Ordentlich
Ich hab zu den beiden auch noch eine Weihnachtsgeschichte auf dem Laptop rumgammeln. Aber so was kann man ja nicht mitten im April hochladen. Hach, eine echte Zwickmühle.
Das hier ist auch wieder so eine Spielerei mit wenig Inhalt aber viel Spaß :D
Ich hoffe, es gefällt!
Liebe Grüße,
Ur
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»Ich betrete deine Wohnung erst wieder, wenn du aufgeräumt hast.«
»Was soll das heißen, aufgeräumt?«
»Aufgeräumt. Und ausgemistet. Und sauber gemacht! Du kannst ja anrufen, wenn du fertig bist.«
Manchmal war Felix wirklich unerbittlich.
Er hatte seine erste eigene Wohnung jetzt seit knapp einem Monat und seit er hier wohnte, war es schon wieder ziemlich… unordentlich geworden.
Leon hasste Aufräumen. Und Ausmisten. Und am allermeisten hasste er es, sauber machen zu müssen. Aber wenn Felix sonst seine Wohnung nicht mehr betreten würde, dann würde er in den sauren Apfel beißen und es einfach tun müssen. Dieses Telefonat hatte heute Morgen stattgefunden. Vor drei Stunden, um genau zu sein.
Und seit drei Stunden tigerte er durch seine Wohnung, unschlüssig, wo er anfangen sollte. Er wusste sehr genau, dass Felix sich jeden Winkel seiner Wohnung ansehen würde, er wäre sicherlich extrem pingelig und würde wohlmöglich gleich wieder gehen, wenn Leon seine Wohnung nicht anständig auf Trab brachte.
Die Vorstellung, Felix mehrere Tage nicht zu sehen, machte ihn wahnsinnig. Da waren sie gerade mal so kurze Zeit zusammen und Felix strafte ihn mit… nun ja… Felix- Entzug. Das war unmenschlich und eine qualvolle Folter. Jetzt, wo er Felix endlich hatte, wollte er den anderen die ganze Zeit um sich haben. Manchmal ertappte er sich dabei, auf die Uhr zu starren, wenn Felix sagte, er würde schnell unter die Dusche springen.
Manchmal, wenn er nachts allein im Bett lag, widerstand er nur mühsam der Versuchung, Felix anzurufen, ihn wach zu klingeln und ihn zu bitten, dass er noch vorbeikommen durfte. Jede Minute ohne Felix war eine glatte Verschwendung. Vor allem war es eine Verschwendung, Felix nicht zu berühren. Oder ihn zu küssen.
Während Leon an all diese Arten von Küssen dachte, die Felix in seinem Repertoire hatte, sah er sich in seinem Schlafzimmer um und beschloss schließlich, hier anzufangen.
Felix konnte sanft und zärtlich küssen. Das waren Küsse, die seinen ganzen Körper kribbelig machten und seine Knie peinlicherweise weich werden ließen, während sein Herz so heftig hämmerte, dass er sicher war, es müsste jeden Moment implodieren.
Felix konnte liebevoll und innig küssen, ihn dabei fest im Arm halten und Leon das Gefühl geben, dass er noch nie richtig umarmt und geküsst worden war, weil er so viel Liebe für Felix in sich spürte, dass sein Körper wohlmöglich jeden Augenblick überquoll.
Und Felix konnte extrem stürmisch küssen, so stürmisch und leidenschaftlich und verdammt aufreizend, dass Leon sich jedes Mal einer Ohnmacht nahe fühlte, wenn Felix seine Lippen auf diese Art und Weise in Beschlag nahm.
Leon begann, sein Bett abzuziehen. Er warf die Bettwäsche auf einen Haufen und kramte in seinem Schrank nach einem neuen Laken und neuer Bettwäsche.
Felix konnte auch auf eine gewisse Art und Weise verspielt küssen. Wenn er ihn ärgern wollte. Dann drückte er seine Lippen nur kurz auf die von Leon, oder glitt mit der Zungenspitze über seine Mundwinkel. Oder er knabberte kurz an Leons Unterlippe. Und dann war der Kuss schon wieder vorbei und Leon grummelte meist ungehalten, was Felix ein Lachen entlockte, ehe er ihn dann richtig küsste.
Leon bezog sein Bett neu, verrenkte sich beinahe den Rücken bei dem Versuch, das Laken über die Matratze zu ziehen und stopfte die auf dem Boden liegende Bettwäsche in seinen Wäschekorb. Er ließ den Deckel wieder auf den Wäschekorb fallen, dann nahm er ihn wieder hoch. Starrte in den Korb, knurrte leise und gab sich geschlagen.
Er fischte alle dreckige Wäsche aus dem Wäschekorb und schleppte sie ins Bad. Er war noch nie gut darin gewesen, Wäsche zu waschen. Einen Moment lang starrte er unschlüssig auf den Haufen Kleidung am Boden zu seinen Füßen, dann seufzte er und begann nach Farben zu sortieren. Nicht, dass es da viele Farben gab. Schwarz. Weiß. Ein wenig rot und ein wenig blau.
Dann stopfte er den größten Haufen – den schwarzen – in die Waschmaschine, kippte etwas von dem Weichspüler und etwas Waschmittel in die Schublade seiner Waschmaschine und drehte sie an. Da konnte er gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Während seine Wäsche vor sich hin schleuderte, konnte er seinen Kleiderschrank ausmisten.
Gesagt getan. Er öffnete alle vier Flügeltüren seines Kleiderschrankes weit und starrte hinein. Einen Moment lang fragte er sich, wieso er so viele Klamotten hatte. Immerhin war er kein Mädchen. Im nächsten Moment seufzte er ergeben und begann auszusortieren.
Peinlicherweise ertappte er sich dabei, wie er sich bei manchen Shirts oder Hemden fragte, ob Felix finden würde, dass er gut darin aussah. Meistens entschied er nach genau diesem Gesichtspunkt, welches Hemd und welches Shirt er behalten würde und welches nicht. Das würde er mit ins Grab nehmen, dieses Geheimnis. Herrgott, er mutierte zu etwas Rosarotem, Fluffigem, Peinlichem… Er hatte kein Wort dafür. Er wusste nur, dass er nie von sich gedacht hätte, jemals so zu werden.
Nachdem er den großen Schrank ausgeräumt und ausgemistet hatte, starrte er einen Moment lang in seine Tiefen. Jetzt musste er alles wieder einräumen. Und er hasste es, Klamotten zusammen zu legen. Grummelnd ging er hinüber zu seinem Nachtschrank und kramte seinen iPod daraus hervor, steckte sich die Stöpsel in die Ohren und stopfte den iPod in seine Hosentasche.
Er legte seine Klamotten zusammen, saugte Staub, räumte die Schubladen seines Nachtschrankes aus und stopfte alles, was weg konnte, in einen großen, blauen Müllsack. Er überlegte, ob er auch das Fenster putzen sollte, aber das ging eindeutig zu weit.
Nachdem er im Schlafzimmer fertig war, siedelte er ins Wohnzimmer um. Ein zweiter Müllsack musste dran glauben, während er seine Schränke ausmistete, Filme in ein Regal sortierte, CDs in ein anderes. Bislang hatte alles einfach irgendwo gestanden, wo er Platz gefunden hatte. Die einzigen Bücher, die er hatte, stopfte er in einen der Schränke, dann entstaubte er die Fensterbank, den Fernseher und die offenen Regale.
Er fragte sich, was Felix gerade machte. Ihm graute es jetzt schon vor Küche und Bad. Felix hätte wirklich gnädiger mit ihm sein können. Er war schon jetzt auf Entzug, er wollte Felix wieder bei sich haben. Allein diese Tatsache ließ ihn rot anlaufen, während die Musik in seinen Ohren dröhnte. Er wusch eine Trommel Wäsche nach der anderen, rückte Möbel beiseite, saugte wieder Staub, wischte seinen Couchtisch ab, verbannte seine Pornosammlung in einen Pappkarton und brachte den Karton in den Kellerraum, der zu seiner Wohnung gehörte.
Als er abends schließlich duschen ging, hatte er gerade mal zwei seiner Zimmer geschafft. Küche und Bad würden sicherlich ewig dauern… Sein letzter Gedanke, als er schließlich im Bett lag und kurz davor war einzuschlafen, galt Felix.
Am nächsten Morgen verpennte er den ganzen Vormittag. Eine Tatsache, für die er sich in den Hintern hätte treten können. Erneut stiefelte er mit iPod in den Ohren durch die Wohnung, schleppte die Müllsäcke in den Flur, machte sich daran, die zwei verkümmerten Pflanzen auf seinem Fensterbrett zu entsorgen und befestigte seine Garderobe wieder richtig an der Wand im Flur, wo sie in Mitleidenschaft gezogen worden war, nachdem er einmal betrunken dagegen gefallen war.
Wenn er Felix wieder sah, dann würde er ihn zuallererst ewig lang knutschen. Und ihn festhalten. Und ihm vorhalten, wie sehr er sich hier den Hintern abgeschuftet hatte, um alles in Ordnung zu bringen. Und dann würde Felix sicher leise lachen und ihn fragen, ob er ihn vermisst hatte…
Leon wusste jetzt schon, dass er bei dieser Frage rot anlaufen würde, ehe er schließlich brummend zugab, dass er Felix verdammt doll vermisst hatte. Dann würde Felix ihn anstrahlen, ihm sagen, dass er ihn auch vermisst hatte und dann würde er ihn küssen.
Leon ertappte sich bei einem verträumten Lächeln, während er die Kücheschränke durchforstete und alte Keksschachteln, Konservendosen und abgelaufene Getränke zwischen seinem Geschirr hervor kramte, das nach keinem erkennbaren System in den Schränken stand.
Unweigerlich wanderten seine Gedanken weiter, zu der Tatsache, dass er und Felix noch keinen Sex gehabt hatten. Während er seinen Kühlschrank ausmistete und alle abgelaufenen Lebensmittel wegwarf, ehe er den Kühlschrank schließlich auswischte, dachte er daran, wie es sein würde… Felix so nah zu sein. Sex mit Felix wäre wohlmöglich die größte Nähe, die er jemals zu ihm haben konnte.
Hin und wieder fragte er sich, ob er Felix überhaupt jemals nah genug sein konnte.
Im nächsten Augenblick fand er sich schon wieder peinlich, murrte ungehalten und fuhr damit fort, seine Küche sauber zu machen.
Die Küche nahm seinen ganzen Tag in Anspruch und als er die Müllsäcke schließlich hinunter ins Treppenhaus schleppte, da fragte er sich, wann er das letzte Mal so aufgeräumt hatte. Die Antwort fand sich schnell: Noch nie! Felix bewirkte wahrlich Wunder an ihm…
Er träumte von Felix. Felix, der ihn beduselig küsste, ihm sagte, wie sehr er ihn vermisste und sich dann vor ihm auszog. Leon erwachte am nächsten Morgen mit einer ausgewachsenen Morgenlatte und verbrachte einige Zeit unter der Dusche, ehe er sein morgendliches Problem beseitig hatte. Er erinnerte sich an damals, wo er ein Rohr bekommen hatte, nur weil Felix Leons Hand auf seinen nackten Brustkorb gepatscht hatte.
Sicher hatte Felix gewusst, weswegen er eine Latte bekommen hatte. Peinlich… wirklich sehr peinlich. Leon fand einen klapprigen Wäscheständer von seiner Mutter, den er noch nie benutzt hatte. Meistens hatte er seine Klamotten über der Heizung trocknen lassen.
Nun hängte er die frisch gewaschene Wäsche auf, kam sich vor wie eine Hausfrau und machte sich dann daran, das Bad zu putzen. Er wusste, wieso er das immer vermieden hatte… Bad putzen war eine eklige Angelegenheit, mit Haaren im Ausguss und solcherlei Dingen, die er eigentlich lieber umgangen hätte.
Immer an Felix denken, hielt er sich vor, während er seine Dusche putzte. Jetzt wusste er zumindest, wieso er Musiker oder Notar werden wollte und kein Putzmann.
Wenn er an Felix dachte, ging zumindest alles etwas leichter von der Hand und als er schließlich sein Badezimmerregal von allen überflüssigen oder leeren Tuben und Flaschen befreit hatte, ließ er sich in seinen Sessel fallen und griff einigermaßen erschöpft, aber zufrieden nach dem Telefon.
Es dauerte keine zwei Minuten, da war das Telefonat schon wieder beendet und Leon huschte noch ein letztes Mal durch die Wohnung, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung war. Er jedenfalls fand den Zustand seiner Wohnung bemerkenswert, wenn er daran dachte, wie es vorher ausgesehen hatte.
Als es an der Tür klingelte, konnte er nicht anders, als etwas extrem Peinliches zu tun. Er riss die Tür auf, huschte auf Socken die Treppen hinunter, bis er Felix erblickte.
»Hi«, sagte Felix lächelnd, aber er kam nicht weit, weil Leon ihn im nächsten Moment gegen die Wand des Treppenhauses schob und heftig küsste.
Wie hatte er das vermisst… drei Tage? Nie im Leben, es fühlte sich an wie eine ganze Ewigkeit, seit er Felix das letzte Mal gesehen und geküsst hatte. Felix schien einen Moment lang überrascht, dann lächelte er in den Kuss, schlang seine Arme um Leons Oberkörper und erwiderte den Kuss.
Eine ganze Weile lang standen sie da und küssten sich, bis Leon schließlich ganz zittrige Beine bekam und den Kuss schwer atmend löste.
»Hi«, erwiderte er und sah Felix an. Der grinste breit.
»Hast du mich vermisst?«, erkundigte sich Felix zärtlich und wuschelte ihm durch die Haare. Er wurde rot. Wie er es vorausgesehen hatte. Grummelnd starrte er an Felix vorbei auf die Wand.
»Ja… wie verrückt…«, murrte er undeutlich. Felix drückte ihm einen Kuss auf den Hals und griff nach seiner Hand.
»Ich schau mir dein Werk mal an«, sagte er scheinheilig. Leon schnaubte.
»Schau aber schnell. Ich muss noch duschen und du kommst mit!«
Felix lachte, zog ihn nach oben und stieß die Tür hinter ihnen zu.
»Ich denke, ich kann den Rundgang auf nach dem Duschen verschieben«, schnurrte er und zog sich eilig Jacke und Schuhe aus, ehe er Leon erneut umarmte, »ich hab dich nämlich auch vermisst Noel…«