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Saga of the Northern Winds

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat, aber HIER ist es nun. Kapitel 6. Viel Spaß beim Lesen. :) Komplett anzeigen

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Violett

Um sie herum befanden sich abertausende von schwarzen Spiegeln. Überall wo sie hinschaute, es gab keinen Punkt in der endlosen Leere dieser Ebene welcher nicht unbeobachtet blieb. Wie ein Spinnennetz hatten sie sich ausgebreitet und tauchten die Leere in einen unnatürlich schönen und zugleich finsteren Glanz.

„Nana“, hörte sie die Stimme ihrer Herrin sagen. Die blonde Kriegerin konnte nicht ausmachen wo sie herkam, sie schien überall und nirgendwo zu sein.

„Ja, Herrin?“, fragte sie und schaute sich verwirrt um.

„Komm zu mir, Nana.“, sagte die Stimme. Sie schien weiter entfernt zu sein, weshalb Nana vorsichtig zwischen den Spiegeln hindurch schritt in die Richtung aus welcher sie meinte sie vernommen zu haben. Tatsächlich blitzten ihr die violetten Augen der Frau entgegen, welche in der Dunkelheit vor einem sehr großen schwarzen Spiegel stand welcher sich von all den anderen zu unterscheiden schien. Ein paar Meter vor ihr verbeugte Nana sich kurz vor ihr, wendete jedoch den Blick nicht ab.

„Ich habe Informationen für dich.“, sagte Narçziss und hob eine ihrer schmalen Hände um Nana weiter zu sich zu locken.

Verunsichert schritt die junge Frau auf ihre Herrin zu, sodass diese nach ihr greifen konnte. Die dünnen Finger berührten ihre Schulter und zogen sie sanft zu sich. Narçziss stellte sich neben die Kleinere, dabei lag ihre Hand immer noch auf Nanas Schulter.

Verwirrt starrte sie auf den Spiegel welcher aus irgendeinem Grund nichts reflektierte.

Sie blinzelte und plötzlich erschien in dem Glas das Bild eines Kindes.

Das Mädchen auf der anderen Seite legte die kleinen Hände auf das Glas und lächelte ihr Gegenüber mit leerem Blick an. „Wer-“, begann Nana, doch Narçziss bedeutete ihr mit einem festeren Griff in ihre Schulter zu schweigen.

„Mein Name tut nichts zur Sache.“, sagte das Kind, ihre helle Stimme war eiskalt. „Du kannst mich Thirteen nennen. Ich bin diejenige die dir und deinem Geliebten das ewige Leben geschenkt hat. Im Tausch dafür müsst ihr mir dienen.“

Verwirrt starrte Nana auf das Spiegelbild. „Wo ist er...?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

„Das wirst du später erfahren. Zuerst musst du mir helfen.“, sagte das Kind und grinste.

„Was muss ich tun?“, fragte Nana, man hörte Verzweiflung aus ihr sprechen. Langsam näherte sie sich dem Spiegel und hockte sich davor um mit dem kleinen Mädchen auf einer Augenhöhe zu sein. Narçziss beobachtete sie mit gleichgültigem Blick.

„Ich möchte, dass du mir meinen Körper beschaffst. Ohne einen menschlichen Wirt kann ich meine volle Kraft nicht entfalten. Noch bin ich schwach und verletzlich, aber bald wird die Zeit kommen an der ich die Welt von all dem Schmutz welcher sie besudelt reinigen kann.“

Nana nickte kaum merklich, immer noch verunsichert darüber was das Kind gerade zu ihr gesagt hatte.

„Narçziss hat dir die Kraft gegeben, sie zu holen. Natürlich lebendig, mein Wirt darf keinen Schaden erleiden. Keinen einzigen Kratzer, ansonsten werde ich dich auf der Stelle töten.“, sagte das Mädchen mit vollem Ernst. Für ihr Alter wirkte sie sehr bedrohlich, ganz und gar nicht nach einem Kind. Wie alt war sie wirklich? Nana konnte es nicht sagen. Verängstigt wich sie einen Schritt zurück und stolperte gegen Narçziss welche sie unsanft wieder nach vorn schubste als würde sie damit sagen wollen, dass sie sich zusammenreißen sollte.

„Wie kann ich die Person finden?“, fragte Nana und richtete sich wieder auf.

Das Mädchen zeigte ohne in die Richtung zu sehen mit dem Finger auf den Spiegel neben sich auf welchem das Bild einer jungen Frau mit dunkelblondem Haar und freundlichen hellbraunen Augen zeigte. Sie konnte kaum älter sein als Nana selbst.

Sie ist meine Reinkarnation. Mein Ebenbild und der Schlüssel zur Erlösung dieser Welt.“, sagte das Mädchen im Spiegel.

„Es wird nicht leicht sein, denn sie gehört zu dem Kreis unserer Feinde.“

Nun ergriff auf auch Narçziss das Wort: „Warum hast du den Plan geändert, Thirteen? Du hattest vor-“

Doch Thirteen unterbrach ihre Herrin mit einem fiesen Lächeln. „Das fragst du mich? Es war deine eigene Entscheidung, Nana die Aufgabe übernehmen zu lassen und ich muss sagen, ich bin dir dankbar. Du sagtest mir bereits, dass Rayne den Krieg gegen uns begonnen hat und der Finsternis-Elementar bereits aktiviert wurde. Ich werde Kami woanders brauchen.“

Narçziss gab einen wütenden Laut von sich, blieb jedoch ruhig als sie sich wieder zu Nana wendete: „Unsere Gegner sind bereits für den Kampf gewappnet. Es wird also nicht einfach sein, aber ich dulde kein Versagen.“

Nana schluckte, doch sie versuchte sich keine Angst anmerken zu lassen. „J-ja, natürlich.“, kam es von ihr.

Kami. War das der Name, den sie ihrem Geliebten gegeben hatten? An ihren eigenen konnte sich Nana selbst nicht mehr erinnern.

Sie trat einen Schritt zur Seite, um ihrer Herrin Platz zu machen welche sich nun vor dem kindlichen Wesen auf der anderen Seite des Spiegels aufrichtete.

Nana konnte aus dem Augenwinkel erkennen, dass Narçziss auch dem Kind keinerlei Respekt zollte, denn sie musterte es mit dem gleichen verachtenden Blick mit welchem sie auch die vier Schwestern ansah. „Sobald du sie hast, ist unser Vertrag beendet.“, sagte Narçziss kühl, woraufhin das Kind sie nur anlächelte.

„Ich spüre Hass in dir. Rachegelüste. Wo wir gerade von unserer gemeinsamen Feindin Rayne gesprochen haben...“, antwortete es und kicherte. Narçziss' Gesichtszüge entgleisten für den Bruchteil einer Sekunde, doch sie hatte sich schnell wieder gefangen.

„Ich mache dir einen Vorschlag: Sobald Nana mithilfe deiner Energie mir meinen Körper gebracht hat werde ich dich aus der unteren Welt befreien, sodass du deine volle Macht wieder entfalten kannst. Erledige die Elementar-Wächter für mich und Rayne gehört dir.“, fuhr das Mädchen fort.

Narçziss Hände ballten sich zu Fäusten. Es schien ihr nicht zu gefallen was sie sagte, denn der Vorschlag klang ganz und gar nach einem Befehl.

„Hör auf mich zu behandeln als wäre ich dein Schoßhündchen!“, kam es zähneknirschend zwischen ihren dünnen Lippen hervor, doch Thirteen lachte nur. Ihr Lachen war kindlich und genauso eiskalt wie ihre Stimmlage zuvor.

„Welche andere Wahl hast du denn?“, brachte sie unter dem Gelächter hervor.

„Ohne dein Gegenstück bist du an diese Dimension gebunden und auch deine Kräfte sind stark eingeschränkt. Du bist wie ein Laubblatt welches in einem reißenden Strom gefangen ist, nicht fähig dagegen anzukämpfen geschweige denn irgendwie frei. Du bist abhängig davon, dass dich jemand hinaus fischt und ich bin die Einzige die dir da raus helfen kann und das ist dir durchaus bewusst – auch wenn du es nicht zugeben wirst.“, sagte sie kühl.

„Sei still.“, flüsterte Narçziss und funkelte das Mädchen auf der anderen Seite des Spiegels an, doch diese war davon nicht wirklich beeindruckt.

„Narçziss, du bist nicht einmal in der Lage dich an den Namen deines Gegenstückes zu erinnern. Sieh nach oben. Wird dir nicht bald der Himmel auf den Kopf stürzen?“, forderte Thirteen sie heraus und zeigte nach oben.

Auch Nana schaute gen Himmel – eigentlich war es gar kein Himmel, sondern ein Konstrukt welches die untere Welt von der Oberen trennte – und tatsächlich hatten sich weitere Risse gebildet, welche den Himmel bedrohlich instabil wirken ließen.

„Dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Also entscheide dich.“

Das blonde Mädchen hatte Narçziss damit in der Hand. Die Schwarzgekleidete Frau senkte den Blick, sodass man ihr Gesicht in der Dunkelheit nicht mehr erkennen konnte.

„... Ich werde es tun.“, sprach Narçziss verbittert. Es war nicht ihre eigene Entscheidung.

Zufrieden lächelte Thirteen.

„Sehr schön. Ich freue mich auf unsere weitere Zusammenarbeit.“, sagte sie und die Spiegelung verschwand, ihr eiskaltes Lachen hallte in der Leere wider.

Für einen Moment herrschte Stille, nur Nanas leises Atmen war zu hören.

Sie hatte Angst, doch ihr Herz war stärker – Sie musste einfach wissen, wo er war.

„Herrin... Narçziss! Wo ist er...?“, fragte sie und richtete sich auf um standhafter zu wirken. Keine Antwort.

„Kami ist doch der Name von Le-“ - „Halt den Mund!“

Nana schreckte zurück als die harschen Worte sie unterbrachen. Narçziss' stechend violette Augen bohrten sich wie spitze Pfeile in ihren Körper.

„Du hast eine Aufgabe zu erledigen. Alles andere ist irrelevant.“, sagte sie kühl und wendete den Blick wieder ab.

Geschockt und verärgert zugleich versuchte Nana etwas zu erwidern, doch sie wurde abermals mit mahnenden Worten abgeschüttelt.

„Sie wird es dir nicht verraten solange sie nicht bekommen hat was sie will. Und nun geh – verschwinde!“

Der wütende Ton von ihrer Herrin ließ sie nun endgültig verstummen. Mit einem zögernden „Jawohl“ verneigte Nana sich widerwillig vor Narçziss, ehe sie in bunten Flammen verschwand.
 


 


 


 


 

„...you! Ryou!“

Verschwommen hörte er eine Stimme seinen Namen rufen. Er konnte nichts erkennen, alles war dunkel um ihn herum. „Wo... bin ich?“, hörte er sich selbst sagen. Plötzlich erschien ein gleißend heller Lichtstrahl vor seinem Auge, sodass er schützend einen Arm vor die Augen legte, er blinzelte und langsam nahm das Licht Gestalt an. Mit einem Mal war er wach. Alles war weiß. Nein, die Decke des Raumes in welchem er sich befand war weiß.

„Gott sei Dank, du bist endlich wach, Ryou. Ich hab mir schon Sorgen gemacht!“, hörte er Fubuki neben sich sagen. Langsam drehte er den Kopf zur Seite, blinzelte noch einmal. „Fubuki...“, flüsterte er und musste husten. Sein Hals war trocken.

„Möchtest du was trinken?“, fragte der Brünette und machte Anstalten aufzustehen.

Verwirrt sah Ryou ihn an. „Wo sind wir...?“, fragte er, immer noch total leise. Nun spürte er auch noch Kopfschmerzen, was in ihm noch mehr Verwirrung auslöste.

Fubuki war derweile aufgestanden, Ryou hörte nur wie er eine Flasche öffnete und etwas Wasser in ein Glas einschenkte. Sogleich war er wieder bei Ryou und hielt ihm das Glas vor die Nase. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte er und lächelte ihn sanft an, doch man konnte ihm immer noch ansehen dass er sich um ihn sorgte.

Ryou richtete sich langsam in dem Bett auf. Es war ein fremdes Bett. Er zitterte, die Umgebung war ihm unbekannt. Sein Blick fiel auf seinen rechten Arm und fast hätte er vor Schreck Fubuki das Glas aus der Hand gerissen, als er den dünnen Schlauch sah welcher mit einem Pflaster an dem Arm befestigt war. Er war wieder im Krankenhaus.

Ryou kauerte sich zusammen auf dem Krankenhausbett, nahm das Wasser entgegen und nippte kurz daran. Er war wieder an diese schrecklich nervigen piependen Geräte angeschlossen. Zwar waren es nicht so viele wie damals, aber allein schon der Gedanke wieder in einem dieser Gefängnisse eingesperrt zu sein ließ ihn schaudern.

„Ich will hier nicht sein.“, flüsterte er und trank einen großen Schluck Wasser. Noch einen und noch einen, dann war das Glas leer welches ihm sein Besuch sogleich wieder abnahm.

Fubuki nahm Ryous linke Hand in seine und nickte zustimmend. „Ich kann verstehen, dass du nicht hier sein willst. Aber wenn alles gut geht-“

„Es wird nicht gut gehen.“, unterbrach ihn Ryou. Sein Blick schien Fubuki einzuschüchtern, denn dieser fuhr erschrocken zusammen. Er wollte etwas erwidern, doch Ryou fuhr fort, seine Stimme zitterte vor Enttäuschung und Wut auf sich selbst: „Wenn es gut gehen würde, wäre ich nicht schon wieder hier! Zwei Jahre sind das schon, wie lange soll das noch weiter gehen... Fubuki.“

Den Namen seines besten Freundes flüsterte er wie als wäre es etwas Beruhigendes.

„Ich sollte aufgeben...“, sagte er mehr zu sich selbst als zu dem anderen. Es klang so gar nicht nach ihm, doch langsam verschwand auch der letzte Funken Hoffnung jemals wieder gesund zu werden.

Die warme Hand seines Gegenübers drückte fester zu. „Hör auf so einen Schwachsinn zu reden, Ryou.“, sagte Fubuki und sah ihn eindringlich an.

„Noch ist es nicht vorbei. Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass du gesund wirst, wenn du nur-“

„Glaubst du das wirklich?“

Ryous Blick war leer, er spürte wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Tränen der Verzweiflung. Fubuki nickte und ihm waren keinerlei Zweifel dabei anzusehen.

„Ich weiß es ganz genau.“, sagte er mit fester Überzeugung. In diesem Moment öffnete sich die Tür etwas weiter hinter den beiden und eine Krankenschwester kam auf sie zugeeilt.

„Ahh, Sie sind wieder wach, Marufuji-san. Sehr gut, die Notfalloperation scheinen Sie wohl gut überstanden zu haben. Wie geht es Ihnen?“, fragte sie, zückte Kugelschreiber und Klemmbrett welches sie unter dem Arm mit sich getragen hatte und begann nebenbei die Werte welche die Maschinen neben seinem Bett anzeigten.

Fubuki hatte Ryou eilig losgelassen als die Frau zu ihnen herein gekommen war und zwinkerte ihm zu als wolle er ihn ermutigen etwas zu sagen.

Unsicher was er sagen sollte schaute er sich in dem Raum um. Sein Blick fiel auf den Spiegel hinter Fubuki, welcher an einer Schranktür befestigt war und plötzlich konnte er wieder diesen Schatten mit den grellen violetten Augen darin sehen. Das eisige Kichern des Wesens hallte in seinem Kopf wider und all die Erinnerungen vom Vorabend welche anscheinend mit Schuld an seinem Zusammenbruch hatten kamen wieder hoch. Spiegel.

Sofort wendete Ryou den Blick ab, doch nun hörte er die Stimme klar und deutlich wieder sprechen: „Versuchst du immer noch vor mir zu fliehen?

Ryou kauerte sich zusammen, versuchte Ohren und Augen zu schützen woraufhin Fubuki besorgt eine Hand auf seine Schulter legte und fragte: „Ryou...? Was ist los?“

Doch er war nicht ansprechbar, die Stimme in seinem Kopf wurde eindringlicher. Es waren die Spiegelbilder.

Es ist sinnlos. Du kannst dich vor mir nicht verstecken.

„Marufuji-san?“, hörte er die Krankenschwester sagen, doch er war nicht imstande zu antworten.

Ich habe deine Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, alles über dich in der Hand. Ich besitze die volle Kontrolle über dich, was willst du noch dagegen tun? Gib endlich auf...

Spiegelnde Oberflächen waren die Quelle.

„Verschwinde...“, flüsterte Ryou kaum merklich. Verwundert schauten die beiden Personen welche sich ebenfalls im Raum befanden zu ihm, da sie anscheinend nicht verstanden hatten was er gesagt hatte.

Die Stimme lachte nur, ihr Lachen war bitter und hatte einen hämischen Klang.

„Verschwinde endlich!“, rief er und Tränen rannen ihm über die Wangen. Er spürte wie mit einem Mal die warmen Hände seines besten Freundes seine Arme wegzogen und er nun in die braunen Augen dessen sah, welche ihn eindringlich musterten.

„Ryou, verdammt nochmal! Was ist los?“, fragte Fubuki ernst. Stille. Die Stimme war weg.

Die Krankenschwester schien nicht zu wissen, was sie tun sollte, sie stand wie angewurzelt neben dem Bett mit ihrem Klemmbrett in der Hand und sah verwirrt zu den beiden herüber.

„Entfernen Sie bitte alle spiegelnden Gegenstände aus diesem Zimmer. Bitte...“, sagte Ryou mit leicht panischem Unterton.

„Wieso-“, begann die Schwester, doch sein Blick den er ihr schenkte ließ sie verstehen.

„Fragen sie nicht, tun sie es einfach...“, fügte Fubuki zögernd hinzu, denn er schien Ryou wortlos – wie immer – zu verstehen.

Die Schwester nickte, legte ihr Klemmbrett zur Seite und verließ das Zimmer, nur um kurz darauf mit einem Arzt zusammen wieder aufzutauchen welcher ihr half den Spiegel an der Schranktür abzunehmen. Beunruhigt schauten die beiden jungen Männer ihnen zu und als die offensichtliche Quelle der Stimme ihren Platz verließ begann Ryou leise zu sprechen, er zitterte immer noch leicht dabei: „Es sind die Spiegel.“

Sein Blick wanderte für eine Sekunde zu den beiden andere im Raum. „Ich konnte mich bis gerade eben nicht erinnern, was gestern Abend passiert ist, aber es hängt mit den Spiegeln zusammen. Irgendetwas versucht mich darüber anzugreifen...“, flüsterte er.

„Wie meinst du das?“, fragte Fubuki, ebenfalls leise.

Ryou sortierte für einen Moment seine Gedanken ehe er antwortete:

„Es ist... wie ein Schatten der zu mir spricht und mich mit Erinnerungen und negativen Gefühlen konfrontiert. Ich weiß, das klingt total wirr, aber jetzt mit diesen neuen Gegnern zweifele ich es nicht an, dass es damit zusammenhängen könnte. Dass einer unserer Gegner in der Lage ist in unsere Psyche einzugreifen.“

Fubuki schluckte. „Heißt das, dieser Gegner hat die Herzattacke verursacht?“

Ryou schüttelte den Kopf. „Nein... nein. Ich denke nicht, eher dass der Stress der dadurch entstanden ist daran Schuld ist.“

Sein Blick wanderte wieder zu den Krankenhausangestellten welche den Spiegel aus dem Zimmer trugen. „Zumindest hoffe ich das.“

Schweigen.

„Das ist... wahnsinnig.“, murmelte Fubuki und sah zu Boden. „Einfach wahnsinnig.“

Ryou seufzte zustimmend.

Zögernd schaute Fubuki sich in dem Raum um, dann wieder zu Ryou und sagte: „Ich werde die anderen informieren.“

Ryou nickte. „Soll ich der Schwester irgendetwas sagen?“, fügte der Brünette hinzu. Ryou überlegte einen Moment.

„Es ist alles in Ordnung.“
 


 


 


 

Der Treffpunkt war abseits der Stadt an einer kleinen Lichtung inmitten des Waldes welcher auf den Bergen hinter der Menschensiedlungen wuchs.

Kein Mensch war hier, nur ein paar Vögel kreuzten Nanas Weg. Die Sonne stand bereits tief, sie spürte eine leichte Wärme auf ihrer Haut. Sie hatte die beiden Schwestern gerufen um ihnen den neuen Plan zu vermitteln.

Fuku und Purin erwarteten sie bereits.

„O-Nee-san.“, hörte sie die fröhliche Stimme Fukus und das blauhaarige Mädchen lief freudig auf sie zu und umarmte die Größere stürmisch.

„Lass das bitte, Fuku-chan.“, sagte Nana und schubste die kleine tanzenden Kriegerin sanft von sich. Purin musterte sie argwöhnisch, beließ es jedoch bei einem verächtlichen Schnauben.

„Was gibt’s, Nana?“, begann sie gleich und stemmte eine Hand in die Hüfte.

„Wie weit seid ihr mit eurer Aufgabe?“, fragte Nana harsch und ignorierte dabei Purins genervten Ton.

„Was geht dich das a-“ - „Ich habe dir eine Frage gestellt.“

Purin wich einen Schritt zurück.

Fuku stand eingeschüchtert hinter ihrer Zwillingsschwester und stammelte: „Wir sind auf der Spur nach dem Aufenthaltsort eines weiteren Gegners.“

Nun wendete Nana wieder ihren Blick zu der Blauhaarigen. Die Kleinere lief ein wenig rosa an als sie weiter sprach: „Aber ich denke wir müssen sie mit besseren Klonen angreifen, denn mit unserem ersten ist der Finsternis-Elementar fertig geworden.“

„Das weiß ich bereits.“

Nana sah zu Boden und schloss die Augen. „Es gibt eine Planänderung. Ursprünglich sollte ein anderer diese Aufgabe übernehmen, aber jetzt wurde ich dafür zugeteilt und ich werde euch darin einweihen.“, sagte sie, hob ihre rechte Hand und darin erschien eine goldene Lichtkugel welche sich langsam zu einem Gegenstand formte. In ihrer Hand hielt Nana ein Foto.

Purin nahm es ihr sogleich aus der Hand und musterte es argwöhnisch, Fuku schaute ihr dabei über die Schulter. „Was ist mit der?“, fragte Purin gleich mit ihrem typisch abfälligen Ton und schaute wieder zu Nana.

„Ihr werdet mir dabei helfen sie ausfindig zu machen. Sie darf keinen Schaden erleiden, deswegen gebt Acht darauf wenn unsere Feinde zuschlagen, dass ihr sie beim Gegenangriff nicht verletzt. Sie gehört wohl zum festen Freundeskreis unserer Gegner, weshalb es nicht einfach sein wird.“, erklärte sie.

„Das beantwortet meine Frage nicht.“, zeterte Purin sogleich los, doch Nana ignorierte sie. „Hübsches Mädchen.“, sagte Fuku und nahm ihrer Schwester das Foto aus der Hand.

„Ich beneide sie um ihre Haare.“

Die Augen der jüngsten tanzenden Kriegerin strahlten förmlich während sie das Foto betrachtete.

„Haltet mir die Elementar-Wächter vom Leib damit ich sie abfangen kann. Okay?“, unterbrach Nana Fukus Schwärmereien und nahm ihr das Foto aus der Hand.

Die beiden jüngeren Kriegerinnen nickten. „Wir werden trotzdem versuchen sie einzeln auszuschalten. Fuku und ich haben sogar einen Plan.“, fügte Purin hinzu.

„Der wäre?“, fragte Nana.

„Einer von ihnen ist schwer krank und scheint sich momentan in der Komatugawa-Klinik aufzuhalten. Der Impuls eines der Artefakte ist dort sehr stark. Wir werden uns die Klinik vornehmen.“, erklärte Purin und lächelte siegessicher.

„Das ist eine gute Ablenkung.“, stimmte Nana verwundert zu. Normalerweise arbeitete Purin grundsätzlich gegen irgendeinen Plan und verfolgte ihre eigenen Interessen. Aber dieses Mal schien sie kooperativ zu sein.

„Viel Erfolg. Ihr wisst, Narçziss duldet kein Versagen.“, verabschiedete sie sich.

„Jawohl!“

Die beiden Jüngeren verneigten sich leicht und verschwanden in bunten Flammen.

Nana betrachtete noch einmal das Foto des Mädchens.

„Asuka Tenjouin... ich denke wir beide werden gute Freundinnen.“

Ein absurdes Lachen entkam ihrer Kehle und sie verschwand im Schatten der hohen Bäume.
 


 


 

Die beiden Jungen hatten gleich nachdem sie das Krankenhaus verlassen hatten die Zeit genutzt um ihre eigenen nun leerstehenden Wohnungen noch einmal zu betreten und wurden fündig – Juudais Wohnung war offen, Schränke waren durchwühlt und deren Inhalt achtlos auf den Boden geworfen worden. Eindeutig eine Warnung, Vorsicht zu bewahren.

Juns Wohnung wiederum sah genauso aus wie zuvor, ausgenommen war der überfüllte Briefkasten. Er hatte die Post unachtsam in seine Jackentaschen gestopft und während der langen Fahrt zurück nicht angerührt.

Dadurch, dass er die gesamte Nacht nicht geschlafen hatte war er sehr launisch weshalb er froh darüber sein konnte, dass Juudai ihn halbwegs in Ruhe ließ.

Ein Glück dass Fubuki dem ehemaligen Osiris einen Zweitschlüssel für dessen Wohnung gegeben hatte, sonst wären die beiden aufgeschmissen gewesen.

Jun verzog sich sogleich auf den Futon im Wohnzimmer und versuchte zu schlafen, Juudai war jedoch zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ryous Herzattacke mit den Gegnern zu tun haben könnte bereitete im Unbehagen. Um sich abzulenken begann er die Unordnung welche laut Juns Angaben Ryou verursacht hatte zu beseitigen, doch es half nichts. Auch sich mit Pharaoh zu beschäftigen lenkte Juudai nicht ab. Er hatte sogar das Gefühl, dass selbst ein Duell ihn nicht zur Ruhe lassen kommen würde und dieser Gedanke machte ihn sehr nervös. In der gestrigen Nacht wurde ihm der Manager eines neuen Duellanten vorgestellt welcher sogleich ein Duell zwischen ihnen arrangiert hatte. Vor ein paar Stunden noch hatte Juudai sich darauf gefreut, doch davon war absolut nichts mehr zu spüren. Fast glaubte er Angst zu haben. Angst davor zu versagen, weil er sich nicht konzentrieren konnte.

Juudai schüttelte den Kopf um diese Gedanken zu verdrängen.

„Du solltest dich ausruhen, nya.“, hörte er eine freundliche Stimme neben sich sagen.

Eine Lichtkugel tanzte vor Juudais Gesicht auf und ab.

„Daitokuji-sensei...“, murmelte er und sah zu Boden.

Die Lichtkugel formte sich zu dem ruhelosen Geist seines ehemaligen Lehrers für Duell-Alchemie, wessen sonst so beruhigendes Lächeln Besorgnis gewichen war.

„Juudai-kun, ich bitte dich darum. Zwar habe ich nur eure Unterhaltungen mitbekommen, aber diese Informationen machen mir schon genügend Sorgen, nya.“

„Was soll ich dazu groß sagen, Daitokuji-sensei.“, murmelte Juudai, den Blick zu Boden gerichtet. „Ich komme selbst nicht mit meinen Gedanken nicht mehr klar und das ist nur der Anfang.“

Er lehnte sich an die Anrichte und sah nun zu Daitokujis Geist hinauf. „Sagen Sie... wissen Sie etwas darüber?“

Daitokuji überlegte kurz, doch dann schüttelte er den Kopf. „Zumindest fällt es mir im Moment nicht ein. Ich meine aber mal vor ein paar Jahren etwas darüber gelesen zu haben, aber mir fällt nicht einmal mehr der Buchtitel ein, nya. Tut mir Leid, nya.“

Juudais Blick wurde sehr ernst.

„Was heißt 'Vor ein paar Jahren'?“, fragte er.

Wieder überlegte der ehemalige Hauslehrer des Osiris Red Dorms und antwortete dann: „Das wird noch vor deiner Zeit an der Duel Academia gewesen sein. Ich glaube im ersten Schuljahr von Marufuji-san und Tenjouin-san. Das heißt auch, dass ich diese Informationen aus Büchern der alten Obelisk Blue Bibliothek entnommen habe.“

„Was also bedeutet, dass diese Bücher nicht mehr existieren. Verdammt...“, schlussfolgerte Juudai, woraufhin ihm Daitokuji nickend zustimmte. Enttäuscht schlug er eine Faust auf die Anrichte und sah zu seinem ehemaligen Lehrer. „Wir brauchen unbedingt diese Informationen! Diese Rayne hat mir nicht genug erklärt, sie ist wie ein Buch mit sieben Siegeln.“

„Es tut mir Leid, dass ich dir dabei keine Hilfe sein kann, nya. Aber ich versuche mich daran zu erinnern wie dieses Buch hieß, denn ich meine dass es mehr Exemplare davon gibt, nya.“, versuchte Daitokuji ihn zu besänftigen.

Juudai nickte leicht, murmelte ein leises „Danke“ und folgte dessen Rat sich auszuruhen. Sogleich verwandelte sich sein Lehrer wieder in die Lichtkugel und verschwand wieder im Körper des fetten Katers welcher die ganze Zeit in der Küche auf und ab gelaufen war und ungeduldig darauf gewartet hatte den Geist seines ehemaligen Herrchens wieder zu verschlingen.

Etwas geknickt schlurfte der Brünette in das Wohnzimmer und ließ sich gleich neben Jun auf dem Futon nieder. Dieser schien durch die plötzliche Bewegung neben sich aus seinem Schlaf geholt worden zu sein, denn man hörte ihn sogleich quengeln: „Was is' denn los, ich will schlafen...“

Der Schwarzhaarige gähnte und drehte sich zu Juudai um, welcher immer noch auf seiner Seite des Futons saß und in die Leere starrte.

„Nichts... schon gut.“, flüsterte Juudai und ließ sich nach hinten fallen. Jun musterte ihn noch eine Weile mit verschlafenem Blick, drehte sich jedoch gleich wieder um und war binnen weniger Sekunden wieder in das Reich der Träume eingetreten.

Juudai lauschte noch einen Moment dem Atem des Jungen neben sich, drehte sich auf dessen Seite und beobachtete ihn wie er seelenruhig schlief.

Nun holte jedoch auch ihn die Müdigkeit ein. Er griff nach der Decke welche er auf seine Reisetasche geworfen hatte und zog sie sich über den Kopf.

Ein ruhiger Schlaf würde ihm jetzt wirklich gut tun.
 


 


 


 


 

Der Boden war hart. Angenehm warm aber zugleich hart. Jun blinzelte und verzog sogleich das Gesicht als ihn Sonnenstrahlen an der Nase kitzelten. Er spürte wie eine leichte Brise durch seine Kleider zog und hörte das Zwitschern der Vögel. Moment – Vögel?

Jun richtete sich auf dem harten Boden auf, blinzelte wieder um etwas erkennen zu können. Er befand sich auf dem staubigen Boden einer sonnendurchfluteten Ruine. Es schien Sommer an diesem Ort zu sein, denn es war angenehm warm und hell.

Verwirrt schaute er sich um, stand auf und klopfte sich den Staub von der schwarzen Jacke. Die Gegend kam ihm überhaupt nicht bekannt vor.

Neben ihm regte sich etwas und er hörte wie Juudai kurz aufstöhnte und sich ebenfalls aufrichtete. „Hmm... wo sind wir?“, fragte der Brünette und sah sich ebenfalls um.

„Ich habe keinen blassen Schimmer.“, murmelte Jun. Die Ruine schien sich auf einem Berg zu befinden welcher von einem dichten Wald bewachsen wurde. Auf der rechten Seite konnten sie einen tiefen Talkessel hinunter sehen in welchem sich ein vom Sonnenlicht glitzernder Fluss hinunter wand.

Juudai ging näher zu einer der eingefallenen von Moos überwucherten Wände und schaute sich die Ornamente darauf an als würden sie irgendeinen Hinweis verbergen welcher ihnen sagen könnte wo sie sich aufhielten.

„Was suchst du da?“, fragte Jun und gesellte sich zu dem ehemaligen Osiris.

„Irgendetwas sagt mir, dass wir hier etwas über diese Amulette herausfinden können.“, antwortete Juudai ohne den Fragenden dabei anzusehen.

„Da, siehst du?“

Er deutete mit dem Finger auf ein zerfallenes Ornament. Es zeigte ein umgedrehtes verziertes Kreuz – oder war es ein Schwert? - aus welchem zwei Paar Schwingen empor ragten.

„Dieses Zeichen...“, flüsterte Jun.

„Als ich das erste Mal auf Rayne getroffen bin war dieses Zeichen auf dem Boden zu sehen. Das war auch in so einer Ruine, aber es ist dieses Mal nicht die Gleiche.“, erklärte Juudai.

„Also träumen wir?“ - „Ich würde das hier nicht als Traum bezeichnen.“, erwiderte Juudai, dieses Mal schaute er zu dem Schwarzhaarigen nach oben.

„Richtig.“, sagte eine weibliche Stimme hinter ihnen.

Die beiden Jungen wirbelten herum. Auf einer der eingefallenen Mauern stand eine Person, das Sonnenlicht im Rücken sodass man nur ihre Silhouette erkennen konnte.

„Ich habe euch beide hierher geholt um euch auf eure Gegner vorzubereiten. Juudai-kun, du hast bereits deinen Elementar aktivieren können seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben.“, sagte Rayne und schritt auf sie zu.

„Wie meinst du das mit vorbereiten?“, fragte Jun skeptisch.

„Manjoume-kun, ich denke du weißt bereits wie ich das meine. Ich werde dir und deinen Freunden die Kampfkunst der Elementar-Wächter beibringen.“, erwiderte Rayne kühl.

Der Schwarzhaarige spürte wie Juudai eine Hand auf seine Schulter legte.

„Heißt das, du willst wieder dass wir gegen dich kämpfen?“, fragte er ernst. Sie nickte nur.

Jun spürte wie ihm ein kalter Schauder über den Rücken lief. Das Amulett in seiner Jackentasche schien nach ihm zu rufen. Instinktiv griff er danach und umschloss es fest in seiner Hand.

„Aber zuerst muss das Element von Licht und Finsternis erwachen.“, sagte Rayne und ihr Blick fiel dabei auf Jun.

„Worauf wartest du?“, forderte sie ihn heraus. Irritiert schaute Jun zu Juudai, welcher ihm nickend zustimmte.

Der Brünette machte einen Schritt zur Seite, Jun konnte in dessen Hand bereits den silbernen Anhänger erahnen und ehe er sich versah hatte Juudai den Ruf ausgesprochen. Dunkle Energie stieg aus dem Boden empor und umschloss für den Bruchteil einer Sekunde seinen langjährigen Freund. Schwarze Flügel brachen aus dessen Rücken hervor und breiteten sich auf ihre volle Spannweite aus. Juudais Augen hatten die stechenden Farben Yuberus angenommen, die Zeichnungen welche das Monster im Gesicht hatte waren ebenfalls auf seinem erschienen.

Es war so unwirklich und doch gleichzeitig die bittere Realität. Halb Monster, halb Mensch.

Juudai grinste ihn an.

„Keine Angst, Manjoume. Hier wird dir nichts passieren.“, sagte er wieder mit seinem typischen Enthusiasmus als würde er über ein einfaches Duell sprechen.

Unsicher holte der Schwarzgekleidete das Amulett aus seiner Jackentasche und schaute erst ungläubig zu Rayne, dann wieder zu dem Amulett.

Sie schien dies zu bemerken, denn sogleich umschlossen lange sanfte Finger seine Hand in welcher er das silberne Schmuckstück hielt. Jun sah zu ihr hoch und blickte in ihr lächelndes Gesicht.

„Du brauchst keine Angst zu haben, wirklich nicht. Dein Element ist meinem gegenüber im absoluten Vorteil.“, versuchte sie ihn zu beruhigen.

Er schüttelte den Kopf. „Darum geht es nicht.“, sagte er und versuchte dabei stark zu klingen. „Es ist eher das Kämpfen an sich. Ich verachte solche Gewalt.“

Zu seinem Erschrecken begann Rayne an zu lachen. Sie ließ seine Hand wieder los, drehte sich schwungvoll einmal um ihre eigene Achse und plötzlich richtete sich die scharfe Klingenspitze eines silbern verzierten Stabes direkt auf sein Gesicht. Jun stolperte erschrocken zurück und Rayne lachte noch mehr als zuvor, als hätte man einen albernen Witz gerissen.

„Denkst du wirklich, dass deine Gegner sich dafür interessieren? Ich denke Juudai-kun wird dir berichtet haben wie er und der Wasser-Elementar von einem Splitterdämon angegriffen worden sind, oder?“, brachte sie immer noch grinsend hervor, während sie ihre Waffe auf Jun richtete.

„Aber keine Sorge.“

Rayne ließ den Stab sinken und sah ihn wieder mit ihrem ernsten Blick an.

„Das Element von Licht und Finsternis hat eine ganz besondere Gabe. Es vereint zwei gegensätzliche Elemente, welche sich seit Anbeginn der Zeit gegenseitig bekämpfen und somit stellt dieses kombinierte Element ein stabiles Gleichgewicht her.“, begann Rayne zu erklären.

„Du hast dich sicher gefragt, warum eure Gegner nicht zuerst Juudai angegriffen haben, oder? Ich meine, es ist selbst in der Ebene aus welcher ich stamme bekannt was er bereits in den letzten Jahren für das Gleichgewicht der Dimensionen getan hat.“

Ihr Blick war dabei immer noch auf Jun gerichtet. Die beiden Jungen sahen sich an und schauten dann wieder zu Rayne.

„Wegen dieses Elementes, richtig?“, fragte Juudai ernst.

Sie nickte. „Ein Elementar-Artefakt sucht sich seinen Träger selbst aus, der Charakter des Wächters muss eine Affinität zu seinem Element haben.“, fuhr sie mit ihrer Erklärung fort.

„Feuer sucht sich den Mutigen, Wasser die Vernunft, Metall die Stärke. Erde den Ehrgeiz, Luft den Flexiblen. Licht den Opfernden und Finsternis den Rücksichtslosen.“

Juudai zog scharf die Luft ein als Rayne die Eigenschaft des Finsternis-Elementes nannte, doch er beließ es dabei zu schweigen.

„All diese Eigenschaften ziehen ihre Vor- und Nachteile mit sich. Dein Charakter, Manjoume-kun, tendierte bisher immer zum finsteren Teil des doppelten Elementes, aber ich denke du wirst bald erkennen was dir wirklich wichtig ist.“, sagte sie, den ernsten Blick dabei auf Jun gerichtet.

Der Schwarzhaarige erwiderte diesen ernsten Blick und antwortete kühl: „Ich weiß bereits was mir wichtig ist.“

Obwohl – das war gelogen. Jetzt in diesem Moment war sein Kopf vollkommen leer.

„Wenn du das so siehst, dann soll es so sein. Ich habe diese Frage bereits Juudai-kun gestellt: Bist du bereit dafür zu kämpfen?“, schloss sie.

Jun schaute wieder zwischen seinem Gegenüber, Juudai und dem Amulett, schloss die Augen und atmete tief durch.

Juudai. Ihre Freundschaft.

Er umschloss mit der linken Hand das Amulett, legte diese auf die Brust und sagte fest entschlossen: „Ja, das bin ich.“

In diesem Moment spürte er wie das kühle Metall in seiner Hand begann zu pulsieren, als hätte er ein lebendiges Herz darin gefangen. Verwundert öffnete er diese und ein silbriges Licht strahlte ihm entgegen.

Er konnte seine Stimme hören. Die Rufe des Light and Darkness Dragon.

Nochmals sah er zu Juudai, welcher ihm ein bestätigendes Lächeln schenkte, sowie Rayne es ebenfalls tat.
 

»Ich rufe dich... Light and Darkness Dragon. Stehe mir bei auf meinem Wege!«
 

Das silbrige Licht strahlte heller und umschloss Jun vollkommen. Er spürte wie eine wohlige Wärme durch seinen Körper zog, wie die Energie des Amulettes auf ihn überging. Für den Bruchteil einer Sekunde war er von diesem Licht umgeben und so plötzlich wie es da gewesen war, war es auch wieder verschwunden.

Jun fühlte sich in diesem Moment wie neu geboren. Er hatte das Gefühl, dass er mit dieser Kraft alles verändern könnte. Als wäre er in der Lage die Welt zu verändern. Er seufzte leise und musste lächeln. Das Gefühl war einzigartig schön.

Jun musste blinzeln, denn das Licht hatte ihn geblendet.

„Ma-Manjoume?“, hörte er Juudai neben sich sagen. Er sah auf seine Hände, sie hatten sich nicht verändert. Dafür aber seine Sicht. Oder bildete er sich dies nur ein?

Alles wirkte so viel detailreicher. Farbenfroher. Er konnte jeden noch so kleinen Punkt erkennen, ihm fiel jedes kleine Detail seiner bleichen Haut auf, stärker denn je. Jeden noch so kleinen Farbunterschied konnte er erkennen.

Auch seine gesamte Umgebung schien viel feiner aufgebaut zu sein. Er sah zu Juudai und erstaunter Laut entwich seiner Kehle als ihm die feinen Federn auffielen. Weiße Schwingen ragten aus Juns Rücken hervor, ebenso groß wie Yuberus Flügel welche Juudai auf dem Rücken trug, doch waren die des Schwarzhaarigen leicht transparent, als wären sie nur eine Geistererscheinung. Jun blinzelte noch einmal verwirrt, drehte den Kopf in die andere Richtung um sich noch einmal zu vergewissern, dass er keinen Knick in der Optik hatte. Doch auch auf seiner anderen Schulterseite waren transparente Schwingen, dafür jedoch tiefschwarz und ledrig. Wie die des Drachen.

Also hatte er tatsächlich die Kräfte des Light and Darkness Dragons in sich aufgenommen.

Es war für Jun kaum zu glauben.

Ein leises Kichern unterbrach die beiden Jungen in ihrer Sprachlosigkeit.

„Es scheint, als wäre das Element noch unvollkommen. Aber das macht nichts-“, sagte Rayne. „- denn du wirst die Flügel nicht zum kämpfen brauchen.“

Wieder richtete sie ihre Waffe auf die beiden Jungen.

„Der Grund warum eure Gegner dich angreifen, Manjoume, ist die Fähigkeit zu Heilen. Zwar bist du genauso in der Lage wie die anderen auszuteilen, aber diese Kräfte sind keinem anderen von euch möglich zu beherrschen. Sie sind nur dem Wächter des Light and Darkness Dragons zugänglich und er hat dich dafür ausgewählt.“, erklärte sie.

Ungläubig fragte er: „Und wie soll das funktionieren?“

„Durch deinen reinen Willen.“, antwortete ihm Juudai zu seiner Verwunderung. Die grellen Augen seines besten Freundes musterten ihn argwöhnisch.

„Siehst du?“

Der Brünette bedeutete Jun mit einer sanften Handbewegung nach vorn ihm zuzusehen.

Juudai machte einen Schritt nach vorn, er streckte die Hand nach Rayne aus und blitzschnell schossen schwarze Dornenranken aus dem Boden hervor und versuchten die Frau zu attackieren. Sie schien dies jedoch vorausgesehen zu haben, denn sie lachte und mit nur einer flinken Bewegung ihres Stabes zersplitterten die Ranken zu schwarzem feinen Staub.

„Du musst es dir einfach nur wünschen. Vorstellen, wie du agierst, wie das Element mit dir agiert. Verstehst du was ich meine?“, fragte er und sah dabei wieder zu dem Schwarzhaarigen.

Dieser nickte langsam, doch so recht konnte er sich dies nicht vorstellen. „Probier's aus.“, ermunterte ihn Juudai und grinste dabei.

Jun war sich nicht so recht sicher was er genau tun sollte, er versuchte sich vorzustellen die gleichen schwarzen Dornen auf Rayne loszulassen, streckte die Hand aus und machte die gleiche Bewegung wie Juudai zuvor. Doch – zu seinem Erstaunen und gleichzeitiger Enttäuschung – geschah nichts.

„Was soll der Mist, das funktioniert nicht, Yuuki.“, brummte er missmutig und ließ sogleich den Kopf hängen.

„Natürlich kann es so auch nicht funktionieren.“, antwortete Rayne und trat näher zu den beiden Jungen.

„So wie alle Dinge die Menschen tun mit Emotionen verbunden sind, so sind auch eure Fähigkeiten welche ihr durch die Elementar-Artefakte erhaltet ebenfalls an diesen Faktor gebunden. Es ist nicht nur der Wille der zählt, sondern das Gefühl welches darin mitschwingt.“

Sie schloss die Augen, richtete ihre Stabspitze schräg gen Himmel und flüsterte leise ein Wort, welches die beiden Jungen nicht verstanden. Die Sonne spiegelte sich in dem glänzenden Material aus welchem die eigenartige Waffe gemacht war wider und blendete die beiden leicht. Das Licht sammelte sich plötzlich in der oberen Klinge und ehe sie sich versahen, drehte sie sich um ihre eigene Achse und stieß zu, sodass die beiden Jungen auseinander springen mussten um nicht von dem gleißend hellen Energiestoß getroffen zu werden welcher aus der Spitze hervorbrach.

„Seht ihr?“, sagte Rayne und lächelte sanft. Es wirkte auf ihrem spitzen Gesicht dennoch nicht freundlich.

„Je stärker die Emotion ist, desto mächtiger ist die Energie die ihr freisetzt.“

Immer noch gelähmt vor Schreck starrten Jun und Juudai auf die Klinge welche soeben fast ihre Schultern durchbohrt hätte. Rayne begann wieder zu kichern und senkte den Stab.

„Verstanden?“, fragte sie. Jun schüttelte kurz den Kopf um den Schreck loszuwerden und sah ihr wieder direkt in die kalten grünen Augen.

„Woren denkst du, wenn du uns angreifst?“, fragte er ernst. Wieder kicherte sie kurz, ehe sie antwortete: „Daran, dass ich euch endlich vorbereiten kann auf diesen Kampf. Ich habe Jahrhunderte darauf gewartet.“

„Jahrhunderte?“, kam es nun für Juudai.

„Ihr müsst bedenken, dass ich aus einer anderen Dimension stamme. Meinen alten Körper habe ich schon lange hinter mir gelassen, ich bin nur noch eine Seele welche sich in euren Träumen manifestieren kann.“, sagte sie gelassen als würde sie über das Wetter reden.

„Aber das ist jetzt nicht wichtig. Wir haben genug geredet.“

Wieder zückte Rayne ihre Waffe. „Lasst uns beginnen.“

Sie ging ein paar Schritte zurück, nur um dann einen direkten Angriff auf Juudai zu starten. Der Brünette machte sich bereit, doch plötzlich war sie verschwunden. Verwirrt wirbelte er herum und wurde von der Seite von einem Lichtstrahl gestreift. Rayne war einfach hinter ihm wieder aufgetaucht. Sofort startete Juudai einen Gegenangriff, doch Rayne zerschlug die Dornenranken sogleich wieder. Ihr selbstsicherer Blick traf Jun, welcher immer noch wie angewurzelt da stand und nicht in der Lage war einen klaren Gedanken zu fassen.

„Mach es mir doch nicht so einfach“, flüsterte ihm ihre Stimme nun ins Ohr. Wie war sie hinter ihm aufgetaucht?

Er sah nur wie die scharfe Klinge auf ihn zuraste, als schwarze Dornen sich darum wanden und er im Hintergrund Juudai erkennen konnte, wie er mit ausgestrecktem Arm die Schattenpflanze dirigierte um Rayne ihre Waffe aus der Hand zu schlagen.

„Was machst du da, Manjoume?“, rief er und zog den Arm nach hinten um den Dornen zu bedeuten sich zu ihm zu bewegen, wobei er jedoch anscheinend nicht konzentriert genug zu sein schien, denn Rayne hatte mit einem schnellen Griff ihren Stab wieder aus Juudai's Abwehr herausfischen können.

„Hä?“, kam es nur überrascht von dem Schwarzhaarigen, als Rayne wieder auf ihn zukam, bereit zum Angriff.

Jun wusste nicht was er tat, sein Kopf dachte nur ein schnelles »Bleib mir vom Leib« und wider Erwarten strahlte ein helles Licht um ihn herum auf und bildete eine dünne Barriere um ihn herum, woran die Klinge der Angreiferin abprallte.

Überrascht stolperte er nach hinten und die Barriere war so schnell wie sie entstanden war wieder verschwunden. Rayne setzte zu einem erneuten Angriff an, doch Juudais Dornenranken waren schneller und umschlossen ihren Arm erneut.

Juudai machte eine gleitende Bewegung nach hinten, sodass Rayne überrascht aufkeuchte als sie mitsamt ihrem Stab nach vorn gezogen wurde und dabei auf die Knie fiel. Doch so schnell gab sie nicht auf, sie wand sich aus dem Griff der Dornen geschickt heraus und attackierte nun Juudai.

„Was habe ich dir das letzte Mal erklärt?“, fragte sie im Angriff, welchen er wieder um Haaresbreite blockieren konnte. Juudai ächzte, griff dieses Mal mit seinem echten Arm den ihren und zog sie nach vorn, sodass er die Möglichkeit hatte sein Knie in ihre Magengrube zu drängen, doch wieder schien sie aus irgendeinem unbekannten Grund vorausgesehen zu haben was er vorhatte und gab ihm einen Kinnhaken mit der linken Faust. „Idiot“, kicherte sie.

Juudai stöhnte auf und landete unsanft auf dem Boden. „Du bist noch viel zu leicht zu kriegen. Wie lange wirst du dafür brauchen endlich zu kapieren, dass du auch diese Flügel benutzen kannst?“, fragte Rayne und stemmte die Hand in die Hüfte.

Jun sah in diesem Moment ihrer Unachtsamkeit eine Chance. Er stellte sich die Attacke seines Light and Darkness Dragon vor, er streckte die rechte Hand in die Höhe und bildete eine Faust in welcher sich eine dunkle Energie aufbaute.

Juudais überraschter Blick könnte ihn verraten. Die Energie wurde größer und breitete sich über ihm aus, er spürte wie sie seinen Körper langsam verließ und in seine Hand floss.

Ohne noch weiter zu zögern schleuderte er diese Energie auf Rayne zu.

Erschrocken griff sie Juudai an seiner Jacke und stolperte mit dem Jungen zur Seite, sodass Juns Angriff sie verfehlte. Mit lauten Krachen explodierte die schwarze Energiekugel auf dem Boden der Ruine und ließ kleinere Gesteinsbrocken und Staub durch die Luft wirbeln. Die drei mussten husten und erst als sich der Staubnebel etwas gelegt hatte konnten sie erkennen, was Jun soeben entfacht hatte. Dort wo die Energie eingeschlagen war klaffte nun ein riesiges Loch in der Ebene in welcher sie sich befanden. Es war keine Erde oder ähnliches zu sehen, sondern einfach nur ein tiefschwarzes Loch, als wäre eine dichte Sturmwolke entzwei gerissen und würde den Nachthimmel freigeben. Nur dass sämtliche Sterne fehlten.

Zitternd sackte Jun auf die Knie, erschrocken vor dem was er soeben getan hatte.

„W-was... war das?“, fragte er mit zitternder Stimme.

Auch Juudai war sichtlich erschrocken über das, was nur ein paar Meter vor ihm klaffte.

Das Loch sah aus wie zersplittertes Glas.

Nur Rayne schien trotz des ersten Schocks nicht beeindruckt von diesem zu sein.

„Du solltest vorsichtig mit deiner Kraft umgehen, Manjoume-kun.“, sagte sie kühl, stand auf und klopfte sich den Staub von ihrer schwarzen Robe.

„Licht und Finsternis bedeutet Leben und Tod. Vernichtung und Wiederauferstehung. So wie du jemanden verletzen kannst, kannst du ihn auch wieder heilen und umgekehrt. Sei dir also bewusst, dass je stärker die Emotion ist die deine Attacke auslöst sie automatisch tödlicher sein kann.“

Raynes Blick ruhte immer noch auf dem schwarzen Loch in der Ebene.

Nun begann auch Juudai sich langsam wieder aufzurichten. „Können wir so weiter machen?“, fragte er, seine Stimme war hauchdünn. Rayne nickte ohne ihn dabei anzusehen. „So schwerwiegend ist es nicht, es würde diese Ebene nicht zum Einsturz bringen. Aber gebt Obacht, nicht noch mehr solchen Schaden anzurichten.“

Wieder zückte sie ihre Waffe.

„Ihr habt ja nicht nur diese Möglichkeit zu kämpfen. Eure Artefakte enthalten eine Waffe wie diese hier. Sie passt sich eurem Charakter individuell an und kann sich je nachdem wie ihr euch verändert ebenfalls verändern.“, fuhr sie fort.

Jun erinnerte sich an die Nacht als er Juudai vor Kaname beschützt hatte. Sprach sie von dieser Sense?

„Ihr solltet auf jeden Fall auch lernen damit umzugehen, aber dafür braucht ihr mich denke ich nicht.“

Jun griff wieder in seine Jackentasche in welche er das Amulett wieder zurück getan hatte. Es pulsierte immer noch wie zuvor.

„Außerdem solltet ihr es immer bei euch tragen. Am besten um den Hals oder um das Handgelenk, Hauptsache es kann euch niemand so leicht weg nehmen.“, sagte Rayne als sie bemerkte, dass er dabei war das Amulett aus der Tasche zu holen.

„Und wie werden daraus Waffen?“, fragte Juudai, welcher ebenfalls sein Amulett nun in der Hand hielt.

Rayne setzte sich auf die eingestürzte Mauer hinter sich, sodass sie sie beide anschauen konnte ohne dabei zu ihnen hinunter sehen zu müssen, denn sie war um einiges größer als die beiden Jungen.

„Genauso wie eure Energieattacken sind auch die Elementar-Waffen mit Emotionen und eurem Willen verbunden. Ruft sie und sie werden euch beistehen.“, erklärte sie und lächelte.

Unsicher starrten die beiden auf ihre Amulette. Jun beobachtete Juudai wie er die Augen schloss, das Amulett in seiner Hand umschloss und sich konzentrierte. Das Metall begann zu leuchten und es formte sich aus dem Anhänger ein silberner Dolch, an dessen Ende eine ebenfalls silberne Kette befestigt war.

Ungläubig starrte er darauf und umschloss den Griff des Dolches, sodass die Knöchel weiß hervortraten.

„Warum...?“, fragte Juudai, doch Raynes Blick bedeutete ihm zu schweigen, woraufhin er betrübt den Blick senkte.

Jun wandte den Blick von seinem Freund ab und umklammerte ebenfalls sein Amulett. Es leuchtete auf und wie er erwartet hatte formte sich daraus die Sense von damals.

Ehrfürchtigt sah Jun zu Rayne, stand langsam auf und ließ die lange Klinge der Waffe nach unten gleiten. Er musste bedrohlich aussehen mit den transparenten Flügeln und dem Markenzeichen des Todes in der Hand. Wie ein gefallener Engel.

„Das Finsternis-Element hat übrigens ein Faible für diese Ketten.“, sagte Rayne zu Juudai, welcher immer noch verunsichert auf den Dolch starrte.

„Du kannst sie mithilfe deiner Energie steuern, sogar verlängern und aufspalten. Wenn du sie beherrschst kann dies eine sehr gefährliche Waffe sein.“

Juudai stand langsam auf und ließ die silberne Waffe wieder zu dem Amulett werden.

„Es tut mir Leid, aber ich werde darauf verzichten.“, sagte er ernst, doch man konnte etwas Unsicherheit aus ihm heraushören.

„Wie du meinst.“, erwiderte Rayne.

„Lasst uns weitermachen.“

Sie stand auf und wollte einen Schritt auf Juudai zumachen als plötzlich die Welt um sie herum stehen blieb. Der Wind welcher die gesamte Zeit durch die Wälder um sie herum gerauscht war war mit einem Mal verschwunden, es waren keine zwitschernden Vögel noch das leise Rauschen des Talflusses zu hören. Wie eine unerwartete Sonnenfinsternis schob sich ein dunkler Schatten über den Himmel und verfinsterte die Welt um sie herum.

Starr vor Schreck hielt Rayne in ihrer Bewegung inne.

„Was ist das jetzt?!“, rief Jun und sah nach oben. Seine Augen weiteten sich als er sah wie aus der Sonne welche gerade eben noch über ihnen geschienen hatte eine schwarze Flüssigkeit sich wie Öl über den Himmel ausbreitete und alles was sie berührte wie eine Säure wegätzte. Wie Papierfetzen flog die Landschaft um sie herum gen Himmel und wich einer rostigen, maschinellen Welt.

Ehe sie sich versahen befanden sie sich in einem riesigen unebenen Feld aus rötlich-braunem Metall, riesige teils zerstörte Rohre und von Rost und einem angetrocknetem Blut ähnelnd überzogenen Gittern und überall um sie herum manifestierten sich dreckige dunkle Spiegel.

Aus winzigen Spalten trat grauer Rauch empor und es roch nach verbranntem Öl und Tod.

„Ihr müsst hier sofort verschwinden!“, flüsterte Rayne panisch.

Sie packte den ebenfalls erstarrten Juudai am Arm und eilte zu Jun, jedoch wurde sie jäh von einer Klaue welche aus verbrannten Industriekabeln und Metall zu bestehen festgehalten und zu Boden geworfen. Juudai konnte sich gerade noch aus dem Griff des merkwürdigen Dinges befreien, doch es begann dafür Raynes rechten Arm zu zerquetschen. Dunkles Blut tropfte auf den Boden und sie schrie auf vor Schmerz.

„Rayne!“, brüllte Juudai und wollte ihr zu Hilfe eilen. Doch sie schüttelte immer noch mit panischem Blick den Kopf und rief: „Verschwindet, solange ihr noch könnt! Wir sind hier in der Welt des Feindes.“

Fassungslos standen die beiden Jungen inmitten des Ganges, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Die Kabel spalteten sich von dem Monster ab und schnellten auf die beiden Jungen zu, doch Juudai agierte schnell und wehrte sie mit einer schnellen Bewegung durch seine Dornenranken ab.

„Ihr seid dumm, wenn ihr glaubt vor mir fliehen zu können.“, hörten sie eine weibliche eiskalte Stimme sagen, doch sie waren nicht fähig zu erkennen woher sie kam.

„Erst recht, wenn man dumm genug ist mir in die Arme zu laufen, meine Liebe.“, sprach die Stimme weiter und lachte. Ihr Lachen durchdrang ihre Körper und ließ die Jungen erzittern, es hallte in ihren Köpfen wider.

Rayne standen bereits Tränen vor Schmerz in den Augen, die Kabelarme umschlossen sie enger und immer mehr Blut floss auf den Boden.

„I-ihr... müsst ein Dimensionsloch in diese Ebene reißen. Ma-Manjoume, b-bitte. Lasst mich zurück, i-ich k-k-kann nicht-!“, brachte Rayne hervor und schrie auf als sich eine Gruppe der Kabel um ihren Bauch schlängelte und fest zudrückte.

„Aber-“, wollte Juudai erwidern, doch Jun packte ihn am Arm und zerrte ihn zurück. „Hast du sie nicht verstanden? Wir müssen hier weg und zwar JETZT!“, sagte er und sah ihn mit ernstem Blick an. Juudais grelle Augenfarbe war verblasst vor Schock, doch er gab sich geschlagen.

Noch aus dem Augenwinkel heraus konnten sie sehen, wie sich ein Schatten hinter Rayne aufbaute und das Monster welches dabei war sie zu zerquetschen in sich zusammenfiel. Sie liefen ein paar Meter, schauten dann jedoch noch einmal zurück.

Rayne sank halb bewusstlos in die Arme des Schattens und sie sahen, wie schneeweiße dünne Hände mit langen spitzen Fingernägeln über ihr schmerzverzerrtes Gesicht strichen ehe sie sich um ihren Hals schlangen und sie hochhoben.

Die Person welche Rayne festhielt war noch um einiges größer als sie eh schon war und versteckte sich unter einem schwarzen langen Gewand, eine ebenfalls schwarze Kapuze war ihr so tief ins Gesicht gezogen dass sie nicht erkennen konnten um wen es sich handelte.

Wie in Zeitlupe drehte das Schattenwesen den Kopf zu ihnen herüber und stechend violette Augen blitzten den beiden Jungen entgegen.

Vor Schreck ließ Jun fast die Sense in seiner Hand fallen und er und Juudai wichen gerade noch rechtzeitig vor dem Angriff des Wesens aus. Dunkle Energie versuchte sie zu erreichen, verfehlte sie jedoch knapp.

Dort wo die Energie getroffen hatte brach der Boden weg und wurde von einem der schwarzen Spiegel ersetzt. Erschrocken stolperten die beiden Jungen weg und rannten, rannten um ihr Leben den schmalen Gang entlang. Gitter aus allen Richtungen versperrten ihnen den Weg, gab es überhaupt einen Fluchtweg für sie?

Sie wussten es nicht. Sie wussten nicht einmal ob sie verfolgt wurden. Das Lachen des Wesens war immer noch in ihren Gedanken, es ließ sich nicht verdrängen.

Irgendwann blieben sie stehen, keuchten mit Tränen in den Augen. Die beiden Jungen hatten gar nicht gemerkt, dass sie weinten, so geschockt waren sie.

„Wir-wir müssen hier raus. Sofort.“, keuchte Juudai, die Hände an den Knien abstützend.

„J-ja.“, stimmte ihm Jun zu.

Er lehnte sich kurz an die kühle Metallwand und beobachtete den schwarzen Spiegel über ihnen. Irgendetwas stimmte mit ihnen nicht. Er kniff die Augen zusammen, sodass er in der Dunkelheit etwas besser erkennen konnte.

Sie spiegelten nichts wieder. Aber es waren doch Spiegel?

Wieder hörten sie die kühle Stimme sprechen: „Keine Sorge, ich habe bereits was ich will. Dieses Mal lasse ich euch laufen, aber es wird kein zweites Mal geben, dass ich euch verschone.“

Mit einem durchdringend kalten Lachen verschwand die Stimme wieder. Der Boden unter ihnen begann sich mit einem Mal aufzulösen, das Metall blätterte ab wie uralte Wandfarbe und verschwand gen Himmel.

Schweißgebadet wachten Jun und Juudai nebeneinander auf dem Futon im Wohnzimmer wieder auf.

In ihren Händen glühten die Elementar-Artefakte wie als wären sie zum Kampf bereit.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Mal wieder ein 8000+ Kapitel. Ich hoffe es hat Gefallen. Nach wie vor gilt, ich freue mich über Rückmeldungen und Kritik. ^^/
Bis zum 7ten Kapitel! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jitsch
2013-11-27T15:56:37+00:00 27.11.2013 16:56
Was mir gerade so auffällt: Bisher haben wir an neuen Charakteren auf beiden Seiten irgendwie nur Frauen. Versuchst du, das Geschlechter-Ungleichgewicht der Serie zu bekämpfen? XD
Ich muss sagen, die Hierarchie der Bösewichte ist schon spannend zu beobachten. Sind sie allein sind sie alle total mies drauf, und in Gegenwart von jemand noch höher gestelltem dann wieder unterwürfig... Man merkt, dass die alle nicht aus Spaß zusammenarbeiten.

"Ich glaube im ersten Schuljahr von Marufuji-san und Tenjoin-san." Erster Gedanke: Das erste Schuljahr von Sho und Asuka? Wieso sagt er nicht gleich "Dein erstes Schuljahr". Dann fiel mir auf, dass beide ja auch noch große Brüder haben...

Ich bin ja wirklich gespannt, wer noch kommt an Elementaren. Bleiben noch Erde, Luft und evtl. ein reiner Licht-Elementar...? Bei Erde muss ich zunächst an Daichi denken (rein von der Namensbedeutung), aber Ehrgeiz wüsste ich jetzt spontan sogar zuallererst Jun zuordnen... Hm, mal abwarten.

Der Kampf in der Geisterwelt war echt spannend, auch wenn er klar macht, dass es noch eine ganze Weile dauern wird bis alle so halbwegs zum Kampf bereit sind. Bin schon sehr gespannt auf das nächste Kapitel (morgen dann).

Antwort von:  Mizael
28.11.2013 13:25
Um ehrlich zu sein, fällt mir das jetzt erst auf. ö_ö
Aber ja, könnte man so sagen. Was ich noch hinzufügen möchte ist, dass ich Frauen viel sadistischer und geschickter in solchen Dingen erlebt habe als Männer, unter anderem weil sie eher zu Eifersucht etc. neigen. Ist nur meine Erfahrung denke ich.
Bisher gab es keinen weiblichen Gegner in GX, deswegen ist es doch mal eine Abwechslung. xD
Gegen Ende der ersten Arc von Saga wird man auf den ersten männlichen Gegner treffen, so viel werde ich dazu mal verraten. Sind also nicht nur Weiber. :3


Manjoumes Element wird ja als "Licht und Finsternis/Twilight"-Element schon beschrieben.
Reine Finsternis und reines Licht sind nach meinem System abnorme Elemente, weshalb sie auch schwerer zu kontrollieren sind und andere Besonderheiten haben als die normalen Elemente. Das Twilight-Element ist nochmal eine andere Stufe, das wird aber erst zwischen Ende der zweiten und Anfang der dritten Arc geklärt. xD
Die Charaktere werden also monatelang ahnungslos durch diese Tragödie gehen müssen.


Viel Spaß. :3


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