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Besessen!

von

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Der besessene Besen

Diese Geschichte geht auf das Konto der Fanfiktion.de-Puzzelgeschichten-Autoren, die mir kranke Gedanken in den Kopf gepflanzt haben. Was auch die Widmung wäre.

Und: Meinem Honigbienchen, zur Aufmunterung ♥
 

Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht beeinflussen: Das Schicksal.

Ein Mensch schlendert fröhlich pfeifend eine Straße entlang und wird von einem herabfallenden Klavier erschlagen. Schicksal.
 

Vielleicht war das ein reichlich überzogenes Beispiel. Versuchen wir es hiermit:

Ein Dämon, eigentlich ein friedlicher Zeitgenosse, der seine Existenz damit verbringt von Menschen Besitz zu ergreifen und mit diesen ein wenig unschuldigen Spaß zu haben, zog den Zorn eines mächtigen Magiers auf sich – und das nur aufgrund eines fatalen Irrtums.

Der Dämon hatte nicht gedacht, dass der Magier, der aussah wie ein hundert Jahre alter Lederapfel, tatsächlich ein Magier war - nicht nur ein Scharlatan.

Noch dazu: ein mächtiger Magier.

Das vorläufige Endergebnis war für den Dämon gewesen, dass er sich in einen Besen gebannt wieder gefunden hatte und er jeden Tag die unangenehme Prozedur über sich ergehen lassen musste, dass mit seinem Hinterteil der Boden gereinigt wurde.
 

So weit, so schlecht.

Einige hundert Jahre später kam besagter Reisigbesen über weite Umwege nach Griechenland, in Besitz eines Philosophen. Dieser hatte einen jungen Diener, ungeschickt und tollpatschig, der den Besen unglücklicher Weise in Flammen steckte.

Von dem Gefäß blieb nicht mehr als ein Häuflein Asche.

Unter lautem Gekeife des Philosophen wähnte sich der Dämon in Freiheit, nur um einige Sekunden später mit Entsetzen fest zu stellen, dass der Magier nicht nur alt und ledrig, sondern auch gerissen gewesen war.

Sogleich fuhr der Dämon in einen anderen leblosen Gegenstand, ohne selbst Einfluss auf diese Entscheidung nehmen zu können.
 

In der folgenden Nacht trafen den Dämon mehrere Erkenntnisse gleichzeitig:

Er konnte sich nicht selbst aus dem Gegenstand befreien und war dazu verdammt schweigend mit sich machen zu lassen, was auch immer der Eigentümer des Gegenstandes mit ihm vor hatte. Die zweite Erkenntnis betraf den Gegenstand an sich; Ein länglicher Gegenstand aus Holz, gewachst und poliert, von dem der Dämon gedacht hatte, er wäre ein großer Mörserstab, oder ein ihm unbekanntes Küchengerät. Es war nur entfernt ein Küchengerät, dessen Funktion man als menschlichen Rührstab bezeichnen konnte. Die dritte Erkenntnis, die über den Philosophen, stand mit der zweiten in direktem Zusammenhang; Der Kerl hatte Neigungen.

Neigungen, die den Dämon traumatisieren sollten.

Neigungen, die dem Dämon unmissverständlich zeigten, dass seine Existenz für den philosophischen Darmausgang war. Im wahrsten Sinne des Wortes.
 

Alles in Allem konnte der Dämon dankbar sein, dass jeder Mensch an ein unsichtbares Ablaufdatum gebunden war und der Philosoph nach einigen Jahren das zeitliche segnete.

Sein Gefäß wurde von dem jungen Diener an sich genommen und noch am selben Tag den Flammen übergeben. Unabsichtlich. Der Junge musste mit einem Feuerdämon verwandt gewesen sein.
 

Wieder war die Freiheit des Dämons nur von kurzer Dauer; sein nächstes Domizil war ein Teller, von dem er eigentlich dachte, dass er auch bald brechen würde, ebenso wie die Magie des toten Zauberers. Nach dem Tod des Hexers musste der Zauber irgendwann brechen.

Leider war der Dämon ein sehr schöner Teller, nicht zur Nutzung gedacht, sondern rein zur Bewunderung; Dementsprechend wurde er bewundert. Jahrhunderte lang.

Er sah verschiedenste Königreiche und Besetzer kommen und gehen, erst zu den Kreuzzügen wechselte er seinen Standort – von Griechenland in eine deutsche Schatzkammer.

Erneute Jahrhunderte, dieses Mal von wechselnden Domizilen geprägt, bis er schließlich das Glück hatte in einem Museum einem jungen Mann in die Hände zu fallen, der ihn an den Diener des Philosophen erinnerte. Dessen Einsatz sollte nicht lange auf sich warten lassen: Der Teller zersprang am Boden in tausend Teile.

Noch während der Kurator des Museum einen Nervenzusammenbruch erlitt, fuhr der Dämon in den nächsten Gegenstand.
 

oOoOoOoOoOoO
 

Wisst ihr eigentlich, wie erniedrigend und beschämend es für einen Dämon ist, gezwungen zu sein von toten Gegenständen Besitz zu ergreifen?

Wäre es ein funktionaler Gegenstand, wie etwa eine Kettensäge, mit der man zumindest ein wenig Eindruck erwecken könnte, würde ich mich nicht beschweren.

Doch dazu verdammt zu sein, als Modestück dahin zu vegetieren, als ein Fetzen Stoff, noch dazu ein hässlicher, ist reinste Folter.

Ich war nie unnötig grausam!

Nun. Vielleicht ein klein wenig. Aber das liegt in meiner Natur.
 

„... und dann habe ich gesagt, Anne – Anne, habe ich gesagt, mir voll egal, ob rosé trendy is', du siehst darin aus wie 'ne Mettwurst!“

Sie tun es. Schon wieder.

Kichern.

Sie kichern ständig.

Es macht mich wahnsinnig!
 

Haltet die Schnauze, ihr kahlen Affen!
 

Sie hören mich nicht, natürlich. Wie auch? Ich habe keinen Mund. Keine Stimmbänder. Nichts. Vorbei die schöne Zeit, in der ich meine Antipathie kund tat, indem ich mich auf meinen Gegenüber übergab. Standen diese in mehreren Metern Entfernung, war das auch kein Problem: Mein persönlicher Rekord bei der von mir ins Leben gerufenen Disziplin „Zielkotzen“ liegt bei sechs Metern.
 

„Woah, Chrissy, meinste deine Mum merkt es, wenn wir uns eine Flasche Wein reinziehen?“ Die dicke Fledermaus mit ihrem näselnden, unterwürfigen Tonfall. Allein deswegen möchte ich einen weiteren Höllenkreis eröffnen.
 

'Willkommen im zehnten Untergeschoß. Hier finden sie Nervensägen, Kackbratzen und Doofkinder. Erfolgreiches Quälen und Foltern wünscht Ihnen: Màbi – Der Seelenpeiniger Ihres Vertrauens!'

Zugegeben in den letzten Jahrhunderten war ich kein sonderlich erfolgreicher Seelenpeiniger. Wie auch?
 

„Nee, lass' ma'. Die hat schon 'nen Anfall bekommen, als ich sie 'ne Schachtel Kippen bei mir gefunden hat.“ Der Panda, Chrissy, ist die Eigentümerin meines Gefäßes. Mindestens genauso hässlich wie der Stofffetzen, aber mit weniger Intelligenz ausgestattet.
 

Die verkannten Grazien, um es gepflegt auszudrücken, verdrehten Synchron die Augen.

Ich hatte diesmal wirklich sagenhaftes Pech: Als Dämon in die Fänge dreier möchtegern-Satanistinnen zu geraten, die so viel mit dem Teufel am Hut hatten, wie ein Magermodel mit gesunder Ernährung, war beispielhaft. Wüsste Lucifer von seiner hier versammelten Anhängerschaft, würde er vermutlich freiwillig seine Flügel bleichen, um möglichst weit von dem Image weg zu kommen, das ihm die Versammlung evolutionärer Unfälle hier gerne andichteten.
 

Der Raum, Chrissys Zimmer, in dem sich die drei bildungsdistanzierten Grazien täglich trafen, um ihren feuchten Träumen – namentlich Lucifer – zu huldigen, sprach Bände:

Die purpurrot tapezierten Wände waren von Postern zugekleistert, deren überwiegende Motive Totenköpfe, Skelette und Höllenhunde wohl in der Gesamtheit aussagend sein sollten. Die einzige Aussage, die ich heraus lesen konnte, war – ein grausiger Geschmack in jeglicher Hinsicht.
 

„Sollen wir uns ein paar Horrormovies reinziehen?“ Der Geier - ich habe während der Jahrhunderte meiner Existenz noch nie eine solche Nase gesehen - verhielt sich meistens ruhig. Sie war die typische Mitläuferin, die vornehmlich alles Bejahte, oder Vorschläge beisteuerte, von denen sie wusste, dass alle dafür sein würden.
 

Wie wäre es, wenn ihr drei Hämorriden den Schweinestall hier aufräumen würdet?

Irgendwann habe ich ein Stück weißen Teppich unter den vornehmlich schwarzen, getragenen Kleidungsstücken, die über den Boden verteilt lagen, heraus blitzen sehen. Das muss vor einigen Wochen gewesen sein. Oder ich hatte Wahnvorstellungen, was gar nicht so abwegig war.

Vielleicht war es auch eine mittlere Vergiftung, hervorgerufen durch die Mischung an ekelerregenden Düften, die das stickige Zimmer verpestete: Getragene Kleidung, verschüttete Cola, Essensreste und weiß der Teufel noch alles. Die Cola neben meinem Gefäß hatte sich mittlerweile einen Pelz zugelegt und ich war mir sicher, dass sie mich feindselig anstarrte.

Vielleicht war ich im Begriff der Geburt eines Coladämons beizuwohnen? Geboren aus Schimmel, Zucker und synthetischen Inhaltsstoffen.
 

„Ich habe Jason X da! Hat mir meine Mama mitgebracht!“

Es gibt Situationen und Momente, in denen ich Chrissys Mutter, eine nette, ruhige Frau, vollkommen überfordert mit der Erziehung ihrer grenzdebilen Tochter, bemitleide.

Eigentlich konnte ich kein Mitleid empfinden, tat es aber dennoch.
 

„Wie iss'n der Film?“, wollte Franziska wissen und bescherte mir allein durch ihre Sprechweise einen neuerlichen Wutanfall.
 

Hirnrissig, unlogisch, dumm …
 

„Der is' voll cool!“
 

… genau das Richtige für euch Mentalpygmäen.

Zumindest keine unheiligen Gesänge, die mich dazu veranlassen könnten, das Innere meines Gefäßes zum Vorschein zu bringen.

Das letzte Mal, als ich versucht hatte mich zu übergeben, hat mich der Panda zornig in einen stinkenden Wäscheberg geschleudert und meinen Inhalt, benutzte Taschentücher, Lippenstift, Binden, ihr Handy und ihren Geldbeutel gleich hinterher geworfen.

Ein Leben als Handtasche ist erbärmlich.
 

„Meine Mum ist heute Abend nich' da.“
 

Oh, nein.
 

„Wir können also heute Abend – ihr wisst schon.“
 

Sie kicherten. Das verhieß nichts Gutes.
 

„Beschwörung?“, flüsterte Juliane aufgeregt und schlug damit tatsächlich den Tonfall besagter Fledermaus an.

Hysterisches Kichern.
 

Oh, nein!

Flexibilität, Individualität und alternative Beschwörungsmedien

Autors Note: Vielen lieben Dank für das Feedback, sechs Favoriteneinträge und Arenja für ihre Beta-Arbeit :) Viel Spaß mit der teuflischen Handtasche!
 

Das soll ein Pentagramm sein?

„Haben wir das jetzt richtig gemacht?“ Skeptisch besah sich Chrissy ihr künstlerisches Werk, für das mir nur ein einziges Wort in den Sinn kam: Verkehrt!
 

Du musst das Pentagramm umdrehen, du Hohlbratze!

„Das sieht irgendwie anders aus.“ Zumindest Juliane kam auf die Idee, in ihrem teuflischen Büchlein nachzusehen, auf dem noch immer der grellorangefarbene Aufkleber mit 'Sonderpreis 3,- Euro' prangte.

Zu meiner Zeit lasen Hexer und Totenbeschwörer noch aus dem Necronomicon und nicht aus 'Die satanische Bibel'.

Was ist das überhaupt für ein Vieh auf dem Einband? Hellboy?
 

„Umdrehen vielleicht?“
 

Ding, Ding, Ding! Herzlichen Glückwunsch!
 

„Ja, ich glaube so isses richtig.“

Ich bin kein Experte auf dem Gebiet der Teufelsbeschwörung. Schließlich suchte ich Menschen heim, egal ob gerufen oder nicht, aber ich glaube, dass ernstzunehmende Satanisten andere Arbeitsmittel verwenden. Zumindest keine alte Ostertischdecke von Mutter als Unterlage. Und Lippenstift zum Zeichnen.

Das krakelige zart rosé-farbene Pentagramm, in dessen Mitte ein blasser Osterhase vom Druck auf der Vorderseite durch schien, war meines Erachtens nach, nicht unbedingt geeignet, um den Teufel aus der Hölle heraus zu locken.

Doch wie gesagt: Ich bin kein Experte.
 

„Okay“, murmelte Juliane und biss sich auf die Lippen. Wenn sie noch etwas fester zubeißen würde, hätten sie zumindest ein klassisches Beschwörungsmedium.
 

„Hier steht: Für Beschwörungen ist die Nacht von Montag auf Dienstag, oder von Freitag auf Samstag am Besten geeignet.“
 

„Warum?“, wollte Franziska wissen und runzelte die Stirn; Erneut wies sie eine frappierende Ähnlichkeit mit fliegenden Ratten auf.

„Das steht hier so“, sagte Juliane und zuckte mit den Schultern.

Ernsthaft, Mädels: Ihr erwartet von einer Drei-Euro-Sonderpreisausgabe vom 'Satanismus für Anfänger', wie es kleingedruckt unter dem reißerischen Titel steht, Erklärungen für ein Ritual, das ihr via zartrosa Lippenstift und Ostertischdecke ausführen wollt?
 

Die übrigen beiden schwarz gekleideten Grazien seufzten und sahen sich an. „Wird schon richtig sein“, schlussfolgerte Chrissy. „Wir haben ja Freitag.“

„Freitag, der dreizehnte, wäre viel cooler“, merkte Franziska an und seufzte erneut.
 

Da hätte ich zumindest die Hoffnung, dass ihr versehentlich Jason einladet und mich von eurer Existenz befreit.
 

„Aber wir haben keinen unheiligen Ort“, sagte Juliane und las vor: [style type="bold"]„Als Ort wählt man einen möglichst einsamen und unheimlichen Ort, beispielsweise eine Ruine, einen alten Friedhof, einen Keller oder einen Platz, an dem jemand gewaltsam ums Leben kam.“
 

„Wir haben einen Keller“, sagte Chrissy nach kurzem Zögern. „Heizungsraum, Waschküche und so. Meinst du das geht?“
 

„Ja?“, erwiderte Juliane gedehnt und auch Franziska nickte zustimmend. „Das muss gehen.“
 

Teufelsbeschwörung in der Waschküche. Weiter so, Mädels, ihr werdet in die Geschichte eingehen als diejenigen, die der Teufel in der Waschmaschine ersäuft hat.
 

Grob packte der Panda mein Gefäß und schleppte mich, die Tischdecke, einige Kerzen und ein paar Räucherstäbchen von Mutter, in den Keller.

Ob sich Chrissys Mutter bewusst war, dass sie alle Utensilien für eine Teufelsbeschwörung im Haus hatte? War das Absicht?

Vielleicht war das alles ein ausgeklügelter Plan, um ihre missratene Brut los zu werden.
 

In der Waschküche angekommen bot sich ein dürftig unheiliger Eindruck: Waschmaschine, Trockner, ein Spülbecken, nebst Garten- und Reinigungsgeräten wie einem Staubsauger und einem Schrubber.

Kein Besen. Ich war beruhigt.
 

Nun, was soll ich sagen? Positiv anzumerken war, dass sie sich zumindest bemüht hatten.

Würden sie, oder eine von ihnen zumindest, von Tapete zu Wand denken, dann würde ihnen klar werden: es gab geeignetere Utensilien für Teufelsbeschwörung, als bunte Kerzen und 'Indian Romance'-Räucherstäbchen.

Aber ich werde ja nicht gefragt, sondern nur von einer Ecke in die andere getreten.
 

„Reicht ein Räucherstäbchen?“, fragte die Geiernase und rümpfte selbige. Es war das erste Mal, dass ich Verständnis in dieser Runde aufbringen konnte: Die Räucherstäbchen stanken bestialisch.
 

„Mehr!“, verlangte Chrissy herrisch und zündete die fünfte Kerze an.
 

Fällt nur mir auf, dass Engelbilder auf weißen Kerzen bei einer Teufelsbeschwörung fehl am Platz sind?
 

Der Panda sah auf und erneut stellte sich mir unwillkürlich die Frage: Ist das noch Lidschatten, oder bereits Gehirnfäulnis?

„Also wir haben Kerzen, äh, steht da was von 'ner Zahl?“

Juliane schüttelte den Kopf und schien kurz über die Frage nachzudenken. „Ist das wichtig?“

Verzeihung, ich habe mich wohl geirrt: Der Gesichtsausdruck, den ich als 'denkend' eingestuft hatte, war wohl plötzlichen Flatulenzen zu zuordnen gewesen.
 

Die expandierte Fledermaus wedelte mit der Hand. „Vielleicht Dreizehn?“
 

Dreizehn? Wen wollt ihr beschwören? Den Teufel oder die Templer?
 

„Oder … Sechs. Also Sechs-Sechs-Sechs“, sagte Juliane mit einem Blick auf den Einband des Buches und der obligatorisch abgebildeten Teufelszahl.

„Muss man das multiplizieren?“, wollte Franziska wissen und erntete einen zweifelnden Blick der beiden anderen Mädchen.

„Wir haben keine Zweihundert Kerzen“, maulte Chrissy und überhörte Juliane, die sie leise auf 216 korrigierte, „wir haben nur zwanzig!“

„Dann verteilen wir die halt auf drei Mal sechs!“, schlug die Fledermaus vor und begann nach einem Zeichen von der selbst ernannten Chef-Satanistin Chrissy damit die Kerzen zu verteilen.

Vier gelbe Stumpen 'Limone' wurden zusammen mit zwei blauen 'Meeresbrise' Duftkerzen auf der Waschmaschine platziert. Die beiden gerollten Bienenwachskerzen standen neben vier weißen Kerzen, die den Erzengeln gewidmet und dementsprechend auch mit ihrem Bild verziert waren, auf dem Trockner.

Die drei grünen Weihnachtskerzen, bedruckt mit Rentieren, dem heiligen Nikolaus und einem Weihnachtsbaum, fanden neben einer blaßrosa Glücksschwein-Kerze und Chrissys Tauf- und Kommunionskerze am Rande des Spülbeckens ihren Platz.
 

Unsanft wurde mein Gefäß in eine Ecke getreten, während das teuflische Trio eifrig damit beschäftigt war Stumpen und Räucherstäbchen nach einem mir nicht nachvollziehbaren System zu platzieren.

Glücklicherweise waren Dämonen auch nach Jahrhunderten gefeit vor Kurzsichtigkeit und anderen Altersbeschwerden, so konnte ich die Bemühungen der intelligenzabstinenten Grazien eingehend verfolgen.
 

„Als Kleidung ist alles in schwarz passend“, referierte Juliane und sah ihre satanischen Schwestern an. „Meinst du unsere Shirts sind okay?“
 

Wäre es Alice Cooper gewesen, Iron Maiden oder ACDC, vielleicht hätte ich noch Verständnis aufbringen können, aber wer zur Hölle war Eminem?

Außerdem: Würde bitte irgendwer die Fledermaus darauf hinweisen, dass quergestreifter, hauteng anliegender Stoff nicht unbedingt ihrer reichlich vorhandenen Figur schmeichelt?
 

„Denke schon.“
 

Juliane, meine Liebe: Würdest du von A nach B denken können, würdest du kein Che Guevara-Shirt zu einem Beschwörungsritual tragen.
 

Stockend las Juliane weiter. „Die Beschwörung sollte nicht unterbrochen werden, außer man wird durch ein Unglück daran gehindert, daher muss vorher der Ablauf genau durchdacht werden, man darf nicht gestört werden und alle erforderlichen Geräte müssen bereit liegen.“
 

Ein Unglück, wie: Ein pissiger Teufel?
 

„Wer nicht die feste Absicht hat, es bis zum Ende durchzuführen, der sollte es auch nicht beginnen.“
 

Der Teufel wird angefressen sein, darauf verwette ich den blaßroten Totenkopfdruck und sämtliche Glöckchen, die an meinem Gefäß befestigt sind!

Aus der kuscheligen Hölle heraus gerissen werden und sich in einem feuchten Keller wiederfinden, inmitten von Haushaltsgeräten, bunten Kerzen, 'Indian Romance'-Rauchschwaden und drei sternchenäugenlnden Chromosomenscherzen – wer würde da nicht pissig werden?
 

„Es muss vorher genau überlegt werden, welcher Geist gerufen werden soll. Es ist unnötig, einen Geist hohen Ranges zu beschwören, wenn ein Geist von geringerem Rang ausreicht, die Wünsche zu erfüllen.“ Juliane sah auf. „Lucifer, oder?“
 

„Jaah“, seufzte die Fledermaus – ich wage es gar nicht diesen Begriff zu verwenden – erregt. Hätte ich einen Magen, würde ich mich spätestens jetzt erbrechen. Leider lag der Inhalt meines Gefäßes sowieso über den Boden verteilt. Nicht einmal diese Genugtuung war mir vergönnt.

Chrissy sah nicht weniger entrückt drein. „Wie meint ihr ist er?“
 

Er ist meistens nicht amüsiert.
 

„Bestimmt sieht er aus wie... wie... Viggo Mortensen!“, quietschte Franziska und geriet ins Schwärmen. „Groß und dunkelhaarig! Mit dunklen Augen und sanfter Stimme!“
 

Gehörnt und Bocksbeinig ist er. Etwas derart hässliches und abstoßendes habt ihr im Leben noch nicht gesehen.
 

„Bestimmt hat er ein wunderschönes Gesicht. Wie ein Elb!“

„Das war aber Orlando Bloom“, warf Juliane ein und erntete einen bösen Blick seitens der Fledermaus: „Mir doch egal!“

„Bestimmt duftet er gut“, sinnierte der Panda weiter, „nach Rosen oder so.“
 

Sein Atem stinkt nach Schwefel und wenn er furzt, rafft der Geruch Völker dahin...
 

„Wir sind noch nicht fertig!“ Juliane steckte erneut ihre Nase in 'Rituale für Dummies': „Nachdem man alle notwendigen Utensilien Kerzen, Schwert, Räucherung – Wir haben kein Schwert.“

„Egal“, konterte Chrissy und zeigte auf eine Heckenschere, welche in der Ecke bei einigen Gartengeräten lehnte. „Das geht schon.“
 

Entweder nennt man das, was ihr seid 'entschlossen', 'flexibel' oder 'strohdoof'.
 

Juliane trat von einem Fuß auf den anderen. „Aber wir müssen mit dem Schwert einen Kreis ziehen.“

Kurzerhand griff sich der Panda die Heckenschere und zog diese über den Boden. Entfernt erinnerte die Rostspur auf den Fliesen an einen Kreis, mehr aber an ein missgebildetes Ei.

„Oh, wir hätten das auch mit Kreide machen können“, gestand Juliane, „aber wir haben keine Kreide. Edding vielleicht?“

„Meine Mama bringt mich um, wenn wir mit Edding auf die Fliesen zeichnen.“

„Nehmen wir halt den Lippenstift!“, schlug Franziska vor und zeichnete unter Ächzen und Stöhnen die ovale Missbildung am Boden nach.

„Außerhalb des Kreises zeichnet man ein Dreieck, in dem der Geist erscheinen soll“, instruierte Juliane weiter und stockte anschließend. „Wir brauchen eine Schale Blut.“

„Blut?“ Franziska erbleichte. „Ich kann kein Blut sehen!“
 

Vielleicht solltest du nochmal deine Einstellung überdenken und statt Satanist ein Parzifist werden.
 

„Wir haben flüssiges Waschmittel“, erklärte Chrissy nach kurzer Suche. „Ist auch irgendwie rot.“

„Naja, das wird schon gehen“, meinte Juliane, „ist ja nur symbolisch.“
 

Symbolisch für: Weichgespülte Satanisten.
 

„Teelichter brauchen wir nicht, wir haben Kerzen“, murmelte Juliane und runzelte die Stirn. „Ist ja auch nur zur Beleuchtung, schätze ich. Stell' mal die restlichen zwei Kerzen auf die Tischdecke!“

„Das Pentagramm!“, fauchte Chrissy und breitete das individuell gestaltete Pentagramm vor der Waschmaschine aus.

„Was ist Storax?“

„Was macht man damit?“, wollte Franziska wissen.

„Verbrennen.“

„Dafür haben wir Räucherstäbchen!“

„Okay, dann brauchen wir noch ein Siegel und, äh, einen Zauberstab.“

„Siegel?“, fragte Chrissy gedehnt, „Was ist das?“

„Naja, so ein Symbol“, antwortete Juliane unsicher, „sowas wie ein Pentagramm, nur halt anders.“

„Aha.“

„Aha.“
 

Aha.
 

„Wir können ja das Buch nehmen“, entschloss der Panda kurzerhand und zog einen Staubwedel unter einem Berg Putzlappen hervor. „Und das als Zauberstab!“
 

Da bekommt der Begriff 'Putzteufel' eine ganz neue Bedeutung...



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Kommentare zu dieser Fanfic (14)
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Von:  Spamdesu
2010-01-21T21:55:22+00:00 21.01.2010 22:55
Also wäre mir nicht vorher schon kalr gewesen, das Däm,onen arm dran sein können, jetzt weiß ich es.
Ich hab noch nie einen so armen, so genial geschrieben, so tollen Dämonen lesen dürfe, und dann die verbindung mit dem Bediensteten des Philosophen.
Toll
Und die sogenannten 'Satanistinnen' sind auch echt genial.
Freue mich bald vielleichjt mehr zu lesen.
Von:  Vauvenal
2010-01-21T18:04:37+00:00 21.01.2010 19:04
Ach du... der arme Dämon...

Ansonsten kann ich mich Patchouli nur in allen Punkten anschließen.

Nocti, du bist ein Genie. Aber das wusstest du sicher schon ;D
Von:  Vanilla_Coffee
2010-01-21T17:08:09+00:00 21.01.2010 18:08
BOAR! Die FF is ja voll geil XD Man der arme Dämon da. So ein Pech kann doch echt niemand haben oder XD
Erst wird er in alles mögliche hineingebannt, jetzt isser ne Handtasche und landet ausgerechnet bei so einer möchtegern Satanistin XD
Ich will unbedingt lesen wie es weiter geht^^ Das wird sicher noch lustiger^^
LG Amalia
Von: abgemeldet
2010-01-21T16:34:39+00:00 21.01.2010 17:34
Selbst, wenn diese FF deiner Meinung nach eine Parodie auf alle dämlichen FanFiction dieser Welt ist.
Selbst, wenn diese FF eine Selbstherapie aufgrund aller dämlichen Plots ist, die es nur geben kann.
...
Sie ist brillant!
Und ich will mehr davon.


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