereits Taichi auf die armen Jungs aufmerksam gemacht zu haben.

„Das wirst du schon noch sehen.“
 

Etwas später am Abend verabschiedeten sich alle voneinander und machten sich auf den Heimweg, glücklich ihre Digimon mitnehmen zu dürfen.

Leicht ungeduldig wartete Daisuke darauf, dass sein liebster Ken nun endlich fertig werden würde sich sein Shirt anzuziehen. „Nun mach schooon!“ jammerte er zum wiederholten Male.

V-mon neben ihm verstand wieder einmal nicht, wieso er es so eilig hatte und auch Wormmon, das auf dem Kopf des blauen Digimons saß, fragte sich was Daisuke wieder gestochen hatte.

„Immer mit der Ruhe…“ meinte Ken nur dazu. „Ich bin ja schon fertig…“

„Na endlich!“

So machten sich die vier auf, um zu Daisuke nach hause zu gehen, denn dessen Eltern wie auch seine Schwester waren nicht zu hause. Seine Eltern waren gestern für eine Woche verreist und Jun wohnte inzwischen allein und kam nur ab und an mal übers Wochenende vorbei.

Doch ehe sie überhaupt die Hauptstraße erreichten, sahen sie bereits von weitem, dass dort jemand auf sie wartete.

„Nanu? Das sieht aus wie Taichi. – Ob er was vergessen hat?“ fragte Daisuke Ken, der beim genaueren Hinsehen noch weitere Silhouetten erkennen konnte.

„Sieh mal, Yamato-kun ist auch da.“

Unsicher, was die vier davon halten sollten gingen sie zu den anderen, stoppten kurz vor ihnen.

„Da seid ihr ja endlich!“ begrüßte Taichi die Jungs und deren Digimon.

Yamato hingegen verdrehte die Augen und hoffte, dass das Vorhaben seines Freundes nicht all zu schlimm ausfallen würde.

„Hä? Habt ihr etwa auf uns gewartet?“ fragte Daisuke sein großes Vorbild.

„Könnte man so sagen.“ sagte der Gefragte grinsend, während er sich durch sein braunes Haar fuhr. ‚Jetzt muss ich es nur noch schaffen einen von ihnen zu reizen.’ Schelmisch grinste er nun den braunhaarigen Jungen vor sich an.

Dieses Grinsen löste Unbehagen in ihm aus. ‚Was ist denn mit Taichi-kun los?’

Ken, der das schweigend beobachtete, witterte dass der Ältere etwas bestimmtes vor hatte, bezweifelte es aber auch gleichzeitig, dass sein Freund etwas davon bemerken würde. So entschied er sich diesen schnell zum Weitergehen zu bewegen. „Was ist denn, Taichi-kun?“ fragte Ken zuckersüß, als könne er kein Wässerchen trüben. „Wir haben nicht viel Zeit, denn Dai-chan muss noch bei seinen Eltern anrufen, bevor sie sich wieder Sorgen machen.“

„Mist! Das hätte ich doch glatt wieder vergessen!“ entfuhr es Daisuke panisch. Das letzte, was er jetzt brauchte, war eine Standpauke seiner Eltern. So hopste er ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. „Was ist los, Taichi? – Nun sag schon!!“

‚Ganz schön gerissen, das muss man dir lassen. Aber nicht nur du kannst Daisuke als Waffe gebrauchen.’ die Augen zu kleinen gefährlichen Schlitzen verengt musterte er Ken kurz ehe er, wieder mit einem freundlichen Gesichtsausdruck, auf die Frage einging. „Also, ich wollte mich wegen vorhin bei dir entschuldigen, Ken.“

„Entschuldigen?“ hakte dieser nach. Beim besten Willen wusste er nicht was der Ältere damit denn meinen könnte.

„Ja, ich weiß, ich hätte es gleich tun sollen, aber ich wollte nicht, dass du dich in der Gegenwart der Anderen so schämen musst.“

Jetzt verstand Ken gar nichts mehr. – Warum hätte er sich denn schämen müssen? „Was meinst du damit?“ fragte Ken skeptisch nach.

„Na ja, als wir vorhin in den See gefallen waren… da bin ich doch auf dir gelandet…“

„Und?“

Ein Geistesblitz erfasste Yamato. ‚Er wird doch nicht…?!’

„…Und unter Wasser… das mit dem Kuss tut mir leid…!“ gespielt entschuldigend die Hände über den Kopf haltend schaute er den Schwarzhaarigen aus dem Augenwinkel heraus an, wartete auf eine Gegenreaktion.

Daisukes Augen haben sich bei dem letzten Satz seines Vorbildes sehr weit aufgerissen. ‚Taichi hat MEINEN KEN GEKÜSST?’

Streich mit Folgen

++++Kapitel 6++++

Streich mit Folgen
 

Stirnrunzelnd starrte Ken Taichi an. ‚Hat der jetzt völlig den Verstand verloren?’ ein kurzer Blick zu Daisuke genügte, um ihn dazu zu bringen etwas zu erwidern. „Kuss?“ fragte er unschuldig. „Daran kann ich mich nicht erinnern. – Das musst du dir eingebildet haben.“

Leicht schmunzelnd erstaunte Yamato die ruhige Art des Schwarzhaarigen. ‚Dass er bei so was so ruhig bleiben kann. - Man kann sagen was man will, aber dumm ist Ken sicher nicht. - Damit hatte Taichi sicher nicht gerechnet. – Aber Daisuke hat er damit voll getroffen.’

Der jüngere Braunhaarige hatte sich zwar dank Kens Aussage etwas beruhigt, doch aufgebracht deswegen war er immer noch. ‚Warum behauptet Taichi-kun das, wenn Ken meint, dass es nicht stimmt?’

Yagami hatte zwar die deutliche Reaktion Daisukes bemerkt, doch diese reichte ihm noch nicht, noch war es nicht deutlich genug gewesen, um sicher sagen zu können, dass sich sein Verdacht bestätigte. „Meinst du? – Ich hätte schwören können… - Na ja, egal! Hm? Du hast da was im Gesicht Ken.“ wenige Schritte ging Taichi auf den Jungen zu, welcher ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue genau musterte. Direkt vor Ichijouji kam der Braunhaarige dann zum Stehen.

Den Älteren so nahe vor sich stehen zu haben, machte Ken etwas nervös, doch anmerken ließ er sich davon noch lange nichts. „Wo soll ich denn etwas im Gesicht haben?“ fragte er unschuldig nach, obwohl er böses ahnte und ihm sein Instinkt riet schleunigst das Weite zu suchen.

„Na da.“ hauchte Yagami, legte seine Hände um das Gesicht des Jüngeren und nährte sich mit seinen Mund den seinen.

Ken wusste, dass er nur eine geringe Chance hatte allein aus der Sache wieder raus zu kommen, dennoch hoffte er inständig, dass sein Freund sich nicht einmischte und zu allem Überfluss ihr Geheimnis dabei preis gab.

Doch genau das sollte wohl geschehen. In Bruchteilen einer Sekunde hatte sich Daisuke zwischen die Beiden gedrängt und Taichi grob von seinen Ken getrennt, sodass der Ältere dabei zu Bodan fiel. „Untersteh dich, Ken noch einmal so nahe zu treten!“ keifte er bedrohlich sein großes Vorbild an. Voller Zorn stand er zwischen den Beiden und stemmte die Hände in die Hüfte. Schenkte Taichi einen vernichtenden Blick.

Der Junge hinter ihm klatschte sich derweil die Hand an die Stirn. „Toll gemacht, Daisuke. Wirklich toll gemacht.“

Verwundert über diese Worte drehte er sich zur Hälfte zu Ken um. „Hä?“

„Nichts . Du bist ihm ins Netz gegangen!“

Noch immer verständnislos blinzelte der Junge den Schwarzhaarigen an.

„Du hast genau das gemacht, was er erwartet hatte… verstehst du?“ erklärte Ichijouji, um es dem Jungen einfacher zu machen.

Endlich machte es klick in seinem Kopf. „Aaah!... Oh!“

„Ja oh.“ entnervt stöhnte Ken auf. So langsam zweifelte er ernsthaft an der Intelligenz seines Liebsten.

Nun hatte Taichi erreicht, was er wollte und grinste dem entsprechend sehr breit.

Yamato hingegen war immer noch der Meinung, dass Taichi sich den Aufwand hätte sparen können. ‚Ist einfach mal nachfragen denn zu viel verlangt für ihn?! Muss er wirklich jedes Mal eine solche Show abziehen?’

„Alles ok mit dir?“ fragte Agumon seinen Partner besorgt, da dieser es bislang nicht für nötig befunden hatte wieder aufzustehen.

„Hm? – Ja, mach dir keine Sorgen. Bei mir ist alles ok, aber… bei denen wohl nicht.“ schuldbewusst schaute er zu Daisuke und Ken auf, welche gerade dabei waren einen Streit miteinander zu beginnen. ‚Sieht gar nicht gut aus.’

„Aber ich hätte das doch nicht so einfach zu lassen können!“ begann sich Daisuke zu verteidigen.

„Du glaubst doch nicht etwa, dass er das wirklich getan hätte?“

„Und was wenn doch?!“

„Dann hätte ich ihm gegen sein Schienbein getreten… Was weiß ich?“ die Schultern zuckend fragte Ken sich, wo genau für seinen Freund nun das Problem lag. Es war ja nichts passiert. – Wozu regte Daisuke sich da denn noch auf?

Während die beiden sich weiter angifteten, zupfte Gabumon Yamato am Shirt. „Duuuu?“ fragte es.

„Was ist denn?“ fragte er zurück und hockte sich neben es.

„Warum streiten sich Daisuke und Ken? Und warum hatte Daisuke Taichi-kun von Ken weggeschupst?“

Eilig kam nun auch V-mon mit Wormmon auf dem Kopf zu den beiden hinüber gelaufen. „Ja genau! Was ist denn los?“ fragte das blaue Digimon den Blonden.

„Also wisst ihr…“ begann er. „…das ist gar nicht so einfach zu erklären… Daisuke wollte nicht, dass Taichi Ken … küsst.“ um so weiter Yamato sprach, um so roter wurde er. Verdammt, war das peinlich für ihn, das zu erklären, gerade so, als würde er hier gerade Aufklärungsunterricht mit den Digimon führen.

„Ist das denn schlimm? – Daisuke-kun meinte mal zu mir, dass Küssen was gutes ist.“ mit einem Finger im Mund schaute V-mon Ishida mit großen Augen an.

„Das stimmt. An sich ist Küssen etwas gutes, aber nur wenn man es mit, na ja, dem richtigen tut.“

„Dem richtigen?“ fragten Wormmon und Gabumon synchron.

Der Gefragte nickte. „Genau. Mit jemanden ganz besonderen. Mit jemandem, den man sehr gern hat, den man …liebt.“ innerlich heulte Ishida bereits. ‚Wo bin ich denn hier nur wieder reingeraten?’

„Also hat Taichi Ken sehr gern?“ fragte Gabumon interessiert nach.

„Aber warum hat Daisuke ihn dann von Ken weggeschupst?“ kam es auch so gleich von V-mon, ohne, dass Ishida auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte die Frage seines Partners zu beantworten.

Mit den Nerven am Ende wusste Ishida nun nicht mehr, was er darauf noch antworten sollte, damit die Digimon das auch richtig verstanden. Warum musste ausgerechnet er es ihnen erklären? Er konnte den Digimon ja schlecht erzählen, dass Taichi die beiden armen Jungs nur auf die Schippe nehmen wollte und dabei wohl sogar über Leichen gegangen wäre, wenn es nötig gewesen wäre.

Durch nun Glück oder Pech, hatte Agumon die Unterhaltung der vier mit angehört und mischte sich allwissend ein. „Na, weil Daisuke Ken noch viel, viel gerner hat, als Taichi!“ bei seinen Worten breitete es seine Arme fröhlich weit auseinander.

Zunächst verwundert, doch so langsam verstehend blickten die anderen drei Digimon Agumon an, zumindest nickten die drei verstehend.

„Also möchte Daisuke, dass Ken ihn küsst?“ fragte das Wurmdigimon mit kleinen Sternchen in den Äuglein, nicht, weil es sich über eine solche Situation der beiden Digiritter freuen würde, denn das tat es nicht. Vielmehr hatte es diese in den Augen, weil es sich vorstellte, wie Ken es küsste.

Eifrig nickte das orange Dinodigimon.

„Gib nicht so an, Agumon!“ meldete sich nun auch Taichi zu Wort. „Du hast definitiv zu viel Seifenopern geguckt…“ Nachdem sich der Braunhaarige endlich wieder hingestellt hatte, klopfte er sich den Staub von der Hose.

„Und was hast du jetzt vor? Wegen dir zoffen sich dir beiden!“ äußerte sich Yamato vorwurfsvoll beim Aufstehen und verschränkte anschließend seine Arme vor der Brust.

„Hehe…“ Als ob er das wüsste. Dass Ken erkannt hatte, dass alles nur Spaß war, wusste er, doch Daisuke schien das ernst genommen zu haben. ‚In dem Fall ist es nicht weiter verwunderlich…’

„Hör auf so dämlich zu lachen und kläre das! – Oder willst du dafür verantwortlich sein, dass sich die beiden wegen deines dummen Streiches trennen?!“

„Wenn ich wüsste wie!“ entgegnete Taichi dem Blonden.

So langsam fing Daisukes Geduldsfaden an zu reißen. „Du hättest ihn es doch sicher tun lassen!“

„Spinnst du?! Warum sollte ich mich von ihm knutschen lassen?!“ fauchte Ken nun hysterisch zurück. „Ich bin schließlich mit dir zusammen, du Trottel! Du bist der einzige, der das darf, oder glaubst du mir nicht?!“ wütend ballte Ken seine Hände zu Fäusten. Daisuke hatte es nun tatsächlich geschafft ihn aus der Ruhe zu bringen und das nicht zum ersten Mal an diesem Tag.

„Vielleicht hätte ich das schon früher nicht tun dürfen!“ zischte Daisuke zurück, war noch immer darüber empört gewesen, dass sein Freund ihn eben tatsächlich Trottel genannt hatte. Ebenfalls extrem wütend formte nun auch er seine Hände zu Fäusten.

„Wow. – Die gehen sich gleich an die Gurgel… - Mach doch was!“ so schob Yamato seinen Kumpel zu den Beiden, welcher sich natürlich aus Angst, selbst was abzubekommen, kräftig dagegen wehrte.

„Yama! Nein! Bitte Nicht!! ICH WILL NOCH NICHT STERBEEEEEN!!“ so sehr er sich auch gegen den Blondschopf stemmte, dieser schob ihn immer näher zu den Streithähnen. „DAS WAR DOCH NUR EIN WITZ!! EIN SCHERZ!! – ES TUT MIR LEIIIIIIID!!!!! - BITTE ERSCHLAGT MICH NICHT!!! - ICH WILL DOCH NOCH NICHT STERBEN!“

Plötzlich war es still.

Aus Angst hatte Taichi seine Augen zusammen gekniffen, erwartete gleich einen Faustschlag oder der Gleichen abzubekommen, doch nichts geschah. Er konnte zwar deutlich Yamatos Hände auf seinem Rücken spüren, doch das war es dann auch schon. Noch immer ängstlich öffnete er sein rechtes Auge blinzelnd, schaute damit Ken an, der ihn mit hochgezogenen Augenbrauen perplex anstarrte.

Auch Daisuke neben dem Schwarzhaarigen machte ein ähnliches Gesicht. Dieser war es dann aber auch, der als erstes wieder etwas sagte. „Warum sollten wir dich erschlagen?“

„Hä?“ entfloh es Taichi und glotzte verdutzt aus der Wäsche.

„Du hast dich doch eben entschuldigt, also warum sollten wir das noch tun wollen?“ grinste Motomiya den anderen an.

„Du hast echt mehr Glück als Verstand, Taichi…“ murmelte Yamato hinter dem Angesprochenen.

Ken seufzte. „Du hast wirklich merkwürdige Stimmungsschwankungen, Dai-chan…“ meinte er seufzend dazu und legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes. „Ist jetzt wirklich wieder alles ok?“ fragte er etwas unsicher nach.

„Jup. Aber…“

„Aber was?“

„Das mit dem Trottel war gemein von dir!“ einen Schmollmund ziehend blickte er Ken mit großen Kulleraugen an.

„Tut mir leid… Ist mir so in Rage rausgerutscht.“ entschuldigend lächelte er seinen geliebten Wirbelwind an.

Erleichtert atmete Taichi auf. ‚Boah, die lassen mich leben!’ Doch die Erleichterung hielt nicht lange an, denn schon im nächsten Moment stand ein verärgerter Blondschopf vor ihm und kniff ihm in seine Wangen und zog diese in die Breite.

„Mach das ja nicht noch einmal! – Kapiert?“ fuhr dieser ihn drohend an.

„Isch gut, isch masch niewiedaaa.“

„Versprochen?“

„Verschprochen.“ darauf wurde Taichi breit angegrinst und auch wieder losgelassen, sodass er sich nun die schmerzenden Wangen halten konnte.

„Dann ist ja gut.“ erwiderte Yamato zufrieden und wandte sich zu den beiden jüngeren Digirittern. „Und ist zwischen euch wirklich alles wieder ok?“

Die Angesprochenen sahen sich zunächst etwas unsicher an, nickten dann aber lächelnd.

Zärtlich legte Daisuke seine Arme um die Hüften Kens und zog so diesen näher zu sich ran, was den Schwarzhaarigen rot werden ließ.

„Kannst du dich nicht zusammenreißen?“ beschwerte dieser sich maulend auch gleich über diese doch recht peinliche Aktion.

„Doch. Aber wozu? Die beiden wissen es doch nun, also warum sollten wir dann so tun als wäre zwischen uns nichts?“

Da hatte Daisuke recht. Aber musste er dann auch gleich so übertreiben? Schüchtern legte Ken seine Arme um den Hals seines Freundes. Er hatte zwar auch das Bedürfnis dessen Nähe zu spüren, sich mit ihm zu küssen, doch vorerst musste er dringend einige Fragen an die beiden älteren Jungs los werden. „Warte mal, Dai-chan.“ so gut es in der Umarmung ging, drehte er sich zu den anderen beiden. „Woher wusstet ihr das über uns eigentlich?“

„Äh, na ja… Wissen ist da wohl etwas übertrieben. Wir haben es nur vermutet.“ antwortete Yamato mit einer leichten Röte auf den Wangen.

„Vermutet?“ hakte Ken nach.

Darauf nickte Taichi. „Jap, wir hatten gesehen, dass Daisuke-kun vorhin am See seinen Kopf auf deine Schulter gelegt hatte. Und außerdem war mir davor beim Picknick so gewesen, als hätte ich gesehen, dass er dich zu sich gezogen hatte, als er einen Arm um deine Taille gelegt hatte.“

Mürrisch sah Ken nun Daisuke an. „Also sind wir deinetwegen aufgeflogen… Und das auf ganzer Linie.“

Schuldbewusst lachte der Beschuldigte darauf.

Die Augen verdrehend schaute Ichijouji nun wieder zu den anderen. „Aber eines macht mich da noch stutzig. – Wie könnt ihr das so locker hinnehmen? - Ich meine, Dai-chan und ich sind doch beide Jungs…“

Diese berechtigte Frage hatte zur Folge, dass die Gefragten kräftig rot wurden.

„Also, Ähh…“ räusperte sich Yamato. „Das liegt daran, dass … wir… Taichi und ich… also, wisst ihr…“ stotterte er und schaute Hilfe suchend zum Braunschopf neben sich. „Nun sag doch auch mal was!“

„Weil wir ein Paar sind. – War das so schwer zu sagen?“ amüsierte Taichi sich über seinen Freund und grinste diesen frech an, ignorierte dabei, dass auch er rot geworden war. „Wir haben also keinen Grund euch dafür zu verurteilen! – Außerdem dachte ich schon länger, dass es zwischen euch funkt.“ wandte er sich wieder den jüngeren zu.

‚Wow. Wir sprengen grade jede Statistik. Von zwölf Jugendlichen sind vier schon mal schwul…’ dachte sich Ken stillschweigend, staunte nebenbei, dass sein Dai-chan so ruhig auf dieses Outing seines großen Vorbildes reagierte.

Erstaunt, wie auch sichtlich verwirrt versuchten die Digimon das Geschehen zu verfolgen, blickten so von einem der Jungs zum nächsten.

„Äh, obwohl ihr beiden zusammen seid, hättest du fast Ken-chan geküsst…?“ fragte Daisuke verunsichert nach. „Und du hättest ihn das tun lassen, Yamato-kun?“

„Oh, glaub mir, dafür wird er noch bluten müssen…!“ ja, wenn Yamato vorher gewusst hätte, was genau sein Freund geplant hatte, hätte er ihn schon lange vorher zusammengefaltet. ‚Allein für diese saudämliche Idee hätte Taichi nicht nur einen Schlag auf den Hinterkopf verdient gehabt.’

„Oh, muss ich das? – Du weißt doch, wie mich das anmacht!“ erwiderte Taichi Yamatos Aussage mit einer leicht erotischen Stimme, während er sich an den Blonden schmiegte.

Dieser musste darauf seine Augen verdrehen. „Warte nur mal ab bis wir wieder zu hause sind. – Die Gerte wartet schon auf dich.“

Erstaunt über das Gehörte funkelte Daisuke die beiden älteren Jungs sichtlich interessiert an.

Ken, der dieses Funkeln bemerkte, ahnte bereits was sich sein Freund dachte und sah ihm skeptisch ins Gesicht. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie es ernst meinen?“

„Huh? – Nein, nein…“ meinte Daisuke während er sich verlegen am Hinterkopf kratzte. „Ich hab mich nur gefragt wie lange sie schon zusammen sind… ehrlich!“

So wirklich konnte Ken das natürlich nicht glauben, dazu war es ihm nur zu gut bekannt, wie weit die Fantasie seines Freundes abschweifen konnte. – Sehr weit sogar, manchmal bis ins Unermessliche. – Ob er sich deswegen Sorgen machen sollte? – Vielleicht. Aber etwas dagegen unternehmen konnte er wohl oder übel nichts. – Genauso wie es jedem anderen unmöglich war. „Wenn es dich so interessiert, warum fragst du sie nicht einfach?“ erwiderte Ken. Er musste sich aber eingestehen, dass es ihn mindestens genauso interessierte. Sonst entging ihm doch auch nichts und ausgerechnet eine Beziehung zwischen den beiden da soll er nicht bemerkt haben?

„Was soll Daisuke uns fragen?“ fragte Taichi blinzelnd, legte eine Pause dabei ein, sich an den jungen Ishida zu schmiegen.

Da es Motomiya aber anscheinend bei der Frage seines ach so großen Vorbildes die Sprache verschlagen hatte, übernahm Ken dies für ihn. „Er – Wir wollten nur wissen, wie lange es bereits zwischen euch so geht… Seit wann ihr ein Paar seit. – Wenn es euch nichts ausmacht versteht sich.“

„Ach so… Wie lange war das noch gleich, Yama?“ fragend drehte er seinen Kopf zu diesen und legte seinen Kopf etwas dabei schief.

„Du willst mir damit doch nicht etwa sagen, dass du es nicht mehr weißt, oder?“

„Doch, doch, ich weiß nur nicht mehr genau wie viele Tage das nach den 3 Jahren und 5 Monaten waren…!“

„Du versuchst die Tage grade mit zu zählen? – Glaubst du nicht, dass es den beiden nicht um das genaue Datum ging?“ Auch wenn es Yamato nicht gefiel, er wusste selbst nicht wie viele Tage es genau waren. „Es reicht ihnen doch sicher zu wissen, dass wir knapp 3 ein halb Jahre zusammen sind…“ über seine Schulter blickte er zu Ken und Daisuke. „…oder?“

Diese nickten auf Kommando.

So wandte er sich zufrieden mit dieser Antwort wieder seinem Freund zu. „Siehst du?“

„Hast recht, Schatz!“ verlangend schlang Taichi seine Arme um den Blonden und küsste diesen leidenschaftlich.

Mit großen Augen und offen stehenden Mündern starrten die erstaunten Digimon die beiden Jungs an.

Besonders Gabumon war überrascht, denn als es das letzte Mal in der realen Welt war, war sein Yamato noch mit Sora zusammen gewesen.

Die beiden jüngeren Digiritter waren nicht minder überrascht, doch fingen sie sich schnell wieder.

Kurz lachte Ken verlegen. „Komm, lass uns besser los gehen, sonst bekommst du noch Ärger.“

Daisukes kleine Problemchen

++++Kapitel 7++++

Daisukes kleine Problemchen
 

Ungeduldig drehte Motomiya seinen Haustürschlüssel im dazu gehörigen Schloss um, öffnete hektisch die Tür und fiel fast schon durch diese in die Wohnung, dicht gefolgt von seinem Partner V-mon und dem kleinen Wormmon auf dessen Kopf.

Warum er es so eilig hatte? – Weil er verdammt noch mal nur noch wenige Sekunden Zeit hatte! Für ihn stand gerade einiges auf dem Spiel. Wenn er nicht innerhalb der nächsten paar Sekunden seine Mutter vom Haustelefon aus anrief, würde diese ihn niemals wieder allein zu hause lassen, selbst, wenn es sich auch nur um eine einzige Minute handeln würde.

So hechtete er zum Telefon im Wohnzimmer, wählte blitzschnell die Handynummer seiner Mutter an und ließ es rufen.

Während Daisuke darauf wartete, dass seine tyrannische Mutter an ihr Handy ging, schlenderte Ken gemächlichen Schrittes in die Wohnung, verschloss die Tür hinter sich, entledigte sich seiner Schuhe, stellte diese fein säuberlich hin, tat das Gleiche auch gleich mit den Schuhen seines Freundes, lagen diese bis eben noch verstreut im ganzen Flur und gesellte sich dann auch endlich zu seinem Gastgeber ins Wohnzimmer. Dort angekommen ließ er sich auch gleich halbtot auf das große Sofa fallen. So hing er nun mit einem Arm auf dem Boden hängend wie ein Schluck Wasser darauf, während er dem Gespräch zwischen Daisuke und dessen Mutter zu hörte. Beim besten Willen konnte Ken nicht verstehen, woher Daisuke und die beiden Digimon ihre Energie hernahmen. Letztere liefen noch munter, wie auch laut lachend um das Sofa herum, auf welchem er gerade lag. Am aller liebsten würde der Junge jetzt schlafen gehen, Rumtoben war jetzt nach dem Abhetzen nicht mehr drin. Schwer seufzte er. Wäre Taichi mit seinem dämlichen Streich nicht gewesen, wären sie auch im gemütlichem Tempo noch rechtzeitig angekommen, da war sich Ken absolut sicher.

„… aber Mama! – Nein, ich werde schon nichts abbrennen lassen… Ja, Ken ist hier.“ hörte man den braunhaarigen Wirbelwind zu seiner Mutter sagen, während dieser sich genervt zu Ken drehte. „Wir machen schon nichts unanständiges! – Was denkst du denn von uns?“ kurz schwieg Daisuke, hörte seiner Mutter zu, ehe er etwas lauter in den Hörer zurück brüllte. „Ich werde bestimmt nichts mit ihm tun, was ER NICHT WILL!! Und ich werde ihn auch sicher NICHT ANSTIFTEN etwas verbotenes zu tun!!“

Bei dem Gehörten musste Ken schmunzeln. ‚Wenn seine Mutter nur wüsste…’

Dieses Schmunzeln bemerkte Daisuke natürlich, erwiderte es kurz, ehe er erneut gegen die Anschuldigungen und Unterstellungen seiner Mutter ankämpfen musste.

Das Theater war Ken nur zu gut bekannt, weswegen er bald schon nicht mehr zu hörte und erledigt die Augen schloss. Ihm war klar, dass es ganz gewiss noch ein langer Abend werden würde, besonders wenn man bedachte, dass sie nach so langer Zeit endlich mal ihre Digimon wieder bei sich hatten. Aber nicht nur deshalb. Sein Dai-chan hatte ihm bereits am Vortag angekündigt gehabt, dass er etwas besonderes geplant habe, weil sie ja endlich eine Weile lang allein miteinander sein würden. Doch nun waren sie nicht mehr „allein“ miteinander. ‚Ob das etwas an seinem Vorhaben ändert? – Ich frage mich ernsthaft, was er so geheimnisvolles geplant haben will… ich konnte das nicht einmal ansatzweise aus ihn herauskitzeln, wo es mir doch sonst immer so leicht gefallen ist ihn zu durchschauen.’

Schwer seufzend legte Daisuke auf. Seine Mutter hatte es doch tatsächlich wieder geschafft ihn auf die Palme zu kriegen! Aber immerhin konnte er dank des gerade so noch rechtzeitigen Anrufes verhindern, dass ihn seine Mutter bis zum Tag seines endgültigen Auszuges auf der Pelle hing. Ganz besonders dankbar war er dafür, weil er in dem Falle dann schrecklicher Weise keine einzige Minute mit seinem Geliebten mehr allein sein hätte können, doch glücklicher Weise war er grade mal noch davon gekommen und konnte darauf hoffen, mit seinem Ken glückliche Stunden zu zweit genießen zu können.

Dieser war gerade dank der eingekehrten Ruhe, mal abgesehen von dem Lachen der herumtollenden Digimon, dabei einzuschlafen. Noch immer hing er genauso auf dem Sofa, wie er sich noch vor wenigen Minuten hatte drauf fallen lassen.

Bei dem Anblick musste Daisuke seinen Kopf schütteln. „Das muss doch total unbequem sein…“ murmelte er vor sich hin, ehe er kurz einen Blick auf die Uhr warf. Diese zeigte inzwischen schon 22 Uhr 18 an, draußen war es inzwischen dementsprechend dunkel, doch war sich Daisuke sicher, dass unten auf den Straßen noch reges Treiben herrschte. So war es ja schon immer hier gewesen, er kannte das nicht anders. Schweren Herzens den schlummernden Jungen wieder wecken zu müssen, legte er seine linke Hand auf dessen Rücken um ihn leicht zu schütteln. „Hey Schlafmütze.“ sprach er den Schwarzhaarigen leise an, um ihn nicht zu erschrecken. „Wenn du mir hier so die Nacht verbringst, wirst du morgen nur über Rückenschmerzen klagen, also steh auf.“

Ein Brummen bekam er zur Antwort, ehe Ken sich langsam erhob, nur um sich gleich wieder auf das Sofa fallen zu lassen, zog dabei aber an den Arm seines Freundes und zog so diesen mit sich.

So lag dieser nun auf dem Schwarzhaarigen, welcher ihn an sich drückte. „Och Ken, wir können aber schlecht die ganze Nacht über hier liegen bleiben!“ protestierte Daisuke nach ein paar Sekunden, in denen sein Schatz keinerlei Anstalten gemacht hatte, ihn wieder loszulassen, sogar den Anschein erregte, dass er wirklich nicht vorhatte ihn in nächster Zeit loszulassen.

Stattdessen drückte er ihn noch etwas näher an sich, als wäre der Brünette sein Kuscheltier.

„Was machen die da, Wormmon?“ fragte V-mon neugierig das grüne Wurmdigimon auf seinem Kopf.

Dieses schien gerade einen mächtigen Eifersuchtsanfall zu bekommen. So hatte es damals immer zusammen mit Ken geschmust und damals wie auch heute war es der Ansicht, dass niemand anderes das Recht hatte das mit Ken zu tun!

„Wormmon?“ fragte das blaue Digimon erneut, weil es ja noch immer keine Antwort bekommen hatte.

Böse funkelte es den Brünetten an, sagte jedoch auch weiterhin nichts.

Sich geschlagen gebend ließ Daisuke seinen Kopf neben Kens sinken. Sicher, nun lagen sie bequemer als Ken es bis eben allein getan hatte, doch die ganze Nacht auf eben diesem liegen bleiben wollte Daisuke nun auch nicht so wirklich, zu mal sie keine Decke in Reichweite hatten und ihre beiden Digimon sie gerade mit merkwürdigen Blicken bedachten. Insbesondere die für ihn undefinierbare Grimasse Wormmon machte ihm irgendwie angst. Der Anblick weckte in ihm den Drang so schnell wie möglich sich auf zu setzen, doch gab es ja noch immer ein Problem dabei.

Dieses „Problem“ begann nun auch noch sich an Daisukes Hals zu vergreifen. Genüsslich saugte er sich kurz an der ein oder anderen Stelle kurzzeitig fest, leckte über die zarte Haut, was natürlich gewisse Töne aus dem Jungen auf ihm lockte.

Unterdrück keuchte Daisuke zum wiederholtem Male auf. Es gefiel ihm, doch vor den fragenden Gesichtern ihrer Partner wollte er sich soweit es ging zusammenreißen, eine völlig neue Rolle für ihn. Sonst musste Ken den Vernünftigen von ihnen spielen, wie schwer das manchmal sein konnte, bekam er gerade am eigenem Leibe zu spüren. „Ah…! Keeen! Lass das doch mal! Ich hab Hunger! – Komm, lass uns schnell noch etwas essen, ja?“ und so begann er rum zu zappeln, sodass Ken ihn tatsächlich losließ, sichtlich enttäuscht.
 

Mit Wormmon auf den Armen betrat nun Ken das Zimmer Daisukes. Am liebsten wäre er bereits unter der Dusche eben eingeschlafen, doch beschäftigte ihn die Frage, was sein Dai-chan denn eigentlich geplant hatte, so sehr, dass er es so gerade noch schaffte die Augen auf zu halten. Völlig kaputt ließ er sich auf Daisukes Bett nieder, musste auch gleich danach herzhaft Gähnen.

Derweil schaute sich Wormmon verwundert in dem Zimmer vom Schoß seines Partners aus um. Eigentlich war es davon ausgegangen, dass es mit Ken zusammen, wie bei früheren Übernachtungen bei Daisuke, auf einem Futon auf dem Boden schlafen würde, doch ein solches war nirgends zu sehen.

„Was hast du denn?“ fragte Ken seinen Partner.

Dieser blickte auf. „Wo schlafen wir?“

Mit hochgezogener Augenbraue schaute Ken darauf auf Wormmon, ehe ihm wieder einfiel, dass es ja nicht wissen konnte, dass sich inzwischen einiges verändert hatte, insbesondere was die Beziehung zwischen ihm und Daisuke betraf. So versuchte er es Wormmon so einfach wie möglich zu erklären, für große Erklärungsversuche war er zur Zeit eh zu müde. „Also, wir schlafen zusammen mit Dai-chan und V-mon im Bett.“

„Warum?“ erwiderte es.

„Äh, na ja, weil er und ich ein Paar sind… Das machen Paare nun mal so.“ dass Paare noch so einiges mehr miteinander machen, wollte er Wormmon vorerst noch nicht erzählen, wusste er doch selbst, wie eifersüchtig sein Partner werden konnte. Noch einmal solch eine Show wie damals in Mexiko an Weihnachten vor sechs Jahren wollte er nicht unnötig heraufbeschwören. Wormmon hatte sich mächtig mit dem kleinen Mädchen damals angelegt, dabei war es doch von vornherein klar gewesen, dass er und sie nie etwas miteinander anfangen könnten, allein die große Entfernung war ein nahe zu unüberwindbares Hindernis. Zumal sie ihn nicht sonderlich interessiert hatte. - Außerdem war sie ihm viel zu jung gewesen.

„Ach so.“

Während Ken so sein Wormmon anschaute, bemerkte er etwas, das unter dem Bett hervorlugte. Neugierig griff er danach und zog es gänzlich hervor, nur um bei der Erkenntnis, um was genau es sich hierbei handelte, die Stirn kraus zu ziehen.

Wenige Minuten später stießen auch Daisuke und V-mon zu den beiden.

Das Digimon tapste gemütlich durch die ihm offen gehaltene Tür ins Zimmer.

„Sorry, hat etwas länger gedauert, aber V-mon wollte einfach nicht mehr raus aus der Dusche.“

Ertappt kicherte das Digimon ehe es mit einem Satz auf das Bett zu Wormmon und Ken sprang.

Noch mit nassem Haar beugte Daisuke sich zu Ichijouji hinunter um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken.

Bei diesem Anblick starrte Wormmon vom Kopfende des Bettes nahezu entsetzt auf die beiden Jungs. Da war sie wieder, die Eifersucht.

Als sie sich wieder voneinander lösten, grinste Daisuke Ken glücklich an. Dieser grinste zwar auch, aber irgendwie war dieses Grinsen anders als das, was er sonst zu Gesicht bekam. „Ist was?“ fragte Daisuke zögerlich.

„Eine nette Bettlektüre hast du, das muss ich ehrlich sagen.“

„Hä?“ Bettlektüre? Seit wann hatte er denn auch schon so was? Er las doch schließlich nie etwas aus freien Stücken, also verstand er auch nicht wovon Ken gerade sprach, schaute ihn dementsprechend auch an.

„Du scheinst ja ganz schön gerne darin gelesen zu haben.“ Ken war es klar, dass sein Dai-chan noch ewig brauchen könnte, um zu verstehen, was er denn nun meinte und weil Ken es kaum erwarten konnte, das entsetzte Gesicht von ihm zu sehen, verkürzte er diese Phase seines “Spiels“, indem er sein Fundstück hinter seinem Rücken hervorholte und es zusammengerollt auf Daisuke richtete.

Dieser blinzelte ihn zunächst verwundert an, begriff jedoch mit einem kurzen Betrachten der zusammengerollten Zeitschrift vor sich, sodass er geschockt seine Augen weit, sehr weit aufriss. ‚Scheiße!’ hallte es durch seinem Kopf. Knallrot begann er stotternd nach einer Erklärung für das Ganze zu suchen, doch so auf die Schnelle wollte ihm einfach nichts einfallen!

Dieser Anblick amüsierte den Blauäugigen köstlich. Er nahm es Daisuke keines Falls übel, dass er so etwas besaß, war er doch schließlich auch nur ein Teenager.

„Also weißt du, das… das … gehört nicht … mir – wirklich!“ versuchte der Brünette der beiden sich zu verteidigen.

„Ach ja? Wem soll es denn dann gehören? – Deiner Schwester? – Ich bezweifele dass deine Eltern solche Zeitschriften lesen.“

„Ja. – Nein! Also…“

„Also?“

Sich räuspernd fuhr Motomiya fort. „Das hab ich von jemandem letztens … geschenkt bekommen.“

Ungläubig zog Ken eine Augenbraue hoch. „Geschenkt? – Und das soll ich dir jetzt abkaufen, oder wie?“

„Ok, letztens ist etwas übertrieben… vorhin trifft es genauer…“ noch mit roten Wangen kratzte er sich verlegen am Hinterkopf. „Ich habe nur vorhin, als du noch im Bad warst, einen kurzen Blick hineingeworfen, ehrlich!“

„Von wem hast du es denn?“

Ganz kleinlaut antwortete Daisuke: „Taichi…“.

‚Von Taichi also. – Das macht Sinn.’ Nach dem Geständnis vorhin von eben diesem und Yamato verwunderte Ken ein solchen „Geschenk“ nicht mehr all zu sehr. Doch blieb die Frage offen wann er diese Sonderausgabe eines Schmuddelmagazines für Schwule seinem Freund zugesteckt hatte.

„…Bist du jetzt sauer?“ fragte Daisuke mit einer Schmollmine.

Verneinend schüttelte Ken den Kopf. „Warum sollte ich auch?“ Nun lächelte Ken ihn wieder mit dem süßen Lächeln an, welches dieser so sehr an ihm liebte. „Komm, lass uns endlich schlafen.“

Zunächst verdutzt drein schauend, dann glücklich grinsend fiel er Ken um den Hals und fiel so mit ihm auf das Bett, sodass der Schwarzhaarige nun unter ihm begraben lag.

Ein paar Minuten später lagen die beiden Jungs unter einer Decke dicht aneinander gekuschelt, wohingegen es sich die beiden Digimon am Fußende des Bettes bequem gemacht hatten.

Daisuke ließ seine Hand über den Rücken seines Freundes auf und ab wandern, worauf dieser sich noch ein wenig enger an ihn schmiegte. Zufrieden lächelnd küsste er den schwarzen Haarschopf, welcher auf seiner Brust ruhte, spielte ein wenig mit der Hand Kens, die ebenfalls auf ihm lag.

Dieses Spiel war Ken nur zu gut bekannt, spielten sie es doch schon seit ein paar Nächten noch vor dem Einschlafen miteinander. Ein wohliger Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Diese Nähe versetzte ihn zunehmend in eine Art Rauschgefühl. Noch nie in seinem siebzehnjährigen Leben war er dermaßen glücklich gewesen. – Vor allem Albtraumfrei. Trotz der Dunkelheit um ihn herum konnte er ruhigen Gewissens seine Augen schließen, ohne zu befürchten, dass er jeden Moment wieder aufschrecken könnte, weil ihm sein Gehirn wieder einen Albtraum präsentieren musste. – Ob das nur an Daisuke lag oder an der Tatsache, dass er wusste, dass er nicht alleine war, war ihm nicht klar, waren diese Erklärungen doch eh miteinander verbunden. Obwohl das Licht längst ausgeschalten war, war es dennoch nicht gänzlich dunkel, sodass Ken noch schwach seine und Daisukes Hand erkennen konnte. Wie hypnotisiert beobachtete er jede noch so kleine Bewegung bis ihm die Augenlider immer schwerer wurden und er schließlich in einen tiefen Schlaf fiel.

Neugier

++++Kapitel 8++++

Neugier
 

Total gelangweilt ließ sich Ichijouji rücklings auf das Bett Daisukes fallen. Seit ganzen zwei Stunden schon war er hier in der Wohnung mit den beiden Digimon alleine, doch da diese gerade miteinander rum tollten, hatte Ken absolut gar nichts zu tun. ‚’Ich gehe nur schnell einkaufen’, hat er gesagt. ‚ich bin gleich wieder da.’ hat er gesagt… Bei ihm heißt wohl ‚gleich’ in drei Stunden, oder wie soll ich das jetzt verstehen? – Warum gibt es hier auch nichts zu tun? - Er hat sogar mal sein Zimmer richtig aufgeräumt…’ Völlig lustlos drehte er sich auf die Seite und starrte so nun Daisukes Kleiderschrank an. Ken pustete sich eine störende Haarsträhne aus die Augen, die jedoch gleich wieder ihre vorige, nervende Position einnahm. Genervt ausatmend ließ er seinen Blick durch das Zimmer gleiten, bis dieser letzten Endes an dieser gewissen Zeitschrift vom letzten Abend kleben blieb. Eine gefühlte Ewigkeit schaute er auf sie, überlegte sich, ob er wirklich einen Blick in diese riskieren sollte. – Wäre immerhin ein Zeitvertreib und schaden konnte es ja nicht, oder? – Aber was wäre, wenn sein Dai-chan ausgerechnet dann wiederkommen würde, während er sich noch die Zeitschrift genauer anschaute? Wenn er ihn dabei erwischen würde, wie er sich die Bilder darin anschaute? Nach weiteren, endlos erscheinenden pro und kontra Argumenten entschied sich Ken für den Zeitvertreib. „Dai-chan hat ja selbst mal reingeschaut, also warum sollte ich das nicht auch mal tun dürfen?“ so langte er nach dem Magazin, welches er sich wie am Vorabend skeptisch anschaute.

Der abgebildete Mann auf dem Cover der Zeitschrift war durchaus attraktiv, doch definitiv nicht nach Kens Geschmack. Zögernd schlug er die erste Seite auf, auf der einzelne kleinere Bilder männlicher Playmates zu sehen waren, wohl eine Art Vorgeschmack auf die folgenden Seiten, nahm der Junge an.

Flüchtig überflog Ken das Inhaltsverzeichnis des Magazins in seinen Händen, fragte sich dabei wofür dieses gut sein sollte, ging es den Redakteuren denn nicht hauptsächlich darum heiße, sexy Kerle ab zu bilden?

Sich auf den Rücken drehend öffnete er die nächste Seite. Ein halbnackter blonder Mann grinste ihn auch sogleich mit seinen blau-grünen Augen entgegen. Bei genauerem betrachten erkannte der Junge Milliarden winzig kleine Wassertropfen auf dessen nackter, muskulöser Brust. Diese waren nicht zu viele, aber auch nicht gerade wenig, genau richtig eben, so wirkte das Foto nicht übertrieben und versprühte einen gewissen Charme. ‚Ich dachte, die Bilder in solchen Magazinen wären schlimmer… was hier an diesem so erregend sein soll, verstehe ich aber nicht.’ Und so schaute Ken sich das zweite Bild dieser Doppelseite an, der gleiche Mann, ähnliche Situation, nur dass er im Gegensatz zum vorigen Foto lag, statt zu stehen. Wieder dieses Wasser auf ihm. ‚Ah-ja.’ dachte sich der Junge und blätterte auch schon weiter.

Auf den folgenden Seiten waren ähnliche Bilde zu sehen, nichts besonderes in Kens Augen. Der eine rekelte sich in einem gigantischen Bett – wieder halbnackt. Der nächste hatte nur eine viel zu kleine „Schürze“ – wenn man das noch so nennen konnte - um die Hüften gebunden, trug lediglich den Kragen eines Hemdes, inklusive Fliege, um den Hals und hielt in seiner rechten Hand ein Tablett mit Cocktailgläsern darauf.

Doch weiter im mittleren Teil des Magazins hielt Ichijouji kurz inne. – War es das, was er dachte, was es war? Sah er gerade richtig? – Ja, sah er, da war doch tatsächlich eine Art Fotostory, wohlgemerkt mit berechenbarem Ende, aber dennoch faszinierte diese Ken auf eine merkwürdige Art und Weise. Mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen betrachtete er jedes Bild Stück für Stück.

Im Grunde handelte es sich hierbei um eine recht simple Geschichte: zwei junge Männer, so zwischen 20 und 25 Jahren, trafen sich in einem Park, unterhielten sich kurz, ehe sie auf die Idee kamen, das, was sie damals auf dem Schuldach miteinander gemacht haben, hier im Park nach „so vielen Jahren“ zu wiederholen.

Bis hierhin hatte Ken null Verständnisprobleme, es war eben nur eine billige Erklärung für diese Branche ihre Geschichten zu präsentieren, im Grunde für die meisten männlichen Bewohner dieses Planeten völlig überflüssig.

Auf der nächsten Seite ging es auch schon so langsam zur Sache. Fummeln, Knutschen, den Partner von seinen störenden Kleidungsstücken zu befreien. Auch kein Problem soweit, alles recht logisch für Ken, dennoch fragte er sich die ganze Zeit über, was denn daran so erregend sein soll. Noch ziemlich gelangweilt von dem Magazin drehte sich Ken mit dem Gesicht zur Wand.

Nächste Seite. ‚Huah! Da geht es ja richtig zur Sache! – Hä? Wo hat der eben… Der hat seine Finger in den… - ok…’ bei diesen Bildern stieg ein kräftiger Rotton in seine Wangen und so ganz nebenbei musste er sich räuspern. – Wenn er sich so vorstellte, das mit seinem Dai-chan zu tun, begann sich durchaus so langsam etwas in ihn zu regen. Doch welche Rollenverteilung sie in ihrer Beziehung hatten, wusste Ken nicht. War er nun der männlichere oder doch eher der weiblichere Part? ‚Wie hieß das doch gleich bei Namen? – Ich hatte das doch kurz vor den Ferien bei den beiden Otaku-Mädchen in der Schule gehört…’ dummer Weise konnte Ken sich hauptsächlich an deren rum Gequietsche erinnern. Die beiden Mädchen waren ihm ohnehin nicht so ganz geheuer, nicht weil sie mehr als nur offensichtlich Mangafans sind, denn das störte ihn nicht, viel mehr lag das daran, dass sie auf ihn den Eindruck machten, als seien sie nicht ganz dicht, als hätten sie einen gewaltigen Dachschaden. – Da kannte er zwar noch ein Exemplar, doch dessen Dachschaden war wohl nicht dermaßen ausgeprägt. ‚Egal!’ dachte Ken sich und begutachtete die nächste Seite. ‚Ich kann später immer noch darüber grübeln wie das bezeichnet wird.’

Auf dieser, wie auch auf den folgenden waren diverse Stellungen zu sehen, mal lag der eine auf der Bank, dann stützte er sich an eben dieser ab, oder saß sogar beim Akt auf seinem Partner. Man konnte Ken geradezu dabei zu sehen, wie sein Gesicht einen immer kräftiger werdenden Rotton annahm.

Gerade, als er die letzte Seite der Fotostory aufschlagen wollte, wurde die Zimmertür geradezu aufgerissen und bei dem entstandenen Geräusch zuckte Ken total erschrocken zusammen. Das Magazin versuchend hinter sich zu verstecken setzte er sich auf, schaute mit rasendem Herzschlag zur Tür, atmete jedoch auch gleich wieder erleichtert auf. Schließlich hatte er mit seinem Dai-chan gerechnet, doch dort rollten gerade die beiden Digimon durch die Gegend, lachten vergnügt, während das eine das andere versuchte es ab zu kitzeln. So saß Ichijouji nun knallrot im Gesicht und mit hängendem Kopf auf Daisukes Bett. ‚Und was lernen wir daraus? – Les solchen Schweinskram einfach nicht, dann werden dir solche Momente erspart bleiben…’
 

In der Zwischenzeit war Daisuke beinahe fertig mit dem Einkaufen, er musste nur noch bezahlen, mehr nicht, dann könnte er endlich wieder zu seinen Ken-chan gehen, doch dabei hatte er auch leider sein Pech außer Acht gelassen. Dieses zeigte sich auch kaum dass er den Shop verlassen hatte.

Die Sonne knallte gerade zu vom blauen Himmel herab, sorgte wie an den Vortagen für eine unerträgliche Hitze.

Mit den Einkaufstüten beladen wollte Daisuke sich auf den Heimweg begeben, doch als er auf der anderen Straßenseite Taichis kleine Schwester erspähte und das auch noch zusammen mit Takeru, hielt er inne. – Sollte er einfach gehen? Oder die beiden höflicher Weise grüßen?

Noch vor ein paar Monaten wäre er ohne nachzudenken einfach los gelaufen, nur um mit seiner damals angebeteten Hikari sprechen zu können, doch heute war dem nicht mehr so. Was sollte er denn auch noch mit Hikari, wenn er nun glücklich mit Ken zusammen war? Bereits bevor er erkannt hatte, dass er mehr für seinen besten Freund empfand, war ihm klar geworden, dass er Hikari schon lange aufgegeben hatte, irgendwann hatte er eingesehen, dass er gegen den Blonden keine Chance hatte. Erst im Nachhinein war es ihm aufgefallen, dass er sich mehr und mehr zu Ken hingezogen gefühlt hatte, als er Hikari kaum noch zu Gesicht bekam. Sie verbrachte fast ihre gesamte Zeit damit mit Takeru oder ihren Freundinnen unterwegs zu sein und er selbst war viel mit seinem Fußballtraining beschäftigt gewesen, welches er in seiner Freizeit des Öfteren mit Ken auch noch zusätzlich vollzog.

Heute war er froh über diesen Wandel. Er konnte schon gar nicht so weit zählen, so oft hatte er eine Abfuhr von dem Mädchen bekommen. Ken hingegen hatte ihm nie einen einzigen Wunsch abgeschlagen. ‚Schon komisch…’

Bitter musste er dabei lächeln. Ja, sein Ken würde nie so gemein zu ihm sein, dieser war sogar freundlich zu ihm gewesen während er Hikari blind hinterher gelaufen war. Motomiya war sich sicher, dass Ken schon sehr lange in ihn verliebt war, doch nie hatte er auch nur das Geringste davon durchdringen lassen. Doch wenn man es genauer betrachtete, schien Ken nur ihm sich wirklich öffnen zu können, bei allen anderen erschien es ihm so, als würde der Schwarzhaarige ihnen etwas vorspielen, stets darauf bedacht nicht zu viel von sich preis zu geben. So empfand er es als eine große Ehre mehr über diesen faszinierenden Jungen erfahren zu dürfen als alle anderen.

Schweigend haftete sein Blick auf die beiden auf der anderen Straßenseite, unbeweglich stand er da, sah nichts anderes mehr als Hikari und Takeru.

Diese waren gerade dabei sich vor einem Schaufenster zu unterhalten, hin und wieder konnte man das braunhaarige Mädchen lachen sehen.

Wie sehr hatte es sich Daisuke noch vor wenigen Monaten gewünscht, Hikari so zum Lachen zu bringen, ohne, dass sie sich über ihn lustig dabei machte. – Doch dieses Recht schien wohl nur für Takeru reserviert gewesen zu sein.

Emotionslos beobachtete Motomiya, wie der Blondschopf nach den Händen des Mädchens griff, sie sofort aufhörte zu kichern und er ihr einen lang andauernden Kuss auf die Lippen drückte. Noch ehe sich die zwei voneinander gelöst hatten, entschloss sich Daisuke zu gehen. ‚Sollen die doch ruhig weiter miteinander rummachen!’

Sichtlich schlecht gelaunt, wegen dem eben Gesehenen, streifte er so weiter durch die Straßen, verdrängte die Tatsache, dass er gleich an dem Laden von Miyakos Eltern vorbeikommen würde. Extra deswegen auf die andere Straßenseite wechseln wollte er aber auch nicht wirklich. ‚Vielleicht habe ich ja doch mal Glück und ich begegne ihr und den Rest ihrer Familie ausnahmsweise mal nicht. Darauf habe ich echt null Bock!’ grummelnd wischte er sich mit dem Handrücken über seine Stirn, verfluchte innerlich die heutige Hitze. Er hatte so schon nur dünne Shorts und ein ebenso dünnes T-Shirt an, doch bei der Hitze war das wohl schon definitiv zu viel. Sollte er denn etwa nackt rum laufen, damit er nicht dermaßen schwitzen musste?

Noch ehe der Junge besagten Laden passieren konnte, verließ ein ihm nur zu gut bekannter junger Mann diesen. Sich verabschiedend winkte dieser noch mal in das Innere ehe er sich wieder dem Geschehen außerhalb des Geschäfts widmete. Kurz schaute er sich um, als hätte er die Orientierung verloren, erspähte dann aber schnell Motomiya. Freudestrahlend lief er ihm ein Stück entgegen. „Hey Daisuke!“

Etwas träge blinzelte der Angesprochene zurück, ehe er realisierte wer denn da gerade vor ihm stand. „…Tai…chi? Was machst du denn hier?“ fragte er verwirrt. Reichte es denn nicht, dass er eben erst seine Schwester gesehen hatte? Musste er jetzt den Rest dieser Familie begegnen?

„Wie es aussieht, das Gleiche wie du.“ dabei deutete er auf die Einkaufstüte. „Und wo hast du Ken gelassen?“

„Hm? Ach, der ist gerade mit unseren Digimon bei mir zu hause.“

„Ach so ist das…“ Tai legte den Kopf schief.

Stirnrunzeld musterte Motomiya seinen Gegenüber. Er war sich sicher, dass da gleich was kommen würde.

„…Was hältst du davon, wenn wir beide uns in ein Cafe setzen? Ich lade dich auch ein!“

Jeder hätte bei diesem Angebot einen Haken gesehen, nur Daisuke eben nicht, so sagte er freudig zu.
 

Wenig später saßen sie dann auch in einem Cafe, es war zwar etwas voll hier, aber immerhin hatten sie einen Tisch für sich gefunden.

Kaum, dass die Bedienung ihre Bestellung wenig später aufgenommen hatte und sie wieder allein ließ, kam auch schon der berüchtigte, der von Daisuke völlig unbemerkte, Haken zum Vorschein. „Wie lange geht das eigentlich schon mit dir und Ichijouji?“ fragte Tai unverblümt mit einem frechen Grinsen auf den Lippen.

„Seit etwas über eine Woche.“ gestand er ihm wahrheitsgetreu. – Im Lügen war er eh nie gut gewesen.

„Eine Woche also… Und wie kam es dazu? Wer hat den ersten Schritt gemacht?“

Mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen schaute der Jüngere zur Seite. „Na ja, also letzte Woche wollte ich eigentlich wie immer mit Ken Fußballspielen, doch da er sich erkältet hatte, ging das ja nicht… Und da seine Eltern arbeiten waren, habe ich mich um ihn gekümmert.“

Dreckig grinste Taichi darauf.

„Hör auf so zu grinsen! Er hatte Fieber, da habe ich sicherlich nicht das mit ihm gemacht, woran du gerade denkst!!“ fauchte er empört den Älteren vor sich an.

„Schon gut, schon gut. Erzähl weiter. Du hattest dich also um ihn gekümmert?“

„Ja. – Am Abend ging es ihm auch wieder besser, sodass er auch etwas Essen konnte, was allerdings nicht besonders lange in seinem Magen blieb. Denn so zwei drei Stunden später reiherte er es auch wieder in die Kloschüssel und es ging ihm wieder schlechter. Schließlich bat er mich, über Nacht bei ihm zu bleiben, mit in seinem Bett zu schlafen. - Ich weiß nicht ob er mich des Fiebers wegen gefragt hat, oder wegen etwas…“ verstört schaute er Yagami an „…anderem…“

Wieder dieses Grinsen, dieses Mal sehr dreckig.

„Mensch Taichi!“ fuhr er diesen gereizt an. So langsam nervte dieses versaute Grinsen ihn so richtig.

Schützend die Hände gehoben meinte er nur „Sorry! Erzähle ruhig weiter.“.

„…Jedenfalls erfüllte ich ihm seine Bitte.“ fuhr der Jüngere mit verschränkten Armen fort. „Am nächsten Tag ging es ihm dann auch soweit wieder gut und ich begann mich zu fragen warum Ken bislang nicht ein einziges Mal erwähnte, dass er an irgendein Mädchen Interesse hatte, nicht mal geschwärmt hatte er von einer… In den ganzen Jahren, die wir uns nun schon kennen, kam nichts in der Richtung von seiner Seite.“ Dass er im Gegenzug um so häufiger sich wegen Hikari bei Ken gerade zu ausgeheult hatte, ließ er bewusst aus, schließlich sprach er hier gerade mit ihrem großen Bruder.

„Und dann hattest du ihn das gefragt?“

Zustimmend nickte Daisuke. „Dummer Weise ist es nicht so gelaufen, wie ich es mir erhofft hatte. Mir ist raus gerutscht, dass ich in ihn verliebt bin, nahm es wegen seinem geschockten Gesichtsausdruck wieder zurück, meinte dass es nur ein Witz gewesen wäre.“

„Damit wurde es nur noch schlimmer, oder?“ schlussfolgerte Tai seufzend. ‚Das er auch eine solche Show abziehen musste… Aber irgendwie ist er mir wirklich sehr ähnlich in vielen Dingen.’

„Leider… Ken fing an bitterlich zu weinen, ließ nicht zu, dass ich ihn berührte und fauchte mich sogar wütend an. – Doch dann meinte er zu mir auf meine Frage hin, warum er denn rum heulen würde, dass er mich liebt.“

„Damit war dann wohl alles wieder gut?“

Sich am Hinterkopf kratzend nickte der Gefragte. „So ziemlich.“

Endlich war auch ihre Bedienung wieder bei ihnen und stellte vor Taichi einen großen Eiskaffe und vor Daisuke einen großen Eisbecher, welcher mit ganzen 6 Eiskugeln, Schokosoße und Schokostreusel bestückt war.

‚Und DAS will er jetzt ernsthaft alles in sich reinschaufeln?’ fragte sich Taichi zweifelnd, behielt jedoch seine Gedanken dies bezüglich für sich und widmete sich seinem köstlichen Eiskaffe.

Daisuke stürzte sich gleich auf sein Eis mit dem Gedanken dabei, es zu verputzen, bevor es schmilzt. - Ach, wie sehr er doch Süßes mochte! Ganz besonders Schokolade hatte es ihm angetan und in diesem Becher vor ihm gab es ja auch reichlich davon. Und es war ihm total egal, ob er gerade von anderen Leuten komisch angeguckt wurde, es schmeckte ihm nun mal zu gut. Warum sollten auch nur Mädchen solche Eisbecher essen dürfen?

Auch Taichi waren diese Blicke der anderen Gäste in diesem Cafe nicht entgangen, gestört hatte es ihn trotzdem nicht. ‚Sollen die nur gaffen…’ man hielt sie wohl für ein Pärchen, doch für ihn galt es jetzt in erster Linie mehr über die Beziehung von Ken und Daisuke zu erfahren. Er wusste zwar nicht genau warum, aber die beiden weckten sein Interesse. „Und, wie weit seit ihr schon?“ fragte er so ganz nebenbei klingend, während er in seinem Eiskaffe rührte.

Verwundert schaute der jüngere von seinem Eisbecher auf. “…Mit was?“

„Du weißt schon, habt ihr bereits miteinander geschlafen?“

Sich den langstieligen Löffel an die Lippen drückend legte sich ein kräftiger Rotton auf Daisukes Wangen. ‚Hat er das eben wirklich in aller Öffentlichkeit gefragt?’ Den verstörten Gesichter um ihnen herum zu folge ja.

Geduldig wartete Tai auf seine Antwort während er mit seinem Glas etwas spielte, es leicht nach vorn und wieder nach hinten kippte.

Leicht schüttelte der Jüngere den Kopf. „Bisher noch nicht.“ seufzend legte er den Löffel beiseite. „Ich würde ja gerne, aber ich bin mir nicht sicher, ob er es schon möchte… Wir sind ja nicht grade lange zusammen und sind zudem ja beide nicht gerade erfahren in solchen Dingen…“ Warum er das eben laut ausgesprochen hatte, wusste er nicht. Erhoffte er sich etwa einen guten Ratschlag von seinem Vorbild? Oder wollte er sich einfach nur jemandem anvertrauen, jemandem von seinen Sorgen und Ängsten erzählen? Mit Ken konnte er irgendwie nicht so leicht darüber sprechen, zu sehr schämte er sich dafür. Was wäre, wenn Ken eine andere Meinung dazu hätte? Oder noch schlimmer: wenn er noch unsicherer wäre als Daisuke selbst es bereits war?

Taichi verstand sehr gut, was ihn seinem Gegenüber gerade vorgehen musste, noch vor ein paar Jahren hatte er sich die gleichen Sorgen gemacht. „Ist doch nicht schlimm. Irgendwann kommt der Moment und du wirst es schon merken, wenn Ken es auch möchte, glaub mir.“ breit grinste der ältere Wuschelkopf den Jüngeren an.

Inständig hoffte Daisuke, dass Taichi Recht behalten würde. Während sich sein Gesprächspartner wieder seinem Getränk widmete, kam in dem Jungen eine Frage auf. „Huh.“

Verwundert blickte Tai von seinem Eiskaffe auf. „Ist was?“ Als er so Daisuke anguckte, zog er seine Augenbraue hoch. Der Grund dafür war, dass dieser ihn breit angrinste und dabei den Anschein erregte, dass er gerade perverse Gedanken haben musste. Davon konnte Taichi sicher ausgehen, denn diesen Blick hatte er schon öfter bei dem Jungen gesehen und bislang war es immer dieser Grund für dieses Grinsen gewesen.

„Hehe.“ lachte Motomiya dreckig.

„Hör auf so blöd zu lachen und sag was du jetzt schon wieder hast.“

„Du bist bestimmt Uke, ne?“ noch immer zierte Daisukes Gesicht dieses dreckige Grinsen.

„Was? – Wie … wie kommst du denn darauf?“ fragte Taichi unsicher nach. ‚Woher kennt der diese Bezeichnung?!’

„Hehe, das wüsstest du gerne, was?“

Aus einer Mischung von Wut und Schamgefühl wurde der ältere der beiden rot im Gesicht. ‚Dieser… Das ist bestimmt nur die Rache für meinen Streich. – Ganz ruhig!’ Doch dank des weiteren Kicherns des jüngeren fühlte er sich von diesem nur noch gereizter. Sich stark zusammenreißend zischte er zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen: „Das – geht – DICH – gar – nichts – an. Und nun iss endlich dein Eis auf.“ damit wollte er Daisuke nur klar machen, dass dieser sich gerade auf dünnen Eis bewegte, auf sehr dünnen.

„Voll erwischt, ne?“ freute sich Daisuke über Tais Reaktion. Während er weiter sich sein Kichern versuchte zu verkneifen, denn noch mehr wollte er Taichi auch nicht reizen - schließlich war er ja nicht lebensmüde - folgte er dem Befehl und aß artig sein Eis weiter.

Erste Erfahrungen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Erinnerungen

EDIT 11.Juni 2010:

Ab jetzt alle Kapitel - auch alle adults für jeden - bei Fanfiction.de

speziell das letzte findet ihr hier:

http://www.fanfiktion.de/s/4c06c05e00015a8006601771/9
 


 

++++Kapitel 10++++

Erinnerungen


 

Heiligabend, 5 Jahre später…
 

Selbst heute noch konnte er dieses angenehme Prickeln auf seiner Haut spüren. Obwohl diese Ereignisse, diese unerfahrenen Spielchen, bereits einige Jahre her sind, erschien es ihm oft so, als wäre all das erst gestern gewesen, als wäre alles noch greifbar nahe. Als könne er selbst heute noch den heißen Atem auf seiner Haut spüren. Als könne er diese süßlich schmeckenden, verlangenden Lippen auf seinen spüren. Als würden diese warmen Hände zärtlich über seine blasse Haut streichen, immer tiefer, sich seiner Mitte nährend…

Er schüttelte seinen Kopf. Daran sollte und durfte er einfach nicht mehr denken. Es war vorbei. Vergangenheit. Passé. Ein Abgeschlossener Teil seiner Lebensgeschichte. Unwiderruflich beendet. – Und dennoch erinnerte er sich doch gerne daran. Sie boten ihm Trost in den einsamen Nächten und machten ihm das Leben erträglicher.

Gedankenverloren streifte er wie jeden Tag durch die belebten Straßen Tokios. Wie jedes Mal, wenn er seine Arbeit hinter sich ließ – heute gezwungener Maßen - kreisten seine Gedanken ganz automatisch um die Vergangenheit. Eine Zeit, in der er unbeschwert mit seinen Freunden hatte lachen können, trotz seiner Taten. Eine Zeit, in der er bedingungslos hatte lieben können, diesen einen Menschen, der so anders war als er selbst. Der so mutig, stürmisch und so wunderbar war, mit dem er so viele heiße, leidenschaftliche Nächte verbracht hatte. Nie hätte er gedacht, dass ausgerechnet dieser eine Mensch dazu fähig gewesen wäre ihn zu verletzen, dass er ihn ebenso verletzen konnte.

Es gab Tage, an denen fragte er sich, ob es anders verlaufen wäre, wenn er damals nicht vorschnell seinen Augen getraut hätte, wenn er erst seine Seite angehört hätte, bevor er selbst seinen wohl größten Fehler beging und damit alles zwischen ihnen zerstörte.

Vor seinen blauen Augen konnte er nun eine Schneeflocke tanzen sehen, die langsam gen Boden weiter tanzte. Daraufhin blieb er stehen und schaute in den dunklen bewölkten Nachmittagshimmel über sich. Sein kinnlanges schwarzes Haar wehte in dem leichten, aber kalten Winterwind.

Wehmütig wurde ihm erneut klar, dass wieder ein Jahr einfach so an ihm vorbeigezogen war. Er hatte ein weiteres Jahr in seiner Einsamkeit durch gestanden. – Sicher, es gab nach wie vor Menschen, die sich um ihn sorgten, um die er sich sorgte, dennoch fühlte er sich in mitten dieser Menschen einsam. Es gab nur sehr wenige, die wussten, dass er ihnen nur vorspielte dass er glücklich war. Mit einem dieser Menschen wohnte er seit einigen Jahren schon zusammen.

Sie wusste wohl als einzige von seinen wahren Gefühlen. In ihren Augen konnte er sehen, dass sie sich die Schuld gab, die Schuld, dass er heute so litt. Sie gab sie sich, obwohl er sie ihr nie zugeschrieben hatte. Der Auslöser für sein Leid war lediglich eine aneinander Reihung von Missverständnissen. Er konnte ihr nicht die Schuld dafür geben, dass er in seinem Schmerz schwach wurde, sich nach körperlicher Nähe gesehnt hatte. Sie war, ob nun durch Zufall oder vielleicht doch so etwas wie Schicksal, einfach da gewesen. Vielleicht trug auch sein Alkoholpegel in jener Nacht auch seinen Teil dazu bei.

Ein paar Schritte ging er weiter, ließ seinen Blick an den festlich geschmückten Schaufenstern entlang streifen. Kurz blieb er an einem von den massigen Schaufenstern stehen. Die bunten Lichter strahlten ihm entgegen und aus der offen stehenden Ladentür drang ein Lied an seine Ohren. Schnell erkannte er die Melodie und wusste, dass es sich um die aktuellste Single, ein Weihnachtslied, von dem derzeit bekanntesten Sänger Japans handelte: Yamato Ishida. Bereits vor ein paar Jahren hatte dieser es geschafft mit seiner Band den Aufstieg in die Charts zu schaffen. Jeder schien ihn zu kennen, doch ihm war der blonde Sänger inzwischen fremd geworden. Nicht, weil dieser durch seine Musikkarriere ihn und die Rest seiner alten Freunde nicht mehr beachtete, denn der Blondschopf nahm sich nämlich soviel Zeit wie nur möglich für sie.

Doch er selbst wollte das nicht. Denn das hätte ja für ihn bedeutet, dass er sich erneut mit der Vergangenheit hätte auseinandersetzen müssen. Er wusste zwar, dass der eine Mensch, der ihm soviel bedeutet hatte - es selbst heute noch tat - nicht bei den Treffen dabei sein konnte, weil dieser bereits eine Zeitlang in den USA lebte. Trotzdem ertrug er es nicht bei ihnen zu sein. Sie alle wussten, was zwischen ihnen gewesen war, wie es ein jähes Ende genommen hatte und gerade dieses Wissen und den daraus resultierenden mitleidigen Blick konnte und wollte er nicht mehr sehen. Hinzu kam erschwerend, dass es ausgerechnet Yamato gewesen war, der ihn mit allen Mitteln versucht hatte dazu zu bringen, sich wieder mit ihm zu versöhnen. Noch heute hallten die Worte des blonden Sängers gelegentlich in seinen Ohren wieder. „Ihr liebt euch doch beide noch gegenseitig, also warum stößt du ihn trotzdem von dir weg? Ihr habt beide Fehler begangen, wieso nur tust du dir und ihm das an? Wir alle sehen doch, wie ihr leidet… – Ich versteh dich einfach nicht!“ Von diesem Moment an vermied er jegliches Aufeinandertreffen mit seinen Freunden, sofern er es verhindern konnte.

Bei den meisten Treffen mit ihnen konnte er sich herausreden, dass er keine Zeit hätte, weil er gerade mit der Lösung eines Falles beschäftigt war oder massig Papierkram zu erledigen hätte. Er war sich sicher, dass sie ihm dies schon lange nicht mehr glaubten. Sie wussten dass er sie schamlos anlog, sie alle auf Distanz halten wollte.

Und ausgerechnet heute stand wieder ein solches Treffen an. Lange schon hatte er darüber nachgedacht, ob er vielleicht doch hingehen sollte, hatte das Für und Wider abgewogen. Doch eine endgültige Entscheidung hatte er noch immer nicht getroffen.

Schwer atmete er aus. Mit der Hoffnung, er würde durch seine Mitbewohnerin, wie er sie nannte, eine Entscheidung treffen können, trat er nun das letzte Stück seines Heimweges an.
 

Kaum, dass er die Wohnungstür hinter sich schloss, konnte er das näher kommende Trampeln von kleinen Füßchen hören. Jetzt galt es wieder seine fröhliche Maske aufzusetzen.

„Papaaaaa!“ rief ein kleines schwarzhaariges Mädchen überglücklich und stürmte auf ihn zu, bis sie ihn an den Beinen umarmte und so zum Stillstand kam.

„Nicht so stürmisch, meine kleine.“ mahnte er sie lächelnd, während er ihr den Kopf tätschelte.

Aus der Küche trat nun eine junge Frau in den Flur. Ihr langes Haar trug sie entgegen ihrer sonstigen Art zum Zopf. „Du bist ja doch früher nach Hause gekommen.“ stellte sie mit einem leisen Hauch von Freude fest.

Leicht lächelte er sie an. „Der Chef meinte, wir sollen für heute Schluss machen und uns nicht das Fest entgehen lassen wie im letzten Jahr.“

„Ach so ist das… - Dann könntest du ja vielleicht doch nachher mitkommen.“ meinte sie während sie sich wieder in die Küche begab.

Er wusste, dass das heutige Treffen bei Hikari und Takeru stattfinden sollte. Die beiden mochte er, er sah sie quasi als das perfekte Pärchen. Sie waren seit etwas über einem halben Jahr miteinander verheiratet und erwarteten im Frühling ihr erstes Kind. Wie sehr sich die beiden darüber freuten, bekam er fast jeden Tag von seiner aufgedrehten Mitbewohnerin zu hören. Jedes Mal, wenn sie über die beiden sprach, leuchteten ihre braunen Augen hinter ihren Brillengläsern hell auf.

Der Grund dafür war ihm nur all zu gut bekannt. Sie wollte, dass es zwischen ihm und ihr genauso ist. – Sie lebten zwar schon wesentlich länger zusammen, hatten ein Kind miteinander, aber dennoch fehlte das entscheidende Etwas: die Liebe. Für ihn war es nichts weiter als das Pflichtgefühl, das ihn noch hier hielt und das wusste sie. Egal wie sehr sie ihn liebte, wie stark sie um die Erwiderung ihrer Gefühle bei ihm kämpfte, es half nichts. Da war einfach nichts, dass stark genug war, damit er ihr auch nur ansatzweise die gleichen Gefühle entgegen hätte bringen können. – Sie war für ihn eine gute Freundin, nicht mehr und nicht weniger.

„Komm, lass uns zu Mama gehen. Vielleicht erlaubt sie uns noch ein paar Kekse zu essen vor dem Essen.“ mit diesen Worten hatte er seinen Mantel und den Schaal an der Garderobe aufgehängt.

„Au jaaa!“ freudig hob sie ihre Arme in die Höhe.

„Und hepp.“ so hob er sie hoch und trug die Kleine hinüber in die Küche.
 

Ungeduldig hüpfte die Kleine von einem Fuß auf den anderen. „Nun macht schon!“ quengelte sie ungeduldig.

„Sag das deiner Mama.“ kommentierte er das Quengeln seiner Tochter und gesellte sich zu ihr in den Flur, damit er ihr schon mal beim Anziehen ihrer Jacke helfen konnte. „Weißt du, erwachsene Frauen brauchen immer eine Ewigkeit, bis sie fertig sind sich ihre gesamten Outfits einmal komplett durch anzuprobieren, nur um am Ende wieder beim ersten zu landen und sich für dieses letzten Endes doch entscheiden.“ erklärte er, während er seiner Tochter die Jacke überstreifte und auch den Reißverschluss hochzog.

Darauf kicherte die Kleine.

„Ich habe das gehört!“ rief besagte mit einem empörten Unterton in ihrer Stimme aus dem Schlafzimmer.

Darauf mussten die beiden im Flur lachen.

Er war sich sicher, dass sie sich ertappt fühlte. Er kannte sie schon lange und besonders gut kannte er sie seit den ersten Wochen, in denen sie schon zusammengewohnt haben. Bereits damals war ihm diese Tatsache bei ihr aufgefallen. – Wie auch ihre geschickte Überredungskunst. Diese hatte er vor nicht einmal einer Stunde erneut erleben können. Sie hatte es tatsächlich geschafft ihn zu überreden mitzukommen.

„So, können wir?“ fragte sie ihn und ihre Tochter, als sie in den Flur trat.

„Wenn du soweit bist, jederzeit.“ antwortete er ihr lächelnd und erhob sich aus der Hocke. „Habt ihr auch alles?“ fragte er als er den Damen die Tür aufhielt.

„Jaaaa Papa!“ erwiderte seine Tochter und machte sich eiligen Schrittes auf zum Fahrstuhl.

Als dann auch sie an ihm vorbeiging, meinte er einen ungewöhnlichen Gesichtsausdruck bei ihr bemerkt zu haben. Irgendwas verschwieg sie ihm gerade, da war er sich sicher.
 

„Oh man…“ murmelte ein braunhaariger junger Mann vor sich hin. Er hatte es tatsächlich getan. Er war wieder zurück, zurück in seiner Heimatstadt. Missmutig blickte er sich in diesen riesigen Flughafen um.

Er war sich eigentlich nicht mal sicher, warum er überhaupt wieder zurück kam. – In den USA hatte er inzwischen gute Freunde gefunden, ein stabiles Leben aufgebaut und hatte mit seinem mobilen Nudelsuppenstand ganz gut verdient. – Doch wenn er ehrlich zu sich war, bedeutete ihm all das nur wenig. Die ganze Zeit über hatte er Sehnsucht gehabt. Sehnsucht nach seiner Familie, seinen alten Freunden und ganz besonders nach ihm.

Es war ihm klar, dass dieser weder ihm noch sich selbst verzeihen konnte. Er wusste durch die vielen E-Mails der anderen, dass er sich sein eigenes Leben aufgebaut hatte. Er hatte eine Tochter, um die er sich zu kümmern hatte, wie auch um sie, Miyako.

Ein trauriges Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

Miyako hatte es wohl letzten Endes doch geschafft ihn zu bekommen. Das war für ihn der Beweis gewesen, dass sie im Gegensatz zu den anderen keine einzige Kontaktaufnahme versucht hatte, ihr Trumpf eben. - Sogar er hatte es versucht, zumindest hatte ihm das Taichi mal geschrieben. – Doch niemand hatte Miyakos Gründe erwähnt. Das einzige, was er im Bezug auf sie hörte war, dass sie in ihrer Mutterrolle voll aufgehen soll und auch, dass sie mit ihm zusammen lebte. Der einzige Lichtblick war für ihn bislang gewesen, dass sie nicht geheiratet hatten - noch nicht - so wie es Takeru und Hikari getan hatten.

Auf der Hochzeit im vergangenen Frühjahr war er zwar gewesen, doch ihn] hatte er dort nicht angetroffen. Man hatte ihm nur gesagt, dass er aufgrund eines Mordfalles nicht hatte kommen können. Damals war er sehr betrübt deswegen gewesen. Doch was hatte er auch erwartet? – Dass er ihn freudig umarmen würde? Dass er ihn genauso vermisste, wie er ihn?

Von Zeit zu Zeit hatte er sich gewünscht, dass er geblieben wäre, dass er es niemals in Betracht gezogen hätte nach Amerika zu gehen. Dann hätte sich das ganze vielleicht besser entwickelt und er hätte eventuell eine normale Freundschaft zu ihm wieder aufbauen können. – Doch das war reines Wunschdenken. Es würde niemals so werden wie früher. Zwischen ihnen lag alles in Trümmern.

Antriebslos bewegte er sich auf die Gepäckausgabe zu. Dort angekommen überlegte er, ob er vielleicht doch jemanden anrufen sollte, dass er wieder in Tokio war und gerne vom Flughafen abgeholt werden würde. Bisher hatte er niemandem etwas gesagt, dass er es überhaupt in Erwägung gezogen hatte, geschweige denn, dass er es nun wirklich getan hatte. Er wusste auch nicht so recht, wohin fürs Erste. Sollte er sich ein Hotelzimmer nehmen oder doch bei seinen Eltern vorbeischauen? – Zu seiner Schwester wollte er nicht so recht gehen, diese hatte sicherlich viel mit ihrer Tochter zu tun. Zumal er ihrem Freund dann über den Weg laufen müsste und dann wäre es nur eine Frage von Minuten, bis auch die anderen wussten, dass er wieder da war.

Da konnte er sich auch gleich bei Taichi melden.

Als er seine Koffer sah, griff er gleich nach ihnen und sah zu, dass er so schnell wie möglich zum Ausgang kam. Schwer seufzend griff er nach seinem Handy in seiner Jackentasche. „Also Tai, dann werden wir mal sehen, ob du wirklich kommst.“ und so drückte er auf den grünen Knopf und ließ es bei dem älteren klingeln.

Bis dieser endlich ran ging dauerte es ein Wenig. „Hallo?“ fragte er.

Er hatte glatt vergessen, dass er seine Nummer unterdrückt hatte. „Hey, Tai! Ich bin’s“

„…Daisuke?“ fragte Taichi hörbar verwundert.

„Jap.“ im Hintergrund konnte er jemanden hören, der die Frage seines Gesprächspartners ebenfalls verwundert wiederholte.

„Jetzt sei doch mal still. – Äh, wie kommt es, dass du mich anrufst? Es ist doch teuer von Amerika aus nach Japan zu telefonieren.“

„Sicher ist es das.“ meinte er Schultern zuckend dazu. „Aber von da aus rufe ich nicht an.“

„Hä? Von wo denn dann?“

Er kicherte. „Das kannst du dir sicherlich denken.“

Eine kurze Stille trat ein, in der Tai zu überlegen schien. „Echt? Du bist hier? – In TOKIO?“ im Hintergrund war erneut diese Stimme zu hören. Diese war nun lauter als zuvor, sodass er annahm, dass der Besitzer der Stimme nun direkt neben Taichi stand. „Wo genau bist du?“ fragte Taichi aufgeregt.

„Am Flughafen von Narita. Bin erst vor kurzem gelandet.“

„Warum hast du mir nichts gesagt? – Hast du es überhaupt jemandem erzählt?“

„Bist der erste.“

„Hm, lass mich raten: Du möchtest gerne abgeholt werden?“

„Gut erkannt. – Natürlich nur, wenn es keine Umstände macht.“

Leises Getuschel war am anderen Ende der Leitung zu hören. „Macht es nicht. Ich mach mich auf den Weg! – Bis gleich!“

„Ok, bis gleich.“ damit war das Telefonat beendet.

Nun würden es gleich alle wissen, da war er sich sicher. Wenn nicht Tai die Nachricht verbreiten würde, würde es sicher Yamato tun, den er im Hintergrund eben gehört hatte. Dieser würde es zuerst seinem Bruder weiter erzählen und damit wäre auch schon Hikari informiert und sie wiederum würde es den restlichen Mädels verkünden, während diese dann, oder Yamato, es den Jungs verraten würden.

Es war ja nicht weiter verwunderlich. Schließlich war er vor etwas über 3 Jahren nach Amerika gegangen. Seit dem hatten sie sich im Grunde gar nicht gesehen, lediglich auf der Hochzeit war es möglich gewesen.

Da huschten auch schon die Erinnerungen dieser vor seinem inneren Auge vorbei. Auf dieser hatte er seine Tochter zum ersten Mal gesehen. - Vorher war es nicht möglich gewesen, denn zu der Zeit, als er ging, war sie gerade mal ein paar Wochen alt gewesen und er hatte sich nicht getraut ihm unter die Augen zu treten. - Auf der Hochzeit hing die Kleine die meiste Zeit über an Miyakos Rock. Aus der Entfernung hatte er gleich die Ähnlichkeit zu ihm erkannt. Das gleiche schwarze Haar, die gleichen blauen Augen. Sogar ihre Gesichtszüge ähnelten sich. Als Miyako sie ihm verzweifelt in die Arme gedrückt hatte, als diese dringend mal wohin musste mit den restlichen Brautjungfern, war er im ersten Moment überfordert. – Warum ausgerechnet er? - Gerade mal ein Minimum hatte er noch von den paar Malen, die er auf seine Nichte aufgepasst hatte gewusst. So hatte er schnell das Problem, dass die Kleine lieber wieder zu ihrer Mama wollte und zu Heulen anfing.

„Jetzt weine doch nicht, Süße.“ hatte er damals zu ihr gesagt. „Deine Mama kommt gleich wieder.“

Sie hatte geschlurzt, dennoch hatte sie ihre Arme ausgebreitet, als Zeichen, dass er sie in seine nehmen sollte. Als er dieser stummen Aufforderung nachgegangen war, hatte er deutlich hören können, wie sie immer wieder „Papa“ gegen seine Brust schlurzte.

Damals hatte er das nicht so ganz verstanden, doch heute wusste er, dass ihr lieber Papa nicht nur an einem Mordfall zu arbeiten gehabt hatte, wie es damals geheißen hatte, sondern sogar mit einer Schussverletzung im Krankenhaus gelegen hatte. Er war sich sicher, dass die Kleine das irgendwie gespürt hatte, dass es ihrem Papa nicht gut ging, obwohl er sich ebenfalls sicher war, dass man ihr davon nichts gesagt hatte.

Inzwischen stand er am Ausgang und wartete darauf, dass man ihn abholte. Er fragte sich, wie lange Tai noch brauchen würde, schließlich wusste er nicht mal wo dieser heute wohnte. Dunkel konnte er sich erinnern, dass Taichi einmal in einer E-Mail erwähnt hatte, dass er und sein Yama umgezogen seien – der aufdringlichen Fans wegen. „Hoffentlich braucht er nicht mehr lange.“ murmelte er.

Durch die großen Glastüren und Glasscheiben schaute er in den dunklen Nachmittag hinaus. Erstaunt stellte er fest, dass es sogar hier in Tokio gerade schneite. Dabei war dies sehr ungewöhnlich für diese Region des Landes. Einige Minuten lang betrachtete er noch die Schneeflocken, ehe er durch die Rufe Taichis aus seinen Gedanken gerissen wurde.

„He! Daisuke!“ rief der ältere ihm zu, während er auf ihn zu ging. „Man, ich hätt’ dich glatt nicht wieder erkannt.“

Darauf legte er seinen Kopf schief. – Hatte er sich so sehr verändert? Seine Frisur war im Grunde noch genauso wie vor drei Jahren, gewachsen war er auch nicht – wie auch – und sonst war er doch eigentlich noch immer der gleiche wie damals, oder?

„Seit wann trägst du denn solche Jacken? – Wie kannst du dir das überhaupt leisten?“ fragte Taichi sichtlich interessiert, als er endlich neben ihm stand.

Verwundert blickte er nun auch seine Jacke an. „Ach das meinst du. Ein Kumpel meinte, dass die mir stehen würde und hat mich gedrängt die zu kaufen…“ ihm war gänzlich entgangen, dass diese Jacke alles andere als billig gewesen war und von einem der Topdesigner der Welt stammte.

„Wow, da scheinst du ja doch ’ne Menge mit deinem Restaurant zu verdienen.“

„… Geht so …“ Dass er dieses bereits vor ein paar Wochen verkauft hatte, wollte er ihm aber nicht sagen. Die ständige Ungewissheit, ob er auch genug Einnahmen machen würde, hatte ihn trotz seiner Stammkunden fast wahnsinnig gemacht. Da hatte er keinen anderen Weg mehr gesehen und hatte kurzfristig den Entschluss gefasst den Stand zu verkaufen und etwas später dann wieder zurück zu kommen.

„Na dann komm, mein Auto steht da drüben.“ mit dem Zeigefinger deutete Taichi die Richtung an ehe er sich einen der Koffer schnappte.
 

Im Auto fühlte er sich schon viel besser. Dank Taichi hatte er wenigstens einen, den er wenn nötig um Rat fragen konnte.

Dieser konzentrierte sich auf den dichten Straßenverkehr und konnte sich so nur schwer mit seinem Beifahrer unterhalten. „Ach, ehe ich es vergesse: wie der Zufall es so will, wollen wir uns heute alle wieder treffen. – Also wenn du Lust hast, kannst du gerne mitkommen.“

Bei dem gehörten blitzten seine Augen auf. „Wir?“ wiederholte er.

„Jup. Alle elf – mit dir zwölf. Zumindest ist es so geplant…“

Dass Taichi den letzen Teil leiser von sich gab machte ihn stutzig. „Wie meinst du das?“

„Weißt du, in den meisten Fällen macht uns da ein gewisser jemand einen Strich durch die Rechnung. Es ist wirklich schwer ihn dazu zu bringen wirklich zu kommen. Immer redet er sich raus, weil er ja ständig an diverse Fälle zu arbeiten habe und dann auch noch der ganze Papierkram…“ erklärte Taichi dem Jüngeren die Situation und auch ohne, dass er den Namen desjenigen erwähnte, war er sich sicher, dass er wusste, von wem er sprach.

„Das passt irgendwie nicht zu ihm.“ meinte er darauf nur.

„Das haben wir uns anfangs auch gedacht, aber inzwischen sind wir uns einig darüber, dass er glaubt, dass wir ihn, wenn er denn zu den Treffen kommen würde, drängen würden, mit dir Kontakt auf zu nehmen.“

Darauf schnaubte er verächtlich, was Taichis Aufmerksamkeit weckte und dieser ihn nun anschaute während sie an einer roten Ampel standen. „Als ob er der einzige wäre…“

„Hm?“

„Er ist nicht der einzige von euch, der es nicht getan hat… von Miyako habe ich in den letzten Jahren rein gar nichts gehört… und wenn nur, wenn mal einer von euch etwas geschrieben hatte.“ bockig hatte er seine Arme vor der Brust verschränkt.

„So ist das also…“ kommentierte er die Aussage gedehnt und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Straßenverkehr um ihn herum zu. „Sie wird nachher bestimmt kommen. Dann kannst du ja auch mal die kleine Noriko wieder sehen. Sie kommt wirklich stark nach ihren Eltern, ein kluges Mädchen ist sie.“

„Was macht dich da so sicher?“ fragte er mit hochgezogener Augenbraue nach.

„Na ja, zum Beispiel scheint sie sich immer noch an dich zu erinnern und spricht seit ein paar Wochen wieder ständig von dir. Sogar einige Bilder hat sie von dir gemalt.“

Er wusste zwar, dass die kleine von ihm fasziniert gewesen sein musste seit der Hochzeitsfeier, doch dass sie es selbst jetzt, über ein halbes Jahr später, noch war, erstaunte ihn. – Sie war doch noch nicht einmal vier, wie konnte sie sich denn so gut an ihn erinnern? Den Rest der Fahrt überlegte er, was der Grund dafür war – zumindest versuchte er es.

Taichi neben ihm wurde aufgrund des stockenden Verkehrs immer aggressiver. „Arg! Es ist grün, GRÜHÜN! Wieso fährt die alte Schachtel vor uns nicht los?!“

„Beruhige dich. – Siehst du? Sie fährt schon.“ doch selbst diese Tatsache schien seinen Fahrer nicht zu besänftigen. So langsam bekam er nun Angst um sein Leben. Die Sache mit der Oma vor ihnen war noch verhältnismäßig harmlos gewesen, denn im nächsten Moment setzte Tai zu einen riskanten Überholungsmanöver an, sodass sein Herz ihm in die Hose rutschte und er sich verängstigt in den Sitz krallte als Tai mit voller Kraft auf das Gaspedal trat, sodass die Reifen laut quietschten. Er war so verängstigt von diesem Fahrstil, dass er noch nicht einmal mehr schreien konnte.

Es war wirklich Millimeterarbeit gewesen, wie Taichi gegenlenkte und so den drohenden Aufprall mit dem LKW vor ihnen abwandte. Breit grinste Taichi und wiederholte solche Manöver noch einige Male mit einem hämischen Lachen, ehe er gemächlich in die Tiefgarage seines Wohnblockes fuhr und dort das Auto parkte. „Wir sind daha!“ verkündete er freudestrahlend und blickte neben sich. „Was hast du denn Daisuke?“

Kreidebleich im Gesicht und mit weit aufgerissenen Augen starrte er starr geradeaus. Bis die Worte Taichis in sein Bewusstsein drangen dauerte es ein Wenig. So langsam wich die Angespanntheit von ihm und er ließ sich erleichtert in den Sitz sinken. Wie er diese Fahrt hatte überleben können war ihm ein wahres Mysterium. – Doch eines schwor er sich: niemals wieder würde er in ein Fahrzeug steigen, das von Taichi Yagami gesteuert wurde.

Besoffen und trotzdem gut

++++Kapitel 11++++

Besoffen und trotzdem gut
 

Nun stand er vor ihnen. Nach so langer Zeit war er wieder zurück in Japan und hatte so die Möglichkeit ihnen persönlich gegenüber zu stehen. – Ob das nun gut oder schlecht war, konnte er noch nicht sagen. Etwas unsicher begrüßte er sie mit einem „Hey Leute!“

Taichi und Yamato hatten vor ihm die Wohnung von Takeru und Hikari betreten und standen ihm so nun am nächsten.

Die anderen schienen es wirklich nur schwer glauben zu können, dass er wirklich wieder da war.

„Es ist wirklich wahr… Du bist echt wieder hier.“ erklang als erstes Hikaris zarte Stimme.

„Live und in Farbe.“ meinte er grinsend darauf.

„Du hättest uns echt mal vorher Bescheid geben können.“ sagte Takeru und knuffte dem Neuankömmling freundschaftlich in die Seite.

„Das hab’ ich ihm vorhin auch schon gesagt.“ in aller Ruhe schlängelte sich Taichi an den anderen vorbei um an das Essen ranzukommen.

In solchen Sachen hatte sich sein Vorbild wohl nicht verändert, bemerkte er während er von dem Rest der bereits anwesenden Truppe begrüßt wurde. Etwas enttäuscht stellte er fest, dass momentan nicht alle anwesend waren, denn zwei, denen sein gesondertes Interesse galt, fehlten. „Wo… Wo sind denn Miyako und Ken?“ fragte er und versuchte diese Frage nebensächlich klingen zu lassen, er hätte ja auch noch fragen können, wo Jou und Koushiro waren.

„Sie müssten auch gleich hier eintreffen. – Sicher hat Miyako bis zur letzten Sekunde versucht ihn zu überreden.“ antwortete Mimi kichernd und bekam dafür einen Stoß von Soras Ellenbogen in die Seite.

„Mimi!“ zischte Sora tadelnd.

„Immer mit der Ruhe. Ich hab ihm schon von Ichijoujis tolle Angewohnheit berichtet.“ erzählte Taichi belustigt und wich dabei vor Yamato zurück, weil diesem es nicht passte, dass sein Freund sich schon wieder auf einer Party vorhatte voll zu stopfen, und eigentlich vorgehabt hatte, das Handgelenk Taichis zu packen.

‚Angewohnheit…‘ dachte er sich ‚dann wird er es sicher schon sehr lange so tun.‘

„Setz dich erst mal und erzähl uns, was dich so plötzlich hierher treibt.“ forderte Takeru ihn auf und schob ihn förmlich zum Sofa, auf welchem er sich mit ihm dann auch setzte.

„Äh, na ja, einen besonderen Grund habe ich eigentlich nicht…“ begann er verlegen. Er konnte ihnen ja schlecht sagen, dass er Heimweh bekommen hatte und zudem auch noch Schiss vor dem ihm drohenden Einbürgerungstest hatte, von dem Verkauf seines Standes mal ganz zu schweigen…

„Ja klar, als ob du dich einfach so auf zum Flughafen machst - nur so zum Spaß - und einfach so nach Tokio fliegst.“ kommentierte Yamato ihn sarkastisch. „Jetzt rück schon raus mit der Sprache und stehe wenigstens dazu, dass du Heimweh hattest!“

Alle starrten den blonden Sänger empört und fassungslos an.

„Was denn? – Als ob ich der einzige hier wäre, der so denkt…“ verteidigte der Blonde sich und verschränkte seine Arme vor der Brust. Als er seinen Blick zur Seite richtete, fiel ihm Taichi erneut direkt in den Blickwinkel und er konnte genau zu sehen, wie sein Freund erneut versuchte sich an dem Essen zu vergreifen. Ein eiskalter drohender Blick von ihm genügte, um Taichi blitzartig zum erstarren zu bringen. „Taichi! Wie oft soll ich es dir denn noch sagen…“ sagte Yamato drohend und ging auf den brünetten Wuschelkopf zielstrebig zu. „… wenn du weiter so viel frisst, wirst du nur fett und du weißt doch sicher noch, was dir dann blüht, oder?“

Darauf fing Taichi ertappt an zu lachen und drehte sich zu seinen Freund um. „Ich, äh, hatte doch gar nicht vor, etwas zu essen, ich… äh, ich wollte nur was trinken!“

Hikari seufzte. „Ignorier sie einfach…“ meinte sie an ihn gerichtet.

„Jup, unsere Brüder haben diese Diskussion schon seit langer Zeit… - Wie läuft es eigentlich drüben in den Staaten? Kommst du zurecht?“ versuchte Takeru wieder auf das ursprüngliche Thema zurück zu kommen.

„Anfangs war es mit der Sprache nicht so einfach, doch mit der Zeit ging das und seit dem läuft es gut, würde ich sagen.“ er täuschte ein Lächeln vor und hoffte, dass man ihm nicht gerade ansah, dass er eben gewaltig gelogen hatte. Sicher, finanziell ging es ihm gut, aber der Rest sah nicht besonders rosig aus.

„Ah, und wie lange hast du vor zu bleiben?“ fragte Iori unverblümt und machte so auf sich aufmerksam. Von seinem Sessel aus hatte dieser zwar die beste Sicht auf die Truppe, doch wurde er geradezu von den anderen ignoriert, wie es schon früher sehr oft der Fall gewesen war.

„Eine Weile…“ antwortete er darauf und musste sich zusammenreißen, um nicht doch noch mit der Wahrheit rauszurücken.
 

Derweil hatte die kleine dreiköpfige Familie ihr Ziel schon fast erreicht.

Weil seine Tochter aber nicht mehr laufen wollte, da sie zu schnell durch den Schnee gelaufen war und nun ihre Füße weh taten, wie sie meinte, hatte er sie Huckepack nehmen müssen. „Nun zapple nicht so viel rum, denn sonst fällst du nur runter und tust dir richtig doll weh.“ ermahnte er sie.

„Och Papa…“ maulte sie auch gleich.

„Höre besser auf ihn.“ mischte sich ihre Mutter neben ihnen ein. „Denn wenn du runter fällst, dann kannst du leider nicht mit zur Feier, weil du dann zum Onkel Doktor musst.“

Bei dem Wort „Doktor“ hatte sich die kleine fest an ihn gekrallt und hielt von da an still.

„Musst du immer so übertreiben, Miyako?“ Er wusste sehr gut, dass die kleine Noriko nahezu panische Angst vor Ärzten hat, dass sich Miyako dem durchaus bewusst war, wurde eben mehr als nur deutlich.

„Wieso? – Es hat doch geholfen.“ verteidigte sie sich Schultern zuckend.

So langsam machte er sich ernsthaft Sorgen, ob er Miyako und ihre gemeinsame Tochter wirklich in Zukunft allein miteinander lassen konnte. Wer weiß, was sie der kleinen denn noch so alles erzählte, damit sie hörte… Noch ehe er etwas erwidern konnte, klingelte plötzlich Miyakos Handy.

„Nanu? Wer will denn was von mir…?“ nuschelte sie verwundert und kramte ihr Handy aus ihre Tasche. „Das ist Hikari…“

Geduldig blieb er mit seiner Tochter auf dem Rücken stehen und wartete darauf, dass Miyako mit dem Telefonat fertig werden würde.

„Hallo? – Was gibt es denn?“ fragte sie. Kurz hörte sie ihrer Freundin am anderen Ende zu, ehe sie etwas erwiderte. „Ist gut. Dann weiß ich Bescheid, bis gleich.“

„Was wollte Hikari denn?“ fragte er. So richtig interessierte ihn das zwar nicht, aber es zu wissen konnte sicher nicht schaden.

„Sie wollte uns nur Bescheid geben, dass wir doch schon zur Billardhalle kommen sollen, denn die anderen sind auch schon dort.“ erklärte sie ihm.

„Billard?“ fragte er ungläubig, denn bis eben hatte er von dieser Idee nichts gehört gehabt.

„Ja. Habe ich dir davon etwa nichts gesagt?“ meinte sie mit einem unschuldigen Lächeln auf den Lippen.

Dieses jedoch regte ihn weitaus mehr auf, als die Tatsache, dass er nichts von diesem Vorhaben gewusst hatte. Sie hatte ihn schon wieder reingelegt und nun war es zu spät einen Rückzieher zu machen. Er konnte dieses dämliche Spiel noch nicht einmal leiden. Ganz besonders, seit dem letzten Mal, als Miyako eine der Kugeln zu einer tödlichen Schusswaffe umfunktioniert hatte und diese bei ihrem Stoß mit dem Queue dann quer durch die ganze Halle geschossen war und Iori ausgerechnet an der Stirn getroffen hatte. Darauf war Iori zu Boden gegangen und seit dem bekam der Brünette regelrechte Panikattacken, wenn er auch nur in der Nähe von Kugelartigen Gegenständen in Verbindung mit Miyako war. Damals hatte er mit Miyako einen Vertrag abgeschlossen, damit er etwas in der Hand hatte, damit sie es nicht mehr abstreiten hätte können, dass sie jemals ein Versprechen gegeben hatte, dass sie nie wieder Billard spielen würde. „Nein, hast du nicht.“ knirschte er zurück.

„Sei doch nicht schon wieder sauer. Ich habe das doch nicht mit Absicht getan!“ versuchte sie ihn wieder zu beruhigen, doch er ging weiter und ignorierte diesen Versuch geschickt.

„Und wo ist die Halle?“
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit standen sie nun vor der Halle.

Den ganzen Weg über hatte er sie einfach angeschwiegen, hatte auf keinen einzigen Versuch ihrerseits ihn auf sich aufmerksam zu machen reagiert, denn er wusste, dass man sie so am meisten ärgerte. In aller Ruhe ließ er seine Tochter wieder auf den Boden, damit sie wieder allein gehen konnte.

„Och Menno…“ jammerte Miyako neben ihm. „Mir tun meine Beine weh.“

„Tzz… ich habe dir doch gesagt, dass wir das Auto hätten nehmen sollten, aber du wolltest ja unbedingt durch den Schnee spazieren. – Selbst schuld.“ kommentierte er das Gejammer mitleidslos und sah sie abschätzend an.

„Ach, sprichst du nun doch wieder mit mir?“ fragte sie erwartungsvoll, verdrängte ihre schmerzenden Beine.

„Versprich dir nicht zu viel davon. – Wir reden nachher noch darüber.“ mit einer Kopfbewegung deutete er ihr, wie es ihre Tochter schon vorgemacht hatte, endlich reinzugehen.

Genervt stöhnend folgte sie der Aufforderung.

Es passte ihm zwar immer noch nicht, dass er sich gleich wieder der Gesellschaft der anderen aussetzen musste, aber weil er es jetzt eh nicht mehr verhindern konnte, folgte er Miyako gemächlich hinein. – Ärgern könnte er sich danach immer noch darüber. Die Stimmen der anderen wurden lauter während er sich ihnen näherte. Er konnte hören, wie sie bereits Miyako freudig begrüßten und auch hörte er, wie diese auch gleich von Mimi ausgequetscht wurde.

„Und? Hast du ihn dieses Mal überreden können, oder hast du wieder auf ganzer Linie versagt?“

Genervt verdrehte er die Augen. Wäre er bloß nicht mitgekommen…

„Sieh doch selbst!“ verkündete Miyako euphorisch und deutete hinter sich, direkt auf ihn.

Eine Stimme in seinem Kopf rief ihm in diesem Moment zu, dass er wegrennen sollte, doch dazu war es leider zu spät gewesen. Schwach lächelte er die verdutzte Mimi an.

„Wow…“ gab diese nur von sich.

Und auch der gesamte Rest starrte ihn erstaunt an.

„So, genug gestarrt Leute! Ich will spielen!! Na, wer will?“ verkündete Miyako bei bester Laune und wollte sich, nachdem sie sich ihrem Mantel und Schaal entledigt hatte, einen Queue schnappen, doch dieser wurde ihr genauso schnell wieder abgenommen.

„Vergiss das mal ganz schnell. Du wirst ganz bestimmt nicht spielen. – Oder hast du schon den Vertrag vergessen?“ erinnerte er sie und fixierte sie mit den Augen.

„Aber Ken! Es wird schon nicht wieder passieren… Ich reiß mich auch zusammen, versprochen!“

Aus dem Augenwinkel heraus konnte er sehen, wie Iori gerade in Deckung ging. „Nichts da. Bei deinem Glück wird sich das hundertprozentig wiederholen.“

„Bitte, ich verspreche es hoch und heilig!“ bettelte sie ihn mit einem Schmollmund an.

„Diese Tour zieht bei mir nicht, also lass das.“

„Dann eben nicht.“ bockte Miyako ihn an. „Dann wirst du für mich mitspielen.“

Jetzt bereute er es fast schon, dass er sich eingemischt hatte. Er war zwar nicht gerade schlecht darin, doch mochte er dieses Spiel eben nicht.

Taichi legte seine Hand auf seine Schulter und grinste ihn an. „Mal sehen, gegen wen spielst du als erstes…“

Angewidert sah er ihn zuerst an, ehe er dem Blick des Brünetten folgte.

„…wer hat denn noch nicht…?“ sein Blick schweifte einmal quer durch den Raum und überflog förmlich die anderen.

Alle meinten nur, wenn der Blick Taichis auf ihnen fiel „Ich habe schon.“ oder „War grade.“

So fiel dann letztens Endes Taichis Blick auf eine schlecht beleuchtete Ecke des Raumes.

Fragend schaute er ihn daraufhin an, weil der ältere seinen Blick dort förmlich kleben ließ.

„Hey!“ rief der Brünette. „Hör’ auf Trübsal zu blasen. - Du darfst jetzt auch spielen!“

Ungläubig blinzelte er ihn an. Wer sollte denn dahinten noch sitzen? Er sah doch hier alle nahe bei sich, sie waren vollzählig! Oder hatte etwa einer jemanden mitgebracht?

Die Person in der dunklen Ecke richtete sich wortlos auf, zumindest war diese durch die Musik nicht zu hören. Als dann die Person sich schwankend dem Licht nährte, wurde sie immer deutlicher Erkennbar.

Ihm stockte der Atem, als er ihn wieder erkannte. – Wie war das nur möglich? Er müsste doch in den USA sein! – Mit aufgerissenen Augen starrte er ihn regungslos an.

Müde kratzte der angestarrte sich am Hinterkopf. „Willst du mich etwa wieder verarschen, Taichi?“

„Nicht doch, wo denkst du hin Daisuke?“

„Ja klar. Das hattest du vorhin auch schon gesagt.“

„Wenn du mir nicht glaubst, dann schau doch mal her!“ forderte er Daisuke auf und zeigte mit beiden Zeigefingern auf ihn.

Er schluckte schwer. Was sollte er nur tun? Verzweifelt klammerte er sich an den Queue in seinen Händen.

Doch auch Daisuke starrte ihn ähnlich an. Doch ihm viel es leichter, sich wieder zu fangen. „Hey, lange nicht gesehen.“ Meinte der Brünette lasziv.

Empört glotzte er ihn an. ‚Lange nicht gesehen’? – Das ist alles, was er dazu zu sagen hatte? Da trafen sie sich nach so langer Zeit wieder und das war alles, was er von ihm nach all dem zu hören bekam? – ‚Na warte’ dachte er sich‚ dich mache ich fertig!’.

„Jetzt steht nicht so blöd rum und spielt endlich!“ forderte Taichi sie auf und gab ihm einen Schups.

Koushiro und Jou an ihrem kleinen runden Tisch, etwas abseits, begannen lauthals zu lachen. Der Grund dafür war wohl definitiv ihr Alkoholpegel, denn der Rest wagte es sich nicht auch nur den leisesten Laut von sich zu geben.

Einen tödlichen Blick schenkte Ken Taichi noch, ehe er sich Daisuke zuwandte. „Scheint so. – Bist du dir sicher, dass du spielen kannst? – Scheinst ziemlich angetrunken zu sein.“ er war sich sicher, dass er mit seiner Vermutung richtig lag, denn Daisuke taumelte selbst beim Stehen unnatürlich viel, selbst für seine Verhältnisse.

„Klaro. Ich schaff das noch locker.“ antwortete Daisuke grinsend.

„Wenn du meinst… Du musst es ja wissen.“ damit gab Ken sich zufrieden. So hatte er dank der Zusage einen klaren, wenn auch unfairen, Vorteil. Diesen würde er schamlos ausnutzen.

Die Kugeln wurden von Takeru in der Dreiecksform auf dem Pooltisch ausgerichtet. Als er damit fertig war, sah er skeptisch von Daisuke zu Ken.

Ken konnte dem Blondschopf ansehen, dass er es nicht guthieß, dass er und Daisuke sich auf diese Art gegenüberstanden, wo es noch so viel Unausgesprochenes zwischen ihnen gab. Doch das war Ken im Moment herzlichst egal. Sollte Takeru doch denken, was er wollte.

„So, wer fängt an?“ fragte Takeru sie nach einem schwachen Kopfschütteln.

Selbstgefällig lächelte Ken. „Fang du doch ruhig an, Daisuke. Ich überlasse dir gern den Vortritt.“

Ungläubig legte dieser den Kopf schief. „Okaaay…“ So stellte Daisuke sich an den Tisch und nahm mit seinem Queue die bunten Kugeln ins Visier.

Diese Szenerie beobachtete Ken amüsiert. Daisuke konnte noch nicht einmal still stehen, wie sollte er da auch nur eine einzige Kugel treffen?

Mehrfach setzte der Brünette zu einem Stoß nach dem anderen an, doch immer wieder brach er jeden einzelnen ab, noch ehe die weiße Kugel berührt werden konnte.

Doch da dieses Verzögern Miyako gehörig gegen den Strich ging, durchbrach sie die entstandene Stille. „Jetzt mach doch endlich!“ rief sie mehr als nur laut, woraufhin sich Daisuke erschreckte.

Dabei erschrak er sich so sehr, dass der Queue eindeutig gegen die weiße Kugel knallte und diese dann blitzschnell gegen die bunten in der Dreiecksformation. Diese wiederum schnellten darauf auseinender und bewegten sich alle direkt, ohne Umwege, auf die Löcher an den Seiten des Pooltisches zu.

Ungläubig starrte Ken auf den Tisch und sah fassungslos zu, wie eine Kugel nach der anderen, angeführt von einer roten, versenkt wurde und am Ende nur noch eine vereinzelte gelbe Kugel übrig blieb, nachdem zu Letzt die schwarze in eine Ecke des Tisches ins Loch fiel.

„Das gibt’s doch nicht.“ gab Sora, ebenfalls fassungslos, von sich.

Selbst Koushiro und Jou waren gänzlich verstummt und blickten verdutzt zu Daisuke hinüber.

Nun starrten auch wirklich alle Daisuke an, welcher halb auf dem Tisch lag und erst jetzt seinen Kopf anhob und sie verwirrt anglotzte. „Was ist denn…?“ Wieder aufrecht stehend blickte er auf den großen Tisch vor sich. „…War ich das?“ fragte er ungläubig.

„Uups…“ sagte Miyako schuldbewusst und wollte soeben einen Schritt von Ken wegtreten, doch dieser stierte sie wütend an, sodass sie sich nicht traute sich auch nur einen einzigen Millimeter zu bewegen.

„Du? Papa?“ fragte die kleine Noriko und zupfte an dem Hosenbein ihres Vaters. „Warum seid ihr alle so still? Ist etwas passiert?“

Doch ihr Papa reagierte nicht auf die Frage, weil er noch immer zu sehr damit beschäftig war, sich davon abzuhalten, Miyako an Ort und Stelle an die Gurgel zu gehen. Er war schon sehr lange nicht mehr derartig sauer gewesen, noch nie so mordlustig.

Hikari wich ein paar Schritte zurück. „Ich glaube, er tickt gleich aus…“ murmelte sie.

Ein eindeutiges Nicken aller bekam sie zur Antwort.

Sogar Taichi stand der Angstschweiß auf der Stirn. „Hey, ähm, das war ja gar kein richtiges Spiel… öhm, fangt doch noch mal von vorne an, was haltet ihr zwei denn davon…?“ unsicher schaute er von Ken zu Daisuke.

Letzterer blinzelte irritiert vor sich hin und verstand offensichtlich noch nicht, was da eben passiert war. „Von… mir aus.“ antwortete Daisuke verpeilt.

Mehrmals atmete Ken tief durch. Die Wut in ihm schwappte gemächlich ab, aber dafür machten sich so langsam Kopfschmerzen breit. Kurz schloss er eine Augen, um noch einmal tief ein und aus zu atmen. Als er sie wieder öffnete, bedachte er Miyako mit einem viel sagendem Blick, der ihr so viel sagen sollte, wie: wage es dich ja nicht noch einmal das zu wiederholen, wenn dir dein Leben lieb ist.

Verängstigt kicherte sie darauf.

Wortlos sammelte Taichi die Kugeln wieder ein, stets darauf bedacht Ken nicht unnötig zu nahe zu kommen.

So ganz unberechtigt war dieses Verhalten gar nicht, denn wenn der Schwarzhaarige mal sauer war, dann aber richtig. Im Grunde amüsierte Ken das Verhalten des älteren. So respektierte man ihn wenigstens, auch wenn dieser Respekt der Angst der anderen entsprang. Doch dummer Weise musste er feststellen, dass sich Daisuke davon nicht im Geringsten einschüchtern ließ, dieser schien das noch nicht einmal zu bemerken!

Als Taichi dann fertig war mit der Vorbereitung, schnellte er schnell zu seinem Yama, um schon mal auf Sicherheitsabstand zu gehen. „Dann fangt mal an!“ rief er den beiden zu, während er sich feige hinter den blonden Sänger stellte.

Yamato rollte nur mit den Augen. Es war ihm anzusehen, dass er das Verhalten seines Freundes als übertrieben ansah.

Ohne Worte machte Daisuke Ken Platz, damit dieser dieses Mal anfangen konnte.

In aller Ruhe nahm der Blauäugige seine Position ein und stieß mit Präzision zu. Gleich bei diesem Stoß versengte er gleich zwei rote Kugeln. So zog er es auch in aller Ruhe weiter durch, versenkte eine rote Kugel nach der anderen, bis am Ende noch drei übrig blieben, die er aus der gegebenen Position der weißen Kugel nicht in eine der Löcher in den Seiten versenken konnte, so entschied er sich die weiße so anzuspielen, dass es Daisuke schwer fallen würde, das Blatt rumzureisen. Zufrieden überließ er seinem brünetten Gegner das Feld.

Dieser nahm noch einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas, bevor er sich wieder an den Tisch begab. Wahllos visierte er eine beliebige gelbe Kugel über die weiße an und stieß mit zu viel Kraft zu, sodass die weiße Kugel nicht ihr gewünschtes Ziel erreichte, sondern über es hinweg hüpfte.

Bei diesem Anblick musste Ken schmunzeln. Er hatte es doch gewusst, dass es nur ein Glückstreffer vorhin gewesen war. Doch dieses Schmunzeln wich schnell wieder, als er sah, wie die weiße Kugel auf zwei andere gelbe zu rollte, welche dicht beieinander an einem der Löcher waren. ‚Das kann doch nicht - !‘

Und wie es das konnte, denn die beiden wurden durch eine minimale Berührung der weißen Kugel in das Loch geschickt.

Angespannt verfolgten auch die anderen das Geschehen. Nur gelegentlich tuschelten sie leise untereinander, um nicht unnötig zu riskieren, dass sie sich auch noch den Zorn Kens zuzogen, wie es Miyako und Daisuke mehr als nur offensichtlich getan hatten.

Erfreut grinste Daisuke und setzte sein Spiel fort.

Hilflos musste Ken mit ansehen, wie sein Gegner eine Kugel nach der anderen versenkte, obwohl dieser betrunken war und so kaum geradeaus gehen konnte. Schlechtgelaunt verfolgte er ihn mit den Augen und fragte sich, wie das nur möglich war, wie konnte Daisuke besoffen nur so gut spielen? Kurz überlegte er, ob gerade der Alkohol der Auslöser sein könnte, doch so recht konnte er das nicht glauben.

So langsam neigte sich auch Daisukes Spielzug dem Ende zu, denn jetzt befand sich nur noch eine seiner Kugeln auf dem Billardtisch, die es zu versenken galt, ehe er sich der schwarzen widmen konnte.

Ken hielt seinen Queue angespannt in seinen Händen und beobachtete weiter, wie Daisuke schwankend an ihm vorbei ging. Zu seiner Linken blieb dieser dann stehen, um die Kugel anzuvisieren. Gereizt stierte Ken Daisuke an. ‚DIE darf er nicht auch noch treffen! – Er blamiert mich auf ganzer Linie! Wie kann er nur derartig besoffen so gut spielen?!’

In aller Ruhe stellte der Brünette sich in Position, holte ungewöhnlich weit aus und stieß mit ganzem Körpereinsatz zu, sodass er erneut von dem Schwung mitgerissen wurde, den grünen Stoff des Tisches einriss mit dem Queue und wieder zur Hälfte auf dem Tisch lag.

Umso näher die weiße Kugel der schwarzen im rasanten Tempo kam, desto größer wurden Kens Augen und als die schwarze sich dann auch noch unaufhaltsam der gegenüberliegenden Seitentasche nährte, ging sein Mund ebenfalls auf.

Nach kurzer Verzögerung an der Kannte, fiel die schwarze Kugel doch noch ins Loch.

Während Daisuke unbewegt liegen blieb, begann Ken mit dem rechten Auge zu zucken und seine Hände fester um den Queue zu legen.

„Nun sei doch nicht ein so schlechter Verlierer Ichijouji!“ scherzte Koushiro von seinem Platz aus, ehe Jou überhaupt die Gelegenheit dazu bekam, seinem Tischnachbarn den Mund zu zuhalten.

Als dann auch noch das Schnarchen Daisukes an Kens Ohren trat, explodierte er förmlich. In seiner Wut zerbrach der den hölzernen Queue in der Mitte, worauf sich Miyako mit ihrer Tochter auf den Armen einige Meter von ihm entfernte. In dem Augenblick, als er den Queue zerbrochen hatte, übermannte ihn plötzlich eine tierische Hitze, welche ihn zwar etwas zur Vernunft brachte, aber im Gegenzug dafür sorgte, dass er sich dringend eine Abkühlung verschaffen musste. Die verängstigten Blicke ignorierend schmiss er die Einzelteile in seinen Händen zu Boden und begab sich direkt und ohne Umwege auf die Männertoilette.

Besorgt schaute Yamato ihm hinterher. Er war der einzige gewesen, der sich nicht weiter von Kens Wutausbruch hat beeindrucken lassen und ihn lediglich abwartend beobachtet hatte. – Wer wusste schon, wozu der Schwarzhaarige in der Lage sein konnte, wenn er mal wirklich wütend war?

Kaum, dass die Tür hinter Ken ins Schloss fiel, wurde ihm schwindelig. Alles vor seinen Augen drehte sich auf einmal, sodass es ihm schwer fiel sich dem Waschbecken zu nähren. Zu seinem Glück befand sich außer ihm niemand weiter auf diesen Toiletten und selbst wenn da jemand gewesen wäre, hätte er es sowieso nicht verhindern können, dass er gefühlsmäßig kurz vorm Umkippen stand.

Schwer atmend stützte er sich zittrig an dem Waschbecken ab. Er wollte ursprünglich den Wasserhahn aufdrehen, doch glaubte er das Gleichgewicht zu verlieren, wenn er auch nur eine stützende Hand vom Waschbeckenrand entfernte.

So ließen es seine Lungen nur stoßartig zu, dass er noch Luft bekam und die Hitze in seinem Körper wurde zunehmend schlimmer, von den hämmernden Kopfschmerzen mal ganz zu schweigen. – Was war nur mit ihm los?

Dunkel erinnerte er sich an den Vormittag, als er schon einmal an diesem Tage Kopfschmerzen gehabt hatte und auch dazu noch ein leichtes Schwindelgefühl. Doch beides verging schnell, nachdem er eine Tablette dagegen genommen hatte. Aber trotzdem hatte diese wohl nicht schnell genug gewirkt gehabt, denn sein Chef hatte ihm angesehen, dass es ihm schlecht ging und hatte ihn daraufhin nach Hause geschickt, mit der Anordnung, dass er sich auch wirklich hinlegen müsse. Hingelegt hatte Ken sich aber trotzdem nicht, denn auf seinem Heimweg vergingen die Beschwerden wieder, so hatte er keinen Grund mehr dafür gesehen, sich auch wirklich auszuruhen.

Hatte etwa die Tablette aufgehört zu wirken?

Heftig verkrampfte er sich, als ihm sein Bauch höllisch zu schmerzen begann. Ein Keuchen entrann seiner trockenen Kehle. Jeder Atemzug schien in seiner Lunge zu brennen.

Allmählich konnte er fühlen, wie seine Beine unter ihm nachgaben. Wie diese gaben auch seine Arme nach, worauf er dann letzten Endes vom Waschbecken aus seitlich zu Boden fiel.

Fieber

++++Kapitel 13++++

Fieber
 

„Meint ihr, er ist ok?“ fragte Sora beunruhig in die Runde. Sie hatte sich zu den restlichen Frauen der Gruppe gesellt und schaute diese besorgt an.

„Wen genau meinst du damit?“ erwiderte Miyako und deutete auf den schlafenden Daisuke, ehe sie fort fuhr. „Die pennende Schnapsdrossel oder Ken?“

Die vier jungen Frauen, wie auch Takeru beobachteten, wie Taichi mit einem der zwei Bruchstücke des ehemaligen Queues den jüngeren Goggleboy mehrfach piekte, während dieser seelenruhig vor sich hin schnarchte. Zudem versuchte die kleine Noriko bei den beiden brünetten mit Hilfe eines Stuhls auf den Billardtisch zu klettern, schaffte es aber nicht, weil sie noch zu klein war.

„Ich glaube um Motomiya brauchen wir uns noch keine Sorgen zu machen. Aber du meinst sicher Ichijouji, oder?“ erwiderte Mimi und verschränkte ihre Arme dabei vor der Brust. „Er ist schon ganz schön lange auf dem Klo.“

„Vielleicht sollte jemand mal nach ihm sehen…?“ erwartungsvoll blickte Hikari ihren Ehemann neben sich an.

„Ich gehe da ganz bestimmt nicht rein.“ blockte der Blonde schnell ab. „Ich habe noch nicht vor zu sterben!“

„Aber einer von euch Männern muss es tun. – Wir dürfen da ja nicht rein.“

„Schön für dich, Mimi, aber wer ist denn schon so lebensmüde und traut sich jetzt ihm gegenüberzutreten?“ konterte Takeru und ließ seinen Blick einmal durch die Halle schweifen. Jou und Koushiro schloss er mal aus, denn die waren noch mächtig angeheitert. Taichi würde man da nicht so schnell reinkriegen, zumal er noch eifrig dabei war den schnarchenden Daisuke zu pieken. Und Iori unter den Tisch wieder hervor zu holen würde ewig dauern. – Da blieb nur noch einer übrig: sein Bruder.

Dieser stand völlig unbeteiligt an einer Wand in seiner Coolnesspose gelehnt und behielt derzeitig die Toilettentüren im Auge.

Auch die Frauen um Takeru sind seinem Blick gefolgt und sahen ebenfalls Yamato an.

„Meinst du, er würde es machen?“ fragte Sora unsicher.

„Ein Versuch ist es doch wert, oder?“ meinte Mimi euphorisch. „Hey, Yama?“ rief sie, während sie auf ihn zu ging.

„Hm?“ abschätzend hob Yamato eine Augenbraue an. Er ahnte bereits, was sie von ihm wollte.

„Würdest du mal nach Ichijouji schauen? Dein Brüderchen traut sich das nicht.“ Wie die Unschuld vom Lande lächelte sie ihn an. Sie war sich sehr sicher, dass er ihn so nicht wiederstehen konnte.

„Hey!“ rief Takeru empört aus seiner Ecke bei den anderen Frauen.

Kurz überlegte Yamato, ehe er Mimi anlächelte. „Na wenn es weiter nichts ist.“

„Das ist nett von dir.“ lieblich lächelte sie zurück.

So machte der Sänger sich auf den Weg zum Männerklo. Eigentlich hätte er Mimi sagen können, dass er sowieso vorgehabt hatte gleich gucken zu gehen, aber das war nicht seine Art. Genauso war es nicht seine Art, sich in Streitereien anderer einzumischen. Er hatte es kommen sehen, als Ken die Spielhalle betreten hatte, er hatte bereits in diesem Moment gewusst, dass das ganze ausarten würde, dennoch hatte er dagegen nichts unternommen. Er hatte die beiden sich gegenseitig ans Messer geliefert, wobei er bezweifelte, dass Daisuke etwas von Kens Wutausbruch mitbekommen hatte. Er hatte es wissendlich zugelassen und es nicht einmal in Erwägung gezogen einzugreifen. Mit einem leicht schlechten Gewissen blieb er kurz vor der Tür der Herrentoilette stehen.

Hoffend, dass Ichijouji nicht die Innenausstattung des Männerklos auseinender genommen hatte in seiner Wut, drückte er die Türklinke dieser runter. „Hey Ken, alles in Ordnung bei dir?“ fragte er vorsichtig, ehe er sich gänzlich in den Raum begab. Sein erster Blick fiel auf die teils offen stehenden Toilettenkabinen. Keine dieser machte auf ihn den Eindruck, als wäre der Schwarzhaarige in einer von ihnen. Yamatos Augen suchten nun den widerlich hell beleuchteten Raum weiter ab, von der ihm gegenüberliegenden Wand, bis zu den weißen Waschbecken zu seiner linken. Als dann seine Augen sich auf den ebenfalls weißen Kachelboden richteten, starrte er einen winzigen Augenblick auf diesen. „Das kann doch nicht…!“ murmelte er erschrocken.

Der, den er gesucht hatte, lag regungslos am Boden.

Eilig rannte er zu ihm. „Ken!!“ neben diesen kniend schüttelte er ihn leicht.

Doch eine Reaktion bleib aus. Selbst, als Ken heftiger geschüttelt wurde, regierte er nicht mal.

„Scheiße! KEN! Wach auf!“ erschrocken bemerkte er, dass der Schwarzhaarige sehr flach, aber hektisch atmete und als er seine Hand auf die Stirn Kens legte, entwich ihm ein weiterer derber Fluch. ‚Er hat Fieber.’ hallte es durch seinen Kopf.

Widerwillig ließ der Sänger Ken erst einmal liegen und rannte schnell aus den Raum.

„JOU!“ brüllte Yamato, als er zum Gerufenen rannte.

Der Brillenträger zuckte erschrocken zusammen und ließ beinahe sein Getränk fallen.

„Lass dein scheiß Glas stehen und komm schleunigst mit!“ damit packte er ihn grob am Oberarm und zog ihn hinter sich her.

„Was ist denn los?“ fragte Taichi perplex vom Pooltisch aus und hatte sogar sein Pieken eingestellt. Bei ihm auf dem Tisch saß inzwischen Noriko und blinzelte verwundert vor sich hin.

„Wenn du das wissen willst, musste schon mitkommen!“

Hin und her gerissen schaute er von Yamato zu den schnarchenden Daisuke und wieder zurück. „Viel Spaß Noriko-chan!“ damit drückte er dem kleinen Mädchen seinen Stock in die Hände. Eilig machte er sich auf, um seinem Freund und Jou zu folgen. Dabei ließ er die kleine Noriko mit Daisuke allein, welche freudig das Tun des Brünetten fortsetzte und Daisuke weiter piekte,

Jou stolperte eher, als dass er ging und wusste noch immer nicht, was er jetzt mit der Situation zu tun hatte. „Was ist los, Ishida-kun?“

„Das wirst du gleich sehen.“ damit bugsierte er Jou in die Männertoilette.

Gerade so konnte sich Jou davon abhalten hinzufallen. „Und was soll… - Oh Gott.“ schwer schluckte er, als er Ken erblickte.

„Er hat hohes Fieber.“ meinte Yamato kühl.

„Nun mach doch was!“ forderte Taichi Jou überfordert auf. „Du bist hier der Arzt von uns!“ fügte er hektisch hinzu, als würde dieser es selbst nicht wissen.

Zögernd ging Jou darauf zu Ken. - Er war doch selbst angetrunken, wie sollte er da Ken nur helfen? - so gut es ging versuchte Jou sich zu konzentrieren. Vorsichtig drehte er den Schwarzhaarigen auf den Rücken. Schnell stellte er das Gleiche fest, wie Yamato gerade.

„Und? Was ist mit ihm?“ fragte der Brünette der drei. Interessiert hatte dieser sich hinter den Brillenträger gestellt und stützte sich auf seine Oberschenkel und linste über die Schulter des Dunkelhaarigen.

„Ich bin mir nicht sicher, aber ernst ist es auf jeden Fall. – Ihr seid doch mit dem Auto hier, oder?“ erwartend blickte er den Blonden, welcher noch an der Tür stand, an.

Wage nickte dieser. „Weißt doch, mit den Öffentlichen hätte ich ein Problem mit möglichen Fans bekommen.“

„Gut. Dann sollten wir Ichijouji schnellstens in die Notaufnahme bringen. – Taichi, du gehst und informierst schon mal die anderen und bitte pass auf, dass die kleine Noriko nichts mitbekommt.“

Verstehend nickte Taichi und machte sich auch gleich auf den Weg. Als er wieder bei den anderen war, blickte er sich erst um, wo genau sich Noriko aufhielt, um so sicher zu gehen, dass diese nicht versehentlich mitbekam, was los war. Er erblickte sie noch auf dem Pooltisch sitzend und mit dem wieder wachen Daisuke sprechend. Zielstrebig ging Yagami auf Miyako zu, worauf der Rest sich ebenfalls um diese versammelte.

„Was ist los?“ fragte Iori.

Einmal holte Taichi tief Luft. „Ken ist zusammengebrochen, mit Fieber und so, und Jou meinte, dass wir ihn schnell ins Krankenhaus bringen müssen.“ erklärte er mit gesenkter Stimme.

Fassungslos starrte Miyako den Brünetten an.

„Aber er meinte auch, dass wir es so anstellen sollen, dass Noriko nichts mitbekommt.“

„Das dürfte schwierig werden…“ meinte Takeru vorsichtig und linste hinüber zu ihr und Daisuke.

„Wie wäre es, wenn wir sie mit zu uns nehmen?“ fragte Hikari nach. „So würde sie sicher keinen Verdacht schöpfen.“

„Stimmt. Wir bringen sie gleich unter einem Vorwand zu uns und Miyako kann ohne Probleme mit ins Krankenhaus fahren.“ ergänzte Takeru den Vorschlag seiner Frau.

Doch Miyako bekam kaum etwas von diesem Gespräch mit, denn sie machte sich Vorwürfe. Wenn sie doch nur geahnt hätte, dass es Ken schlecht ging, hätte sie ihn doch erst gar nicht hier her geschleppt. Wieso nur hatte sie das nicht vorher bemerkt? War sie so blind geworden, dass sie den Vater ihrer Tochter nicht mehr einschätzen konnte? – Aber was machte sie sich auch vor? Sie hatte ihn noch nie durchschauen können. Er lebte sein Leben und sie ihres, wäre ihr Tochter nicht, wäre Ken sicher nicht mehr bei ihr. Ihre gemeinsame Tochter war das einzige, was sie noch verband, was ihn daran hinderte einfach fort zu gehen, sie ganz allein zurückzulassen.

„…Miyako?“ sprach Hikari sie vorsichtig an.

Miyako hatte gar nicht bemerkt, dass ihr Tränen in die Augen gestiegen waren. Schnell wischte sie sich diese mit dem Ärmel ihres Pullovers weg. „Ja, klar. Machen wir das so.“ Jetzt war nicht die Zeit, um einer unerwiderten Liebe nachzutrauern, jetzt musste sie erst einmal dafür sorgen, dass Ken rechtzeitig in ein Krankenhaus kam.

„Ok, dann seht zu, dass ihr Noriko auf den schnellsten Wege hier rausbekommt.“ erteilte Taichi gerade zu den Befehl, ehe er sich wieder auf die Männertoiletten zu bewegte.
 

Verwundert blickte Daisuke ihm hinterher. Seitdem er wieder wach war, verstand er rein gar nichts mehr von dem, was gerade um ihn herum passierte. Was wohl zum Teil daran lag, dass seine einzige Gesprächspartnerin eine dreijährige war, die selbst jetzt nichts Besseres zu tun hatte, als ihn mit einem Stock zu piesacken. „Och, Noriko-chan. Lass das doch bitte endlich sein.“ wiederholte er zum x-ten Mal seine Bitte, doch auch dieses Mal war es sinnlos gewesen, denn die kleine machte einfach lustig weiter und quasselte sinnloses Zeug vor sich hin, von dem Daisuke nur die Hälfte verstand. ‚Was haben die nur zu betuscheln gehabt? Und wieso sind Jou, Yamato und Ken nirgends hier zu sehen? Und wieso geht Taichi schon wieder aufs Klo? – Da war er doch eben erst…’

„Du? Onkel?“ fragte Noriko mit großen Kulleraugen.

„Was ist denn?“ inständig hoffte Daisuke, dass die Kleine jetzt nicht vor hatte, ihn anderweitig zu ärgern. Es hatte ihm schon gereicht von ihr geweckt worden zu sein. Das kleine Mädchen hatte doch tatsächlich mit dem Stock versucht in seine Nase zu pieken…

„Weißt du, wo mein Papa ist?“

„Nun ja, eigentlich nicht…“ in Gedanken fügte er hinzu: ‚…das wüsste ich auch gern.’

Doch noch ehe Noriko weitere Fragen stellen konnte, kamen Hikari und Takeru zu den beiden.

„Hey Noriko-chan, hättest du Lust heute bei uns zu übernachten?“ fragte Takeru sanft lächelnd.

„Dann darfst du auch mehr von den leckeren Keksen essen, die ich heute früh erst gebacken habe.“ ergänzte Hikari das Angebot.

„Au ja, Kekse!“

Stirnrunzelnd sah Daisuke die beiden an. ‚Wollen sie die Kleine etwa bestechen?’

„Darf ich, Mama?“ überglücklich strahlte sie Miyako an, welche auf ihre Frage hin zustimmend nickte.

„Natürlich darfst du.“

Gerade das weckte Daisukes Misstrauen. Seit wann war Miyako so nett? – Irgendwas war hier im Busch, da war er sich sicher. Stumm beobachtete er wie man Noriko ihre Jacke anzog und ungewöhnlich schnell nach dem Verabschieden mit ihr verschwand. „Was ist hier los?“ fragte er den ihm am nächsten stehenden, Iori.

Dieser zuckte kurz zusammen, bevor er sich ihm zu wandte. „Ich weiß nur, dass Ichijouji-kun zusammengebrochen sein soll.“

„Zusammengebrochen?“

Wie aufs Stichwort wurde die Tür der Männertoiletten geöffnet und Taichi und Yamato stützten Ken beim Gehen. Diesem schien es wirklich miserabel zu gehen. Er hing mehr an den beiden anderen, als dass er selbst ging.

Besorgt lief Daisuke ihnen instinktiv entgegen. „Ken!“ stieß er tonlos aus, als er nicht einmal mehr einen Meter von diesem entfernt stehen blieb.

Schwach hob Ken seinen Kopf.

So konnte der Brünette in die fiebrigen blauen Augen blicken. In diesem Augenblick zerriss es ihm das Herz, er wollte Ken nicht so fertig sehen, doch wusste er nicht wie er diesen Zustand ändern konnte.

Yamato überließ es Taichi, den Schwarzhaarigen weiter zu stützen, damit er sich ihre Sachen und - das wichtigste – die Autoschlüssel schnappen konnte.

Halb an Taichi hängend starrte Ken unentwegt Daisuke mit seinen fiebrigen Augen an. Wie von selbst löste er sich plötzlich von dem älteren ohne Vorwarnung und ging schwankend auf Daisuke zu.

Dieser zog ihn stumm in seine Arme, als der Blauäugige zu stürzen drohte. Zunächst war er davon ausgegangen, dass Ken das Bewusstsein verloren hatte, doch stattdessen spürte er, wie sich nun auch die Arme Kens um ihn schlangen.

Fasziniert wurde die Szene von dem Rest der Truppe beobachtet. Niemand von ihnen hatte damit gerechnet, dass Ichijouji selbst mit Fieber so etwas tun würde.

Insbesondere betraf dies Miyako. Das Gesehene ließ sie sich auf die Unterlippe beißen. Es missfiel ihr deutlich, doch riss sie sich zusammen, denn jetzt war schließlich kein besonders guter Zeitpunkt, um sich zu streiten. So stellte sie ihre Wut und Eifersucht vorerst zurück.

Stirnrunzelnd beäugte Yamato die beiden. „Was ist denn mit dem los?“ fragte er seinen Freund und Daisuke als er wieder bei ihnen stand, doch beide zuckten nur mit den Schultern dazu. Er seufzte. „Genug geschmust. Ab zum Auto!“

„Ähm, Leute?“

„Was ist denn jetzt schon wieder, Motomiya?“ langsam genervt verschränkte Yamato seine Arme vor der Brust.

„Er lässt mich nicht mehr los…“ verzweifelt versuchte Daisuke den Griff Kens um sich zu lösen, doch so recht gelang es ihm nicht, zu stark hatte sich der Griff des Schwarzhaarigen um ihn gelegt.

„Erzähl kein Quatsch. – Lass mich mal!“ und so startete Taichi einen Versuch, stellte aber schnell fest, dass es ihm ebenfalls nicht gelang, den Griff zu lösen. „Was isst der denn? Powerriegel?“ verzweifelt zerrte er an Ichijoujis Händen und Armen, doch das erzielte keinerlei Wirkung.

„Stellt euch doch nicht so blöd an.“ mit aller Kraft und ohne Rücksicht packte der blonde Sänger die Handgelenke Kens und versuchte so den Griff zu lösen, doch auch das schlug fehl. „Arg! – Jetzt reicht es! Motomiya, du kommst jetzt mit, wir können uns nicht noch mehr Zeit damit lassen, ihn endlich ins Krankenhaus zu bringen.“

„Du gibst ja ziemlich schnell auf in letzter Zeit, Yama.“ bemerkte Taichi und wich auch schnell einen Schritt zurück, um sich keine zu fangen. „Ok, wer soll denn jetzt alles mitkommen?“

„Na ich, denn DU fährst nicht, Ichijouji-kun natürlich, Daisuke notgedrungen auch und Miyako. – Damit wäre das Auto voll.“

„Dann wäre das ja geklärt.“ kommentierte Jou das Ganze. „Und nun beeilt euch.“ so schob er Miyako geradezu zu ihnen, welche perplex dreinschaute.
 

Daisuke wusste nicht genau wie, aber nun saß er zusammen mit Miyako, Taichi und Yamato im Auto. Neben ihm, noch an ihn geklammert, saß Ken. Der Kopf des Schwarzhaarigen lag fast schon in seiner Halsbeuge und dessen Arme waren immer noch um ihn geschlungen, zudem strahlte dieser eine ungeheure Hitze aus, die Daisuke so langsam wahnsinnig machte. So recht wusste Motomiya nicht, was er von der Gesamtsituation halten sollte. – Da kam er nach gut drei Jahren zurück und traf am ersten Abend gleich auf ihn. Bei ihrem Zusammentreffen in der Billardhalle vorhin hatte er anfangs nicht gewusst, wie er sich hätte verhalten sollen. Doch da er unglücklicher Weise bereits ganz schön angeheitert war - es selbst jetzt noch in geringerem Ausmaß war - hatte sich sein Verstand quasi von selbst abgeschaltet. Er wusste, dass er Ken ganz schön gereizt haben musste, denn wie ihm Taichi vor ein paar Minuten zugeflüstert hatte, war es Kens Werk gewesen, dass die beiden Bruchstücke des Queues, mit denen man ihn mehrfach gepiekt hatte, entstanden waren. Daisuke war sich nicht sicher, ob das das Resultat eines angekratzten Egos war oder die pure Wut, die Ken wohl noch für ihn übrig hatte. – Aber wieso hatte dieser ihn denn dann umarmt? Lag es nur am Fieber? - Während er schon so darüber nachdachte, fragte er sich, wie Jou es wohl geschafft hatte, Ken aufzuwecken.

Abgesehen vom Gedudel des Radios, war es bedrückend still im Auto.

Yamato beschäftigte sich ausschließlich mit dem Straßenverkehr und Miyako neben ihm hatte ihren Blick bereits beim Losfahren aus dem Fester an ihrer Seite gerichtet und beobachtete selbst jetzt noch die fallenden Schneeflocken.

Und Taichi, bei Daisuke und Ken auf der Rückbank, beschäftigte sich ausgiebig mit seiner PSP. – Wie ein erwachsener Mensch, Mitte zwanzig, noch mit solchen Spielkonsolen spielen konnte, wusste Daisuke nicht.

Nicht einmal er beschäftigte sich noch wirklich mit solchen Dingen. – Hatte er sich vielleicht doch verändert?

Leicht bewegte sich Ken und drückte sich dabei etwas näher an Daisuke. Ganz leise murmelte er dabei vor sich hin.

Anfänglich verstand Daisuke nichts, doch dann konnte er klar und deutlich „...aber ich liebe sich doch, Dai-chan.“ hören. Ungläubig weitete er die Augen.

Taichi blickte von seinem Spiel auf. Verwundert sah er erst nach vorne, zu Yamato, dann zu Miyako. Letztlich richtete er seinen Blick auf Daisuke und Ken neben sich. „Hast du was gesagt, Daisuke?“

Leicht rot im Gesicht sah dieser ihn an. „Äh, nein… Ich habe nichts gesagt.“ Verlegen lachte er leise auf. „Wieso fragst du?“

„Mhh, mir war so, als hätte ich etwas gehört…“ skeptisch beäugte er den schlafenden Ken. „… war wohl nur Einbildung.“ Kaum, dass er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Spiel widmen wollte, fing er an fiepend zu jammern.

„Was ist denn los, Taichi-kun?“ fragte Daisuke mit hochgezogener Augenbraue nach.

Weinerlich schaute Yagami ihn an. Binnen Bruchteilen von Sekunden begann er zu schniefen.

Yamato stöhnte genervt. „Nicht schon wieder.“

„Ich… ich ha-habe verlooooreeeeen!“ weiter schniefend präsentierte er Daisuke den Display der PSP, auf welchem groß „GAME OVER“ stand.

„Wenn du jetzt anfängst zu heulen, werde ich deine scheiß PSP aus dem Fenster schmeißen.“ drohte der Blonde ihm.

Entsetzt blickte Taichi seinen Freund an. „Aber wie willst du…?“

„Ich finde einen Weg, glaub mir, ich finde einen Weg.“ mit bedrohlichen Blicken fixierte er ihn über den eben zurechtgerückten Rückspiegel.

Beschützend drückte Taichi seine PSP fest an sich als er diesen Blick bemerkte. „Warum musst du immer mein Spielzeug kaputt machen wollen?“

„Weil du mir damit auf die Nerven gehst. Außerdem hast du wegen diesem Scheißzeug seit Wochen nicht mehr richtig geschlafen.“

Das konnte der brünette Wuschelkopf nicht abstreiten, doch auf die Schnelle wollte ihm kein Kontra einfallen. Angestrengt dachte er nach, legte seinen Kopf schief bis ihm nach über zwei Minuten endlich etwas einfiel. „Aber auch nur, weil du ja nicht mehr so viel Zeit mit mir verbringst!“

Alle wachen Personen im Auto verdrehten bei dieser verspäteten Antwort ihre Augen.

„Was? Habe ich was Falsches gesagt?“ irritiert blickte Yagami um sich und verstand absolut nicht, was jetzt schon wieder los war.

Daisuke verkniff es sich, darauf zu antworten. ‚Irgendwie scheint Taichi mit der Zeit immer dümmer zu werden… Wie hatte er es nur so lange damals geschafft, seine Beziehung mit Yamato zu verheimlichen? – Es ist wirklich ein Wunder, dass er sich nicht verplappert hatte.’ In dem Moment spürte er, wie Ken ihn wieder etwas fester drückte. Erneut drang der süßliche Duft dessen Haares in seine Nase. Genüsslich sog er ihn auf. Daisuke wusste ganz genau, dass er Ken nach all den Jahren immer noch liebte, jedoch verheimlichte er es, um ihn nicht unglücklich zu machen. ‚Da bin ich nach Amerika gegangen um ihn bei seiner Entscheidung zu unterstützen und da murmelt er in seinem Fieberwahn, dass er mich lieben würde… da stimmt doch etwas nicht. Er ist doch mit Miyako zusammen. Er hat eine Tochter. Wieso nur gibt er so was noch von sich?’

Schicksal? - bestimmt nicht...

++++Kapitel 13++++

Schicksal? - bestimmt nicht...
 

In aller Hektik wurden sie schon beim Krankenhaus erwartet. Kaum, dass Yamato das Auto am Eingang zum Halten gebracht hatte, stürmten einige Krankenschwestern und sogar drei Ärzte zu ihnen. Daisuke konnte gar nicht so schnell gucken, da hatten sie Ken schon mit gezielten und geübten Handgriffen von ihm gelöst und auf eine Trage gepackt. Perplex schaute er den Leuten noch hinterher, während diese eiligen Schrittes mit Ken auf der Trage ins Gebäude liefen. Das ganze ging so schnell, eben noch hatte er die Hitze Kens gefühlt und jetzt zog der kalte Winterwind ihm um die Ohren.

„So, ihr steigt dann mal aus und seht zu, dass ihr etwas in Erfahrung bringt, was nun mit Ichijouji-kun los ist, während ich das Auto irgendwo parke.“ erteilte Yamato das Kommando, worauf sich nun auch Tai aus dem Auto in die Kälte quälte und sich zu Miyako stellte, welche bereits ausgestiegen war als das Krankenhauspersonal Ken auf die Trage verfrachtet hatten.

Lediglich Daisuke brauchte einen Moment, bis die Worte des Blonden an seine Ohren drangen. Widerwillig stand er aus und schloss die Tür. Leicht fröstelte es ihm.

Stumm ging die einzige Frau der Truppe ins Gebäude, dicht gefolgt von Taichi, welcher noch an seinem Spiel hing und wohl wenig von seiner Umwelt mitbekam.

Seufzend folgte auch Motomiya ihnen. Er hasste Krankenhäuser, aber was hatte er schon für eine Wahl? Schließlich hatte er keine eigene Unterkunft, wie beispielsweise eine eigene Wohnung. Er war auch weiterhin auf Taichi und Yamato angewiesen und musste sich, ob er wollte nun oder nicht, nach ihnen richten. Sicher, es ging hier um Ken, aber das änderte wenig an den gegebenen Fakten. Kaum, dass er einen Schritt in das ihm so verhasste Gebäude tat, kam ihm auch schon dieser widerliche typische Krankenhausgestank entgegen. – Das es hier drin wenigstens warm war, minderte Daisukes Abneigung wenig. Geduldig watete er den beiden anderen hinterher, auf direktem Wege zur Rezeption. Allein der Gedanke an diese, löste ein ungutes Gefühl in ihm aus.

Freundlich versuchte Miyako von einer der Krankenschwestern an der Rezeption herauszubekommen, wohin man Ken nun gebracht hatte und ob es vielleicht sogar schon bekannt war, was genau diesem fehlte.

„Tut mir leid, aber wir sind nicht befugt, Ihnen darüber Auskunft zu geben. Es ist uns nur gestattet, Familienangehörigen Auskünfte zu geben.“ erklärte die Schwester im beschäftigten Ton und blätterte ihren Papierstapel vor sich durch.

Diese Antwort zerrte an Miyakos Geduld. „Sie wollen mir damit also sagen, dass die ganzen drei Jahre, in denen ich mit ihm zusammenlebe, die ich ebenfalls eine Tochter mit ihm habe, da rein gar nicht zählen?!“ umso weiter sie sprach, umso lauter wurde sie dabei und stieg der Schwester quasi dabei auf den Schreibtisch.

„Genau das.“ antwortete die Schwester ignorant ohne aufzublicken.

Sie war nun kurz davor, sich den Kragen der Schwester zu packen und malte sich in Gedanken schon aus, was sie so alles Teuflisches mit ihr anstellen könnte. Doch noch ehe Miyako sich an der ignoranten Schwester vergreifen konnte, hörte sie Tai hinter sich.

„Immer mit der Ruhe, Miyako-chan.“ mahnte dieser sie, mit fixiertem Blick auf dem Display seiner PSP in seinen Händen. „Oder willst du wieder ein Hausverbot erteilt bekommen?“

„Und wie sollen wir denn sonst erfahren, was mit ihm ist, he?“ wütend schnaubte sie.

Mit diesem Geschehen hatte Daisuke sogar gerechnet. Er wusste wohl als einziger von der Truppe, dass es gewisse Gesetze in Krankenhäusern gab, eines davon bekam Miyako gerade zu spüren. Er rollte mit seinen Augen. „Wieso informieren wir nicht seine Eltern? – Die kommen bestimmt schnell vorbei und damit wäre das Problem doch gelöst, oder nicht?“ schlug Daisuke mit hochgezogenen Schultern und den Händen in den Jackentaschen vergraben vor.

Grummelnd zerrte Miyako ihr Handy aus ihrer Tasche. „Man, dass du jemals einen guten Vorschlag machen würdest…“ Voller Widerwillen wählte sie die Telefonnummer der Ichijoujis an.

‚Wow.’ dachte Daisuke sich sarkastisch. ‚Das war das erste Mal seit über drei Jahren, dass sie direkt mit mir gesprochen hat.’ Nur nebenbei hörte er zu, was Miyako zu Kens Eltern am anderen Ende der Leitung sagte. Er wusste, dass sie kommen würden, Ken war schließlich ihr ein und alles, daran konnte sich in den vergangenen drei Jahren wenig geändert haben. Insgeheim fragte Daisuke sich, wie sie wohl reagieren würden, wenn er in kürze hier auf sie treffen würde. Würden sie vielleicht sauer auf ihn sein? – So ganz unschuldig war er wohl an Kens momentanen Zustand ja nicht. – Dass sie sich vielleicht freuen könnten schloss er gleich aus. Er war der Ex ihres Sohnes, hatte sich sogar einfach aus dem Staub gemacht, als es kompliziert wurde, wie sollten sie da froh sein, ihn zu sehen? Doch war es letztendlich egal, wie sie reagieren würden, er musste ihnen gegenübertreten und sich ihnen stellen.

Mies gelaunt nahm Miyako Platz im Wartebereich, vertrieb dabei einige andere Leute aus diesen, denen bei ihrer Ausstrahlung ganz mulmig wurde und es für angebracht hielten lieber das Weite zu suchen, ehe Miyako noch auf sie los gehen konnte. Rings um sie herum waren auf diese Weise in einem Umkreis von guten sechs Metern alle Plätze frei geworden, doch daran störte sich Miyako nicht besonders.

Schweigend schüttelte Daisuke seinen Kopf. ‚Das kann ja noch was werden…’ Dicht neben ihm wäre Taichi beinahe gegen eine Zimmerpflanze gelaufen, sodass Daisuke sich den Oberarm von ihm schnappte und ihn so sicher auf einen Platz neben Miyako lotste.

Nun saßen die drei nebeneinander und wurden von sämtlichen Leuten in der Umgebung angestarrt.

Grund Numero Uno war, das Taichi, ein erwachsener Mann, wie besessen mit seiner handlichen Spielkonsole beschäftigt war und rein gar nichts von der Außenwelt mitbekam.

Numero duze war die finstere Aura Miyakos. Noch immer blickte sie finster drein und starrte mit gefährlichen Schlitzaugen die Krankenschwester an, die ihr die Auskünfte verweigert hatte.

Der einzig normale unter ihnen war äußerlich gesehen Daisuke. Dieser saß still da und verhielt sich auch sonst nicht weiter auffällig, erntete sogar von dem einen oder anderen Mitleid, bei den anderen beiden sitzen zu müssen. Doch dem blieb nicht lange so, denn so langsam machte sich die Müdigkeit in ihm breit, sodass seine Augen ihm schon fast zufielen. Im Halbschlaf schwankte er leicht von einer Seite zur anderen, bis er beinahe von seinem Platz gefallen wäre. Wieder hellwach schaute er sich erschrocken um, ehe er begriff, was eben geschehen war. ‚Ach so…’ dachte er sich und versuchte sich zumindest noch eine Weile wach zu halten.

Seine Zuschauer bedachten ihn argwöhnisch und hakten ihn ebenfalls als gestört ab. Insbesondere ein älteres Ehepaar sah ihn abschätzend an.

‚Wo bleibt eigentlich Ishida? So lange kann es doch nicht dauern, ein Auto zu parken.’

Nach einigen weiteren Minuten in denen Daisuke einige Male die Augen zugefallen waren, gesellte sich auch endlich der blonde Sänger zu ihnen. Völlig entnervt ließ er sich neben Daisuke nieder.

„Was ist denn mit dir los?“ fragte Motomiya ihn.

Ein Brummen entwich Yamatos Kehle. „Diese nervigen Fans gibt es echt überall… Auf den ganzen Weg vom Auto bis hierhin musste ich über 30 Autogramme verteilen.“

Aus den Augenwinkeln heraus konnte Daisuke sehen, wie nun noch mehr Menschen sie anstarrten. ‚So langsam komme ich mir so vor, als wären wir hier in einem Zoo und nicht in einem Krankenhaus.’ Aber so ganz konnte er es ihnen nicht verübeln. Immerhin sah man nicht jeden Tag einen Star in Mitten der Durchschnittsklasse und das auch noch im Krankenhaus.

Ausgiebig streckte Yamato sich, worauf alle weiblichen Geschöpfe in seiner Umgebung entzückt auf quiekten.

Augenrollend lehnte sich Daisuke wieder zurück. ‚Was finden die Weiber nur so toll an ihm?’

„Und habt ihr schon was herausbekommen?“

„Nö. Die geben hier nur Familienangehörigen Auskünfte. Deswegen sind nun seine Eltern auf dem Weg.“

„Ach so ist das.“ meinte der Blonde interessiert und richtete interessiert seinen Blick auf den Eingang, worauf ihm Daisuke es gleich tat.

Eiligen Schrittes begaben sich Herr und Frau Ichijouji in das örtliche Krankenhaus, direkt zur Rezeption.

Miyako sah sie nun auch und sprang geradezu auf und lief zu ihnen hinüber, drängelte sich durch die Menschenmassen und rempelte diese unfreundlich an. Dicht hinter ihr folgten ihr die anderen drei, wobei es dieses Mal Yamatos Aufgabe war, darauf aufzupassen, dass Tai nirgends gegen lief.

Freundlich erteilte man Kens Eltern die gewünschten Auskünfte, bot ihnen sogar an sie zu ihm zu führen, noch ehe Miyako in Hörweite war.

„Wie geht es ihm?“ fragte Miyako außer Atem nach, doch der Blick von Kens Mutter für sie war vernichtend.

„Das wirst du schon noch früh genug erfahren.“ antwortete diese kühl. Ohne sie weiter zu beachten begrüßte sie den Rest der Truppe freundlich. „Guten Abend, die Herren. Entschuldigt, aber ich muss mich erst um meinen Sohn kümmern, vielleicht können wir uns später noch ein Wenig Unterhalten.“ gefolgt von ihrem Mann, der sich zuvor noch kurz endschuldigend verbeugte, ging sie den Korridor weiter.

Fest biss sich Miyako auf die Unterlippe.

Daisuke sah noch kurz den Ichijoujis nach ehe er sich an Ishida wandte. „Was war das denn?“

„Eine lange Geschichte…“ murmelte der Blonde mit den Händen in den Hosentaschen.

Ein tiefes Grollen ertönte, als Miyako eine Siegesmelodie ausgehend von Taichis PSP hörte. Der Brünette freute sich, ein weiteres Level seines Spiels gemeistert zu haben, doch diese Freude wich schnell, denn urplötzlich riss sie ihm das Gerät aus den Händen, schmiss es mit voller Wucht auf den Boden und trampelte ein paar Mal wütend darauf rum. Dabei ignorierte sie penetrant die teils verängstigten Blicke der Passanten.

Entsetzt starrte der Brünette sie an. „Was hast du-?“ Langsam sank er zu Boden und betrachtete sekundenlang die Überreste seiner PSP.

Wütend stampfte Miyako wieder zum Wartebereich und vertrieb aufs Neue sämtliche Leute aus diesem durch ihre schlechte Laune.

„Ich war doch fast DUUUURCH!“ jammerte Taichi lauthals los und sammelte die Einzelteile zusammen, um diese an sich zu drücken. „Das ist nicht fair!“

„Pfff… Reiß dich zusammen. Du tust ja so, als wäre das deine einzige gewesen.“ So schlecht fand Yamato es eigentlich nicht, dass das eben passiert war, so hatte er wenigstens für die nächsten Stunden einen halbwegs ansprechbaren Freund.

Daisuke hingegen konnte nur verständnislos darüber lächeln.
 

Träge blinzelte Daisuke vor sich hin. Am liebsten würde er jetzt schlafen, doch so einfach war das nicht. An ihm lehnte Taichi, welcher seit geraumer Zeit schon am Schlafen war und zu allem Überfluss Daisukes Schulter voll sabberte. ‚Wieso muss der sich bei mir anlehnen? Wozu hat er denn einen Freund?’

Dieser kam gerade wieder zurück vom Kaffeeautomaten und drückte Daisuke einen der beiden Becher in die Hand. „Das dauert ganz schön lang, was?“

„Hmm, scheint so.“

„Was ich dich eigentlich vorhin schon fragen wollte, wie kommt es eigentlich, dass du wieder hier bist?“

„Mir war danach.“ Lang gähnte Daisuke.

„Und da hättest du nicht vorher jemandem von uns Bescheid geben können?“

Er seufzte. „Hätte ich sicher… aber na ja, wo bliebe denn da die Überraschung?“

In aller Ruhe setzte der Blonde sich neben ihm und trank einen Schluck der schwarzen Brühe. „Überraschung… Die ist dir bei Ichijouji-kun gelungen.“

„Er scheint wirklich alles andere als erfreut gewesen zu sein, als er mich gesehen hatte.“ trübselig pustete er den Dampf seines Kaffees weg und nahm einen Schluck darauf.

Besorgt musterte Yamato erst seinen Gesprächspartner, ehe er weiter sprach. „Ich glaube eher, dass er mit der Situation überfordert war. Er hatte wohl am aller wenigsten von uns damit gerechnet, dass du wirklich jemals zurückkommen würdest, und sei es auch nur für ein paar Tage.“

„Ich hätte wohl doch besser nicht kommen sollen, was?“ fragte er mit einem traurigen Unterton in der Stimme.

„Red doch keinen Quatsch. – Wenn, dann hättest du niemals gehen dürfen.“

Verwundert sah der Brünette den Blonden an.

„Auch wenn Ichijouji-kun es nie zugeben würde, bin ich mir sicher dass er dich vermisst hat. Seitdem du fort warst, hat er sich immer weiter in sich zurückgezogen und im Grunde niemanden mehr an sich heran gelassen. Er ist wirklich jedem möglichen Treffen mit uns aus dem Weg gegangen, sodass man ihn nur durch Tricks zu Gesicht bekam.“

„Man, da habe ich ja was ausgelöst.“

„Nicht nur du, er dürfte da wohl mindestens genauso Schuld dran sein.“ aufmunternd lächelte Yamato ihn an. „Aber ich will mich da nicht unnötig weiter einmischen. Es hat mir gereicht einmal von ihm angebrüllt zu werden.“

„Er hat dich angebrüllt?“ mit hochgezogener Augenbraue glotzte Daisuke den Älteren an.

„Jap. Das war kurz bevor du nach Amerika gegangen bist. Ich hatte versucht, ihn dazu zu bringen mit dir zu sprechen, doch irgendwie ist das voll nach hinten losgegangen.“ lachte er und trank wieder genüsslich von seinem Kaffe.

Eine solche Szene konnte sich Daisuke nur schwer vorstellen. Selbst er musste schon den Schwarzhaarigen gewaltig reizen, damit dieser aus der Haut fuhr, damals wohl mehr als es heute der Fall war. Bei diesem Gedanken erschien im das Bild von Kens Mutter vor den Augen. „Sag mal, wieso war Kens Mutter so kühl zu Miyako-kun?“

„Ach weißt du, sie kann Miyako nicht besonders gut leiden. Soweit ich das verstanden habe, sieht Frau Ichijouji sie als eine Art hinterhältiges Miststück. Sie macht sie für eure Trennung verantwortlich. – Aber so sind wohl alle Mütter, die der Meinung sind, dass ihre Söhne mit der derzeitigen Lebensgefährtin unglücklich sind.“ erklärte er. „Wobei Lebensgefährtin nicht das richtige Wort ist.“

„Wie meinst du das denn?“

„Soweit ich das Ganze einschätze, hat Ichijouji-kun kein Interesse an Miyako und bleibt nur bei ihr wegen Noriko.“

„Und das macht dich so sicher weil…?“ hakte Daisuke nach, denn so recht konnte er das nicht glauben. So sehr Ken sich auch dazu verpflichtet fühlen konnte, kam es ihm doch komisch vor, dass dieser es auch tatsächlich nur deswegen tat. Für Daisuke stand definitiv fest, dass es für Ken noch einen weiteren Grund geben musste.

„Ach, ich glaube, das wirst du bald selbst sehen.“ Lachend wuschelte er ihm durch die Haare.

Leicht säuerlich durch diese Aktion zog der Jüngere den Kopf ein und versuchte mit der Freien Hand die Yamatos von seinem Kopf runter zu bekommen. Als dies endlich geschafft war, fuhr er sich durch die Haare, um diese wieder etwas zu richten. Neben sich konnte er bei diesen vielen Bewegungen Taichi grummeln hören. Grinsend sah er ihn kurz an, bis ihm Miyako, unweit von ihm entfernt, hinter einem der massigen Ärzte hier hinterherschleichen sah. ‚Ich dachte, sie musste nur aufs Klo… Aber das erklärt ja wohl was sie die letzte Stunde über getan hat.’

Auch Yamato ist das nicht entgangen. „Sie glaubt wohl, dass der sie zu ihm führen wird.“

„Jap.“ einen momentlang sahen sich die beiden an, ehe sie zu kichern anfingen.
 

Nachdem Daisuke seinen Kaffeebecher ausgetrunken hatte, verspürte er den äußerst starken Drang danach, sich schleunigst auf die Suche nach einer Toilette zu begeben. So befreite er sich vom schlummernd grummelnden Taichi und überließ diesen Yamato. Während er die endlos langen Gänge entlangging, Ausschau haltend nach den Toiletten, fielen ihm mehr ältere Leute mit Gehilfen auf, als er je in seinem Leben gesehen hatte. ‚Was machen die um diese Uhrzeit bitteschön hier auf dem Flur? Es ist doch schön längst Mitternacht durch!’ So langsam paranoid werdend beschleunigte er seinen Gang, denn ihm kam es zunehmend so vor, als würden die an ihre Gehilfen angewiesenen Leute ihn verfolgen. Inzwischen fast schon rennend wurde er perplex von den Patienten angesehen und das Krankenhauspersonal rief ihm mehrfach hinterher, dass man hier nicht rennen dürfe. Doch das war ihm egal. Er musste aufs Klo und fand dank seiner Paranoia dummerweise keine.

Außer Atem blieb Daisuke an einer weiteren Kreuzung der Gänge stehen und musste sich an der Wand abstützen. Er hatte das Gefühl, als wäre er bereits durch das ganze Krankenhaus gerannt, ohne dabei auch nur ein Schild gesehen zu haben, welches die Anwesenheit einer Toilette ausschilderte. „Vielleicht sollte ich doch nach fragen.“ murmelte er vor sich hin und blickte um sich. „Klasse, wenn man mal jemanden vom Personal braucht, ist keiner da.“ Missmutig schlenderte er weiter geradeaus. Nach einigen Minuten blieb er vor einem Krankenzimmer stehen. Nachdenklich legte er den Kopf schief. ‚Vielleicht sind ja auf den Zimmern Toiletten. – Wenn müsste ich nur ein freies finden und dann könnte ich mich ran machen, wieder zu Yamato und Taichi zurück zu finden.’ Fest entschlossen suchte er nach ein solches Zimmer und als er eines fand, ohne Namensschild, bei dem auch die Tür einen Spalt breit offen stand und es auch im Innern dunkel war, war er sich sicher, ein unbelegtes gefunden zu haben.

Ehe er es betrat, blickte er um sich, ob er vielleicht beobachtet wurde, doch da er niemanden sah, schlich er sich hinein. Glücklicher Weise war die Toilettentür gleich nahe an der Zimmertür, sodass er das Innere des Zimmers kaum ansehen musste. Erleichtert über sein gefundenes Ziel seufzte er wohlig auf während er seine Blase erleichterte. ‚So, jetzt aber wieder zurück!’ Das kleine Badezimmer verlassend, bemerkte er, dass es sich um dieses Zimmer doch nicht um ein freies handelte. Erst jetzt besah er sich das Innere des Zimmers genauer und stellte fest, dass im Bett jemand schlief. Im Halbdunkeln konnte er zunächst nichts Genaueres erkennen, doch als die schlafende Person etwas im Schlaf murmelte, zog Daisuke die Stirn kraus. ‚Nee jetzt.’ In der Hoffnung seine Vermutung widerlegen zu können, trat er näher an das Bett heran. So blickte er auf das blasse, schwach beleuchtete Gesicht herunter und wusste nicht so recht, was er nun tun sollte. – Sollte er sich kneifen, um zu prüfen ob er schlief? – Sollte er die Realität ernsthaft in Frage stellen, denn solche Zufälle konnte es doch gar nicht geben. – Oder sollte er sich freuen, dass ausgerechnet er ihn gefunden hatte?

Unschlüssig stand er neben dem Bett. Er wusste, dass er etwas machen musste, nur was? Ewig konnte er hier jedenfalls nicht mehr Rumstehen, denn schließlich war es nur eine Frage der Zeit, bis hier einer vom Personal aufkreuzte und dann müsste er eine gute und vor allem glaubwürdige Ausrede parat haben. ‚Mir kauft hier doch keiner ab, dass ich nur aufs Klo wollte. – Am besten ich merke mir die Zimmernummer und mach mich schleunigst auf den Rückweg.’ fest entschlossen wollte er seinen Gedanken umsetzen, doch irgendetwas in ihm verhinderte, dass sich seine Beine in Bewegung setzten. Umso länger er den schlafenden ansah, um so lauter wurde die Stimme seines Unterbewusstseins, die ihm zurief, dass er ihn jetzt brauchte. „Ken…“ hauchte Daisuke leise.

Sehnsucht

++++Kapitel 14++++

Sehnsucht
 

Wie in Trance klebte der Blick des Brünetten förmlich an dem schlafenden Gesicht. Er wusste nicht, wie lange er den Schwarzhaarigen bereits anstarrte, dennoch änderte er nichts an der Situation. Als würde sein Körper ihm nicht mehr gehorchen wollen, hob sich seine rechte Hand und diese strich sanft eine Strähne aus Kens Gesicht. Bei dieser leichten Berührung konnte Daisuke deutlich das Glühen der blassen Haut spüren.

Dieses war zwar nicht mehr so stark wie es noch gewesen war, als sie ihn hierher gebracht hatten, aber mit Sicherheit noch ungesund hoch.

Daisuke biss sich auf die Unterlippe. Er hatte deutlich Schuldgefühle. Er wusste, dass es schwachsinnig war, dennoch fühlte er so. Doch das Schlimmste für ihn an der Situation war nicht die Schuld, sondern vielmehr die unbändige Sehnsucht. Daisuke sehnte sich danach, wie früher, Ken einfach in die Arme nehmen zu dürfen, ihn zu küssen, die blasse Haut zu streicheln, diese wunderschönen Laute Kens zu hören, doch das ging nun nicht mehr. Er hatte im entscheidenden Moment feige den Schwanz eingezogen und ist einfach abgehauen, hatte Ken alleine mit seinen Problemen zurückgelassen. Ging, als dieser ihn am meisten gebraucht hatte, weil er selbst der Überzeugung war, dass es so besser für sie beide war. Letzten Endes hatte er damit wohl mehr Schaden angerichtet, als er gewollt hatte. Ihm war es in den USA seelisch die ganze Zeit über äußerst schlecht ergangen und etwas in ihm sagte ihm, dass es bei Ken ähnlich gewesen war.

Warum nur konnte es nicht wieder so sein wie früher? So wie es zum Beginn ihrer Beziehung gewesen war, damals in jenem Sommer…
 

»Flashback«
 

Die Sommerferien neigten sich allmählich ihrem Ende, dennoch hatte keiner der Digiritter einen Grund deswegen schlecht drauf zu sein, denn nach einigen Diskussionen hatten sie sich entschieden: Sie alle wollten zusammen mit ihren Digimon für eine Woche lang Campen fahren. Sogar die älteren konnten sich dazu Zeit nehmen und so konnten sie zum ersten Mal alle gemeinsam für zumindest eine kurze Zeit miteinander verreisen, wirklich jeder der zwölf war dabei.
 

Ich weiß noch, wie sehr ich mich darauf gefreut hatte, daran hatte meine Müdigkeit am Morgen, an dem wir losfuhren, wenig ändern können. Nicht einmal Miyako konnte mich anfangs mit ihrer Laune ärgern.
 

Das Dumme an der ganzen Sache war allerdings, dass Daisukes Vater sie chauffieren durfte und er so vorne sitzen musste, das wiederum hieß, dass Miyako Ken ohne Probleme zu sich holen konnte und die ganze Fahrt über mit ihm, ungehindert von Daisuke, auf die Pelle rücken könnte.

„Das wird ja so was von geil!“ verkündete der Brünette freudig als er eine weitere Reisetasche in den Kofferraum des Autos stopfte.

„Jetzt krieg dich mal wieder ein…“ entgegnete Miyako genervt. Es war ihr anzusehen, dass ihr die Hibbeligkeit Daisukes gehörig auf die Nerven ging.

„Sagt mal, warum ist eigentlich Takeru nicht hier?“ fragte der Jüngste unter ihnen, um die Situation etwas zu entschärfen. Es war ihm deutlich anzusehen, dass es ihm missfiel, dass ausgerechnet er das Vergnügen hatte, mit Daisuke und Miyako in einem Auto sitzen zu müssen.

„Er meinte, dass er bei den Yagamis und seinem Bruder mit fahren möchte. – Warum auch immer er sich Taichi-kun so früh am Morgen antun will…“ antwortete das Mädchen unter ihnen Schultern zuckend.

„Seid ihr soweit?“ fragte Daisukes Vater die drei Jugendlichen. „Ichijouji-kun wird sonst noch unnötig warten müssen.“

„Na klar doch!“ jubelte darauf sein Sohn und setzte sich auch gleich auf den Beifahrersitz mit seinem Demivee-mon auf dem Schoß.

Bestens gelaunt setzte sich nun auch Miyako ins Auto und Iori tat es ihr seufzend gleich.
 

Als wir dann im Auto saßen und nach Tamachi fuhren, um Ken abzuholen, konnte ich es kaum erwarten. Ich hatte mich am meisten darauf gefreut, ihn wieder berühren zu können. Der Grund dafür war wohl die vergangene Nacht gewesen, die ich damals seit längerem ohne ihn verbringen hatte müssen. Ich hatte da beim besten Willen nicht einschlafen können! Immerhin hatten wir davor jede Nacht eng aneinander gekuschelt geschlafen und auf einmal hatte ich ohne meine süßlich duftende Wärmequelle schlafen müssen… Das konnte ja nur in die Hose gehen.
 

Bockig und total übermüdet richtete Daisuke seinen Blick durch das Fenster neben sich, es musste ja nicht jeder gleich mitbekommen, dass er mal nicht ganz so gut drauf war, wie er es vorgab. Sein Vater war ja zum Glück zu sehr mit dem Straßenverkehr beschäftigt und die anderen beiden auf dem Rücksitz konnten ihm hoffentlich nichts von seiner Müdigkeit anmerken. Na ja, was die Digimon anging war er sich nicht sicher, ob die sich überhaupt dafür interessierten.
 

Die meiste Zeit über habe ich mich tierisch aufgeregt, denn wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir ruhig schon um 6 Uhr morgens losfahren können, denn ICH war da ja schon längst, beziehungsweise noch, wach gewesen.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit parkte Motomiya Senior endlich das Auto vor dem Wohnblock, in welchem Ken wohnte.

Dieser stand auch schon unten und unterhielt sich noch mit seiner Mutter, wie Daisuke feststellte. Auf ihn machte es den Eindruck, als wollte sie Ken anscheinend nicht so recht gehen lassen.

Als Ken das Auto bemerkte verabschiedete er sich noch schnell von seiner Mutter und lief zum Auto. „Guten Morgen Motomiya-san!“ kurz verbeugte er sich und ließ sich vom älteren seine Tasche abnehmen und setzte sich nun ebenfalls ins Auto auf den noch freien Sitz. Doch kaum dass er sich gesetzt hatte und die Autotür geschlossen war, wurde er von seiner nervenden Klette angefallen: Miyako.

„Oh Keeen! Ich habe dich ja sooo vermisst!“ jaulte sie los. „Was hast du denn so noch in den Ferien bisher gemacht? – Also ich habe-“ begann es laut aus ihr herauszusprudeln.

„Mensch Miyako!! Das geht auch leiser!“ beschwerte sich Daisuke von dem Beifahrersitz aus und funkelte das Mädchen böse über seine Schulter hinweg an. „Wegen dir bekomme ich noch Kopfschmerzen!“

„Wie willst du überhaupt Kopfschmerzen bekommen? In deinem Schädel herrscht doch pures Vakuum!“

Noch ehe Daisuke etwas erwidern konnte, mischte sich auch schon sein Vater ein. „Sei still Daisuke! Behalte deine Sprüche für dich, tue uns allen den Gefallen, ja?“ In aller Ruhe setzte er sich hinters Lenkrad und startete den Motor.

Triumphierend grinste Miyako noch den Brünetten über den Rückspiegel an, ehe sie sich wieder Ken widmete.
 

Am liebsten hätte ich die Olle dafür erwürgt. – Dumm nur, dass ich am Vortag meinem Vater hoch und heilig hatte versprechen müssen, dass ich mich benehmen würde. So konnte ich leider nicht meiner Mordlust nachgehen…
 

Sichtlich angepisst drehte Daisuke sich von seinem Vater weg, als dieser ihn entschuldigend ansah und stierte penetrant aus seinem Fenster. Nach etlichen weiteren Minuten, in denen sich der Goggleboy ungewollt das Geschleime Miyakos mit anhören musste, bemerkte er dass sein Digimon auf seinem Schoß inzwischen tief und fest am Schlafen war.
 

Es war mir ein Rätsel, wie Demivee-mon bei der widerwärtigen Stimme Miyakos pennen konnte. Aber das lag wohl daran, dass ich es gezwungener Maßen mit wach gehalten hatte.
 

Eine bequemere Sitzposition einnehmend linste er kurz nach hinten.

Iori schlief nun auch schon. Dieser hatte ja auch vorgesorgt und sich Ohropacks mitgenommen. Auch die drei Digimon machten es ihm gleich und schliefen eine Runde.

Und Miyako war noch fleißig am rumquasseln, wovon Ken wiederum nicht grade begeistert zu sein schien.

Entnervt richtete er seinen Blick wieder nach vorne, fest entschlossen, schnell einzuschlafen, weil er ja eh keinen Gesprächspartner hatte. Doch so einfach war die Umsetzung dann leider nicht. Wie er es noch vorhin Miyako prophezeit hatte, hatte er nun wirklich Kopfschmerzen bekommen. Noch nie konnte er besonders gut einschlafen unter Kopfschmerzen, da spielte es keine Rolle, wie müde er eigentlich gerade war. Trotzdem versuchte Daisuke es auch weiterhin, schloss seine Augen, versuchte krampfhaft diese nerv tötende Stimme auszuschalten, sie nicht mehr wahrzunehmen. Das ging dann einige Minuten lang, bis Daisuke seinen Vater hörte, wie dieser leise mit den beiden noch wachen Personen auf dem Rücksitz sprach.

„Könntet ihr zwei so nett sein und euch leiser miteinander unterhalten? Daisuke scheint gerade eingeschlafen zu sein und glaubt mir, es wäre besser für euch, wenn er den Rest der Fahrt über schläft.“
 

Dafür hätte ich ihn am liebsten umgebracht. – Aber immerhin hatte er Erfolg.

- Man, wie viele ich da schon umbringen wollte...
 

„Wie?“ fragte Miyako nichts verstehend.

„Er hatte in der letzten Nacht fast gar nicht geschlafen. – Tut ihm einfach den Gefallen, ja?“

„Kein Problem.“ meinte Ken nur ebenso leise zurück. „Ich könnte auch ein wenig Schlaf vertragen.“
 

Von da an war es, mal abgesehen vom Gedudel des Radios, still im Auto. – Woher mein Vater so genau gewusst hatte, dass ich kaum geschlafen hatte, wusste ich nicht. Der einzige Hinweis, der mir damals eingefallen war, war, dass ich so gegen 2 Uhr morgens in der Küche war, um etwas zu trinken. Aber wie konnte mein Vater denn davon ausgehen, dass ich kaum geschlafen hatte?

Verzweifelt hatte ich versucht einzuschlafen, trotz meinen bescheuerten Kopfschmerzen. Dass es mir gelungen war, hatte ich noch nicht mal bemerkt. Erst als ich Kens Stimme dicht bei mir gehört hatte, wurde es mir klar.
 

„Hey, Dai-chan.“ sanft fasste Ken Daisukes Schulter um ihn wach zu bekommen, indem er ihn etwas rüttelte. „Wir sind da. Komm, du kannst wieder aufwachen.“

Träge öffnete Daisuke seine Augen und blinzelte Ken verwundert an, der ihn mit seinen wunderschönen klaren blauen Augen ansah. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass er nach einem kleinen Nickerchen sich wieder besser fühlen würde, doch stattdessen fühlte er sich schlechter, wie gerädert. „…Schon…?“ fragte er müde und gähnte auch gleich im Anschluss seiner Frage.

„Ja. Komm, dein Vater möchte wieder nach Hause fahren.“

Widerwillig stieg der Junge aus dem Auto aus, musste sich erst ein wenig strecken, ehe er fähig war, ein halbwegs sinnvolles Gespräch zu führen. Suchend schaute Daisuke um sich. „Wo sind denn die anderen?“

„Die sind schon mal vorgegangen.“

„So Jungs, ich werde dann mal wieder losfahren. Viel Spaß!“ kurz wuschelte Daisukes Vater seinem Sohn noch durch die Haare, ehe er sich wieder in sein Auto setzte und losfuhr.

Verwundert schauten die beiden Jungs noch dem wegfahrenden Auto hinterher, ehe sie sich ihre Taschen nahmen und sich mit ihren Digimon auf den Weg zu den anderen machten.

„Wie hast du es eigentlich geschafft Miyako los zu werden?“

„Das haben die anderen übernommen. Ich glaube Taichi hat die Mädchen geschmiert oder so.“

„Meinst du?“

Bejahend nickte Ken. „Ich fürchte, er verfolgt wieder einen seiner geheimen Pläne.“

Darauf konnte der Braunäugige nur die Schultern zucken. „Kann sein…“ Lächelnd griff er nach Kens Hand.

Mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen blinzelte Ichijouji seinen Freund neben sich an, wobei sich ihre Blicke trafen.

„Die anderen werden schon noch nichts merken, vertrau mir, ja?“
 

Mir war durchaus klar gewesen, dass ich damit gegen eine seiner Regeln quasi verstoßen hatte, aber wer sollte uns da auch schon sehen?

Ken hatte es schon nicht so recht gepasst, dass ausgerechnet Taichi und Yamato von unserer Beziehung wussten und ich wusste damals schon, dass es ihm unangenehm war, nur zu wissen, dass wir es früher oder später auch den anderen gestehen mussten.

Der Grund dafür war mir ebenfalls nur zu gut bekannt: die verurteilenden Blicke. Unsere Freunde waren da eher ein kleines Problem, aber ein viel Größeres bildeten da unsere Eltern, unsere Familien und nicht zu vergessen, der Rest der Gesellschaft.

Kens Sorgen diesbezüglich richteten sich in erster Linie auf mich. Ganz im Gegensatz zu mir war er schon lange nicht mehr im Fußballverein gewesen – in einem in dem es nur so von Vorurteilen und pubertierenden Teenagern wimmelte – aber er wäre es sicher noch gewesen, wenn er sich damals nicht schwer am Knie verletzt gehabt hätte.
 

Ken seufzte.

Schweigend spazierten sie Hand in Hand den Weg entlang, der in den vor ihnen liegenden Wald führte.

Die beiden Digimon liefen laut lachend voraus und alberten, wie so oft in den vergangenen Tagen, miteinander rum. Schon bald konnten sie von den beiden Jungs nicht mehr gesehen werden.

„Was glaubst du, wie lange werden Taichi und Yamato-kun ihre Beziehung noch verheimlichen?“ versuchte Daisuke das Schweigen zu brechen, welches ihm allmählig unangenehm wurde. So ganz nebenbei versuchte er sich so von seinen noch verbliebenen Kopfschmerzen abzulenken.

„Weiß nicht. Sehr lange bestimmt nicht mehr… Obwohl, sie haben es ja bereits über drei Jahre geheim halten können…“ meinte der Blauäugige dazu nachdenklich.

„Irgendwie ist das traurig…“ murmelte Daisuke vor sich hin.

„Hm?“

„Na ja, sie scheinen doch glücklich miteinander zu sein, aber trotzdem verheimlichen sie es… Das muss doch schlimm für sie sein, sich nie in der Anwesenheit anderer so geben zu können, wie es nun mal ist. – Irgendwie tun sie mir leid.“ in seiner Stimme, wie auch in seiner Mimik war deutlich zu erkennen, dass er sich ernsthafte Sorgen machte.

„Mach dir da mal keine Gedanken, so lange werden wir sicher nicht damit warten.“

Darauf lächelte der Braunäugige ihn an. „Das ist schön…“ hauchte Daisuke, zog Ken zu sich, um ihm einen Kuss auf den Lippen zu geben.

Doch wenige Millimeter davor erschraken beide wegen einem lauten „Buh!“. Vor Schreck fuhren beide weit auseinander und starrten entsetzt bis panisch auf die Ursache, welche plötzlich zwischen ihnen stand.

„Hey Jungs!“ begrüßte der ältere brünette Wuschelkopf seine Freunde und lachte sich auch gleich wieder ins Fäustchen.

„Mensch Taichi!!“ schrie Daisuke mit schriller Stimme den älteren an, während er sich noch an sein rasendes Herz fasste. Dieser Schreck hätte ihm glatt einen Herzinfarkt eingebracht!

Da ging es Ichijouji nicht anders, nur dass dieser eben noch nicht einmal die Ruhe hatte, um überhaupt noch einen Laut heraus zu bekommen. So starrte er nur geschockt auf Taichi.

„Reg dich doch nicht so auf! – War doch nur ein Scherz… Was lasst ihr beiden euch auch so viel Zeit? – Oder wolltet ihr noch vorher kurz etwas erledigen?“ feixte Yagami weiter.

Knallrot im Gesicht ballte der jüngere Goggleboy seine Hände zu Fäusten. „Für wen hältst du uns?!“ fauchte er zurück. „Und selbst wenn dem so wäre, würde DICH das nichts angehen!“

„Schon gut, schon gut.“

„Hä…?“ zweifelnd blinzelte Daisuke seinen brünetten Gegenüber an. „Wieso trägst du eigentlich kein Shirt oder so was in der Art?“ Bei dieser Frage musterte er den doch recht durchtrainierten Oberkörper Taichis. Das war eine gute Frage, denn hier im Wald war es noch recht frisch und demnach nicht unbedingt einladend um mit nacktem Oberkörper rum zu laufen.

Darauf musste der Gefragte sich erst einmal räuspern. „Mir war es zu warm.“

„Zu warm… so verschwitzt wie du bist… – Aber heute ist es doch noch recht kühl, oder? – Mir jedenfalls ist es das noch, um hier halbnackt rum zu laufen.“ Allein der Anblick sorgte dafür, dass es ihm noch eine Spur kälter vorkam, als es eigentlich war.

So sah Taichi sich doch tatsächlich bedroht von dem jüngeren und wollte schleunigst das Weite suchen. „Mir ist es aber bereits jetzt zu warm! Und nun lasst uns doch endlich zu den anderen gehen!“
 

Kaum dass die drei bei den anderen ankamen, wurde Taichi auch schon von Yamatos speziellem Begrüßungsritual in Empfang genommen. Noch ehe Taichi etwas sagen konnte, schmiss er diesem sein T-Shirt mitten ins Gesicht. „Hier! – Dich kann man wohl nicht einmal für eine Sekunde aus den Augen lassen, ohne dass du wieder Mist baust.“

Sich das Shirt wieder anziehend fragte der Brünette „Was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht?“.

„Das fragst du noch so blöd?“ zischte der Blonde wieder zurück.

Nichts verstehend blinzelte Yagami vor sich hin. Nachdenklich betrachtete er das Shirt, bis sich seine Augen einen Moment lang weit aufrissen, als ob ihm eingefallen wäre, was sein Yama meinte.
 

Lustlos habe ich mich auf den Boden gesetzt. Mir war einfach nicht danach gewesen, weiter den aufgedrehten Jungen zu spielen. Nur ganz kurz hatte ich überlegt, ob ich Ken von meinen Kopfschmerzen erzählen sollte, aber ich hatte mich schnell dagegen entschieden.
 

„Was ist denn mit dir los?“ fragte Ken verwundert nach.

„Hm? – Eigentlich nichts weiter… Hatte bloß keinen Bock mehr gehabt zu stehen…“

„Ach so.“ damit hakte Ken das Thema erst einmal widerwillig ab, denn gerade sah er auch schon das nächste auf sich zu kommen: Miyako.

„Ihr habt euch aber Zeit gelassen! Hast du den Deppen da etwa nicht wach bekommen?“

Wie im Chor kam ein warnendes „Miyako!“ von Sora und Hikari, welche sich gerade ebenfalls zu der kleinen Gruppe gesellt hatten.

„Was denn? Ich kann doch wohl nichts dafür, wenn der Idiot pennt wie ein Stein.“ verteidigte sich das Mädchen und deutete mit dem Zeigefinger auf Daisuke.
 

Das hatte ich durchaus mitbekommen, aber es hatte mich nicht sonderlich interessiert. – Irgendwie war der Boden viel interessanter als diese blöde Schnepfe.
 

„Aber Miyako! Du sollst doch nicht immer so gemein zu ihm sein, oder hast du unser Gespräch schon wieder vergessen?“ fragte Hikari ihre Freundin.

„Nein, das habe ich nicht…“ murmelte sie mürrisch vor sich hin.

Obwohl Ken schon sichtlich an dieses Gespräch von den Mädchen interessiert war, wandte er sich von ihnen ab.

Um sie herum waren bereits fast alle Zelte aufgebaut, alle, bis auf Daisukes und Kens und auch das von Yamato und Taichi.

Die beiden waren gerade dabei ihres aufzubauen, während sie sich fleißig nebenbei schwer verständlich anfauchten.

„Komm Daisuke, lass uns unser Zelt aufbauen, ja?“ freundlich, wie auch aufmunternd lächelte Ichijouji seinen Freund an, hatte seine Hand auf dessen Schulter gelegt, worauf der Junge verwundert aufschaute.

Darauf kam nur ein gemurmeltes „Ok.“
 

Eigentlich hatte ich dazu keinen Bock gehabt, aber irgendwann mussten wir das Zelt ja aufbauen, wenn wir nicht unter freien Sternenhimmel hätten schlafen wollen. – Obwohl das wiederum einen gewissen Reiz für mich hatte. Wäre doch eine nette Abwechslung, wenn die anderen nicht gewesen wären… und die Digimon nicht zu vergessen.

So sehr ich mich darüber auch gefreut hatte mit V-mon auf längere Sicht weitestgehend ungestört rumtoben zu können, war es auch ein gewisses Hindernis in meiner Beziehung zu Ken gewesen. Seit deren plötzlichen Aufenthalt bei uns damals, ging es nur noch schleppend voran. Denn solange V-mon und Wormmon in der realen Welt bei uns waren, konnten wir, Ken und ich, nicht direkt allein miteinander sein und das wiederum bedeutete, dass wir nicht wirklich ausprobieren konnten, bis wohin wir bereit waren miteinander zu gehen.
 

Widerwillig beteiligte Daisuke sich am Aufbau des Zeltes, ließ aber die meiste Arbeit Ken verrichten, weil er selbst den Trick nicht so ganz verstanden hatte, wie man dieses dämliche Teil am schnellsten aufstellte. So folgte er nur seinen Anweisungen.

„So… das war’s.“ meinte Ken erfreut und begutachtete sein Werk.

Nur wenige Meter von Daisuke und Ken entfernt konnte man Taichi fluchen hören, weil er es einfach nicht kapierte, wie man diese eine Stange durch den Stoff fädeln sollte.

Yamato hingegen hatte es aufgegeben dem Chaoten Anweisungen zu geben, welche dieser eh nicht befolgte und stand so mit verschränkten Armen neben dem Brünetten. „Schau dir das nur mal an! Die beiden haben lange nach uns angefangen und sind schon fertig.“

„Mahh! Das kannst du doch nicht vergleichen! Ken ist schließlich ein Genie, für ihn ist das doch ein Kinderspiel…!“ maulte Yagami rum und massakrierte die Stange in seinen Händen weiter. „Arg! Geh sofort da rein du doofes Teil!“ knurrte Taichi das leblose Material an, war nahe dran es zu zerbrechen.

„Wage es dich ja nicht etwas kaputt zu machen!“ warnte Ishida und riss Taichi die Stange aus den Händen. „Ich werde das machen und DU wirst hier nichts anfassen, kapiert?“

Bei diesem finsteren Blick Yamatos gehorchte Taichi wortlos und überließ es wirklich dem Blonden, das Zelt aufzubauen.
 

Die anderen hatten sich bei dem Gezanke der beiden wohl nicht viel gedacht, es war schließlich ein Normalzustand. Doch mir und wohl auch Ken machte das schon Sorgen.
 

„Ärger im Paradies, würde ich mal sagen…“ flüsterte Motomiya zu Ken als er sich neben ihn stellte.

„Ach, so schlimm ist es sicherlich nicht.“ beschwichtigte Ken, mit einem Unterton in der Stimme, der erahnen ließ, dass er es selbst nicht glaubte.

„Sag mal, was glaubst du, warum Taichi-kun vorhin ohne T-Shirt rumgelaufen ist?“

„Ich hoffe doch nicht aus dem Grund, an den ich gerade denke…“ beantwortete der Blauäugige die Frage mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen.

Darauf musste Daisuke grinsen. „Du glaubst also auch aus dem gleichen Grund wie ich, ne?“
 

Allein der Gedanke daran, dass wir die beiden beinahe erwischt hätten haben können, hatte mir wahre Freude bereitet. Ich hätte nur zu gern deren Gesichter dann gesehen.
 

Verlegen lachte Ken, man konnte es ihm ansehen, dass er eine solche Szene nicht im Entferntesten sehen wollte.
 

»Flashback end«
 

… ja damals war die Welt für Daisuke und Ken noch in Ordnung gewesen. Sie waren glücklich miteinander zusammen und es waren weit und breit keine Probleme in Sicht gewesen.

An diesen Sommer erinnerte er sich gerne, wie auch an die restliche Zeit, bis zu jenem Abend, an dem alles in sich zusammengebrochen war. Alles, was danach geschah, stimmte ihn einfach nur traurig.

Langsam wieder mit den Gedanken in der Gegenwart, konnte Daisuke Stimmen näher kommen hören. Einer Vorahnung folgend verzog er sich schnell wieder auf die Toilette, denn auf den Flur konnte er nicht so einfach laufen, denn dann würde er auf jeden Fall mit den Eigentümern dieser Stimmen aufeinander treffen, welche er nun als die vom Personal identifizierte.

Wie er es geahnt hatte, betraten nun ein Arzt und eine Krankenschwester den Raum. Fröhlich weiterquatschend traten sie an das Bett Kens und begannen mit ihrer Untersuchung.

Sich sicher, dass sie es nicht bemerken würden, schlich sich Daisuke aus dem kleinen Badezimmer und auch gleich raus auf den Flur. Nachdem er sich dort umgesehen hatte und niemanden weiter sah, atmete er erleichtert auf. Schnell besah er sich die Zimmernummer, versuchte sie sich einzuprägen und machte sich auf zu den anderen, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, wo sie waren, geschweige denn wo er gerade war…

Immer wieder Nachts

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Schuldgefühle

++++Kapitel 16++++

Schuldgefühle
 

„Man, wo bleibt denn Motomiya schon wieder? So lange kann es doch nicht dauern ein Klo zu finden.“ knurrte Yamato genervt und stieß dabei in seinem Frust den bis eben friedlich schnarchenden Tai von sich, welcher in den letzten vergangenen Minuten seine Schulter abartiger Weise triefend nass vollgesabbert hatte.

Dieser ließ einen schrillen Schrei los, als ihm bewusst wurde, dass er gerade kurz davor stand harte Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. Doch dieser Schrei konnte ihn davor nicht bewahren, wirklich auf den Boden aufzuschlagen. Sich schmerzend die Stirn reibend setzte er sich im Schneidersitz auf den Boden und blickte seinen Freund wehleidig an. „Mah, Yama! Was sollte das denn schon wieder?“

Ignorant überschlug der gefragte seine Beine und ging gar nicht erst auf die Frage ein.

„Hast du etwa schon wieder deine Tage oder wie? – Musst du das denn immer an mir auslassen?“ beschwerte sich der Brünette während er aufstand um sich wieder neben seinen Freund zu setzten, dieses Mal jedoch mit einem respektvollen Sicherheitsabstand. Das waren solche Momente, die Taichi nicht besonders gut leiden konnte. Immer wenn sein Yama derartig pissig war, musste er jeden Augenblick damit rechnen von diesem eine geklebt zu bekommen, selbst wenn er ausnahmsweise wirklich mal unschuldig war. Er fragte sich, wer dem blonden Schönling denn dieses Mal die Laune verdorben hatte, zumindest war er sich sicher, dass er selbst nicht der Auslöser war.

Genervt grummelte Yamato als er einen erneuten Blick auf die große Uhr vor ihm an der Wand warf.

Tai folgte dem Blick seines Freundes, verstand aber nicht so ganz, was die Uhrzeit mit seiner schlechten Laune zu tun hatte.

Schwer seufzend ließ sich Miyako neben dem Brünetten nieder.

Interessiert wandte Taichi seinen Blick von Yamato ab und musterte die junge Frau neben sich. „Hast ihn wohl nicht gefunden, ne?“

Erneut seufzte sie. „Nein… Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich bin das ganze Gebäude abgelaufen, habe aber trotzdem nicht die kleinste Spur finden können.“

„Verstehe. – Vielleicht haben die einfach ein falsches Namensschild an die Tür gehängt!“ verkündete der Brünette seine tolle Idee, worauf Miyako nur skeptisch eine Augenbraue heben konnte.

„Wenn du meinst.“ antwortete sie nach einer Weile, in der sie erwartungsfreudig von dem älteren angeglotzt wurde. „Wo ist eigentlich Motomiya?“

„Keine Ahnung.“ meinte Tai Schultern zuckend.

„Der ist vor über einer dreiviertel Stunde aufs Klo gegangen.“ klärte Yamato die beiden grimmig auf, ohne sie auch nur anzusehen.

Die beiden sahen den Blonden zunächst verständnislos an, ehe ihnen wieder einfiel, wie Daisuke gewöhnlicher Weise tickte…

„Aber selbst für den ist das doch ungewöhnlich lang. – Ob er sich verlaufen hat?“ fragte Miyako in die kleine Runde.

„Möglich.“ kicherte Tai belustigt. „Ihn zu suchen würde aber sicher nichts bringen. Am besten warten wir hier. Irgendwann wird er schon wieder auftauchen.“

Und wie es Tai vorhergesagt hatte, stieß wenige Minuten später Daisuke wirklich zu ihnen.

„Boah, da seid ihr ja. Ich habe euch überall gesucht!“ fing Daisuke unvermittelt an als er atemlos zum Stehen kam. Irgendwann auf seinem Rückweg hatte er angefangen zu rennen und das obwohl er nicht einmal wusste warum, geschweige denn es überhupt bemerkt hatte.

„Du meinst wohl eher, dass du dich verlaufen hast und endlich zurückgefunden hast.“ Erwiderte Tai belustigt.

Nichts verstehend glotzte der jüngere Brünette den älteren an, schüttelte dann aber schnell den Kopf. „Das stimmt zwar, aber ihr werdet nicht erraten, was ich für eine Entdeckung gemacht habe!“

„Dass die Toiletten hier anders aussehen, als die in den Staaten?“ kommentierte Miyako ihn zynisch.

„Äh, nein. – Ich habe IHN gefunden.“ Verkündete er freudig und grinste die drei vor sich breit an.

Die wiederum zogen die Stirn kraus. Eine betretene Stille entstand, in der sie überlegten, wen Daisuke meinen könnte.

Plötzlich stieß Miyako einen Freudeschrei aus. „Du hast Ken gefunden? – Echt?“

Erschrocken wich Daisuke ein Stück zurück, als sie plötzlich wie aus dem Boden geschossen vor ihm stand und ihn erwartungsfreudig ansah. „Ja?“ erwiderte er verunsichert.

„Wo? Wo ist er?“

„Im Zimmer B drei fünf … sechs?“

Wie von der Tarantel gestochen sprintete Miyako los, ohne die anderen weiter zu beachten.

„Nein, das war B 256!“ verwirrt schaute er sich um. „Wo ist sie denn hin?“

„Auf dem Weg zum falschen Zimmer.“ antworteten Yamato und Taichi synchron.

Eine hämische Grimasse schneidend grinste er die beiden älteren an. Ohne dass er es beabsichtigt hatte, hatte er Miyako eins ausgewischt und dass er darauf stolz war, war nur schwer zu übersehen. Warum es ihn derartig erfreute, wusste er eigentlich nicht. Inzwischen waren doch bereits drei Jahren vergangen, in denen er sie nicht gesehen hatte, wenn man von der Begegnung auf der Hochzeit im Frühjahr mal absah, und gleich am ersten Abend – oder eher Nacht? – gelang ihm etwas unbeabsichtigt, wovon er früher nur hatte träumen können?

„B 256 sagtest du? Lasst uns doch hingehen, vielleicht treffen wir ja doch auf sie und das Missverständnis kann aufgeklärt werden.“ Schlug der Blonde vor und zog beim Aufstehen Taichi mit auf die Beine.

„Warum nicht.“ antwortete Daisuke Schultern zuckend. Reingelegt hatte er sie so oder so schon.

„Wie hast du ihn eigentlich gefunden?“ fragte Tai neugierig als sie losgingen.

„Zufall würde ich sagen.“ Er weigerte sich strikt dagegen, diesen „Zufall“ als etwas wie Schicksal zu bezeichnen. Er hätte ja schließlich genauso gut in jedes andere Zimmer gehen können, dass es letzten Endes das Kens war, konnte einfach nur dem Zufall entsprungen sein.
 

In der Zwischenzeit hatte Miyako ihr vermeintliches Ziel, das Zimmer B356, erreicht. Völlig außer Atem stand sie vor der Tür. ‚Oh man, ich hätte doch den Fahrstuhl nehmen sollen… viel zu viele Stufen…‘ Verwundert blickte sie um sich, denn erst jetzt bemerkte sie, dass diese Etage hier nur mäßig beleuchtet war, besonders im Vergleich zu den anderen, die sie bislang zugesicht bekommen hatte. Lediglich aus dem Raum vor ihr trat etwas Licht, in allen anderen war es dunkel. „Komisch.“

Etwas verunsichert legte sie den Kopf schief. ‚Wo sind denn eigentlich seine Eltern hin? So, wie ich sie kenne, würden sie doch aufpassen, dass ich auch ja nicht zu ihm komme. – Aber ich sehe keinen der beiden hier.‘ Dass sie womöglich im Zimmer bei ihm sein könnten, schloss sie aus, denn dann müsste sie sie ja reden hören, oder etwa nicht?

Kurzerhand endschied Miyako sich für den Überraschungseffekt, mit der festen Überzeugung, dass man sie dann schlecht rausschmeißen konnte. So riss sie förmlich die Tür auf, stockte aber sofort, als sie feststellte, dass sie sich definitiv im falschen Zimmer befand.

Im Inneren des Raumes waren gerade eine Schwester und ein Arzt direkt vor ihren Augen kräftig dabei miteinander rumzumachen. Erst beim genaueren Hingucken erkannte Miyako die Schwester wieder, als die, die sie vorhin so unhöflich an der Rezeption abgewiesen hatte. Besagte Schwester bemerkte sie just in diesem Augenblick und sah sie erschrocken an.

Ohne weitere Umschweife schloss Miyako die Tür wieder. In ihrem Kopf begann es nun zu rattern. Stand sie eben noch stumm da, breitete sich ein fieses Grinsen auf ihrem Gesicht aus und ein leichtes hämisches Lachen entrann ihrer Kehle. „Jetzt habe ich was in der Hand. Na warte, du wirst es noch bereuen, mich so unfreundlich behandelt zu haben!“ Bestens gelaunt ballte sie ihre Hand zur Faust und hob sie zu einem Siegesjauchzer in die Luft.
 

Genervt brummte Yamato. „Lass den Quatsch!“

„Aber Yama, ich will doch nur mal gucken.“ Verteidigte sich Tai während er sich versuchte von dem Griff seines blonden Freundes zu lösen, der ihn von hinten am Gürtel festhielt.

„Ja, klar, dann wirst du nur wieder versuchen dem Jungen seine PSP wegzunehmen.“

„Wieder? – Den hab ich doch noch nie gesehen! – Wie soll ich ihm denn da etwas wieder wegnehmen?“ erwiderte er verständnislos und blinzelte den Blonden verwirrt an.

„Hast du etwa vergessen, was in Osaka passiert ist, als du deine im Hotel vergessen hattest?“

„Oh… aber das ist doch was vollkommend anderes!“

„Du hast ihn zum Heulen gebracht! Und seine Mutter hatte dich mit ihrer Handtasche verprügelt! Und das alles nur, weil du ohne deine bescheuerte PSP zum Kleptomanen wirst.“

Daisuke seufzte. Das dauerte ihm nun eindeutig zu lang. Inzwischen stand er hier im Gang mit den beiden Älteren eine halbe Ewigkeit, in der Yamato Tai versuchte klar zu machen, dass dieser sich von dem Jungen, insbesondere von der PSP in dessen Händen, fern zu halten hatte. „Habt ihr es bald mal? – Die Mutter guckt schon so komisch.“

Und wie sie das tat. Ihr eiskalter Blick verhieß nichts Gutes. Die rothaarige Frau schien geradezu darauf zu warten, dass Taichi auch nur einen Zentimeter zu nahe an ihr Kind trat, um ihn dann in diesem Fall in der Luft zu zerfleischen.

Doch selbst das schien Tai nicht besonders zu interessieren, denn er gab sich noch immer nicht geschlagen und diskutierte eifrig weiter.

Erneut seufzte Daisuke. ‚Das kann noch dauern…‘ Und dabei waren sie nun schon so kurz davor, nur noch wenige Meter trennten sie von Kens Zimmer und da musste Tai ausgerechnet jetzt sich wie ein Kleinkind benehmen. ‚Man, ich will doch nur wissen, was mit ihm ist und dann endlich pennen!‘ Doch das schien wohl zu viel verlangt zu sein. Sich die Hand vor dem Mund haltend gähnte er auch gleich zur Bestätigung. Als er sich dabei leicht zur Seite drehte, bemerkte er, dass Frau Ichijouji gerade in seine Richtung ging. ‚Oh-oh…‘ Er ahnte bereits, dass diese Begegnung peinlich und unangenehm werden würde.

Mit besorgter Miene nährte sie sich Schritt für Schritt Daisuke, dennoch schien sie ihre Umgebung nicht ganz wahr zu nehmen. Ihr Blick war unentwegt auf den Boden gerichtet und den wenigen ihr entgegenkommenden wich sie meist im letzten Moment erst aus.

So kannte Daisuke sie gar nicht. Sie musste auf dem Weg zu Ken sein, da war er sich sicher. Doch etwas besorgt ging er ihr ein paar Schritte entgegen. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ fragte er sie höflich, auch wenn er selbst der Meinung war, dass er diesen höflichen Klang nie hinbekam, das war wieder eine Sache, in der er Ken wohl nie übertreffen würde.

Etwas irritiert blickte die Gefragte auf. „Oh, Daisuke-kun?“ fragte sie ungläubig. Sie hatte ihn zwar vor ein paar Stunden bei ihrem Eintreffen hier gesehen, aber sie hatte nicht mehr damit gerechnet, dass er noch immer hier war. „Ja, mit mir ist alles in Ordnung.“ Meinte sie schwach lächelnd.

„Wie… ähm, geht es ihm?“ unsicher ob er überhaupt noch das Recht hatte danach zu fragen zeichnete er kleine Kreise mit seinem rechten Fuß auf den Boden.

Zunächst musterte die ältere Frau ihn, ehe sie erneut lächelte. „Die Ärzte meinen, dass es ihm schon besser geht. Mach dir also bitte keine Sorgen um ihn.“

Erleichtert atmete er auf. Zumindest wusste er wieder mal mehr als Miyako und wo er gerade an sie dachte, hörte er ihre Stimme auch schon dicht hinter sich.

„Mensch Tai!!“ brüllte Miyako aufgebracht. „Lass den Scheiß und lass uns endlich zu Ken gehen!“

Das ließ Daisukes Gegenüber aufhorchen.

Er konnte ihr geradezu die Frage vom Gesicht ablesen, woher ausgerechnet Miyako wusste, wo sich ihr Sohn aufhielt. Dass er es ihr gewissermaßen gesteckt hatte, wollte er Kens Mutter nicht beichten.

Angesäuert schritt die ältere Frau an Daisuke vorbei und ging zielstrebig auf Miyako zu, die dann, als sie sie bemerkte, gleich erschrocken einen Schritt zurück wich. „Was willst du noch hier?“ zischte sie.

„Ich will zu Ken!“ erklärte Miyako stur köpfig, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte. Wenn man zu ihr unfreundlich wurde, sah sie wirklich keinen Grund mehr nicht gleiches mit gleichem zu bekämpfen. Auch wenn sie gerade Kens Mutter gegenüber stand und diese einen gewissen Grad an Respekt von ihr verdiente, konnte und wollte sie sich einen solchen Ton nicht bieten lassen.

„Du kannst zu ihm, wenn er es wünscht und ich es aus seinem Mund höre, vorher nicht.“

Damit wollte sich Miyako aber nicht geschlagen geben, es musste doch noch etwas geben, das sie tun konnte, oder nicht?

Das Ganze konnte sich Daisuke einfach nicht mehr mit ansehen. Was auch immer sich Kens Mutter dabei dachte, welche Beweggründe sie auch haben mochte, das war doch nicht fair! Aufgebracht stellte er sich zwischen die beiden Frauen und erntete respektvolle Blicke von den inzwischen verstummten Taichi und Yamato.

Damit schien Frau Ichijouji nicht gerechnet zu haben und blinzelte den Jüngeren verwundert an.

„Ich weiß, dass ich nicht das Recht habe, Ihnen vorzuschreiben, was richtig ist und was nicht, aber ich kann nicht länger mit ansehen, wie Sie Miyako seelisch fertig machen. Klar, ich kann sie nicht besonders gut leiden, sie geht mir auf die Nerven und sie war nie wirklich nett zu mir, aber das hat selbst sie nicht verdient. Sie wird doch wohl wenigstens wissen dürfen, was mit Ken ist!“ Die Hände zu Fäusten geballt sah er der älteren Frau vor sich durchdringend in die Augen.

Miyako hinter ihm sah ihn erstaunt an. Nie hätte sie damit gerechnet solche Worte aus Motomiyas Mund zu hören und noch weniger, dass er sie verteidigt.

Ergeben seufzte Frau Ichijouji. „Du hast zwar recht, aber du hast eben nicht mitbekommen, was in den letzten Jahren geschehen ist.“ erwiderte sie traurig und wandte dabei den Blick ab.

‚Was meint sie?‘ fragte er sich und beäugte sie skeptisch. Was verschwieg man ihm denn noch alles?

„Danke, Daisuke, aber lass gut sein.“ meinte Miyako hinter ihm. „Ich glaube, ich sollte nach Hause gehen und ein paar Sachen von ihm zusammenpacken. – Er wird sicher frische Kleidung brauchen.“ Traurig lächelnd ging Miyako ohne weitere Worte an Daisuke und Kens Mutter vorbei den Flur entlang.
 

„Was ist hier los?!“ keifte Daisuke aufgebracht Tai und Yamato an, als er mit den beiden allein auf dem Flur stand. „Was ist denn bitteschön passiert, dass Kens Mutter sich so abartig Miyako gegenüber verhält?!“ Wütend stampfte er mit dem Fuß auf.

„Komm mal wieder runter.“ meinte Yamato unbeeindruckt.

„Wir wissen das selbst eh nicht genau. Wir kennen ja nur Miyako-chans Seite.“ Erwiderte Taichi Schultern zuckend.

„Und die wäre…?“ fragte der jüngste der drei.

Einen Moment lang tauschten die beiden älteren Blicke miteinander aus, ehe Yamato Taichi zunickte.

„Ok, sie meinte, dass das daran liegt, dass seine Mutter der Meinung sei, dass sie ihn kaputt und unglücklich macht.“

„Aber das ist doch Quatsch. Das kann doch nicht stimmen.“ Doch die Gesichter der älteren verrieten Daisuke, dass es wahr sein musste.

„Hat es dich etwa nicht gewundert, dass sie so freundlich zu dir war, obwohl du vor drei Jahren einfach so abgehauen bist?“ hakte Yamato nach. „Es ist doch offensichtlich, dass sie dich statt Miyako an seiner Seite sehen will.“

Erneut kamen ihm Zweifel, ob es wirklich eine gute Idee damals gewesen war, zu gehen. Hatte er alles dadurch nur noch schlimmer gemacht? Hatte er Ken auf diese Art mehr weh getan, als wenn er geblieben wäre? Aber das hatte er doch nicht gewollt! Er wollte doch nur sein Bestes!

Besorgte Blicke wurden derweil zwischen Yamato und Tai ausgetauscht.

„Ich hab doch gewusst, dass wir es ihm nicht hätten sagen sollen.“ flüsterte der Blonde seinem Freund zu.

„Ach komm, früher oder später hätte er es so oder so erfahren.“ konterte der Brünette dem Blonden etwas lauter. „Aber was machen wir jetzt?“

„Hm, da wir nun wissen, dass es Ichijouji-kun gut geht, könnten wir heimfahren. Und er scheint eine Runde Schlaf dringend nötig zu haben.“

Skeptisch musterte Tai den jüngeren, der noch in seinen Gedanken versunken war und sich offensichtlich Vorwürfe machte. „Ok, vielleicht sollte er sich wirklich etwas ausruhen…“ stimmte er dann zu.

Leicht erschrak Daisuke, als er plötzlich die Hand Tais auf seiner Schulter spürte. Er war so tief in Gedanken versunken, dass er nicht bemerkt hatte, dass der ältere mit ihm sprach.

„Hast wohl nicht zugehört, ne? – Was hältst du davon, wenn wir zu uns fahren und Schlafen gehen, war schließlich eine lange Nacht.“

Abwesend nickte Daisuke.
 

Völlig erschöpft ließ sich Daisuke auf das frischbezogene Bett im Gästezimmer fallen. Die Dusche eben hatte ihm wirklich gutgetan und war auch äußerst nötig gewesen. Mit letzter Kraft krabbelte er unter die Decke und schaltete die Nachttischlampe aus.

Er war den Beiden sehr dankbar, dass sie ihn nicht weiter versucht hatten auf Ken anzusprechen. Seine Gewissensbisse reichten da voll und ganz. Sein Herz schmerzte nun so stark wie lange nicht mehr. Das letzte Mal hatte es das getan, als er vor etwa dreieinhalb Jahren dabei war, alles, was ihm je wichtig gewesen war, hinter sich zu lassen und nach Amerika gegangen war. Damals, als er den Entschluss gefasst hatte, lag er, wie jetzt gerade, auch im Bett und hatte die Decke über sich angestarrt.
 

»Flashback«
 

Der Regen prasselte gegen das Fenster und war somit das einzige Geräusch in der leblosen Wohnung, die vor nicht allzu langer Zeit noch mit Lachen und glücklichen Momenten belebt war. So viele schöne Dinge hatten sich einst in dieser Wohnung abgespielt, doch nun war es seit einigen Wochen – oder gar schon Monaten? - so, als wäre alles hier drin wie tot. Auf der Kommode nahe der Wohnungstür lagen unzählige ungeöffnete Briefe und das kleine Lämpchen des Anrufbeantworters blinkte schon seit mehreren Tagen ununterbrochen vor sich hin und wurde wissentlich vom nun einzigen Bewohner ignoriert.

Dieser lag bereits seit Stunden unbewegt auf dem Bett und starrte mit leerem Blick die Zimmerdecke über sich an. So viele Fragen rannten durch seinen Kopf, doch die Antworten auf diese blieben aus.

Was wäre, wenn er einfach gehen würde? Wenn er seine Sachen packen würde und einfach ohne ein Wort abhauen würde? Wenn er diese Stadt hinter sich lassen würde, mit all seinen Sorgen und Ängsten? – Für immer?

Seine Freunde und Familie? Was sie wohl darüber denken würden? – Sicher würden sie es verstehen. Umso länger er hierblieb, umso schmerzlicher wurde es doch nur für ihn, das mussten sie doch alle verstehen können, oder?

Alles, woran er sich hier erinnerte, schmerzte in seiner Brust, als würde man immerzu mit einem scharfen Messer hinein stechen – nicht mehr lange und er würde gänzlich daran zerbrechen. Er musste das von sich retten, was noch zu retten war und weit weggehen, weg von diesem Ort, der mit so vielen Erinnerungen erfüllt war.

Seit der Sache hatte er jeglichen Halt verloren, hatte ihn verloren, den wichtigsten Menschen in seinem miserablen Leben. Seit dem war jeder Tag unwichtig, er könnte genauso gut im Bett liegen bleiben oder gar tot sein und es wäre nichts anders, absolut nichts. – Sicher würde man ihn irgendwie vermissen und um ihn trauern, aber für ihn machte es einfach keinen Unterschied. Nichts ging mehr in seinem Leben vorwärts, alles stand still.

Von dieser Leere in ihm mal ganz zu schweigen. Es war schon fast so, als könnte er nur noch diesen Schmerz fühlen, sonst nichts, als wäre seine einstige Lebensfreude einfach so weggeblasen.

Konnte er denn gehen? Einfach so? Konnte er ihn wirklich hinter sich lassen, indem er ging, fort aus dieser Stadt, aus diesem Land? Aber wohin sollte er gehen?

Schwer seufzend setzte er sich auf.

Jeden Tag war es das Gleiche. So konnte es doch nicht mehr Ewig weitergehen.

Emotionslos richtete er seinen Blick zum Fenster und beobachtete eine Zeit lang gedankenlos wie die unzähligen Regentropfen an der Scheibe hinunterliefen.

Erneut klingelte das Telefon, doch er rührte sich nicht. Nur ganz leise hörte er eine Männerstimme, die irgendwas von einem Jobangebot für New York nach dem Piep quasselte und dass er sich doch endlich mal dringend melden solle.

Und wenn er wirklich gehen würde? Dieser Anruf hatte ihm nun zum zweiten Mal einen Ausweg aus dem Ganzen offenbart. Sollte er das Angebot annehmen?

Lustlos stand er auf und begab sich zum Telefon im Flur. Davor stehend betrachtete er das Gerät eine Zeit lang, überlegte, ob das ein Zeichen war, dass man ausgerechnet ihm das Angebot machte. Aber warum nicht? Einen Versuch war es ja wert. Entschlossen griff er zum Hörer und rief den Anrufer von eben zurück.

Er nahm sich vor, zu gehen, ohne wenn und aber. Seine Familie und Freunde werden das schon verstehen. Für immer, sagte er sich, er würde nicht mehr zurückkommen, so wäre es nicht nur für ihn am Besten. So sehr es am Anfang auch schmerzen würde, er durfte nicht zurückkommen, denn dann würde er ihn wieder und wieder verletzten. Er wünschte sich so sehr, dass er glücklich werden würde, auch wenn es eben ohne ihn sein sollte.
 

»Flashback End«
 

Aus dem „für immer“ wurde allerdings nichts.

Ein betrübtes Seufzen entwich Daisukes Kehle. ‚Es war wohl doch nicht so eine gute Idee gewesen, wie ich damals dachte.‘ Ändern konnte er dies aber dennoch nicht. Was geschehen ist, ist geschehen. Das einzige, was er jetzt noch tun konnte, war herauszufinden, wie es um Kens Gefühle wirklich stand. Er musste den Schwarzhaarigen unbedingt allein erwischen und ihn zur Rede stellen, wie unangenehm es für beide Fronten auch werden würde. Er konnte sich doch nicht ausschließlich auf die Aussagen der anderen stützen. Schließlich war es Daisuke nur zu gut bekannt, dass Ken nahezu perfekt darin war, seine wahren Gefühle zu verbergen.

Sich fest vornehmend, dieses Vorhaben auch durchzuziehen, schloss er müde seine Augen.
 


 


 

Warum ausgerechnet jetzt?

++++Kapitel 17++++

Warum ausgerechnet jetzt?
 

Seit Kens Zusammenbruch waren inzwischen schon drei Tage vergangen. Ihm hatte man zwar mitgeteilt, was mit ihm los war, doch weigerte er sich strikt dagegen, den anderen davon zu erzählen. Miyako hatte ihn zwar unzählige Male gelöchert, ihm gedroht, ihn sogar auf Knien angebettelt es ihr doch bitte zu verraten, doch er ignorierte sie weitest gehend oder strafte sie mit seinem speziellen bösen Blick.

Gelangweilt zappte er durch das Vormittagsprogramm. Seit seiner Entlassung am Vortag langweilte er sich nun mehr als er es bereits im Krankenhaus getan hatte. Er wollte etwas tun, er wollte raus und sich wenigstens die Beine vertreten, aber nein, man ließ ihn ja nicht. Warum musste dieser blöde Arzt Miyako auch anweisen, zu verhindern, dass er sich zu sehr anstrengte? – Der wusste definitiv nicht was er ihm damit angetan hatte. Er durfte hier gar nichts mehr machen, geschweige denn alleine und auch noch ohne Hilfe. – Wenn sie auch noch auf die bescheuerte Idee kommen sollte, ihm beim Waschen helfen zu wollen, würde er für absolut gar nichts mehr garantieren.

Aus der Küche konnte Ken sie hören. Auf ihn machte es den Eindruck, als würde sie die halbe Einrichtung dort auseinander nehmen.

Während er sich widerwillig auf der großen weißgrauen Couch liegend eine Werbesendung anschaute, zugedeckt mit einer pinken Fleecedecke, welche mit einem Rosenmuster bedruckt war, saß die Kleine Noriko bei ihm auf dem Boden und malte. Was genau sie da versuchte zu malen, war Ken nicht so ganz klar. Mal glaubte er Blumen erahnen zu können, doch schnell sahen diese wieder völlig anders aus – sollten das Wolken werden? Oder vielleicht doch ein Tier? Den Kopf schüttelnd blickte er wieder die Zimmerdecke über sich an.

‚Man, nicht mal mein Notebook darf ich haben… Wenn ich wenigstens das hätte, könnte ich immerhin darauf Schach, Solitär oder sonst irgendein Spiel mir antun, aber nein, ich könnte ja auf die Idee kommen, übers Internet zu arbeiten… tze, als ob ich so arbeiten könnte…‘ Womit konnte er sich denn sonst noch beschäftigen? Ihm blieb nur der Fernseher und gewissermaßen seine Tochter, doch selbst die schien keine Lust zu haben von ihrem Bild aufzublicken. Konnte er vielleicht Miyako von hier aus ärgern? – Sie hatte ihm ja verboten aufzustehen, es sei denn, er müsste mal auf die Toilette. Doch wie sollte er sie nur ärgern? Botengänge waren leider nicht so sein Humor.

Gähnend streckte er sich im Liegen, dann konnte er genauso gut ein Nickerchen machen. Doch kaum, dass er eine bequemere Position eingenommen hatte, klingelte das Telefon.

Noch ehe er etwas sagen konnte, rief Miyako „Bleib bloß liegen! Ich gehe schon ran!“ aus der Küche.

Kurz zog er die Stirn kraus. Als ob er wirklich vorgehabt hätte den weiten Weg bis in den Flur auf sich zu nehmen. Schnell strich er sich eine Strähne hinters Ohr, die ihn gerade an der Nase kitzelte.

Von Miyakos Tonlage ausgehend, war sich Ken sicher, dass sie mit einem ihrer Freunde sprach. Wer es war würde ihn gewöhnlicher Weise nicht wirklich interessieren, doch dank seiner Langeweile brannte er fast schon darauf es zu erfahren. Verwundert stellte er fest, dass sie zu ihm mit dem Hörer in der Hand kam.

„Ich weiß nicht… Das sollte ich ihn besser vorher fragen… Klar, ich rufe dich gleich zurück.“ meinte sie und verabschiedete sich von ihrem Gesprächspartner. Unschuldig linste sie über die Rückenlehne der Couch und blickte Ken zögernd an.

„Was willst du fragen?“ hakte der Blauäugige skeptisch nach. Dieser Blick missfiel ihm eindeutig.

Sie stützte sich mit den Unterarmen ab. „Na ja, das war eben Ishida-kun.“

„Und?“

„Er meinte, dass er wegen einer kurzfristig angesetzten Tour weg müsse und dass Taichi-kun mitkommen soll.“

Was sie Ken damit sagen wollte, war ihm nicht so ganz klar, doch dann fiel ihm wieder ein, dass ein gewisser jemand gerade bei den beiden so zu sagen wohnte.

„Und da fragen sie rum, ob – na ja – jemand Motomiya bei sich aufnehmen könnte… Seine Eltern sind zurzeit verreist und bei seiner Schwester ist kein Platz für ihn.“

„Und was ist mit den anderen? – Dass Hikari-chan und Takeru ihn nicht aufnehmen können ist mir schon klar.“

„Ja, wegen ihrer Schwangerschaft. Aber bei den anderen geht es leider auch nicht, Iori wohnt nur in einer Einzimmerwohnung, genau wie Koushiro-kun. Und Sora und Mimi sind beide in einer neuen Beziehung und da stört er nur. Jou hat sich auch erledigt.“

Ergeben seufzte er. „Da bleiben nur noch wir.“

Vorsichtig nickte sie. „Und? Was meinst du?“

Irgendwie wunderte es ihn schon, dass Miyako so ruhig blieb. Normalerweise würde sie austicken, wenn sie gefragt werden würde, ob ausgerechnet Daisuke – ihr Erzfeind – bei ihr wohnen konnte, auch wenn es nur vorübergehend war. Sie glaubte wohl, dass er ein Problem damit hätte, wenn sich sein Ex hier rum trieb, aber seit dem Gespräch im Krankenhaus war dem nicht mehr so, aber davon wusste Miyako ja nichts. Niemand sonst wusste etwas Genaueres darüber, außer eventuell Taichi, aber den konnte man irgendwie nicht so richtig mitzählen.
 

»Flashback«
 

„A-aber Tai!“ protestierte Daisuke, als sich der ältere zum Gehen aufmachte.

Ohne sich um zu drehen meinte dieser nur „Nichts ‚aber‘, ihr habt euch sicher noch einiges zu sagen, da störe ich doch nur, ne, Ichijouji-kun?“ er zwinkerte Ken zu, ehe er die Tür des Krankenzimmers hinter sich schloss.

Mit einer leichten Röte auf den Wangen senkte der Schwarzhaarige den Blick. – Das konnte ja noch was werden.

Daisuke stand noch wie angewurzelt da und starrte die Tür an. Man konnte es ihm ansehen, dass es ihm sehr unangenehm war, so plötzlich mit Ken alleine zu sein. Er wusste zwar, dass es seine Idee gewesen war hier her zu kommen und nicht die Tais, aber jetzt wusste er nicht mehr was er sagen sollte.

Da ging es Ken zwar nicht gerade besser, aber Taichi hatte nun mal recht. Irgendwann mussten sie schließlich wieder miteinander klarkommen. „Steh doch nicht so angewurzelt rum, setz dich wenigstens.“

Verwundert drehte der Angesprochene den Kopf zu Ken. „Ok…“ Unsicher sah er sich um und konnte keinen Stuhl sehen. Gerade als er zu einer Frage ansetzen wollte, deutete Ken ihm, dass er sich auf das Bett setzten konnte. Zögernd setzte er sich dann auch auf den Bettrand mit gesenktem Kopf.

Am liebsten hätte Ken ihn am Kinn gepackt und den Brünetten gezwungen ihn anzusehen, aber das hätte dieser nur falsch verstanden. Er seufzte. „So kann das doch nicht ewig weiter gehen, Daisuke.“

Verwundert hob der andere den Kopf und richtete seinen Blick auf Ken. „Ja, aber… ich weiß nicht, es ist irgendwie… kompliziert.“

„Das muss es doch nicht sein. Ich weiß auch nicht genau, wie wir das wieder in Ordnung bringen können, aber so kann es jedenfalls nicht mehr weitergehen.“

„Hach, aber wie? – Hast du eine Idee?“ fragend blickte er den Blauäugigen an.

„Vielleicht sollten wir uns aussprechen?“ antwortete dieser leicht mit den Schultern zuckend.

„Wäre zumindest ein Anfang.“

Das hier war das erste halbwegs normale Gespräch, das sie seit knapp dreieinhalb Jahren miteinander führten und so schlecht lief es bisher ja nicht.

Auf Ken machte es irgendwie den Anschein, als würde es an ihm hängen das Gespräch aufrecht zu erhalten, denn offensichtlich fiel es dem einstigen Wirbelwind momentan schwer frei zu sprechen. „Wie, ähm, läuft es bei dir so? Alles in Ordnung drüben in den Staaten?“

Unsicher blickte Daisuke zurück, überlegte ehe er antwortete. „Eigentlich lief es gar nicht mal so schlecht…“ kaum, dass er dies ausgesprochen hatte, wandte er seinen Blick ab und sah aus dem Fenster.

„Lief?“ hakte der Schwarzhaarige skeptisch nach. „Was meinst du damit?“

Daisuke seufzte. „Dich anzulügen würde eh nicht viel bringen… Weißt du, ich… habe alles hingeschmissen.“ meinte er abwesend wirkend.

Doch etwas über diese Antwort geschockt weiteten sich Kens Augen. „Warum?“ war alles, was er noch rausbrachte während er seine eigenen Hände betrachtete. ‚Alles? Seit wann gibt er denn auf?’

„Ich… hielt es nicht mehr aus. Absolut alles machte mich wahnsinnig…“ von da an trat eine recht unangenehme Stille zwischen sie.

Ken dachte über die Worte Daisukes nach. Es schien ihm nicht so, als hätte der Brünette es bereits jemand anderem erzählt, aber wenn dem so war, warum erzählte er es dann ausgerechnet ihm? Nicht, dass er ihn deswegen verurteilen würde, aber es wunderte ihn dennoch. Sie hatten sich immerhin schon Ewigkeiten nicht miteinander unterhalten, da wäre es aus Kens Sicht logischer gewesen, wenn Daisuke mit Tai zuerst über diese Angelegenheit sprechen würde.

Daisukes Blick, der noch immer zum Fenster gerichtet war, wurde zunehmend trüber.

„Also, bist du nun endgültig wieder zurück…?“ fragte Ken ihn als er den Blick von seinen Händen hob.

Bejahend brummte er.

„Den anderen hast du es wohl noch nicht gebeichtet, was?“ hakte Ken sicherheitshalber nach. Nur zur Sicherheit. Als sein Gegenüber ihn nun betrübt anblickte, lächelte er ihn nach kurzem Überlegen aufmunternd an. „Das wird schon wieder. Dann fängst du eben hier wieder von vorne an. Die anderen werden das schon nicht so eng sehen, ich glaube sogar, dass sie sich sogar darüber freuen werden.“

Wage nickte Daisuke.
 

»Flashback end«
 

„Meinetwegen… Aber dir ist schon klar, dass du dir damit ein Eigentor schießt?“

Zunächst sah sie ihn verständnislos an, bis ihr ein leichtes Lächeln über die Lippen huschte. „Hehe, du hast dir aber auch mindestens eines geschossen. – So kann ich wenigstens wieder unbesorgt zur Uni, denn Motomiya wird in der Zeit dein persönlicher Krankenpfleger sein!“ verkündete sie hocherfreut als sie mit dem Zeigefinger auf Kens Brustbein tippte. Im Anschluss wählte sie auch gleich am Telefon Yamatos Telefonnummer um ihn zurückzurufen.

Da lag also der Hund begraben… „Und wenn schon…“ grummelte Ken mit verschränkten Armen. Es gab ja schließlich schlimmeres. Bei diesem Gedanken musterte er Miyako, welche gerade dem Tuten am Hörer lauschte. So hatte er wenigstens seine Ruhe vor ihr. Und solange er es auch schaffte, Daisuke zu befehligen, brauchte er nichts zu fürchten. Den Brünetten zu bändigen konnte ja kaum noch schwieriger geworden sein.
 

Am folgenden Tag schon wurde Daisuke von Taichi und Yamato zu Ken und Miyako gebracht. Es war gerade früher Nachmittag und Ken war noch immer dazu verdammt auf der Couch rumliegen zu müssen. Nur nebenbei bemerkte er, dass es an der Tür klingelte, denn Noriko jauchzte gerade ohrenbetäubend im selben Moment, als das Klingeln ertönte.

Die Kleine freute sich, weil gerade ihre Lieblingssendung anfing und das obwohl sie bereits alle Folgen der Serie auf DVD im Regal zu stehen hatte.

‚Kinder…‘ dachte sich der Schwarzhaarige kopfschüttelnd. Er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass er sich jemals über eine Fernsehsendung derartig gefreut hatte. – Hatte er sich überhaupt mal so über etwas gefreut? Gefreut hatte er sich schon einige Male über diverse Ereignisse, aber so sehr dass er es jauchzend laut verkündet hatte?

„Sehr männlich die Decke, wirklich männlich.“ scherzte Tai, während er sich über die Rückenlehne der Couch lehnte und Ken frech angrinste.

„Och, halt doch die Klappe.“ meinte er mit geröteten Wangen leicht grinsend zurück. Wie lange stand er eigentlich schon da? Ken war sich sicher, dass Yagami bestimmt nicht lange mit einem solchen Witz hinterm Berg halten konnte, demnach wohl erst wenige Sekunden lang.

„Hallo, Noriko-chan!“ begrüßte der Brünette das Mädchen, die sich jedoch nur kurz zu ihn drehte und ein leichtes Lächeln zeigte, ehe sie sich wieder dem Fernseher widmete. Noch breiter grinste der Brünette vor sich hin „Und du bist dir wirklich sicher, dass du es mit Daisuke-kun aushältst?“

„Hey, ich lebe schließlich mit Miyako seit über drei Jahren zusammen und habe mich immer noch nicht erschossen, da werde ich doch Daisuke wohl ertragen können.“

„Stimmt.“ lachte der ältere der Beiden.

„Was ist hier so witzig?“ fragte Yamato, als er zu den Beiden ins Wohnzimmer kam.

„Och, nichts besonderes.“ erwiderte Tai den Blonden angrinsend.

Dieser runzelte die Stirn während er um die große Couch streifte, dabei einen kleinen Abstecher zu Noriko machte und ihr durch die Haare wuschelte, ehe er sich nahe bei Ken dann auf den Sessel setzte und einen kleinen Karton auf den Tisch stellte, in welchem sich Kuchen befand. „Aha.“ kommentierte er verspätet. „Du scheinst ja wirklich Krank zu sein, wenn du am hellen Tage lang liegst.“ meinte er als er den Schwarzhaarigen ansah.

Etwas angewidert verdrehte Ken darauf die Augen. „Du kennst doch Miyako.“

„Aufstehverbot, ne?“ feixte Taichi belustigt.

Kam es ihm gerade nur so vor, oder wollte man ihn hier verarschen? Litt er denn nicht schon genug unter seiner Langenweile, dass man sich auch noch über ihn lustig machen musste? Gereizt atmete er aus. „Und wo habt ihr ihn gelassen?“ fragte Ken, nur um vom Thema abzulenken, nicht, dass die beiden hier auch noch auf die Idee kamen, ihn ausquetschen zu wollen, was für eine Krankheit er denn nun hatte.

„Dein Herzblatt zeigt ihm gerade sein Quartier.“ antwortete der Blonde belustigt und lehnte sich entspannt im Sessel zurück.

„Hör auf sie so zu nennen, sonst glaubt sie das irgendwann auch noch.“ ermahnte Ken ihn. Es war so schon schlimm genug, wie sie ihn anhimmelte und ständig versuchte mit ihm zu flirten. Allein der vergangene Sommer, wie die davor auch schon, waren die Hölle gewesen, denn Miyako hatte nichts besseres zu tun gehabt, als bei dieser Schweinehitze halbnackt ihm ständig entweder ihren Hintern entgegenzustrecken oder sich derartig weit vorzubeugen, dass er geradezu dazu gezwungen war, ihr in den viel zu tiefen Ausschnitt zu linsen. – Wie oft hatte er so erfahren dürfen, welche Unterwäsche sie gerade trug? – Wenigstens lief sie den Rest des Jahres halbwegs anständig rum. Er war sich sicher, dass wenn er auch nur ansatzweise auf sie stehen würde, hätte er sie hundertprozentig bereits tausende Male nach solchen Aktionen flachgelegt. Doch zu seiner Erleichterung bleib es bislang bei diesem einen Mal von damals. Es war ihm schon ein Rätsel, wie er es damals überhaupt geschafft hatte einen hochzubekommen. Wo er gerade daran dachte, richte er seinen Blick auf Noriko, die völlig unberührt von den Besuchern den Fernseher mit großen Augen anstarrte. ‚Schon komisch. ‘ dachte er sich. Wie anders hätte sein Leben heute sein können, wenn er damals wirklich keinen hochbekommen hätte…

„Alles ok mit dir?“ fragte Yamato besorgt nach und legte dabei seine Hand auf Kens Schulter.

Darauf zuckte der Dunkelhaarige erschrocken zusammen. Ihm war völlig entgangen, dass man ihn nicht nur angesprochen hatte, sondern dass sich Ishida auch noch neben ihn gehockt hatte und ihn nun besorgt musterte. „Ja, ich… war nur in Gedanken.“ antwortete er zögernd.

„Das sah eben aber anders aus. Ich dachte schon, du driftest hier völlig weg…“

Auch Tai verfolgte das Geschehen besorgt. Jedoch hielt er sich zurück, denn schließlich konnte sich sein Yama bekanntlich besser in den Schwarzhaarigen hineinversetzten.
 

Zur gleichen Zeit stand Daisuke bei Miyako im Gästezimmer und durfte sich von ihr zu labern lassen. Im Grunde war es ihm ja egal, was sie ihm da gerade erzählte, aber wenn er von ihr nicht auf die Straße gesetzt werden wollte, musste er ihr Wohl oder Übel zuhören.

„So, und nun zu den Bedingungen.“ setzte Miyako an, drehte sich nun wieder zu ihm und holte einmal kurz Luft. „Die erste ist, dass du dich, zumindest während ich nicht da bin, um Ken kümmern wirst. – Das dürftest du ja hinbekommen.“

Er nickte. Solange er dem Schwarzhaarigen nicht zu sehr auf die Nerven gehen würde, oder dieser sich stur stellte, dürfte das ja kein Problem werden.

„Die zweite ist, dass du Noriko von ihrer Tagesmutter abholst. Hinbringen werde ich sie morgens. Tja, das wird die einzige Zeit sein, in der du Ken wirklich alleine zu Hause lassen kannst. – Die Adresse habe ich dir bereits aufgeschrieben und morgen werde ich ihr Bescheid geben, dass du kommen wirst.“

Zustimmend brummte er.

„Und pass bitte auf, dass Ken wirklich nicht alleine irgendwo hingeht, besonders dass er nicht zur Arbeit versucht zu kommen. Wenn er unbedingt raus will, dann nur, wenn du dann auch mit ihm mitgehst. – Wer weiß, auf was für dumme Gedanken er sonst noch kommt.“ Entnervt seufzte sie. „Er ist übrigens gut im Diskutieren, also gib ja nicht zu schnell nach.“

„Mich kriegt er schon nicht so schnell überredet. – Aber warum darf er eigentlich nicht alleine raus?“ fragte Daisuke mit schiefgelegtem Kopf. „Ist er denn immer noch so krank, oder wie?“

„Na ja, das weiß ich nicht so genau… Aber der Arzt meinte zu mir, dass Ken sich nicht überanstrengen darf, dass er sich erholen soll.“ erwiderte sie Schultern zuckend.

„Was hat er eigentlich?“

Wieder ein Schultern Zucken. „Wenn ich das wüsste… Die Ärzte meinten, dass sie nicht befugt seien, es mir zu sagen und er und seine Eltern machen ein Geheimnis draus.“

‚Also wissen seine Eltern wenigstens beschied… Hmm, vielleicht könnte ich die mal versuchen auszuquetschen, wenn er es mir nicht sagen will. ‘ dachte Daisuke sich. ‚Aber dann wäre er bestimmt sauer auf mich…‘ Da er das wiederum nicht wollte, strich er seine letzten Gedanken schnell wieder. Wenn, wollte und musste er es schon von Ken selbst erfahren.

„Wie dem auch sei…“ fing sie wieder zu sprechen an „… du kannst ins Wohnzimmer zu den anderen gehen, ich komme gleich mit dem Tee nach.“ Mit diesen Worten schob sie ihn gewisser Maaßen in den Flur und ging selbst weiter in die Küche.

Verwundert sah er ihr noch einen kleinen Moment nach, ehe er schließlich den Kopf schüttelte und sich abwandte.

„Hm? Ist irgendwas?“ fragte Daisuke, der gerade in das Wohnzimmer zu den dreien trat, als er die bedrückende Stille bemerkte.

Darauf ließ Yamato seufzend von Ken ab. Er erhob sich aus der Hocke und setzte sich auf einen der Sessel.

Tai hingegen drehte sich zu dem Neuankömmling um. „Nichts. – Hast du auch alles? Nicht, dass du etwas bei uns vergessen hast, denn du weißt ja, morgen früh sind Yama und ich für eine Weile weg.“ fragte er mit einem scherzendem Unterton in der Stimme.

„Eigentlich müsste ich alles eingepackt haben…“ meinte der Gefragte darauf mit schiefgelegten Kopf. Was hier eben vorgefallen war, wusste Daisuke ja nicht, dem entsprechend glotzte er den älteren vor sich an, bis dieser den Kopf schüttelte.

„Hoffen wir doch.“ meinte Taichi wieder belustigt und wuschelte dem jüngeren durch die Haare.

In diesem Moment richtete sich Ken auf und hielt sich auch kaum dass er aufrecht saß, den Kopf mit der rechten Hand.

Das bemerkte Daisuke zwar, aber erst mal versuchte er Tais Handgelenk zu fassen zu bekommen, damit dieser endlich aufhören würde, ihm seine Frisur zu zerstören. Nach längerem hin und her hatte sich Daisuke befreien können und blickte etwas beleidigt Tai hinterher, der sich gerade kichernd auf die Armlehne des Sessels zu seinen Yama setzte. Während er so die beiden beobachtete, glaubte er bei dem Blonden einen besorgten Gesichtsausdruck erkennen zu können. Wem genau dieser galt, wusste er nicht. Aber dennoch glaubte er, dass er wohl Ken gelten musste.

Denn dieser hielt noch seinen Kopf und schien neben sich zu stehen. Als die Schritte Miyakos näher kamen, senkte Ken schnell seine Hand wieder und setzte sich richtig auf die Couch.

‚Mit ihm stimmt Hundertpro was nicht!‘ hallte es durch Daisukes Kopf.

Schwach lächelte Ken Miyako an, als diese ihm eine Tasse Tee in die Hand drückte. Doch kaum dass sie sich Yamato und Taichi widmete, erstarb dieses Lächeln wieder.

Stirnrunzelnd beobachtete Daisuke diese Szene von seinem Sessel, neben dem Schwarzhaarigen, unbewegt. Offensichtlich hatte Ken es nicht beabsichtigt, dass jemand gerade das sah, denn in diesem Moment wurde der Brünette von ihm abschätzend angesehen. Ertappt kratzte er sich am Hinterkopf und wich schnell den Blicken Kens aus.
 

„Möchtest du wirklich kein Stück Kuchen?“ fragte Miyako nun schon zum dritten Mal den Schwarzhaarigen neben sich.

Verneinend schüttelte er leicht den Kopf. „Nein, ich habe keinen Appetit.“

„Bist du dir sicher? – Der Kuchen schmeckt echt lecker!“

„Ja, ich bin mir sicher.“ erwiderte er genervt. So langsam fragte er sich, ob sie vielleicht doch begriffsstutzig war. Aber so ganz verübeln konnte er es ihr ja auch nicht. Immerhin aß er schon seit geraumer Zeit nur noch wenig. Miyako stellte ihm wenigstens keine Fragen mehr über das Warum, aber wenn Ken bedachte, dass er nun einen weiteren Mitbewohner auf Zeit hatte, konnte das bald nach hinten losgehen. Er wusste nicht, in wie weit sich Daisuke trauen würde, ihn auf solche Dinge anzusprechen.

Dieser stach gerade in sein Kuchenstück und führte die Gabel wieder zu seinen Mund. Es war dem Brünetten anzusehen, dass es ihm schmeckte.

Ganz leicht lächelte Ken bei diesem Anblick. So ganz hatte sich sein einstiger Wirbelwind doch nicht verändert. Damit es nicht zu auffällig wirkte, nippte er an seinem Tee und sah zu seiner Tochter, die ihm gegenüber auf dem Boden saß und ihr ganzes Gesicht mit dem Zuckerguss des Kuchens beschmiert hatte. Nur nebenbei lauschte er dem angeregten Gespräch von Miyako und Yamato, welches gelegentlich von einem Kichern und kleinen Kommentaren Seiten Tais unterbrochen wurde. Doch so wirklich interessierte es ihn nicht, was die drei da zu besprechen hatten. Sie könnten genauso gut über ihn reden und er würde es nicht mal bemerken.

So verlief dann der restliche Nachmittag bis in den Abend hinein recht ruhig und weitestgehend vermieden es die anderen Ken anzusprechen. Er bekam nur gelegentliche Blicke von Daisuke zugeworfen, die der Brünette schnell wieder abwandte, sowie Ken diese bemerkte und ihn ansah.

Inzwischen saß die kleine Noriko auf Kens Schoß und brabbelte munter vor sich hin.

So genau hörte er ihr jedoch nicht zu. Der Grund dafür war, dass ihm ein wenig schlecht war, da er allerdings nicht von Miyako wieder ins Bett gesteckt werden wollte, legte er sein falsches ‚Alles-ist-gut-Lächeln’ auf. Erst als er bemerkte, dass seine Tochter von ihrem vielen Brabbeln langsam müde wurde, entschied er sich aufzustehen, ihr schnell noch etwas zu essen zu geben und sie dann ins Bett zu bringen.

Etwas verwundert drehte sich Miyako zu Ken, als diese von ihm angetippt wurde. „Hm?“

„Die Kleine ist müde. Ich kümmere mich um sie. – Bleib du ruhig hier und unterhalte dich ruhig weiter, ok?“ wisperte er ihr zu.

„Ok.“ meinte sie dazu und sah dem Schwarzhaarigen noch einen Moment hinterher, wie dieser das Wohnzimmer mit ihrer Tochter auf dem Arm verließ.

In der Küche angekommen setzte er Noriko auf einen Stuhl ab und begab sich rüber zum Kühlschrank. „Was möchtest du lieber, Brötchen oder Tost?“ fragte er, während er sich das Innenleben des Kühlschranks besah.

Kurz überlegte sie mit dem Zeigefinger an die Lippen gepresst. „Mhh… Brötchen.“

„Sicher?“

„Jap!“ antwortete sie strahlend.

Nachdem das geklärt war, machte er ihr nach ihren Wünschen ihr Brötchen fertig, welches sie gierig verschlang.

„So, jetzt geht es ab ins Bett. Es ist schon spät.“ begann er, als Noriko fertig mit dem Essen war.

„Aber Papa, ich bin nicht müde!“ wehrte sie jammernd ab, doch das folgende Gähnen konnte sie nicht unterdrücken.

„Ich sehe schon. – Los, mach dich Bettfertig.“ meinte er lächelnd und stand von seinem Stuhl auf.

Sich müde die Augen reibend stand auch sie letztlich auf und trabte ins Badezimmer, um sich die Zähne zu putzen. Wenige Minuten später lag Noriko in ihrem rosa Schlafanzug unter ihrer Bettdecke gekuschelt im Bett.

Sorgfältig deckte Ken sie noch mal ordentlich zu.

„Du, Papa?“ fragte sie mit großen Augen.

„Was ist denn?“

„Liest du mir noch was vor?“

„Wenn du mich schon so lieb fragst…“ so griff er nach ihrem derzeitigen Lieblingsbuch, setzte sich zu ihr und begann ihr daraus vorzulesen. Zufrieden kuschelte sie sich an ihn und sah mit ins Buch. Nach etwa einer weiteren halben Stunde stellte er zufrieden fest, dass seine Tochter ins Land der Träume abgedriftet war und klappte erleichtert das Buch zu. Vorsichtig stand er vom Bett auf, legte das Buch wieder an seinen Platz zurück und verließ leise das Zimmer.

Im Flur angekommen, atmete er tief durch. ‚Man, brummt mir der Schädel.‘ So fasste er sich zum wiederholten Mal an den Kopf. ‚Wo waren diese dämlichen Tabletten noch mal? – Ach ja, im Bad…‘ Doch kaum dass er das dachte, blitzten plötzlich wie aus dem Nichts Bilder an seinem inneren Auge vorbei. Augenblicklich wurde im speiübel und er hielt sich die Hand vor dem Mund. Würgend schleifte er sich ins Badezimmer. ‚Was… was war das?‘ fragte er sich, während er das Licht anmachte und direkt auf das Klo zusteuerte. Dort angekommen klappte er den Deckel schnell hoch, beugte sich keuchend darüber und würgte weiter. Hätte er etwas gegessen, wäre es jetzt garantiert wieder rückwärts in die Kloschüssel vor ihm gewandert. So würgte er lediglich und ein äußerst unangenehmer Geschmack breitete sich in seiner Mundhöhle aus. ‚Diese … Bilder, das kann doch … nicht sein! Wieso ausgerechnet jetzt? ‘

Kens Geheimnis

++++Kapitel 18++++

Kens Geheimnis
 

„Mensch, ich werde mich schon nicht verlaufen!“ keifte Daisuke, als er das Wohnzimmer verließ um sich auf den Weg ins Badezimmer zu machen. „Mah, warum muss Tai immer so fies sein?“ grummelte er vor sich hin. Er konnte noch das Kichern des älteren hören, jedoch riss er sich zusammen und verkniff es sich, erneut Kontra zu geben. Verwundert blieb Daisuke stehen. Irrte er sich gerade, oder kam da wirklich Licht aus dem Bad? ‚Die Tür steht auch einen Spalt offen.‘ Interessiert linste er hinein. Im Grunde konnte ja nur einer dort drin sein, aber wieso sollte er dann die Tür offen lassen? ‚Hm?‘ Er hörte wirklich ein Würgen, kaum dass ein weiteres an seine Ohren trat, betrat er das Badezimmer und entdeckte Ken über der Kloschüssel hängend.

Dieser zitterte am ganzen Leib und krallte sich krampfhaft an der Toilette fest.

„Ken?“ fragte er vorsichtig, wollte auf sich aufmerksam machen, damit sich der Schwarzhaarige nicht erschrak, wenn er so plötzlich neben ihm kniete.

Ken wollte zu Daisuke aufsehen, doch musste er erneut würgen.

Besorgt hockte sich der Brünette neben ihn. – Was sollte er nur tun? ‚Am besten Beruhigen.‘ dachte er sich und begann Ken über den Rücken zu streicheln. Nach einer Weile zeigte dies Wirkung, denn Kens Atem wurde wieder langsamer und das Würgen stellte sich ebenfalls langsam ein.

Sichtlich erleichtert löste sich der Dunkelhaarige von der Toilette und lehnte sich an der Badewanne hinter sich an, alle viere von sich gestreckt und den Kopf in den Nacken gelegt.

„Geht’s wieder?“ fragte Daisuke nach und musterte sein Gegenüber dabei.

„Ja…“ hauchte dieser nur erschöpft.

„Was ist denn passiert?“

„Mir wurde schlecht…“ erklärte der Blauäugige mit kratziger Stimme „… ich weiß auch nicht warum…“

Normaler Weise hätte Daisuke jedem darauf ‚Da hast du wohl was falsches gegessen, was?‘ an den Kopf geschmissen, da es aber Ken war und er genau wusste, dass dieser unter Garantie seit Stunden nichts gegessen hatte, klemmte er sich diese Bemerkung. Aber woran sollte das denn sonst liegen? Hatte es etwa was mit Kens ‚mysteriöser’ Krankheit zu tun?

Die Blicke Daisukes wurden Ken langsam unangenehm, weshalb er ihn nun grimmig ansah. „Ist was?“

„Äh, n-nein!“ stotterte er schnell.

„Warum guckst du denn dann so…?“ es war kaum mehr als ein Flüstern gewesen, aber Daisuke hatte dies deutlich gehört.

„Ich weiß, es geht mich nichts an… aber was hast du?“ fragte der Braunäugige und blickte Ken bittend an.

„Da hast du recht. Es geht dich nichts an, aber das hier hat mit meiner „Krankheit“ nichts zu tun.“

Auf Daisuke machte Kens Stimme einen abwesenden Eindruck. Als wäre der Schwarzhaarige weit weg von ihm, unerreichbar weit weg. „Was ist nur los mit dir? Ken, ich mache mir Sorgen um dich, warum willst du mir nicht sagen, was mit dir los ist?“ entschlossen packte er ihn an den Schultern, worauf Ken ihn musternd ansah.

„Dai…suke… Ich, ich kann einfach nicht… Ich weiß noch nicht einmal, ob ich es könnte, wenn wir noch zusammen wären…“ antwortete Ken flüsternd mit brüchiger Stimme.
 

Sich auf die Unterlippe beißend schmiss sich Daisuke auf sein Bett. ‚Was ist verdammt noch mal mit ihm los?! ‘ Wütend schlug er ein paar Mal mit den Fäusten in das unschuldige Kopfkissen. Er musste etwas tun, da war er sich sicher. So stark Ken sich vor den anderen auch gab, vor ihm hatte er sich vorhin von einer völlig anderen Seite gezeigt, eine, die er zuletzt zu Gesicht bekommen hatte, als die Geschichte mit dem Digimonkaiser noch nicht lang her gewesen war. Nur hatte er den damals zwölfjährigen Ken wieder aufheitern können… Seit damals waren nun schon zehn Jahre vergangen, wie also sollte er es denn dieses Mal anstellen, herauszubekommen, was mit Ken nicht stimmte und wie sollte er ihn dann trösten? „Der Ken von damals hatte mir blind vertraut und mir alles erzählt… Doch inzwischen ist das Vertrauen wohl weg. – Arg! Ich muss doch irgendwie herausbekommen können, was mit ihm los ist!“ Fest presse er sein Gesicht ins Kopfkissen.

Nur ganz kurz kam ihm in den Sinn, dass es eventuell möglich wäre, dass Tai und auch Yamato von dieser Seite Kens wussten und ihn deshalb ausgerechnet hier mit allen Mitteln unterbringen wollten, damit er, Daisuke, sich darum kümmern konnte. Aber wenn das die Absicht der beiden war, hätten sie doch wissen müssen, dass zwischen ihm und Ken inzwischen Welten lagen. Kens Vertrauen war schon längst futsch und so leicht würde sich daran nichts ändern können. Ken wollte ihm nicht mehr vertrauen, aus Angst, dass dadurch alles nur noch komplizierter werden könnte – zumindest glaubte Daisuke das.

‚Mal angenommen, ich würde mir sein Vertrauen zurück holen… Was dann? So sehr ich ihn auch liebe, er tut das bestimmt nicht mehr… Meine Liebe könnte seine Familie zerstören, wenn er sie erwidern würde. – Ich weiß, dass er Miyako nicht verlassen würde… Schließlich hat er mich wegen ihr verlassen.‘ Ein Kloß bildete sich in seiner Kehle. Jeder Versuch ihn wieder runterzuschlucken war vergebens. Jeder Gedanken an diese Zeit zerriss ihm das Herz. Er konnte Kens Handeln zwar verstehen, aber er hatte sich damals gewünscht, dass sein Freund sich für einen anderen Weg entschieden hätte, einen, bei dem sie hätten zusammenbleiben können.
 

Zur selben Zeit, wenige Meter entfernt, rückte Ken erneut ein Stück weiter weg von Miyako, die wieder versucht hatte, einen Arm um ihn zu legen. Sie lagen beide im großen Bett im Dunkeln. Eigentlich wollte Ken nur schlafen, aber die Nähe Miyakos regte ihn zu sehr auf.

„Was ist denn los?“ fragte sie ihn beleidigt.

„Frag nicht so blöd. Du kennst die Regeln.“ antwortete er schroff, ihr den Rücken zugewandt.

„Du mit deinen blöden Regeln…“ grummelte sie vor sich hin. Eingeschnappt drehte sie sich auf den Rücken und verschränkte verärgert die Arme vor der Brust.

Nur einen winzigen Augenblick lang glaubte Ken, er hätte endlich seine Ruhe, doch da hatte er sich leider getäuscht.

„Was ist denn so schlimm daran? Hm? Wir leben doch schon seit über drei Jahren zusammen. Wir haben eine Tochter!“

‚Nicht schon wieder!‘ dachte er gereizt.

„Wenn wir verheiratet wären, hätte diese blöde Schnepfe von einer Krankenschwester mir nicht so dreist werden können! Was ist denn so schlimm für dich, wenn wir endlich heiraten würden? Ich verlange ja nicht von dir, dass du mit mir schläfst.“

Stock sauer schnappte sich Ken sein Kopfkissen und stand ruckartig auf.

„Was ist?“ fragte sie verwundert.

„Du weißt ganz genau, dass ich dich nicht heiraten will! Ich warne dich ein letztes Mal, kommst du noch ein einziges Mal mit diesem Thema, wirst du mich nie wieder sehen, kapiert?!“ zischte er sie bedrohlich an und so zog er wütend von dannen. Es kotzte ihn förmlich an, wenn sie so begriffsstutzig war. Was war denn auch so schwer daran zu verstehen, dass er eben nicht heiraten wollte? Er liebte sie nicht! Niemals, schwor er sich, niemals würde er eine Zwecksehe eingehen. Schlimm genug, dass er ihre ganzen Anmachen nicht unterbinden konnte. Wenigstens diese von ihr so gewünschte Ehe würde er zu verhindern wissen.

Wütend ließ er sich auf die Couch im dunklen Wohnzimmer fallen. Er war einfach nur wütend. Wütend auf sie, wütend auf sich selbst. Ja, er liebte seine Tochter über alles, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ihr Entstehen sein einstiges Glück zerstört hatte. ‚Wenn ich mich damals nur hätte beherrschen können…! – Dann wäre mir dieser verdammte Mist erspart geblieben!‘ Äußerst angesäuert krallte er sich die von ihm so verhasste pinke Decke von der Rückenlehne und deckte sich mit ihr zu. ‚Dann hätte mich dieser Wichser nicht in der Hand!‘ ja, er fluchte. Seit nun schon über einem halben Jahr fluchte er, schmiss mit diversen Schimpfwörtern um sich, die er früher niemals in den Mund genommen hätte, aber auch nur wenn er alleine war. Die schrägen Blicke der Passanten, als es das erste Mal über ihn gekommen ist, hatten ihm schon gereicht.

Wo er gerade schon an diesen ‚Wichser’ dachte, musste er erneut an diese Bilder denken, die ihm widerwillig vor wenigen Stunden in Erinnerung gerufen wurden. Er hasste diesen Menschen, er hasste ihn für all das, was er ihm antat, doch nie hatte Ken es geschafft, sich zur Wehr zu setzen. Immer wieder musste er alles über sich ergehen lassen und das aus gleich zwei Gründen. Der erste war, dass er starr vor Angst wurde, wenn er mit ihm allein unter vier Augen war und der Zweite war dass dieser abscheuliche Mensch ihm drohte, dass wenn er es wagen würde sich zu wehren oder gar jemandem davon zu erzählen würde sein Ruf und seine kleine Familie dran glauben müssen. „Scheiße!“ zischte er. Lange konnte das Ganze nicht mehr gut gehen, das wusste Ken, aber was sollte er dagegen bloß tun? ‚Irgendwann wird er mich sicher umbringen. – Wenn nicht direkt, werde ich sicher an den Folgen krepieren.‘ Das einzig Gute daran war, dass er dann wirklich alles hinter sich hätte. Aber er hatte es doch schon einmal geschafft eine sehr ähnliche Geschichte zu überleben, warum sollte es ihm jetzt nicht auch gelingen? – Ganz einfach, weil sein persönlicher Peiniger unter Garantie keine Schuldgefühle haben würde. Dem war sich Ken bewusst. Damals hatte er so zu sagen Glück im Unglück gehabt, doch heute sah die Sache anders aus. Heute hatte er durchaus etwas zu verlieren, wenn er sich widersetzen würde.

Die Tatsache, dass Daisuke wieder zurück war, erleichterte es nicht gerade. Ken wusste, dass der Brünette nicht lange brauchen würde, um hinter allem zu kommen. Daisuke kannte ihn eben besser als jeder andere, besser als sich Ken selbst kannte. Selbst heute war dem noch so. Daisuke hätte nur noch ein Wenig mehr auf ihn einreden müssen und alles wäre aus dem Schwarzhaarigen herausgebrochen.

‚Hoffentlich fragt er nicht weiter nach…‘ hoffte Ken.

Müde schloss er die Augen. Hoffend, dass ihn wenigstens heute Nacht keine Albträume plagen würden, versuchte er einzuschlafen.
 

Am nächsten Morgen schlenderte Daisuke nur mit einer Shorts und einem schlabbrigen T-Shirt bekleidet durch den Flur um in die Küche zu gelangen. In dieser angekommen, blinzelte er Ken verwundert an.

Dieser saß am Küchentisch und las in einer weitausgebreiteten Zeitung. Es waren deutliche dunkle Schatten unter seinen Augen zu erkennen, die darauf schließen ließen, dass er wohl wenig Schlaf in der vergangenen Nacht gefunden hatte.

„Morgen.“ nuschelte Daisuke, ehe er sich zum Schwarzhaarigen an den Tisch setzte.

Dieser sah auf. „Morgen.“ erwiderte er und beäugte den Brünetten interessiert.

„Was?“ fragte Daisuke als er seinen Kopf mit der Hand abstützte.

„Ach nichts weiter, du siehst nur so aus, als hättest du dich die Nacht über nur rumgewälzt.“ Mit diesen Worten wandte Ken seinen Blick wieder ab und widmete sich erneut der Zeitung.

Darauf zog Daisuke die Augenbrauen zusammen. Sicher, eine Haarbürste hatte er heute noch nicht in die Hand genommen, aber dass er so schlimm aussah, war ihm nicht so ganz bewusst gewesen. „Du siehst aber auch nicht gerade fit aus.“ meinte Daisuke grimmig dazu. Da Ken darauf aber nichts erwiderte, stattdessen in aller Ruhe in seiner Zeitung weiterlas, gab er es auf einen möglichen Streit heraufzubeschwören. „Habt ihr Kaffee?“

„Dank Miyako haben wir den leider nicht mehr im Haus.“

„Wieso das denn?“ fragte Daisuke mit hochgezogener Augenbraue.

Der Blauäugige blätterte in der Zeitung eine Seite weiter. „Vor etwa einem Monat hat sie einen Bericht gelesen, laut dem ein 25-jähriger durch überdurchschnittlichen Kaffeekonsum einen Herzinfarkt erlitten haben soll. Noch am gleichen Tag hat sie alles worin Kaffee auch nur im Ansatz enthalten ist weggeschmissen.“

‚Oh man…‘ dachte sich der Brünette stirnrunzelnd. Nicht einmal er würde wegen so etwas so überreagieren, aber das war ja schließlich Miyako. „Hast du nichts dagegen unternommen?“

„Ich habe sie zusammengeschrien, als ich am folgenden Tag nach dem Kaffee gesucht, aber keinen gefunden hatte.“

„Gebracht hat es aber nichts…?“

„Leider. Sie hat mir stattdessen ihr neues Teesortiment unter die Nase gehalten. – Wäre ich nicht schon so spät dran gewesen, hätte ich ihr mit dem Zeug den Mund gestopft. Sie konnte wirklich von Glück reden, dass mein Kollege schon an der Tür stand um mich abzuholen.“

Das konnte sich Daisuke bildhaft vorstellen. Mit Ken war schon früher nicht zu spaßen gewesen, wenn es um seinen täglichen Morgenkaffee ging. Wenn er ihn nicht bekommen hatte, war der Schwarzhaarige den ganzen Tag über sehr schlecht drauf gewesen. Aber Daisuke konnte es sich nicht vorstellen, dass dem nun durch eine solche Aktion Miyakos nicht mehr war. „Und was trinkst du denn dann, um morgens munter zu werden?“

Schmunzelnd schaute Ken auf. „Ach, ich habe sie gewisser Maßen mit ihren eigenen Waffen geschlagen und sie bemerkt das noch nicht mal.“

Verständnislos glotzte Motomiya ihn an. „Hä?“

„Weißt du, Schwarztee knallt in bestimmten Zusammenstellungen noch besser rein, als es Kaffee schon tut.“

„Echt?“

„Klaro. Anfangs ist der Geschmack zwar gewöhnungsbedürftig aber es wirkt.“

Ein Lächeln zierte nun Daisukes Gesicht. Anscheinend ging es Ken ja doch besser als gestern Abend. Es erleichterte ihn ungemein, dass sie relativ normal wieder miteinander sprechen konnten. ‚Vielleicht wird es doch leichter mir sein Vertrauen zurückzuerobern.‘

Die Zeit verging wie im Flug bis zum Nachmittag. Sie hatten sich einen Film nach dem anderen auf DVD angesehen und sich bei den Komödien wie auch bei den Horrorstreifen nach anfänglichem Unbehagen schiefgelacht.

Daisuke war wirklich erstaunt, dass Ken so unbeschwert lachen konnte. Hin und wieder, wenn der Schwarzhaarige nicht auf ihn achtete, hatte Daisuke ihn glücklich angesehen. – Ja, er war noch in ihn verliebt. Wieso sollten sonst so viele Schmetterlinge in seinem Bauch Radau machen? Allein in Kens Nähe zu sein machte ihn so unbeschreiblich glücklich.

‚Selbst wenn er nicht das Gleiche für mich empfindet, werde ich mich damit zufrieden geben, einfach nur an seiner Seite zu sein. Ich werde einfach für ihn da sein, komme was wolle.‘ schwor sich der Brünette im Stillen, als er Ken beim Gähnen beobachtete. Breit grinste er ihn darauf an. „Du solltest dich besser etwas hinlegen, was?“

Sich müde die Augen reibend drehte Ken seinen Kopf zu Daisuke. Schwach nickte er gehorsam.

Ein flüchtiger Blick auf die Uhr verriet Daisuke, dass es nun Zeit war, Noriko abzuholen. So machte er sich fertig und verließ die Wohnung und ließ den nun schlummernden Ken allein. Im Fahrstuhl stehend kramte er den Zettel aus seiner Hosentasche, auf welchem die Adresse stand, zu der er wollte. „Na hoffentlich verlaufe ich mich nicht… Allein der Straßenname sagt mir nichts. Wenigstens hat die blöde Kuh mir aufgeschrieben, mit welcher Bahn ich fahren muss und großzügiger Weise auch wo ich aussteigen soll.“ Das war wenigstens etwas.
 

„Jetzt warte doch, Noriko-chan!“ rief Daisuke der Kleinen hinterher, als diese lachend aus der Bahn rannte. ‚Sie ist schwieriger zu hüten als ein Sack Flöhe.‘ Hätte ihm jemand vorher gesagt, dass die Kleine noch schlimmer als Miyako ist, hätte er ihn ausgelacht. Doch sie hatte ihm vor wenigen Minuten deutlich bewiesen, dass sie mit ihrer Neugier tausendmal schlimmer sein konnte. Sie hatte wildfremde Leute einfach so über äußerst private Dinge ausgefragt, wofür man ihn böse angesehen hatte und nicht sie. Selbst jetzt, beim Aussteigen, konnte er deutlich die verärgerten Blicke der anderen Fahrgäste auf seinem Rücken spüren.

„Nun komm schon Onkel!“ lachte sie ihn an und blieb endlich stehen.

Etwas erleichtert dass sie wenigstens einmal auf ihn hörte trat er auf sie zu und nahm sie gleich bei der Hand, damit sie ihm nicht noch mal so leicht abhauen konnte.

Empört über diese Aktion blähte Noriko ihre Backen auf und versuchte ihr Hand wieder loszubekommen.

„Lass das, du bleibst jetzt schön brav bei mir.“

Doch sie zappelte weiter rum. „Ich bin kein Baby mehr!“ jammerte Noriko und wollte stehen bleiben, doch Daisuke zog sie einfach weiter.

Er stöhnte genervt. „Diese Aktionen kannst du gerne bei deiner Mutter abziehen, aber bei mir beißt du auf Granit.“

„Granit?“ fragte Noriko interessiert nach und ließ sich weiter mitschleifen. „Was ist Granit?“

„Das ist ein sehr harter Stein.“ erklärte er und hoffte, dass er sich dieses Mal nicht irrte.

„Aber warum sollte ich auf Stein beißen?“ fragte sie mit einem zuckersüßen Unterton nach.

‚Und da meint Tai, dass sie sehr intelligent sein soll…‘ dachte er sich sarkastisch, vergessend dass er es hier mit einem Kind zu tun hatte, das noch nicht einmal in die Vorschule ging. „Das ist eine Redensart… man meint das nicht wortwörtlich.“

„Ahhh, eine Redensart…“ Nun ging sie von allein ordentlich mit Daisuke mit und legte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf.

‚Na endlich… jetzt muss ich nur noch die letzten zehn Minuten Fußmarsch mit ihr heil überstehen.‘ Er konnte es wahrlich nicht leugnen, sie kam eindeutig nach Miyako, aber ihre Art über Dinge nachzudenken hatte sie sich wohl von Ken abgeguckt.

Die beiden standen gerade an einer Kreuzung und warteten darauf, dass es für sie grün wurde, als Daisuke neben sich eine rothaarige Frau bemerkte, die ihm unheimlich bekannt vorkam. Als er dann neben Noriko schaute und einen Jungen mit einer PSP spielen sah, wusste er auch gleich wieder woher er diese Frau kannte. ‚Och Menno… Aber vielleicht erkennt die mich ja nicht wieder.‘ Warum musste ausgerechnet er das Pech haben, nach Taichis Aktion im Krankenhaus, auf sie zu stoßen?

Jetzt bemerkte auch Noriko den Jungen neben sich und linste interessiert auf die PSP. Der Junge war zwar einen Kopf größer als sie, aber das schien die Kleine nicht im Geringsten einzuschüchtern, denn schon musste sie wieder ihre besondere Art unter Beweis stellen. „Du spielst aber schlecht.“ meinte sie mit einem sarkastischen Unterton zum Jungen.

Dieser blickte abwertend auf sie hinab. „Kleine Mädchen wie du haben davon doch keine Ahnung.“ knurrte er zurück.

„Willst du damit sagen, dass Mädchen dumm sind?“ fragte sie angriffslustig.

‚Oh-Oh!‘ hallte es durch Daisukes Kopf. ‚Die fängt einen Streit mit dem an!‘ vorsichtig linste er die Frau neben sich wieder an. ‚Na hoffentlich bemerkt die davon nichts… Ihre Handtasche will ich jedenfalls nicht zu spüren bekommen.‘ Angespannt starrte er auf die Ampel. ‚Nun werd schon grün!‘

„Was wäre wenn?“ hakte der Junge interessiert nach.

„Dann solltest du dich besser dafür entschuldigen.“

„Wozu? Bei einer kleinen verwöhnten Göre entschuldige ich mich doch nicht.“ meinte er arrogant. „Außerdem kannst du dich mit mir eh nicht messen.“ Abschätzend besah er sich Daisuke, der noch immer krampfhaft die Ampel anstarrte. „Und der Typ da ist wohl dein Vater, was? – Der sieht aber nicht grade schlau aus.“

„Er ist nicht mein Vater. – Aber du hast recht, schlau ist er sicher nicht.“ erwiderte Noriko emotionslos. „Aber selbst er würde dich in deinem Spiel schlagen können. Selbst der dümmste den ich kenne, würde das können.“ dass sie damit Tai meinte, konnte sich Daisuke denken.

‚Wann wird es endlich grün? Ich muss hier schnell weg mit ihr, sonst gibt’s Kloppe von der Schreckschraube.‘ Dass Noriko ihn eben als dumm bezeichnet hatte, ignorierte er, denn jetzt konnte er schlecht mit einer dreijährigen mitten auf der Straße Diskutieren.

„Damit meinst du deinen Vater, was Kleine?“ lachte der Junge.

„Das nimmst du sofort zurück!“ fauchte Noriko aufgebracht. „Mein Vater ist Polizist und er steckt gemeine Leute wie dich ins Gefängnis!“

Deutlich konnte Daisuke nun die Blicke der Frau auf sich spüren. ‚Ganz ruhig. Es wird sicher gleich grün und dann schnappe ich mir die Kleine und alles ist wieder in Ordnung!‘ Doch leider war das Glück heute nicht auf seiner Seite, denn schon im nächsten Moment lachte der Junge Noriko aus und kassierte dafür einen kräftigen Tritt gegen sein Schienbein von ihr, worauf er sich schmerzend das Bein hielt und auf der Stelle hüpfte.

„Was soll das?!“ fuhr die Frau auch gleich Daisuke an, der sich in diesem Moment wünschte unsichtbar zu sein. „Was ist das denn für eine Erziehung? Sie sind der schlechteste Vater, der mir je begegnet ist!“

„Äh, ich bin nicht ihr Vater.“ verteidigte sich der Brünette kleinlaut.

„Moment, Sie habe ich doch schon mal gesehen… Genau! Dieser Spinner im Krankenhaus! Sie waren bei dem!“ aufgebracht plusterte sie sich auf und stocherte mit ihrem Zeigefinger auf Daisukes Brustbein ein.

„Ich weiß nicht wovon sie reden.“ log er und versuchte der Frau nicht in die Augen zu sehen. ‚Immer schön die Ampel im Auge behalten! Lass dich bloß nicht provozieren. – Scheiße! Werd endlich grün!‘ sprach er sich in Gedanken zu und hoffte, dass seine Gebete sehr bald erhört werden würden.

Derweil fing der Junge an zu heulen und Noriko schielte ihn an. „Ich dachte, ich kann es mit dir nicht aufnehmen… tja, du weinst schlimmer als ein kleines Mädchen.“

Inzwischen waren die vier der Mittelpunkt geworden und die Szene wurde interessiert begafft.

„Verarschen Sie eine andere! Ich erkenne doch Typen wie Sie unter Tausenden wieder!“ fauchte die Frau weiter und bohrte nun schon ihren Finger in Daisukes Brustbein hinein.

„Könnten Sie das bitte lassen? Außerdem tun Sie nicht so, als ob Noriko allein die Schuld trägt. Ihr Sohn hat schließlich mitgemacht.“

Empört blähte die Frau ihre Backen auf. „Was fällt Ihnen ein? Mein Junge hat sich nur verteidigt!“ Wütend ballte sie ihre Hände zu Fäusten.

„Ja klar… Ihr verzogener Bengel hat sich nur verteidigt. – Wer’s glaubt wird selig.“ meinte Daisuke mit verschränkten Armen.

Gerade, als die Frau mit ihrer Handtasche ausholte, schaltete die Fußgängerampel auf grün.

Eilig schnappte Daisuke sich die verdutzte Noriko, duckte sich, wich dabei knapp der Handtasche aus und lief so schnell er konnte mit der Kleinen unterm Arm geklemmt los. „Sorry, aber mir ist heute nicht nach Sado-maso-spielchen!“ rief er der Frau noch grinsend zu während er noch auf die andere Straßenseite rannte. Sicherheitshalber rannte er noch ein ganzes Stück weiter, er wollte sich wirklich nicht weiter mit der Schreckschraube anlegen.

Völlig aus der Puste erreichte Daisuke den Wohnblock und ließ Noriko wieder runter.

„Das war lustig!“ verkündete sie freudig. „Noch mal!“

„Vergiss es… Das hier bleibt übrigens unter uns, klar?“ hechelte er und stützte sich auf seinen Oberschenkeln dabei ab.

„Hast du Angst, dass Mama sonst böse wird?“ fragte sie unschuldig.

„Böse ist bei ihr gar kein Ausdruck.“ antwortete er niedergeschlagen.

„Wieso? Mama und ich machen das häufiger.“

Entsetzt glotzte der Brünette sie an. „Nee jetzt?“

Bejahend nickte Noriko. „Doch. Beim Einkaufen passiert das ganz oft.“

„Weiß dein… Papa davon?“ hakte er mit hochgezogener Augenbraue nach.

Eifrig schüttelte sie den Kopf. „Papa mag das nicht. Mama sagt immer, dass es ihn nur aufregen würde.“

Genervt verdrehte Daisuke die Augen. „Typisch.“ grummelte er. „Komm, lass uns reingehen.“

Albträume und Mordgelüste

++++Kapitel 19++++

Albträume und Mordgelüste
 

Unruhig bewegte sich Ken im Schlaf. Sein Atem ging schneller als normal und ein leichter Schweißfilm hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Er träumte. Er wusste selbst dass er das tat, aber trotzdem konnte er nicht aufwachen. Dabei wünschte er sich jetzt nichts sehnlicher als endlich aufzuwachen.
 

Er befand sich in einem abgedunkelten Raum, die Vorhänge an dem großen Fenster waren zugezogen und nur ein wenig Licht drang durch die einen Spalt breit offen stehende Tür. Sein gesamter Körper zitterte, er zitterte vor Angst, Angst vor dem, was ihn gleich erwarten würde. – Wie oft hatte er diese Szene bereits erlebt? Wie oft musste er sie denn noch durchleben, bis es endlich vorbei war? Bis ihn diese rauen kalten Hände nicht mehr berührten?

Ken schluckte schwer, denn er erblickte das ihm nur zu gut bekannte Gesicht über sich, welches er nicht mehr sehen wollte, eigentlich sogar nicht mehr sehen könnte. Wie von selbst wich er zurück.

„Warum zitterst du so, Ken-chan?“ raunte der dunkelhaarige Junge über ihm und legte seine Hand auf Kens Wange.

Verängstig kniff er seine Augen zusammen. Er wollte von ihm nicht berührt werden, er traute sich aber nicht, sich zu wehren. Das hatte er schon so oft versucht, aber er ist jedes Mal kläglich daran gescheitert. Der Junge war ihm eindeutig überlegen und genau das wusste dieser auszunutzen.

Die Hand wanderte von Kens Wange hinunter, über seinen Hals, über seinen heftig bebenden Brustkorb bis zu seinem Hosenbund. Grinsend machte sich der dunkelhaarige Junge daran zu schaffen und mit flinken Handgriffen entblößte er Ken.

Ken schniefte. „Bitte nicht, Onii-san.“ flehte er mit weinerlicher, kindlicher Stimme. – Ja genau, mit kindlicher Stimme. Denn das, was Ken gerade durchlebte war eine ferne Erinnerung, so wusste er genau wohin es führen würde.

„Huh, nein? Du willst es doch auch, Ken-chan.“ raunte er erneut, richtete sich ein Bisschen auf, um seinen eigenen Gürtel zu öffnen. „Vergiss nicht, Ken-chan, ohne mich bist du nichts. Ohne mich wirst du nie etwas sein.“ sagte er selbstgefällig mit einem belehrenden Unterton in der kalten Stimme und beugte sich hinunter zu ihm. „Komm schon. Es wird dir gefallen.“ flüsterte er Ken zu ehe er ihn küsste.
 

Wild wand sich Ken. Verzweifelt versuchte er etwas von sich zu drücken, was gar nicht da war. „Bitte, hör auf…!“ wimmerte er.

Daisuke, der gerade das Wohnzimmer nichtsahnend betrat, hörte das Wimmern, worauf er besorgt auf das Sofa zutrat. „Ken? Alles ok mit dir?“ wollte er wissen, doch als er den Schwarzhaarigen ins Gesicht sah erkannte er, dass Ken schlief. Einen Augenblick lang zögerte Daisuke, etwas zu unternehmen, doch als er Tränen in Kens Augenwinkeln sah ging er schnell um das Sofa herum, hockte sich neben seinen alten Freund und schüttelte ihn. „Ken, wach auf. Es ist nur ein Traum!“

Jedoch reagierte er nicht wie gewünscht und wand sich nun stärker als zuvor. Die Angst war ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Die blanke Panik ließ ihn schreien.

„KEN!“ verzweifelt versuchte der Brünette ihn wachzubekommen, aber anscheinend machte er bislang alles nur noch schlimmer.

„Hör auf! Bitte hör auf…! – Es … es tut weh…“ wimmerte der Schwarzhaarige der Verzweiflung nahe.

Geschockt über diese Worte starrte Daisuke ihn eine Zeit lang an. Heftig schüttelte er seinen Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen. – Er brauchte schleunigst eine Lösung, wie er Ken wachbekommen konnte. Da das Schütteln keine gewünschte Wirkung zeigte ging Daisuke es von einer anderen Seite an. Vorsichtig schob er einen Arm unter den Schwarzhaarigen und zog den zappelnden unter Kraftaufwand in eine Umarmung. „Ist ja gut. Beruhige dich. Alles ist gut. Niemand will dir etwas tun.“ säuselte er Ken ins Ohr und fuhr ihm beruhigend über den Rücken. In den ersten Sekunden wand sich der Körper in seinen Armen weiter, aber mit der Zeit ließ es nach, bis er schlaff und schwer atmend in seinen Armen hing.

‚Woher kommt nur diese Wärme?‘ Unter einem Stöhnen öffnete Ken seine Augen. ‚Wer…? Daisuke?‘ Irritiert stellte er fest, dass er von dem Brünetten an dessen Brust gedrückt wurde und dass die Hand, die selbst jetzt noch seinem Rücken auf und ab fuhr, ein leichtes Kribbeln auf seiner Haut auslöste. Mit geröteten Wangen drückte er sich von Daisuke etwas weg.

„Geht’s wieder?“

Wage nickte er. „Was war eigentlich … los?“ fragte Ken, weil er sich momentan an nichts erinnern konnte. Er wusste nur noch, dass er sich schlafengelegt hatte und dass Daisuke Noriko abholen gegangen war.

Ein paar Mal blinzelte Daisuke ihn an. „Du hattest einen Albtraum… glaube ich.“

„Einen Albtraum?“ wiederholte Ken.

„Ja, du hast dich heftig gewunden und sogar geschrien. – Was hast du denn geträumt?“

„Ich… weiß nicht…“ So sehr er sich auch anstrengte, es wollte ihm einfach nicht mehr einfallen. Umso mehr er darüber nachdachte, umso unwohler wurde ihm.

„Papa!“ freudig hopste die kleine Noriko plötzlich wie aus dem Nichts zu ihm auf das Sofa und strahlte ihn an.

Zunächst völlig planlos sah er sie an. ‚Wie lange habe ich denn geschlafen?‘ Erst jetzt bemerkte er, dass er noch von Daisuke umarmt wurde und Noriko sie beide deswegen angrinste. Rotwerdend drückte er den Brünetten von sich weg, hoffte dass dieser sich nicht beleidigt fühlte und schenkte seiner Tochter seine Aufmerksamkeit.
 

Die folgenden Tage verliefen verhältnismäßig ruhig und weder Daisuke noch Ken schnitten das Thema ‚Albtraum’ noch einmal an. Während Ken es weitestgehend ignorierte und nicht versuchte darüber nachzudenken, grübelte Daisuke ständig darüber nach.

Besonders diese eine Aussage ging ihm nicht mehr aus dem Kopf… „Hör auf! Bitte hör auf…! – Es … es tut weh…“, ‚Was er wohl damit gemeint hat?‘ Seit einer Weile lag Daisuke auf seinem Bett und starrte die Zimmerdecke an. ‚Ken tut zwar so, als sei nichts gewesen, aber immer wenn er sich unbeobachtet fühlt sieht er so unglücklich aus. Irgendetwas bedrückt ihn – nur was?‘ er seufzte. Das ganze Grübeln brachte ihn nicht weiter. Er musste es irgendwie schaffen es aus Ken herauszubekommen – nur wie? Er wollte den Schwarzhaarigen nicht gleich bedrängen oder ihn gar zwingen es ihm zu sagen, nur sah Daisuke momentan keine andere Möglichkeit.

Ein lautes Klirren schallte plötzlich durch die ganze Wohnung, zerstörte die Stille radikal, dicht gefolgt von einem Brüllen „DU HAST WAS?“

Erschrocken fuhr Daisuke hoch. „Was ist denn da los?“ eilig schwang er sich auf die Beine und ging auf den Flur. Selbst hier konnte er die nun etwas gemäßigtere Unterhaltung Kens und Miyakos hören.

„Krieg dich mal wieder ein. – Das ist nicht gut für deine Gesundheit. – Komm, ich mache dir einen Tee.“ beschwichtigte Miyako.

So leise wie möglich schlich Daisuke zur Küche, wo sich seine Gastgeber befanden. Mit dem Rücken zur Wand belauschte er sie und hoffte, dass man ihn nicht entdecken wird.

„Schieb dir deinen scheiß Tee sonst wohin! Was fällt dir ein das Geld einfach so zum Fenster rauszuwerfen?!“ keifte Ken sie an.

„Aber das tue ich doch gar nicht. Ich habe dir doch gerade erklärt, dass ich es für die Einrichtung ausgegeben habe. – Sieh dir nur mal das an. Dabei hatten mir diese Teller so gut gefallen… Du hättest sie ja nicht gleich fallen lassen müssen.“ Einen Schmollmund ziehend fegte sie die Scherben zusammen.

Wütend ballte Ken seine Hand zur Faust und knirschte mit den Zähnen. „Hättest du mich nicht wenigstens vorher fragen können?“

„Schon, aber du hättest eh nein gesagt und so wären wir jetzt auch bei dieser Diskussion gelandet.“

„Wenn du genau wusstest, dass ich nein sagen würde, warum hast du es dennoch getan?“ In seinem Kopf spielten sich gerade unzählige Szenen ab, wie dieses Gespräch hier enden könnte. Alle hatten das gleiche Ende: Miyakos Ermordung. In einer zog er ihr eins mit dem Stuhl über, in der nächsten stach er mit dem schärfsten Messer auf sie ein, das er finden konnte, und in einer weiteren griff Ken nach einer der Bratpfannen, schlich sich an Miyako von hinten ran und schlug kräftig auf ihren Hinterkopf ein.

Daisuke, der gerade eine Blick riskierte, sah geschockt dass Ken eine Pfanne in der Hand hielt – zum Zuschlagen bereit – und offensichtlich vor hatte sie gegen Miyako zu verwenden. So schnell er konnte ging er dazwischen und packte gerade noch so Kens Handgelenk und vereitelte den Mord. Der irre Blick den der Brünette in Kens Augen sah jagte ihm zwar Angst ein, aber er musste jetzt dafür sorgen, dass sich der Schwarzhaarige beruhigte, ehe jemand ernsthaft zu Schaden kommen konnte.

„Es tut mir ja leid, aber ich brauche die ganzen Sachen eben.“ antwortete Miyako in aller Ruhe, ohne auch nur zu ahnen, was sich hinter ihrem Rücken abspielte.

Mit Kraftaufwand befreite sich Ken vom Griff Daisukes, stierte ihn kurz mit seinen apathischen Augen an ehe er wieder ausholte und dieses Mal auf den Brünetten losging. – Ken war inzwischen voll und ganz in seiner mordlüsternen Fantasie gefangen, sodass er gerade nicht Daisuke sondern Miyako sah, die versuchte sich zu wehren.

Der angegriffene stolperte einen Schritt zurück und wich so knapp dem Pfannenhieb aus. ‚Was ist denn mit ihm los?! – Wuah! Scheiße!‘ Ein weiterer Schlag hätte ihn beinahe getroffen. Gerade noch rechtzeitig konnte Daisuke Ken davon abhalten ihn beim nächsten Hieb zu treffen indem er sein Handgelenk packte und wenige Sekunden später das andere, als Ken es hob um sich zu befreien. Erstaunt sah er dass sich Kens Blick veränderte. Die blauen Augen waren zwar noch immer apathisch aber nun meinte Daisuke eine Spur von Enttäuschung in ihnen zu sehen.

„Ich mache das ja nicht aus Vergnügen, ich will ja so endlich mein eigenes Geld verdienen und dafür brauche ich eben ein Startkapital.“ fuhr Miyako unwissend fort, erhob sich aus der Hocke und bemerkte nicht dass Ken nun, mit dem Rücken zu ihr, neben ihr stand. In aller Ruhe öffnete sie die Tür des Hängeschrankes und donnerte diese mit Wucht gegen Kens Hinterkopf. „Wo waren noch gleich die Beutel?“

K.O. ging der Schwarzhaarige darauf quasi zu Boden und fiel dem verblüfften Daisuke in die Arme.

„Ah, da sind sie ja.“ Unbekümmert schloss sie die Schranktür wieder. „Hm? Seit wann bist du denn hier, Motomiya-kun?“ fragte sie den Kopf schieflegend.
 

„Hier.“ mit diesen Worten reichte Miyako Ken einen Eisbeutel, damit er ihn an seinen hämmernden Kopf halten konnte.

Dieser saß inzwischen im Wohnzimmer auf der Couch. Zwar dankbar aber dennoch mürrisch nahm Ken ihn an und drückte ihn gegen seinen Hinterkopf. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er, wie Daisuke ihm und Miyako versucht hatte zu erklären, versucht haben soll sie zu erschlagen.

„Und du bist dir wirklich sicher?“ fragte Miyako ungläubig Daisuke, der im Schneidersitz zu Kens linken auf dem Sessel saß, während sie sich neben dem Schwarzhaarigen setzte.

„Ja doch. – Wie oft denn noch?“ sagte er genervt.

„Aber Ken würde so etwas niemals tun.“ gab sie zu bedenken. „Er ist viel zu sanftmütig dafür.“

„Da kennst du ihn aber offensichtlich schlecht.“ erwiderte Daisuke eingeschnappt. „Oder hast du eine andere Erklärung? – Hm?! – Wie erklärst du es dir denn dann, dass er nicht mehr weiß was passiert ist, wieso er eine Pfanne in der Hand hatte und dass du ihn K.O. geschlagen hast?“

„Was weiß ich? – Wieso habe ich nichts von all dem mitbekommen? – Ich war ja im selben Raum.“

„Vielleicht weil du ignorant, blind und taub bist?“

„Und du bist ein Idiot!“ konterte Miyako empört.

Ken brummte böse. „Seid doch endlich mal Still! – Wenn ihr euch unbedingt ankeifen und ermorden wollt, geht dafür gefälligst vor die Tür.“ Sein Schädel hämmerte heftig und die beiden hatten nichts Besseres zu tun, als sich lauthals zu zanken. – Wo war er hier nur wieder hineingeraten? – Es war hier ja schon fast wie früher… dabei waren die letzten Tage so gut und vor allem ruhig verlaufen.

„Tut mir leid. – Tut es sehr weh?“ Besorgt wand Miyako sich Ken zu.

„Frag noch einmal so blöd und ich knall dir mal die Schranktür an den Schädel. Dann können wir gerne weiterreden.“ knurrte er zurück.

„War ja bloß eine Frage, da brauchst du dich nicht so drüber aufzuregen.“ Beleidigt lehnte sie sich zurück und blähte die Backen auf.

Bei dem Anblick konnte sich Daisuke das Grinsen nicht mehr verkneifen. Miyako war eingeschnappt, denn Ken war es, der sie mit Worten angegriffen hatte. Wenn Daisuke das gesagt hätte, was Ken eben zu ihr gesagt hatte, dann hätte er sich garantiert eine gefangen von ihr. Vor ein paar Jahren hätte der Schwarzhaarige so etwas niemals zu Miyako gesagt, bestenfalls hätte er es sich gedacht.

Deutlich spürte Ken Daisukes Blicke auf sich, als er dann zu ihm sah und dieses süße Grinsen bemerkte, musste auch er grinsen. Es war schon komisch. Ein einziger Blick in Daisukes Gesicht genügte und er war wieder voll und ganz ausgeglichen. Woran das lag wusste Ken nicht. Seit dem Tag, an dem ihre Digimonpartner damals eine DNA-Digitation gemacht hatten fühlte er sich ungemein wohl an seiner Seite. Damals hatte er zum ersten Mal den Herzschlag Daisukes wahrgenommen und zugleich diese Wärme empfunden, die sein gefrorenes Herz auftauen ließ. Von diesem Moment an schlugen ihre Herzen gewisser Maßen im gleichen Takt. Lange hatte sich Ken gefragt, ob das der Augenblick gewesen war, in dem er sich in den brünetten Wirbelwind möglicher Weise verliebt hatte. Aber zu der Zeit hatte er andere Dinge im Kopf gehabt und sich zudem dagegen gesträubt sich überhaupt mit den Digirittern anzufreunden, geschweige denn an so etwas wie Liebe überhaupt zu denken. – War es denn dann erst mit der Zeit geschehen, oder gab es doch einen bestimmten Moment? – Wie und wann auch immer er sich in Daisuke verliebt hatte, heute gab es eine Hürde zu meistern, die erst dank ihm selbst entstanden war. Das Schellen der Türklingel ließ Ken aus seinen Gedanken hochschrecken.

Schuldbewusst rutschte Miyako neben Ken langsam von der Couch. Noch ehe Ken sie anfahren konnte war sie aus seiner Reichweite. „Äh, das sind dann wohl unsere Gäste.“ Eilig lief sie zur Wohnungstür.

Mit mörderischen Blicken sah er ihr nach, bis sie im Flur verschwand. ‚Ja lauf nur. Irgendwann erwische ich dich schon noch alleine.‘ dachte sich Ken gehässig.

„Macht sie das häufiger, oder kommt es mir nur so vor?“ fragte Daisuke stirnrunzelnd.

„Das kommt dir nicht nur so vor. – Sei froh, dass du sie nicht schwanger ertragen musstest.“ erklärte der Schwarzhaarige. „Das war die Hölle auf Erden.“

„Huh, sie ist nichtschwanger schon schwer zu ertragen, wie hältst du das überhaupt aus?“ fragte er mit schief gelegtem Kopf und blinzelte seinen Gegenüber mit seinen braunen Augen an.

„Keine Ahnung.“ erwiderte Ken. Hinter sich hörte er, dass sich jemand ihnen nährte.

„Hey, na wie geht’s?“ fragte Takeru freudig, gesellte sich zu Daisuke und Ken und strahlte sie an. „Und was war es dieses Mal?“ wollte er wissen, als er den Eisbeutel bei Ken entdeckte.

„Schranktür.“ antwortete dieser knapp.

„Das wäre dann das 13. Mal innerhalb von drei Monaten. – Schon mal daran gedacht einen Weltrekord aufzustellen?“ scherzte der Blonde grinsend.

„Schon, aber ich weiß nicht, auf welche Disziplin ich mich mehr konzentrieren sollte. – Von Lawinen werde ich in letzter Zeit auch häufiger erfasst musst du wissen.“

Mit großen Augen verfolgte Daisuke das Gespräch der beiden. ‚Das passiert häufiger?! Oh Gott! Der arme Ken!‘

Grinsend setzte sich Takeru während der Rest zu ihnen ins Wohnzimmer stieß. „Du solltest das besser mal von Jou angucken lassen.“

„Lass mal. Der will mich doch nur wieder dazu überreden, mich als seine Laborratte missbrauchen zu lassen.“ wehrte Ken ab und legte den Eisbeutel auf den Couchtisch vor sich.

„Ist aber auch kein Wunder bei all den ganzen ‚Unfällen‘ die dir in letzter Zeit widerfahren.“ mischte sich Hikari kichernd ein und setzte sich zu ihren Mann.

„Dabei sollte man meinen, dass Daisuke-kun dein Pech geradezu aufsaugen müsste.“

„Hä? Wieso das denn?“ wollte der Brünette von Takeru wissen.

„Na ja, ihm passieren erst ständig diese ‚Unfälle‘, seitdem du in den Staaten lebst. – Da hattest du ihm wohl vorher Glück gebracht.“ Glücklich schmiegte sich Hikari an Takeru.

Daisuke soll Kens Glücksbringer gewesen sein? Das konnte sich der Brünette nur schwer vorstellen. Immerhin widerfuhren die ‚Unfälle‘ ihm nur dank Miyako. Er war damals zwar nicht gewalttätig ihm gegenüber wie gewisse andere Leute gewesen, aber er hatte sie beide schon sehr häufig in brenzlige Situationen gebracht gehabt. Wenn er allein an die Nacht dachte die er zusammen mit Ken, Taichi, Yamato, Takeru, Hikari, Iori und Jou in einem Einkaufszentrum verbracht hatte, hatte er schon den Beweis, dass er unmöglich ein Glücksbringer gewesen sein konnte.

Nichts ahnend war er damals mit Ken eigentlich nur dahin gegangen, um seine Fotos abzuholen, aber nachdem sie auf Takeru und Hikari gestoßen waren und die anderen vier letztlich auch hinzu gekommen waren, war das Chaos perfekt gewesen sodass sie alle eingesperrt waren. In dieser Nacht sind so einige Geheimnisse aufgedeckt worden: Jou hatte seine Bestätigung für seine Vermutung über Tais und Yamatos Beziehung via Liveübertragung aus der Herrentoilette bekommen, – Wieso die beiden es auf der Toiletten unbedingt hatten miteinander treiben müssen, ist Daisuke selbst heute noch ein Rätsel. – Taichi hatte von den geheimen Umzugsplänen seiner Schwester und Takeru erfahren, wofür der Blonde vor Ort noch hatte büßen müssen und Iori wurde dank Daisukes miserablen Erklärungsversuch ‚aufgeklärt‘, da dieser ihn und Ken erwischt hatte.

Alles in allem war es eine recht unterhaltsame Nacht gewesen. ‚Hm, was wohl aus den Fotos und den beiden CD-Roms geworden ist?‘ Diese waren nämlich alle bereits in den folgenden Tagen spurlos verschwunden und keiner der anderen fünf hatte ihm sagen können – oder eher sagen wollen? – wo diese hin sind.

„Ach, so einfach ist das? Das ist alles?“ fragte Miyako an Koushiro gerichtet, mit dem sie zusammen das Wohnzimmer betrat und ihre Tochter auf den Armen hatte.

Bejahend nickte der ältere. „Genau. Den Rest müsstest du dann alleine hinbekommen. –Aber warum fragst du mich, denn eigentlich müsste Ichijouji-kun dir das auch erklären können.“

„Äh, weißt du… ich verstehe deine Erklärungen leichter.“ Versuchte sie sich rauszureden, denn sie wollte zu einem nicht dass Ken Verdacht schöpfte – geschweige denn wieder sauer auf sie wurde – und zum anderen wollte sie nicht dass Koushiro mitbekam dass Ken von ihrem Vorhaben nichts wusste.

„Ach so.“ murmelte der rothaarige Mann und folgte Miyako weiter zur Couch.

Unsicher lächelnd nahm sie wieder Platz neben Ken, sorgte aber zugleich dafür dass Noriko schön brav auf ihrem Schoß sitzen blieb. Kaum dass sie saß, bemerkte sie die abschätzenden Blicke des Schwarzhaarigen neben sich. Sie wusste, dass er wusste, dass sie Noriko nur als Schutzschild mitgenommen hatte und sie so leicht nicht loslassen würde.
 

In den folgenden zwei Stunden wurde sich lustig miteinander unterhalten und Koushiro hatte versucht den anderen seine neusten Theorien über die Digiwelt verständlich zu erklären.

„Du bist ja nur noch mit dem Kopf bei deiner Arbeit. Wenn du so weiter machst, bekommst du keine mehr ab.“ scherzte Takeru.

„Im Moment ist mir meine Arbeit eben wichtiger. Ich will so viel über die Digiwelt erfahren wie möglich. – Da kann ich mir es nun mal nicht leisten um das Herz einer Frau zu werben.“

„Wenn du meinst. Du musst es ja wissen.“ sagte Takeru darauf während das Telefon klingelte.

Gerade wollte Miyako aufspringen, aber Ken kam ihr da zuvor.

„Ich geh schon.“ meinte er und ging in den Flur um ran zu gehen. Kurz sah man ihm noch nach, ehe sie sich wieder ihren Gesprächen widmeten.

„Sag mal, Miyako, wie lange ist Ken denn noch Krankgeschrieben?“ wollte Hikari wissen.

„Bis Ende des Monats erst mal. Was dann ist, wird sich erst noch endscheiden. – Wieso?“

„Nur so. Er ist ja jetzt schon seit über zwei Wochen zu Hause, mal abgesehen von seinem Krankenhausaufenthalt. – Und hast du schon herausbekommen, was ihm fehlt?“

Interessiert klebten nun die Blicke aller an Miyako. Nur die kleine Noriko stahl sich von ihren Schoß, natürlich um den Moment zu nutzen und sich davon zu schleichen.

„Öhm, na ja, ehrlich gesagt … nein.“ Deprimiert ließ sie den Kopf hängen.

„Er ist echt eine harte Nuss.“ sagte Koushiro. „Mach dir nichts draus, wenn es schlimm wäre, würde er es dir schon sagen.“ Aufmunternd legte er seine Hand auf ihre Schulter.

Durch die entstandene Stille konnte man leise Kens Stimme hören. „So schwer kann das doch nicht sein, das schafft ihr auch ohne mich.“ Eine kleine Pause entstand in der Ken seinem Gesprächspartner zuhörte. „Ich habe euch bereits gestern gesagt, dass ich nicht weg kann … Hör auf zu betteln. Ich sagte bereits … – Könnt ihr das mal lassen?“ Genervtes Stöhnen erklang. „Ich werd es versuchen … Ich verspreche aber nichts, nur damit das klar ist.“

Verwundert sahen sich die anderen an.

Sich am Hinterkopf kratzend kam Ken wieder zurück. Wie sollte er es nur anfangen, wie konnte er Miyako dazu bringen, ihn jetzt noch gehen zu lassen, wo sie so schon einen Aufstand machte, wenn er nur mal kurz zum Zeitungsladen um die Ecke wollte?

„Wer war das denn?“ fragte Miyako und rückte sich ihre Brille zurecht.

„Das war nur Tanemura.“

„Und was wollte er?“ fragte sie mit hochgezogener Augenbraue. Wenn Tanemura anrief, hieß es im Allgemeinen nichts Gutes, denn immer dann war etwas vorgefallen und Ken musste noch mal weg.

So Unrecht hatte sie mit ihrer Vermutung nicht, denn Ken antwortete seufzend „Sie haben da wieder mal ein Problem und wollen, dass ich mal kurz vorbeikomme.“

„Du gehst nicht.“ kam prompt die Antwort. „Solange du Krankgeschrieben bist, gehst du nirgends hin und erstrecht nicht alleine und zur Arbeit.“

„Na wenn das alles ist. – Komm Daisuke, du hast gehört was sie gesagt hat.“

Daisuke zuckte darauf kurz zusammen. „Was? Aber was habe ich jetzt damit zu tun?“ mit großen Augen glotzte er Ken verständnislos an, der wiederum Miyako herausfordernd ansah.

Man konnte die Spannung fast schon greifen. Böse sah Miyako den Schwarzhaarigen an. „Immer wenn Tanemura pfeift, dann springst du. Verdammt noch mal Ken! Du bist krank und musst dich trotzdem immer wieder von ihm überreden lassen!“ Aufgebracht baute sie sich vor ihm auf und stierte ihn wutentflammt an.

Unbeeindruckt von ihrer Show musterte er sie kühl. „Ich mache was ich will. Es ist mir herzlich egal, was du denkst, sagst oder tust. – Ich habe lang genug dein Spielchen mitgespielt.“ sagte er mit einer erschreckenden Ruhe und schritt an ihr vorbei, nur um Daisuke am Arm zu packen und ihn hinter sich herzuziehen. „Du solltest dir mal lieber überlegen, wie du deine Schulden begleichen willst.“

Fassungslos sah sie ihm und Daisuke nach.

Die anderen drei sahen derweil bedrückt zu Boden. Es war ihnen sichtlich unangenehm das mit angehört zu haben.

Unter einem lauten Knall fiel die Wohnungstür wenig später ins Schloss.

Nur du ...

++++Kapitel 20++++

Nur du …
 

Mit einem kleinen Abstand ging Daisuke hinter Ken. Es herrschte seit dem Verlassen der Wohnung eine bedrückende Stille zwischen ihnen, lediglich ihre Schritte hallten in der großen halbdunklen Tiefgarage. Er wusste einfach nicht, wie er jetzt ein Gespräch anfangen sollte. Ihm war unwohl weil er nicht wusste, wie der Schwarzhaarige reagieren könnte, wenn er ihn jetzt ansprechen würde.

Schweigend schloss Ken sein Auto, ein schwarzer sportlicher Mazda, auf als sie daneben standen. Auch ohne Worte wusste er wie er dem Brünetten klar machen konnte, dass er sich besser nicht mit ihm anlegen sollte. – Ok, Daisuke war völlig unschuldig. Er hatte ihm ja nichts getan. – In aller Ruhe setzte er sich und startete nach dem Anschnallen den Motor.

Daisuke auf dem Beifahrersitz schnallte sich ebenfalls an. Es war ihm noch ein wenig unwohl bei dem Gedanken, dass er wieder in einem Auto saß, besonders nachdem er diese Todesfahrt mit Tai hatte durchleben müssen. Aber er wusste auch, dass Ken einen anderen Fahrstil hatte und sicher nicht derartige Überholungsmanöver starten würde wie Tai. Grade als Ken den Rückwärtsgang einlegte fiel ihm etwas ein. ‚Moment! Er war doch vorhin bewusstlos! – jetzt bloß nichts falsches sagen…!‘ Leise räusperte Daisuke sich.

„Ist was?“ fragte Ken als er die Hand des Brünetten auf seiner spürte.

„Ähm, verstehe das jetzt bitte nicht falsch… Aber du warst doch vorhin bewusstlos und… äh…“ Unsicher sah er den Schwarzhaarigen an. Einen kurzen Moment musterten ihn diese wunderschönen blauen Augen, die in der dunklen Umgebung einen besonderen, fast schon geheimnisvollen Glanz inne hatten.

„Mach dir keine Sorgen. Mir geht es soweit wieder gut.“ Schwach lächelte Ken Daisuke an.

„Wenn du meinst.“
 

Die gesamte Fahrt über schwiegen sie sich an. Erst als Ken vor dem Revier parkte erhob er die Stimme. „Wir sind da. Willst du mitkommen oder hier warten?“

„Ich glaub, ich komme lieber mit.“

Wenig später betraten sie das Gebäude und durchquerten unzählige Flure und immer wieder wurde der Schwarzhaarige von diversen Leuten gegrüßt. Das ganze kam Daisuke schon komisch vor, es wirkte auf ihn fast schon so, als wäre Ken hier bekannt wie ein bunter Hund. „Und hier arbeitest du?“

„Ja. Aber hauptsächlich nur, wenn nichts los ist.“ erklärte Ken und öffnete eine der ganzen Türen. In aller Ruhe trat er in den Raum, gefolgt von Daisuke.

Ein schwarzhaariger Mann mittleren Alters erspähte die beiden Neuankömmlinge als erstes. „Ah, Ichijouji, schön dass du es geschafft hast.“ Höflich verbeugte er sich vor Ken, wobei die etwas längeren Strähnen seines Ponys nach vorne fielen. Man konnte ihm ansehen, dass er bereits viel erlebt haben musste, denn seine Haare hatten bereits einen leichten Grauschimmer und sein Gesicht war durch ein paar Fältchen sowie von einer Narbe auf der rechten Wange gezeichnet. „Oh, wen hast du denn da mitgebracht? Einen Freund?“ fragte der Mann interessiert und musterte Daisuke mit seinen klaren braunen Augen.

„Ja. Das ist Motomiya Daisuke. Er hat in den vergangenen drei Jahren in den Staaten gelebt.“

„Ahh, der von dem du mal erzählt hast. – Soso… Freut mich Sie kennen zu lernen.“ Erneut verbeugte sich der Mann. „Ich bin Takeshi Yuichi. Inspektor dieser Sektion.“

Leicht überrumpelt verbeugte sich auch Daisuke schnell. „Freut mich ebenfalls Sie kennen zu lernen.“, ‚Ken hat ihm von mir erzählt?‘

„Oh, Keeen! Wie schön, dass du da bist!“ hocherfreut fiel wie aus dem Nichts ein dunkelblonder Mann Ken von hinten förmlich um den Hals. Fast hätte dieser beinahe bei dieser Aktion seinen Becher Kaffee verschüttet.

„Immer mit der Ruhe, Tanemura.“ mahnte Ken schmunzelnd.

Irgendwie wurde Daisuke gerade eifersüchtig. Dieser Kerl schien das auch noch zu dürfen… Aber wenn Daisuke ihn sich genauer besah, beschlich ihn das Gefühl, dass er ihn irgendwoher kannte. – Nur woher?

Nun da sich der dunkelblonde von Ken gelöst hatte, sah er jetzt auch Daisuke. „Du bist doch Motomiya-san, ne? – Aber was machst du denn hier? Müsstest du nicht in den USA sein?“ wie ein kleines Kind sah er bei der Frage den Brünetten an.

Es war schwer zu glauben, dass gerade ein erwachsener Mann, mindestens in Daisukes Alter vor ihm stand. Hilfesuchend sah er zu Ken.

„Erinnerst du dich nicht? Ihr hattet euch kennengelernt zu Beginn meiner Ausbildung – als du mich abgeholt hast, weißt du noch?“

„Ähm, als ich… - ach! Genau, der Flummie, der dir nicht von der Seite weichen wollte!“ fiel es ihm wieder ein. „Oh, sorry, ich wollte dich nicht beleidigen.“ Verlegen kratzte sich Daisuke am Kopf.

„Macht nichts.“ lachte Tanemura.

„Wenn wir das jetzt hätten; am besten liest du dir die bisherigen Berichte durch, Ichijouji-kun.“ meldete sich Takeshi zu Wort. „Du musst sicher bald wieder nach Hause, so wie ich Inoue-san kenne.“ Gutmütig lächelte er Ken an.
 

In der folgenden Stunde nahm Ken die Berichte unter die Lupe, während sich Tanemura amüsiert mit Daisuke unterhielt. Die drei waren inzwischen alleine im Büro, denn Takeshi hatte bereits Feierabend gemacht, weil seine Frau und er Hochzeitstag hatten und zu diesem Anlass Essengehen wollten.

Immer wieder linste Daisuke unsicher zu Ken, denn er befürchtete, dass er und Tanemura ihn mit ihrem Gespräch nur ablenkten, doch anscheinend konnte der Schwarzhaarige mit einer solchen Situation sehr gut umgehen.

„Und warst du auch mal in einer Broadwayshow? – Also ich will da mal unbedingt hin. – Aber allein der Flug ist mir zurzeit zu teuer…“ quasselte Tanemura munter und das seit einer halben Stunde, ohne Punkt und Komma. Da hatte Daisuke nur selten die Gelegenheit etwas zu erwidern.

‚Geht dem denn nie die Puste aus?‘ Selten hatte Daisuke eine derartige Quasselstrippe getroffen, nicht einmal Miyako kam da ran. Der Unterschied war aber, dass Tanemura ihm nicht wirklich auf die Nerven ging, es war eben nur mit der Zeit anstrengend ihm zuzuhören.

Ein leises Klicken der Tür ließ Tanemura eine Pause einlegen und er drehte sich um, um zusehen, wer denn zu ihnen wollte.

Auch Daisuke sah interessiert zur Tür, durch die ein recht großgewachsener Mann mit schwarzen Haaren, die einen leichten grünlichen Schimmer hatten, trat. Genüsslich zog er an einer Zigarette.

„Mogami-san, was machst du denn hier? – Ich dachte du hast heute frei.“ fragte Tanemura mit vorgezogener Unterlippe den Neuankömmling.

Bei dem Namen ‚Mogami‘ zuckte Ken unwillkürlich zusammen.

Daisuke, der das aus seinem Blickwinkel gesehen hatte, musterte seinen alten Freund.

„Da liegst du richtig, ich habe nur etwas vergessen.“

Die recht kühle raue Stimme des Mannes bescherte Daisuke eine Gänsehaut. Bis zu diesem Augenblick hatte er eine gute Meinung von allen Leuten hier gehabt, alle schienen hier äußerst nett zu sein, doch dieser Mann, Mogami, schien alles andere als ‚nett‘ zu sein. Daisuke wusste auch nicht woran es lag, dass er bereits jetzt eine Abneigung gegenüber diesem Mann hegte. So was ist ihm noch nie passiert.

Mit seiner Zigarette zwischen den Fingern schritt Mogami an Daisuke vorbei, ignorierte ihn gänzlich und öffnete eine Schranktür dicht hinter ihm. Dabei fiel sein Blick auf Ken, der krampfhaft versuchte seinen Blick nicht zu heben. Leicht grinsend holte er eine Jacke aus dem Schrank und schloss ihn wieder. „Hey, Ichijouji,“ sagte er abfällig klingend, „hast du schon was herausgefunden? – Deswegen bist du doch sicher nur hergekommen, oder?“

Schwach nickte Ken ohne aufzublicken. „Schon, aber noch habe ich nichts herausgefunden.“

„Na wenn das so ist. – Vielleicht kann ich dir ja behilflich sein?“

Als Mogami tatsächlich Anstalten machte, sich zu Ken zubewegen stand dieser ruckartig auf. „Nein danke. Ich muss jetzt so wieso wieder los. – Komm Daisuke.“ Die Akte vor sich schloss er hastig wieder und ging auf den Kleiderständer nahe der Tür zu.

Irritiert sah der Brünette ihn an. ‚Was ist denn jetzt schon wieder?‘

In Eile zog Ken sich seinen Mantel an, legte seinen Schaal um und schmiss Daisuke seine Jacke entgegen.

Auch Tanemura sah Ken verwundert an.

Nur Mogami schien dieses Verhalten nicht weiter zu stören. „Hm, schade. Dann eben ein andres Mal.“ In einer großen Rauchwolke stieß er den Zigarettenqualm aus.

Verabschiedend verbeugte sich Daisuke noch ehe er Ken eilig folgte, der nur ein „Tschüss“ für seine Kollegen übrig gehabt hatte und zielstrebig den Raum verlassen hatte. Der Brünette hatte wirklich Probleme mit Ken Schritt zu halten, nicht dass der Schwarzhaarige rannte, aber er hatte es offensichtlich eilig hier wieder rauszukommen. „Warte doch mal. Ken, schalt doch mal einen Gang runter!“ rief Daisuke als sie den Ausgang erreicht hatten.

Endlich wieder an der frischen, winterlich eisigen Luft kam Ken wieder zum Stehen. Erleichtert atmete er auf. Der leichte Wind zerzauste bereits jetzt seine Haare, aber noch störte er sich nicht weiter daran, schließlich fühlte er nun nicht mehr diese erdrückende Enge, die er bis vor wenigen Minuten noch gespürt hatte, aber dennoch konnte er eine leichte Übelkeit nicht leugnen.

Es schneite wieder große weiße Flocken vom dunklen Abendhimmel und legte eine neue weiße Schneedecke auf die Stadt.

Etwas außer Atem stützte sich Daisuke an dem Geländer der Treppe ab. Er war eindeutig aus der Übung. „Was ist denn mit dir los?“ fragte er keuchend.

„Nichts. Komm.“ Ohne auf Daisuke zu warten stampfte Ken durch den knirschenden Schnee weiter zu seinem Auto.

Grummelnd folgte Daisuke ihm wieder. ‚Sein ‚nichts‘ kann er sich sonst wo hinschieben.‘ Unter einem Brummen ließ er sich auf den Beifahrersitz nieder und schloss die Tür.

Völlig am Ende umklammerte Ken mit den Händen das Lenkrad und ließ letztlich seinen Kopf darauf nieder, womit er die Aufmerksamkeit Daisukes erneut auf sich zog.

„Alles ok?“ fragte der Brünette vorsichtig nach, doch Ken reagierte auf seine Frage erst gar nicht. Ja, die Frage war dumm, denn wenn man sich den Schwarzhaarigen nur ansah, konnte man sehen, dass er wie ein Häufchen Elend da saß. Ein ungutes Gefühl beschlich Daisuke, sodass er seine Hand auf die Schulter des anderen legte.

Darauf hob Ken leicht den Kopf damit er Daisuke besser ansehen konnte. Seine sonst so wunderschönen klaren blauen Augen sahen jetzt so trüb aus und drückten unendlich viel Leid aus.

„Ist es dein Kopf? Hast du wieder Kopfschmerzen?“

Verneinend schüttelte der gefragte langsam den Kopf. „Nein.“ Es war kaum mehr als ein Flüstern gewesen, doch konnte Ken sehen, dass es jetzt erstrecht im Kopf des Brünetten zu arbeiten begann. – Er wusste, dass es jetzt nichts mehr brachte seine Maske wieder aufzusetzen und so zu tun, als sei nichts, als sei alles in Ordnung.

Nach einem Moment des Schweigens kam die von Ken so gefürchtete Frage: „Was ist los, Ken? Ich sehe doch schon die ganze Zeit über das mit dir etwas nicht stimmt. Nun sag schon, vielleicht kann ich dir sogar helfen?“ Durch dringlich sah er seinen alten Freund mit seinen braunen Augen an.

Schwer schluckte Ken. „Ich… Es ist alles so… scheiße.“ sagte er leise und fiel Daisuke in die Arme.

Dieser legte sofort seine Arme um ihn und zog Ken näher an sich. Eine kleine Weile lagen sie sich so in den Armen, schwiegen vor sich hin. Erst als Daisuke der Gedanke kam, dass es für Ken ziemlich unbequem sein musste, so über der Gangschaltung und Handbremse zu hängen, zog er ihn gänzlich zu sich, sodass er nun seitlich auf seinem Schoß saß.

Ken ließ es geschehen. Er wollte weiter diese angenehme Wärme Daisukes spüren, wollte von seinen starken Armen gehalten werden, die ihm in diesem Augenblick Schutz boten. Seine Augen hielt er nur einen Spalt breit offen und lehnte seinen Kopf an Daisukes Schulter, der just in diesem Moment anfing mit der Hand seinen Arm auf und ab zufahren. Er genoss die Wärme und das leichte Prickeln auf der Haut, während er dem Schneetreiben draußen abwesend zuschaute.

Daisuke hingegen wusste nicht so recht, was er da tat, aber sein Wunsch dem Schwarzhaarigen näher zu sein wuchs nun erneut rapide an, er wollte ihn trösten, ihn berühren… ihn so gerne küssen. Diese weichen Lippen auf seinen spüren. Doch genau das durfte er nicht! Es würde ihre Freundschaft, die sie sich gerade wieder aufbauten, gefährden. Was sie jetzt taten überschritt die unsichtbare Linie bereits, überschritt das, was normale Freunde miteinander taten. – Aber war es überhaupt normal was selbst jetzt zwischen ihnen war? War es jemals normal zwischen ihnen gewesen? – Seit der DNA-Digitation ihrer Digimon war es nicht mehr normal. Spätestens als sie in jenem Sommer gänzlich von ihren Gefühlen überrumpelt worden waren und ihnen klar wurde, dass es nicht nur Freundschaft war, sondern Liebe, was sie miteinander verband, war es nicht mehr normal.

Langsam erhob Ken seine Hand und legte sie an den Brustkorb Daisukes. Deutlich konnte er den aufgeregten Herzschlag spüren, trotz der dicken Winterjacke. Eine Zeitlang sah er auf seine Hand, ehe er zu Daisukes Gesicht aufschaute und seine Hand anschließend auf dessen Wange legte.

Von dem melancholischen Blick Kens hypnotisiert zog Daisuke das blasse Gesicht näher und legte seine Lippen auf die Kens.

Ein wohliger Schauer durchzog Kens Körper. Erneut wurde ihm bewusst, dass er damals eine Fehlentscheidung getroffen hatte, er hätte Daisuke niemals von sich stoßen dürfen. Er brauchte diesen Menschen wie die Luft zum Atmen. Er brauchte jede noch so kleine Aufmerksamkeit, jede noch so winzige Berührung … ohne ihn ging er ein, wie eine Blume, die kein Wasser und Sonnenlicht bekommt. Er liebte Daisuke mehr als es Worte ausdrücken könnten. Wie sehr hatte sich Ken nach Daisukes Berührungen gesehnt? – Genießerisch küsste er den Brünetten zurück, öffnete seinen Mund einen Spalt um ein kleines Spielchen mit ihm zu beginnen.

Da es Ken war, der damit anfing, verschwanden Daisukes Gewissensbisse schneller als sie gekommen waren und er ging darauf ein und liebkoste die Zunge Kens mit seiner eigenen. Voller Leidenschaft drückte er den Schwarzhaarigen an sich, spielte mit seiner Zunge mit ihm. Er hatte das Gefühl, als könnte er ihn nie wieder loslassen.

Es brauchte keine Worte mehr, sie wussten beide, dass sie sich nicht mehr länger der Anziehungskraft des jeweils anderen widersetzen konnten. Über die möglichen Konsequenzen ihres Tuns wollten sie sich jetzt keine Gedanken machen, was zählte war das hier und jetzt.

Ohne den Kuss zu lösen kletterte Ken so auf den Brünetten, sodass er nun im Reitersitz auf dessen Schoß saß. Zärtlich streichelte er mit den Fingerspitzen über Daisukes Wange, strich dabei einige der wirren kurzen Haarsträhnen von ihm hinter sein Ohr.

Zärtlich ließ Daisuke seine Hand über Kens Brust wandern und schob sie unter den offenen Mantel. Ohne groß darüber nachzudenken streifte er dem Schwarzhaarigen diesen ab. Das leise Stöhnen Kens drang an seine Ohren als der Mantel gänzlich von ihm glitt. Verlangend küsste Daisuke sich zu Kens Ohr um daran etwas zu knabbern, dabei zog er langsam den grauen Schaal von dessen Hals ab.

Derweil griff der Schwarzhaarige mit geröteten Wangen nach einem Hebel des Sitzes und ließ ruckartig die Rückenlehne nach hinten klappen.

Daisuke, der damit gerechnet hatte, hatte sich glücklicherweise nicht angelehnt, sodass er nun langsam mit Ken in den Armen nach hinten sinken konnte.

Willig folgte Ken ihm und stützte sich nun leicht mit den Armen an den Seiten des Sitzes ab. Nun war es an ihm die Führung zu übernehmen. Sanft aber verlangend küsste er sich von der Wange des Brünetten zu dessen Hals hinab und öffnete seine Jacke. Als dies getan war ließ er seine Hand quälend langsam vom Hals Daisukes abwärts wandern. Dabei behielt er sein Gesicht im Auge und sah erfreut, dass umso weiter er mit seiner Hand abwärts wanderte, dass der Brünette zunehmend unruhiger wurde. Am Hosenbund angekommen schob er seine Hand unter den Pulli und berührte ganz leicht die warme stramme gebräunte Haut darunter mit den Fingerspitzen.

Bereits diese minimale Berührung ließ Daisuke keuchen. Ken hatte es keines Wegs in den vergangenen Jahren verlernt wie er ihn mit Erfolg verführen konnte. Doch allein den Schwarzhaarigen auf allen vieren so über sich gebeugt zu sehen machte Daisuke ungemein an. Mit einem Arm um den Hals des Schwarzhaarigen gelegt zog er diesen erneut zu sich und küsste ihn. Dabei richtete er sich etwas auf und machte dem anderen somit deutlich, dass ein weiterer Stellungswechsel angesagt war.

Doch noch wollte sich Ken die Führung nicht nehmen lassen, also drückte er den Brünetten wieder zurück in den Sitz, knabberte noch ein wenig an dessen Unterlippe. Ein leises Stöhnen verließ seine Kehle, denn er fühlte die Hände seines Geliebten die sich von seinen Seiten hinab zu seinem Po bewegten. Dort angekommen packte er ihn fest, sodass es Ken fast um den Verstand brachte. Es gefiel ihm, er wollte mehr, er wollte Daisuke noch intensiver spüren.

Da ging es Daisuke nicht anders. Auch er wollte mehr, denn inzwischen war es ihm herzlichst egal, ob er hier gerade jedes Tabu brach, ob er es womöglich bereuen könnte. Von seinem Verlangen überrumpelt zog er Stück für Stück Kens Hemd aus seiner Hose. Daisuke wusste, für den Fall, dass er gerade zu weit ging, dass Ken ihn sofort aufhalten würde, doch dieser ließ ihn gewähren und machte sich selbst ran, ihm den Pullover höher zu schieben, damit er mit den Händen leichter die stramme muskulöse Brust berühren konnte…

... und ich

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Monster

++++Kapitel 22++++

Das Monster
 

Noch recht erledigt von ihrem Tun lösten sich die beiden wieder voneinander und bevorzugten es sich lieber schnell wieder anzuziehen, denn ohne jede Bewegung war es doch sehr frisch im unbeheizten Auto, um nicht zu sagen schweinekalt.

Nachdem Daisuke sich den Reißverschluss seiner Hose wieder zugezogen hatte, kletterte er auf den Fahrersitz, damit Ken genug Platz hatte sich wieder anzuziehen. Doch anscheinend hatte dieser nur wenig Lust dazu und machte auf Daisuke den Anschein, als würde er gleich einschlafen.

Nur unter großer Anstrengung und Verrenkungen schaffte Ken es sich dann doch seine Hose hochzuziehen und ließ sich erledigt wieder in den Sitz fallen. Gott, war er müde! Jetzt auch noch nach Hause fahren würde er nicht mehr schaffen. Er war ja schon zu faul sich das Hemd zuzuknöpfen, geschweige denn seinen Mantel anzuziehen.

„Alles ok mit dir?“ fragte Daisuke mit besorgter Mine.

Träge sah der gefragte darauf zum Brünetten. „Bin nur müde… nichts weiter.“ und wirklich fielen ihm dabei fast die Augen zu. „Ich glaube, du musst uns fahren.“

Argwöhnisch schaute Daisuke ihn an. „Du willst mir damit sagen, dass ich mit deinem heißgeliebtem Auto fahren darf?“

„Wenn es dir lieber ist, dann kannst du auch gerne den Bus nehmen. Der müsste in zehn Minuten kommen.“ Grummelte Ken. Sicher, er hatte in Daisukes Beisein vor ein paar Tagen Miyako runtergeputzt, weil diese ungefragt einfach sein Auto genommen hatte, aber er hatte nie behauptet, dass niemand außer ihm es fahren dürfe. Das betraf nur Miyako. Sie ist schließlich immer und zu jeder Zeit derartig unaufmerksam, sodass es an ein Wunder grenzte, dass sie noch niemanden mit ihrem Fahrstil umgebracht hatte. – Ok, eine kleine Autobesessenheit hatte Ken schon. Das war das einzige, was er wirklich sein eigen nennen konnte und besonders weil es sein erstes Auto war, sein geliebter Mazda, den er liebevoll in trauter Zweisamkeit, also wenn er mit seinem Auto alleine war, Ai-chan nannte. – Davon wusste aber niemand etwas, zumindest soweit Ken es wusste.

„Schon gut, aber wie es aussieht, müssen wir… ok, ich, erst den blöden Schnee runter fegen. – Hast du irgendwo einen Handfeger oder sowas hier?“ Missmutig beäugte er die vom Schnee bedeckten Scheiben des Autos um sich herum. Es war doch ganz schön viel Schnee gefallen während sie hier drin miteinander beschäftigt gewesen waren.

Seufzend richtete Ken sich auf, öffnete das Handschuhfach vor sich und drückte den daraus entnommenen Handweger Daisuke in die Hand. „Wage es dich aber ja nicht auch nur einen Kratzer zu hinterlassen.“

Ohne Worte wand er sich vom Schwarzhaarigen ab und wollte die Autotür öffnen, doch zu seinem bedauern wollte diese nicht so wie er wollte und blieb verschlossen. Mit Kraftaufwand drückte er gegen sie, doch auch dieses Mal geschah nichts.

„Was soll das werden, Dai?“ fragte Ken skeptisch während er dem kläglichen Versuch seines Freundes weiter zuschaute.

„Die Tür geht nicht auuuuf!“ mit aller Kraft versuchte er die Autotür aufzubekommen, stemmte sich gegen sie mit einem säuerlichem Brummen.

Einer leichten Ahnung folgend versuchte Ken seine Tür zu öffnen, die wie vermutet ebenfalls nicht aufging. Sicherheitshalber kletterte er auf die Rücksitze und versuchte die dortigen Autotüren aufzubekommen, wovon Daisuke wiederum nichts mitbekam. Seufzend stellte er bei denen das gleiche fest. ‚Klasse… jetzt sitzen wir hier fest. – Obwohl, wenn ich die Heizung anbekomme…‘ Unsanft zerrte er Daisuke vom Fahrersitz und kletterte anschließend selbst auf diesem.

„Was hast du vor?“ wollte der verbannte Brünette vom Beifahrersitz wissen und beobachtete interessiert das Tun seines Freundes. Einen Moment lang konnte man hören, wie der Motor gestartet wurde, doch es schien Ken nicht so recht zu gelingen, denn das gewünschte Brummen des Motors kam einfach nicht. „Sag jetzt bitte nicht, dass er nicht anspringt.“

„Dann sag ich es eben nicht.“ Immerhin hatte er jetzt die Möglichkeit das Radio anzuschalten.

„Aber die Heizung kannst du schon anmachen, oder?“

„Leider nein. Die geht nur noch an, wenn der Motor läuft.“ In aller Ruhe drückte er einen Knopf und schon konnte man einen Nachrichtensprecher die aktuellen Staus und Blitzer verkünden hören. Insgesamt betrachtet gab es ja schlimmeres: er hätte hier mit Miyako oder Taichi eingesperrt sein können. Entspannt legte er seinen Kopf auf seine verschränkten Arme auf dem Lenkrad und lauschte den Nachrichten.

„… und nun zum Wetter. Die derzeitigen Temperaturen liegen in fast ganz Tokio bei minus sieben Grad. Wie in den vergangenen Tagen bereits angekündigt ist ein Schneesturm im Anmarsch und laut den neusten Berechnungen wird er in einer halben Stunde Tokio erreicht haben.“

Mit großen Augen starrte Daisuke auf das Radio.

„Aber um das zu bemerken, muss man inzwischen nur aus dem Fenster schauen.“ lachte der Wettermann vergnügt. „Die meisten haben sich bereits nach Hause begeben und die Straßen sind in manchen Vierteln derzeitig wie leergefegt. – Also an alle, die sich noch nicht ins warme zu Hause geflüchtet haben: lasst euch nicht zu viel Zeit!“

Panisch startete Daisuke als Reaktion auf das eben gehörte einen neuen Versuch aus dem Auto zu entkommen.

Derweil kündigte ein Kollege des Wettermannes das nächste Lied an und die ersten Töne erklangen.

„Wahhh! Ich will HIER RAUS!!“ presste Daisuke angestrengt heraus und knirschte geräuschvoll mit den Zähnen. Es passte ihm absolut nicht ausgerechnet jetzt, wo ein Schneesturm im Anmarsch war, hier festzusitzen und zu seinem Entsetzen schien das alles Ken nicht im Geringsten zu stören.

Besagter sah ihn mit schief gelegtem Kopf, noch immer diesem auf den Armen auf dem Lenkrad liegend, zweifelnd an. „Lass gut sein, die bekommst du nicht auf. – Leidest du seit neustem unter Klaustrophobie oder wie?“

„Wenn du Platzangst meinst, dann nur wenn ein Schneesturm tobt und ich ein einem kleinen Raum eingesperrt bin!“ erklärte Daisuke panisch mit lauter Stimme und drückte sich immer noch mit vollem Körpereinsatz gegen die Tür.

„Aber noch tobt hier kein Schneesturm.“ wollte Ken ihn korrigieren, musste aber schnell feststellen, dass er sich diesen Kommentar besser geklemmt hätte.

„Woher willst du das wissen? Wir sind komplett eingeschneit! – Oh Gott! Wenn man uns finden wird, werden wir erfrorene Leichen sein…!“ jammerte er los und begann weiteres schwer verständliches Zeug vor sich hin zu brabbeln.

Entgeistert schüttelte Ken darüber den Kopf. ‚Erfrorene Leichen… klingt schon fast so geistreich wie tote Leichen…‘ Seufzend zog er am Kragen Daisuke von der Tür weg – er wollte schließlich nicht zulassen, dass man sein Auto beschädigte – und zwang ihn auch gleich zu ihm zu sehen. „Jetzt krieg dich mal wieder ein. Das ist nur ein Schneesturm, nichts weiter. Uns wird schon nichts passieren, zumal es draußen jetzt sicher gefährlicher ist als hier drinnen.“ Mit festem Blick sah er ihm direkt in die Augen in der Hoffnung, dass damit das Thema abgehakt sein würde.

Für einen kurzen Augenblick schien Daisuke sich wirklich beruhigt zu haben, doch schon im nächsten Augenblick zog er seine Unterlippe vor und schniefte. „Das sagst du doch nur so.“ sagte er mit einem jammernden Ton in der Stimme.

„Das sage ich nicht nur so. Vertraust du mir etwa nicht?“ Darauf wurde er abschätzend vom Brünetten beäugt. „Pah, ich sehe schon. Brauchst mir nicht mehr zu antworten.“ Empört und beleidigt zugleich drehte er sich von Daisuke weg. Mit verschränkten Armen vor der Brust sah er sich tausendmal lieber die mit Schnee bedeckte Fensterscheibe seiner Tür an, als dem Brünetten weiter seine Aufmerksamkeit zu schenken, der ihm noch nicht einmal bei einer solchen Lappalie Vertrauen schenken wollte.

„Äh! So war das doch nicht gemeint!“ versuchte Daisuke sich rauszureden.

„Wer’s glaubt.“

„Doch! Wirklich!! – Es war nur weil –“ noch ehe Daisuke zum nächsten Wort ansetzen konnte, hörte er einen unglaublichen Lärm, der sich so anhörte als würde gerade eine gewaltige Schneelawine auf sie niederrauschen. Vor Schreck klammerte er sich an Ken, der nun ebenfalls erschrocken seine Augen weit aufgerissen hatte.

Nach einer kleinen Weile, in der sich Ken wieder gefasst hatte, versuchte er Daisuke von sich loszubekommen. „Weißt du eigentlich, wie anstrengend du heute wieder bist?“

Schniefend ließ der angesprochene Ken in seinem klammernden Griff sich mit dem Gesicht zu ihm drehen.

„Man, du scheinst ja wirklich Panik zu schieben.“ bemerkte Ken etwas besorgt, als ihm das Zittern Daisukes auffiel. Und das war noch untertrieben, denn schon im nächsten Moment musste sich Ken die Ohren zuhalten, weil Daisuke anfing wie ein Kleinkind zu heulen. ‚Boah, nicht einmal Miyako und Noriko kommen gemeinsam an diese Lautstärke ran!‘ Am Ende mit den Nerven bekam er allmählig Kopfschmerzen, die von Daisukes Geheule nur noch unterstützt wurden. Sich noch immer die Ohren zuhaltend versuchte er mit Brüllen Daisuke zu übertönen „HALT ENDLICH DIE LUFT AN! WENN DU NICHT SOFORT STILL BIST, WERD ICH DICH ZUM SCHWEIGEN ZWINGEN!!“

Geschockt über diese Drohung verstummte der Brünette tatsächlich abrupt. Lediglich das Schniefen konnte er sich nicht verkneifen und schaute Ken mit wässrigen Kulleraugen an.

„Na bitte.“ gab Ken zufrieden von sich und senkte seine Arme wieder. Diese Ruhe war wie Balsam für seine Ohren. „Und jetzt erkläre mir bitte in Kurzform warum du dich derartig verhältst.“

„Na ja, vor zwei Jahren, da…da…“ begann Daisuke schniefend und zog den Rotz wieder hoch. „… da war ich in den Bergen, allein, weil ich zu einer Berghütte wollte zu einem Kumpel… und da hab ich mich im Schnee fe-est gefahren…“ erklärte er weiter unter einigem Schniefen. „… Da ich aber keinen Empfang mit mei…meinem Handy hatte und ein … Schneesturm aufzog…“

„Ach so… Ok, aber du bist jetzt nicht allein.“

„A-aber da war plötzlich ein Bär…“

„Ein Bär?“ fragte Ken skeptisch nach.

Bejahend nickte der Brünette. „Der hat das Auto durchgeschüttelt.“

Ken verkniff es sich darauf zu erwidern, dass hier in Tokio unter Garantie keine Bären frei rumlaufen würden und tätschelte stattdessen lächelnd Daisukes Kopf. „War es das oder kommt da noch mehr?“

Schniefend schüttelte Daisuke verneinend den Kopf. „Nach ein paar Stunden war der dann wieder weg…“

Noch einmal wuschelte Ken seinem Freund durch die Haare und machte danach das Radio wieder aus, wofür er von dem anderen fragend angeguckt wurde. „Es ist schon spät und da wir vor morgen früh sowieso hier nicht rauskommen, sollten wir lieber die Autobatterie schonen.“ Nachdem er dies Daisuke erklärt hatte, kletterte er wieder auf den Rücksitz und klappte mit gezieltem Handgriff einen der Sitze nach vorne, damit er an den Kofferraum konnte.

Daisuke, der ihn beobachtete, konnte sehen wie der Schwarzhaarige Decken aus dem Kofferraum holte. Es war wirklich bewundernswert, dass Ken auf so ziemlich alles vorbereitet war. Des Weiteren stellte er erstaunt fest, dass seine Angst verflogen war. ‚Woran das wohl liegt?‘ Mit dem Ärmel wischte er sich die Tränenspuren aus dem Gesicht und lächelte leicht während Ken den Sitz wieder in seine ursprüngliche Form zurückstellte.

‚Hoffentlich bemerkt er nichts…‘ dachte Ken und wand sich Daisuke wieder zu. „Könntest du mir meinen Mantel geben?“

„Ja, klar!“ erwiderte dieser und tat wie ihm geheißen. Nachdem Ken sich diesen angezogen hatte, folgte er seiner Aufforderung zu ihm auf den Rücksitz zu kommen. Nach kurzem Hin und Her hatte er sich letztlich, weil er der schwerere war, auf den Rücken auf die Rückbank gelegt und Ken sich dann mit den ganzen Decken übergeworfen auf ihn. – Daisuke wusste nicht so recht, was er davon jetzt halten sollte… Die Idee kam zwar von Ken, aber ob dies wirklich nur gegen eine mögliche Unterkühlung wirken sollte, oder ob der Blauäugige sich dabei eventuell auch etwas anderes dachte, war Daisuke so ganz nicht klar.

„Geht’s?“ fragte Ken als er sich auf den anderen gelegt hatte. Ein bejahendes Brummen bekam er zur Antwort, worauf er seinen Kopf auf Daisukes Brust niederlegte. Er war inzwischen wirklich völlig erledigt. Sein Kopf hämmerte und seine Müdigkeit drückte bereits auf seine Lider. Da hatte er keinen Nerv mehr um sich darüber Gedanken zu machen, wie nahe ihm sein Freund gerade wieder war.

Daisuke hingegen war noch nicht nach Schlafen zu mute. Jetzt, wo wieder Ruhe herrschte – mal abgesehen vom leisen jaulenden Wind – und er wieder klar denken konnte, begann er sich erneut über das Verhalten Kens von vorhin Gedanken zu machen. ‚Warum ist er so plötzlich aufgebrochen? War es wegen diesem komischen Rauchertypen? – Ken konnte ja nicht schnell genug nach draußen kommen… Und erst die Szene hier im Auto…‘ bei dem letzten Gedanken legte sich ein rötlicher Schimmer auf seine Wangen. ‚Warum haben wir das nur getan? Arg! Jetzt wird alles nur noch komplizierter…!‘ nicht, dass Daisuke es nicht genossen hatte, aber das Geschehene vereinfachte es zwischen ihnen nicht gerade. ‚Wie es jetzt wohl weitergeht mit uns?‘

Ken hatte derweil bereits seine Augen geschlossen und versuchte einzuschlafen, wobei seine Kopfschmerzen jedoch ein Hindernis darstellten. ‚Man, hätte ich bloß vorsichtshalber Tabletten mitgenommen. – Hoffentlich werden die nicht noch schlimmer und ich muss mich wieder mal übergeben…‘ diese Befürchtung war dabei gar nicht so abwegig, denn ein wenig übel war ihm schon.

„Ken?“ fragte Daisuke und fixierte einen unbestimmten Punkt im Dunkeln über sich mit den Augen.

„Hm?“ brummte der gefragte müde.

„Das von eben, also das wir miteinander… - na ja, wirst du Miyako-kun etwas davon sagen?“

„Das hat sie nicht zu interessieren.“

„Hah?“ verständnislos verzog Daisuke das Gesicht.

„Ich weiß zwar nicht, was die anderen dir davon erzählt haben, aber ich führe mit ihr keine Beziehung.“

„Aber ihr habt doch…“

„In einem Bett geschlafen? – Nicht eine Minute lang. Seitdem du bei uns bist, verbringe ich die Nächte auf der Couch. Wenn du nicht ein solcher Langschläfer wärst, hättest du es schon längst mitbekommen.“ meinte Ken darauf nur.

„Moment. – Soll das heißen, dass ich die ganze Zeit schon in deinem Bett schlafe?“ fragte Daisuke mit geröteten Wangen.

Deutlich konnte Ken nun Daisukes Herz aufgeregt schlagen hören. Was daran jetzt so besonders war, dass der Brünette seit geraumer Zeit in seinem Bett schlief, war ihm nicht so ganz klar, aber Daisuke hatte schon früher dazu geneigt zu übertreiben. „Behalte deine Gedanken lieber jugendfrei, denn heute werde ich nicht mehr für dich herhalten.“

„Willst du damit sagen, dass wir wieder –“

„Vielleicht… Mal sehen. – Lass uns erst mal abwarten, bis wir wieder frei sind.“

Glücklich schlang Daisuke seine Arme um Ken und drückte ihn an sich.

Dieser ließ ihn gewähren und schloss todmüde seine Augen.
 

Irgendwann war es auch Daisuke gelungen einzuschlafen, doch er wurde jäh aus dem Schlaf gerissen, als er ein Jaulen hörte, dass offenbar ganz in seiner und Kens Nähe von einem Tier kam. Wenn der Schwarzhaarige nicht auf ihm gelegen hätte, wäre er panisch aufgeschreckt, doch so hatte er nur erschrocken zusammenzucken können und sah sich nun verängstigt um.

Die dicke Schneedecke rings um und auf dem Auto ließ keinen einzigen Zentimeter frei, als dass man hätte nach draußen schauen können. Dem entsprechend war es auch reichlich dunkel. Er konnte fast gar nichts sehen, wenn er mal von der Schwärze absah.

Für einen kurzen Augenblick glaubte der Brünette, dass er sich das vielleicht doch eingebildet haben könnte und wollte gerade die Augen schließen, doch riss er sie sofort wieder auf, als er erneut dieses Jaulen hörte. Doch dieses Mal folgte ein lautes Knurren auf dem Jaulen und wenige Sekunden später konnte er hören, wie der Schnee von dem Fenster an seinem Kopf runter rutschte. Unfähig sich zu erheben und nachzusehen, musste er gezwungener Maßen liegen bleiben, weil Ken friedlich auf ihm schlummerte und absolut gar nichts mitzubekommen schien.

Den Rest der Nacht über blieb Daisuke wach, da er unter dem ganzen Jaulen und Knurren des Tieres nicht einschlafen konnte. Für ihn vergingen unzählige Stunden, in denen er sich ausmalte, was das da draußen wohl für ein Tier sein könnte und etwa bei Sonnenaufgang entschied er sich dafür, dass es ein Berglöwe sein müsste. – Warum er Ken nicht einfach geweckt hatte? – Weil besagter tief und fest wie ein Stein schlief und weder durch das Rütteln, Ansprechen, geschweige denn durch das Jaulen wach wurde.

Geringfügig drang schwach das Sonnenlicht durch die dicke Schneedecke, sodass Daisuke wenigstens wieder fähig war zu sehen, wovon er natürlich dank einem gewissen Schwarzhaarigen nicht sonderlich viel hatte.

Irgendwann, nach ein paar weiteren Minuten der Stille klingelte plötzlich ein Handy.

Während Daisuke die Stirn krauszog bewegte sich Ken grummelnd auf ihm und schien nach etwas mit der Hand unter der Decke zu suchen.

Als er es dann endlich gefunden hatte, zog er es hervor, richtete sich etwas auf und sah entgeistert auf das Display seines Handys. Verärgert brummend nahm er den Anruf an. „Was ist denn jetzt schon wieder abgebrannt?“

Am anderen Ende der Leitung knurrte Miyako böse. „Nichts. Sag mir lieber wo ihr seid! – Was fällt dir ein, einfach über Nacht bei einem SCHNEESTURM nicht nach Hause zu kommen?! – Hast du überhaupt eine Ahnung was ich mir hier für Sorgen gemacht habe? Immer wenn ich dich anrufen wollte, hieß es, dass du nicht zu erreichen seist und deine Kollegen meinten, dass du bereits seit Stunden weg wärst! – WO BIST DU VERDAMMT NOCHMAL?!“ brüllte sie ihn wütend durchs Telefon an, ohne dabei auch nur einmal Luft zu holen.

„Da wo du nicht bist…“ brummte er zurück.

„Ha ha, sehr witzig… Jetzt sag mir endlich wo du bist!“

Auf diese Frage hin musste Ken schmunzelnd Daisuke ansehen, der ihn wiederum fragend anschaute. „Also wenn ich dir das jetzt sagen würde, würdest du eh nur austicken. – Ach und danke für den Weckruf, denn so habe ich noch ein Wenig Zeit um mich zu vergnügen. – Tschaui.“ Und so legte er grinsend auf. Er war sich sicher, dass Miyako jetzt mit hoch rotem Kopf irgendwo rumstand und unter Garantie etwas zerstören wird. „Ist etwas?“ fragte Ken, als ihm der mürrische Blick Daisukes auffiel.

„Ach, nichts weiter. Mir ist nur eben aufgefallen, dass du die ganze Zeit über ein funktionierendes Handy in der Tasche hattest, mit dem wir uns Hilfe hätten rufen können, aber das war es auch schon.“

„Ich wusste gar nicht, dass du sarkastisch sein kannst.“ Sanft lächelte er den anderen an. „Vielleicht habe ich dir nur nichts davon erzählt, weil ich mit dir alleine sein wollte?“

Ein leichter Rotschimmer legte sich auf Daisukes Wangen. „Wirklich?“

„Ja.“ hauchte Ken und küsste ihn zärtlich auf die Stirn. ‚Und weil ich vergessen habe, dass ich es überhaupt mitgenommen habe und es mir erst mitten in der Nacht wieder eingefallen war…‘ ergänzte er in Gedanken. Im Ganzen war er aber froh über diese Tatsache, weil er so eine ruhige Nacht mit Daisuke hatte verbringen können. Sich streckend setzte Ken sich auf.

Gleich darauf richtete sich auch Daisuke etwas auf und rieb sich müde die Augen.

„Man, hab ich gut geschlafen.“ verkündete Ken zufrieden und lächelte Daisuke an, der ihn dafür anschielte.

„Schön für dich.“

„Hä? Du hast ja richtige Augenringe, Dai.“ Als ob er das noch genauer überprüfen müsste kam er ihm näher und fuhr mit seinem Zeigefinger den dunklen Spuren unter dessen Augen nach. „Du hättest doch etwas sagen können, wenn es so unbequem für dich gewesen war.“

„Hm? Das war es nicht.“ Beschämt sah Daisuke zur Seite.

„Was denn dann?“

„Du hast wohl wirklich nichts mitbekommen, ne?“

„Ähm, nein? – Erzähl, was habe ich verpasst?“

Seufzend setzte der gefragte an zu erzählen. „Irgendwann in der Nacht hat hier ein Tier angefangen rum zu jaulen und zu knurren und das ging dann bis zum Sonnenaufgang so weiter…“

„Ach so. – Warum hast du mich denn nicht geweckt?“

„Ich hab es ja versucht, aber du hast auf nichts reagiert.“

Zunächst ratlos, doch dann leicht lächelnd sah er den Brünetten an. „Dann sollte ich wohl noch etwas gut machen, was?“ Mit seinen Fingerspitzen streichelte Ken über Daisukes Wange, strich ein paar widerspenstige Strähnen hinter sein Ohr und legte seine Lippen auf die Daisukes.

Doch etwas überrumpelt brauchte Daisuke eine Weile, ehe er den Kuss erwiderte. Er legte seine Hand in Kens Nacken und kraulte ihn dort während er seine Zunge neckte. Gerade in dem Moment, als er sich mit ihm nach hinten fallen lassen wollte, konnte man Stimmen von außerhalb hören.

Dies war Ken nicht entgangen, sodass er sich nicht weiter mitziehen ließ und den Stimmen stattdessen lauschte, um so zu erfahren ob er diese kannte.

Derweil knabberte Daisuke verführerisch an Kens Unterlippe und versuchte ihn so doch noch überreden zu können weiter zu machen. Zu seinem Pech aber schlug dieses Vorhaben fehl, denn er wurde von ihm bestimmt weggedrückt. Enttäuscht zog Daisuke seine Unterlippe vor und musste hilflos mit ansehen und zuhören wie sein erhofftes Liebesspiel am Morgen von seinem geliebten blauäugigen Schönling abgebrochen wurde.

Besagter machte die Leute außerhalb auf sie aufmerksam durch zu rufen und innerhalb weniger Minuten waren sie wieder frei und konnten die frische – eiskalte – Morgenluft schnuppern. Zufrieden streckte Ken seine Glieder, während sein Kollege Tanemura hibbelig um ihn herum hopste.

„Ich hab mir schon Sorgen gemacht! Wenn du Inoue-san schon nicht Bescheid geben wolltest, hättest du doch wenigstens mich informieren können und du hättest die Nacht nicht im Auto eingesperrt bleiben müssen!“ jammerte Tanemura Ken voll, bis er von ihm zum Stehenbleiben gezwungen wurde, indem Ken ihn an den Schultern packte und festhielt, während er ihn bestimmt ansah.

„Jetzt beruhige dich doch endlich, Misaki. – Ich habe eben nicht daran gedacht, dass du heute Nachtschicht hattest und außerdem war ich doch nicht allen.“ Entschuldigend lächelte er den Dunkelblonden an. Manchmal war es wirklich nicht einfach mit Tanemura, aber Ken hatte es doch schnell gelernt, wie man ihn ruhig stellte, schließlich hatte er bereits als er ihn kennengelernt hatte Erfahrung mit überdrehten Personen. Die Person, an die Ken gerade dachte stand mit verschränkten Armen vor der Brust ein paar Meter hinter ihm und sah beleidigt zur Seite.

Irgendwo war Daisuke schon froh darüber nicht länger eingesperrt zu sein, doch ein bis zwei Stunden hätte er schon noch gerne mit Ken allein im Auto verbracht. Insbesondere, wenn er bedachte was sie gerade wieder im Begriff gewesen waren zu tun. Deprimiert richtete er seinen Blick auf das Auto, welches von zwei Männern freigeschaufelt wurde, die er nicht kannte. ‚Wohl wieder Kollegen von ihm.‘ So angeregt wie die beiden sich unterhielten, machte es auf ihn den Anschein, als stünden sie sich näher, als wären die beiden dort mindestens die besten Freunde. Doch plötzlich, für einen kurzen Moment, glaubte er Ken und sich dort drüben zu sehen, jedoch ein paar Jahre jünger als sie es heute waren. Fröhlich lachend und scherzend, völlig unbeeindruckt von der Eiseskälte sah er sich dort selbst stehen und mit Ken einfach den Moment genießen. Diese Harmonie fesselte seinen Blick und ließ eine angenehme Wärme durch seinen Körper fließen. Allerdings löste sich diese Halluzination schnell wieder auf, denn ein Jaulen erfüllte die Luft, sodass Daisuke es vorzog sich vor Schreck bei Ken zu verstecken.

„Was hast du?“ wollte der Schwarzhaarige wissen und sah verwundert Daisuke an, der sich zitternd an seine Brust drückte und sich zudem in die Ärmel seines Mantels krallte.

„Da war es schon wieder!“ kam es panisch vom gefragten.

Mit hochgezogener Augenbraue überlegte Ken, was der andere denn meinte, bis ein weiteres Jaulen ertönte. „Meinst du das?“ fragte er, nachdem Daisuke ein leises Fiepen losgelassen hatte. Schmunzelnd befreite er sich von ihm und ging auf sein Auto zu.

„Geh da nicht hin! Es wird dich zerfleischen!“ warnte Daisuke theatralisch, doch hörte Ken wie erwartet nicht auf ihn.

Auch Tanemura stand ratlos neben Daisuke und beobachtete stumm das Geschehen.

Als sei es das normalste der Welt schob Ken trotz eines weiteren Jaulens den Schnee mit den Händen unter seinem Auto zur Seite, kniend sah er darunter und schmunzelte wieder. Langsam schob er seinen Arm unter das Auto und holte etwas hervor.

Das konnte sich Daisuke nicht länger mit ansehen. Sich bereits das Schlimmste ausmalend hielt er sich seine Hände vor die Augen und erwartete Todesschreie. Doch nichts dergleichen war zu hören, nur der übliche Lärm des nahen Straßenverkehrs drang an seine Ohren. Als er nach einer Weile die Hände wieder senkte, sah er Ken Grinsend vor sich stehen.

„Und? Willst du dein Monster sehen?“ fragte Ken mit den Händen hinter dem Rücken.

Perplex starrte der Brünette in die strahlenden blauen Augen vor sich. Von ihnen konnte er ablesen, dass es nichts zu befürchten gab, außer vielleicht ein sehr bald folgendes Gefühl der Peinlichkeit.

Noch immer Grinsend gab der Schwarzhaarige Daisuke freie Sicht auf sein Monster und präsentierte es ihm leise kichernd.

„Miau“ machte das Monster in spe und glotzte den Brünetten mit seinen Kulleraugen an.

„Oh ist die süß!“ hörte Daisuke Tanemura neben sich jauchzen.

‚Eine Katze?‘ fragte er sich selbst und verpasste sich eine mentale Ohrfeige für seine Feigheit wegen einer KATZE!

Wie damals

++++Kapitel 23++++

Wie damals
 

„Oh nein! Wir werden die nicht behalten!“

„Und wie wir das werden.“

„Klar, eine Katze willst du halten, aber als ich dich angebettelt habe, ob wir uns einen Collie anschaffen wollen, hast du dich stur gestellt und es verboten.“ Eingeschnappt blähte Miyako ihre Backen auf. Es war mal wieder zum Haare raufen. Sie stand hier in der häuslichen Küche seit einer halben Stunde und stritt sich mit Ken darüber, was nun mit der Katze, Daisukes Monster, passieren soll.

„Du weißt ganz genau, dass ein Hund wesentlich mehr Arbeit macht, als eine Katze. Zumal du sicher schnell das Interesse verloren hättest und das Gassi gehen somit an mir hängen geblieben wäre.“ konterte Ken in aller Ruhe und trank einen Schluck seines warmen Tees.

„Das hätte ich nicht! – Pah! Wenn du eine Katze hast, will ich meinen Colli!“ forderte die junge Frau aufgebracht und schlug mit der Faust zur Untermalung auf den Küchentisch.

„Bitte, kauf dir doch einen. – Aber wenn du schon dabei bist, verwende dafür bitte dein eigenes Geld und miete dir auch gleich dabei deine eigene Wohnung – in meiner Wohnung wird kein Hund gehalten.“

Gereizt knurrte Miyako. „Jetzt fängst du schon wieder mit dein und mein an! Ich dachte wir leben zusammen!“

„Notgedrungen. Aber es wäre zur Abwechslung auch mal nett, wenn ich nicht ständig alle Rechnungen bezahlen müsste. – Außerdem schuldest du mir noch Geld.“ Wie die Unschuld in Person lächelte Ken sie an. Miyako konnte sagen was sie wollte, er würde sich nicht von ihr überreden lassen, schließlich war die Katze bestenfalls ein halbes Jahr alt und bei der eisigen Kälte draußen wäre ihre Überlebenschance äußerst gering, sodass er es niemals mit seinem Gewissen vereinbaren könnte, dieses arme Tier wissentlich einem Kältetod auszusetzen. Wenn er allein an die Heimfahrt dachte, wie sich das kleine Kätzchen schnurrend an ihn geschmiegt hatte, sich friedlich zusammengerollt auf seinen Schoß gelegt und geschlafen hatte… Und erst das weiche, grau getigerte Fell und die weißen Pfoten dazu. Ken war froh, dass Daisuke gefahren war und er sich so mit der kleinen Katze beschäftigen hatte können, die inzwischen von Noriko im Wohnzimmer durch geknuddelt wurde.

Böse funkelte Miyako den Schwarzhaarigen an, ehe sie ihm eingeschnappt den Rücken zuwandte und die Küche verließ.

Sich Zeit lassend trank Ken nun auch den letzten Schluck aus seiner Tasse, erhob sich, stellte sie in die Spüle und folgte Miyako, die, wie er sich schon gedacht hatte, im Wohnzimmer neben Noriko hockte und sie versuchte für ihre Zwecke zu missbrauchen. Zu seiner Zufriedenheit aber war seine Tochter voll und ganz auf seiner Seite und ließ sich die Katze nicht abnehmen und drückte sie beschützend an sich. „Gib es auf und finde dich damit ab.“

Jammernd stand Miyako auf. „Menno… Das ist so unfair!“ Mit hängendem Kopf ging sie an Ken vorbei.

„Wo willst du hin?“ Fragend sah er ihr hinterher, wie sie in den Flur ging.

„Einkaufen. Ich brauche noch frische Zutaten für das Mittagessen.“

‚Stimmt ja… Heute ist Sonntag und sie ist mit kochen dran… Mir wäre es lieber, wenn Dai kochen würde, denn in diesem Zustand hat sie noch nie etwas halbwegs genießbares zustande gebracht.‘ Leicht angewidert von dem Gedanken an das ihm bevorstehende Essen schüttelte es ihn.

Gerade als die Wohnungstür ins Schloss fiel, kam Daisuke noch mit nassen Haaren aus dem Badezimmer. Das Handtuch lässig um den Hals hängend gesellte er sich zu Ken und Noriko. Zu seinem Bedauern musste er feststellen, dass die Katze noch da war und demnach Miyako den Streit verloren hatte. – Dabei war er zum ersten Mal in seinem Leben auf ihrer Seite und das auch noch gleichzeitig gegen Ken… Letzterer sah ihn kurz an, als er sich neben ihm auf der Couch niederließ.

„Du solltest dir deine Haare abtrocknen, denn sonst wirst du noch krank.“

„Ach, von dem bisschen doch nicht. Hier ist es doch warm.“

„Du vergisst aber, dass wir die ganze Nacht über in der Kälte gewesen waren und unsere Körper sich davon noch erholen müssen.“ predigte Ken weiter.

„Und was ist mit dir?“

„Was soll mit mir sein?“ Stirnrunzelnd musterte der Blauäugige den anderen.

„Das weißt du ganz genau. Glaube ja nicht, dass ich das von letzter Nacht vergessen habe, nur wegen der Sache auf dem Beifahrersitz.“ Entspannt lehnte sich Daisuke zurück und schloss seine Augen. Er war noch zu geschafft von der vergangenen Nacht und wollte einfach nur ein Wenig schlafen.

„Mir geht es gut…“ antwortete Ken und wandte seinen Blick wieder ab.
 

Bereits am gleichen, etwas späteren Abend, musste Daisuke zum wiederholen Male heftig niesen. Er fühlte sich wirklich nicht besonders gut und nicht nur, dass seine Nase triefte, sein Hals kratzte ihn auch noch. ‚Verdammt! Warum muss Ken auch immer Rechtbehalten?‘ Er saß gerade alleine auf der Couch und schaute sich einen Film im Fernsehen an, während er darauf wartete, dass Ken aus dem Badezimmer kam. Er war froh, dass Miyako nun auch endlich ins Bett gegangen war, denn sie musste ja morgen wieder früh raus – im Gegensatz zu ihm und Ken. – Allerdings war er sich sicher, dass er sie viel eher vertrieben hatte, denn mit seinem Niesen hatte er sie vor wenigen Minuten einmal nur knapp verfehlt, da sie sich im letzten Moment mit einer Decke hatte schützen können. Darauf war sie angewidert von dannen gezogen.

Sich ausgiebig streckend schlich sich die kleine Katze um das Sofa und mit einem Sprung war sie ohne Probleme auch schon auf der Couch und nährte sich Daisuke weiter, der sie nach kurzem Bedenken streichelte.

„Von wo kommst du denn?“ fragte er das schnurrende Fellknäul, welches glücklich über die Streicheleinheiten sich Männchen machend auf die Hinterbeine stellte. ‚Eigentlich ist sie schon ganz süß…‘ musste Daisuke sich eingestehen und nahm sie auf die Arme. Eine Weile lang streichelte und kraulte er die Katze, bis er hörte, dass Ken aus dem Badezimmer kam und sich kurze Zeit später neben ihm auf das Sofa setzte.

Kaum, dass Ken gesessen hatte, wollte die Katze auch schon zu ihm und befreite sich, um gleich bei Ken zu stupsen.

„War ja klar…“

„Hm?“ fragend sah Ken Daisuke an, der mit verschränkten Armen einen eingeschnappten Eindruck auf ihn machte.

„Na, dass das Vieh sofort zu dir kommt.“

„Jetzt hab dich doch nicht so. Das ist normal bei Katzen. – Nicht wahr, Yuki-chan?“ bei dieser Frage hob er das Kätzchen hoch in die Luft, worauf diese miaute.

„Yuki-chan? – Du nennst sie Yuki?“

„Ja. Warum nicht? Wir haben sie immerhin im Schnee gefunden.“ Lächelnd setzte er sie wieder auf seinen Schoß und kraulte sie unter dem Kinn. „Was ist mit deiner Stimme? Hast dich wohl doch erkältet, was?“

„Und wenn schon.“ Mit diesen Worten wollte er eigentlich aufstehen, doch dummer Weise wurde ihm schwindelig und er musste sich gleich wieder hinsetzten, damit er nicht umfiel.

Das war dem Schwarzhaarigen nicht entgangen, sodass er den Brünetten besorgt ansah. Nach einem weiteren gescheiterten Versuch seines Freundes aufzustehen, setzte Ken Yuki neben sich und zwang Daisuke ihn anzusehen. „Du siehst gar nicht gut aus.“

„Danke…“ erwiderte der Brünette sarkastisch.

Seufzend schaltete Ken den Fernseher aus und half Daisuke aufzustehen. Endlich stehend fiel ihm der Brünette in die Arme, wodurch er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. „Hättest du mal besser auf mich gehört.“ sagte Ken und rollte mit den Augen. „Komm.“ Und so stützte er Daisuke auch schon beim Gehen auf dem Weg zum Gästezimmer.

Dort angekommen wurde der Brünette aufs Bett gesetzt. Erledigt legte er sich hin und ließ sich von Ken zudecken. „Ken?“

„Was ist?“

„Ich hab Durst…“ nuschelte Daisuke müde in sein Kissen.

„Ich hole dir etwas.“ Und schon war er aus dem Raum verschwunden, nur um zwei bis drei Minuten später mit einem Glas und einer Wasserflasche bewaffnet, sowie einer Tablette, zurückzukommen. „Ich habe dir ein Erkältungsmittel mitgebracht.“ erklärte der Blauäugige.

Daisuke, der gerade am eindösen war, wurde wieder etwas munterer als er hörte, wie Ken ihm das Wasser in das Glas goss. Völlig schlapp richtete er sich etwas auf und nahm ohne Murren die Tablette ein und trank mit einem Zug das Glas aus.

Nachdem Ken ihm das Glas abgenommen und es auf den Nachttisch abgestellt hatte, drückte er Daisuke bestimmt ins Kissen zurück. „So und jetzt schlaf.“

„Kannst du nicht hier bleiben? Angesteckt hab ich dich wenn bestimmt schon.“ scherzte Daisuke müde und hoffte, dass Ken wirklich bei ihm bleiben würde. „Die Couch ist doch total unbequem zum Schlafen.“

„Du weißt, dass Miyako deswegen einen Aufstand machen wird?“

Darauf nickte der Brünette. „Bitte~“

Seufzend gab er sich geschlagen. Was würde es auch bringen, weiter mit Daisuke zu diskutieren, wo er selbst schon müde war? So legte er sich, nachdem er das Licht ausgemacht hatte zu Daisuke ins Bett und wurde von diesem auch gleich in Beschlag genommen indem dieser sich an ihn kuschelte.
 

In Eile sammelte Miyako diverse Kleidungsstücke aus der Wäschetonne, um sie in die Waschmaschine stopfen zu können. Es war nun schon kurz nach sieben Uhr in der Frühe und sie somit ziemlich spät dran, doch das wollte sie noch schnell erledigen, ehe sie sich auf den Weg machte, um ihre Tochter wegzubringen und anschließend zur Uni zulaufen. Seufzend stellte sie wieder einmal fest, dass sie wieder Motomiyas Wäsche mit waschen werden müsse. Aber was sollte sie auch sonst tun… Es gefiel ihr nicht besonders, dass ausgerechnet der sich hier eingenistet hatte, aber immerhin gab es da den Lichtblick, dass er bald wieder in die Staaten zurückkehren wird – zumindest glaubte sie das bislang noch, auch wenn ihr ab und zu Zweifel kamen. ‚Der Kerl ist jetzt schon eine halbe Ewigkeit hier… kann der sich nicht endlich verdrücken?‘

Stöhnend entleerte sie eine weitere Hosentasche von Daisukes Hose und dachte, dass sie wieder ein vollgerotztes Taschentuch finden würde, doch stattdessen war es eine zusammengefaltete Seite einer Zeitung. Interessiert breitete sie sie auseinander und entdeckte markierte Anzeigen. „Wohnungsanzeigen? Und auch noch Jobs?“ verwirrt besah sie sich beide Seiten und kam zu ihrem bedauern zum gleichen Ergebnis. ‚Der wird doch hoffentlich nicht in Japan bleiben wollen…! – Na warte!!‘ aufgebracht stopfte Miyako die Hose in die Maschine, richtete ihre Brille und stampfte zum Gästezimmer, mit dem Ziel, den Brünetten anzuschreien. Doch als sie vorm Badezimmer auf dem Flur stand, wunderte sie sich, dass sie ihren Ken noch nicht zu Gesicht bekommen hatte und schlug so eine andere Richtung ein. ‚Er ist doch sonst auch immer wach um diese Zeit und trinkt seinen Tee…‘ Etwas leiser als zuvor nährte sie sich der Couch und fand den Schwarzhaarigen nicht auf dieser liegend, wie sie bis eben noch angenommen hatte.

Nur die Katze lag zusammengerollt auf der Couch.

„Komisch… - Vielleicht weiß der Depp ja wo er ist…“ Und aufs Neue machte sie sich auf den Weg zum Brünetten. Das ursprüngliche Vorhaben verschob sie bis auf weiteres und öffnete leise die Tür des Gästezimmers. Wie erwartet war es noch abgedunkelt hier drinnen und Daisuke schlief noch im Bett. Gerade, als sie ihn wecken wollte, musste sie mit Entsetzen feststellen, dass ihr geliebter Ken ebenfalls in diesem Bett schlief. Und als ob das schon nicht reichen würde, waren die beiden da vor ihren Augen aneinander gekuschelt! Unfähig etwas zu sagen, geschweige denn etwas zu tun stand Miyako nur da und starrte entgeistert auf die beiden. Es schien ihr gerade so, als würde ihre gesamte Welt vor ihr in Trümmern zusammenfallen.

„Mama? Was hast du?“ fragte Noriko und zupfte am Hosenbein ihrer Mutter.

Wann ihre Tochter zu ihr gekommen war, hatte Miyako schon gar nicht mehr mitbekommen, doch so langsam fasste sie sich wieder. „N…Nichts. Komm, wir müssen los.“ War denn die ganze Welt gegen sie? ‚Der Typ verpisst sich und jetzt, wo er wieder da ist, macht Ken einfach da weiter mit dem, wo sie aufgehört hatten? – Was soll das?!‘
 

Den ganzen Tag über musste sie an das Geschehen vom Morgen denken. Es wollte einfach nicht aus ihren Kopf, als hätte es sich dort tief eingebrannt. – Was ist, wenn Motomiya wirklich in Japan bleiben wollte, wenn Ken sie dann wirklich verlassen würde? – Miyako wusste nicht mehr weiter. Sie gönnte Ken zwar sein Glück, aber warum musste es immer bedeuten, dass sie dann unglücklich sein musste?

Aber war sie denn in den vergangenen Jahren jemals so richtig glücklich gewesen? Sie hatte zwar gewisser Maßen den Kampf um Ken mit unfairen Mitteln – unbeabsichtigt – gewonnen gehabt, aber es hat nie einen Moment gegeben, in den er ihre Gefühle erwidert gehabt hatte. Es war viel er so, dass er sich mehr und mehr ihr gegenüber verschlossen hatte, sie immer auf Distanz hielt.

Niedergeschlagen ließ Miyako die Schultern hängen. ‚Vielleicht ist es doch besser so… vielleicht sollte ich ihn in Ruhe lassen und mir jemanden suchen, der meine Gefühle erwidert.‘ Wenn das so einfach wäre. Deprimiert schlenderte sie durch die überfüllten Straßen Tokios auf dem Weg nach Hause. ‚Am besten, ich finde mich eben damit ab, dass Ken wieder mit ihm zusammen kommt – wenn das nur nicht so schwer wäre…‘

Irgendwann stand sie dann im Hausflur und schritt nach kurzen bedenken auf ihre und Kens Wohnung zu. Bereits von draußen konnte sie hören, dass im Inneren der Wohnung jemand nieste. Sich nichts weiter dabei denkend schloss sie die Wohnungstür auf und trat ein. „Bin wieder da.“ Verkündete Miyako halblaut, hängte ihre Jacke auf, zog anschließend die Schuhe aus und ging weiter zum Wohnzimmer, wo sie die beiden Männer und ihre Tochter vermutete.

Erneut nieste jemand.

„Mensch, kannst du dich nicht wenigstens wegdrehen, wenn du dir schon nicht dein Taschentuch vorhalten kannst?“

Hatte Miyako sich eben verhört, oder hörte sich Kens Stimme kratzig und verschnupft an? Als sie das Wohnzimmer betrat besah sie sich Daisuke und Ken kurz ehe sie sich ihnen weiter nährte. „Hey, was ist denn mit euch los?“

„Das siehst du doch.“ antwortete Ken ihr und zog sich die Decke, in der er sich eingemummelt hatte, enger.

Daisuke hingegen schwieg.

„Tz, die Nacht im Auto war wohl doch nicht so folgenlos an euch vorbeigegangen, was?“ schadensfroh grinste sie die beiden an, insbesondere Daisuke, da dieser sie für diese Bemerkung böse anfunkelte. „Wo ist denn Noriko?“

„Sie spielt in ihrem Zimmer mit Yuki.“

„Hm? – Wer ist Yuki?“

„Die Ka-ha-tze!“ nieste Ken zur Antwort und griff auch gleich nach dem nächsten Taschentuch aus der Box vor sich vom Tisch.

„Entschuldigt die Frage, aber wenn ihr beide so krank seid, wer hat denn Noriko abgeholt?“ fragte Miyako skeptisch und zweifelte besonders stark daran, dass ausgerechnet der Brünette heute auch nur einen Fuß vor die Tür gesetzt hatte.

„Ich. Dai fühlt sich schon seit gestern nicht so gut und bei mir hat es erst vor ein paar Stunden angefangen.“ krächzte der Schwarzhaarige bevor er husten musste.

Darauf musste Miyako nur den Kopf schütteln. „So, genug. Ihr beide bewegt euch mal schön brav ins Bett und ruht euch aus.“ Und so packte sie beide an den Armen und dirigierte sie zusammen ins Gästezimmer. Ken wollte schon protestieren, doch Miyako flüsterte ihm „Ich weiß schon Bescheid.“ zu.

Erstaunt weiteten sich seine Augen. – Hatte er da eben richtig gehört? – Sie wusste Bescheid und blieb dennoch so ruhig?
 

Zum Abend hin bekam Daisuke Fieber, sodass Ken neben ihm liegend kein Auge zubekam. Er machte sich zu große Sorgen. ‚Hoffentlich wird es nicht noch schlimmer…‘ Erschöpft drehte er sich auf die Seite um seinen Freund besser ansehen zu können. ‚Warum nur wirken die Medikamente bei ihm nicht…? Mir geht es vergleichsweise bestens… Miyako meinte, dass sie Jou anrufen will, wenn es Dai nicht bald besser geht. Hoffentlich wird das nicht nötig werden… - Es ist schon fast wie damals… nur dieses Mal hat er mich angesteckt.‘ Ein kleines Lächeln breitete sich auf Kens Lippen aus. Ja damals in jenem Sommer, als alles angefangen hatte, da war die Welt noch in Ordnung für ihn gewesen. Vorsichtig streckte er seine Hand aus und legte sie auf Daisukes Brustkorb. Das Herz des Brünetten pochte kräftig unter seiner Hand, der Herzschlag jedoch war zu seiner Erleichterung glücklicherweise im normalen Bereich. Leise richtete er sich etwas auf und stützte sich über den Brünetten, um ihm ins Gesicht sehen zu können. ‚Wenn ich dir doch alles sagen könnte… dann wäre es sicher erträglicher… Aber ich will dich da nicht mit hineinziehen.‘ Zärtlich strich er die vom Schweiß durchnässten wirren Haarsträhnen Daisuke aus dem Gesicht. Langsam senkte er seinen Kopf und kam mit seinen Lippen den Daisukes näher. ‚Wenn es nur so einfach wäre, wenn es damit möglich wäre, es ungeschehen zu machen.‘ Hauchzart küsste er ihn. Vorsichtig kuschelte er sich schnell an den warmen Körper und schloss die Augen.

Unsanft wurde Ken mitten in der Nacht geweckt, sodass er sich schmerzend den Kopf halten musste und nun rätselte, was ihm da eben gegen diesen geknallt war. Im Dunkeln konnte er allerdings nicht so recht ausmachen, was das gewesen sein könnte. Also legte er sich Schultern zuckend wieder hin. Doch als er dann am nächsten Morgen wieder aufwachte, wunderte er sich darüber, dass etwas oder besser gesagt jemand schwer auf ihm lag und überflüssigerweise sein Shirt voll sabberte. ‚Ich kann mich zwar nicht entsinnen, dass ich mich auf den Rücken gelegt hatte, aber ist ja auch egal. – Hm, und jetzt? Ihn bekomme ich bestimmt nicht so leicht von mir runter…‘

Friedlich schnarchte Daisuke vor sich hin, ließ sich nicht von den Befreiungsversuchen seines Freundes unter sich wecken, krallte sich sogar deswegen erstrecht in dessen Shirt.

‚Dann eben nicht.‘ dachte sich Ken leicht beleidigt. ‚Er ist ja schlimmer als seine Nichte. Die hatte sich damals auch nicht von mir trennen wollen… - Warum hatte ich mich auch damals dazu überreden lassen, auf sie aufzupassen? – Klar, Dai sollte man besser nicht mit Kleinkindern und Babys alleine lassen, aber Jun hätte sicher auch einen anderen Babysitter gefunden.‘
 

»Flashback«
 

Hämisch grinste Jun ihren Bruder an. „Jetzt bist du auch noch vom anderen Ufer. – Man, und da fängst du dir auch noch einen so süßen~“

Rot im Gesicht schaute Ken vor sich auf den Boden. ‚Gott, ist das peinlich! Hätte sie nicht später kommen können? Zum Beispiel, wenn wir miteinander fertig gewesen wären?‘

„Och, sei doch still. Du bist eh nur neidisch!“ konterte Daisuke seiner Schwester und steckte ihr trotzig die Zunge raus.

„Vielleicht. Bei einem so süßen Typen wie Ichijouji-kun wird doch jede schwach. Warum ist das Glück nur immer mit den Dummen?“

„Lass dein scheiß Gelaber und komm zum Punkt: Was willst du?“

„Warum muss ich immer etwas wollen? – Kann ich nicht einfach meinen kleinen Bruder besuchen?“

Zweifelnd sah Daisuke auf das, was seine Schwester in den Armen hielt. „Weil das bis jetzt immer so gewesen war? Erklär mir mal lieber, warum du mit einem Baby durch die Gegend läufst.“

„Ähm, das ist Yukari. Sie ist, tja, wie soll ich sagen…?“

„Sie ist was?“

Seufzend erhob Ken seine Stimme, als er die Hilfe suchenden Blicke Juns auf sich gespürt hatte. „Deine Nichte.“

„Meine Nichte also. – Meine WAS?“ Entsetzt starrte Daisuke den Schwarzhaarigen neben sich an. „Woher weißt du das?“

„Sie hat es mir erzählt.“

„A-aber… Wann?“

„In den letzten Sommerferien…“

„Mache ihm bitte keine Vorwürfe. Ich habe ihn gebeten es für sich zu behalten.“ mischte sich Jun ein, in der Hoffnung so einen Streit unter den Beiden zu verhindern.

„Aber warum hast du es überhaupt verheimlicht? Unsere Eltern werden dir deswegen sicher die Hölle heiß machen!“ wandte sich Daisuke ihr wieder zu.

„Ich weiß… Und genau deswegen bin ich hier.“ Hoffnungsvoll sah sie ihm in die Augen. „Ich brauche deine Hilfe, Nii-chan.“
 

„Toll. Jetzt müssen wir auch noch auf ihre Göre aufpassen und das nur, weil sie keinen anderen Babysitter gefunden hat.“ Gereizt tigerte Daisuke zurück zu Ken ins Wohnzimmer, der das Baby in den Armen hielt und es leicht wiegte.

„Sie ist deine Nichte, Dai-chan. Du kannst sie nicht einfach Göre nennen.“ mahnte Ken und lächelte das kleine Geschöpf in seinen Armen an. „Außerdem ist sie doch ganz süß und so ruhig.“

„Stimmt. Besonders wenn man bedenkt, dass sie Juns Tochter ist.“

„Kannst du sie mal kurz nehmen? Ich muss mal…“

Eigentlich wollte sich Daisuke ja weigern, aber er konnte es seinem Freund ja schlecht verwehren aufs Klo zugehen. „Wenn’s sein muss…“

„Pass auf ihren Kopf auf.“ Vorsichtig legte Ken Yukari in Daisukes Arme und kaum dass er seine wieder weggezogen hatte, fing sie an zu weinen.

Überfordert sah der Brünette Ken an.

„Beruhige sie.“

„Und wie?“

„Wiege sie oder sprich ruhig auf sie ein.“

„Äh, so?“ Doch seine Frage beantwortete sich lautstark von selbst, womit das Wiegen fehlgeschlagen war.

„Du schaffst das schon.“ Im Badezimmer angekommen konnte Ken immer noch das Plärren hören und selbst als er wieder zurückkam, hatte Yukari nicht aufgehört.

Verzweifelt blickte Daisuke seinen Freund an. „Sie hört einfach nicht auf.“

„Okay, dann lass mich es mal versuchen.“ Und kaum, dass er sie wieder auf den Armen hatte, war sie wieder still. Ein leiser Verdacht beschlich ihn, sodass er sie wieder an Daisuke drückte und sie wie erwartet erneut zu plärren anfing.

„Hä? Was hat die denn?“

Sich räuspernd nahm Ken sie Kleine wieder an sich, wodurch wieder Stille einkehrte. „Ich fürchte du bist ihr zu unruhig.“ drückte er seinen Verdacht vorsichtig aus, worauf Daisuke einen Moment überlegte.

„Die kann mich nicht ab! – Sag doch gleich, dass die mich nicht leiden kann!“ empörte sich der Brünette und drehte sich mit den Rücken zu Ken.

Verlegen lächelte der Schwarzhaarige. „Nimm das doch nicht so ernst. Das ist sicher nur eine Phase.“

„Klasse. Meine eigene Nichte kann mich nicht leiden.“ knirschte Daisuke beleidigt.
 

»Flashback End«
 

‚Und auch als sie älter war hat sie mich wohl auch mehr gemocht als ihn… Aber immerhin hat sich das Heulen dann doch eingestellt. Und jedes Mal, wenn wir auf sie hatten aufpassen müssen, wollte sie mich nicht mehr loslassen.‘

Hinzu kam dann auch noch, dass durch dieses Klammern Daisuke gewaltig Eifersüchtig geworden war, wodurch geradezu ein Krieg zwischen ihm und Yukari ausgebrochen war. Dieser hatte erst ein Ende gefunden, als sie angefangen hatte zu sprechen und Daisuke ihr so einige Methoden gelehrt hat, wie sie Jun am besten auf die Nerven gehen kann, um zu bekommen was sie wollte.

Unter einem Stöhnen erwachte der Brünette aus seinen Schlaf, richtete sich etwas auf, wischte sich den Sabber mit dem Handrücken vom Gesicht und glotzte Ken mit schlaftrunkenen Augen an.

Bei diesem Anblick konnte sich dieser allerdings ein Lachen nicht mehr verkneifen und erntete verständnislose Blicke.

Die Wahrheit

++++Kapitel 24++++

Die Wahrheit
 

Weitere Tage verstrichen, in denen sich die beiden wieder schrittweise von ihrer Erkältung erholt hatten und nun stand Ken sein erster Arbeitstag bevor. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend verließ er am frühen Morgen die Wohnung, ohne einen seiner drei Mitbewohner dabei geweckt zu haben. Am liebsten hätte er noch ein wenig länger Krank gefeiert, aber früher oder später musste er ja wieder arbeiten gehen. Seufzend betrat er den Fahrstuhl. ‚Na ja, was soll’s.‘

Zur gleichen Zeit drehte sich Daisuke im Bett auf die andere Seite und bemerkte, dass die andere Betthälfte inzwischen leer war. Verschlafen rieb er seine Augen und besah sich einen Moment lang die leere Seite. Er wusste nicht genau warum, aber irgendwie bekam er just in diesem Augenblick ein ungutes Gefühl, als würde heute etwas Einschneidendes geschehen.

So unrecht hatte er damit auch nicht, denn als Ken am späten Nachmittag wieder nach Hause kam, wirkte dieser kaputter denn je.

Da Miyako aber mit ihrer Tochter zu Hikari und Takeru gegangen war, war nur Daisuke da und dieser konnte seinen Augen kaum trauen, als er in das müde Gesicht Kens sah, das sogar eine Spur blasser war, als es das ohnehin schon war. „Ken, was hast du? Geht’s dir nicht gut?“ besorgt ging er einige Schritte auf den Schwarzhaarigen zu, der ihn wiederum nur ausdruckslos anschaute.

„Mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung… Es war nur ein harter Tag gewesen.“ Sehr schwach lächelte Ken den Brünetten an, ehe er an ihm vorbei schritt um ins Badezimmer zu gelangen.

Misstrauisch sah Daisuke ihm hinterher. So recht konnte er das nicht glauben, aber er wusste, dass Ken ihm heute sicher keine wahrheitsgetreue Antwort geben würde. Das Rauschen von Wasser drang an seine Ohren und ließ ihn noch misstrauischer werden. ‚Er hat es ja ganz schön eilig…‘ Wieder im Wohnzimmer angekommen setzte er sich und versuchte aus allem, was sich in den vergangenen Wochen hier passiert war, schlau zu werden. ‚Erst klappt er am Tag meiner Anreise zusammen, dann dieser Albtraum – an den er sich angeblich nicht erinnern kann – und dann diese Sache mit seinem rauchendem Kollegen und den darauf folgendem Sex im Auto neulich und jetzt kommt er halbtot von der Arbeit. – Okay, das kann auch andere Gründe haben. ABER da stimmt definitiv etwas nicht mit ihm! Ich muss herausfinden was es ist. – Nur wie?‘ Ihn darauf ansprechen wäre sinnlos. Er kannte den Schwarzhaarigen einfach zu gut, um davon ausgehen zu können, dass er dann auch die Wahrheit sagen würde.
 

Derweil war Ken wirklich nach Heulen zumute. Aber er konnte es nicht. Wenn er das tun würde, würde Daisuke etwas bemerken und genau das wollte er nicht. Da stand er jetzt lieber unter der Dusche und schruppte sich wie ein Bekloppter. Inzwischen hatte er sich an einigen Stellen wund geschruppt, aber aufhören konnte und wollte er noch nicht. Egal, wie sehr es schmerzte. Dieser Schmerz war tausendmal besser als der, den er empfinden würde, wenn er sich wie in der Anfangszeit zusammengekauert ins Bett gelegt hatte.

Besonders heute hatte er es als schlimm empfunden. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass das letzte Mal so lange her gewesen war und er sich gewissermaßen an eine andere Lebenssituation gewöhnt hatte. Seufzend legte er den Schwamm weg und ließ nur noch das heiße Wasser auf sich niederprasseln. ‚Was mach ich mir hier eigentlich wieder für Gedanken? Solange er sich meiner nicht überdrüssig wird, werde ich nie meine Ruhe haben.‘

Nach einigen weiteren Minuten trat Ken aus der Dusche raus und begann sich abzutrocknen.

„Ken? Bist du fertig?“ wollte Daisuke von der anderen Seite der Badezimmertür wissen.

„Wieso?“

„Ich wollte anfangen mit dem Kochen und wissen, ob du schon gegessen hast.“

Eigentlich hatte er ja nichts gegessen, den ganzen Tag schon nicht, aber so richtig Appetit hatte er nun auch wieder nicht. Andererseits wollte er Daisuke nicht noch misstrauischer machen, als es dieser ohnehin schon war. „Nein hab ich nicht.“ antwortete er zögerlich und hoffte, dass man das nicht herausgehört hatte.
 

Voller Schmerz krallte sich Ken in den Schreibtisch und unterdrückte einen Schmerzenslaut. ‚Gleich ist es vorbei. Gleich ist es vorbei!‘ rief er sich in Gedanken zu, versuchte diese widerwärtigen rauen und zugleich kalten Hände an seinem Körper auszublenden, die ihn fest an der Hüfte gepackt hielten und kein Entkommen zuließen. Er war nur heilfroh, dass er dieses Mal nicht in das Gesicht seines Peinigers blicken musste, lediglich dessen Stöhnen und Keuchen in den Ohren hatte.

Warum nur musste es ausgerechnet ihn treffen? Hatte er nicht schon genug durchmachen müssen? Hatte er denn kein Glück verdient?
 

„Man, seit wann ist Ken denn nur so vergesslich? Jetzt muss ich ihm auch noch sein Zeug zur Arbeit schleppen. Hoffentlich ist er auch auf dem Revier und nicht unterwegs.“ murmelte Daisuke verärgert vor sich hin, machte sich bei dem kalten Wind und dem Schneefall warme Gedanken. Wenigstens wusste er inzwischen, wo sein Freund arbeitete und musste sich nicht durch das Ausquetschen der anderen bis zu ihm quälen.

Aus der Ferne konnte er bereits das gesuchte Gebäude sehen und beschleunigte seine Schritte etwas. ‚Ob seine Vergesslichkeit heute vielleicht etwas mit letzter Woche zu tun hat? Ich glaub, er hätte besser noch eine Weile zuhause bleiben sollen, so wie ihn bereits der erste Arbeitstag fertig gemacht hatte. Gerade mal Kuscheln war da drin gewesen… dabei hatte ich wirklich Lust gehabt. Und seit drei Tagen scheint er nicht mehr genug zu bekommen…‘ Drinnen angekommen fegte er sich den Schnee von den Schultern und ging anschließend weiter. ‚Hm, wo war sein Büro noch mal?‘ Im Gegensatz zum letzten Mal, als er hier gewesen war, waren die Gänge erstaunlich leer.

„Motomiya?“

Verwundert drehte sich der gerufene um. „Ah, Takeshi-san.“ stellte Daisuke erleichtert fest. – Immerhin ein bekanntes Gesicht.

„Was treibt Sie denn hierher?“

„Ich wollte Ken nur etwas vorbeibringen.“

„Soso… Da hat Sie wohl Tanemura angerufen, was?“

Bejahend nickte Daisuke.

„Ichijouji müsste im Büro sein. – Finden Sie alleine hin?“

„Äh, ich hoff doch.“ sagte er unsicher.

Freundlich lächelte der ältere Mann ihn an. „Sie müssen jetzt nur noch eine Etage höher und dann die dritte Tür rechts.“

„Ah, danke.“ Höflich verbeugte er sich. Der ältere schien wirklich so etwas wie Gedanken lesen zu können.

„Keine Ursache. Er wird sich sicher freuen über Ihren Besuch.“

Leicht lächelte Daisuke darauf zurück. ‚Ob freuen das richtige Wort ist?’

„Takeshi-san, könnten Sie mal bitte kommen?“ fragte jemand aus einem der ganzen Räume hier den älteren.

„Natürlich. – Sie kommen alleine zurecht?“ Doch etwas unsicher sah der ältere den jüngeren vor sich an. Er hatte schließlich schon allerlei Geschichten über Motomiya gehört.

„Ja.“

„Dann bis zum nächsten Mal.“ verabschiedete sich Takeshi dann doch und verschwand in einem der Büros.

‚Und weiter geht’s.‘ Etwas beruhigter ging er weiter und fand für seine Verhältnisse erstaunlich leicht das Büro Kens. Einmal klopfte er, ehe er die Tür öffnete und eintrat. Doch das, was er da gerade sah, entsetzte ihn zutiefst.
 

Unter einem kräftigeren Stöhnen kam Kens Peiniger in ihm, jedoch ließ dieser nicht wie sonst sofort von ihm ab.

Noch außer Atem und erschöpft hob Ken den Kopf und sah auf. Verschwommen konnte er die Umrisse eines Mannes an der Tür ausmachen, die er zunächst für Einbildung hielt. Doch umso mehr sich sein Blick klärte, umso deutlicher wurden die Umrisse und ließen ihn stocken. ‚Nein!‘

Unfähig sich zu regen starrten sich die beiden an, bis sich der Mann aus Ken dann doch entfernte und der Schwarzhaarige dann schmerzend das Gesicht verzog.

Als Ken wieder zu Daisuke schaute, ging dieser einen Schritt zurück. „Wa… Warum?“ war alles, was Daisuke herausbrachte, musste gegen die aufkommenden Tränen ankämpfen.

„Es… es ist nicht so wie es aussieht!“ versuchte Ken mit kratziger Stimme sich zu verteidigen, jedoch ohne Erfolg, denn kaum dass er das ausgesprochen hatte, rannte sein Freund weg. Alles ignorierend zog sich Ken die Hose wieder hoch und sah zu, dass er ihm hinterher kam. Beim hinterher rennen zog er sich den Gürtel zu und versuchte zumindest ein paar Knöpfe seines Hemdes zuzubekommen. „Dai! Warte!“ Er wusste nicht woher er plötzlich diese Kraft nahm ihm hinterher zu rennen, aber es war ihm momentan auch egal. Er musste Daisuke einholen. Er musste es sofort klären. Es fiel ihm noch nicht einmal auf, dass man ihn nicht versuchte aufzuhalten.

Die Schritte des Brünetten verlangsamten sich bis er zum Stehen kam.

Völlig außer Atem erreichte Ken ihn. „Bitte glaub mir, es ist wirklich nicht so wie du denkst.“

„Wie ist es denn dann?“ fragte Daisuke verletzt und drehte sich zum Schwarzhaarigen um, sah ihn mit Tränen in den Augen an.

Schwankend kam Ken auf ihn zu und konnte selbst jetzt seinen Atem nicht unter Kontrolle bringen. Er wollte ihm ja antworten, doch alles drehte sich vor seinen Augen und seine Kehle fühlte sich so an, als würde sie sich zuschnüren. Als sie nicht einmal mehr ein Meter voneinander trennte, wurde ihm schwarz vor Augen und er fiel Daisuke in die Arme.

Erschrocken konnte Daisuke ihn gerade so noch auffangen und ging mit ihm in den Armen in die Knie. „Ken! Was hast du? Ken!“ panisch schüttelte Daisuke ihn, versuchte ihn zu einer Reaktion zu bewegen, doch auch weiterhin blieb der Schwarzhaarige bewusstlos.

Durch Daisukes Rufe kamen immer mehr Leute auf den Flur, die zunächst nur gebannt auf die beiden schauten. Die sich bildende Menschenschar wurde nun auch von Takeshi und Tanemura durchstreift, die eher verwundert diesen Auflauf beäugten. Erst als sie ins Zentrum gelangt waren verstanden sie das Warum.

„Oh Gott!“ besorgt eilte Tanemura zu Daisuke und Ken. „Was ist passiert?“

„Das ist jetzt egal. Wir sollten lieber einen Krankenwagen rufen.“ mischte sich Takeshi ein, noch ehe Daisuke auch nur zu einer Antwort ansetzen hätte können.
 

Ungeduldig biss sich Daisuke auf die Unterlippe. ‚Jetzt ist er schon seit Ewigkeiten da drin und noch keiner der Ärzte, die hier rein und raus rennen, verliert auch nur ein Wort über seinen Zustand!‘

„Beruhigen Sie sich. Er wird es schon überleben.“

„Das weiß ich auch. Aber was ist denn so schwer daran einfach nur ein Wort über seinen Zustand an uns zu verlieren?“

Verständnisvoll legte Takeshi seine Hand auf Daisuke Schulter. „Er hat Ihnen wohl nicht erzählt, was ihm fehlt, oder?“

„Hm? Wovon sprechen Sie? Meinen Sie seine Krankheit? – Ich weiß nichts Genaueres darüber. Immer wenn ich ihn danach gefragt habe, meinte er dass es mich nichts anginge.“

„Da ist er aber ein ganz schön großes Risiko eingegangen. – Oder hat er Inoue-san doch etwas erzählt?“

„Nicht dass ich wüsste. Aber was meinen Sie mit Risiko?“

Einen Moment sah der Ältere Daisuke an, überlegte kurz, ehe er seufzend weiter sprach. „Er leidet am Burnout-Syndrom.“

Geschockt starrte Daisuke ihn an. Er hatte als er in den Staaten gewesen war durch einen seiner Stammkunden davon gehört und jetzt im Nachhinein könnte er sich ohrfeigen, dass er die Symptome bei seinem blauäugigen Freund nicht bemerkt hatte.

„Anscheinend war die Arbeit doch zu anstrengend für ihn geworden und er ist deswegen zusammengebrochen.“

„Äh, so ganz stimmt das nicht.“ Traurig sah Daisuke zur Seite. Das war vielleicht zum Teil der Grund für Kens Zusammenbruch, aber diese andere Sache war zumindest dieses Mal der Hauptauslöser.

„Wie meinen Sie das?“

Gerade in diesem Augenblick trat ein Arzt, etwa ende zwanzig, auf die Beiden zu und ersparte Daisuke so vorerst eine Antwort zu geben. Sich räuspernd zog der Mann im weißen Kittel die Aufmerksamkeit auf sich.

„Wie geht es ihm?“ fuhr Daisuke den Arzt unverblümt an, nachdem er aufgesprungen war.

„Den Umständen entsprechend gut.“

Erleichtert atmeten Takeshi und Daisuke synchron auf.

„Wer von Ihnen ist Motomiya Daisuke?“

Eine Augenbraue hebend sah der Brünette den Arzt an. „Ich. Wieso?“

„Ich habe noch etwas mit Ihnen unter vier Augen zu besprechen. – Wenn Sie mir bitte folgen.“

„Mmh, ok.“ Sich wundernd, was man ihm denn so wichtiges sagen wolle, trottete er dem Arzt hinterher, bis sie irgendwann in ein leeres Krankenzimmer gingen und der Arzt hinter Daisuke die Tür schloss.

„Er, Ichijouji-san, hat erzählt, dass er mit ihnen eine Beziehung führt – stimmt das?“

Nichts verstehend nickte Daisuke wage. ‚Was soll das? Sonst leugnet er es doch auch immer…‘

„Gut. Nach einigen Untersuchungen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass sein Zusammenbruch im Zusammenhang steht mit –“

„Wie bitte? Wollen Sie MIR die Schuld jetzt daran geben?!“ entfuhr es dem Brünetten aufgebracht und es war ihm wirklich egal, dass er seinen Gegenüber so respektlos unterbrochen und dieser sich geschockt an die Brust gefasst hatte. Doch schon im nächsten Moment dämmerte es ihm, was Ken mit der Offenbarung ihrer Beziehung bezwecken wollte. ‚Na warte, dafür bist du mir eine Erklärung schuldig!‘ Eingeschnappt verschränkte er die Arme vor der Brust. „… er ist mindestens genauso schuld dran…“ murmelte Daisuke beleidigt, sodass man es noch gut hören konnte.

Nachdem der Arzt den kleinen Schock überwunden hatte, erhob er wieder das Wort. „Wie dem auch sei, seien Sie das nächste Mal beide vorsichtiger. Besonders in dem Hinblick darauf, dass er –“

„Ja ja, am Burnout-Syndrom leidet… schon klar.“

„Wissen Sie, ob er sich an die Anweisungen gehalten hat?“

„Welche meinen Sie?“

„An die, nach denen er sich ausruhen soll, jeden Stress vermeiden und sich auch in psychiatrische Behandlung begeben soll.“

„Auf ersteres kann ich ein definitives Ja antworten. Beim zweiten ist das so eine Sache mit einer gewissen Mitbewohnerin und von drittens weiß ich nichts. – Aber vielleicht hat er auch ohne mir etwas zu sagen einen aufgesucht. Was weiß ich. – War es das jetzt? Kann ich zu ihm?“

„Na gut. Aber nur kurz.“
 

Wenig später betrat Daisuke auch schon das Zimmer Kens, versuchte ruhig zu bleiben und trat an dessen Bett heran. Auf ihn machte es den Anschein, als ob sein Freund schlafen würde, doch als dieser ihn hörte schlug er schwach die Augen auf und sah Daisuke müde an. „Wie fühlst du dich?“

„War schon mal besser.“ antwortete Ken recht leise.

„Warum hast du denen erzählt, dass wir beide miteinander geschlafen haben, bevor du zusammengebrochen bist? Was willst du damit bezwecken?“ wollte Daisuke wissen, denn er konnte nicht länger mit dieser Frage warten. Er musste es wissen. Er musste wissen, warum Ken diesen Typen schützen wollte.

„Tut mir leid… Ich wollte dich da nicht mit hineinziehen, aber ich habe auf die Schnelle keinen anderen Weg gefunden…“

„Warum hast du denen nicht von dem Kerl erzählt?“ Er war verletzt. War der Kerl Ken etwa wichtiger als er?

„Ich konnte nicht…“

„Warum?“

Er schwieg. Müde schloss Ken seine Augen, er konnte Daisuke nicht länger ansehen. Doch selbst jetzt konnte er den verletzten Blick auf sich spüren, bereute jede einzelne Minute, jede noch so winzige Sekunde in den vergangenen Wochen, in denen er ihn wieder an sich heran gelassen hatte, sich ihm wieder Stück für Stück geöffnet hatte. Er hatte es doch gewusst, dass Daisuke es irgendwann erfahren würde und dennoch hat er es zugelassen, hat zugelassen, dass er verletzt wurde. Doch auch er fühlte sich verletzt. Es schmerzte zu wissen, dass er Daisuke zutiefst verletzt hatte. Verwundert öffnete Ken seine Augen wieder, als er spürte, dass Daisuke ihm über die Wangen strich. Er hatte gar nicht bemerkt, dass ihm die Tränen gekommen waren.

„Du hast es nicht gewollt, oder? Er hat dich…“

Ken musste schlurzen. Er wollte nicht hören, wie Daisuke es aussprach, denn er befürchtete dass es dann noch mehr schmerzen könnte. Überrumpelt von seinen derzeitigen Gefühlen fiel er dem Brünetten um den Hals und klammerte sich verzweifelt an ihn.

Schützend legte Daisuke seine Arme um Ken und streichelte ihm beruhigend über den Rücken. Er konnte sich ungefähr vorstellen, wie sich Ken gerade fühlen musste, aber so recht wusste er nicht, wie er damit umgehen sollte oder was er sagen und tun sollte. Das einzige, wozu er fähig war, war ihn zu halten und ihm ein Gefühl der Sicherheit zu geben. ‚Ich hätte nicht weglaufen dürfen… Ich hätte dieses Schwein stattdessen vermöbeln sollen! Ihm die Scheiße rausprügeln müssen!! – Der soll es sich nicht noch einmal wagen Ken anzufassen!!‘ Mit der Zeit versiegten Kens Tränen und das leichte Zittern war gänzlich verebbt, sodass Daisuke ihn vorsichtig wieder ins Kissen drückte. „Schlaf.“ befahl er flüsternd und wollte sich eigentlich von ihm lösen, doch noch immer wurde er festgehalten.

„Bitte… geh nicht.“ kam es brüchig von Ken.

„Aber ich durfte nur kurz zu dir. – Die werden mich sicher gleich rausschmeißen… Nicht, dass ich nicht auch länger bleiben will…“

„Könntest du wenigstens bleiben, bis ich eingeschlafen bin?“

Leicht lächelnd fuhr Daisuke durch das schwarze Haar Kens. „Na gut.“ Er wusste, dass Ken so schon kurz davor war völlig wegzutreten, also warum sollte er ihm nicht diesen kleinen Gefallen tun? Wieder mit mehr Bewegungsfreiheit gesegnet setzte er sich auf die Bettkante und nahm Kens Hand in seine.

Glücklich über diese kleine Geste schlich sich ein winziges schwaches Lächeln auf Kens Lippen. Er fühlte sich einfach zu erledigt um noch etwas zu sagen und war froh wenigstens jetzt nicht allein sein zu müssen. Aber eines lag ihm noch auf der Seele, was er unbedingt noch los werden musste, ehe er einschlief und die ganze Situation noch mehr außer Kontrolle lief. „Dai?“ fragte Ken mit schwacher Stimme.

„Hm? Was ist?“

„Könntest du diese… Sache für dich behalten?“

Nicht sicher was genau er damit meinte sah Daisuke ihn fragend an. „Was genau meinst du?“ fragte er schließlich, da der Schwarzhaarige seine Blicke nicht bemerkte, aufgrund der Tatsache dass er die Augen geschlossen hielt.

„Das mit… ihm.“ Nach den Augen seines Freundes suchend öffnete er seine wieder und blickte ihn bittend an. Er sah, dass Daisuke seinen Blick verletzt erwiderte, offensichtlich nicht verstand, warum er ein Geheimnis daraus machen sollte. Aber zumindest für die nächste Zeit brauchte er seine Verschwiegenheit.

„Aber… dann wird der damit immer weiter machen, willst du das?“

„Natürlich will ich das nicht. Mir ist es aber wichtiger, dass er dir nichts tut.“

Der Brünette konnte deutlich die Verzweiflung aus Kens Stimme heraushören, er verstand auch worauf er hinaus wollte, aber konnte er das zulassen? Unsicher sah er zur Seite. ‚Schön und gut, dass du dir Sorgen um mich machst, aber du bist doch der von uns, der in Gefahr ist. Wer weiß, wozu der Spinner noch alles fähig ist.’ Einen letzten Versuch starten wollend sah er wieder zu ihm. Doch er hielt inne, denn lautlos formte Ken das Wort „Bitte“.
 

Doch recht angepisst tigerte der Brünette wieder in den Wartebereich zurück, wo Takeshi noch auf ihn wartete. Es regte ihn tierisch auf, dass sein Freund von ihm verlangte wirklich gar nichts zu unternehmen, alles tot zu schweigen, als hätte er nicht gesehen wie dieser vor seinen Augen vergewaltigt wurde. Auch wenn Daisuke anfangs nicht davon ausgegangen war, das ändert nichts an den gegebenen Fakten. – Also wirklich, wie konnte Ken das von ihm verlangen? - Am liebsten würde er diesem Typen den Hals umdrehen. ‚Wie krank kann man denn nur sein, dass man sich an andere vergreifen muss? Dass man sie gegen ihren Willen zu so was zwingen muss? Der Typ gehört weggesperrt! Also wirklich, der ist doch nicht normal in seiner Birne. Es wird wohl langsam Zeit, dass man dem mal so richtig eine reinhaut und auch mal spüren lässt, wie schrecklich und grausam das ist, was er mit Ken macht.’

Takeshi, der einem unguten Gefühl wegen um sich sah, erspähte den Gang runter den jungen Wuschelkopf und wollte ursprünglich ihm entgegen gehen, doch als er merkte, dass dieses ungute Gefühl durch eben diesem ausgelöst wurde, ließ er es lieber sein und wartete geduldig bis Daisuke zu ihm kam. Abschätzend musterte er den jüngeren von seinem Stuhl aus. Er ahnte, dass die offensichtliche schlechte Laune mit Ichijouji zu tun hatte, doch was genau vorgefallen war, wusste er nicht und so hoffte er, dass Daisuke wirklich so schwer Dinge für sich behalten konnte, wie Ichijouji es ihm mal gesagt hatte. ‚Was das angeht, können die beiden nicht unterschiedlicher sein.’ dachte sich Takeshi schmunzelnd.

Böse grummelnd erreichte Daisuke den Warteraum und blieb vor Takeshi stehen.

Erwartungsvoll blickte der ältere auf. „Und haben sie Ihnen etwas über Ichijouji-kun erzählt? Wie geht es ihm?“

Leicht erschrocken zuckte der Brünette zusammen. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass er sein Ziel bereits erreicht hatte. „Äh, na ja, soweit ganz gut, würde ich sagen. Die wollen ihn zur Beobachtung über Nacht hier behalten.“ antwortete Daisuke und hoffte, dass sein Gegenüber ihn nicht weiter ausfragen würde. Sein Talent zum Lügen war ja bekannter Maßen begrenzt.

„Wenn das so ist. Haben sie Ihnen gesagt, weshalb er zusammengebrochen ist?“

„Äh, na ja… also…“ schwer schluckte Daisuke. Was sollte er nur antworten, ohne dass er dabei Kens Bitte missachtete? Und ganz nebenbei sich einen gewissen Ruf ersparte, den Ken ihm wohl anhängen wollte, als gnadenloser und stürmischer Liebhaber, der ohne Rücksicht seine fleischliche Lust befriedigte.

„Also?“ hakte Takeshi nach und sah den jüngeren dabei abschätzend an.

Bei diesen Blicken begann die blanke Panik in Daisuke auszubrechen. ‚Verdammt! Ich weiß nicht was ich sagen soll! Warum ist Ken nie da, wenn man ihn braucht? Sonst hat er immer diesen Part übernommen… Er kann viel besser lügen als ich.’ Schwer schluckend ging er einen Schritt zurück. „Wissen Sie, also, das ist so… ähm…“ wie gerufen begann Daisukes Handy zu klingeln und rettete ihn – vorerst. Entschuldigend grinsend nahm er den Anruf entgegen. „Hallo?“

„Verdammt noch mal! Wo bist du? Und warum geht Ken nicht an sein Handy?!“

„Hey, Miyako… Ja, das ist so ’ne Sache…“ Mit ihr zu sprechen war zwar nicht unbedingt besser, aber immerhin konnte er so die Frage Takeshis umgehen. „Hehe, weißt du was witzig ist?“

„Was?“ fragte sie misstrauisch. Man konnte an ihrem Tonfall schon hören, wie sie ihre Augenbraue hob.

„Reg dich bitte nicht auf, aber er ist wieder zusammengebrochen und liegt wieder im Krankenhaus.“ Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille, bis er einen dumpfen Aufprall von etwas auf etwas anderem hörte. „Miyako? Alles in Ordnung bei dir?“

„Mama? Bist du müde?“ erklang leise die Stimme eines kleinen Mädchens durch den Hörer.

‚Shit. Damit hab ich ja nun wirklich nicht gerechnet. Da klappt die einfach zusammen und das ohne den kleinsten Ausraster vorher zu bekommen.’ Sich an der Schläfe kratzend verzog der Brünette sein Gesicht zu einem schiefen Grinsen.

„Was ist denn los?“ wollte Takeshi wissen und blinzelte den jüngeren fragend an.

„Sie ist zusammengeklappt, würde ich sagen.“

Angst

++++Kapitel 25++++

Angst
 

„Verdammt noch mal! Warum kannst du dich nicht einmal daran halten, was dir andere sagen? Noch nicht einmal auf einen Arzt hörst du!“ fauchte Miyako rum während Ken unbekümmert an ihr vorbei in die Wohnung ging, in der er sogleich von seiner Katze empfangen wurde, die ihn lieb an mauzte.

In aller Ruhe nahm er sie auf die Arme und krauelte ihren Kopf.

„Und nun sag mir endlich, was mit dir los ist!“ Wütend knallte Miyako die Tür zu, riss sich schon fast ihren Wintermantel vom Leib und hing ihn am Garderobenhaken auf. „Na los! Sag es mir endlich!“

„Was soll schon mit mir los sein?“ antwortete der Schwarzhaarige ruhig und knuddelte das Tier in seinen Armen weiter durch.

„WAS MIT DIR LOS SEIN SOLL? DU BIST BEREITS ZWEI MAL ZUSAMMENGEBROCHEN!!“ schrie sie aufgebracht. Ihr war durchaus bewusst, dass das hier wieder ein gefundenes Fressen für ihre Nachbarn sein würde, aber derzeitig war ihr es schlicht egal. Später konnte sie sich um die immer noch kümmern.

„Und?“ verständnislos blinzelte er sie an. Schnurrend kroch Yuki-chan ihm auf die Schultern, sodass er sich seine Jacke ausziehen konnte. „Ist doch nichts Besonderes.“

„Nichts Besonderes? Hast du jetzt völlig den Verstand verloren? Was haben die dir nur für Medikamente gegeben?“ Verzweifelt schlürfte sie an Ken vorbei und ging ohne Umwege in ihr Schlafzimmer.

Kurz sah er ihr noch nach, doch als die Zimmertür ins Schloss fiel schüttelte er den Kopf. Schnell hing er seine Jacke auf und machte sich ran Daisuke zu suchen, der sich ungewöhnlicher Weise noch nicht hatte blicken lassen. Es hatte ihn ohnehin schon gewundert, dass es Miyako gewesen war, die ihn vom Krankenhaus abgeholt hatte und nicht Daisuke. Der wäre ihm wesentlich lieber gewesen. Die kleine Yuki auf seiner Schulter weiter streichelnd blickte er kurz in die Küche, die allerdings leer war. So still es im Bad war, war der Brünette dort wohl auch nicht, also ging er erstmal weiter ins Wohnzimmer.

Dort hockte der Gesuchte im Schneidersitz auf der Couch und zappte durchs Fernsehprogramm. Er hatte zwar bemerkt, dass die beiden wieder zurück waren, was bei Miyakos Lautstärke eher schwer zu überhören gewesen wäre, doch hatte er es vorgezogen sitzen zu bleiben. Er wusste immer noch nicht was er Ken sagen sollte. Die gesamte Situation war einfach zu schwierig.

„Hey, Dai.“ Den Brünetten anlächelnd setzte sich Ken neben ihn.

„Hey.“ erwiderte er schlicht ohne ihn anzusehen.

Schnell verschwand Kens Lächeln wieder. Er hatte es sich bereits gedacht, dass sein Freund so reagieren würde. Langsam setzte er Yuki auf den Boden. „Danke.“

„Hm?“ verwundert richtete Daisuke nun doch seinen Blick auf den Schwarzhaarigen. „Wofür?“

„Dafür dass du es für dich behalten hast.“ Unsicher faltete er seine Hände auf den Schoß, während seine Haare Daisuke die Sicht auf sein Gesicht verwehrten. „Ich weiß, dass es schwer nachvollziehbar ist, aber ich weiß nicht was ich sonst tun soll. Ich will nicht dass er dir auch was antut.“

Leicht lächelnd rückte der ehemalige Goggleboy an ihn und legte seine Arme um den Schwarzhaarigen und legte seinen Kopf auf dessen Schulter. „Schon gut. Ich bin nur froh, dass es dir wieder besser geht.“

Eine Weile saßen die Beiden einfach so da und genossen die Anwesenheit des jeweils anderen. Auch wenn sie sich anschwiegen und es durchaus noch vieles unausgesprochenes gab, verweilten sie einige Minuten so.

Allerdings konnten sie nicht ewig so verharren, weshalb der Brünette leise seufzte. „Sag mal, warum lässt du das eigentlich mit dir machen? – Ich mein, bislang weiß doch außer mir keiner davon, den er als Druckmittel oder so nutzen kann, oder?“ Es tat ihm schrecklich leid das gefragt zu haben, aber er wollte es wissen, denn von allein hätte sein blauäugiger Freund sicher nichts erzählt. Er kannte ihn gut genug um zu wissen, dass dieser sich stark davor hütete anderen von seinen Problemen zu erzählen oder sie gar mit ihnen zu belasten. Es fiel ihm leichter anderen etwas vorzumachen. Das war wohl der einzige Haken bei Ken, er fraß lieber alles in sich hinein als anderen Sorgen zu bereiten.

Ein paar Sekunden schwieg Ken, überlegte, ob er Daisuke den Grund sagen sollte oder nicht. Wenn er es ihm nicht sagen konnte, würde er es niemandem sagen können, dass wusste er. Daisuke war der einzige Mensch den er je so sehr vertrauen konnte, dem er auch zutraute mit der Wahrheit klarzukommen und ihn nicht deswegen stetig ausfragte, immer wieder daran erinnerte oder gar verachten oder verabscheuen würde. Also blieb ihm wohl kaum eine andere Wahl. „Er…“ begann Ken. „… er weiß was zwischen meinem Bruder und mir… gewesen war.“ Kurz biss er sich auf die Unterlippe. „Und er weiß auch wie er wirklich ums Leben gekommen ist.“

Doch recht verwundert zog Daisuke die Augenbrauen kraus. Was Kens toter Bruder damit zu tun hatte verstand er nicht so ganz. Unsicher was nun folgen würde, verstärkte er die Umarmung leicht und wartete darauf, dass Ken weiter sprach.

„Eine Weile lang habe ich mich selbst nicht daran erinnern können, aber als ich ihm wieder begegnet bin, kam alles plötzlich wieder hoch. Ich vermute dass ich es durch die Saat vergessen habe… Dadurch habe ich auch lange geglaubt, dass Osamu nicht immer, eher selten, so gemein zu mir gewesen ist – wie es ältere Geschwister eben manchmal sind.“ Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Er wollte es nicht unnötig riskieren, dass Miyako sie belauschen konnte, es reichte dass Daisuke ihn hörte. „Aber es war eher so, dass es selten war wenn er nett zu mir gewesen ist. Besonders in den letzten Monaten bevor er gestorben ist.“

Langsam begann Daisuke über Kens Rücken zu streicheln. Anders wusste er sich nicht zu helfen. Er wollte Ken zeigen, dass er ihm zuhörte und ihn nicht mit irgendwelchen Fragen unterbrechen würde. Noch immer ruhte sein Kopf auf der Schulter des Schwarzhaarigen. Daisuke wollte es seinem Freund nicht unnötig schwieriger machen indem er ihn dabei ansehen musste.

„Onii-san war wie ich früher ein Genie gewesen. Nur konnte er die Menschen wesentlich besser manipulieren und sog alle Aufmerksamkeit auf sich, während man mich stets übersah. So war ich immer alleine, hatte keine Freunde. Nur Onii-san hat mich beachtet gehabt.“ Er musste schlucken. „Irgendwann im Sommer war ich übers Wochenende alleine mit ihm zu Hause gewesen, weil unsere Eltern verreist waren. Anfangs war es eigentlich wie sonst auch gewesen: er lernte und ich war alleine im Wohnzimmer und habe Fernsehen geguckt. Am Abend haben wir zusammen einen Film geguckt und … nach einer Weile begann er mich zu streicheln und schob seine Hand unter mein Shirt.“

Daisuke konnte hören, dass Ken seine Tränen runterschluckte. Er ahnte bereits worauf sein Freund hinaus wollte, doch schwieg er weiter.

„Ich hab mich von ihm entfernt. Ich wollte nicht so von ihm berührt werden. Als ich mich dann später ins Bett gelegt hab, kam er zu mir in mein Zimmer… Ich wusste nicht was er da mit mir tat. Ich wusste nur dass es weh tat. Ich habe ihn unter Tränen angebettelt aufzuhören, doch er hat weiter gemacht.“ Ein Schlurzen verließ seine Kehle. Seine Tränen verschleierten ihm die Sicht. Er spürte wie Daisuke ihn fester an sich drückte und auch er erwiderte es und krallte sich in den Stoff von Daisukes Pulli. „Er hat es danach immer und immer wieder getan. Über Monate. Er wusste, dass selbst wenn ich es jemandem erzählt hätte, dass mir niemand Glauben geschenkt hätte. Er war schließlich ein Heiliger für alle gewesen. Es war ihm egal gewesen, dass ich danach immer mit hohem Fieber und schrecklichen Schmerzen krank im Bett gelegen habe. Es war ihm egal dass ich hätte sterben können. Er hat alles getan um zu verhindern, dass es raus kam was er mit mir tat … Er lullte unsere Eltern ein und redete ihnen ein, dass ich nur ein schwaches Immunsystem habe, dass sich das schon von allein regeln würde…“ Verzweifelt vergrub Ken sein Gesicht in Daisukes Halsbeuge.

Eine Weile schwieg Ken, sodass Daisuke annahm, dass er nicht weiter sprechen wollte. Weiterhin fuhr er mit seiner Hand seinen Rücken auf und ab, versuchte seinen weinenden Freund in seinen Arme zu trösten.

„Ich habe ihn dafür gehasst.“ Erklang schließlich die raue und verheulte Stimme des Blauäugigen wieder. „Er hat mich zu seinem Spielzeug gemacht. Er wusste dass ich außer ihm niemanden hatte… Im folgenden Frühjahr endete das alles. Ich habe wieder dank ihm mit Fieber im Bett gelegen. Unser Vater ist damals auf Geschäftsreise gewesen und hatte sich gemeldet, dass er früher kommen würde, weswegen unsere Mutter schnell einkaufen wollte. Onii-san sollte solange auf mich aufpassen.“ Es fiel ihm schwer weiter zu reden, doch wollte er dass Daisuke es erfuhr. „Er hat mit einem seiner Freunde telefoniert. Er dachte wohl dass ich schlief, doch ich habe ihn deutlich hören können als er an meiner Zimmertür vorbeiging. Er sagte dass ich dumm sei, dass ich das alles mit mir machen lasse und nicht mal bemerkt habe, dass er es gewesen war, der dafür gesorgt hatte, dass mich alle mieden. Er hat mich als sein Spielzeug bezeichnet und meinte dass ich ersetzbar wäre.“

‚Ich wusste gar nicht, dass der wirklich so ein Arsch war, wie Jun es mir mal gesagt hatte…’ Damals, wohl ein paar Wochen bevor Osamu das Zeitliche gesegnet hatte, hatte sie ihm das mal erzählt. Sie war auch ein Fan von ihm gewesen, doch nachdem sie ihn damals mal persönlich getroffen hatte und die andere Seite des Jungen gesehen hatte, war sie nicht mehr all zu begeistert von ihm gewesen. Warum genau hatte sie ihm nie erzählt.

Erneut schniefte Ken. „Ich weiß nicht woher ich damals diese Kraft plötzlich genommen hatte, aber ich habe es geschafft ohne von ihm bemerkt zu werden abzuhauen. Ich wollte einfach nur noch weg. Obwohl sich alles vor meinen Augen gedreht hatte und mir heiß war, bin ich ein paar Blocks weit gekommen. Ich überquerte eine Kreuzung als mir schwindlig wurde. Ich sah dass sich ein Auto mir ungehalten nährte… In dem Moment blieb ich stehen und starrte es an. Ich wusste, dass ich es nicht überleben würde… wenn es mich treffen würde… und das war mir recht…“ gestand er. „Ich wollte sterben. Ich wollte dass diese Schmerzen aufhörten. Dass mir Nii-san nicht mehr weh tun konnte…“

Geschockt riss Daisuke seine Augen auf. ‚Er wollte sterben? Er ist da doch grad mal zehn Jahre alt gewesen…’ Er zwang sich Ken weiter über den Rücken zu streicheln. Er wollte ihn nicht verunsichern.

„Ich habe meine Augen geschlossen, wartete auf den schmerzenden Aufprall. Ich konnte die Reifen des Wagens quietschen hören. Hörte wie ein paar Leute riefen, dass ich ausweichen solle, doch ich blieb stehen. Plötzlich wurde ich von etwas seitlich gestoßen und flog über den Asphalt. Als ich meine Augen öffnete, bemerkte ich, dass ich nicht von dem Auto erwischt worden bin. Es war gegen einen Laternenmast gefahren… Leute um mich herum fragten mich ob alles ok wäre… ein paar Meter von mir entfernt hatte sich eine Traube von Menschen gebildet. Ich ging hin… ich drängelte mich durch sie hindurch und erblickte eine Blutlache. In ihr lag mein Bruder…“ Seine Tränen waren nun versiegt. Lediglich ab und an zitterte sein Körper noch kurz. „Er lag da… ich glaubte er sei bereits tot, doch er regte sich auf einmal… Später im Krankenhaus dann erzählte er meinen Eltern, dass er unbedingt zu einem Freund gewollt hatte und mich mitgenommen hatte… Er log sie an und ich verstand nicht warum… Er wollte noch mal mit mir alleine reden… Er sagte dass er mich liebt und dass er hofft, dass ich ihm irgendwann verzeihen kann…“

‚… und dann starb er…’ schlussfolgerte der Brünette in Gedanken.

„Kaum dass er das zu mir gesagt hatte, wurden seine Augen fahl und die ganzen Geräte, an denen er angeschlossen war, piepten wie verrückt…“

‚Wie konnte er so was nur vergessen? Sicher, es ist schrecklich, aber wieso hat er das vergessen?’ Er konnte sich durchaus vorstellen, dass man so etwas vergessen möchte, aber das gelingt doch normaler Weise nicht, oder? ‚Aber wenn sein Bruder ihm all das angetan hat, wieso hat er ihn dann trotzdem gemocht und immer abgeblockt wenn jemand etwas Schlechtes über ihn sagen wollte? Das kann doch schlecht allein der Saat wegen gewesen sein…’

„Danach hat die Saat angefangen in mir zu keimen… und ich wurde immer mehr wie er. Ich machte ihn zu meinem Vorbild. Blendete einige Erinnerungen aus, die mein Bild von ihm negativ erscheinen lassen könnten… Ich wurde zu einer schlechten Kopie.“ damit endete Ken. Den Rest kannte Daisuke ja. Nun wusste er alles.

„Und deswegen hat der Kerl dich in der Hand?“ fragte der Braunäugige vorsichtig nach.

Schwach Nickte Ken bejahend. „Er war der gewesen, der mit Onii-san telefoniert hatte. Osamu hatte ihm erzählt gehabt, was er mit mir gemacht hatte. Er hatte auch mitbekommen, dass ich ihm weggelaufen bin.“

„Aber das ist doch weit über zehn Jahre her. Sicher würden deine Eltern nicht grad begeistert sein, wenn sie davon erfahren, aber so schlimm wäre es doch nicht wenn es bekannt werden würde… oder? Sicher ist es unangenehm für dich… aber er hat dir doch weh getan und dieser Kerl macht einfach da weiter wo dein Bruder aufgehört hat.“ Während Daisuke das sagte brachte er etwas Luft zwischen sie, sodass sie sich nun gegenseitig ins Gesicht sehen konnten. Das verheulte Gesicht Kens löste ein Unbehagen in ihm aus. Die Hände fest auf die Schultern seines Freundes gelegt versuchte er eine Regung auf seine Worte in Kens Mimik auszumachen, doch das einzige was er bemerkte war, dass die blauen Augen versuchten seinen Blicken auszuweichen. „Ok… Du willst also nicht darüber reden, wie ich sehe. Dann müssen wir uns eben einen Weg überlegen bei dem du nicht über deine Vergangenheit reden musst.“

Dankbar sah Ken ihn nun wieder an. Er wusste noch von früher, dass Daisuke nicht länger als nötig in den (seelischen) Wunden anderer rumbohrte und besonders heute war er ihm dankbar dafür.

Vorsichtig wischte der Brünette die salzigen Tränenspuren aus dem Gesicht seines Freundes. Aufheiternd lächelte er. „Und bist du wieder krankgeschrieben?“ Er wollte einfach nur vom Thema ablenken, welches seinem Freund verständlicher Weise unangenehm war und für seinen Geschmack hatte dieser für heute schon genug geweint. Sie konnten später irgendwann noch mal über dieses Thema reden und versuchen eine Lösung zu finden. Jetzt wollte Daisuke dem Schwarzhaarigen einfach nur ein Stück Normalität geben.

„Ja. Dieses Mal aber nur eine Woche.“ Des schelmischen Grinsens wegen sah der dunkelhaarigere Daisuke irritiert an. Dieses Grinsen sagte ihm was, er hatte es schon häufiger bei ihm gesehen und das sorgte schon fast wieder dafür, dass er sich wünschte nicht so lange krankgeschrieben zu sein. „Gönn mir wenigstens ein, zwei Tage Ruhe.“ bat er nach einem Augenrollen. Er wollte es nicht unnötig riskieren, dass er wieder ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, nur weil Daisuke es nicht schaffte ein paar Tage ohne auszukommen.

„Ich versuch’s.“ lachte der Brünette – das hatte mal wieder besser geklappt, als er es sich gedacht hatte. „Aber mal was anderes. Morgen kommen doch Tai und Yamato zurück, oder?“

„Kann sein. Wieso fragst du?“

„Hm, hab mir vorhin nur Gedanken gemacht, weißt du? Also ist es nicht komisch, dass sie so kurzfristig auf diese Tour mussten? So was wird doch eigentlich über Wochen und Monate geplant, oder? Und ich habe auch keine Werbung für gesehen.“

„Vielleicht hat das irgendwas mit der PR seiner Agentur zu tun. Er ist immerhin auch international sehr berühmt.“ Jetzt wo Daisuke es erwähnte, er hatte auch keinerlei Werbung für diese Tour gesehen. Weder war etwas im Fernsehen gewesen, noch im Radio, geschweige denn in irgendwelchen Zeitschriften oder auf Werbetafeln. Dabei war doch bislang jede Tour seiner Band groß angekündigt worden und wirklich jedes Medium wurde dafür schamlos ausgebeutet. Sogar vor den Bussen und U-Bahnen hatte sein Management nicht halt gemacht. Kurz gefasst: wo schon Daisuke misstrauisch wegen der Sache war, musste das Ganze von den beiden hinterhältig geplant gewesen sein. So langsam dämmerte es Ken, dass es keines Wegs ein Zufall gewesen ist, dass Daisuke ausgerechnet bei ihm untergebracht worden ist.

Auch Daisuke hatte sich dies schon gedacht und wollte eigentlich von Ken eine Bestätigung hören, doch der schien mit jeder vergehenden Sekunde immer angefressener zu werden. „Äh Ken? Du denkst doch jetzt nicht etwa darüber nach, wie du es den beiden heimzahlen kannst? Oder? Ken?“ Zweifelnd beäugte der Braunäugige seinen Freund. Eine Reaktion bekam er jedoch erst, als er ihm gegen die Stirn mit dem Finger stupste.

„Seit wann kannst du Gedankenlesen?“ interessiert blinzelte Ken den Brünetten an.

Er zuckte mit den Schultern.
 

Irgendwann am späten Abend lagen Daisuke und Ken zusammen im Bett, kuschelten sich aneinander. Sie hatten zwar eigentlich noch nicht vor zu schlafen, aber sie wussten, dass sich Miyako so wenigstens nicht mehr trauen würde ihnen auf die Nerven zu gehen. Es gab eben Dinge, die selbst sie nicht sehen wollte. Dinge die sich in diesem Schlafzimmer abspielten zählten zu diesen. Da dies den beiden Männern mehr als nur klar war, nutzten sie es natürlich aus sich hierhin zurückzuziehen.

Sie waren sich zwar nicht sicher, inwieweit die anderen Digiritter über ihre neu aufgeflammte Beziehung bescheid wussten, aber das war nur eine Frage der Zeit. Doch darüber machten sie sich keine all zu großen Gedanken, denn sie hatten andere Probleme zu lösen.

Das erste, das Daisuke lösen wollte war, wie er es verhindern konnte, dass dieser Kerl sich noch einmal seinem Ken nähern konnte. Da sein Blauäugiger Freund aber mit niemandem darüber reden wollte, konnte er den Kerl schlecht in aller Öffentlichkeit zusammenschlagen. Zumal er nicht wusste, wie stark der Typ war. So blieb ihm nur die Möglichkeit zu verhindern, dass Ken arbeiten ging oder dass er nicht mehr von Kens Seite wich, damit der Kerl keine Chance mehr bekommen konnte mit dem Schwarzhaarigen allein zu sein. – Ersteres wäre natürlich für Daisuke am leichtesten umzusetzen. Aber selbst da könnte eventuell das Problem auftreten, dass dieser gestörte Kerl Ken auf anderem Wege auflauern könnte.

Ken ließ ein leises Seufzen über seine Lippen, als er spürte, wie sein brünetter Freund dicht hinter ihm eine Hand über seinen Bauch wandern ließ. Er wusste dass es nicht unbedingt bedeuten sollte, dass dieser gerade in Stimmung war, aber sicherheitshalber ergriff er das Handgelenk Daisukes und hielt es sanft aber bestimmt fest, ehe er unter sein Shirt schlüpfen konnte. Der Atem, der ihm in seinen Nacken stieß, blieb weiterhin gleichmäßig und sorgte dafür, dass Ken sich wieder entspannte. Offensichtlich hatte sein Dai-chan doch nicht vorgehabt ihn zu verführen. Das war auch besser so. Derzeitig war ihm nicht danach so intim mit seinem Geliebten zu werden, es reichte voll und ganz, dass er die schützenden Arme um sich spürte. Doch recht müde schloss der Schwarzhaarige seine Augen. Er hatte sich bereits den ganzen Tag über so schlapp und erledigt gefühlt, doch erst jetzt, wo er sich sicher in Daisukes Armen befand, konnte er sich seiner Müdigkeit hingeben.

Auch der Brünette hatte inzwischen seine Augen geschlossen. Dass man gerade seine Hand festhielt, gefiel ihm nicht besonders gut, aber er verstand, was sein Freund ihm sagen wollte. Also kuschelte er sich statt sich zu ärgern etwas enger an Ken und hauchte lächelnd einen sanften Kuss auf dessen Schulter. Bereits nach wenigen Minuten bemerkte er, dass sein schwarzhaariger Engel in seinen Armen eingeschlafen war. Er war sich momentan nicht sicher, ob das nun gut oder schlecht war. Immerhin bestand wieder die Gefahr, dass Ken heute Nacht von Alpträumen heimgesucht werden könnte, an die er sich mal wieder im Nachhinein nicht erinnern konnte. Es interessierte Daisuke selbstverständlich, was genau Ken träumte. Das einzige, was er diesbezüglich wusste, war dass der Schwarzhaarige Schmerzen hatte, verängstigt und zugleich unfähig war, sich gegen diese Träume zu wehren. Es tat Daisuke weh, dazu verdammt zu sein diesen Zustand hilflos mit ansehen zu müssen. Er konnte Ken in diesen Augenblicken nur in die Arme nehmen, ihn wie ein kleines Kind wiegen, beruhigend streicheln und ihm sinnloses Zeug in die Ohren säuseln. – Ob das nun half, konnte Daisuke nicht sagen. Irgendwann musste Ken ja wieder aufwachen. – Oder? – Er fürchtete den Tag, an dem dies vielleicht nicht mehr so sein könnte. An dem er unter Tränen bitten, betteln, beten musste, weil er nicht mehr weiter wusste. Er hoffte, dass dieser Tag nie kommen würde.

Malstunde

++++Kapitel 26++++

Malstunde


 

Der Morgen war angebrochen. Mit Erleichterung stellte Daisuke fest, dass Ken selenruhig in seinen Armen schlief und keinerlei Anzeichen zu erkennen waren, dass dieser von einem schlechten Traum in der vergangenen Nacht heimgesucht worden war. Vorsichtig löste er sich von ihm und krabbelte aus dem Bett. Ein kurzer Blick auf den Wecker auf dem Nachttisch verriet ihm, dass es gerade kurz nach halb acht in der Frühe war, also müsste Miyako noch da sein. Normalerweise würde er jetzt noch schlafen, aber wenn seine Blase drückte, sollte er sich besser schnell zur Toilette bewegen. Auf leisen Sohlen schlich er sich zur Zimmertür, öffnete sie leise, schlüpfte hindurch und schloss sie wieder hinter sich. In aller Ruhe schlürfte er weiter in Richtung seines Zielortes, doch ehe er es erreichte, hörte er wie Miyako im Kinderzimmer, offensichtlich mit zusammengebissnen Zähnen, einen Schrei versuchte zu unterdrücken. Sich wundernd, was da nun schon wieder los war, schlug er eine andere Richtung ein. Bereits am Vortag hatte er einen sehr ähnlichen Laut von ihr gehört. Da hatte sie mit Noriko geschimpft gehabt. Warum wusste er aber nicht. Kaum, dass er nur noch einen Meter vom Kinderzimmer entfernt war, hörte er die kleine Noriko schlurzen.

„Noriko! Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass du nicht ständig deine Kleider schmutzig machen sollst! – Sieh dir das doch nur mal an! Das hast du noch keine halbe Stunde an!“ Miyako war sauer. Ständig machte ihre Tochter ihr Ärger. „Wegen dir komme ich wieder zu spät zur Vorlesung!“

Das Mädchen fing durch das Anschreien erst richtig an zu weinen.

Daisuke wusste, dass es ihn nichts anging, wie Miyako die Kleine erziehen wollte, aber wegen einem Fleck auf dem rosa Rock konnte man sie doch nicht derartig anfahren. Er sah, dass Norikos Mutter mit der Situation überfordert war, weswegen er sich entschloss einzugreifen, ehe diese etwas tun konnte, was sie nachher bereuen wird. Er ging auf die beiden zu, kniete sich neben Noriko, tätschelte ihr kurz den Kopf bis sie ihm weinend in die Arme fiel. „Sch. Schon gut. Ich bin ja da.“ sagte er zu dem kleinen Mädchen, wandte sich aber gleich an Miyako „Überlass sie mir, ok? Ich schaff das schon. Geh du zur Uni.“ Schwach lächelte er sie an.

Perplex sah die Frau ihn einige Sekunden lang an. Sie konnte es immer noch nicht glauben, dass es ausgerechnet Daisuke war, der genau das zu ihr sagte. Aber Rivale hin, Rivale her, sie wusste dass er sich nur eingemischt hatte, weil er Noriko vor ihren Wutausbrüchen – die er in der Vergangenheit häufiger zu spüren bekommen hatte – beschützen wollte. Es war wohl besser die Kleine Daisuke zu überlassen. Widerwillig einverstanden nickte sie und setzte sich in Bewegung, ließ Daisuke mit ihrer Tochter alleine. Es fiel ihr schwer diesen Schritt zu tun. Sie wollte gar nicht so böse zu Noriko sein. Sie wollte dass sie sie so mochte, wie die Kleine Ken mochte. Der ist noch nie aus der Haut gefahren, wenn Noriko am Mistbauen oder Heulen war. Völlig niedergeschlagen nahm sie sich ihre Tasche und ging zur Wohnungstür. Sie registrierte noch nicht mal, dass Ken, der gerade auf den Flur gekommen ist, sie mit fragenden Blicken bedachte. Ohne auch nur das Geringste von ihrem Umfeld zu bemerken nahm Miyako ihre Winterjacke vom Haken und verließ die Wohnung.

Verwirrt über das ausbleibende morgendliche Begrüßungsritual, bei dem Miyako ihm mindestens einmal zu nahe auf die Pelle rückte, starrte Ken die inzwischen geschlossene Wohnungstür an. Was auch immer gerade in Norikos Zimmer abgelaufen war, musste ihr den Rest gegeben haben. Erst als der Schwarzhaarige das Schniefen seiner Tochter näher kommen hörte, wandte er seinen Blick ab und sah zu Daisuke, der sie auf den Armen trug. Sein Blick muss Bände gesprochen haben, denn der andere zuckte mit den Schultern.

„Kein Plan, was die wieder hat.“

„Huh, sie wird sich schon wieder einkriegen.“

„Und was machen wir mit ihr?“ Unsicher sah Daisuke das Mädchen auf seinen Armen an.

„Hm, gute Frage. – Was möchtest du denn, Noriko-chan? Willst du in die Vorschule, oder möchtest du heute lieber zuhause bei Onkel Dai und mir bleiben?“ Er selbst wusste auch nicht so recht, was er tun sollte. Er konnte sich zwar denken, was Miyako an seiner Stelle getan hätte, aber er wusste dass ihre Entscheidungen nicht unbedingt richtig sein mussten.

„Ich möchte zuhause bleiben.“ schniefte die Kleine.

„Meinst du, dass das eine gute Idee ist, Ken?“ skeptisch beäugte der Brünette seinen Freund, der seine Tochter lächelnd auf die Arme nahm. Irgendwie witterte er schon Ärger mit Miyako.

„Hast du etwa Lust sie jetzt wegzubringen? – Ich jedenfalls nicht.“

Ergeben seufzte der Brünette. „Wie du meinst. Sie ist ja deine Tochter.“ Er war aus irgendeinem Grund daran interessiert zu erfahren, ob Miyako ihre Wut an Ken auslassen wird, wenn sie wieder Heim kommt. Er hatte es bislang zwar noch nicht erlebt, aber einmal war immer das erste Mal.
 

Eigentlich hatte Daisuke gestern noch gedacht, dass er einen ruhigen, entspannten Tag mit Ken haben könnte, doch nun hatten sie Noriko daheim. Sie stellte diese Planung gänzlich auf den Kopf und sog nebenbei sämtliche Aufmerksamkeit Kens auf sich. Missmutig sah er zu, wie sein schwarzhaariger Freund der Kleinen zum wiederholten Male dabei half ihre Bauklötzchen zu stapeln. Schon vor Jahren war sich Daisuke sicher gewesen, dass Ken mal ein guter Vater sein würde und wie er es gerade gut beobachten konnte, war er es wirklich geworden. Sich selbst hatte er nie in eine Vaterrolle einordnen können. Dazu war er fiel zu egoistisch. Mal ein paar Stündchen auf ein Kind aufpassen ging ja noch, aber auf längere Dauer würde er entweder das Weite suchen oder wahnsinnig werden. Zum Glück für die Frauenwelt und insbesondere der Frau, die er eventuell geschwängert hätte, ist er schwul und inzwischen sicher nicht mehr Fähig auch nur ansatzweise sexuelle Lust für das weibliche Geschlecht zu empfinden. ‚Die Weiber dieser Welt sollten Ken dafür besser dankbar sein.’ dachte er sich grinsend. ‚Auch wenn sie ihn dafür verloren haben. Aber sonst hätte er sicher noch mehr Gören mit Miyako… Also trotzdem dankbar.’

Aus dem Augenwinkel heraus konnte Ken dieses Grinsen sehen. Erleichtert darüber, dass Daisuke doch nicht wieder eifersüchtig zu sein schien, wie es damals bei Yukari, Juns Tochter, gewesen war, atmete er auf. Wenn dem heute der Fall wäre, wäre es wohl wesentlich schlimmer, denn allein der Tatsache wegen, dass Noriko seine Tochter war, konnte er sie schlecht aus seinem Leben verbannen. Es bestand durchaus die Option dass er sich gänzlich von Miyako trennte und ihr die Kleine überließ, aber so ganz wohl war ihm bei dem Gedanken nicht. Miyako hatte leider keine besonders starken Nerven was Kindererziehung betraf. Allein der heutige Morgen war Beweis genug gewesen.

Glücklich darüber, dass ihr Papa sich so sehr mit ihr beschäftigte, lächelte Noriko vor sich hin. „Mhm, Papa?“ Mit großen Augen sah sie ihn an.

„Was ist denn?“

„Ich möchte malen! Und Onkel Dai soll auch mit machen!“

Fast schon entsetzt über diese Aufforderung wäre Daisuke fast von der Couch gefallen, doch er hatte sich noch halten können. Nun starrte er die Kleine und Ken an. Er sah wie Ken unsicher zu ihm rüber sah, ehe er zu einer Antwort ansetzte.

„Wenn du Onkel Dai ganz lieb fragst, malt er bestimmt mit dir.“

‚Och nööööööö.’ Hallte es durch den Kopf des Brünetten. Er hatte seit dem Kunstunterricht in der Schule nicht mehr gemalt und schon da hatte es ihm weder Spaß gemacht noch war er gut darin gewesen. Er war sich sicher, dass er gegen Noriko total abloosen wird. Seine Zeichnungen sind schon immer für die von einem Kleinkind gehalten worden. Dank der Bitte fühlte er sich plötzlich so unwohl auf der Couch. ‚Ich hätte mich doch wieder ins Bett hauen sollen. So hätte sie nie diese Idee bekommen.’

Ganz lieb und unschuldig ging Noriko zu dem Brünetten und schaute ihn mit ihren großen blauen Augen lieb an. „Magst du mit mir malen, Onkel?“

Innerlich am Heulen willigte Daisuke ein. Und so hockte er wenige Minuten später mit Noriko und auch mit Ken auf dem Boden und malte. Immer wieder linste er hinüber, um zu sehen, was Noriko malte und er musste sich leider eingestehen, dass ihr Bild bereits jetzt besser aussah als seins. Am liebsten würde er seines aus Scharmgefühl verbrennen… Aus seinem Blickwinkel heraus konnte er Ken grinsen sehen. ‚Toll. Jetzt hat er diesen Bullshit auch gesehen. – Warum nur kann ich nicht malen???’ Seine Mundwinkel zogen sich nach unten. Er konnte es nicht leiden, wenn man sich über ihn lustig machte, aber noch weniger konnte er es leiden, wenn er etwas nicht konnte.

Ken hatte tatsächlich das Bild seines Freundes gesehen, er hatte auch bemerkt, dass es nicht gerade das beste war, trotzdem fand er es irgendwie süß zuzusehen, wie Daisuke krampfhaft versuchte gegen seine Tochter zu gewinnen, die wiederum nichts von all dem mitbekam. Und selbst wenn, sie würde sich sicher nichts draus machen. Sie hatte eben das Alter auf ihrer Seite, das absolut alles was sie tat süß wirken ließ. Dagegen konnte Daisuke nur verlieren.

Eine gute halbe Stunde später war Noriko mit ihrem Bild fertig und betrachtete es stolz. „Sieh mal Papa!“ Lachend deutete sie auf das bemalte Stück Papier vor sich.

„Das sieht schön aus, Süße.“ Zur Untermalung seiner Worte lächelte Ken seine Tochter an.

Mit den Nerven am Ende schaute Daisuke ganz kurz hinüber und unter Jammern ließ er seinen Kopf auf den Boden nieder. Da hatte Noriko doch tatsächlich einen Schmetterling gemalt, der überflüssiger Weise auch noch verdammt gut aussah! Und sein grauenhaftes Bild, worauf nicht einmal er eine lächerliche Blume erkennen konnte, stank total dagegen ab.

„Zeig mal Onkel!“ rief die Kleine und wollte Daisukes Bild sehen, auf das er seinen Kopf gelegt hatte. Da der Onkel aber nicht reagierte, krabbelte sie zu ihm und zog das Blatt einfach hervor. Sie drehte es ein paar Mal um besser erkennen zu können, was ihr Onkel denn gemalt hatte, doch auch sie wurde nicht ganz schlau draus. Angestrengt guckte sie das Bild an und nannte das erste, das sie glaubte zu erkennen. „Bälle!“

Als hätte man ihm einen Schlag versetzt zuckte der Brünette kurz zusammen und ließ einen jammernden Laut von sich.

Ken biss sich derweil auf die Unterlippe um sich vom Lachen abzuhalten. Das mit anzusehen war einfach nur goldig. Seine Tochter war völlig überfordert. Nun doch etwas am Kichern setzte er sich neben Noriko, damit er das Bild besser angucken konnte. „Aber Noriko-chan, das sind doch keine Bälle. Sieh mal, das ist eine Blume.“ Mit dem Finger führ er zuerst die Ränder der Blüten nach. „Das sind die Blüten und das ist der Stängel und hier ein Blatt.“ Während er das seiner Tochter erklärte zeigte er ihr es auf das Papier.

„Ach so.“ Verstehend nickte sie. „Hübsch.“ quietschte sie entzückt.

Nichts verstehend hob Daisuke seinen Kopf und sah die beiden vor sich verpeilt an. War das von Ken nur geraten gewesen, oder hatte der echt das erkannt, was nicht mal Daisuke erkennen konnte, obwohl er es selbst gemalt hatte?

Völlig happy begann das kleine Mädchen durch das Wohnzimmer zu tänzeln und summte dabei.

„Erkannt oder geraten?“ fragte Daisuke niedergeschlagen, worauf Ken ihn anblinzelte. „Das Bild.“ ergänzte er.

„Mehr erkannt, würde ich sagen. Bei Norikos Bildern bekommt man mit der Zeit Übung.“ Dass er diese schon vor Jahren hatte verschwieg er lieber, denn schon zu seinen Schulzeiten hatte er das Vergnügen gehabt Daisukes Bilder aus dem Kunstunterricht betrachten zu können. Wovon dieser natürlich nichts wusste, denn das erste Mal waren Ken diese in die Hände gefallen, als er mal vor Langeweile etwas Ordnung in dessen Zimmer versucht hatte zu schaffen, während er auf ihn gewartet hatte.
 

Endlich war für Noriko Mittagsschlaf angesagt und Daisuke konnte sich an der Ruhe kaum satt hören. Mit sich und der Umwelt zufrieden lag er auf der Couch lang, konnte sein Glück kaum fassen.

Ken, der gerade seinen Freund so erblickte musste schmunzeln. „Willst du nicht auch lieber Mittagsschlaf halten?“

„Witzig Ken, echt witzig.“ erwiderte der Brünette lustlos. „Wie schaffst du das nur?“

Darauf zuckte der Blauäugige mit den Schultern. „Vielleicht irgendein Vatergen, das dir fehlt.“

„Hm, ich wollte auch nie Kinder haben. Kein Wunder, dass ich es nicht habe.“

„Du wolltest nie welche?“ In aller Ruhe setzte er sich mit auf die Couch und ehe er sich versah, hatte er schon den Kopf Daisukes auf seinem Schoß zu liegen.

„Jap. Ich weiß auch nicht warum. Nicht mal, als ich damals noch in Hikari-chan verliebt gewesen bin, wollte ich welche. Dabei hab ich genau gewusst, dass sie welche wollte. – Versteh mich jetzt nicht falsch. Kinder find ich schon süß und so, aber eigene? Den ganzen Tag lang dieses Rumgeheule wenn sie klein sind, das Rumgeschreie wenn sie größer werden, das stetige Zanken und Streiten und der ganze Ärger mit ihnen. Ich glaube nicht, dass ich dafür die nötigen Nerven habe.“

„Aber es gibt auch schöne Erlebnisse.“ Während Daisuke seinen kleinen Vortrag hielt, hatte Ken angefangen mit dessen Haaren zu spielen. Immer wieder drehte er eine der störrischen kurzen Strähnen um einen Finger, doch da sie zu kurz waren, entwickelten sie sich jedes Mal wieder von selbst.

„Schon, nur lohnt es sich auch?“

„Ich glaube schon. Du weißt ja genauso gut wie ich, was Norikos Geburt mit meinem Leben gemacht hat, aber jedes Mal wenn ich sie lachen sehe, stimmt es mich glücklich. Es ist schön zusehen zu können, wie sie jeden Tag dazulernt und ihre eigenen Erfahrungen macht.“

Ein paar Minuten dachte Daisuke über Kens Worte nach. Letztlich musste er Ken widerwillig zustimmen. „Bist du deswegen bei Miyako geblieben?“

„Nein.“ Einen Moment hielt Ken inne. Atmete einmal tief durch. „Weißt du, damals, kurz nach Norikos Geburt bin ich wirklich sehr kurz davor gewesen sie zu verlassen.“

„Huh? Warum?“ interessiert sah Daisuke in Kens blaue Augen auf.

„Ich glaubte der Verantwortung nicht gewachsen zu sein. Die Kleine war ständig am weinen und Miyako meinte, dass es ihre Aufgabe sei sie zu beruhigen, aber Noriko wurde nur dann Ruhig, wenn sie richtig müde war. Ich bin völlig am Ende gewesen. Es hat keine Nacht gegeben, in der die Kleine durchgeschlafen hatte. – Nach zwei oder drei Monaten ist es mir zum ersten Mal aufgefallen…“ Gedankenverloren fixierten Kens Augen einen unbestimmten Punkt.

„Was?“

„…dass Noriko fast ausschließlich dann weinte, wenn Miyako sie auf den Armen hatte. Miyako hatte alles versucht um eine gute Mutter zu sein, aber ihr gelang es nicht, denn etwas Entscheidendes fehlte. – Und ich glaube dass dem heute immer noch so ist.“

„Dass sie keine Geduld hat, wussten wir alle doch schon vorher…“

„Das ist es nicht.“

„Was dann?“

„Sie… sie konnte keine Gefühle für Noriko entwickeln. Für sie schien Noriko ein fremdes Kind zu sein. Zudem hatte sie Schwierigkeiten damit gehabt sich zu konzentrieren, war ständig am weinen, wenn sie glaubte dass ich nicht da war. Sie war ständig lustlos, hatte kaum Appetit und egal, wie erschöpft sie gewesen ist, sie konnte nicht richtig schlafen. Alle paar Minuten ist sie hoch geschreckt.“ Für einen kurzen Moment schloss Ken seine Augen. „Da konnte ich sie nicht mehr alleine lassen. Nachdem ich sie darauf angesprochen habe, wollte sie es natürlich nicht wahr haben, dass sie offensichtlich ein Problem hatte. Ich habe sie dazu gedrängt einen Arzt aufzusuchen. – Im Gegenzug verlangte sie, dass niemand davon erfuhr. Sie wollte nicht, dass die anderen sie bemitleiden.“

„Also weiß bislang niemand sonst davon?“

Bejahend nickte Ken.

‚Da haben beiden ja ihre Macken…’ dachte sich der Braunäugige. „Was hatte denn der Arzt gesagt, woran sie litt?“

„Postnatale Depression.“

„Sie hatte also eine echte Depression gehabt? Sie? – Wow.“ Damit hatte Daisuke nun wirklich gar nicht gerechnet. Bei ihr konnte er sich das noch schwerer vorstellen als bei sich selbst. So aufgedreht und reizbar sie doch stetig seit dem Tag an dem er sie kennen gelernt hatte war… und launisch nicht zu vergessen. ‚Obwohl, diese Depression würde diese merkwürdige Szene von heute Morgen erklären.’ Wenn das wirklich mit ihrer Depression zusammen hing, dann lag Ken mit seiner Vermutung leider richtig, dass sie diese noch nicht ganz überwunden hatte. Aber vielleicht war Miyako auch nur überfordert. „Hm, und was machen wir jetzt?“ Frech grinste er vor sich hin.

„Wie wäre es damit dir endlich einen Job zu verschaffen? Deine Million reicht sicher nicht mehr lange.“ Schlug Ken mit ironischem Unterton in der Stimme vor.

„Mah, da ich keine Miete und so zu bezahlen hab, reicht das noch eine Weile.“

„Du elender Schnorrer. Das lässt sich ganz leicht ändern.“ Verschwörerisch lächelte Ken seinen Freund an.

„Und wenn ich nicht mit Geld zahlen will?“

„Dann musst du eben andere Dienste leisten.“

„Uh, so einer bist du? Du bist ja neuerdings richtig versaut.“

Darauf konnte Ken nur den Kopf schütteln. „Warum muss eigentlich jedes Gespräch mit dir auf sexuelle Anspielungen hinauslaufen?“

„Fast jedes. – Vielleicht weil ich drauf stehe, wenn du vulgär wirst?“

„Seit wann bin ich denn bitte vulgär?“ Fragend zog Ken eine Braue hoch.

„Nun ich glaub das hat irgendwann vor vier Jahren angefangen, als du von dir aus die Initiative begonnen hattest zu ergreifen… wenn du Lust hattest, du weißt schon.“ Daisuke sah schon, dass Ken es nicht wusste. „Als du eben richtigen Spaß am Sex gefunden hattest. Da hast du immer diese zweideutigen Sachen gesagt.“

„Vielleicht habe ich die aber nicht so gemeint gehabt? Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass ich es wenn so gemeint hatte.“ Er konnte sich wirklich nicht daran erinnern. Trotzdem beschlich ihn das Gefühl, dass da was dran sein könnte, sodass er langsam rot wurde.

„Und wie war es denn bitte gemeint gewesen, wenn wir mittendrin gewesen sind und du Sachen wie ‚du bist so versaut’ oder ‚ja, ja, gib’s mir’ gestöhnt hast?“

„Hab ich...?“ Ken hoffte dass ein nein folgen würde.

„Jap, hast du.“

Nun noch eine Spur roter im Gesicht suchte der Schwarzhaarige nach einer Ausrede. „Da hast du sicher… wieder irgendwas Perverses gesagt oder mich etwas gefragt gehabt.“ So langsam schlug dieses Gespräch eine Richtung ein, die ihm deutlich unangenehm wurde.

Frech begann Daisuke zu kichern. „Du bist aber trotzdem drauf eingegangen.“ Als er sich wieder eingekriegt hatte, lächelte er Ken an. „Aber es von dir zu hören war schön gewesen.“

„Du hast wohl zu viele Pornos geguckt.“ Das war das Einzige, was Ken eingefallen war, um sein Scharmgefühl zu überspielen. Was sollte er denn sonst antworten? ‚Schön dass du es gern gehört hast’?

„Was willst du? Du hast doch auch ein paar mit mir angeguckt.“ Unschuldig blinzelte der Brünette den Schwarzhaarigen an.

„Aber auch nur, weil du nicht aufgegeben hast, bis ich mit dir vor dem laufendem Film gesessen hab.“

„Och komm schon, es hat dir doch gefallen gehabt.“

„Wenn du meinst.“

„Es hat dich ja auch angemacht gehabt, als wir damals Tai und Yama beim Vögeln auf dem Männerklo im Kaufhaus gesehen haben.“

‚Jetzt fängt er schon wieder mit dieser Geschichte an.’ Ein genervter Laut entwich Kens Kehle. „Könntest du dein Vokabular bitte jugendfrei halten? Noriko ist schließlich da.“

„Lenk nicht vom Thema ab. Sie schläft doch eh.“

„Es reicht, Daisuke.“

„Da hast du zum ersten Mal von dir aus gewollt.“

„Motomiya, es reicht jetzt.“ Nun doch ganz schön gereizt sah er den Brünetten böse an. „Noch ein Wort darüber und du kannst bei Iori einziehen.“

Da verstummte Daisuke schnell wieder. Bei dem Jungen wollte er unter gar keinen Umständen einziehen. So viele Komplexe, wie der inzwischen entwickelt hatte, würde er bereits nach wenigen Stunden sich in die Tiefe stürzen. Iori hatte inzwischen fünf Katzen in seiner Einzimmerwohnung, die absolut alles durften. Und wehe jemand trat aus Versehen einer auf die Pfote oder den Schwanz, oder setzte sich auf den Lieblingssessel von einer von denen. – Da reichte es Daisuke voll und ganz, dass er sich hier mit Kens Katze – seine Yuki-chan – rumschlagen musste.
 

Eilig schlüpfte Daisuke in seine Schuhe. Da Miyako überraschender Weise trotz des späten Abends noch immer nicht nach hause gekommen war, hatte er sich entschlossen für sie den Einkauf zu erledigen. Er wusste, dass Ken damit nicht so ganz einverstanden war, aber letztlich hatte dieser doch eingewilligt und stand nun hinter ihm.

„Du willst wirklich jetzt noch gehen?“ Besorgt sah er zu, wie sich sein Freund die Jacke zuknöpfte.

„Och komm schon. Du tust ja gerade so, als würde draußen ein Serienmörder rumlaufen.“ Frech grinste der Brünette Ken an.

„Und wenn doch? – Ich weiß auch nicht warum, aber ich habe irgendwie ein komisches Gefühl…“

„Ken, mir wird schon nichts passieren. Ich werde in spätestens einer Stunde wieder hier sein. – Was soll mir da schon großartig passieren?“ Schnell hauchte er einen Kuss auf Kens Wange. „Mach bloß keine Panik, du hast das ganze nur noch nicht ganz verarbeitet.“ Damit spielte Daisuke auf Kens Vergewaltigung an. Er wollte es nicht direkt ansprechen, da er fürchtete seine Wunden wieder aufzureißen.

„Ich hoffe du hast recht.“ Und so ließ er ihn gehen. Als sich die Wohnungstür schloss, versetzte es ihm einen Stich ins Herz. Er hatte das Gefühl, als würde er Daisuke nie wieder sehen können.
 

Sich sicher, dass er nun alles eingepackt hatte, was auf dem kleinen Einkaufszettel stand, machte sich Daisuke auf den Weg zur Kasse. Wie es der Zufall so wollte, traf er dort auf zwei bekannte Gesichter.

„…Na gut, dann nimm dir einen Schokoriegel…“ Am Ende mit den Nerven seufzte der Blonde. „Ich sagte einen, Tai.“

Dieser war gerade dabei den halben Vorrat von den Schokoriegeln aus dem kleinen Regal zu nehmen. „Och Menno, Yama, einer reicht doch niemals!“ Eine Schnute ziehend blickte Taichi seinen blonden Freund an.

„Yagami Taichi, ich sagte einen. Ich will mir nicht noch einmal dein Gejammer antun, weil du über Bauch- und Zahnschmerzen klagst.“

„Aber –“

„Nichts aber.“ Hartnäckig bleibend griff er mit der einen Hand nach der Tais und mit der anderen nahm er einen der Riegel. „So, und nun lass uns endlich zur Kasse gehen.“ Gerade als Yamato losgehen wollte, erspähte er Daisuke, der nur wenige Meter von ihm entfernt stand und sie beide interessiert beobachtete. „Hey, Motomiya, was machst du denn hier?“

Ertappt zuckte Daisuke kurz zusammen, besann sich aber schnell wieder und ging auf seine beiden Freunde zu. „Sieht man doch.“ Damit deutete er auf den Einkaufskorb, den er trug.

„Macht das nicht sonst Miyako?“ hakte Taichi nach.

„Nun ja, eigentlich schon, sie ist aber noch nicht nach hause gekommen.“

Skeptisch beäugten Yamato und Tai den jüngeren.

„Wirklich nicht? Dabei ist es schon fast neun.“

Daisuke zuckte mit den Schultern. „Sie war schon heute Morgen so komisch gewesen. Sie wird sich sicher irgendwo abreagieren.“

„Wenn sie sich wirklich abreagieren will, dann solltest du ihr besser aus dem Weg gehen.“

„He, Yama, wollen wir noch mit Daisuke mit?“

„Lädst du dich schon wieder selbst ein?“ Yamato zog eine Braue hoch.

„Uns. – Und was meinst du?“

„Wie wäre es, wenn du zuerst Motomiya fragst, ob das auch okay ist?“

Kurz dachte Tai über die Worte seines Freundes nach. Sah dann zu Daisuke, der ihn nur anblinzelte. „Hättest du was dagegen, wenn wir noch mit zu dir kommen?“

„Nun ja, eigentlich nicht. Ich weiß aber nicht was Ken dazu sagt.“

„Mah, der wird uns schon nicht rauswerfen, wenn wir mal da sind!“ Damit war diese Angelegenheit beschlossen und er grinste den anderen Goggleboy vor sich an.

Nachdem sie alle bezahlt hatten, machten sie sich auf den Weg in Kens Apartment.

Daisuke war froh, dass die beiden da waren. Sie würden wieder etwas frischen Wind mit sich bringen und hoffentlich auch Ken ablenken.

Die drei verließen den Fahrstuhl und gingen auf die Wohnung zu.

Noch im Gehen kramte Daisuke den Wohnungsschlüssel aus seiner Tasche, doch als er diesen ins Schlüsselloch stecken wollte stoppte er.

„Ist was?“ fragte Tai und lugte über die Schulter des jüngeren.

„Die Tür… sie ist offen.“

„Wie offen? Hast du die vorhin nicht richtig zugemacht?“

„Doch habe ich. Ich bin mir sicher.“ Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend schob er die Tür auf und ging hinein. Da Noriko jetzt eigentlich schlafen müsste, hielt er sich davon ab, nach Ken zu rufen. Also machte er erst das Licht an, zog seine Schuhe aus, stellte die Einkäufe auf den Boden und ging in Richtung des Wohnzimmers. Auf dem Weg schaute er in jedes Zimmer, sah seinen schwarzhaarigen Freund aber nicht. Daisuke schluckte schwer. ‚Bitte lass ihn hier sein. Bitte lass ihn hier sein.’ Doch selbst als er dort angekommen war, sah er ihn nicht.

Tai und Yamato hinter dem jüngerem waren ihm ebenso misstrauisch gefolgt. Sie ahnten, dass etwas schlimmes hier vorgefallen sein musste, sprachen es aber um Daisuke nicht zu beunruhigen, nicht aus.

„Er… Er ist nicht da.“ erklang Daisukes zittrige Stimme.

Verschwunden

++++Kapitel 27++++

Verschwunden
 

Alles ging drunter und drüber. Alle um ihn herum waren in eine Art Panik ausgebrochen. Nur er fühlte sich so leer. Ohne sich zu rühren saß er auf der Couch im Wohnzimmer, hörte, wie sich die anderen unterhielten und sich überlegten

was vorgefallen sein könnte.

Kurz nachdem Daisuke, Tai und Yamato die Wohnung betreten hatten und feststellen mussten, dass Ken nicht daheim war, wurden einige Telefonate geführt. In erster Linie haben Tai und Yamato die anderen Digiritter angerufen, sie gefragt, ob Ken vielleicht bei ihnen war. Doch niemand hatte von dem Schwarzhaarigen etwas gehört.

Nachdem nun fast zwei Stunden vergangen waren, in denen Ken nicht wieder aufgetaucht war, hatten sich alle Digiritter hier eingefunden. – Natürlich alle bis auf Ken selbst.

Sogar Miyako ist wieder aufgetaucht. Sie hatte sich bei Mimi verkrochen gehabt um sich bei ihr aus zu heulen. Nun bereute sie es schrecklich nicht pünktlich zu hause gewesen zu sein. Wieder erwartend gab sie nicht Daisuke die Schuld, denn wenn sie zu hause gewesen wäre, wäre sie losgegangen und Daisuke wäre bei Ken geblieben und dieser wiederum wäre nicht verschwunden. Mitfühlend sah sie zu Daisuke hinüber. Sie konnte sich denken, wie dieser sich gerade fühlen musste.

„Das ist wirklich merkwürdig. Er würde doch niemals weggehen und dabei seine Tochter alleine lassen. Und dass die Wohnungstür offen gestanden hat ist noch merkwürdiger.“

„Da hast du recht, Koushiro, aber dann würde es doch bedeuten, dass ein Einbrecher oder so etwas in der Art hier gewesen ist.“ Besorgt sah Sora den Rothaarigen an und hoffte, dass dieser eine beruhigende Antwort finden würde.

„Es wäre durchaus möglich. Aber wir sollten besser auf jeden Fall seine Kollegen informieren, ehe es zu spät ist.“ Nachdenklich ließ Koushiro seinen Blick durch das Wohnzimmer wandern. Absolut gar nichts ist hier verändert worden. Es waren keinerlei Spuren zu erkennen, die auf ein gewaltsames Eindringen schließen ließen.

„Zum Glück ist Noriko-chan nichts passiert.“ Voller Sorge strich sich Hikari über ihren Bauch. Sie spürte, dass Ken definitiv nicht aus freien Stücken diese Wohnung verlassen hatte. Sie wusste, dass er seine Tochter unter gar keinen Umständen alleine gelassen hätte. Wenn er irgendwo hätte noch hingehen wollen, dann hätte er entweder gewartet, bis Daisuke wieder da ist, oder hätte Noriko mit sich genommen…

Takeru, der neben seiner Frau stand, legte seine Hand auf ihre Schulter. „Mach dir keine Sorgen. Wir werden ihn schon finden.“

Schwach lächelte sie zurück.

„Du solltest dich vielleicht besser hinsetzen.“ Schlug Jou vor. „Es wäre sicher besser für dein Kind.“

Zuerst wollte Hikari protestieren, aber Jou hatte wohl recht. Sie konnte nicht riskieren, dass ihrem Kind etwas zustieß, wenn sie sich zu viele Sorgen und Stress machte. Also gehorchte sie und setzte sich zu Daisuke, der bereits vor ihrem Eintreffen regungslos auf der Couch gesessen hatte. Selbst jetzt noch sah dieser verloren Löcher in die Luft. „Daisuke?“

Wie erwartet reagierte er nicht.

„Daisuke-kun? Hey, das wird schon wieder. Vielleicht hat er nur etwas Wichtiges besorgen müssen und hat dabei eben vergessen einen Zettel zu schreiben.“ Vorsichtig legte sie eine Hand auf seine Schulter.

Darauf richtete Daisuke dann doch seinen Blick auf Hikari. Einen Moment sah er sie stumm an, schüttelte dann aber seinen Kopf. „Nein, das glaube ich nicht.“

„Hm? Wieso?“

„Weil…“ Er überlegte, ob er es ihr sagen konnte, was wirklich der Grund gewesen war, dass Ken erneut im Krankenhaus gewesen ist. Aber würde der Kerl wirklich so weit gehen? Ken zu hause auflauern und dann verschleppen? So schnell?

„So das reicht jetzt. Wir rufen einfach bei seinen Kollegen an. Die werden schon wissen, was zu tun ist.“ Es langte Yamato. Dieses ständige ‚vielleicht’ und ‚möglicher Weise’ ging ihm gehörig gegen den Strich. „Machst du das, Miyako?“

Die angesprochene zuckte leicht zusammen, nickte aber schnell einverstanden.

Einen Moment lang hatte Hikari ihre brillentragende Freundin angesehen, hatte kurz vergessen, dass Daisuke etwas im Begriff gewesen war zu sagen, doch als sich Miyako in Bewegung setzte, um in den Flur zum Telefon zu gehen, besann sich Hikari wieder. „Weil was, Daisuke?“ Abwartend sah sie ihn an.

Er konnte es ihr nicht sagen. Er hatte Ken versprochen gehabt es für sich zu behalten. Vielleicht bestand ja doch die Möglichkeit, dass das alles hier nichts mit diesem Kerl zu tun hatte. In dem Fall wäre es unnötig die anderen über diese grausamen Dinge aufzuklären.

„Daisuke?“

Er schüttelte langsam den Kopf. „Schon gut. Vergiss es.“ sagte er leise und wandte seinen Blick von ihr ab.
 

Der nächste Morgen brach an und von Ken fehlte immer noch jeder Spur. Noch mitten in der Nacht waren Inspektor Takeshi und auch Tanemura gekommen um sich selbst ein Bild vom eventuellen Tatort zu machen. Doch leider haben sie auch nichts Nennenswertes finden können. Da auch sie dieses plötzliche Verschwinden äußerst merkwürdig fanden, haben sie sämtliche Angestellte ihrer Wache angewiesen nach Ken Ausschau zu halten. Mehr konnten sie nicht tun. Es gab nun mal keine Einbruchsspuren, geschweige denn fremde Fingerabdrücke an der Wohnungstür noch sonst irgendwo in der Wohnung. Nicht einmal Augenzeugen waren bislang vorhanden. Niemand hatte etwas gehört oder gesehen.

Bis jetzt ist es Daisuke nicht gelungen ein Auge zuzumachen. Die ganze Nacht über war er wach gewesen, hatte gehofft und gebetet, dass jeden Moment sein lieber freundlicher Ken mit seinem süßen Lächeln nach hause kam – vergebens. Nach mehrmaligen Aufforderungen Miyakos hatte er sich zwar ins Bett gelegt, Schlaf fand er dennoch nicht. Zu sehr beschäftigte es ihn, was Ken wirklich zugestoßen war, warum er nicht einfach bei ihm geblieben ist. ‚Wenn ich nicht gegangen wäre, wäre er jetzt noch hier bei mir. Es ist alles meine Schuld. Ich hätte hier bleiben sollen. Ich hätte auch damals nicht gehen dürfen. Ich hätte in Japan bleiben müssen, so wäre dieser widerliche Typ nie so nah an Ken rangekommen… Dann wäre ihm alles erspart geblieben…’ Er spürte, wie ihm allmählich die Tränen hoch kamen. Obwohl seine Augen schon äußerst wässrig waren, ließ er es nicht zu, dass sie flossen, er schluckte sie immer wieder runter. ‚Und ich hätte es Ken damals nicht sehen lassen dürfen. Ich hätte es nicht soweit kommen lassen dürfen. Denn so hätte er keinen Anlass gehabt, sich zu betrinken und dann mit Miyako ins Bett zu steigen… Es ist allein meine Schuld, dass sein Leben so verkorkst wurde. Als hätte er als Kind nicht schon genug durchgemacht…’ Ein Schlurzen entrann ihm. Das Kissen, das er fest seit geraumer Zeit umarmte, drückte er nun noch fester als ohnehin schon an sich. Es roch nach ihm, nach Ken. Allein diese Erkenntnis brach sein letztes bisschen Selbstbeherrschung und er fing an leise zu weinen.
 

Miyako schloss leise die Tür des Gästezimmers. Sie hatte Daisuke eine ganze Weile lang beobachtet, als sie jedoch bemerkte, dass er nun doch endlich seinen Gefühlen freien Lauf gab und weinte, wollte sie ihn allein lassen. Es beruhigte sie etwas, zu wissen dass er endlich aufhörte den Starken zu spielen.

Auch sie nahm das Verschwinden Kens schrecklich mit, aber sie war sich sicher, dass Daisuke wesentlich mehr darunter litt, als sie je könnte. Ken war zwar immer für sie da gewesen, wenn sie Hilfe brauchte und wenn er welche brauchte, konnte sie nichts tun. Sie hatte in den vergangenen Jahren seine seelischen Schmerzen nicht lindern können, stattdessen machte sie ihm noch mehr Probleme. Egal was sie getan hatte, es schien nie geholfen zu haben. Doch als Daisuke vor kurzem wieder zurück gekehrt war, vollbrachte er etwas in kürzester Zeit, was ihr in den ganzen Jahren nicht gelungen ist: Ken glücklich zu machen. – Sie musste es sich eingestehen: ob sie nun wollte oder nicht, sie musste Ken freilassen.

Schweren Herzens ging sie ins Wohnzimmer. Alle waren wieder gegangen, nachdem Kens Kollegen versprochen haben, sich der Sache persönlich anzunehmen. – Nun gut, nicht direkt alle, denn Koushiro war noch dageblieben. Warum genau konnte sich Miyako allerdings nicht erklären. Dem rothaarigen hatte noch nie sonderlich viel an Ken gelegen, zwischen den beiden bestand nur eine ganz normale Freundschaft, die ihren Halt wohl nur darin fand, dass sie durch sie – Miyako – sich gezwungener Maßen häufiger über den Weg liefen. Andernfalls hätten sie sicher nicht besonders viel miteinander am Hut. In letzter Zeit hatte sie sehr viel Zeit mit dem Rothaarigen verbracht, vielleicht machte er sich ja viel eher Sorgen um sie? ‚Mah, sicher nicht. Er hat doch nur seinen Computer und die Digiwelt im Kopf.’

„Und? Wie geht es ihm?“

„Na ja, bis eben hatte er stumm rum gelegen, aber jetzt weint er. – Ich glaube er hat den Schock überwunden.“ Seufzend setzte sich die Brillenträgerin auf die Couch zu dem Rothaarigen.

Eine kleine Weile schwiegen die beiden, bis Koushiro dann doch das Wort erhob. „Meinst du er könnte wissen, was mit Ichijouji los ist? Also was mit ihm passiert ist?“

„Möglich. Ken hat ihm mehr erzählt als mir. Vielleicht hat ja doch irgendein Exsträfling Rache geschworen und Ken hat ihm davon erzählt und nun gibt Motomiya sich die Schuld, dass er nicht auf ihn aufgepasst hat.“ Geräuschvoll atmete sie aus. „Immer diese Geheimnistuerei. Wenn Ken nur einmal den Mund aufgemacht hätte, dann wüssten wir jetzt sicher mehr.“

„Er wird schon seine Gründe gehabt haben, gewisse Sachen verheimlicht zu haben. Er wollte uns eben nicht beunruhigen.“ Aufmunternd lächelte er sie an.

„Mag schon sein, aber er übertreibt es doch ganz schön in letzter Zeit mit seinen Geheimnissen.“

Darauf konnte der Rothaarige nur verhalten Lachen. „Wann hatte Ichijouji-kun denn mal keine Geheimnisse vor uns?“

„Auch wieder wahr.“ Ergeben seufzte sie. Bereits von dem ersten Tag, seit dem sie Ken kannte, hatte er Geheimnisse. Das erste war wohl das, dass er der Digimonkaiser gewesen ist und dann die Wahrheit über die Schwarzturmdigimon, die er ihnen damals anfänglich verschwiegen hatte. Im Laufe der Jahre kamen noch unzählige Geheimnisse hinzu und sie war sich sicher, dass es noch massig gab, was Ken vor ihnen verschwieg.

Still beobachtete Koushiro die junge Frau neben sich. Sie gab sich zwar gefasst, aber er war sich sicher, dass das nur eine Fassade war, dass sie es ihm nur vorspielte. Schließlich war sie bereits seit Jahren hinter Ken her, hatte letztlich ein Kind mit ihm, also hatte Miyako alles was sie sich wünschte, oder? Dann müsste sie doch jetzt, wo Ken verschwunden war, schrecklich besorgt sein, am Heulen und aus ticken sein, doch davon war nicht sonderlich viel zu erkennen. Ein kleiner Gedanke schlich sich in Koushiros Kopf. ‚Vielleicht ist sie nicht mehr in ihn verliebt? Tja, nach all den Jahren der Zurückweisung wäre das ja auch kein Wunder. Zudem wir alle doch schon seit Jahren wissen, dass Ken nicht sie liebt sondern… Motomiya-kun… Der reagiert wenigstens entsprechend. Doch sie? Sie ist so gefasst.’

„Ist was?“ fragte Miyako mit einer minimalen Röte auf den Wangen. Sie mochte es nicht sonderlich, wenn man sie anstarrte.

„Huh? Äh, nichts. Nichts.“ Ertappt zog er seine Mundwinkel zu einem gequälten Grinsen.

„Wenn du meinst…“

„Wieso legst du dich nicht auch etwas hin?“

„Und was ist mit Noriko-chan?“

„Nun, wenn du einverstanden bist, dann könnte ich sie ja mitnehmen. So kannst du dich auch ausruhen und Noriko merkt nicht so schnell, was los ist.“ Es war zwar nur eine Blitzidee von ihm, aber insgeheim hoffte Koushiro, dass Miyako zustimmen würde. Warum er das hoffte, war ihm ein Rätsel. Er konnte nicht sonderlich gut mit Kindern und wusste auch nicht so recht, was er mit der Kleinen machen sollte, wenn sie denn überhaupt damit einverstanden war.

„Ich könnte auch seine Eltern bitten, sie zu sich zu nehmen… aber ich will sie nicht jetzt schon beunruhigen. Ken kann ja schließlich einfach nur mal zu einem Bekannten gegangen sein und in ein paar Stunden wieder kommen… Ich meine, bis jetzt wissen wir ja nicht hundertprozentig, dass ihm etwas Schlimmes widerfahren ist.“ Sie seufzte. Sie wusste dass das reines Wunschdenken war, aber sie wollte so sehr daran glauben. „Da du es schon anbietest, warum nicht? Solange sie dir nicht all zu viel Ärger macht, kannst du sie heute Nachmittag wieder herbringen. Am besten du gehst mit ihr in den Park, wenn das Wetter mitspielt. Dort kann sie sich selbst Stundenlang beschäftigen.“ Müde erhob sich Miyako, wollte noch schnell das nötigste zusammenpacken, das Koushiro brauchen würde, ehe sie ihre Tochter mit ihm mitgehen ließ.
 

Friedlich zusammengerollt lag Yuki auf ihrem Kissen, das Ken ihr vor ein paar Tagen neben die Couch gelegt hatte. Die Katze hatte sich von dem Trouble der vergangenen Stunden nicht sonderlich stören lassen, doch jetzt, wo für gewöhnlich ihr Herrchen sich zu ihr hockte und sich mit ihr beschäftigte und von eben diesem keine Spur zu sehen war, hob sie ihren Kopf, suchte die Umgebung nach ihm ab. Da sie natürlich nicht fündig wurde, stand sie auf, streckte sich, ehe sie sich auf die Suche machte.

So still wie es war, schaute das Tier misstrauisch um sich. Nachdem sie ihr Herrchen in keinem der offenen Räumen finden konnte, was besonders die Küche betraf, versuchte sie in eines der Zimmer zu gelangen, das sie eigentlich besser meiden sollte.

Vor nicht all zu langer Zeit hatte sie hier einen Fliederfarbenen Strickpullover als Schlafplatz missbraucht gehabt und natürlich ihre Krallen daran gewetzt, ganz zum Ärger Miyakos. Nur knapp war Yuki einem Rausschmiss entgangen. Wäre Ken nicht daheim gewesen, hätte die Brillenträgerin sie eiskalt raus geschmissen.

Yuki drückte sich gegen die angelehnte Tür, die darauf weit genug aufging, sodass sie hineingehen konnte. Alles was sie fand, war eine schlafende Frau.

Das lange, sonst so glatte Haar lag wirr über das Kopfkissen und ihr Gesicht verteilt. Auf den Wangen war eine getrocknete salzige Spur zuerkennen.

Enttäuscht, nicht das gesuchte gefunden zu haben, zog das Tier wieder ab und setzte seine Suche fort. Das Kinderzimmer war wieder erwartend für sie unbetretbar, da jemand die Tür richtig geschlossen hatte. Jetzt blieb nur noch ein Zimmer übrig. Nun doch etwas ungeduldiger eilte die Katze zur letzten Tür, beschnupperte diese eingehend, als sie davor stand. Auf dem ersten Blick schien sie fest geschlossen zu sein, doch als Yuki sich auf die Hinterbeine stellte und die beiden Vorderpfoten gegen die Tür drückte, öffnete sie sich.

Dieses Zimmer war im Gegensatz zum Wohnzimmer, das von der Sonne erhellt wurde, stockdunkel. Auf leisen Pfoten schlich sich Yuki-chan hinein, steuerte das große Bett an. Mit einem Satz war sie schon oben. Sie erspähte Daisuke, der auf der Seite liegend ein Kissen umklammert hielt. Der war zwar nicht gerade der Mensch, den sie gesucht hatte, aber sie begnügte sich mit ihm. Sich Aufmerksamkeit erhoffend schlenderte sie gemütlich dicht hinter dem Brünetten lang, nur um letztlich ihre Pfötchen auf dessen Oberarm abstützen zu können, damit sie ihn beschnuppern konnte.

Ihre Barthaare kitzelten in Daisukes Gesicht, weshalb er im Schlaf dieses verzog. Das war jedoch die einzige Reaktion. Er schlief weiter.

Leicht verärgert über die mangelnde Aufmerksamkeit kletterte die Katze auf den jungen Mann, legte sich auf ihn, sodass sie noch problemlos dessen Haarpracht erreichen konnte. Einen langen Hals machend schnappte sie mit dem Maul nach dem kurzen Haar, zog daran, leckte sogar gelegentlich über die Zotteln. Als ihr Opfer im Tiefschlaf Anstalten machte sich zu bewegen, setzte sie ihre Krallen ein, hielt den Kopf fest, der stetig versuchte ihr zu entkommen. Das ging einige Minuten lang so, bis der Brünette unter ihr erbost anfing zu brummen.

Sich wundernd, was da gerade so intensiv mit seinen Haaren beschäftigt war, kniff Daisuke seine Augen zusammen bevor er sie blinzelnd öffnete. Für einen winzigen Augenblick glaubte er, dass sein Ken-chan es war, der ihn nur etwas ärgern wollte, doch im nächsten wurde ihm schmerzhaft in Erinnerung gerufen, dass dieser vor ein paar Stunden verschwunden war. Schwer schluckte er. Wann war er eingeschlafen? Wie hatte er das tun können, wo der wichtigste Mensch in seinem Leben jetzt gerade höchstwahrscheinlich Höllenqualen durch litt? Wie hatte er sich überhaupt dazu überreden lassen können sich hin zu legen, wo er eigentlich dazu verpflichtet war sofort nach Ken zu suchen? Doch wo sollte er anfangen? Er konnte sich zwar denken, wer seinen Geliebten entführt haben könnte, doch wusste er leider nicht wo sich dieser befand, geschweige denn, dass er einen richtigen Beweis hatte, dass ausgerechnet dieser Kerl es war. Und wer sollte ihm auch glauben, wo seine Anschuldigungen keinen Halt hatten, unbewiesen waren? Einen tiefen Atemzug nehmend nahm Daisuke die Katze von sich runter, damit sie endlich aufhörte an seinen Haaren zu lecken und zu knabbern.

Diese beschwerte sich mit einem Mauzen während sie auf das Bett abgesetzt wurde.

‚Hier rum zu liegen bringt mich auch nicht weiter. Ich muss handeln und diesen Kerl ausquetschen. Der ist sicher der einzige der weiß wo Ken ist und wie es ihm geht.’ Ein plötzliches Klopfen an der Zimmertür erschreckte ihn und ließ Yuki die Ohren anlegen.

Die Tür öffnete sich einen Spalt und ein brünetter Wuschelkopf streckte sich hinein, der seinen Blick schnell auf Daisuke richtete. „Hey, bist du wach?“

Grummelnd setzte sich der jüngere auf. „Leider. Was willst du?“

Ertappt zog Tai eine Grimasse. „Nun ich glaube dass du das weißt.“ Mit diesen Worten schritt er nun gänzlich ins Zimmer, machte das Licht an und ging weiter zu Daisuke.

Doch dieser erwiderte nichts. Daisuke sah ihn nur stumm an.

Einen Moment lang biss sich Taichi auf die Unterlippe. In dieser Stimmung hatte er Daisuke zwar bereits erlebt gehabt, aber damals war der Junge nur deprimiert gewesen und nicht wie jetzt extrem besorgt und zerfressen von Schuldgefühlen. „Weißt du…“ begann er vorsichtig. „… die anderen und ich glauben, dass es besser wäre, wenn du dich etwas ablenkst. Nach draußen gehst. Hier drinnen Trübsal zu blasen bringt doch keinem wirklich was. Und wer weiß? Vielleicht kommt er ja wieder? Wir wissen doch gar nicht, ob er vielleicht doch irgendwo hingegangen ist und eben vergessen hat jemandem Bescheid zu geben.“ Ein Seufzen seitens Daisukes ließ ihn stoppen. Interessiert, was dieser jetzt zu bemängeln hatte, sah er ihn mit schief gelegtem Kopf an.

„Du weißt genauso gut wie ich, dass Ken sich so niemals aus freien Willen verhalten würde.“

„Das klingt, als wüsstest du mehr als wir.“

„Kann sein.“

„Und?“

„Was und?“

„Was weißt du?“

Irritiert blinzelte Daisuke vor sich hin. Tai schien das Spiel besser zu beherrschen als erwartet. Noch wollte er sich nicht geschlagen geben und alles was er glaubte zu wissen Taichi erzählen. „Das eine oder andere. Nichts was dich angehen könnte.“

Herausfordernd zog der ältere seine Augen zu schmalen Schlitzen. „Huh, du glaubst doch wohl nicht, dass du vor mir etwas verheimlichen kannst.“ Das hoffte er zumindest. Tai war sich bewusst, dass Daisuke der einzige war, der entscheidende Hinweise darüber liefern konnte, was zu einem mit Ichijouji geschehen ist und zum anderen wo dieser womöglich sein könnte. Das große Aber hierbei bestand jedoch darin, dass Daisuke in den vergangenen Jahren durchaus erwachsener und auch verschwiegener geworden zu sein schien. Vor ein paar Jahren hätte selbst ein wildfremder höchstens fünf Minuten gebraucht um das eine und andere Geheimnis aus dem Jungen rauszukitzeln, doch heute hätte selbst Ken damit Probleme.

Auch weiterhin schwieg Daisuke trotzig. Er hatte Ken versprochen gehabt, es für sich zu behalten, also würde er so früh noch nicht Kleinbai geben. Vorher musste er auf eigener Faust ein paar Dingen nachgehen. Er könnte schließlich mit seiner Vermutung im Bezug auf diesen Kerl falsch liegen und dann würde Daisuke nicht nur sich, sondern auch Ken blamieren und genau das wollte er nicht.

So langsam langte es Taichi, sodass er genervt die Augen verdrehte. „Wenn du unbedingt schweigen willst, bitte. Aber so wirst du sofort aufstehen und dich fertig machen!“

Irritiert glotzte der jüngere Tai an. „Hä?“

„Lass dein ‚Hä’ stecken und steh auf, oder muss ich erst nachhelfen?“ Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen ging Tai in Angriffsstellung und sah Daisuke warnend an. Nur aus seinem Blickwinkel heraus sah er dass die Katze vom Bett runter sprang, als witterte diese, dass es gleich ungemütlich werden würde.

Darauf konnte Daisuke nur eine Braue heben. „Du spinnst.“ Gerade als er sich demonstrativ wieder hinlegen wollte, wurde er auch schon von Taichi angesprungen. „Hey! Lass den Scheiß!“ schrie Daisuke schrill und versuchte sich freizukämpfen. Ehe er es sich versah, wurden seine Handgelenke gepackt.

„Das ist alles nur zu deinem Besten. Du wirst mir nicht noch einmal deine Trauerkloßnummer abziehen!“ Fest entschlossen zerrte der ältere Daisuke an den Handgelenken gepackt aus dem Bett, doch dieser zeigte entgegen seinen Erwartungen keinerlei Gegenwehr, ließ sich stattdessen wie ein nasser schlaffer Sack hängen. Angepisst biss er sich auf die Unterlippe.
 

Keine halbe Stunde später war der kleine Kampf zwischen den beiden ehemaligen Anführern der Digiritter vorbei, aus welchem Tai als Sieger hervorgetreten ist. Auf diese Tatsache äußerst stolz zierte ein breites Grinsen Taichis Gesicht.

„Hör auf zu grinsen, sonst schlage ich solange auf dich ein, bis es dir vergeht.“ knurrte Daisuke angefressen. Bis zum Äußersten schlecht drauf war er dazu verdammt mit Tai durch die Straßen Tokios zu spazieren und dieser hatte nichts Besseres zu tun, als blöd vor sich hin zu grinsen. Sie hatten gerade den Park erreicht, der zurzeit relativ leer war.

„Hm, nö. Du verlierst eh wieder gegen mich.“

„Fühlst dich jetzt ganz toll, ne?“ kommentierte der jüngere sarkastisch. „Aber ich wette sonst bist du nur am ablosen. Besonders gegen deinen Yama.“

Dank dieser Bemerkung verging Tai das Grinsen wieder. „Kann ja nicht jeder so eine Tolle Beziehung haben wie du. Ach, ich hab ja ganz vergessen, dass du keine hast.“ Er wusste dass das gemein und äußerst taktlos war. Auch wenn er wusste dass zwischen Daisuke und Ken wieder was am Laufen war, ist offiziell niemand eingeweiht worden, also galt Daisuke noch als Single.

Als Gegenreaktion blieb der jüngere einfach stehen und schaute böse drein.

„Was, bist du plötzlich auf den Mund gefallen oder was?“ scherzte Tai und drehte sich um, wartete dass sein Kumpel zu ihm wieder auf schloss.

„Wie kannst du nur solch einen Mist erzählen? Ich habe jetzt ganz andere Sachen im Kopf als mich mit dir darüber zu zanken, ob ich in einer Beziehung bin und ob diese besser ist als deine!“ Aufgebracht drehte sich Daisuke um und ging zügig von Taichi weg.

Für einen Augenblick stand dieser verwirrt an seinem Platz, bis er sich wieder fasste und hinter Daisuke her rannte. „Warte! Du weißt dass ich das nicht so gemeint hab!“ Schnell hatte er den jüngeren eingeholt, aber der ging einfach weiter und kaum, dass Tai ihn versuchte festzuhalten, schlug dieser nach ihm.

„Hau ab! Lass mich endlich in Ruhe!“ keifte Daisuke wütend.

„Jetzt beruhig dich. Es bringt weder dir noch ihm etwas, wenn du in deinem Selbstmitleid und deinen Schuldgefühlen ertrinkst!“

„Ach? Und was soll ich deiner Meinung nach sonst tun?“ fuhr der jüngere Taichi an. „Ich habe keine Ahnung wo er ist! Und euer scheiß Gelaber könnt ihr euch sonst wo hin schieben, dass er selbst irgendwohin gegangen ist weil er was zu erledigen hatte!“ Warum konnte auch niemand sonst das so offensichtliche sehen? Genau in diesem Augenblick könnte Ken bereits tot sein, aber das schien allen egal zu sein.

„Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, wir versuchen dich auf zu muntern! Wir haben auch keinen Plan was mit ihm passiert ist, der Einzige der was wissen könnte, bist du! Aber statt dass du uns sagst, was du weißt, bist du nur am Schweigen!! So wird niemand Ichijouji helfen können, geht das nicht in deinen Schädel rein?“ Von einem Moment auf den anderen verflog die Wut in ihm wieder genauso schnell wie sie gekommen war, als er sah dass sich Tränen begannen in Daisukes Augen zu sammeln. Am liebsten würde sich Tai gerade selbst schlagen. Er war zu weit gegangen. Vorsichtig ging er einen Schritt näher auf ihn zu. „Hey, es wird schon wieder. Wir werden ihn finden. Ganz bestimmt.“ sagte Tai leise ehe er Daisuke in die Arme nahm um ihn zu trösten.

Fetzen einer Liebesgeschichte

++++Kapitel 28++++

Fetzen einer Liebesgeschichte
 

»Flashback«
 

„Ihr… ihr seid zusammen? So richtig zusammen?“ kam es äußerst geschockt von Sora. Sie hatte nicht mal den leisesten Verdacht gehabt…

Wage nickten Ken und Daisuke synchron. Auf ihren Wangen hatte sich eine deutliche Röte gebildet. Nachdem es zwischen den beiden nun schon gute fünf Monate gut lief, hatten sie sich entschieden es endlich allen Digirittern zu beichten und welches Ereignis wäre dazu besser geeignet als die Weihnachtsparty? Immerhin waren hier alle versammelt und so mussten sie nicht jeden einzeln besuchen.

„Das ist so süüüüüß!“ quietschte Mimi entzückt.

„Und seit wann?“ wollte Koushiro wissen. Er war zwar etwas geschockt, denn immerhin waren hier gerade zwei gute Freunde von ihm dabei sich zu outen, aber sonderlich störte er sich wohl nicht dran.

„Seit ende Juli.“ Daisuke musterte die Gesichter der vier vor sich. Diese vier waren schließlich die letzten, die von seiner und Kens Beziehung bislang nichts wussten. Zu seinem Glück hatten Tai, Yamato, Hikari, Takeru, Jou und Iori nichts erzählt, denn die wussten bereits eine kleine Weile davon. Yamato und Tai waren die ersten gewesen, bereits eine Woche nachdem sie zusammengekommen waren, hatten sie durch einen Streich Tais davon Wind bekommen. Die restlichen vier hatten vor fast zwei Monaten davon erfahren, als sie unfreiwillig eine halbe Nacht im Kaufhaus Odaibas eingesperrt gewesen waren. Und nun wussten es alle Digiritter.

„Na immerhin habt ihr es uns noch mitgeteilt.“ Damit war Koushiro zufrieden. Anerkennend grinste er die beiden jüngeren an.

Auch Sora lächelte sie an. „Solange ihr glücklich miteinander seid, soll es mich nicht stören.“

Freudig schritt Mimi auf die beiden zu und umarmte sie glücklich. „Pass gut auf deinen Ken-chan auf.“ sagte sie während sie Daisuke drückte.

Der Schwarzhaarige wurde noch einen Farbton roter als er Mimis Worte hörte.

„Werd ich.“ Frech grinste er. Zur Bestätigung legte Daisuke seinen Arm um Ken, der gleich darauf sein Gesicht vor Scham in seine Halsbeuge vergrub.

Bei dem Anblick mussten alle Anwesenden lachen, alle bis auf Miyako. Diese knirschte mit den Zähnen und ballte ihre Hände nun schon so stark zur Fast dass es ihr weh tat. Es missfiel ihr zu sehen, wie sich ‚ihr’ Ken in den Armen eines anderen befand und das auch noch in den Armen eines Jungen! Ein anderes Mädchen hätte sie sicher noch ausstechen können, aber einen Jungen? Daisuke?

„Alles ok, Miya?“ fragte Hikari vorsichtig nach, da sie die aufkochende Wut ihrer Freundin bemerkt hatte. Erst als sie ihre Hand auf die Schulter Miyakos legte, schien diese wieder runter zu kommen.

„Ja, ja…“

Taichi räusperte sich. „Wo schon die beiden den Mut hatten, möchten wir euch auch was gestehen, ne, Yama?“

Dieser grummelte nur.

„Wir sind nämlich auch ein Paar.“ Unschuldig grinste Tai in die Runde und hoffte ebenfalls dass seine Freunde es akzeptierten. Die sahen allerdings eher gelangweilt zurück.

„Wird aber auch langsam mal Zeit, dass ihr es ausspuckt.“ Erwiderte Mimi während sie sich ihre Fingernägel ansah.

„Immerhin haben sie es.“ meinte Iori schlicht.

„Lieber spät als nie.“ Ergänzte Jou, der es schließlich schon eine kleine Weile dank der Liveübertragung vom Herrenklo im Kaufhaus bestätigt wusste. Im Grunde etwas, das er lieber nicht gesehen hätte.

„Aber das hat über drei Jahre gedauert. Ich hab schon gedacht, dass sie es nie hinkriegen.“ maulte Mimi und erntete dafür gemeinschaftliches Lachen der anderen.

Sogar Ken hatte an Daisukes Seite darüber kichern müssen.

Tai und Yamato hingegen fanden es nicht so witzig.
 


 

Lachend schloss Daisuke seine Arme von hinten um seinen Geliebten, der gerade etwas beleidigt zur Seite sah. „Och komm schon. Ich weiß ganz genau, dass du dich über diese Party freust.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine will.“ nuschelte Ken.

„Hey, du bist achtzehn geworden und hast noch nie deinen Geburtstag gefeiert. Und außerdem hast du dich schon in den letzten sechs Jahren davor gedrückt ihn zu feiern, weil du ja angeblich so viel zu tun hattest.“

„Das hatte ich auch – genau wie heute.“ Noch immer beleidigt zog Ken eine Schnute. „Als Schulsprecher hat man eben viel zu tun und die Chemie-AG beansprucht auch viel Zeit, weil-“

„Ja ja, weil euer Sempai sich im Skiurlaub das Bein gebrochen hat und du ihn vertreten musst.“ Daisuke seufzte. „Aber du musst dich auch mal etwas ablenken, Spaß haben. Und die Anderen haben dich auch schon seit ein paar Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen.“ Er sah zu den Anderen hinüber, die sich bereits lustig miteinander unterhielten. Mimi kicherte über etwas das Koushiro ihr ins Ohr geflüstert hatte.

„So lange ist die Weihnachtsparty nun auch wieder nicht her.“

„Die ist nun schon fünf Wochen her und davor hattest du auch ständig was Wichtigeres zu tun. Seit September hast du ständig abgesagt, wenn wir uns mit den anderen treffen wollten und ich hatte schon zu tun gehabt dich zu Gesicht zu bekommen. Wenn ich nicht dauernd unangekündigt bei dir vorbei geschneit wäre und dich sogar in deiner Schule besucht hätte, hätte ich dich vor den nächsten Feiertagen nicht mehr gesehen.“

Tief atmete Ken durch. „Na gut. Du hast ja recht.“ Schwach lächelte er über seine Schulter hinweg Daisuke an. Dieser grinste zufrieden ehe er ihm einen Kuss auf die Wange drückte.

„Hey, ihr zwei, wenn ihr miteinander rummachen wollt, dann nehmt euch ein Zimmer!“ Über seinen eigenen Witz lachend stieß Tai mit seinen Ellenbogen in Yamatos Seite.

Allerdings gefiel es dem Blonden nicht so sehr, da er deswegen beinahe sein Getränk verschüttet hätte. „Pass doch mal auf, Tai.“

Kurz sah Daisuke Ken an, grinste dann synchron mit ihm und ging Händchen haltend zu den anderen hinüber. „Wenn du zahlst, gerne.“ Mit diesen Worten knuffte Daisuke Taichi gegen den Arm.
 


 

Mit einem Lächeln auf den Lippen stellte Daisuke einen voll gepackten Karton auf den Boden. Er konnte es noch immer nicht fassen. Er war gerade dabei seine Gemeinsame Wohnung mit Ken einzuräumen.

Besagter war damit beschäftigt die Regale einzuräumen, um so wenigstens etwas mehr Platz für die restlichen Kisten zu schaffen, die noch hier hoch geschleppt werden mussten. Man konnte nämlich inzwischen kaum noch durch die Wohnung gehen, so viele Kisten stapelten sich bereits Kreuz und quer in den Zimmern und dem Flur.

„Puh, wir hätten wohl doch die anderen Fragen sollen, ob sie uns helfen.“

Bei den Worten drehte sich Ken um. „Wir haben ja auch nicht gewusst, dass wir so viel Zeug haben.“

„Tja, da hatte Jun ausnahmsweise mal recht gehabt.“ gab Daisuke zu, als er sich die gefühlten tausend Kisten um sich herum ansah.

Kichernd kam der Schwarzhaarige auf den Brünetten zu. „Dass ich das noch erleben durfte, dass du deiner Schwester Recht gibst…“ Er lächelte seinen Freund an, dieser legte seine Arme um ihn. Die Umarmung erwidernd legte er seine um den Hals Daisukes. Einen Augenblick lang sahen sie sich tief in die Augen, ehe sie sich zärtlich küssten. „Jetzt aber weiter, wir müssen wenigstens unseren Krempel heute noch hier irgendwie rein bekommen.“

„Na hoffentlich sind wir dann nicht zu erschöpft, um unser Bett heute Nacht ein zu weihen.“ Schnell küsste Daisuke Ken auf die Stirn.

Knallrot im Gesicht sah Ken zu wie Daisuke lachend sich wieder ans Werk machte und wieder nach unten stürmte um die nächsten Kisten hoch zuholen.

In Windeseile waren auch die restlichen Umzugskartons in die Wohnung gebracht worden, gerade noch rechtzeitig, denn kaum, dass Daisuke mit der letzten Kiste oben ankam, begann es draußen zu regnen. Als er das durch einen Blick zum Fenster bemerkte, musste er grinsen. ‚Da hatte ich noch mal Glück gehabt.’

„Was ist denn so witzig?“ wollte Ken wissen, als er das Grinsen seines Freundes sah. Bis eben war er noch in der Küche gewesen, um Wasser für einen heißen Tee anzusetzen, weswegen er glaubte etwas verpasst zu haben.

„Hm? Nichts weiter. – Was meinst du, sollen wir heute noch weiter machen, oder verschieben wir das auf morgen?“

Ken zuckte mit den Schultern. „Das Wichtigste haben wir ja schon geschafft und raus müssen wir heute auch nicht mehr.“

Das deutete Daisuke als ein ‚auf Morgen verschieben’, weswegen ihm gleich in den Sinn kam, diese Stimmung auszunutzen. „Na dann können wir uns ja vor den Fernseher lümmeln und uns ausruhen.“

Ein skeptischer Blick Kens zu besagtem Fernseher ließ ihn zweifeln. „Dafür müssten wir vorher die Kisten zwischen Sofa und Fernseher wegräumen.“

„Na dann ran ans Werk!“ Euphorisch stieß der Brünette eine Faust in die Höhe, ehe er sich das Handgelenk seines Freundes schnappte und ihn mit sich zog um schnell die lästigen Kisten beiseite zu schieben.

Wenig später saßen die beiden eng aneinander gekuschelt unter einer Decke und tranken genüsslich ihren Tee, während sie sich das Abendprogramm zusammen ansahen. Zum aller ersten Mal in ihrem Leben waren sie wirklich allein miteinander und mussten nicht befürchten, dass jeden Moment ihre Eltern oder Jun rein platzen könnten. Und es gab momentan nichts Schöneres für sie, als einfach die Nähe des anderen zu spüren, während der Regen gegen die Fensterscheiben prasselte.
 


 

Völlig verschwitzt und keuchend lagen die beiden aufeinander. Obwohl sie sich vor Erschöpfung kaum noch rühren konnten waren sie glücklich.

Zufrieden begann Daisuke die Halsbeuge seines Geliebten zu liebkosen. Es kostete ihn zwar einiges an Energie, aber er mochte es das leise Stöhnen Kens zuhören, wenn er das bei ihm tat. Nach einer kleinen Weile küsste er sich weiter zu den Wangen und küsste letztlich Ken auf die geschwollenen Lippen.

Unterdrückt stöhnte Ken als er spürte wie sich Daisukes Körper auf ihm bewegte. So erledigt er war, war er doch froh, dass sich Daisuke von ihm runter rollte. Nahe seinem Gesicht sah er in braune Augen, die ihn stumm musterten. Der Atem seines Freundes streifte sanft sein Gesicht, bewirkte eine kleine Abkühlung. Als er die sanften Fingerspitzen auf seiner Stirn fühlte, die seine verschwitzen Haarsträhnen zur Seite strichen, schloss Ken seine Augen.

Mit einem Lächeln auf den Lippen beobachtete Daisuke den Schwarzhaarigen. Er wusste dass dieser gleich einschlafen würde, also nutzte er die Gelegenheit, solange dieser noch wach war und küsste sanft die Augenlider seines Freundes. Nachdem er das getan hatte, langte er nach der Decke, zog sie über sich und Ken, ehe er sich an ihn kuschelte.
 


 

Erschöpft ließ sich Ken auf einen der Stühle in der Küche nieder. Er hatte endlich Feierabend und zu seinem Glück hatte Daisuke für den heutigen Abend mal nicht vor auszugehen oder hatte – mal wieder – die anderen eingeladen. Stattdessen stand dieser gerade vor dem Herd und war dabei irgendetwas Fragwürdiges zusammen zu brauen. Es roch zwar nicht gerade schlecht, aber beim besten Willen konnte der Schwarzhaarige nicht ausmachen, was da gerade gekocht wurde. “Was machst du da?“

„Hm, kochen?“ erwiderte Daisuke mit einem fragenden Unterton in der Stimme.

„Das sehe ich auch. Aber was kochst du?“

„Eine Nudelsuppe.“ Unmittelbar, nachdem er das ausgesprochen hatte, stand sein Freund plötzlich dicht hinter ihm und linste über seine Schulter. „Was?“

Einen Moment lang begutachtete Ken das, was sein Freund als Nudelsuppe betitelte, ehe er antwortete. „Das riecht aber nicht sonderlich nach einer Nudelsuppe. Was hast du da rein gemacht? Knoblauch anstelle von Zwiebeln?“

„Sehr witzig. Ich bin vorhin auf ein Rezept im Internet gestoßen und will das mal testen.“

„Und wen genau willst du damit vergiften? – Einen Vampir?“

„Ey.“ Leicht stieß Daisuke seinen Ellenbogen in Kens Magengegend. „Warte nur ab, das ist nur noch nicht fertig.“

„Also willst du mich vergiften?“ scherzte Ken.

Bei dieser Bemerkung musste Daisuke auflachen. „An irgendjemandem muss ich das ja testen. Und da Tai nun mal einen Magen wie ein Pferd hat, musst du eben herhalten.“ Daisuke war klar, dass Ken nur einen Spaß machte und sich nicht ernsthaft was dabei dachte, also konnte er auch ruhigen Gewissens darauf eingehen.

„Wie aufmerksam von dir.“ Gespielt angewidert verzog der Schwarzhaarige sein Gesicht.

„Bisher hast du dich noch nie über meine Kochkünste beschwert.“

„Bisher hatte ich auch noch keinen Anlass dazu gehabt, schließlich hattest du bislang noch kein Gift versucht an mir zu testen.“

Sanft lächelnd drehte sich der Braunäugige um, legte seine Arme um die Taille seines Opfers. „Vielleicht ist es auch nur ein Mittel um dich mir gehörig zu machen?“

„Huh? Das hast du nötig?“

„Mal sehen, vielleicht geht es auch ohne.“ Zuerst sanft, doch dann fordernd versiegelte er seine Lippen mit denen Kens, drängte diesen hinüber zum Küchentisch, während seine Hände über dessen Körper wanderten.

Ein Stöhnen entwich Ken, als er den Tisch hinter sich spürte. In dem Moment, in dem er nach Luft schnappte, wurde er überrumpelt und Rücklinks auf den Tisch gedrückt, sodass er machtlos seinen Geliebten gewähren lassen musste.

Fordernd liebkoste Daisuke Kens Halsbeuge, schob seine Hände unter seinen Pulli und fuhr mit seinen Fingerspitzen über die weiche Haut. Kurz bevor er die rosigen Knospen Kens erreichte, hörte er, wie sich jemand räusperte. Verwundert blickte er auf und staunte nicht schlecht, wer ihn da gerade störte.

„Schönen guten Abend, ihr zwei.“ Da stand Jun mit ihrer Tochter auf dem Arm im Türrahmen und grinste ihn unverfroren an.

„Hey, Jun. Was machst du denn hier?“

„Dich offensichtlich dabei stören, es hemmungslos mit deinem Freund auf dem Küchentisch zu treiben.“

Besagter Freund hatte darauf nichts weiter als ein klein lautes „Nicht schon wieder.“ übrig. Entnervt schuppste er den Brünetten von sich. Das war bereits mindestens das zwanzigste Mal, dass sie mittendrin, oder eher kurz davor rein platzte. Dabei hatten sie beide gedacht, dass das mit dem Einzug in ihrer eigenen Wohnung endlich aufhören würde.

„Warum kreuzt du eigentlich ständig dann auf, wenn wir kurz davor sind?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht weil es mittendrin doch zu unangenehm sein würde.“

„Und wie bist du dieses Mal hier rein gekommen? Hast du dir einen Schlüssel nachmachen lassen?“

„Nee, viel einfacher. Einer von euch hat vergessen die Wohnungstür zu zumachen.“

Vorwurfsvoll richtete Daisuke seinen Blick auf seinen schwarzhaarigen Freund, der gerade im Begriff war möglichst unauffällig das Weite zu suchen.
 

… Nach einem endlosem Traum, in dieser Welt der Nichtigkeiten,

scheint es, als würden unsere geliebten Träume verloren gehen.

Selbst mit diesen unzuverlässigen Flügeln, gehüllt in Bildern die zu bleiben scheinen,

da bin ich mir sicher, können wir fliegen, oh yeah …
 

Voller Leidenschaft sang Yamato dieses Lied auf den gemeinsamen Karaokeabend. Der Rest der Digiritter saß verstreut in dem gemieteten Raum der Karaokebar, die einen unterhielten sich leise, während die anderen ihm zuhörten.

Mimi gehörte zu denen, die ihm zuhörten, in ihrem Fall jedoch recht an gefressen, da sie noch vor ein paar Minuten sich mit Tai in den Haaren gehabt hatte. Dieser hatte behauptet, dass sie nie einen Mann zum Heiraten finden würde, jetzt wo sie und Koushiro Schluss gemacht hatten – ja, sie waren ein Paar gewesen, für manche schwerer zu glauben als für andere. Gerade mal drei lausige Monate hatte ihre Beziehung gehalten. Drei Monate in denen es dem rothaarigen Jungen dann doch endlich mal aufgefallen ist, dass er sie nicht wirklich liebte wie sie ihn. Deswegen war sie zwar eine zeit lang traurig gewesen, aber bis zu Tais Kommentar ist sie recht gut damit klar gekommen, doch jetzt würde sie am liebsten alle Männer dieser Welt umbringen. Und eben mit einen gewissen brünetten Trottel anfangen…

Besagter Trottel hatte sich auf Yamatos Rat hin weit weg von Mimi gesetzt. So saß er bei Ken und Daisuke, die eigentlich keine Gesellschaft haben wollten, die ihnen Böse Blicke einbrachte. Sie waren nur heil froh, dass nicht auch noch Koushiro bei ihnen saß.

Nach einer Weile stand Ken auf um sich mit dem Vorwand, er müsse mal aufs Klo, zu verdrücken. Endlich im ruhigeren Flur angekommen, atmete er tief durch. Das Gelaber des inzwischen ganz schön angeheiterten Taichis ging ihm langsam auf die Nerven. Nur leider stand Daisuke ihm in nichts nach und war ganz schön dicht und quasselte mindestens genauso viel Mist wie der ältere. Es war bereits nach elf Uhr am Abend, wie Ken feststellen musste als er einen Blick auf die Uhr seines Handys warf. Gerade als er glaubte jetzt etwas Ruhe zu haben, kam auch schon Miyako zu ihm auf den Flur. Im ersten Moment glaubte er, dass sie auch angetrunken war, wie so ziemlich jeder in dem Raum, aber bei genauerem hinsehen bemerkte er, dass sie auch genervt war von dem dummen Geschwätz der anderen.

„Mah, Mimi ist betrunken unausstehlich, wusstest du das? Und Sora-chan ist auch nicht besser…“ Theatralisch seufzend stellte sie sich zum Schwarzhaarigen.

Über diese Bemerkung lächelte Ken schwach. Nach wie vor war er sich nicht sicher wie er sich in Miyakos Nähe verhalten sollte, denn schließlich schien sie selbst jetzt noch unsterblich in ihn verliebt zu sein, das hatte sogar vor ein bis zwei Wochen Hikari bestätigt gehabt.

„Und was treibt dich hier her?“

„Mir war es da drin nur zu laut. Ich glaube Daisuke hat bald genug getrunken.“ Er atmete geräuschvoll aus. „Wie die anderen anscheinend auch.“

„Mhm, scheint so. Ich glaube mit Yamato zusammen sind wir die einzigen, die nicht in ein paar Minuten besoffen unterm Tisch liegen.“ Sogar Jou und Iori, die normalerweise Alkohol mieden, waren bereits so betrunken, dass sie sicher nicht mehr selbstständig nach hause finden würden, was besonders für Iori ein Problem werden dürfte, da dieser als jüngster noch bei seinen Eltern wohnte und sicher Ärger bekommen wird. Nicht dass die anderen vom Gesetz her alle berechtigt waren überhaupt Alkohol zutrinken… Nur die der ersten Generation durften das auch offiziell.

Eine Zeit lang standen die beiden wortlos nebeneinander. Miyako beobachtete Ken so unauffällig wie sie konnte, was diesem jedoch nicht entging, weswegen er sich dann doch widerwillig dazu entschloss zurück zu seinen Freund zu gehen. Doch kaum dass er zu einer Bewegung ansetzen wollte, kamen Hikari und Takeru raus.

„Ach hier seid ihr.“ Nüchternder als erwartet strahlte Hikari die beiden an, während sie sich bei ihren blonden Freund einhakte. „Wir wollten euch nur sagen, dass wir nach hause gehen.“ Ein synchrones „Tschau“ von dem Pärchen folgte, ehe sie weitergingen.

„Tschüss ihr beiden.“

„Tschüss.“ nuschelte Ken. Noch ehe er den nächsten Anlauf nehmen konnte, schwang die Tür erneut auf und Koushiro kam zusammen mit Jou und Iori auf den Flur.

„Wollt ihr auch schon gehen?“ wollte die Brillenträgerin von den dreien wissen.

„Ja, Mimi-chan ist noch ganz schön gereizt und die beiden hier haben definitiv genug.“ Damit deutete der Rothaarige auf den Blauhaarigen und den jungen Brünetten, die sich aneinander festhielten um nicht all zu sehr zu schwanken. „Und so wie es aussieht werden Sora und Mimi-chan auch bald gehen. Mir scheint es aber, als müsse Ishida-kun sie nach hause bringen.“ erklärte er weiter.

Verstehend nickten Ken und Miyako leicht.

„Na dann, schaff ich die zwei hier mal besser weg, nicht dass sie noch Bekanntschaft mit dem Boden machen.“ lachte der Rothaarige. „Man sieht sich.“

Kurz nach dem die drei weg waren, kamen auch schon die beiden Mädchen raus, als hätten sie nur darauf gewartet dass die drei verschwinden. Dicht hinter ihnen ging Yamato. Während die Mädchen Kicherten und irgendwelchen Nonsens von sich gaben, schaute der Blonde lässig wie immer drein.

„Viel Spaß noch. Ich bring die hier mal nach hause, ehe sie noch ihre Idee von der Kastration der gesamten männlichen Bevölkerung in die Tat umsetzten. – Tai hole ich nachher ab. Der ist jetzt zu dicht, als dass ich den auch noch mit schleppen könnte. Würdet ihr solange ein Auge auf ihn werfen?“

„Kein Problem.“ antwortete Ken sofort. Das war schließlich selbstverständlich.

„Bis später.“ Und schon war auch der Blonde mit den beiden Mädels weg.

‚So, jetzt aber.’ dachte sich Ken nachdem er sich vergewissert und nachgezählt hatte, dass nun wirklich keiner mehr raus kommen würde und ihn hindern konnte. Noch länger wollte er nicht mit Miyako hier draußen im Flur stehen, nicht dass sie noch auf die Idee kam sich mal wieder an ihn ran zu schmeißen. Ohne ein Wort an sie zu richten ging er wieder zurück in den Raum, wo nur noch Taichi und Daisuke verweilten. Wieder zurück, schaute er zuerst in die Richtung, wo sein Freund eigentlich sitzen müsste, doch da war niemand. Sich wundernd sah Ken sich weiter um, doch er konnte niemanden sehen… Einem Gefühl folgend ging er auf die große Couch zu, deren Rückseite zu ihm gewandt war. Etwa einem Meter vor ihr blieb er stehen. ‚Was…?’

Sein Freund lag auf der Couch und direkt auf ihm… Taichi!

Eine gefühlte Ewigkeit starrte der Schwarzhaarige die beiden wortlos an. Irrte er sich, oder sah er wirklich gerade zu wie sein Daisuke und Tai sich küssten? Seine Gedanken blieben stehen, sogar seine Atmung setzte aus.

Daisuke hielt seine Augen geschlossen, doch als er sie wieder öffnete, musste er sie schneller als ich lieb war sehr weit aufreißen. Genau in dem Moment fiel ihm auf, was hier gerade geschah. An dem älteren vorbei linsend konnte er Ken sehen, der gänzlich erstarrt auf ihn hinab blickte. Innerlich fluchend stieß er Taichi von sich runter, doch noch ehe er etwas sagen konnte, hatte ihm Ken schon den Rücken gekehrt und lief aus dem Raum.
 


 

„Daisuke?“

„Hm? Was ist?“ Mehr oder weniger interessiert, was Ken von ihm wollte, blickte der Brünette von seiner Zeitschrift auf. Seit dem Vorfall in der Karaokebar gab es gewisse Spannungen zwischen ihnen. Er hatte dem Schwarzhaarigen erklären können, dass es nicht ganz so gewesen war, wie es ausgesehen hatte und auch Tai hatte sich für alles mehrere Male entschuldigt gehabt. Sie hatten nachdem alle weg waren allein auf der Couch gesessen und da Daisuke und Tai müde geworden sind, kam eines zum anderen und schwups, hatte Tai auf Daisuke gelegen. Seine Augen waren schwer geworden, sodass er schnell eingedöst war. Während er also am dösen war, hatte Tai ihn plötzlich geküsst, in dem Fehlglauben, dass sein Yama unter ihm lag… - Das klang zwar schwachsinnig, selbst für Daisuke, aber so war es nun mal.

„Also, uh, ich fürchte, wir müssen dringend miteinander reden.“ Er war gerade erst Heim gekommen. Und selbst so sehr er auch dieses Gespräch nach hinten verschieben würde, am liebsten gar nicht erst aufkommen lassen würde, musste er es jetzt einfach hinter sich bringen.

„Um was geht es dieses Mal?“ mit diesen Worten legte Daisuke das Magazin auf den Couchtisch und setzte sich auf.

Tief durch atmend setzte Ken sich mit etwas Distanz zu seinen brünetten Freund. „Ich… ich war gerade bei Miyako.“

Skeptisch hob der Braunäugige eine Braue. „Und?“

Er wusste nicht so recht wo er anfangen sollte. „Mmh, du weißt doch noch… die Sache… vom Karaokeabend, ne?“ Bedrückt sah Ken seinen Freund an, der wage nickte. Keiner der beiden mochte dieses Thema. „Es… es gibt da etwas, dass ich dir nicht erzählt habe. Es tut mir wirklich schrecklich leid, das musst du mir glauben.“

„Was tut dir leid, Ken?“ Dieses Thema hatten sie nun schon unzählige Male durchgekaut, was gab es denn jetzt noch ausgerechnet für Ken zu bereuen?

„Nachdem ich euch gesehen habe, bin ich doch gegangen…“

‚Abgehauen, weggelaufen oder aus den Staub gemacht würde es besser treffen.’ dachte sich Daisuke, ließ Ken aber weiter sprechen.

„… danach bin ich mit zu Miyako und na ja… es ist bei ihr etwas mehr passiert, als ich dir bislang erzählt habe.“ Schwer schluckte der Schwarzhaarige. „Anfangs habe ich es selbst nicht mehr gewusst, aber inzwischen weiß ich wieder was passiert ist, während ich betrunken gewesen bin. – Sie hat es mir eben erzählt…“

„Was? Hast du sie beleidigt? Oder hast du sie voll gekübelt?“ Über diesen Gedanken musste er grinsen.

Verneinend schüttelte Ken seinen Kopf. „Schön wär’s… Ich wünschte, es wäre nicht geschehen, aber ich kann es leider nicht mehr ungeschehen machen.“ Er senkte seinen Blick. Er konnte bei den folgenden Worten Daisuke nicht in die Augen blicken, zu sehr bereute er es ausgerechnet das getan zu haben, was seinen Geliebten am meisten verletzen konnte. „Ich habe mit ihr… geschlafen und sie ist schwanger von mir.“
 


 

Stumm sah Daisuke zu, wie Ken seine Sachen in eine Kiste packte. Sie hatten lange darüber diskutiert, was sie tun sollten, aber letztlich hatte Ken das letzte Wort ergriffen und entschieden dass sie sich trennen mussten. Es sei das einzig richtige. „Bist du dir wirklich absolut sicher, dass du das willst?“ Ein weiteres Mal versuchte er es, ihn um zu stimmen. „Wir können das auch anders regeln. Wir können auch mit ihr zusammen ziehen… Irgendwie werden wir es schon schaffen. Und zu dritt ist es doch leichter sich um ein Baby zu kümmern.“

„Daisuke, wir haben das doch schon oft genug besprochen. Es geht nun mal nicht anders. Ich kann dich nicht für etwas büßen lassen, woran ich schuld bin. Ein kleines Kind macht viel Arbeit. Und-“

„Ja ja, ich weiß… Aber ich will mich nicht von dir trennen. Warum können wir das nicht zusammen durchstehen? Du liebst sie doch noch nicht mal.“ Beleidigt verschränkte der Brünette seine Arme vor der Brust.

Unter einem Seufzen stand Ken auf und ging zum anderen. „Dai, es ist genauso schwer für mich wie für dich. Aber ich kann sie sich nicht selbst überlassen und wenn sie mit uns beiden zusammen zieht, wird es nur Streit geben und spätestens dann wirst du keine Lust mehr auf alles haben und wir werden uns im Streit trennen müssen. Und das will ich nicht. Wenn wir vorher im Guten auseinander gehen, können wir wenigstens noch Freunde bleiben…“

„Das stimmt nicht und das weißt du ganz genau. – Es könnte doch auch gut verlaufen. Wir müssen uns doch nicht zwangsläufig so sehr streiten.“ Beinahe bettelnd zog er den Schwarzhaarigen in seine Arme. „Wir können es schaffen.“ Fest schloss er seine Arme um den schmalen Körper seines Noch-Freundes. Daisuke wollte ihn nicht gehen lassen. Niemals. „Wir können es schaffen.“ wiederholte er unter einem Schluchzen.

Alles in Kens Kopf weigerte sich an Daisukes Worte zu glauben, aber sein Herz schrie förmlich dass er recht hatte, dass sie es zusammen schaffen können. „Dai-chan, wir sind zu abhängig voneinander. Jedes normale Pärchen hätte sich an unserer Stelle gezofft. Wir sollten besser Schluss machen, bevor das zwischen uns noch stärker wird… bevor wir absolut gar nicht mehr ohne einander können.“ Diese Worte auszusprechen jagte Ken Angst ein. Es beängstigte ihn, dass er es schaffte sie so ruhig auszusprechen. Halt suchend erwiderte er die Umarmung und drückte sich an seinen Freund. „Früher oder später können wir nicht mehr zusammen sein. Wir sind nun mal nicht unsterblich. Ich will gar nicht erst daran denken, was ich tun sollte, wenn du vor mir…“ Er spürte wie ihm die Tränen immer stärker in die Augen traten, bis er letztlich des Kloßes in seiner Kehle wegen nicht mehr weiter sprechen konnte.

Auch Daisuke kamen die Tränen. „Sag doch so was nicht.“

Beide wussten nicht genau wer von ihnen damit angefangen hatte, aber sehr bald wurde aus ihrer Umarmung mehr. Sehr viel mehr. Verlangend haschten ihre Lippen nacheinander, während sie unter Tränen begannen den jeweils anderen zu streicheln. Unbemerkt drängten sie sich gegenseitig ins Schlafzimmer, zerrten an der Kleidung des anderen, küssten die Tränen ihres Geliebten weg, versuchten sie zu trocknen. Am Bett angekommen ließen sie sich darauf fallen.

Daisuke kniete sich über seinen Geliebten, strich ihm durch die seidenen Haare während er der salzigen Spur auf Kens Wange mit seinen Lippen folgte.

Ein Stöhnen entwich Kens Kehle. Er wusste nicht genau warum, aber er konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Er spürte, wie Daisuke seine Hose öffnete und letztlich auszog. Kaum, dass das Gesicht des Brünetten über ihm wieder auftauchte, zog Ken ihn zu sich um ihn erneut zu küssen. Sanft wanderten die ungeduldigen Finger des Brünetten über Kens blasse Haut, wanderten in ihren Bewegungen stetig tiefer, drangen letztlich in ihn ein. Erregt stöhnend legte er den Kopf in den Nacken.

Irgendwann während sie sich verlangend küssten, hatte es Daisuke geschafft seine eigenen Hose zu öffnen. Er wollte Ken spüren, so stark wie nur irgend möglich. Er wollte mit ihm eins werden. Ihn nie wieder gehen lassen. Nie wieder von diesem wunderbaren Engel getrennt sein.

Kens Beine schlangen sich um Daisukes Hüfte, forderten ihn auf weiter zu machen. Seine Sicht war durch die Tränen schwammig, aber dennoch konnte Ken sehen, wie sich einige weitere Tränen ihren Weg über die Wangen seines Geliebten bahnten. Sanft verwischte er sie mit seinen Händen, legte seine Lippen auf die seine.

Sie wussten beide, dass es das letzte Mal sein würde, dass sie sich so nahe sein konnten, dass alles woran sie glaubten dabei war in sich zusammen zufallen. Die Welt schien gegen sie zu sein. Das Leben war gegen sie. War es denn so falsch, dass sie zusammen waren? Dass sie nur miteinander glücklich sein konnten?

„Ich liebe dich, Ken-chan.“ Schwer keuchend blickte der Brünette hinab auf seinen schwarzhaarigen Engel.

„Ich dich auch… Dai-chan.“
 


 

Es war früh am Morgen, als Daisuke aufwachte. Wie an jedem Morgen in den vergangen Tagen hoffte er, dass alles nur ein Traum gewesen ist, dass zwischen ihm und Ken alles in Ordnung war. Doch als er die kalte und leere Betthälfte neben sich ansah, wünschte er sich sofort wieder ein zu schlafen, in einen süßen Traum zu fallen, in dem er mit seinem Geliebten glücklich sein konnte. Eine zeit lang sah er starr die leere Betthälfte an, ehe ihm ein Stück Papier darauf bewusst wurde. Neben sich stehend nahm er es und las sich die Zeilen darauf durch.
 

Es tut mir leid, dass ich es dir auf diese Weise mitteilen muss,

aber ich fürchte ich schaffe es nicht es dir persönlich zu sagen.

Es schmerzt mich dass alles so enden musste. Aber es ist wohl

besser so. Das Schicksal meinte es nicht gut mit uns. Ich habe

unsere Beziehung zerstört und ich habe es nicht verdient dass

du mir verzeihst. Ich weiß dass es eine Lüge von mir war, dass

wir noch Freunde bleiben könnten, bei dem was zwischen uns

war, aber ich wünschte es wäre die Wahrheit.

Es ist besser für uns beide, wenn wir uns für eine Weile nicht

mehr sehen. Bitte versuche es nicht mich direkt zu kontaktieren.

Es schmerzt so schon genug.

Wenn du etwas von mir möchtest, dann richte es bitte den

anderen aus.
 

Minutenlang starrte Daisuke den Zettel in seinen Händen an, wollte die Worte nicht glauben. Er wünschte sich, dass das alles nur ein schrecklicher Alptraum war, aber er wusste es besser. Es war die Realität. Ken war fort. Er war alleine. Noch nie in seinem Leben hatte Daisuke sich je so schutzlos und verlassen gefühlt.
 

»Flashback End«

Unter Verdacht

++++Kapitel 29++++

Unter Verdacht
 

Inzwischen war Ken nun schon ganze vier Tage lang verschwunden und keine Spur von ihm weit und breit. Niemand hat gesehen, wie er die Wohnung verlassen hatte und so konnte man nicht sicher sagen, ob er vielleicht doch selbst aus freien Stücken irgendwo hin gegangen sein könnte.

Genau diese Tatsache beunruhigte die Digiritter. Von denen sich neun versammelt hatten. Lediglich Tai und Daisuke waren nicht anwesend.

„Meint ihr nicht, dass es vielleicht doch möglich sein könnte, dass er zu diesem Meer gegangen ist? Das Meer der Dunkelheit?“ nachdenklich sah Takeru die anderen an.

Über diese Option haben auch sie bereits nachgedacht, doch es aus zu sprechen schien nicht richtig gewesen zu sein.

„Ich glaube nicht. Sicher, er hat sich in letzter Zeit ziemlich komisch verhalten, aber das wäre selbst für ihn zu weit her gegriffen. So schlecht wie damals kann es ihm doch nicht ergangen sein.“ Bedrückt sah Hikari auf den Couchtisch vor sich. „Aber wenn er doch dort ist…“

„Das denke ich nicht.“ sagte Miyako entschlossen, wofür sie von den anderen acht skeptisch angesehen wurde. „Ohne sein Digivice kann er doch da gar nicht hin, oder? Und seins liegt nach wie vor in seiner Schreibtischschublade. Und somit kann er auch nicht in der Digiwelt sein.“

„Das ist zwar schön und gut, dass wir damit zwei Orte ausschließen könnten, aber damals ist Hikari auch ohne ihr Digivice zum Meer der Dunkelheit gekommen.“ widersprach Koushiro. „Aber ich muss dir trotzdem zustimmen, dass er nicht in der Digiwelt ist. Genai hat bereits die ganze Welt nach ihm durchsuchen lassen und er wurde von niemandem gesehen.“

„Ich halte es für unwahrscheinlich dass er an diesem Meer ist. Dieses Mal ist denke ich nichts Übernatürliches im Spiel.“ Nachdenklich knabberte Iori auf seiner Unterlippe rum. Diese Vermutung hatten sie alle bereits in Betracht gezogen, aber umso mehr Zeit verstrich, umso weniger wollten sie sie wahrhaben. Die Option mit der Digiwelt und sogar mit dem Meer der Dunkelheit war die harmloseste und zugleich erträglichere.

„Du meinst dass er wirklich entführt worden sein könnte?“

„Kann gut sein, Mimi-chan. Es besteht die Möglichkeit, dass jemand, der durch ihn im Gefängnis gelandet ist, Rache geschworen hat und die nun umsetzt.“ Das war das schlichteste und für Iori auch gleichzeitig glaubhafteste Schema. Häftlinge neigten schließlich häufiger dazu den, dem sie ihre Haft verdankten, zu hassen und über Rache nachzudenken. Nur gab es wenige, die diese Rache auch wirklich umsetzten.

„Leider ist die Liste der Verdächtigen dann ziemlich lang.“ kommentierte Yamato die Ausführungen des jüngeren während er seine Coolnesspose auf dem Sessel einnahm, indem er die Beine überschlug und die Arme vor der Brust verschränkte. „Wir sollten Motomiya doch foltern bis er mit der Sprache raus rückt, wie ich es bereits mehrfach vorgeschlagen hab.“ Die bösen Blicke der anderen auf sich spürend hob er eine Braue. „Was? Tut doch nicht so. Er ist doch der Einzige der was wissen könnte. Uns hat Ken nie wirklich viel von sich erzählt, oder sehe ich das falsch?“

„Als ob du groß anders bist.“ erwiderte Mimi mit zusammen gezogenen Augenbrauen. „So ist Ichijouji-kun eben. Mal abgesehen davon, haben wir im Gegenzug auch nicht ernsthaft nachgefragt, wenn wir sahen, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Besonders seit einem halbem Jahr ist er so merkwürdig und niemand von uns hat ihn gefragt was los ist und das nur, weil wir es lieber nicht wissen wollten, da es bedeutet hätte, dass wir uns möglicher Weise mit seiner dunklen Seite hätten beschäftigen müssen.“ Sie seufzte. „Wenn wir ihn doch nur darauf angesprochen hätten…“ Erst seit dem Verschwinden des Schwarzhaarigen hatte sie realisiert, wie egoistisch sie sich ihm gegenüber verhalten hatte. Sie hatte gesehen, dass Ken etwas bedrückt hatte und trotzdem hat sie nie nachgefragt, sondern ihm bei nahezu jedem Treffen von ihren Problemen erzählt, einfach nur um sich selbst zu erleichtern. Sie hatte es die ganze Zeit über gewusst und dennoch ignoriert. ‚Diese Ignoranz könnte vielleicht seinen Tod bedeuten…’

„Sich darüber den Kopf zu zerbrechen bringt nichts mehr. Er ist nun mal verschwunden und wir sollten tun, was wir können, um ihn zu finden.“ Damit traf Koushiro zwar voll ins Schwarze, aber die Frage war, wo sie anfangen sollten.

Betreten schauten alle weg. Sie wussten, dass Koushiro recht hatte, aber sie konnten nicht aufhören sich Vorwürfe zu machen. Ihnen allen war es aufgefallen, dass Ken sich noch mehr zurückgezogen hatte als üblich, aber sie hatten es nur für eine Phase gehalten und wenn sie ehrlich waren, hatten sie seinen Grund nicht wissen wollen. Nun hatten sie die Quittung. Ken war weg und es bestand zu dem die Möglichkeit, dass er nie mehr zurückkehren könnte.
 

Irgendwo in den Straßen Odaibas, alles andere als unauffällig, schlichen zwei junge Männer durch die Menschenmenge. Immer wieder drehten sich die Leute zu den beiden und schüttelten ihre Köpfe über dieses James-Bond-Geschleiche für Arme. Die beiden wussten wohl nicht, dass sie so auffälliger waren als ein rosa Elefant mit Ringelsocken auf einem Einrad.

Irgendwie hatte es Daisuke geschafft Tai in sein Vorhaben mit rein zu ziehen. Das einzige, was Tai aus dem jüngeren raus bekommen hatte war, dass er jemandem im Verdacht habe, der mit Kens Verschwinden im Zusammenhang stehen könnte und genau diese Person verfolgten sie seit ein paar Stunden. Er kannte den Mann nicht, dem sie hinterher schnüffelten, glaubte aber ihn mal gesehen zu haben. Recht groß mit schwarzgrünen Haaren… - Na ja, immerhin hatte er etwas aus Daisuke raus kitzeln können und das zählte. „Wie lange willst du dem noch hinterher schnüffeln?“ Auch wenn er jetzt lieber wo anderes wäre, als seinen freien Tag damit zu verbringen jemandem zu beschatten, konnte er Daisuke schlecht sich selbst überlassen. Und vor Yamato hatte er auch irgendwie Angst.

„So lange, bis ich weiß wo er wohnt, oder bis er einen verdächtigen Ort aufsucht.“ Antwortete Daisuke während er sich hinter einer Straßenlaterne versuchte vor seinem Zielobjekt zu verstecken.

„Und was würdest du als verdächtigen Ort betiteln?“ fragte Tai. So ganz war er schon längst nicht mehr von der geistigen Gesundheit Daisukes überzeugt. Mehr neben der Laterne blieb auch er stehen. Er machte bekanntlich viel Blödsinn mit, aber alles hatte seine Grenzen.

„Was weiß ich. Eine verlassene Lagerhalle wäre ein verdächtiger Ort.“ Antwortete Daisuke genervt. Er musste sich eingestehen, ohne Tai würde er wohl besser vorankommen. Er behinderte ihn mit seiner Fragerei nur und wenn Tai nicht drauf bestanden hätte, dass wenn er unbedingt dem Kerl hinterher schnüffeln wollte, er mitkommt, dann wäre Daisuke auch ohne Taichi gegangen. Wäre er mal lieber…

Ihr Zielobjekt machte bisher keinerlei Anstalten sich verdächtig zu verhalten. Weder nährte er sich einem verdächtigen Ort, noch ging er nach hause. Der Kerl klapperte nur ein Geschäft nach dem anderen ab.

‚Sucht der irgendwas? Also langsam wird’s echt komisch mit dem.’ Sich hinter einem Pfeiler versteckend riskierte Daisuke einen Blick und sah, wie der Kerl sich Blumen in einem der massigen Geschäfte hier ansah.

Hinter Daisuke stehend merkte Tai, dass sein Handy in seiner Hosentasche zu vibrieren begann. Sich wundernd, wer das sein könnte, nahm er das Gespräch entgegen. „Ja? Oh, Yama?“

Am anderen Ende der Leitung rollte besagter mit den Augen. „Wer soll dich denn sonst anrufen?“

„Punkt für dich. Und was gibt’s?“ fragte der Brünette grinsend. Es gab nur elf Leute, die diese Handynummer von ihm hatten und da Ichijouji und Motomiya es definitiv nicht sein konnten blieben nur noch neun. Von den neun wiederum wurde er allerdings nur von einem angerufen, wenn dieser nicht gerade bei ihm war. Die anderen riefen ihn nur in einem von hundert Fällen an.

Ein Brummen entrann Yamato. „Sag du mir das. Hast du schon was Brauchbares herausgefunden? Hat er sich verplappert?“

Sich von Daisuke um ein paar Meter entfernend, er sollte schließlich nicht alles mitbekommen, senkte Taichi seine Stimme etwas. „Wir verfolgen schon seit Stunden einen Kerl. Keine Ahnung wer das ist, aber ich glaube, ich habe den schon mal gesehen… Jedenfalls macht der nur einen Einkaufsbummel. Sonst nichts. Frag mich nicht, warum Motomiya ausgerechnet den in Verdacht hat.“

„Nur einen Einkaufsbummel? Er muss wirklich überzeugt davon sein, dass der weiß wo Ichijouji ist.“ Einen Moment schwieg der Blonde. „Wenn ihr alle auf mich gehört hättet, hätten wir schon mehr in Erfahrung gebracht.“

Im Hintergrund hörte Tai, wie jemand böse „Ishida!“ zischte.

Auch Tai war es bekannt, dass sein Freund Motomiya am liebsten so lange foltern würde, bis dieser mit der Sprache raus rückte, aber so ganz konnte er diese Idee nicht tolerieren. „Glaubst du, dass es jetzt noch helfen würde? Er würde absolut alles tun, um ihn zurück zu holen – von wo auch immer. Und wenn er meint, dass er uns die Einzelheiten verheimlichen muss, können wir wenig dagegen tun. Ichijouji hat es nicht umsonst nur ihm anvertraut.“

„Willst du etwa Motomiya das allein regeln lassen? Der ist doch noch aufgeschmissener in dieser Situation als du es an seiner Stelle wärst. Wir können um Ichijoujis Wohl ihn nicht länger schonen. Wenn nötig müssen wir ihn dazu zwingen zu reden.“

„Aber Yama, du weißt doch wie Daisuke momentan drauf ist. Es würde ihn in Stücke zerfetzen. Er hat es sich in den Kopf gesetzt ihn im Alleingang zu retten.“ Kaum, dass er diesen Satz zu Yamato ausgesprochen hatte und wieder zu Daisuke sah, war dieser wie vom Erdboden verschluckt. Zunehmend panischer werdend schaute Tai sich um, konnte ihn aber nirgends sehen. „Verdammt…“

„Was?“

„Er ist… äh, ich muss auflegen!“ eilig drückte er den Anruf weg. Wenn Yamato jetzt erfahren würde, dass er Daisuke aus den Augen verloren hatte, dann würde es böse enden, sehr böse… besonders für seine Spielkonsolen. Wer wusste schon, auf welch teuflische Ideen Yamato dieses Mal kommen konnte um ihn zu bestrafen… – Vielleicht auch mit Sexentzug? – Tai musste ihn schleunigst wieder finden! „Nur wie…?“ Ratlos schaute er sich um, ehe er in die Richtung ging, wo ihr Zielobjekt vor ein paar Minuten noch gewesen war. ‚In die andere Richtung wird er wohl kaum gerannt sein….’ Also machte sich Tai auf um in erster Linie Daisuke wieder zu finden.
 

Der Vermisste schnüffelte natürlich weiter seinem Opfer nach. Es war ihm durchaus bewusst, dass Tai nicht mehr bei ihm war, aber wenn er ehrlich war, war ihm das nur recht. Alleine kam er besser voran und war nicht so auffällig.

Das Zielobjekt ging gemächlich die Treppen zur U-Bahn hinunter.

Jetzt wurde die Sache interessant für Daisuke. Wenn er nicht aufpasste, in welcher Bahn der Kerl einstieg und an welcher Station er wieder ausstieg, war die ganze Mission gescheitert. Also beeilte sich der Wuschelkopf hinterher zu kommen, um seine Mission fortzuführen. Er hatte damals, als er Ken und diesen Kerl „erwischt“ hatte, den Kerl nicht so genau angesehen, aber er war sich sicher, dass es der war, den er gerade verfolgte. ‚Wenn der Kens Peiniger ist, dann kann das doch nur bedeuten, dass er gerade alleine ist. – Es sei denn…’ Schnell schüttelte er den Kopf. Wenn er auch nur daran dachte, dass die Möglichkeit bestand, dass Ken schon tot sein könnte, fürchtete er, dass es wahr werden könnte. Es war ein Himmelfahrtskommando, das wusste er. Es war äußerst gefährlich für ihn allein den Kerl zu verfolgen, aber er konnte und wollte Ken nicht seinem Schicksal überlassen.

Die U-Bahn fuhr ein und die massigen Fahrgäste drängten sich schon bald in die Wagons.

Daisuke konnte sich gerade so noch in das gleiche Abteil rein quetschen, in das der Kerl wenige Sekunden vor ihm eingestiegen ist. So unauffällig wie möglich stellte er sich so hin, dass ein dicklicher Mann zwischen ihm und seinem Zielobjekt stand. Auf diese Weise konnte er ihn recht gut beobachten und lief nicht so leicht Gefahr entdeckt zu werden. ‚Zum Glück habe ich schon so viele Agenten- und Spionagefilme gesehen.’ lachte Daisuke innerlich. Allein von diesen Quellen hatte er all sein Wissen. Wenn man es denn überhaupt „Wissen“ nennen konnte.

Fünf Stationen und viel „mal einen unauffälligen Blick“ riskieren später, stieg Daisukes Zielobjekt rasch aus. Zügigen Schrittes stieg er die Treppen empor, als hätte er es auf einmal eilig.

Daisuke bemerkte dass er schneller ging als vorher, allerdings dachte er sich nicht viel bei und lief hinterher. Zu seinem Erstaunen war er in einem Wohnviertel angekommen, in dem viele Einfamilienhäuser standen. Offenbar irgendwo am Stadtrand. ‚Ich hätte wohl besser auf die Stationsnamen achten sollen.’ Nach einiger Zeit laufen war er dann mitten im Wohnviertel. Hier war es etwas schwieriger unbemerkt zu bleiben, denn kaum ein Mensch spazierte durch die engen Straßen. Aber dennoch… der Typ ging ohne sich auch nur ein einziges Mal um zudrehen weiter.

Nach einigen Minuten bog der Mann nach rechts ab.

Daisuke sah zu, dass er schnell hinterher kam, doch als auch er um die Ecke eilte, stand vor ihm ein ziemlich böse drein blickender Mann. Schwer schluckend trat Daisuke nach dem ersten Schreck zurück.

„Warum verfolgst du mich, Kleiner?“ erklang die rauchige tiefe Stimme. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte Mogami Ren, der Mann, der hier die ganze Zeit so peinlich verfolgt worden ist, den kleineren vor sich.

Eingeschüchtert wusste Daisuke nicht was er antworten sollte. Abstreiten schien sinnlos.

„Dich habe ich doch schon mal gesehen.“ Nachdenklich zog der Mann die Stirn in Falten. Als der Groschen bei ihm gefallen war, klopfte er die Faust seitlich auf seine Handfläche. „Ach, du bist doch der, der mit Ichijouji neulich auf der Wache war.“

‚Mist! Er hat mich erkannt!’ Bereits sein Testament machend, erwartete Daisuke schon dass man ihn ermorden würde. Er wusste nur nicht welche Umsetzung seiner Vorstellungen schlimmer werden würde. Das Niederschlagen oder das Erdrosseln, beziehungsweise Erwürgen. Nur geschah nichts dergleichen.

„Du siehst so aus, als wollte dich jemand ermorden.“ Bemerkte Mogami nüchtern. In aller Ruhe zog er eine Zigarettenschachtel aus der Innentasche seiner Jacke und zündete sich eine der Zigaretten an.

Als es nun auch Daisuke bewusst wurde, dass er doch weiterleben durfte, sah er den Älteren verdattert an. „Das heißt, Sie bringen mich nicht um?“ hakte der Brünette sicherheitshalber nach.

„Warum sollte ich?“ fragte Mogami mit seiner Zigarette im Mund.
 

Am Ende mit seinen Nerven lehnte sich Tai an eine Hauswand. „Den finde ich doch nie.“ Und zu allem Überfluss hatte Motomiya sein Handy auch noch ausgeschaltet. Wie sollte Taichi ihn unter tausenden wieder finden? Wie sollte er das, wo er doch noch nicht einmal mehr sicher sagen konnte, dass Motomiya noch im Gleichen Stadtteil war?

Inzwischen konnte Daisuke überall in Tokio sein.

Jetzt blieb Taichi nur noch zu hoffen, dass der Junge entweder diesen Kerl aus den Augen verlor oder dass es sich nur um ein Missverständnis handelte und der Kerl nichts mit Ichijoujis Verschwinden zu tun hatte. Andernfalls könnte das Ganze sehr böse ausgehen. Und dann wäre es seine Schuld. Er hätte Daisuke nicht aus den Augen verlieren dürfen. Er würde sich den Rest seines Lebens mit den Schuldgefühlen plagen müssen, indirekt das Leben einer seiner Freunde auf dem Gewissen zu haben.

„Tai?“

Vor Schreck zuckte der angesprochene unter einem Quieken zusammen. Sich ans rasende Herz fassend sah er zur Seite. „Mensch, mach das nie wieder, Mimi!“

Nichts verstehend blinzelte die junge Frau ein paar Mal.

„Was machst du eigentlich hier?“

„Huh? Ach, weißt du, mir ist dieses ständige Reden über das „Was ist wenn“ auf die Nerven gegangen und da habe ich mich entschlossen euch beiden zu helfen.“ Jetzt, wo es ihr auffiel, dass Taichi allein war, schaute sie sich um. „Aber wo ist denn Daisuke-kun?“

„Ah, der… der ist, ähm, also…“ Tais Gesicht nahm eine äußerst ungesunde Farbe an, da er vergaß zu atmen.

„Du hast ihn aus den Augen verloren.“ Stellte Mimi trocken fest. Sie seufzte aufgesetzt, denn mit etwas ähnlichem hatte sie bereits gerechnet gehabt. Noch ehe Tai darauf reagieren konnte lächelte sie wieder. „Na dann, worauf warten wir? Suchen wir Daisuke-kun!“

„Aber wie? Er hat sein Handy aus…“ jammerte der Wuschelkopf.

„Wie wäre es mit dem hier?“ Noch immer lächelnd zeigte sie Tai ihr Digivice. Mit welchem sie Taichi so schnell und leicht hatte finden können.
 

Stirn runzelnd sah Mogami Daisuke ungläubig an. „Du willst mich gesehen haben, wie ich es mit Ichijouji treibe?“

Bejahend nickte der Kleinere. Was sollte das? Wollte der Kerl es etwa abstreiten? Er hatte doch mit eigenen Augen gesehen wie er Ken vergewaltigt hatte und dieser danach zusammengebrochen ist.

„Wann?“

„Vor sieben Tagen in eurem Büro…“

„Scheiße.“

„Hä?“ Verwirrt beobachtete Daisuke, wie Mogami sein Handy aus seiner Jackentasche kramte. Dieser bedeutete ihm leise zu sein. ‚Was hat der denn auf einmal so dringend zu telefonieren?’

„Hey, Brüderchen.“

Sämtliche Gesichtszüge entglitten dem Kleineren. ‚Warum ruft der denn seinen Bruder an?! Was soll das verdammt noch mal?’

„Sag mal, hast du dran gedacht nach dem Braten zu sehen und das Küchenfenster zu öffnen? – Dann mach es doch bitte schnell auf, ja? – Wann ich komme? Hm, ich brauche noch ein Bisschen.“

So langsam wurde Daisuke wütend. ‚Begreift der denn nicht, dass Ken in Gefahr ist? Diesen Bullshit kann er auf später verlegen! Dieser Arsch!’ Am liebsten würde er Mogami jetzt eine rein hauen, doch sein Verstand hielt ihn davon ab, denn auch wenn er die Fähigkeiten des anderen nicht kannte, so schätzte er ihn als stärker ein, als er es war. So beließ er es dabei seine Fäuste zu ballen und abzuwarten.

„Klar. Kein Problem. Aber was willst du mit einem Kuttermesser? – Ich werd sehen, ob ich eins krieg. – Okay, bis nachher.“ Mogami beendete das Gespräch und steckte sein Handy wieder weg. „Wenn ich mich nicht irre, dann weiß ich jetzt wo Ichijouji ist.“

Ungläubig hob Daisuke eine Braue. „Und das willst du aus einem Gespräch mit deinem Bruder erfahren haben?“

„Du bist echt nicht die hellste Birne im Leuchter, was?“

„Hey!“ protestierte Motomiya empört.

Doch Mogami ging unbeirrt an ihm vorbei. „Worauf wartest du? Wenn du Ichijouji retten willst, dann solltest du deinen aller wertesten in Bewegung setzten.“

Grimmig folgte Daisuke dem älteren. „Hättest du die Güte mir zu erklären, wie du darauf gekommen bist, wo Ken ist?“

„Kennst du die Geschichte von dem Tot Osamus?“

Was das jetzt sollte, verstand Daisuke absolut nicht, aber er bejahte die Frage mit einem Nicken.

„Es ist so, mein Bruder Keita und ich waren damals mit ihm befreundet. Wie sich nach dem Unfall herausgestellt hatte, hatte sich mein Bruder in ihn verliebt gehabt und den Verlust hatte er nicht verarbeiten können und ist gewissermaßen durchgedreht.“

„Gewissermaßen durchgedreht? Geht es auch noch einen Tick genauer?“

„Er ist psychisch krank geworden. Es ist sogar so schlimm geworden, dass man ihn in die Geschlossene einweisen musste. Nach ein paar Jahren wurde er entlassen. Man hatte ihn nicht weiter als gefährlich eingestuft und unter der Bedingung, dass er seine Medikamente nimmt und regelmäßig bei seinem Psychiater erscheint, sollte er ungefährlich sein. So hieß es damals zumindest.“

Den zügigen Schritten Mogamis zu folgen fiel Daisuke so schwer, sodass er sich in den Sportunterricht zurückversetzt fühlte. „Und was hat das mit Ken zu tun?“ fragte er etwas außer Puste.

„Warte es doch mal ab. – Vor etwa einem halben Jahr ist mein Bruder Ichijouji begegnet. Das ist eigentlich nicht geplant gewesen. Es war nicht mal eine Minute lang, doch es hatte wohl ausgereicht. Keita hatte sich unsere Wache ansehen wollen, ich hatte allerdings noch etwas zu tun gehabt, weswegen er ein paar Minuten allein war. Als ich wieder zu ihm gekommen bin, ist Ichijouji gerade in ein anderes Büro gegangen und Keita hatte ihm hinterher gestarrt.“ Vor einem großen Haus blieb Mogami stehen. „Ich hätte da schon bemerken müssen, dass mit ihm etwas nicht stimmt.“

„Aber Ken hatte gesagt, dass du ihm das angetan hattest.“ Warf Daisuke zweifelnd ein.

Kurz lachte der Größere auf. „Kein wunder, denn er kennt meinen Bruder nicht.“

„Hätte Ken nicht einen Unterschied merken müssen?“

„Nicht unbedingt, denn wir sind eineiige Zwillinge.“
 

In der U-Bahn direkt neben Mimi stehend, lugte Taichi immer wieder auf das Display von Mimis Digivice. So wie es aussah, hatte Motomiya wirklich sein D3 Digivice bei sich. ‚Warum bin ich nicht drauf gekommen? Gut, woher hätte ich auch wissen sollen, dass der Bengel mir abhaut?’

„Er scheint stehen geblieben zu sein…“ sagte Mimi nachdenklich.

„Hm? Bist du dir sicher?“

„Wir sollten vielleicht den anderen Bescheid geben.“

Unter einem Quietschen hielt die Bahn an. Die beiden Digiritter stiegen aus und folgten weiter dem Signal auf dem Digivice.
 

„Ah ja. Dir ist dein gestörter Bruder wohl peinlich, was?“ neckte Daisuke. „Und du bist dir sicher, dass dein Bruder was mit Kens Verschwinden zu tun hat?“

„Wer sonst? Keita hatte damals immer wieder behauptet, dass Ichijouji Osamu getötet haben soll. Und als er ihm wieder begegnet ist, wird sich sein Verstand mal wieder ausgehakt haben. Und deine Beobachtung, dass Keita Ichijouji vergewaltigt hat, verstärkt meine Vermutung nur. – Und so ganz nebenbei: als ich mit Keita telefoniert hatte, habe ich ihn im Hintergrund gehört.“ Überlegen grinste Mogami den Kleinen neben sich an.

Dieser rollte mit den Augen. „Das bemerkst du, aber nicht, dass dein Bruder Monate lang Ken vergewaltigt. Und ihn jetzt auch noch seit vier Tagen gefangen hält.“ In Gedanken fügte Daisuke noch ein ’Penner’ hinzu. Abwertend schnaubte er. „Und jetzt?“

„Wir retten Ichijouji.“ Erwiderte Mogami Schultern zuckend.

„Und wie?“

„Ich lenke Keita ab und du suchst Ichijouji und bringst ihn raus.“

Daisuke wusste nicht genau wie er es benennen sollte, was er in Mogamis Blick sah, es schien eine Art Vorfreude zu sein. Dieser Plan klang zu einfach. Unterschätzte Mogami seinen Bruder, oder überschätzte Daisuke ihn? Oder ist er Ren in die Falle getappt und dieser hatte ihn belogen und hatte somit tatsächlich Ichijouji entführt? Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend sah er zur Haustür, auf die Mogami zu schritt. Schwer schluckte er. ‚Wenn Ken hier ist, dann ist das vielleicht die letzte Chance. Also los!’

Bis zum Schluss

++++Kapitel 30++++

Bis zum Schluss
 

Stumm standen Taichi und Mimi vor einem Haus. Es war nichts Besonderes an ihm. Es sah aus wie so ziemlich jedes andere hier im Viertel auch. Ein typisches japanisches Einfamilienhaus.

„Und von hier kommt das Signal?“

„Ja.“ Bestätigte Mimi.

„Und jetzt?“

Über diese Frage musste die junge Frau mit den Augen rollen. „Wir gehen sicher nicht alleine da rein.“

Tai wollte schon zu einer weiteren Frage ansetzten, als er sah, dass Mimi ihre Tasche, die er bis jetzt gekonnt übersehen hatte, auf den Boden stellte und sie öffnete. Gespannt beobachtete er wie sie ihr Notebook hervorholte.

„Bevor du fragst: ich habe vor unsere Partner her zuholen.“ Sie klappte das Notebook auf und schaltete es ein. „Auch wenn sie nicht digitieren, sind sie stark genug um im Notfall Ichijoujis Entführer zu überraschen und in Schach zu halten.“

So viel Vordenken hatte Tai ihr ehrlich gesagt nicht zugetraut. Aber so hatte es wenigstens einer von ihnen getan. Sicher hätte jeder von den Digirittern daran gedacht ihre Partner in welcher Form auch immer einzusetzen, nur er nicht… und vielleicht auch Daisuke. Dieser ist schließlich ganz alleine los gezogen.

Das Notebook hatte sich komplett hochgefahren, sodass Mimi schnell das Programm öffnete, das das Tor zur Digiwelt beinhaltete und das Gebiet suchte in dem sich ihr Partner Palmon befand. Welches ihrer Partnerdigimon sonst noch bei ihm waren, würde sich schon noch zeigen. Vielleicht hatte sie auch Glück und sie waren alle beisammen. Als sie es gefunden hatte, zückte sie ihr Digivice. „Tor zur Digiwelt öffne dich!“ Ein grelles Licht erfasste sie und sog sie in den Computer.

Taichi wunderte sich kurz, warum sie selbst hinüber ging, bis ihm einfiel, dass es etwas dauern konnte, bis ihre Digimon gefunden sein würden und zum Fernseher in ihrer Welt kamen um hier her kommen zu können. So ging es sicher einfacher. Die Digimon wussten schließlich nicht, dass Mimi sie in ihrem Plan eingebaut hatte. Und so wartete er widerwillig.
 

So leise wie möglich schlich sich Daisuke durch das fremde Haus. Laut dem, was Kens Kollege gesagt hatte, musste er in den Keller gelangen. Das Problem daran war, dass momentan die Mogamizwillinge ihm im Weg zu diesem waren. Einen anderen Weg zum Keller gab es nicht, weswegen er sich letztlich doch hinter einer Wand stellte und dem Gespräch der Brüder lauschte. Die kurzen Blicke, die er riskiert hatte, reichten selbst ihm um einzusehen, dass selbst wenn die beiden nebeneinander standen, man sie nur schwer von einander unterscheiden konnte.

Wenn man davon ausging, dass Ken wirklich nicht wusste, dass Mogami Ren einen Bruder hatte und dieser glatt als sein Klon durchgehen konnte, dann war es nicht weiter verwunderlich, dass Ken davon ausging, dass Ren ihm all das angetan hatte.

Sich weiter versteckt haltend hörte er, wie sich die beiden Männer von ihm entfernten. Er hatte irgendwas aus deren Gespräch herausgehört, dass sie in die Küche wollten und das reichte. Noch einen kurzen Blick um sicher zu gehen, dass sie ihn nicht mehr sehen konnten und schon schlich er weiter. Vor der Kellertür angekommen, musste Daisuke leider feststellen, dass sie bei jeder kleinsten Bewegung unangenehm laut quietschte. ‚Sicher ist der übereilt nach oben gestürmt, sonst hätte er sie sicher abgeschlossen.’ Einen Moment lang kam ihm der Gedanke, dass es auch ein Zeichen sein könnte, dass Ken doch nicht dort unten war, doch schnell schüttelte er diesen wieder ab. So leise wie es ihm möglich war, öffnete der braunhaarige Wuschelkopf die Tür soweit, dass er hindurch schlüpfen konnte und zog sie wieder soweit zu, wie sie es bis eben gewesen ist. Es war ziemlich dunkel, aber dank dem Licht, das durch den kleinen Spalt der Tür drang, konnte er ein paar Umrisse sehen. Vorsichtig tastete er sich leise die Treppe runter. Unten angekommen bemerkte er eine Lichtquelle.

Jemand hatte eine Kerze brennen lassen.

Das schwache Licht, das die Kerze verbreitete, ließ ein Bett mit Gitterstäben an Kopf und Fußteil bei sich erkennen.

Erst als Daisuke genauer hinsah, stockte ihm der Atem.

Auf diesem Bett lag jemand, angekettet mit Handschellen. So leblos wie diese Person da auf der Seite zusammengerollt lag, könnte man meinen sie sei bereits tot.

Schwer schluckte der Brünette. Langsam ging er auf diese Person zu und als ihn nur noch ein Meter von ihr trennte, bestätigte sich bitter sein Verdacht.

Es war Ken. Diesen durch fuhr ein Zittern, doch schien er nicht bei Bewusstsein zu sein. Und wenn doch, hatte er Daisuke sicher nicht wahrgenommen.

Er wusste nicht was er machen sollte, denn so wie es aussah, konnte er seinen Freund nicht so einfach wie gedacht von hier fortschaffen.

Überall am ganzen Körper war der Schwarzhaarige übersät mit Verletzungen. Von Blutergüssen über Schnittwunden bis hin zu den aufgeschürften blutigen Handgelenken, doch nur an einem befand sich derzeitig eine Handschelle, die ihn ans Bett kettete. Der Schwarzhaarige hatte praktisch nichts an. Nur ein zerfetztes Blut getränktes Hemd hing noch an ihm.

‚Womit soll ich nur die Handschellen lösen?’ Unsicher sah Daisuke sich um. Es war eine minimale Erleichterung zu wissen, dass sein Freund lebte, doch wenn er sich nicht beeilte und ihn in ein Krankenhaus brachte, würde dem eventuell nicht mehr lange so sein. Daisuke nahm sich die Kerze um besser sehen zu können. In einem Regal, weit weg von dem Bett, fand er nach längerem suchen eine Zange, mit der es möglich sein müsste die Kette der Handschellen durch zutrennen. So ging er wieder zurück zu Ken und stellte die Kerze an ihrem alten Platz zurück. Die Zange angesetzt tat er sein Bestes das störrische Metall der Kette kaputt zu bekommen. „Verdammt! Geh endlich kaputt!“ zischte er.

Der Schwarzhaarige regte sich. Schwach öffneten sich dessen Augen und musterten den Brünetten.

Von dem bemerkte Daisuke nichts. Weiterhin versuchte er das Metall durch zutrennen. Von irgendwo im oberen Teil des Hauses hörte er ein Poltern, gefolgt von einem Schuss. Vor Schreck zuckte er zusammen und hatte es so endlich geschafft die Kette der Handschellen kaputt zu bekommen. Vorsichtshalber ging er sofort auf Angriffsstellung, denn sein mulmiges Gefühl stieg rasant an. Etwas in ihm schrie ihm zu, dass Gefahr drohte. Schützend vor seinem Freund stehend sah er zur Treppe und wartete darauf, dass jemand kam.
 

Draußen vor dem Haus wartete Taichi immer noch auf Mimis Rückkehr. Vor dem Laptop hockend glotzte er das kleine Fenster auf dem Bildschirm an, durch das er in die Digiwelt gucken konnte. Er wusste nicht wie lange er das schon tat und er registrierte es auch nicht, dass er von jedem Passanten argwöhnisch angestarrt wurde. Was nicht zuletzt daran lag, dass er aus Langeweile begonnen hatte zu summen. Die Melodie stammte von einem neuen Lied von seinem Yamato, dessen Titel er so schnell wieder vergessen hatte, wie er ihn gehört hatte… Nach einer gefühlten Ewigkeit tat sich etwas. Er sah wie Mimi zusammen mit ein paar ihrer Digimon näher trat.

„Hey Tai, geh doch mal bitte zur Seite, ja?“ fragte Mimi zuckersüß durch das offene Tor lächelnd. Sie wartete, bis der Brünette außer Sicht war, ehe sie ihr Digivice hob und zusammen mit den Digimon wieder in die reale Welt eintrat.

Erstaunt stellte Tai fest, dass sie genau vier Digimon mitgebracht hatte: Palmon, Agumon, Demiveemon und Wormmon. Zugegebener Maßen empfand er es schon merkwürdig, dass sie ausgerechnet diese Vier gefunden und mitgebracht hatte, aber wozu sollte er sich beschweren? Wieder auf den Bildschirm des Computers schauend, sah er Tentomon und Gabumon.

„Na dann, viel Glück.“ Wünschte Tentomon.

„Danke.“ Erwiderte Mimi bevor sie ihr Notebook zuklappte. Gerade als sie es in ihre Tasche packen wollte, schallte der Klang eines Schusses in der Luft, der sie stocken ließ.

Auch Tai und die Digimon sind zusammengezuckt.

„Was war das?“ wollte Agumon wissen.

„Ein Schuss.“ Gebannt sah der Brünette das Haus an, in dem sich Motomiya befinden müsste. ‚Hoffentlich ist ihm nichts passiert.’ Tief atmete er einmal durch. „Wir müssen sofort da rein!“ Und so sprintete der alte Anführer der Digiritter los, dicht gefolgt von den Digimon und Mimi. Die Haustür war nicht verschlossen, sodass er sie sofort aufschlagen konnte. Im Hausflur sah er einen Mann am Boden, der sich zusammen gekrümmt den Bauch hielt. ‚Das ist doch der von vorhin!’ Eilig ging er weiter zu Mogami. „Was ist passiert? Wo ist Motomiya?“

„Im … Keller. Mein Bruder… “ Brachte Mogami brüchig heraus und zeigte zittrig auf eine weit offen stehende Tür hier im Flur.

Tai hatte verstanden. Der, der die Schüsse abgefeuert hatte, war unten und das zu allem Überfluss bei Motomiya und wohl auch Ichijouji. „Mimi, du kümmerst dich um ihn und ruf gleich Polizei und Krankenwagen!“

Die Angesprochene nickte. Aus ihrer Tasche zog sie ihr Handy während sie sich zu Mogami hockte.

Ein weiterer Schuss ertönte.

„Schnell!“ rief Taichi den Digimon zu und rannte auch schon los. Das Bild, das sich ihm unten angekommen bot, verwirrte ihn.

Daisuke und der Fremde, den Taichi erst nach mehrmaligen hin gucken als den Bruder von Mogami identifizierte, schienen miteinander gerungen zu haben und irgendwie muss die Waffe bei Ichijouji gelandet sein, denn dieser zielte vor einem schmuddeligen Bett hockend mit ihr auf den Fremden.

Ein tiefes Grollen verließ die Kehle Keitas und kurz darauf holte er zu einem Faustschlag aus, mit dem er Daisuke treffen wollte.

Aus der Hosentasche Daisukes drang ein grelles Licht, das von seinem Digivice stammte. Dieses Licht hatte zur Folge, dass Demiveemon digitierte. Nun als V-mon sprang das blaue Digimon zwischen seinem Partner und Keita und verpasste diesem eine V-Kopfnuss.

„V-mon!“ Äußerst überrascht starrte Daisuke seinen Partner vor sich an. ‚Woher…?’ Zur Treppe schauend, sah er Tai und Agumon, dicht hinter den beiden Wormmon und Palmon.

Keita taumelte zurück, denn all zu stark hatte V-mon ihn nicht verletzen wollen. Knurrend sah er von dem blauen Wesen zu seinem schwarzhaarigen Opfer. Er konnte sehen, dass Ichijouji kurz davor stand erneut das Bewusstsein zu verlieren, weswegen er die Gelegenheit nutzen wollte und nun auf diesen zu stürmte.

Als Tai das bemerkte, rief er „Wormmon! Palmon! Haltet ihn auf!“.

„Klebenetz!“ rief Wormmon und feuerte so eine weiße klebrige Masse auf den Kopf des Angreifers seines Partners.

Noch während der Angreifer versuchte im Fall das klebrige Etwas von seinem Kopf zu bekommen, setzte Palmon seinen Giftigen Efeu ein und hielt diesen so mit seinen Ranken gefesselt. Unter einem dumpfen Laut fiel Keita zu Boden.

Ohne Umschweife lief Daisuke zu seinem Freund. Bei diesem angekommen sank er auf die Knie um ihn in die Arme nehmen zu können.

Unter einem Zittern fiel die Pistole aus Kens Händen zu Boden.

Selbst noch vor Aufregung zittrig presste Daisuke den Schwarzhaarigen an sich. Auch wenn sich sein Liebster so kalt anfühlte, war er heil froh, dass es jetzt vorbei war und er lebte.

Wormmon kam zusammen mit V-mon zu den beiden. Das Wurmdigimon sah traurig seinen geschundenen Partner an und auch V-mons Blick verriet wie traurig und mitleidig es der Situation wegen war.

Der Schwarzhaarige lehnte seinen Kopf an Daisukes Schulter. Die Umarmung des Brünetten wurde stärker, weswegen sein Körper unter den aufkommenden Schluchzen des anderen mit bebte. Zunächst waren es nur vereinzelte, doch schnell wurden es viele Tränentropfen, die von Daisuke auf ihn nieder fielen.
 

Mit gesenktem Haupt schlürfte Daisuke zum gefühltem tausendsten Mal durch diese eintönigen weißen Gänge. Jeden Tag sah er hier die gleichen Leute, die jeden Tag dieselben Dinge taten und schenkte ihnen jedem Tag genauso wenig Beachtung wie heute. Es schwirrten ihm wesentlich wichtigere Dinge im Kopf umher, als dass er den Nerv hätte der Krankenschwester, die ihn auch heute versuchte anzuflirten, zu erklären, dass sie ihn nicht im Geringsten interessierte und das auch nie tun wird. Seit der Rettung seines Freundes waren nun schon neun Tage vergangen und man könnte meinen, dass sich der Schwarzhaarige inzwischen erholt hatte oder zumindest dabei war, doch dem war nicht so. Seine körperlichen Wunden verheilten zwar, doch war dessen Psyche noch immer so stark angegriffen, dass dieser nahezu unbewegt in seinem Krankenbett lag und schweigend ins Leere starrte. Jede freie Minute verbrachte Daisuke an Kens Bett, erzählte ihm diverse Dinge, obwohl er sich nicht sicher war, ob man ihm überhaupt zuhörte… Reaktionen bekam er zumindest nicht all zu viele. Mal zuckte die bandagierte kalte Hand Ichijoujis in seinen oder leicht schien der Schwarzhaarige den Kopf zu schütteln, ob dies wegen dem Gehörten geschah war jedoch fraglich. Manchmal glaubte Motomiya schon, dass er es sich nur einbildete.

Es war zum Haare raufen, doch dagegen konnte niemand etwas tun. Solange Ken nicht selbst die Kraft fand, wieder Anteil an sein Leben zu nehmen, konnte niemand ihm helfen – so hatten es die Ärzte ihm erklärt.

In der Umhängetasche Motomiyas zappelte es. V-mon und Wormmon waren sich darin wohl mal wieder gegenseitig im Weg. Die beiden musste Daisuke beinahe jedes Mal mitnehmen, wenn er ins Krankenhaus kam, weil sie der festen Überzeugung waren, dass sie helfen könnten. Sei es um dafür zu sorgen, dass Daisuke nicht die Hoffnung verlor oder dass dieser das Essen nicht vergaß. In erster Linie ging es den beiden allerdings darum Daisuke nicht mit der Situation allein zu lassen, denn seine Freunde hatte er meist davon gescheucht, wenn sie meinten ihn unterstützen zu müssen. Die Digimon dagegen konnte er schlecht zu hause lassen, wenn sie ihn mit ihren großen Kulleraugen anbettelten mit kommen zu dürfen.

Vor der gut bekannten Tür angekommen seufzte der Brünette noch einmal ehe er anklopfte und eintrat. Er erwartete das gleiche Bild wie in den vergangenen Tagen vorzufinden, doch zu seinem Erstaunen saß sein Freund aufrecht in seinem Bett. Zwar war dessen Kopf gesenkt, aber dennoch sah es ganz nach einem Fortschritt aus. „Hey, Ken.“ Grüßte er während er näher an den Schwarzhaarigen herantrat.

Nach den Anweisungen Takeshis, Kens Vorgesetzter, hatte man den Schwarzhaarigen in ein Einzelzimmer verfrachtet, damit dieser sich ungestört von diesem schrecklichen Erlebnis erholen konnte, ohne dass andere Patienten des Krankenhauses ihn mit Fragen belästigen konnten. Und auch nur wenigen vom Personal war es gestattet das Zimmer zu betreten.

Soweit war der Fall auch schon abgeschlossen, man hatte Mogamis Bruder Keita zunächst in U-Haft genommen bis ein Psychiater sich seiner angenommen hatte, der wiederum hatte veranlasst, das Keita in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden musste. Auch Ren war ein paar Mal hier gewesen, doch selbst das nicht lange, mit der Begründung, dass Ichijouji sich erst mal richtig erholen solle, ehe er ihm auf den Keks ginge. Zudem war Ren nicht gerade erfreut darüber, dass Ichijouji tatsächlich glaubte, dass er ihm all das angetan hatte.

Aber ob Ken davon etwas mitbekommen hatte war ungewiss. Daisuke hatte ihm zwar alles erzählt und auch die anderen hatten versucht durch ein Gespräch seine Aufmerksamkeit zu wecken, doch bislang war alles wie gesagt sinnlos gewesen.

Sich auf dem Weg einen Stuhl schnappend beobachtete der Brünette den Schwarzhaarigen in der Hoffnung, dass dieser ihn ansah, doch selbst als er den Stuhl ans Bett gestellt und sich darauf gesetzt hatte, hatte sich Ken nicht einen einzigen Zentimeter bewegt. Niedergeschlagen seufzte er tonlos.

Derweil krochen Wormmon und V-mon aus der Tasche, die der Brünette auf dem Boden neben sich abgestellt hatte. Beim raus klettern half das blaue Digimon seinem Freund. Sich gegenseitig stumm anlächelnd nickten sie synchron und machten sich gleich auf den Weg um es sich auf dem Stuhl am Fenster gemütlich zu machen.

„Weißt du, so langsam könntest du wieder auftauen. – Ja, ich quassle viel und gerne, aber so auf Dauer mit dir einseitige Dialoge zu führen macht langsam keinen Spaß mehr…“ Der ehemalige Goggleboy hatte durchaus mitbekommen, wie die beiden Digimon aus der Tasche gekrochen waren, doch weil er wusste, dass sie nicht vor hatten ihn zu stören, hatte er sie nur gelassen. So schnell würde niemand zusätzlich das Zimmer betreten und unangenehme Fragen im Bezug auf sie stellen.

Leicht zuckten auf diese Worte Kens Hände, die auf seinem Schoß ruhten. Hände sowie Handgelenke waren bandagiert worden, da sie von den Handschellen stark aufgeschürft worden waren. Auch sonst zierten seinen Körper einige Verbände und Pflaster, viele von ihnen sah man nicht auf den ersten Blick, da sie sich unter seiner Kleidung befanden. Seine dunklen Haare fielen ihm ins Gesicht, sodass es schwierig war von seiner Mimik einen Blick zu erhaschen.

„… Uh, ich hätte das besser nicht sagen sollen… Sorry. – Warum muss alles nur so kompliziert in letzter Zeit sein?“ Wehleidig und in der Hoffnung eine Antwort zu bekommen sah er Ken an. Er erwartete zwar inzwischen keine mehr, doch hoffte er auch weiterhin. Betrübt, dass man ihm wohl wieder einmal nicht zugehört hatte, senkte er sein Haupt. Ihm war durchaus bewusst, dass all das nicht Spurlos an Ichijouji vorbeigegangen war und dieser Zeit brauchte um alles zu verarbeiten, jedoch machte er sich mit jedem vergehenden Tag mehr Sorgen darüber, dass Ken es niemals schaffen könnte sein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Dass er nie wieder ein Wort über seine Lippen ließ. Dass er nie wieder lächeln wird. Daisuke konnte selbst schon seit Tagen nicht mehr richtig schlafen, so viele Gedanken jagten durch seinen Kopf. Wenn er könnte, würde er alles ungeschehen machen und sogar die Zeit zurückdrehen, um es gar nicht erst dazu kommen lassen, dass man seinen Freund vergewaltigte. Er würde dann bei ihm bleiben und sich nicht verscheuchen lassen und deswegen in die USA gehen…

Doch war es dazu zu spät. Die Zeit ließ sich nicht zurückdrehen. Er musste sich damit abfinden und versuchen jetzt für Ken da zu sein und ihm helfen wo er nur konnte.

„Bin ich ein Mörder?“

Verwundert blinzelte Daisuke. Die Digimon hatten es gerade geschafft den Stuhl zu erklimmen und beachteten ihn gar nicht weiter, weswegen er zunächst glaubte sich diese Frage eingebildet zu haben. Doch als er seinen Freund wieder genauer ansah, bemerkte er, dass er von ihm angesehen wurde, genauer gesagt waren nur die blauen Augen auf ihn gerichtet, nicht aber der Kopf zu ihm gedreht.

Die blauen Augen blitzten zwischen dem schwarzen Schleier seiner Haarsträhnen dunkel hervor und schienen auf eine Antwort zu warten.

„Wie… wie kommst du darauf?“ Irritiert verzog der Brünette das Gesicht. Er verstand nicht, was seinen Ken dazu gebracht hatte eine solch lächerliche Frage zu stellen. Wenn man mal von der Digimonkaisergeschichte absah, hatte Ken doch nie etwas Böses getan und schon gar nicht absichtlich.

Die blauen Augen ließen von Daisuke ab und richteten sich wieder auf die bandagierten Hände. „Mogami hat gesagt dass ich Osamu getötet habe.“ kam es ein wenig später erläuternd ohne erkennbare Gefühlsregung in der Stimme von ihm.

„Das ist doch quatsch! Niemand hat ihn gezwungen dich zu retten. Und außerdem hat er dich damals doch dazu getrieben abzuhauen.“ Stritt Daisuke energisch ab. Er wusste nicht was ihn gerade wütender machte: dass dieser Mogami Keita das zu Ken gesagt hatte oder dass sein Freund es auch noch glaubte.

Durch das entstandene Gespräch der beiden war das Augenmerk von Wormmon und V-mon nun voll und ganz auf ihre Partner gerichtet. Schweigend hörten sie ihnen zu. Motomiya würde schon die richtigen Worte finden.

„Ich hätte aber nicht weglaufen müssen…“ Wieder diese fremde kalte Stimme.

„Er ist dein großer Bruder und große Brüder passen auf ihre jüngeren Geschwister auf! Da hat der wenigstens einmal was richtig gemacht und du beklagst dich! Sei doch mal ehrlich, wenn du gesehen hättest, dass er an deiner Stelle in Lebensgefahr schwebt, hättest du einfach nur zugesehen?“ Es begann mehr und mehr in Daisuke zu brodeln. All der Frust und seine Wut, die er in den vergangenen Tagen herunter geschluckt hatte, kamen wieder hoch, sodass es ihm zunehmend schwerer fiel sich zusammen zu reißen.

Auf diese Worte starrte der Schwarzhaarige seinen Freund direkt an. Zum ersten Mal konnte man seit Tagen einen kleinen Funken in dem tiefem Blau in seinen Augen sehen, doch schnell hatten sie diesen besonderen Glanz wieder verloren. Dieser war erneut einer Stumpfheit gewichen die schon an Kälte erinnerte. Nichts in seiner Mimik verriet was in seinem Kopf vor sich ging.

„Weißt du, ich habe über diese Sache lange nachgedacht. Könnte es nicht sein, dass er indem er damals dein Leben gerettet hatte, seine Schuld dir gegenüber begleichen wollte?“ Abwartend ob eine Antwort folgen würde, biss Motomiya sich auf die Unterlippe.

Ein kurzer Moment der Stille entstand, ehe Ichijouji antwortete. „Dann meinst du, er hatte nur sein Gewissen erleichtern wollen?“ Ein verachtendes Schnauben folgte.

Daisuke ahnte schon, dass wenn er jetzt nichts dagegen unternehmen würde, Ichijouji sich wieder seiner dunklen Seite von damals zuwenden wird. Er war es gewohnt den Schwarzhaarigen ständig verdeutlichen zu müssen, dass er geliebt wird, aber es ihm in diesem Fall klar zu machen, war nicht einfach. Dennoch versuchte er es. „Ken, du hast mir die Geschichte doch selbst erzählt. Du hast doch gesagt, dass Osamu-sans letzte Worte gewesen sind, dass er dich liebt und er hofft dass du ihm verzeihst, ne? Glaubst du wirklich, dass es eine Lüge gewesen ist? Warum hätte er lügen sollen, wenn er doch gewusst haben muss, dass er stirbt. – Er hat dich wirklich geliebt – mehr als ein Bruder seinen kleinen Bruder vielleicht lieben sollte – aber am Ende zumindest hat es ihm leid getan was er dir angetan hat. Glaubst du nicht?“

Ken schwieg.

„Ken, er hat es aus Liebe getan. Er wusste nicht anders damit umzugehen… er wusste nicht wie er dir hätte zeigen sollen, was er für dich empfand. – Sicher ist alles unglücklich verlaufen, aber daran kann niemand mehr etwas ändern. Für sein falsches Handeln hat er mit seinem Leben bezahlt und das Einzige worauf er gehofft hat, ist dass du ihm vielleicht irgendwann verzeihen kannst.“ Vorsichtig legte Daisuke seine Hand auf die des Schwarzhaarigen. Er war sich nicht sicher, ob sein Freund bereits Berührungen duldete, doch der Drang ihn schützend in die Arme nehmen zu wollen stieg, während die Wut langsam abnahm. „Ob du es kannst, liegt allein bei dir. Es erwartet niemand, dass du das jemals tun wirst.“

„Bist du dir sicher?“ Dank den Worten Motomiyas drängten sich die ersten Emotionen langsam an die Oberfläche, die Verwirrung in Ichijoujis Kopf stifteten. Er wusste einfach nicht mehr was er glauben sollte. Auf der einen Seite hatte Osamu ihm zwar gesagt, dass er ihn liebte, aber auf der anderen hatte er ihm diese schrecklichen Dinge angetan. Osamu hatte in diesen Momenten keine Gnade gekannt, doch dann gab es Augenblicke, in denen er so nett gewesen ist. Allerdings kannte selbst Mogami diese dunkle Seite. War dies Osamus wahres Ich? Ist er in Wahrheit ein böser Mensch gewesen und hatte nur alle mit der Fassade des freundlichen Jungen täuschen wollen? Oder lag es im Bereich des Möglichen, dass sein Bruder ähnlich wie er von etwas besessen gewesen ist…? Darauf wird es wohl nie eine Antwort mehr geben. Osamu ist tot. So sehr wollte Ken daran glauben, dass sein Onii-san im Grunde ein guter Mensch gewesen ist.

„Ich war mir selten so sicher wie jetzt.“ Weil man ihn nicht von sich gestoßen hatte, setzte er sich aufs Bett neben Ken und legte seinen Arm um ihn. Als Reaktion darauf legte auch Ken seine Arme zögernd um ihn.

Sich an seinen brünetten Freund schmiegend, ließ er sich von diesen in eine liegende Position mitziehen. Seinen Kopf legte er auf die Brust des Brünetten und lauschte dessen Herzschlag. Noch war es etwas unangenehm die Wärme eines anderen Körpers auf der eigenen Haut zu fühlen, doch genau das war es, was die Kälte in ihm vertrieb. Wissend, dass Motomiya sein unterkültes Herz wie schon so oft wärmen würde, ließ er ihn gewähren. Eine Weile lang streichelte man ihm über den Rücken. Keiner von ihnen sagte etwas. Es tat so unglaublich gut Daisuke wieder so nahe sein zu können und all diese zärtlichen Gesten zu genießen, ohne die Furcht im Nacken sitzend zu haben, dass all das von einer Sekunde auf die nächste fort sein könnte. Ken wusste nicht, wie er ohne ihn sein Leben fortsetzen sollte. Sicher gab es noch seine Tochter Noriko und Wormmon und gewisser maßen auch Miyako und die anderen, doch das war nicht das Gleiche. Zu ihnen hatte er nicht die gleiche emotionale Bindung, die ihm das Gefühl gab, dass er ohne sie nicht leben könnte. Wenn Daisuke nicht wieder zurückgekommen wäre, wenn er ihn nicht gesucht und letztlich gefunden hätte… Er war sich sicher, dass er dem Tod geweiht wäre. Wenn er überhaupt noch leben würde.
 

I never thought I'd find someone

But you came along and made me see

That you were the only one for me

Boy, I love you constantly
 

Ken horchte auf. Hatte er sich verhört, oder war es Daisukes Stimme, die ihm etwas vor sang? Es klang äußerst angenehm, wie er feststellte. Für gewöhnlich konnte der Braunäugige keinen ordentlichen Ton halten, aber das hier klang wunderschön.
 

You are my love

My only love

Baby, my heart belongs to you

Be with me

Don't play with me

If you want love just let me know
 

Der Schwarzhaarige schloss seine Augen, um dem Lied besser lauschen zu können. Es beschlich ihn das Gefühl, dass er dieses Lied schon einmal gehört hatte, doch daran wann das gewesen war, konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern.
 

Love, love is such a crazy thing

Never understood the way, I was supposed to feel

Is it love for real
 

Love, love is such a crazy thing

Never understood the way, I was supposed to feel

Is it love for real
 

Ihm wurde wärmer. Das stetige auf und ab streicheln über seinen Rücken drohte ihn zum schnurren zu bringen, doch wollte er dem Lied ungestört weiter lauschen. Es klang viel zu schön, als das er es stören oder gar unterbrechen wollte.
 

I dreamed of someone like you before

But I never thought I'd get the chance

To romance someone as sweet as you

I hope you feel the same as I do
 

Bei diesen Zeilen bildete sich eine leichte Röte auf Kens Wangen. Er verstand zwar nicht jedes Wort, aber der Sinn dahinter weckte sein Schamgefühl, welches zudem einen leichten Schauer über seine Haut jagte.
 

You are my love

My only love

Baby, my heart belongs to you

Be with me

Don't play with me

If you want love just let me know
 

Love, love is such a crazy thing

Never understood the way, I was supposed to feel

Is it love for real.......
 

Damit endete Motomiya und küsste Kens dunklen Haarschopf. Was für ein Gesicht dieser gerade machte, konnte er sich bildlich vorstellen. Er war sich auch sicher, dass sein Freund krampfhaft darüber nachdachte, woher er das Lied kannte. Gespannt, ob sein Freund von allein darauf kam, wartete er geduldig seine Reaktion ab.

Die Schamesröte auf seinen Wangen wollte nicht weichen, weswegen der Schwarzhaarige es vermied seinen Kopf von Daisukes Brust zu heben, dass man ihn jetzt ansehen konnte. So versuchte er sich abzulenken und weiter über das Lied nachzudenken, in der Hoffnung, dass sich wenigstens dieses Problem von selbst löste. Doch er kam einfach nicht darauf. Die Melodie war ihm vertraut, der Text hingegen schien so fremd. Es musste einen Grund haben, warum Daisuke so aus dem Nichts angefangen hatte es zu singen, also müsste – wo es Ken so bekannt vorkam – früher schon einmal eine ähnliche Situation gegeben haben, in der der Brünette es ihm vorgesungen hatte. Oder? ‚Vielleicht interpretiere ich hier nur zu viel hinein… Es ist Daisuke. Tiefgründiges Denken zählt nicht gerade zu seinen Stärken. Sicher mag er dieses Lied einfach nur… Das wird es sicher sein… Denke ich…’

Innerlich jubelnd, schlich sich ein Grinsen auf Daisukes Gesicht. Das eben gehörte leise Grummeln seines Freundes verriet ihm, dass er es geschafft hatte ihn abzulenken. „Erinnerst du dich noch an den Sommer vor 5 Jahren? Als du mit einer Erkältung flachgelegen hattest und ich mich um dich gekümmert hatte?“ Die Erinnerung daran fühlte sich noch so frisch an, als sei es erst gestern gewesen. Er sah den 17-jährigen Ken in seinem gelben Schlafanzug wieder vor sich, wie er ihn mit fiebrigen Augen anlächelte. Dieses süße Lächeln, das nur äußerst selten zu sehen war. „An dem Abend hatten wir diesen Film mit den beiden Kerlen gesehen, die am Ende miteinander rumgeknutscht gehabt hatten… danach hatten wir miteinander rumgealbert. Als ich es dann endlich geschafft hatte dich mit deinem Fieber wieder in dein Zimmer zu kriegen, hast du nicht schlafen wollen.“

Jetzt wusste Ken so langsam worauf Daisuke hinaus wollte, weswegen er schwer schluckte. Die Erinnerung daran war ihm wirklich peinlich.

Leise lachte der Brünette kurz auf. „Ich hatte echt gedacht gehabt, dass ich einen Hörfehler habe, als du gefragt hattest, ob ich mit dir schlafen würde. – Du glaubst ja nicht wie zweideutig sich das dank dem Film angehört hatte.“ Ein weiteres Lachen herunterschluckend fuhr er fort. „Diese Bitte hatte ich dir natürlich nicht abschlagen können. Am nächsten Morgen hattest du mir zum ersten Mal erzählt, dass du ständig Albträume hast… als du dann angefangen hattest zu weinen, hatte ich dich wie ein kleines Kind in meinen Armen geschaukelt und das Lied dabei gesummt.“

‚Das war es?’ fragte Ken sich im Stillen. Er erinnerte sich zwar, dass Daisuke damals den Titel des Liedes erwähnt hatte, aber welcher das gewesen ist wollte Ken beim besten Willen nicht mehr einfallen. War ja schließlich nun auch über 5 Jahre her. Auch nach diesem Morgen hatte Daisuke häufiger diese Melodie gesummt gehabt, doch nachgefragt hatte er nicht mehr. Er hatte den Brünetten einfach summen lassen. „Wieso kannst du auf einmal den Text?“ sprach er aus einer plötzlichen Verwirrtheit heraus laut aus. Bisher hatte er den Text nicht aus Daisukes Mund gehört.

„Ich hatte etwas viel Zeit in den Staaten.“ Lachte Motomiya. Er wusste dass Ken ihm das nicht glaubte, weswegen er noch „Mir ist da nämlich zufällig eine CD in die Hände gefallen, auf der es mit Songtext drauf ist.“ hinzufügte.

Ein „Aha“ murmelnd dachte sich Ken seinen Teil dazu, denn er glaubte dieser Aussage wirklich nicht so ganz. Er konnte es sich bildhaft vorstellen, wie sein Brünetter Freund durch sämtliche Läden stürmte auf der Suche nach dieser einen CD. Die Sache auf sich beruhen lassend kuschelte er sich etwas enger an den anderen und nutzte die eingekehrte Ruhe um in Daisukes Armen zu schlafen, ehe jemand vom Krankenhauspersonal – oder einer ihrer Freunde – sie auseinander bringen konnte.

Epilog

++++Epilog++++
 

Eineinhalb Jahre später…
 

„Heeey! Kommst du endlich mal, Ichijouji?“

Von seinen Akten aufschauend, blickte der Schwarzhaarige in braunrote Augen, die ihn ungeduldig musterten. Direkt vor ihm hatte sich sein schwarzgrünhaariger Kollege aufgebaut, der offensichtlich nicht gewillt war noch länger auf ihn zu warten. Unschuldig aufblickend klappte Ken die Akte vor sich zu. „Ich komm ja schon.“
 

Der Sommer lief inzwischen auf Hochtouren und dementsprechend brannte die Sonne vom blauen Himmel herab. Bereits seit Tagen war kaum eine Wolke am Himmel zu sehen. Wie in jedem Sommer herrschte reges Treiben in den Straßen Tokios. Die Schüler genossen ihre Sommerferien in vollen Zügen, weswegen es selbst zur Mittagszeit noch voller in der Stadt schien als zu anderen Jahreszeiten. Kinder rannten lachend durch die Straßen, eine Gruppe junger Mädchen bestaunte die Schaufenster während sie über die neusten Modetrend diskutierten und ein paar Jungs in ihren Trikots waren auf dem Weg zum Fußballtraining.

Einen Moment in Erinnerungen schwelgend blickte Ichijouji den Jungs nach. Von Zeit zu Zeit vermisste er die unbeschwerte Zeit, die er als Schüler gehabt hatte. Auch wenn es ihn einiges an Nerven gekostet hatte, Daisuke beim Lernen für sämtliche Tests und Prüfungen zu helfen. Darüber den Kopf unbewusst schüttelnd richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den wie immer rauchenden Mogami, der neben ihm ging. Eben diesen hatte er Unrecht getan gehabt, als er geglaubt hatte, dass er ihm all diese Dinge angetan hatte. Doch nachdem Daisuke ihm damals alles noch mal im Krankenhaus erklärt gehabt hatte, machte so einiges mehr Sinn. Bei dem Versuch, sich mit Mogami über die Sache auszusprechen, hatte dieser nur abgewinkt und gemeint gehabt, dass es die Hauptsache sei, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

Mogami zog noch ein letztes Mal an seiner Zigarette, ehe er sie an dem Nächsten Mülleimer ausdrückte und wegwarf. „Ganz schön warm heute, was?“

„Mh, ja.“ Warm war zwar nicht das Wort, was ihm auf die aktuelle Temperatur einfiel, aber er beließ es dabei. Am Zielort angekommen galt seine Aufmerksamkeit einem anderen. Etwas aufgeregt schlug ihm sein Herz in der Brust. Noch einmal hoch schauend, überflogen seine Augen das Schild über dem Eingang. „Soup Paradise”. Das Lokal betretend suchten seine blauen Augen sofort nach dem braunen wuscheligen Haarschopf, der nur zu einer Person gehören konnte: seinem Daisuke.

Besagter hatte vor etwa einem Jahr hier, direkt gegenüber von Ichijoujis Revier, sein neues Nudelsuppen-Resturant eröffnet. Bereits vom ersten Tag an boomte der Laden und Daisuke konnte sich kaum vor Kundschaft retten. Diese Lokalität ist ihm glücklicher Weise aufgefallen, als er mit Ken und Tanemura auf dem Weg zum Revier gewesen ist. Auf dem Ersten Blick hatte die leer stehende Räumlichkeit ihn bereits gefesselt gehabt. Bereits damals hatte der Brünette alles haargenau vor sich gesehen: blass rote bis blassorange Wände mit dunklem Parkettboden. Ein Tresen zur rechten im Eingangsbereich und zur linken bis an die hintere Wand ein paar dunkel braune Tische mit farblich passenden bequemen rot gepolsterten Stühlen. Ins Gesamtbild passende Gemälde von Landschaften aus der Digiwelt sollten an den Wänden bei den Tischen hängen. Diese Gemälde wurden letztlich Fotografien von Hikari, die sie auf ihren regelmäßigen Ausflügen in die Digiwelt gemacht hatte.

„Herzlich willkommen!“ Der Brünette kam gerade aus einem der hinteren Räumlichkeiten und kaum, dass er seinen Freund entdeckte, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.

Zu seinem Stammplatz am Tresen gehend um dort platz zu nehmen, lächelte Ken zurück. Dabei schaute er sich schnell um und stellte zufrieden fest, dass trotz der Mittagszeit nur ein Pärchen in einer der hinteren Ecken saß und sonst kein anderer Kunde derzeitig außer ihnen hier war. Es war ihm lieber, dass wenn er schon her kam, wie jeden Tag, den er auf dem Revier verbrachte, dass so wenig fremde Leute wie möglich da waren. Am liebsten wäre es ihm, wenn er allein mit Daisuke sein konnte, doch dass es so kam, war hier nur selten der Fall. Da musste er schon darauf warten, dass sie beide zu hause waren.

„Wo habt ihr denn Tanemura gelassen?“

„Der ist zurzeit unterwegs.“ Antwortete Mogami kurz während er sich neben Ichijouji setzte.

„Ach so ist das. – Was darf es denn heute sein?“

„Das übliche.“ Den Kopf auf seinen Arm aufstützend zog Mogami sein Handy aus der Hosentasche, weil er schon wusste, dass er von hier an eh nicht mehr viel Beachtung bekommen würde. So zog er es vor ein paar Runden Tetris zu spielen, während er auf seine Nudelsuppe wartete.

„Und du, Ken?“

„Was kannst du denn heute empfehlen?“

Mit leuchtenden Augen begann Daisuke seine Tagesspezialitäten aufzuzählen.

Es war nicht so, dass Ken nicht schon längst wusste, was sein Freund auf der Speisekarte hatte und was er nur für ihn zubereitete, doch diese kleinen Augenblicke, in denen sein Dai so Feuer und Flamme war – und das nur für ihn – wollte er unbedingt auskosten.
 

Dass Daisuke sein eigenes Nudelsuppenresturant in Japan eröffnet hatte, war nicht die einzige Veränderung bei den Digirittern.

Auf Grund der Tatsache, dass Miyako sich neu verliebt hatte und sie mit diesem Mann eine feste Beziehung eingegangen ist, wurde es zu eng in der verhältnismäßig kleinen Wohnung für vier Erwachsene und ein Kind. So sahen sie sich gezwungen umzuziehen. Bei diesem Mann handelte es sich um niemand geringen als Izumi Koushiro. Dieser hatte Miyakos Aufmerksamkeit besonders in der schwierigen Phase während Ichijoujis Verschwinden und Krankenhausaufenthalt geweckt. So hatte sie Izumis Anwesenheit und stets helfende Hand zu schätzen und lieben gelernt.

Ken und Daisuke waren anfangs natürlich sehr erfreut darüber ihre Privatsphäre auf diese Weise zurück bekommen zu haben, doch hielt dies nicht all zu lang an, weil Miyako und Koushiro ausgerechnet in der Wohnung neben ihrer eingezogen sind. So kam es öfter mal vor, dass Noriko zu ihnen abgeschoben wurde, wenn Miyako und Koushiro allein miteinander sein wollten. Damit hatte es sich logischer Weise mit der Zweisamkeit der beiden Männer erledigt…
 

Des Weiteren ist es Yamato nach Jahren endlich gelungen das Rätsel über Tais Beruf zu lösen. Niemand hatte auch nur den Hauch einer Ahnung gehabt, was und ob Taichi überhaupt arbeitete. Alle hatten angenommen, dass dieser vom Geld Yamatos lebte, der dank seiner noch immer anhaltenden Musikerkarriere Geld wie Heu hatte. Dass dem nicht so war, hatte der Blonde bei einem kleineren Streit mit Hikari und Takeru klar stellen müssen. Danach hatten auch die anderen zu grübeln begonnen…

Taichi hatte niemandem verraten als was er arbeitete beziehungsweise von wo er das ganze Geld hatte, hatte jede Frage danach schlicht überhört und mit seiner PSP oder anderen Spielkonsolen weiter gespielt, so blieb letztlich Yamato keine andere Möglichkeit als selbst nach zu forschen. Nach etlichen heimlichen verfolgen und durchstöbern von Kontoauszügen des Brünetten ist er dann doch endlich auf etwas gestoßen, als er zufällig den noch angeschalteten Computer in Augenschein genommen hatte, nachdem Tai daran gesessen hatte. Da ist noch eine E-Mail geöffnet gewesen, die den Blonden einige Minuten lang entgeistert auf den Bildschirm starren gelassen hatte. ‚Videospieltester?!

Als Taichi wiedergekommen ist, wurde er natürlich zur Rede gestellt a la Yamato-Art. Man sollte meinen, dass der Brünette alles abgestritten hatte, doch statt genau das zu tun, hatte er auf die Schimpftriade nur „Wusstest du das noch nicht? Ich spiele doch die ganze Zeit Videospiele, die noch nicht auf dem Markt sind. Ich dachte du hättest es schon lange mitbekommen…“ in aller Ruhe geantwortet und irritiert vor sich hin geblinzelt.

Yamato dagegen hatte in dem Moment ausgesehen, als wäre er versteinert worden…
 

Die größte Veränderung bei Hikari und Takeru war natürlich die Geburt ihrer Tochter.

Selbst all die Monate der Schwangerschaft hatten nicht genug Zeit geboten um sich auf einen Namen zu einigen, der ihrem Kind gerecht werden könnte. Etliche Namensbücher hatten nicht ausgereicht, sodass es wie befürchtet dazu gekommen ist, dass ihre gemeinsame Tochter – vollkommen unspektakulär – im Krankenhaus geboren ist, ohne dass eine Einigung in Sicht gewesen war. Am ende mit den Nerven hatten sie sich entschlossen ihrem Kind dem Namen der nächsten weiblichen Person zu geben, die das Krankenzimmer Hikaris betrat. Sie hatten beide sehnsüchtig darauf gewartet, dass es endlich dazu kam, doch irgendwann hatte es doch zu lange gedauert.

Hikari – gereizt wie noch nie zuvor – ist ohne eine Erklärung abzugeben aus dem Zimmer verschwunden und in die Cafeteria gestampft. Auf dem Weg dahin ist sie über eine Türschwelle gestolpert und hat gedroht zu stürzen. In letzter Sekunde hatte jemand sie am Arm fest halten können. Sich sofort bedankend hatte sie in das Gesicht einer alten Frau geblickt, die sie angelächelt hatte. Auf dem ersten Blick hatte Hikari schon gesehen, dass sie es mit einer Ausländerin zu tun hatte und hatte sofort befürchtet nicht verstanden worden zu sein. Doch die Frau hatte im fließenden Japanisch „Schon gut. Zum Glück ist Ihnen nichts passiert, meine Liebe.“ erwidert.

Nach einer längeren Unterhaltung hatte sich Hikari endlich entschlossen, dass ihr Kind den Namen dieser Frau bekommen sollte: Alice. Takeru würde schon nachgeben, hatte sie sich gedacht gehabt.

Inzwischen musste selbst Takeru sich eingestehen, dass es eine gute Entscheidung gewesen ist, nachgegeben zu haben und seiner Frau ihren Willen gelassen zu haben. Nun umzingelt von 2 Frauen, eine Menge rosafarbene Möbel und Dekorationen in der Wohnung, war er in der Minderheit. Solange er aber sein Arbeitszimmer vor dem rosa Albtraum beschützen konnte, sollten die beiden Damen nur ihr Ding machen…
 

Selbst bei den anderen hatte sich das eine oder andere getan.

Mimi hatte ihren Traum erfüllt und ist baldige Braut. Doch von ihrer Arbeit wollte sie sich deswegen noch lange nicht trennen. Dafür hatte sie zu viel Energie in ihr gemeinsames Projekt mit Sora gesteckt. Und allein mit allem wollte sie ihre beste Freundin auch nicht sitzen lassen.

Es war Soras Idee gewesen, ein eigenes kleines Geschäft zu eröffnen, in dem sie ihre selbst entworfenen und geschneiderten Kleider, Kimonos und was sich ihre Kunden sonst noch so wünschten verkaufen konnte und Mimi sich um den Verkauf kümmerte. Während Sora also mit dem kreativen Part voll beschäftigt war und Beziehungen erst einmal auf Eis gelegt hatte, hatte Mimi ihren Spaß daran das eine oder andere Kleid an zu probieren und die Kunden zum Kauf zu bezirzen…
 

Was Jou anbelangte, hatte sich nicht wirklich etwas geändert. Er lebte nur für seine Arbeit als Arzt und war zu blind um zu bemerken, wenn sich eine weibliche Person für ihn interessierte. So verscheuchte er die meisten mit seinem Desinteresse wieder, noch ehe etwas entstehen hätte können. Einzig eine seiner Kolleginnen blieb hartnäckig am Ball und lud ihn immer wieder zu Dates ein. Jou hatte diese treffen natürlich als solche nie wahrgenommen. Für ihn war es nur ein Kaffee unter Kollegen. Ein Spaziergang um einfach frische Luft schnappen zu können. Späte Telefonate, die bis tief in die Nacht hinein dauerten, um sich gegenseitig ein Weinig aufzuheitern. So hatte er es gesehen bis Mimi und Sora entrüstet über diese Blindheit ihm eine gescheuert hatten…
 

Auch bei Iori schien alles beim Alten geblieben zu sein. Er lernte fleißig für sein Jurastudium und hatte somit den Stolz seiner Mutter und seines Großvaters auf seiner Seite. Doch in letzter Zeit, war ihm etwas anderes wichtiger. Nicht etwa seine Katzen, zumindest nicht wichtiger als vorher, nein, eine Blumenverkäuferin lockte ihn jeden Tag auf’s Neue auf einen Umweg zur Uni. Ihre Ausstrahlung hatte es ihm angetan, doch angesprochen hatte er sie aus Verlegenheit nicht. Deshalb versuchte er sich jeden Tag einzureden, dass es ihm genügte sie nur ansehen zu dürfen. Jeder, dem er davon erzählt hatte, hatte ihm geraten sie endlich anzusprechen, ehe jemand anderes sie sich krallte. Die Drohungen Daisukes, das wenn er es nicht bald täte, er ihn an die Hand nehmen würde und ihn persönlich zu ihr schleifen wolle, gab Iori doch zu denken. Vielleicht war es doch gar nicht so schlimm auf sie zu zugehen…
 

Während all das geschah, hatte Ichijouji an sich in unzähligen Therapiestunden arbeiten müssen. Jedes Mal aufs Neue war es eine große Überwindung für ihn jemanden wirklich alles erzählen zu müssen: worüber er nachdachte, was er in seiner Kindheit erlebt hatte, über die Geschichte, die ihn letztlich zur Therapie gebracht hatte, seine Beziehung zu seinen Freunden und seiner Familie und zu guter letzt auch ziemlich viel über seine Beziehung mit Daisuke.

Bereits am Anfang der Therapie hatte der Brünette einen entscheidenden Part im Heilungsprozess eingenommen. Daisuke hatte stets Ken den Rücken gestärkt, wenn dieser nahe dran war aufzugeben. Es ist nicht immer leicht gewesen, wenn die Erinnerungen an die Vergewaltigung nach oben drangen während jemand ihm nahe war oder ihn genau dann berührte. Selbst bei Daisuke ist es ihm von Zeit zu Zeit nicht gelungen Nähe zu zulassen.

Die nötige Distanz, die der Schwarzhaarige brauchte, konnte Daisuke nur schwer in solchen Momenten halten. Zu seiner Erleichterung verringerte sich ihre Häufigkeit, sodass es mit der Zeit einfacher wurde und er das Gefühl hatte, dass das Lächeln seines Freundes wieder aufrichtig war.

Mit der Hilfe von Wormmon und V-mon, die sich fast nur noch in der realen Welt bei ihnen aufhielten, und auch Noriko und ihren Freunden machte Ken Fortschritte. Doch ganz besonders Daisuke war ihm eine Stütze, ohne die er sich absolut sicher war nicht überleben zu können. „Love is such a crazy thing“ dachte sich Ken immer häufiger schmunzelnd wenn er über seine gemeinsame Vergangenheit mit seinem Dai nachdachte. Zusammen mit ihm hatte er all das durch gestanden und wagte es nun in eine angenehmere Zukunft zu blicken.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So ihr Lieben,
ich hatte zwar nach einem geweissen Ereignis hier nicht mehr vorgehabt ein Vor- oder Nachwort zu schreiben, aber ich muss euch unbedigt herzlich danken! ^o^
Unerwartet von meiner Seite scheint es bei dieser Fanfic von mir einige Leser zu geben xD

Dass ihr euch hier so meine geistigen Ergüsse antut ist echt... naja, so wunderbar! xD

Kleine Anmerkung: das Lied, welches Daisuke gesummt hat ist von Pink und heißt wie es hier im Text steht "Love is such a cray thing". Die, die der englischen Sprache mächtig sind, werden hier auch schon den (ersten) Grund für den Titel dieser Fanfiction wiedererkennen... ^.^

Und euch danke ich recht herzlich für das Lesen bis hierhin und hoffe euch beim nächsten Kapitel wieder begrüßen zu dürfen!


Sollten noch Fragen sein, wendet euch an mich!!

*winke-winke*

Bis zum nächsten Mal![ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Joah, das war's für dieses Mal.
Ein dickes DANKESCHÖN an alle, die bis hierhin mit gelesen haben!
- Ich hoffe, es hat euch auch gefallen *.*


Sollten noch Fragen sein, wendet euch an mich!!

*grins*

Bis zum nächsten Kapitel! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wie versprochen melde ich mich wieder mit einem neuen Kapitel zurück! ^.^

Ich hoffe es hat euch gefallen *in die Runde guck*
Jaja, ich weiß, es ist schon eine fiese Stelle, um das Kapitel zu beenden, aber na ja, zufällig war hier die "Grenze" erreicht gewesen, um nun das nächste Kapitel mit dem Inhalt voll zustopfen xD

Tschüssi und bis zum nächsten Mal!

*winke-winke* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen ^.^

Schön, dass ich euch auch dieses Mal begrüßen darf!
Zuerst einmal ein dickes Danke an alle Kommi-schreiber!! Und natürlich auch an die restlichen Leser, die sich meine geistigen Ergüsse antun! xD

Hm, zum Kapitel gibt's eigentlich wenig zu sagen, denk' ich mal... ^.^''
- Sicher haben ein paar von euch sich schon gedacht, in welcher Beziehung Taichi und Yamato zueinander stehen, was?
Bislang sind die beiden eher als Nebenpairing geplant, doch wenn es eventuell vermehrt gewünscht wird, könnte sich das "prozentual gesehen" ein Wenig ändern, also, dass sie häufiger in wichtigeren Positionen auftauchen - also, lasst mich eure Meinung diesbezüglich wissen! *grins*


Bis zum nächsten Mal! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, Leute,
hiermit melde ich mich wieder zurück ^.^

Dank der "kleinen" Pause zwischen meinen Klausuren, konnte ich in aller ruhe weiterschreiben... hab sogar das Lernen für meine Französischklasur sausen lassen, damit ich weiterkomme (ich bin mir aber eh sicher, dass ich die Klausur selbst mit ernsthaften Lernen verhauen hätte xD).

Tja, wäre da mein Geistesblitz am vergangenen Sonntagmorgen nicht gekommen, würde ich immer noch an einer fiesen Stelle in der Story fest hängen, doch nun hat sich dieses Problem ja glücklicher Weise von selbst gelöst xD (mehr dazu beim "übernächsten Kapitel")

So, ich hoffe auch dieses kürzere Kapitel hat euch gefallen.
Nochmal ein großes DANKE an alle Kommischreiber und Leser und sollten irgendwelche Fragen oder eventuell "Wünsche" auftreten, dann wendet euch an mich! *grins*


Bis zum nächsten Mal!
*winke-winke* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hey Leute! ^.^

Hier habt ihr eben den vorletzten Teil des ersten Abschnittes dieser Story gelesen! =P
Und? Wie war es bislang? Gut? Oder eher schlecht? - Hmmmm~


Joah, was kann ich hier zu diesem Kapitel noch sagen?
... Ah, für den Fall, dass es jemanden unter euch gibt, der denkt ICH hätte jemals eine solches Magazin in den Händen gehalten, wie Ken, der irrt... Das einzige in der Richtung, war ein Heft voll mit 3 Fotostories gewesen und das war als ich etwa 15 war... xD (also schon ne Weile her xD) Und das war hetero pur - trotz des Dreiers darin bei der einen Story... (woran ich mich alles erinnern kann *lol*)

Ich hoffe, das Gespräch zwischen Daisuke und Taichi hat zumindest etwas Klärung in die Sache gebracht. - Für die, die sich interessieren sollten, wie Taichi und Yamato bei meiner Fanfic zusammen gekommen sind, kann ich nur sagen, dass sie mal "Kann es sein" von mir lesen sollten ^.~


Bis zum nächsten Mal!



EDIT 11.Juni 2010:
ab jetzt alle Kapitel - auch adult für jeden - bei Fanfiction.de zu lesen.
speziell das nächste findet ihr hier:

http://www.fanfiktion.de/s/4c06c05e00015a8006601771/9 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So meine Lieben,
hier habt ihr mein kleines Weihnachtsgeschenk für euch! ^.^
Gefällt's euch? o_O

Zu diesem Kapitel gibt es eigentlich nicht viel zu sagen...
Für die, die es nicht bemerkt haben, ich habe Kens Beruf vom Original gelassen, Polizist. Bei mir ist er bei der Kripo xD
Und Daisuke ist auch Nudelsuppenkoch geblieben, nur eben nicht so erfolgreich wie in der Serie - bis jetzt - mal schaun, ob ich ihm doch Erfolg schaffe xD
Der Rest müsste eigentlich klar sein, bzw. wird in den nächsten Kapiteln Licht ins Dunkle kommen =P

Wer Fragen hat, fragt mich einfach!

Desweiteren: DANKE an alle Leser und Kommischreiber!!



Bis zum nächsten Mal!! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Da bin ich wieder ^.~

Und hat's euch bis hierhin gefallen? - Ich hoffe doch xD

Was genau mit Ken ist, werdet ihr in den folgenDEN Kapiteln erfahren und wer ein bisschen Ahnung hat, kann sich bereits jetzt denken, was dem armen fehlt. ^.~

Übrigens möchte ich mich bei der Gelegenheit gleich bei allen Billardspielern entschuldigen, falls (und davon gehe ich stark aus) Fehler der Normregeln hier aufgetaucht sind. Ich kenne nur wenige und mag selbst das Spiel nicht so besonders... UND ICH WEIß dass die Wahrscheinlichkeit besonders bei Daisukes Spielzügen gleich Null ist. *drop* - Ich wollte nur Ken ein Wenig ärgern =P

Joah, sonst weiß ich jetzt auch nichts weiter zu sagen, außer, dass ich hoffe, euch beim nächsten Mal wieder begrüßen zu dürfen!! ^__^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hey, na, lebt ihr noch? - Also ich schon... xD

Erstmal: DANKE für's lesen! Und Danke an die Kommischreiber des letzten Kapitels =P

Was gibt's zu diesem Kapitel noch zu sagen...? o_O
Eigentlich von meiner Seite aus nichts weiter... Falls ihr Fragen haben solltet, fragt mich einfach!

So, bis zum nächsten Mal!!

*winke-winke* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen ^__^

... jaaaa, mich gibt's auch noch. - Warum erst jetzt was neues von mir kommt?
- Tja, ich sag nur Geburtstage, Geschenke für diese besorgen, dann die Partys... und mittendrin mein eigener... - man, bin ich alt... -___-''

...gibt's Fragen zu diesem Kapitel? o_O
Zum nächsten kann ich schon mal sagen, dass der Erzählstil anders sein wird... wie auch in dem danach. Beim schreiben habe ich mich an der 23. Folge ("Kens Vergangenheit") orientiert.
- Ach, wo ich schon dabei bin, das übernächste wird adult sein.

So, genug der Worte und bis zum nächsten Mal!!

*winke-winke* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hey, schön, dass ihr auch dieses Mal vorbei geschaut habt =P

Ja, ich weiß, dass ich mir wieder etwas sehr viel Zeit gelassen hab mit diesem Kapitel... u.u' Nicht, dass ich keine Zeit gehabt hätte (wie es eigentlich sein müsste so kürz vor meinen Abi-Prüfungen xD), denn geschrieben hab ich massig, aber das Uploaden war mir meist zu aufwendig xD


Joah, das war's erstmal von mir.
Danke für's Lesen und Kommentieren bis hierhin und auch schon mal im Vorraus für dieses Kapitel.

Und wie immer: Wer Fragen hat, fragt mich einfach ^_~



Bis zum nächsten Mal!! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Öh ja, da da bin ich wieder... hehe~

Man hab ich mir wieder Zeit gelassen und das wo ich in den letzten Wochen so wenig zu tun hatte... - sorry u.u

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen(?)
Ich weiß, dass momentan Urlaubssaison ist, aber ich hoffe doch, dass alle meine Leser bemerken, dass es ein neues Kapitel gibt/gab. (wenn ihr das hier lest, habt ihr es wohl bemerkt xD ich und meine Logik wieder... =P)

Nja, gibt es irgendwelche Anmerkungen oder Fragen?
Ihr wisst ja wie ihr mich erreicht, ne?


Dann noch schöne Ferientage und bis zum nächsten Kapitel !! ^_^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen, da bin ich wieder ^.^
Wie ihr vielleicht bemerkt habt, nähren wir uns langsam dem Kern des 2. Teils dieser Fanfic. Und? Schon eine Ahnung was passieren wird?? xD

Nja, das wa's erst mal von mir,
ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und DANKE an alle die ein Kommentar beim letzten Mal hinterlassen haben! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So und wie versprochen habt ihr das neue Kapitel =P
Joah, erst mal für die Skeptiker unter euch: Schwarztee ist echt hart und nicht grad geeignet zum Trinken, wenn man schlafen gehen will xD
Und das mit Noriko hab ich einfach einbauen müssen ^^ Sie muss ja auch irgendwie eine Beziehung zu Dai aufbauen und umgekehrt. - Gibt es dazu noch was zu sagen? xD

Nächstes Wochenende kommt auch schon das nächste Kapitel und das nicht umsonst, denn am Samstag den 14.08. ist diese Fanfic schon ein ganzes Jahr lang online lesbar ^__^
Ich hab anfangs nicht gedacht, dass sie sooooo lang werden würde ... ich dachte es wäre mit drei bis vier Kapitel abgetan, aber irgendwie hat sie ein Eigenleben entwickelt xD


Danke für's Lesen und Kommentieren und hoffentlich bis zum nächsten Mal ^.^b Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und da bin ich wieder wie versprochen mit einem neuen Kapitel ^^
Ich hoffe es hat euch gefallen. Das hier ist ja immerhin das Jubeläumskapitel zum ersten B-day dieser Fanfic xD
Ich hab echt nicht gedacht, dass ich so lange durchhalte =P

Nja, was den Titel dieses Kapitels betrifft, muss ich sagen, dass mir kein besserer eingefallen ist... *drop* aber was soll's ^.^'' mit dem hier kann ich noch leben. (falls jemandem ein besserer Titel einfällt, kann er/sie den mir ja mitteilen *lieb guck*)

Beim nächsten Upload wird es übrigens 2 Kappis geben - warum? Weil die beiden inhaltlich stark zusammenhängen (ursprünglich waren die beiden auch als ein ganzes Kapitel gedacht gewesen...) und das 2. definitiv adult sein wird. Die hab ich nämlich geschrieben, als ich noch nicht bei fanfiktion.de registriert war.
Doch bis die beiden kommen, dauert's noch etwas... ich will euch ja nicht zu sehr mit meinen Texten zu lappen.

Bis dahin viel Spaß und ich hoffe euch wieder begrüßen zu dürfen !! ^o^
Bei eventuellen Fragen und Anregungen wisst ihr ja, wie ihr Kontakt mit mir aufnehmen könnt. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und hier habe wir schon das 20. Kapitel ^o^
Das 21. Kapitel folgt gleich - für die Volljährigen unter euch. Keine Bange, die Handlung geht da nicht wirklich weiter, es passiert nur eben das, was hier schon angedeutet ist. *räusper*
Denen, die das nächste lesen können, empfehle ich folgendes Liedchen dabei zu hören. http://www.myvideo.de/watch/5274461/Mariah_Carey_I_Still_Believe
Das hatte ich gehört, als ich das Kapitel geschrieben habe ^^ - Nebenbei bemerkt ist es mir ein Mysterieum wie das Lied auf meinem Computer gelandet ist xD


Danke für's Lesen und das bisherige Kommentieren ^///^


Und wie immer gilt, wer Fragen oder Anmerkungen hat, der meldet sich einfach bei mir =P Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, da habt ihr wieder ein neues Kapitel ^.^
Erstmal DANKE für alle Kommis die bei den letzten beiden Kapiteln hinterlassen wurden und ich hoffe euch hat auch dieses gefallen.

Kleine Bemerkung:
Das mit den "toten Leichen" hab ich aus meinem Geschichtsunterricht im letzten Schuljahr ^*^ Das hatte einer von uns bei einer Bildbeschreibung raus gehaun xD
- ach das waren noch Zeiten...
Sonst noch was? Hm, nja, nur dass ich noch los werden will, dass Kens Auto KEINE Standheizung hat - sonst wär dieses Kapitel schlecht umsetzbar gewesen... =P Und nicht dass sich jemand all zu sehr wundert, Kens Kollege Tanemura heißt mit Vornamen Misaki - wird jetzt nicht all zu oft vorkommen, aber so wisst ihr es für den Fall der Fälle.


So, mehr hab ich jetzt nicht los zu werden. Wenn ihr noch Fragen oder Anmerkungen habt, wisst ihr ja wie ihr mich erreichen könnt.
Dann mal *winke-winke* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Öhm ja, hallo erst mal ^^

Ich weiß, dass ich schon länger nix von mir hab hören lassen - das hatte mehrere Gründe (von keinen Bock über Stress, bis hin zu Streitigkeiten mit meinen Freunden - die immer noch andauern...) aber hier habt ihr ja nun nach knapp 2 Monaten ein neues Kapitel =P

Das hier ist eines der letzten Kapitel die "lustig" angehaucht sind, die anderen sind viel näher an dem, wo ich hin will mit der Story ^^
Die, die das 9. hatten lesen können (zur Info: das war das 1. Adult-kappi und so nicht für alle hier bei mexx zu gängig), hier ist die Auflösung eingebaut, wer denn diese geheimnisvolle Person war, die Ken einen Besuch abgestattet hat [die Frau mit dem Baby auf'n Arm, die aus dem Fahrstuhl kam als Daisuke die Treppen hoch gehechtet ist] : Motomiya Jun - weltbewegend ist diese Anmerkung zwar nicht, aber na ja, nun wisst ihr's. Ähm ja, ich weiß noch nicht, ob ich es hier in der Fanfic noch verraten werde, wer denn von Juns Tochter der Vater ist, aber ihr könnt gerne raten (p.s. ist einer der in beiden Adventure-Straffeln regulär vorkommt und bei meiner FF bisher eher als Schnapsdrossel abgestempelt wurde ^3^) - frühestens im 29. Kapitel werde ich das Geheimnis lüften können... mal schaun.

Ab dem nächsten Kapitel gibt es dann ein paar klärende Ereignisse und unserem Daisuke wird einiges klarer als ihm lieb ist ^.~


Danke für's Lesen und für alle Kommis ♥

*schnell wegkugel* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo =P
Ja, da bin ich wieder, pünktlich zum Jahresende xD Mit Weihnachten ist es ja nüscht mehr geworden, aber das hatte den schlichten Grund, dass ich eine Weihnachtsfanfic gepostet hab, die seit Anfang Dezember meine ganze Aufmerksamkeit gefressen hat. Natürlich ist diese Fanfic auch eine Daiken ^.^ Ihr könnt ja mal vorbei schaun – falls ihr es noch nicht getan habt.

Zurück zum Thema…

Zu diesem Kapitel hier kann ich jetzt auch nicht viel sagen, müsste eigentlich alles klar sein, beziehungsweise werden, wenn ihr das nächste Kapitel lest. Und wer der „Kerl“ ist, der Ken da unerlaubter Weise vernascht, tja, ratet mal schön, denn die Auflösung wird noch ein paar Kapitel in Anspruch nehmen.
Hab übrigens festgestellt, dass die Kapitel 26 und 27 noch lustig angehaucht sein werden… sie sind zwar auch nicht so ganz ohne Deprifaktor, aber lustiger als die anderen um sie herum…

Joah, mehr fällt mir jetzt auch nicht mehr ein.
Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr und spielt nicht mit Feuerwerk, nicht dass euch eure Hände oder sonstige Körperteile abhanden kommen… wär sicher kein schöner Anblick… xD

Wir lesen uns in 2011 wieder ♥ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo ^.^
Mit diesem Kapitel melde ich mich im neuen Jahr zurück. Wow, 2011. Wie die Zeit vergeht xD
Ich hoffe ihr hattet alle einen guten Start ins neue Jahr(?)
Den hatte ich zwar, aber die vergangene Woche war einfach nur scheiße.

Montag: Kofferraumklappe auf die linke Schulter geknallt
Dienstag: auf Arbeit mit der linken Schulter gegen ne Metalltreppe gerannt…
Mittwoch: Zug verpasst – war zwar nicht so schlimm, aber na ja…
Donnerstag: mit einer Bindehautentzündung aufgewacht
Freitag: rechten Zeigefinger in einer Autotür eingeklemmt, sodass ich sogar in die Notaufnahme musste… das Resultat ist, dass ich ne schicke Fleischwunde inklusive einem Riss im Knochen hab und nun mit einer Schiene an der Pfote rum renne……… wären die Ärzte mir mit einer Spritze oder gar Nadel und Faden gekommen, wär ich heulend weggelaufen *drop*

Wenigstens war der Samstag ganz okay, denn endlich habe ich einen funktionsfähigen Zweit-PC. Ich kann zwar derzeitig kaum mit meiner Pfote die Maus bedienen, aber das wird schon wieder =P


Jetzt aber mal Schluss mit meinem Gejammer:
Wie fandet ihr dieses Kapitel?
Ich habe mir schon vor Monaten Gedanken drüber gemacht, weshalb Ken in der 23. Folge in der Rückblende gesagt hat, dass er Osamu hasst. Sicher war der gemein zu ihm und hatte alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber ob das alles war?
So habe ich diese „kleine“ Sache dazu gedichtet und wie ich bei manch anderen Fanfics bereits gelesen habe, bin ich nicht die einzige, die Osamu das zutraut ^^


So, das war’s von mir erstmal. Voraussichtlich wird am 18.Februar das nächste Kapitel kommen. (während den letzten Stunden meines Daseins als zwanzigjährige… *heul* ich bin so ALT !! *snif* )

Bis dahin viel Spaß ^.^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Uff, und schon ist auch dieses Kapitel fertig ^_^
Jetzt kommt so langsam etwas Action ins Spiel und wie sich sicher einige denken können, ist das Finale dieser Story nicht mehr weit. (nicht, dass ich schon zum Ende mit dem Schreiben gekommen bin.)

Hm, was gibt es zu diesem Kapitel zu sagen?
Eigentlich nicht sonderlich viel… Miyakos PND (= Postnatale Depression) ist mir bereits vor über einem halben Jahr in den Sinn gekommen, während ich ein Buch mit dem Titel „Nein! Ich will keinen Seniorenteller!“ gelesen habe. Ich wollte sie wohl nicht ganz als den bösen Störenfried dastehen lassen. Und wieder ist das „Vögeln“ von Tai und Yamato mal wieder eine Anspielung auf meine andere Fanfic „Verräterische Fotos“. (Ja, ich bin versaut und betreibe aktiv Schleichwerbung ^.~ )

Zum nächsten Kapitel kann ich nur sagen, dass es deprimierend sein wird…


So, ich hoffe euch hat die Geschichte bis hierhin gefallen und danke an alle Kommischreiber und Favoler (komisches Wort… xD) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo ^^’’

Jaaaa, ich lebe noch… *räusper* Ja, tut mir voll sorry, dass erst jetzt wieder was Neues kommt, aber ich hab echt laaaaange bei der Story fest gehangen…
… bis mir irgendwann auf Arbeit die glorreiche Idee kam einfach eine weitere Person in die Handlung rein zu ziehen xD (lang lebe Mimi !! – Wer mehr dazu erfahren möchte, muss das 29. Kapitel lesen, also das übernächste *drop* )

Jetzt muss ich nur noch ein schönes Ende finden ^^’’
Ja, genau: Ende. Ich schreibe schon (hah, „schon“, ich glaub ich spinn…) am 30. Kapitel und das soll eigentlich schon seit längerem das letzte werden… mal schaun ob mir vielleicht noch genug für n Epilog einfällt ^.^

Und wie fandet ihr dieses Kapitel? – So ganz zufrieden bin ich damit nämlich nicht… aber erst mal belass ich es dabei.

Was das nächste Kapitel angeht, werdet ihr eine große Ansammlung von Flashbacks erleben, die dazu dienen sollen, das eine oder andere Mysterium zu dieser Fanfic zu klären und ich hoffe, dass es nicht unter Adult hier online geht…… wenn doch, muss ich da was abändern… Ach und die Bemerkung mit dem "es", das Ken besser nicht hätte sehen sollen, wird da auch geklärt.


Sooo, bis hierhin bedanke ich mich für alle Kommischreiber und Favoler (schreibt man das so? o.O’’ ) und bei allen, die sich die Zeit genommen haben die Fanfic überhaupt zu lesen ^^’’ auch wenn ich keinen Plan hab, wie viele das wieder sind xD

Ein ganz besonderer Dank gilt dieses Mal Sylvette, denn wenn sie mir keine Kommis hinterlassen hätte, hätte ich meinen inneren Schweinehund wohl noch lange nicht überwunden mein Problem mit dieser FF zu beheben… xD

Joah, dann sag ich mal tschüssi und bis zum nächsten Mal.
Ich geh meine PS2 zu Kleinholz verarbeiten xD Das Teil legt sich mal wieder mit mir an…


LG Yurii-chan Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo ^__^

Schön, dass ihr auch dieses Kapitel zu ende gelesen habt. Puh, das ist echt schon das 28. - unglaublich wie lang diese Story geworden ist xD
Unüblicher Weise lade ich mal was am Samstagabend (oder schon Nacht?) hoch, weil ich gestern keine Lust mehr dazu gehabt hatte xD

Hm, dieses Kapitel gefällt mir zwar wesentlich besser als das letzte, aber irgendwas stört mich und ich weiß nicht mehr was xP
Und beim Korrigieren sind mir massig Schreibfehler aufgefallen... ohne die Korrektur von FireFox hätte ich die nie bemerkt - Das Programm ist doch zu was nütze ^^

Der "Song", den Yamato im Karaokeabend-teil singt, ist die deutsche Übersetzung vom Opening "Butterfly" zur 1. Staffel - für die, die das noch nicht wussten.

Nun, ich denke mal, dass die meisten Fragen jetzt beantwortet wurden, die noch offen waren. Falls jemand noch etwas fraglich findet oder so eine Szene in der Geschichte haben möchte wie - sagen wir mal - die Beichte von Daisuke und Ken an Dais Eltern, dass sie ein Paar sind... der sollte mir das auch mitteilen. Sonst kann ich das ja nicht wissen und erst recht nicht beantworten/einbauen.


Sonst bedanke ich mich herzlich bei allen Lesern und hoffe dass euch diese Geschichte gefällt und ihr auch beim nächsten Mal rein lest ^.^


LG Yurii-chan Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Sooo~ damit wäre das 29. Kapitel auch fertig ^^
Der Anfang ist echt langweilig geworden, aber was solls.
Wie ihr hoffentlich bemerkt habt, ist der Höhepunkt dieser Story im nächsten Kapitel erreicht. Da wird auch "endlich" die Frage geklärt, wer sich nun an Ken vergriffen und ihn entführt hat. Denn wer weiß? Vielleicht lügt Ren unserem Dai nur die Hucke voll und war's letztlich doch selbst? Oder er will Daisuke vernaschen und schert sich einen Dreck um Ichijoujis Verbleib?

Tjahaaa~ wer das erfahren will, muss das nächste Kapitel abwarten und es dann auch lesen ^.~

Übrigens bin ich auf die Namen der "Zwillinge" wie folgt gekommen:
Mogami Ren: simpler Zusammenklatsch aus den Vor- und Nachnamen von den Hauptcharas aus Skip Beat! (Mogami Kyoko und Tsuruga Ren)
Mogami Keita: bei der Namensgebung hatte ich auf dem Animax "Golden Boy" zu laufen und hab mir da den Vornamen Keita (Hauptfigur) gemopst ^^


So, das war's für dieses Mal. Für Kommentare, Fragen & Co. wisst ihr ja, wie ihr mich erreichen könnt =P

LG Yurii-chan Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Lieben =P

So, das wäre das letzte richtige Kapitel. Erstaunt? Enttäuscht?
Als nächstes gibt es noch einen kleinen großen Epilog – den ich ganz schön kitschig habe werden lassen, aber etwas Besseres ist mir nicht eingefallen um ein Ende zu finden… *drop*

Zu 100% bin ich dieses Mal auch wieder nicht zufrieden, aber besser habe ich meine Fantasie nicht schriftlich darstellen können. Ich hoffe ich konnte wenigstens glaubhaft das eine oder andere darstellen… wenn nicht, dann kann ich mich nur entschuldigen --__--

Jedenfalls ist das Lied, dass ich in diesem Kapitel hier eingebaut habe von Pink – Love is such a crasy thing. Für die, die sich noch an das 2. bzw. 3. Kapitel erinnern, in dem ich es Daisuke das erste Mal habe summen lassen, dürfte es nicht all zu unbekannt sein.
So schnell wie bei Youtube in letzter Zeit diverse Videos gesperrt werden, lass ich es lieber bleiben das Lied zu verlinken. Gebt bei Interesse den vollständigen Titel als Suchbegriff dort ein und ihr werdet sicher fündig ^^

DANKE fürs Lesen, bisherige Kommentieren und die ganzen Favos !!

LG Yurii-chan Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
… und fertig. ^^

– voll kitschig, oder? Ihr glaubt ja nicht wie bescheuert ich mir beim Schreiben dieses Epilogs vorgekommen bin xD
Nur leider ist mir nichts weniger kitschiges eingefallen, das ein ordentliches Ende abgegeben hätte. – Warum ich allen 12 Digirittern eine eigene „Episode“ gegeben habe? Nun, das liegt daran, weil ich mir vorgenommen habe zu den einen oder anderen noch kleinere Auskopplungen zu schreiben.


Puh, nach zwei Jahren und knappen drei Monaten kann ich diese Geschichte als abgeschlossen betrachten….
… FALSCH!
Der große Daiken-Part ist lediglich abgeschlossen, denn das nächste Projekt lautet: „Wie sind Tai und Yama ein Paar geworden?“ Auch wenn deren Geschichte sich zeitlich laaange vor Daisuke und Ken abspielt, werde ich ihren Part erst jetzt hier online stellen.
Angefangen hatte ich mit den beiden eigentlich auch schon vor über einem Jahr, als ich noch keinen einzigen Gedanken an meine ABI-Prüfungen verschwendet hatte x3
Im Ganzen wird die Taito-Yamachi Geschichte wieder abgedroschen werden und den einen oder anderen Witzigen, wie auch romantischen Moment beinhalten. Ob da auch Lemonszenen vorkommen, kann ich noch nicht sagen – Lasst euch am Besten überraschen ^.–

Danke an alle Leser, Reviewschreiber und Favoler !!

Also, für Fragen & Co. schreibt mich an, hinterlasst Kommentare oder Ähnliches.
Und die, die sich für meine neue Geschichte interessieren, hoffe ich dann wieder Begrüßen zu dürfen. Von allen anderen verabschiede ich mich bis zur nächsten Daiken-Fanfiction von mir, die sicher folgen wird =P


LG Yurii-chan Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (91)
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Von:  Hongbin
2011-11-03T22:11:28+00:00 03.11.2011 23:11
AHHHH~
Ich mag diesen Prolog ich mag es zu sehen okay ehr zu lesen wie sich das leben bei "fast" allen verändert hat natürlich finde ich es klasse das Daisuke und Ken >.< wider richtig zusammen sind und er sogar sein eigenes richtiges Nudelsuppen Resturant hat hahah^^
und das mit dem Rosa Abltraum xDDD welcher mann kennt das nicht aber
okay spaß bei seite :)
ich mag diesen Prolog wirklich sehr und finde ihn auch gut geschrieben^^ so erfährt man wenigstens noch ein wenig über das ja neue Leben der Digiritter es hätte wirklich gefehlt hättes du es nicht hochgeladen oder gar geschrieben^^
Auch diesen hab ich gerne gelesen den du hast mit deiner schreibweise nicht nachgelassen und hast es wirklich geschaft das ICH xD
die 30 Kapitel plus den Prolog wirklich durchgelesen habe den mein interesse ist NIE verschwunden^^
deswegen muss ich nun wirklich sagen ich mag deine FF wirklich total ich fande die idee klasse und auch ebend das einen immer in jedem Kapitel etwas neues überrascht hat^^
und von daher Glückwunsch zum Beenden dieser FF und auch das sie si klasse geworden ist *___*
man merkt nie das dir irgendwie die puste ausgegangen ist also im großen und ganzen gibt es von meiner seite aus nichts zu mäkern :D
also wie gesagt wirklich klasse oder wundervolle FF ich mag sie wirklich sehr und hab sie sehr gerne gelesen^^

LG Hyukie :)
Von:  Hongbin
2011-11-03T21:53:23+00:00 03.11.2011 22:53
So^^ ich melde mich auch wider zu wort^^
Ah endlich geschaft das letzte Kapitel deiner FF zu lesen ich muss ja schon sagen ich war/bin etwas traurig das diese FF nun vorbei ist ich mochte sie^^
und ich muss auch zu diesem Kapitel sagen dem letzten es ist wirklich toll!! es ist mit sehr viel gefühl geschrieben und ich mag es einfach^^
ich finde es süß wie Daisuke jeden tag ins Krankenhaus geht um seinen freund zu besuchen einfach nur süß!
ich konnte wider nicht aufhören als ich angefangen habe zu lesen wirklich sehr klasse FF ein wirklich klasse Kapitel!!
Von:  Lugia
2011-11-01T18:22:49+00:00 01.11.2011 19:22
NA UND?!?
KITSCH IST COOL <D
Ein echt süßes Ende für deine FF <3
Aber da sieht man echt wie nötig wir es haben auch endlich mal unter die Haube zu kommen >W<
Doch, hat mir echt gut gefallen und süß geschrieben ist es auch ^.^
Ich hoffe da kommt irgendwann noch mal so was ^^
ich sollte mal weniger lesen und selber endlich mal fertig werden xD

*chu*

LG Neko~ ^.^
Von:  Lugia
2011-10-29T09:55:22+00:00 29.10.2011 11:55
yay <D
endlich hat deine FF ein Ende xD
Nein Spaß beiseite ^^
Erst mal Glückwunsch zur beendeten FF, hat mir sehr gut gefallen ^^
Das letzte Kapitel hast du richtig spannend hinbekommen <3
Mir hat deine FF richtig gut gefallen und ich freue mich auf weitere ^^
Weiter so!
LG Koneko~
Von:  Hongbin
2011-10-03T21:03:16+00:00 03.10.2011 23:03
*grrrrrrrr*
Gemeinheit >.< BÖSE!! an so einer stelle
aufzuhören !! aber ich mag dieses Kapitel wirklich sehr!
anfangs dachte ich mir so lala aber dan wurd es gut *___*
und soe fesselt einen man kann nicht mehr aufhören!!
wirklich klasse FF bin gespannt wie es noch weitergeht :3
Von:  Lugia
2011-08-20T08:10:10+00:00 20.08.2011 10:10
BAAAAH >w<
das ist gemein an so einer stelle aufzuhören >w<
aber dieses kapitel gefällt mir wirklich gut ^^
hast du toll hin gekriegt den spannungsbogen zu ziehen ^^
ich freue mich schon aufs nächste kaputel, mach weiter so ^^
Von:  Hongbin
2011-06-28T09:40:40+00:00 28.06.2011 11:40
OMG Q____________Q
Das Das Das ist einfach nur zu süß gewesen das Kapitel endlich standen sie zu ihrer Liebe offen und haben es auch den anderen
gesagt das war sowas von toll und hat einen echt gefreut *___*
Die Aktionen von Tais sind ab und an acht genial doch manches
mal denkt man sich okay wie alt ist der Typ bitte XD
Und...ich kann Miyako nicht leiden *grrr* >-< wie konnte sie nur wie konne Ken das bloß >.<

Aber wider wirklich ein geniales Kapitel besonders der Schluß ich musste sowas von fast weinen Q___Q das war einfach zu süß
das ganze Kapitel ist einfach nur süß man hat alles lustiges trauriges einfach toll*___*
Bin echt immer mehr auf das Ende gespannt auch wen ich es nicht will da die FF einfach zu gut ist *____*
Also wirklich geniale FF !!!
Von:  Lugia
2011-06-26T08:56:10+00:00 26.06.2011 10:56
Q_________Q
*HEEEUUUL*
Wie konntest du?!
Die Geschichte wo sie endlich zu ihrer Beziehung standen war ja absolut süß...
Aber das mit der Karaoke...
also die anderen sturzbesoffen und die Rache an der Männerweltplanen war ja noch ok, aber Taichi sollte endlich mal lernen sich zusammenzureißen -.-
Boah Miyako! Wenn ich dich erwische bist du Hackfleisch Ô.ó
Das ist gemein T^T
Mach schnell weiter und richte das!
LG Neko~
Ps: bis darauf, dass der Verlauf der Geschichte absolut fies ist...
Super kappi! (^.^)/
Von:  Lugia
2011-05-21T08:38:32+00:00 21.05.2011 10:38
*räusper*
egal :D
das kapitel hat mir auch jetzt wieder gefallen ^.^
ich finde es auch komisch, dass ken plötzlich weg ist, ist eigentlich nicht seine art Oo..
na mal schauen, was du draus machst ^.^
LG Koneko~

Von:  Hongbin
2011-05-20T22:19:24+00:00 21.05.2011 00:19
Ähm.... Morgen XD

Ich glaube ich bin dieses mal verdammt schnell hahahah^^
aaaaber ich bin so mega happy als ich auf meiner PS gesehen habe das ein neues Kapitel online ist *____*
und muss mich auch gleich wider zu wort melden.

Also^^ erstmal lieben vielen dank! das du den Kampf mit der FF augenommen hast ^^
auch wen du geschrieben hast das dir das kapitel noch nicht so gefählt muss ich sagen das ich es sehr toll finde^^
es passt in die Story rein und ich finde es toll wie Miyako
es an nimmt das Daisuke und Ken (hoffentlich) wider zusammen kommen
also ich finde es sehr schön geschrieben und zeigt ebend auch wie sich alle sorgen machen ich mag es so als kleines
Kapitel und passt irgendwie perfeckt in die Story rein!
was auch sehr toll geschrieben ist ist sozusagen der Schluss zwischen Tai und Daisuke da sieht man einfach wider wie die beiden sich ergenzen einfach genial.
Toll finde ich auch immer wider bei deiner FF das die gefühle und
die stimmung beim lesen richtig herraus kommt man weiß
und bemerkt immer direckt wie sich der jeweilige Charackter fühlt
also wirklich wider sehr toll geschrieben^^
ich freue mich auf mehr *___*
und bin mal auf das Ende gespannt^^

also sehr großes Lob an dich ans schreiberrin !!


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