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Tausend Gründe

- Ja und Nein zu sagen -
von

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Weil sie mich hassen wird

„Nate?“
 

Langsam hebe ich den Kopf, meine Hände fest in den Stoff meines Shirts gekrallt. Noch immer fühle ich mich wie betäubt. Betäubt von einem tiefen Schmerz, der mich zu zerreißen droht.
 

Lukas steht vor mir, die Augen sorgenvoll auf mich gerichtet, die Schultern beinahe schuldbewusst eingezogen. Seine ganze Gestalt wirkt krumm und klein. Wir haben einen Fehler begangen. Schon wieder.
 

„Ich mag es“, flüstere ich leise. „Wirklich.“
 

Er nickt.
 

Ich höre sein stummes Flehen, aber ich kann nicht darauf antworten. Zu viel geht mir gerade durch den Kopf. Ich mag es wirklich, wenn wir miteinander schlafen, aber auch auf den Verdacht hin, dass sich tiefere Gefühle bei mir entwickeln werden, kann ich es nicht verantworten Melanie noch mehr zu schaden.
 

„Tut mir leid.“
 

„Nate, bitte…“
 

Doch ich schüttle mit dem Kopf. Ich habe ein Ziel vor Augen.
 

„Du hast es selbst gesagt“, erinnere ich ihn mahnend. „Wenn ich mich gegen dich entscheide, dann gibt es dich für mich nicht mehr. Halte dich dran!“
 

Damit erhebe ich mich wie benommen von meinem Bett, streife mein Shirt über, schlüpfe in meine stets gebundenen Schuhe und verlasse mein Zimmer. Als die Tür hinter mir zu fällt, ist es beinahe als wäre eine große Last von mir gegangen.
 

„Mum! Ich bin noch mal kurz weg!“
 

Noch nie ist mir ein Gang so schwer gefallen.
 

---
 

„Oh! Jonnyboy!“
 

Sie strahlt mich überrascht an. Ihre Lippen sind rot geschminkt und ihre Haarpracht ist in einem Gummi gefangen. Nie sah sie schöner aus. Ein wenig verwirrt, dennoch souverän in ihrem Auftreten.
 

„Ich muss mit dir reden.“
 

„Okay… ich denke, dass Nina auf mich warten kann, oder?“
 

Das angesprochene Mädchen hinter ihr nickt, zieht sich in Melanies Zimmer am Ende des Flures zurück. Wieder eine Tür die zugeht. Wann geht endlich wieder eine auf?
 

„Komm rein. Wir gehen ins Wohnzimmer“, bestimmt sie, lässt mich eintreten und marschiert mir voraus in den geräumigen Raum, dessen breite Fenster zur offenen Straße hin zeigen. Ich kann Lukas an einer Mauer stehen sehen.
 

„Was ist los?“
 

Mein Blick wandert zu ihr und mein Herz schmerzt. Ich werde sie verlieren. Aber ich weiß auch, dass ich keine Wahl habe. Ich habe einen Fehler gemacht und wenn ich nicht ehrlich zu ihr bin, werde ich ihr nie wieder ungerührt ins Gesicht sehen können.
 

Alles was ich will ist eine Chance.
 

„Ich habe mit Lukas geschlafen. Zweimal.“
 

Ihre Hand, gerade angehoben um eine Strähne fort zu streichen hält mit einem ohrenbetäubenden Klirren ihrer Armreife inne. Die grünen Augen weiten sich leicht, die roten Lippen bleiben offen. Ihre Schultern sinken ein, sie wird unter meinen Augen klein.
 

„Es war ein Fehler. Beide Male und… Melanie ich…“
 

„Nein“, spricht sie, dabei ist ihre Stimme leise, zittert unter der Anstrengung ruhig zu bleiben. Eine Träne blitzt in ihrem Augenwinkel auf. Ich höre wie mein Herz zerspringt.
 

Alles was ich will ist eine Chance.
 

„Wann habt ihr miteinander geschlafen?“
 

Ich schlucke nervös. „Das erste Mal vor drei Wochen. Als ich nicht auf der Party war.“ Meine Hände werden warm, ich schwitze. „Und das zweite Mal… gerade eben.“
 

Ihr Kopf ruckt hoch, in ihren Augen sehe ich tiefe Bestürzung und einen unglaublichen Schmerz. Verrat. Sie erkennt es als das was es ist. Und diese mentale Ohrfeige schmerzt mehr als ihre flache Hand auf meiner Wange.
 

„Nein!“, kreischt sie und ich höre wie eine Tür aufgerissen wird. Dann ist Nina schon im Raum, hält Melanie vor einem weiteren Schlag zurück. „Wie konntest du mir das antun? Für wen hältst du dich eigentlich?“
 

„Melanie, ich…“
 

„Raus! Raus hier! Ich will dich nicht mehr sehen, verschwinde!“
 

Tränen laufen ihr über die Wangen, ihr Make-Up verschmiert, doch ihre Augen strahlen so intensiv wie immer. Sie ist wütend, verletzt und vor allem enttäuscht. Nichts kann wieder gut machen, was ich getan habe. Was wir getan haben. Lukas und ich.
 

Mit einem gebrochenen Herzen verlasse ich ihr Haus, weiche Lukas aus, der auf mich zukommt, mich in den Arm nehmen will.
 

Nichts wird helfen. Weder seine Zärtlichkeit, noch seine Liebe. Der Verlust von Melanie ist mehr als ich ertragen kann. Ich weiß, dass sie mich hassen wird. Doch ich will die Hoffnung nicht begraben, dass es nur einen geringen Augenblick lang andauern wird.
 

---
 

Woche um Woche verbringe mit einem sinnentleerten Alltag, bestehend aus Schule, Hausarbeiten, Familientreffen und Partys mit Freunden. Auch wenn ich lache und scherze, nichts ist mehr wie vorher. Melanie fehlt.
 

Sie war meine beste Freundin, zu keinem anderen Menschen hatte ich eine solch starke Verbindung. Wir hatten denselben Humor und wir konnten über alles reden. Wann immer ich Probleme hatte, war sie es, die mich in den Arm genommen und mich sanft in den Schlaf gewiegt hat. Wie oft waren wir gemeinsam unterwegs?
 

Eine Zahl, die so unendlich erscheint.
 

Leise klopft es an meiner Tür. Ich blicke auf.
 

„Jonathan, my dear?“ Meine Mutter kommt herein, setzt sich neben mich, legt einen Arm um meine Schultern und streicht mir sanft durch die Haare. Ich kann ihr Parfüm riechen. „Something went wrong, no?“
 

Ich nicke.
 

„Ich hab sie verletzt.“
 

„Your father told me.“ Erschrocken sehe ich sie an. „And you should have done what he said to you. That would have been the best.”
 

„Ja, ich weiß. Ich dachte nur nicht, dass ich noch einmal mit ihm schlafen würde.“
 

Nun lacht meine Mutter.
 

„Don’t worry, Darling. She will talk to you. Just wait.”
 

Als sie geht wünsche ich mir, dass ich ihre Zuversicht teilen kann. Nicht mit Melanie zu reden ist die Hölle für mich. Auch wenn ich mir in der vergangenen Zeit sicher geworden bin, dass das mit mir und Lukas mehr ist als nur Verlangen.
 

Jeden Tag streunt er um unser Haus herum und jeden Tag ertappe ich mich bei dem Gedanken wie es ihm wohl ergeht. Schließlich habe ich auch ihn wochenlang nicht mehr gesehen. Es wäre ein weiterer Verrat an Melanie, deren Segen mir für eine Beziehung immer sehr wichtig war. In diesem Falle mehr als jemals zuvor.
 

Wenn sie nur mit mir reden würde.
 

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Musik: James Blunt - Goodbye my Lover



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-10-19T12:51:01+00:00 19.10.2009 14:51
Das war ein trauriges Kapitel, aber ich finde, Nate hat sich richtig verhalten, dass er es ihr gesagt hat. Zwar kann ich nicht verstehen, dass er da mit ihm geschlafen hat, aber nun gut, so was passiert halt mal. Aber dennoch denke ich, wenn man weiß, die Freundin ist in den anderen kerl verliebt, sollte dieser kerl ein Tabu sein. da kann ich Nate nicht verstehen. Andereseits finde ich, dass Melanie wirklich etwas heftig reagiert hat. Ich mein, dass sind doch die besten Feunde! Und man sollte doch annehmen, dass sie so intelligent ist zu wissen, dass sie Lukas nicht für sich gepachtet hat udn gerade, weil er mit Nate geschlafen hat, sollte sie sich erts recht net so anstellen, denn immerhin bedeutet das ja nun, dass er eh net so auf Mädels steht^^
Aber dennoch finde ich, die beiden sollten das klären. es sind doch die besten freunde!
aber ich kann Nate so gut verstehen, wie er leidet. Würde so eine Funkstille zwischen mir und meiner besten freundin herrschen, würde ich auch total neben mir stehen und nichts würde nciht mehr so viel Spaß machen und das Leben wäre ein anderes. Das ist nun mal so, mit besten freunden, sie gehören einfach dazu udn machen unser Leben zu einem besonderen Leben.
Ja, um wieder auf dein Kapi zurück zu kommen^^
Es hat mir sehr gut gefallen, du hast das wirklich gut geschrieben. Dein Schreibstil ist so, dass man sich gut in Nate hineinversetzten kann. Seinen Zwiespalt und die gefühle für Lukas. Das ist schon tragisch, dass er seine Gefühle für Lukas nicht ausleben kann, weil er Rücksicht auf Melanie nehmen muss. das ist so unfair. ich kann es ja verstehen, dass er sich zurückhält und dass ihm mehr an der Freundcshaft liegt, aber Melanie sollte irgendwann so weit sein, dass sie nicht möchte, dass Nate unglücklich ist. Da sollte sie vielleicht einfach einlenken, so schwer es auch ist. Ach ja, ich hab grad nen kleines Gedankenkuddelmuddel^^ Aber ich denke oder hoffe mal, dass ich mich dennoch irgendwie klar ausdrücken konnte.

Wie gesagt, dein Kapi fand ich echt klasse! Sehr gut geschrieben und ich bin gespannt auf den Epilog!!

LG Loona
Von: abgemeldet
2009-10-19T10:21:57+00:00 19.10.2009 12:21
Ich...
Also, ich bin geschockt. In meinen Augen ist Nates Handlungsweise die völlig falsche und ich finde es ziemlich verwerflich das er das, was er mit Lukas getan hat, als Fehler bezeichnet. Tat er das nur um Melanie nicht zu sehr zu verletzen? Im Endeffekt wäre es besser er hätte ihr gezeigt das es nicht einfach nur so passiert ist, sondern weil er mehr für Lukas empfindezt. Er sollte sich mit Lukas zeigen, sie sollte die Beiden sehen auch wenn es ihr weh tut. Aber wie soll sie anfangen damit klar zu kommen, wenn sie die Beiden nicht zusammen sieht? NIcht fühlt, wie es ist die Beiden zu sehen? Natürlich ist es schmerzhaft, aber man lernt schneller mit dem Schmerz umzugehen wenn man die Möglichkeit bekommt mit der neuen Situation zu arbeiten. Diese wird in diesem Fall vollkommen verwehrt.
Das Melanie verletzt ist ist verständlich, wobei ich ehrlich sagen muss das sie, in meinen Augen, extrem heftig reagiert hat. Klar, das zweite Mal da kann sie ihm Vorwürfe machen, ihn anschreien, aber es kommt einem Verrat nicht nahe genug. Ich weiß auch das man in solchen Situationen nicht zu rationalem Denken fähig ist, aber ich denke im Nachhinein hätte sie das Gespräch mit ihrem besten Freund suchen sollen. Stattdessen geht sie allem aus dem Weg. Na, manche brauchen ein bisschen länger.
Das Nate erst zu Lukas sagt das er ihn verlieren wird wenn er nicht ehrlich zu Melanie ist, ihn aber dann doch im Regen stehen lässt, finde ich auch nicht unbedingt richtig, aber den Grund habe ich weiter oben bereits genannt.
Es ist verständlich das Nate seine beste Freundin vermisst. Er versteht sie ja auch, wieso sie so reagioert hat wie sie es getan hat. Ich wäre zwar ein Stück weit sauer auf sie, aber ihn plagt ja das schlechte Gewissen. Wenn er aber danach gehen will, dann muss er Lukas sagen das das keinen Sinn mit den Beiden hat.
Melanie sollte sich wirklich nochmal mit Nate unterhalten. In aller Ruhe. Ohne Vorwürfe. Ohne ihre Verletztheit zu zeigen. Gefühle richten sich schließlich nicht nach Logik oder Freundschaft.

Ein gutes Kapi und ich bin stolz auf Nate das er den Mut hatte es Melanie zu sagen, auch wenn er ein bisschen taktvoller hätte sein können.

LG Rhiska
PS: Danke für die ENS


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