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Saga of the Northern Winds

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So und nun endlich Kapitel 10. Dieses Mal sehr Manjoume-lastig. Ich hoffe es gefällt. :3 Komplett anzeigen

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Spiegelbild

„S-Sie können doch nicht einfach spontan die Live-Show absagen, Phoenix!“

Auch wenn Edo sein Handy nicht auf Laut gestellt hatte, man konnte die Stimme seines erzürnten Managers im gesamtem Raum hören.

Der Mann fluchte über ihn, nannte ihn einen unzuverlässigen Teenager und wolle am liebsten den Vertrag mit ihm kündigen, doch Edo hörte nur stumm zu, ihm war gleichgültig was man ihm in diesem Moment an den Kopf warf. Nachdem sein Manager genug Frust ausgelassen hatte legte er auf ohne sich zu verabschieden.

Was der Mann an der anderen Leitung nicht gesehen haben konnte, war der völlig verstörte Blick des Jungen, welcher in viel zu großen Klamotten die er von Saiou geliehen hatte auf dessen Teppichboden des Wohnzimmers saß, unfähig sein sonst so edles Auftreten wieder herzustellen.

Offensichtlich hatte der Silberhaarige die gesamte Nacht kein Auge zugetan, hatte paralysiert in die Dunkelheit des Gästezimmers gestarrt, welches er sich mit Juudai geteilt hatte welcher im Bett gegenüber geschlafen hatte.

Auch besagter Brünette hatte von Saiou Kleidung geliehen bekommen, doch dadurch dass er größer war als Edo fiel es weniger auf, dass ihm diese ebenfalls nicht wirklich passte.

„Du solltest erst einmal hier bleiben, Edo.“, sagte Juudai, eine Schale mit Reis in der Hand und immer noch beim Frühstück, welches Mizuchi ihnen soeben gebracht hatte. Sie und Saiou saßen direkt daneben, sie alle sahen besorgt zu dem Kleineren.

Edo starrte immer noch auf das Smartphone in seiner Hand, steckte es endlich weg und kam zu ihnen herüber.

Das Essen was für ihn schon seit zwanzig Minuten bereit stand hatte er immer noch nicht angerührt.

„Hmm.“, kam es von ihm, den Blick auf die leckeren kleinen Eierkuchen gerichtet.

„Du musst was essen. Ich würde sie dir ja abnehmen, aber in dieser Situation ist das keine gute Idee.“, sagte Juudai und schnappte sich noch eine dritte Portion.

„Ich habe keinen Hunger.“, antwortete Edo ruhig. „Wo... hast du eigentlich diesen Splitter gelassen?“

Diese Frage hatte Juudai nicht erwartet, weshalb ihm fast die Stäbchen aus der Hand fielen als er Edos Worte vernahm.

„In der Tüte bei meinen schmutzigen Sachen. Warte.“, sagte er, legte die Stäbchen zur Seite und eilte zu dem Gästezimmer gegenüber des Wohnzimmers um diese zu holen.

Viel Zeit hatte er nicht mehr, in einer Stunde musste er wieder bei Fubuki sein, da dieser mit ihm abgesprochen hatte, dass sie zusammen Johan vom Flughafen abholen würden.

Er kramte zwischen dem ganzen blutverkrusteten Stoff den Faustgroßen Splitter hervor, welchen er am Abend zuvor aus dem Rücken des Mannes geschnitten hatte. Die Leiche hatte er im Wald verschwinden lassen, dennoch war es nur eine Frage der Zeit bis vielleicht irgendwelche Angehörige oder Freunde des Mannes ihn als vermisst melden würden. Juudai hatte mithilfe der Finsternis die Leiche größtenteils unkenntlich gemacht – eine Sache, die er sich niemals in diesem Leben gewünscht hatte machen zu müssen, denn er hatte die Bilder immer noch in seinem Kopf – und sie in einem Graben versteckt und möglichst viel Laub und Erde darüber geworfen.

Er wog den Splitter in seiner Hand. Das Material war nicht schwer, die Oberfläche wirkte als wäre sie ein Spiegel, doch es war viel zu schwarz dafür. Es war sehr glatt – nur die Spitzen waren messerscharf. Juudai konnte sich nicht vorstellen, um was für ein Material es sich handelte. Das Einzige was er darüber wusste war, dass es tödlich war.

„Saiou, steht in diesem Buch auch etwas über diese Splitter?“, fragte er und hielt ihm den Gegenstand hin.

Zu seiner Verwunderung schaute Saiou ihn mit einem ungläubigen Blick an.

„Ich sehe nichts in deiner Hand.“, antwortete er, als er Juudais fragenden Gesichtsausdruck vernahm. „Vielleicht können nur Wächter sie sehen.“

„Warum kann ich sie dann auch sehen?“, fragte Edo mit leicht sarkastischem Unterton.

Darauf wusste keiner von ihnen eine Antwort.

Nach einer Weile des Schweigens durchbrach Juudai die Stille:

„Vielleicht kannst du sie sehen, weil du auch in der Isekai dabei warst... Das müsste aber auch heißen, dass diese Splitter aus einer anderen Dimension sind.“

Er sah auf die Uhr und sprang erschrocken auf. „Verdammt, ich muss jetzt los. Ich melde mich später noch einmal!“, sagte er, warf den Splitter zurück in die Tüte und eilte zur Tür.

Die Geschwister waren ihm zur Tür gefolgt.

„Wir werden versuchen, etwas darüber in Erfahrung zu bringen, Juudai-kun.“, sagte Mizuchi bestimmt, woraufhin Saiou zustimmend nickte.

„Ich werde Edo erst einmal hier behalten, er muss diesen Schock verarbeiten bevor er wieder in sein normales Leben zurückkehrt.“, fügte Saiou hinzu.

„Wenn ein neuer Wächter auftaucht, gib mir Bescheid. Wir sollten uns unbedingt allesamt darüber unterhalten.“

Juudai hatte seine Schuhe soeben zugebunden, als er von dem Älteren ein sorgfältig beschriebenes Papier gereicht bekam.

Dankend nahm er dieses entgegen; es enthielt Adresse und Telefonnummer Saious.

„Dann sehen wir uns wohl bald wieder. Danke dafür!“, antwortete Juudai, grinste leicht und stand auf.

„Gern geschehen.“

Als Juudai aufbrach waren es nur noch drei Stunden bis Johans Ankunft in Japan.
 


 


 

Als Jun aufwachte, hatte Fubuki den Kampf um das Bett definitiv gewonnen. Besagter lag förmlich halb auf ihm drauf, hatte auch Juns Bettdecke in Beschlag genommen und schlief wie ein Murmeltier. Ihm war unerträglich warm, denn Fubuki schien die gleiche Eigenschaft wie Juudai zu haben alles in seinem Umkreis zu beheizen. Jun versuchte sich aus Fubukis Umklammerung zu befreien, doch dieser schien dies im Schlaf zu bemerken und hielt ihn noch stärker fest.

„Lass-mich-los.“, zischte Jun und stemmte seine schlanken Arme gegen die leicht muskulösen des Älteren.

„Mhm... Manjoou~me, lass mich schlafen.“, murmelte der Brünette, lockerte letztendlich den Griff und klebte sich dafür wieder an den Rücken des Schwarzhaarigen.

„Ihgitt, du bist mir zu WARM.“, sagte Jun, betonte das letzte Wort mehr als nötig und richtete sich auf.

Fubuki rollte sich auf die andere Seite, drehte sich wieder um und öffnete halb die Augen. „Und deine Haare sind total ungemütlich. Was machst du damit, du solltest dir mal die Spitzen schneiden.“, murrte Fubuki, streckte sich etwas und richtete sich auch etwas halb auf. Er gähnte herzhaft und fügte hinzu: „Wie spät ist es eigentlich?“

„Was weiß ich, guck doch selbst auf die Uhr.“, antwortete Jun gereizt und schnappte sich sein Oberteil welches er am Vorabend auf dem Boden liegen gelassen hatte und zog es über. Fubukis Kuschelaktion hatte seine Haare völlig durcheinander gebracht, was seine Laune noch mieser machte. Fakt war, er würde niemals wieder in Fubukis Nähe schlafen und schon gar nicht, wenn dieser total besoffen war.

Fubuki drehte sich noch einmal im Bett um, versuchte es sich gemütlich zu machen, brach dieses Vorhaben jedoch ab und richtete sich auf. Herzhaft gähnend schaute er sich in seinem Zimmer um.

„Oh, hier ist ja aufgeräumt.“, stellte er verwundert fest, woraufhin Jun sich die Hand an die Stirn klatschte und übertrieben aufseufzte.

„Jetzt erst bemerkt? Ich hab die gesamte Bude aufgeräumt.“, meckerte er.

„Ohh, ähm – Danke! Tut mir Leid.“, erwiderte Fubuki.

Kopfschüttelnd verließ er das Zimmer und suchte sich ein paar frische Klamotten aus seiner Tasche im Wohnzimmer hervor. Heute Abend musste alles gepackt sein.

Der Ältere war ihm bis zum Flur gefolgt, er lehnte gegen die Anrichte mit einem Glas Wasser in der Hand.

„Warum so eilig, Manjoume?“, fragte er, als dieser bepackt mit schwarzer Kleidung in Richtung Bad verschwinden wollte.

„Ich... habe ein wichtiges Gespräch heute.“, antwortete er zögerlich, öffnete etwas unbeholfen die Tür und ließ seine Klamotten achtlos auf den Boden fallen.

„Was für ein Gespräch?“

Neugierig war Fubuki herübergekommen und musterte die Kleidung auf dem Boden. „Wenn es so wichtig ist, dann solltest du etwas anderes anziehen.“

Jun murrte, schloss die Tür und ließ den Älteren einfach stehen.

Während er duschte, kam in ihm wieder ein widerwärtiges Gefühl hoch. Nicht einmal zwei Stunden noch und er müsse sich auf den Weg zu seinen Brüdern begeben. Er hatte mit Juudai nicht sprechen können und ob er Fubuki, welcher anscheinend noch nicht ganz nüchtern war, einweihen sollte schien ihm wohl keine gute Idee zu sein.

Seine Hände vergruben sich in seinem schwarzen Haar, welches nun nass vor seinem Gesicht hing und ihm die Sicht versperrte.

Juudai. Wann würde er diesen Idioten endlich aus seinen Gedanken verbannen können?

Wütend schlug er mit der Hand gegen die Innenwand der Dusche, sodass sich ein Abdruck auf dem vom Wasserdunst beschichteten Glas bildete.

Er beeilte sich aus der Dusche herauszukommen, irgendwie vertrug er das warme Wasser nicht. Es schien ihn genauso erdrücken zu wollen wie die aufkommende eisige Winterluft.

Mit noch feuchtem Haar verließ er das Bad, die warme Luft gab seinem Kreislauf schwer zu schaffen. Trocknen konnte er sie später.

Fubuki hatte sich in der Zwischenzeit etwas übergezogen und begonnen ihnen etwas zu Essen zu machen. Der süße Duft von frischem Gebäck erfüllte die Küche.

„Iss erst mal was. Ich mache dich nachher zurecht, so lasse ich dich zu keinem wichtigen Termin gehen.“, sagte er und musterte den Schwarzgekleideten mit einem prüfenden Blick.

Jun setzte sich zu ihm an den Tisch. „Meinetwegen.“, murrte er, da Fubuki ihn damit wohl nicht in Ruhe lassen würde. Er strich sich das Haar aus dem Gesicht und griff nach einer der warmen Zimtschnecken, welche auf einem großen Teller auf dem Küchentisch standen.

„Wo ist eigentlich Juudai abgeblieben?“, fragte Fubuki beiläufig, setzte sich Jun gegenüber und nahm sich ebenfalls etwas von dem Gebäck.

Der Schwarzhaarige wollte gerade in sein eigenes hineinbeißen, doch der Name des ehemaligen Osiris beschwor wieder einen Kloß in seinem Hals hervor.

„Er ist bei Saiou-sama. Irgendetwas hat ihn davon abgehalten gestern wieder nach Hause zu kommen.“, murmelte er und plötzlich wurde ihm klar, dass dies absolut nichts Gutes bedeuten konnte.

Fubuki schien wohl immer noch nicht ganz wach zu sein, denn seine Antwort fiel genervt aus: „Dann soll er sich beeilen, wenn ich mit ihm schon Johan vom Flughafen abholen soll an meinem freien Tag wäre Pünktlichkeit wohl das Mindeste.“

Schweigend aßen sie ihr Frühstück. Auch wenn die Zimtschnecken wahnsinnig köstlich waren, Jun musste sich sehr viel Mühe geben für jeden einzelnen Bissen.

Ihm war schlecht bei dem Gedanken, dass er in weniger als zwei Stunden sich auf den Weg zu seinen Brüdern machen musste.

Die Fahrt von diesem Stadtteil aus bis zu dem Anwesen der Manjoumes dauerte zusätzlich gut eine Stunde – mehr als genug Zeit um zu verzweifeln.

Jun wollte aufstehen und sich weiter fertig machen – seine Haare waren immer noch ein absolut Wirrwarr – als Fubuki ihn am Arm packte und mit einem ernsten Blick ihm bedeutete stehen zu bleiben.

Ich mache das.“, sagte er ruhig, was Jun einen kühlen Schauer über den Rücken laufen ließ. Irgendwie war ihm die Sache nicht ganz geheuer.

Fubuki aß den letzten Happen auf, stand auf und wusch sich zuerst die Hände ehe er Manjoume mit in sein Zimmer schleppte.

Der Brünette bedeutete ihm sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch zu setzten und begann sogleich in einer Schublade seines Kleiderschrankes nach etwas zu suchen.

„Was hast du mit mir vor?“, fragte Jun, sich jetzt absolut nicht mehr sicher ob dies eine gute Idee war Fubuki zu vertrauen, als dieser nebst einem Glätteisen und verschiedener Kämme auch zwei Friseurscheren auf den Tisch vor ihm legte.

„Ich mache dich nur zurecht, mehr nicht. Und wie ich vorhin schon gesagt habe, deine Haare sind kaputt, so kann ich dich einfach nicht vor die Tür lassen.“, sagte er, einen kennenden Blick aufgesetzt und griff sogleich zu einer Haarbürste.

Jun wusste nicht so recht, was er tun sollte, also ließ er den Älteren einfach sein Handwerk machen. Fubuki bürstete sein immer noch feuchtes Haar ordentlich durch, sodass es Jun letztendlich nach hinten über die Schultern lag. Er hatte gar nicht bemerkt, wie lang sein Haar geworden war, es ging ihm fast bis zum Ellenbogen wenn er es nicht wie eh und je zu dem typischen Irokesenschnitt nach vorn stylte. Ihm hatte es einfach nie gefallen so ordentlich und streng wie seine Brüder auszusehen, weshalb er bewusst diesen etwas punkig angehauchten Stil die letzten Jahre getragen hatte. Außerdem hatte er so wahnsinnig wuscheliges, widerspenstiges Haar, dass ihm keine andere Möglichkeit einfiel als es so zu lassen wie es eben war. Fubuki jedoch schien ein anderes Vorhaben mit seiner schwarzen Haarpracht zu haben, denn er beließ es dabei, sie nach hinten gekämmt zu lassen.

Der Ältere begab ihm zu verstehen, sich etwas gerader hinzusetzen; Jun saß seitlich auf dem Stuhl damit die Lehne nicht im Weg war, und er sah nur aus dem Augenwinkel, wie Fubuki zu der einen Schere griff und sich an seinen spröden Haarspitzen zu schaffen machte.

Eine Weile saßen sie schweigend in Fubukis Zimmer, bis Jun die Stille durchbrach:

„Sag mal, Fubuki... wo hast du das eigentlich gelernt?“

Unterdessen begann der Andere mit der Ausdünn-Schere weiter sein Haar zu bearbeiten und antwortete: „Meine Mutter arbeitet seit ich denken kann als Stylistin für einige Designer für deren Fashionshows oder für die Auftritte von manchen Idols. Sie hat mich mehr oder weniger da reingezogen und mir vieles beigebracht. Früher habe ich auch oft Asuka die Haare gemacht.“

Auch wenn Jun ihn nicht sehen konnte, er hatte das Gefühl, dass Fubuki in sich hinein lächelte.

„Ich bin vielleicht nicht so gut wie meine Mutter, aber ich beherrsche es für einen Laien doch recht gut.“, fügte Fubuki hinzu, legte die Schere beiseite und kam nun auf die andere Seite um Jun direkt ansehen zu können.

„Hm... ja, ich habe eine Idee.“, sagte er mehr zu sich selbst als zu seinem Gegenüber auf dem Stuhl.

Geduldig beobachtete Jun, wie Fubuki begann ihm einzelne Partien seines viel zu langen Vorderhaars in die Stirn zu kämmen, kurz zu überlegen nur um es dann gleich wieder anders zu legen.

Fubuki legte den Kamm zur Seite und bemerkte: „Warte eben, ich hole dir einen Spiegel. Damit du siehst, was ich mache...“

Kurz darauf war er wieder im Bad nebenan verschwunden und kam mit einem dieser speziellen Rasier-Spiegel zurück, stellte ihn neben Jun auf den Tisch und bedeutete ihm dort hinein zu gucken.

Der Schwarzhaarige blinzelte kurz, das Wort Spiegel hatte ihn aufhorchen lassen aufgrund der neuen Gefahr, die anscheinend davon ausging. Doch in diesem Moment schien alles ruhig.

Wieder machte Fubuki sich ans Werk. Er nahm einen Toupierkamm und teilte mit dessen dünnem Ende Juns Haar so, dass er einen stark seitlich liegenden Scheitel hatte.

„Weißt du, ich überlege ob ich dir diese Seite hier ganz kurz mache.“, begann Fubuki zu erklären. „Du bist nicht so ein feiner Schnösel wie deine Brüder es sind, ich denke wenn ich dir hier einen Sidecut mache-“

Er kämmte ein paar weitere Strähnen zurecht. „- und dir den Rest von vorn nach hinten abstufe würde es dennoch edel aussehen.“

Jun konnte sich nicht so recht in Fubukis Vorstellung hineinversetzen, ließ ihn jedoch weiter erklären.

„Da du so dickes Haar hast, könnte ich das auf beiden Seiten machen, dann wärest du flexibler in der Frisur...“

Wieder kämmte Fubuki ihm das Haar in eine andere Richtung, als Jun plötzlich das Gefühl hatte, ein Déjà-vu zu haben. Er hob seine Hand um dem Älteren zu bedeuten, kurz sein Haar in Ruhe zu lassen. „Warte mal...“, flüsterte er und nahm den Spiegel vor sich in die Hand. Zögerlich begann er ein paar Strähnen mit den Händen nach vorn zu kämmen, sein Haar war viel zu lang, aber die Ähnlichkeit bestand – und erst recht als ihr die drei Strähnen zurücklegte um so das Haar zu fixieren, glich er dem Spiegelbild aus seinem damaligen Traum in welchem er Rayne zum ersten Mal traf vollkommen.

„Was ist los?“, fragte Fubuki verwirrt.

Jun war selbst zu irritiert um ihm zu antworten. Wer auch immer diese Person in dem Spiegel war, sie schien eindeutig eine Verbindung zu ihm zu haben – aber warum hatte Rayne ihm dies verschwiegen? All diese Informationen waren so schleierhaft, dass sie ihn nur noch mehr in die Irre führten als hilfreich waren.

„Verdammt...“, murmelte er so undeutlich, dass Fubuki ihn nicht verstand. Er ließ die Strähnen wieder los.

„Jun, ich rede mit dir.“, sagte Fubuki mit etwas ernsterer Stimme.

„N-nichts. Ist schon gut.“, antwortete der Schwarzhaarige. „Mach mit meinen Haaren ruhig was du denkst, du wirst schon das Richtige tun.“

In Wirklichkeit war es ihm in diesem Moment egal, denn seine Gedanken kreisten um die unbeantworteten Fragen, die ihm Rayne aufwarf. Vor allem musste er mit Juudai darüber sprechen. Auch wenn Fubuki und Kaiser mit im selben Boot saßen, irgendwie konnte er sich dabei nur Juudai anvertrauen.

Still saß er mit verschränkten Armen und Beinen auf dem Stuhl und sah im Spiegel zu, wie Fubuki das Haar ihm wieder ins Gesicht kämmte und begann dieses zu kürzen. Je mehr Fubuki daran arbeitete, desto mehr erkannte Jun in sich diese geheimnisvolle Person wieder. Ihm war es ein Rätsel, wie der Ältere es schaffte sein Haar so zu bändigen, dass es selbst als es begann an der Luft zu trocknen glatt liegen zu bleiben.

Tatsächlich sah er damit eindeutig edler aus und als Fubuki auch noch begann, sein Unterhaar zu kürzen wie er es ihm zuvor beschrieben hatte, fühlte sich Jun auch nicht mehr so unwohl damit.

„Wo gehst du eigentlich nachher hin?“, fragte Fubuki ihn beiläufig, was den anderen wieder aus seinen Gedanken riss und sofort kam wieder dieses mulmige Gefühl in ihm hoch, dass er sich seinen Brüdern nun endlich stellen müsste. Ihm blieb keine Wahl, er konnte Fubuki die Frage nicht ausschlagen.

„Meine Brüder haben mir einen Brief geschrieben.“, sagte er, versuchte dabei die Bitterkeit, die er bei diesen Worten schmeckte, zu verschleiern. „Ich werde mich mit ihnen nachher treffen.“

Fubuki legte für einen Moment die Schere zur Seite. Seine Stimme klang sehr besorgt, und auch sein Blick wirkte so, als er antwortete: „Und wie fühlst du dich dabei?“

Ja, wie fühlte er sich dabei? Das war eine gute Frage. Nervös. Verängstigt, verzweifelt. Und auch irgendwie, aus irgendeinem ihm nicht ersichtlichen Grund glücklich. Vielleicht, weil er immer noch an ihnen hing, egal was sie ihm angetan hatten in den letzten Jahren. Doch er wollte nicht verunsichert oder dergleichen wirken. Stattdessen antwortete er schroff: „Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung.“

„Weißt du denn, was ihre Absicht sein könnte?“, fragte Fubuki. Jun schüttelte den Kopf, diese Frage machte ihm seine Angst noch bewusster. Dennoch wollte er sich nichts anmerken lassen.

Er blieb still, bis der Ältere sein Haar endlich fertig gerichtet hatte – irgendwie gefiel es Jun viel besser als zuvor, auch wenn es ihm dennoch eine Spur zu ordentlich wirkte.

Die Uhr sagte ihm, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, bis er sich aufmachen müsste, also bedankte er sich bei Fubuki und begab sich zurück in das Wohnzimmer, um sich noch einmal etwas eleganteres unter all seinen schwarzen Sachen herauszusuchen.

Auch Fubuki blieb nicht mehr viel Zeit, dachte er sich – dennoch war Juudai immer noch nicht aufgetaucht. Das widerliche Gefühl von Angst, welches er schon die ganze Zeit verspürte, wurde nur noch stärker dadurch. Was war am gestrigen Abend nur passiert?

Er schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken loszuwerden.

Jun musste sich konzentrieren, auf das, was in nur einer Stunde passieren würde.

Seine Auswahl fiel auf ein schwarzes Hemd und eine schwarze Anzug-ähnliche Hose – eine andere Farbe besaß er einfach nicht – und das Paar Schuhe, welches er zu Zeiten der Pro League getragen hatte. Pro League. Das war nicht einmal 2 Monate her, seitdem er sie verlassen hatte.

Gedankenverloren zog er sich um, sein Blick wanderte als er fertig war auf die spiegelnde Oberfläche des Fernsehers. Es war ein ungewohntes Bild. Er strich sich noch einmal durch das Haar, um sich zu vergewissern, dass dies tatsächlich er selbst war.

Dann fiel ihm wieder das Amulett ein; er hatte immer noch keinen Platz dafür gefunden.

Zögernd besah er sich den silbernen Anhänger. Er würde ihn erst einmal provisorisch in seiner Hosentasche verstauen. Nach dem Gespräch mit seinen Brüdern müsse er eigentlich genug Zeit haben um noch einmal in der Stadt nach etwas zu suchen, womit er dieses befestigen konnte. Sofern es nicht zu lange dauerte.

Jun seufzte lautstark und steckte es in besagte Hosentasche.

„Alles in Ordnung?“, kam es von Fubuki, welcher gerade selbst dabei war seine Sachen zusammenzusuchen um sich selbst zurecht zu machen.

„J-ja. Ich mache mich auf den Weg.“, antwortete Jun und kam ihm entgegen um sich seinen Mantel vom Jackenständer im Flur zu holen.

Fubuki musterte ihn kurz, beließ es dann jedoch dabei, ihn in Ruhe zu lassen und im Bad zu verschwinden. „Bis nachher.“, sagte der Brünette noch, ehe er die Tür schloss.

„Ja... bis dann.“, murmelte Jun, schaute noch einmal zurück und öffnete dann die Tür, um sich auf den Weg zu machen sich seinem Feind zu stellen.
 


 


 

„Sie ist dir entwischt.“, hörte man die Stimme des kleinen Mädchens auf der anderen Seite des Spiegels sagen. Narçziss antwortete ihr nicht, sie kehrte ihr weiterhin den Rücken zu. Es war ihr gleichgültig. Auch wenn sie auf ihre Fragen eine Antwort erwartete und Rayne das Problem dabei darstellte – sie weigerte sich, den Worten Thirteens zu folgen.

„Ich frage mich ganz ehrlich, welchen Nutzen du für mich noch haben solltest, außer dass du diejenige bist, die mir die Energie spenden wird um wieder aufzuerstehen. Solange du dich in dieser Dimension befindest, bist du nutzlos.“, sprach Thirteen abfällig.

„Du weißt doch gar nicht, was ich geplant habe. Khaos.“, antwortete Narçziss kühl. Sie betonte dabei den wahren Namen des Mädchens mit leichter Abscheu.

„Mag sein, dass ich aufgrund des Fluches hier gefangen bin, das heißt aber nicht, dass ich nicht in der Lage wäre zu agieren. Erst hole ich mir Rayne und dann ihre Wächter.“

„Warum hast du sie dann fliehen lassen?“, fragte das Mädchen erzürnt, sie ballte ihre kleinen Hände zur Faust.

Narçziss schloss die Augen für einen kurzen Moment, als sie sie wieder öffnete, hatten sie eine blendend intensive violette Farbe angenommen, welche in der Dunkelheit ihrer Welt grell aufleuchtete.

„Ihre Angst ist die obere Welt. Also habe ich sie gezwungen dort zu verweilen.“, sagte sie, dabei schaute sie leicht nach oben zu dem einbrechenden Himmel über ihrem Kopf.

Clocktower.“, stellte Khaos fest.

Endlich wandte Narçziss ihren Blick zu dem Spiegelbild hin.

„Ja... denn wenn die Zeit stehen bleibt, bricht die Welt der Menschen in sich zusammen.“

Ihre Worte galten der in sich zusammenfallenden Dimension über ihr. Sie lächelte ihr entgegen, auch wenn es ihren eigenen Untergang bedeutete.
 


 


 


 

Den Kopf gesenkt, stieg Jun aus der U-Bahn aus. Er wurde von Menschen angerempelt, die eilig ihrer Wege gingen, doch es war ihm in diesem Moment egal. Seine Hände hatte er in seinen Hosentaschen vergraben, die Rechte umschloss dabei das Amulett darin.

Wieder pulsierte die Energie des Drachen darin, als ob eine Gefahr in jeder Ecke lauern könnte. Dabei war dieser Gedanke nicht einmal wirklich unrealistisch.

Gedankenverloren stapfte er die Treppe hinauf und wollte den langen Gang entlang zum Gleis der U2 gehen, als er plötzlich fast umgerannt wurde. Unsanft fiel er auf den Boden und schimpfte sogleich los: „Können Sie nicht aufpassen wo Sie langgehen!“

Doch als er sah wer in ihn hineingerannt war machte sein Herz einen Hüpfer.

Es war Juudai. Einen Moment sahen sie sich stumm an, dann stand Juudai auf und reichte dem Älteren die Hand. Jun war in diesem Moment sehr verwirrt, sein Herz schlug schnell und erst recht diese Geste ließ ihn leicht rosa anlaufen.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen griff er nach der Hand des Anderen und stand mit dessen Hilfe wieder auf.

„Alles in Ordnung?“, fragte Juudai vorsichtig und lächelte sanft. Jun wollte ihm am liebsten entgegen schreien, dass er sich die ganze Zeit Sorgen gemacht hatte, wollte ihm um den Hals fallen und ihn an sich drücken, nur um ganz sicher zu sein, dass Juudai ihm nicht weglaufen würde. Diese intensiven Gefühle für den ehemaligen Osiris machten ihn wahnsinnig – doch er beließ es bei einer kurzen Bestätigung und richtete seine Kleidung. Zum Glück war nichts dreckig, und das obwohl der Boden leicht nass war von den vielen Fußabdrücken der Menschen um sie herum, die den Dreck von dem immer noch regnerischen Wetter mit hinein trugen.

„Was ist mit deinen Haaren denn los?“, fragte Juudai und grinste ihn an, woraufhin Jun nur schnaubte.

„Fubuki.“, war seine kurz angebundene Antwort, er verschränkte die Arme und versuchte Juudais Blick auszuweichen.

Wie er aus dem Augenwinkel erkennen konnte, trug Juudai Kleidung, die er noch nie gesehen hatte. Sie schienen ihm ein winziges Stück zu groß zu sein und waren so gar nicht sein Stil. Viel zu elegant für ihn, da der Brünette doch meistens in einem sehr lässigen, westlichen Stil unterwegs war.

Doch bevor er fragen konnte, unterbrach ihn Juudai: „Das steht dir übrigens sehr gut.“

Sofort schoss Jun das Blut ins Gesicht, er schüttelte jedoch sofort den Kopf und zickte ihn an: „Ach, lass mich in Ruhe. Wo warst du gestern Abend?!“

Juudai fuhr zusammen, er hatte diese Reaktion eigentlich nicht erwartet. „Das erkläre ich dir wenn du wieder zurück bist. Ich bin in Eile und du sicherlich auch.“, beschwichtigte er den Schwarzhaarigen.

Jun konnte nicht anders, als ihm zuzustimmen.

„Zur U3 geht es übrigens in die andere Richtung. Mit der hier fährst du stadteinwärts.“, fügte er hinzu, und deutete auf das Schild hinter sich, auf welchem in großen Schriftzeichen U3 Ogawamura – über Hbf. geschrieben stand.

„Oh, ähm. Danke!“, sagte Juudai und verabschiedete sich schnell um noch die gerade einfahrende Bahn auf dem anderen Gleis zu erreichen.

„Idiot.“, sagte Jun leise zu sich selbst.

Wenigstens hatte er jetzt eine Sorge weniger. Wieder begann er sich gedanklich darauf vorzubereiten, sich in weniger als einer Stunde mit seinen Brüdern zu treffen.

Er stieg noch eine Treppe empor, schob sich an den ganzen Menschen vorbei. Um diese Uhrzeit an einem Montag war es einfach viel zu voll, erst recht an einem dieser großen Umsteigepunkte, wovon es insgesamt drei Stück in dieser großen Stadt gab. Er wünschte sich in diesem Moment die Zeit zurück, an welcher er noch mit einer Limousine zu seinen gewünschten Orten chauffiert wurde.

Kaum zu glauben, dass er in ein und derselben Stadt nun notgedrungen bei einem seiner ärgsten Feinde und dessen besten Freund wohnte, verfolgt von einer neuen Gefahr und absolut nicht mehr so reich und unbekümmert wie damals, als er keine zwei Kilometer von der Stadtgrenze entfernt mit seinen beiden Brüdern in einem wunderschönen, großen Anwesen gelebt hatte und das Einzige, was er regelmäßig von diesem japanischen Metropol zu sehen bekam, die Privatschule in Tamamura, einem Stadtteil ganz weit am Rande, gewesen war.

Die U21 war eine Schnellbahn, welche vom Stadtzentrum bis zu eben genannten Bezirk in weniger als einer halben Stunde fuhr.

Chousaku hatte ihm gesagt, er solle um Punkt zwölf Uhr am Haupttor seiner alten Mittelschule sein. Eine Limousine würde auf ihn dort warten.

Wie nicht anders zu erwarten, war auch diese U-Bahn brechend voll. Jun konnte froh sein, überhaupt noch mit in die Bahn hinein zu passen. Die Menschen drängelten rücksichtslos hinein, sodass er mehrmals von Ellenbogen, Schultern und Aktentaschen gestreift wurde. Genervt blieb er stehen und schaute sich um. Alles arbeitendes Volk um ihn herum, Mittelschicht, teilweise Unterschicht. Niemand seinesgleichen – und ja, er fühlte sich nach wie vor zur Oberschicht gehörig, auch wenn diese Zeiten für ihn seit langem vorbei waren. Als die Türen sich schlossen, spürte Jun umso mehr die stickige Luft in dem öffentlichen Verkehrsmittel, sodass er notgedrungen seinen Mantel und die zwei oberen Knöpfe seines Hemdes öffnete.

Zwanzig Minuten musste er hier drin verbringen. Zwanzig unerträgliche Minuten.

Die Bahn übersprang einige der Stationen, die die U2 sonst nur in doppelter Zeit anfuhr. Nach und nach begannen endlich ein paar Leute auszusteigen, jedoch kamen ab und an wieder Menschen dazu. Dennoch wurde es von Station zu Station erträglicher in der Bahn, bis letztendlich sogar ein Sitzplatz für Jun frei blieb. Erschöpft setzte er sich dort hin und sah die Tunnel vorbeirauschen, bis die Bahn irgendwann endlich ins Tageslicht fuhr. Ein Zeichen dafür, dass er gleich sein Ziel erreichen würde.

Trotz des immer noch regnerischen Wetters wirkte es unglaublich ruhig dort draußen. Als die Bahn über eine Anhöhe fuhr, konnte Jun sogar vom Fenster aus das Meer sehen. Es war dunkelgrüngrau und trüb. Würde jetzt die Sonne scheinen, wäre es sicher ein wunderschöner Anblick.

Früher konnte er vom großen Flur des ersten Stocks im Manjoume-Anwesen auch bis zum Meer sehen.

Die Villa stand sehr hoch, fast schon versteckt im Wald welcher den großen Berg, der die Stadt von der angrenzenden Präfektur trennte, in ein schönes dunkelgrün tauchte.

Jun versank in Erinnerungen. Glückliche Erinnerungen an damals, die gleichzeitig den bittersüßen Geschmack von Schmerz mit in sich trugen.

Die automatische Ansage der Bahn kündigte die Endstation an. Jun stand mitsamt den wenigen letzten Passagieren auf, knöpfte seinen Mantel wieder zu und trat in die kühle feuchte Luft ein, als die Bahn zum Stillstand kam.

Auf dem großen Schild, welches über den Warteplätzen befestigt war, prangten groß die Kanji für Tamamura, direkt daneben waren in einem saftigen Grün die U-Bahnnummern 2 und 21 markiert.

Wie oft hatte er dieses Schild gesehen, als er auf dem Rücksitz im Wagen ihres Chauffeurs gesessen hatte und die anderen Schüler beobachtete, wie sie dort auf ihre Bahn warteten. Es war das erste Mal jetzt in seinem Leben gewesen, dass er selbst in dieser Bahn gesessen hatte.

Kaum zu glauben, dass dies nun etwa acht Jahre her war. Seine Brüder hatten ihm nach einem schlimmen Vorfall in der öffentlichen Schule nur ein paar Straßen von seiner entfernt aus dieser ausgetragen und ihm einen Privatlehrer arrangiert, sodass er noch weniger Kontakt zur Außenwelt hatte als eh schon.

Damals hatte er nicht verstanden, warum sie dies getan hatten. Mittlerweile glaubte er daran, dass sie dies zu seinem Schutze getan hatten, denn was auch immer an der anderen Schule passiert war, es schien sie erschüttert zu haben.

Auch wenn dies wahrscheinlich nur Wunschdenken war, in diesem Moment fühlte er sich, als hätten ihn Chousaku und Shouji herbestellt, weil sie sich Sorgen um ihn machten. Natürlich war es Wunschdenken. Sie hatten doch seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt...

Der Weg zu seiner damaligen Schule war nicht wirklich lang. Wenn er sich recht entsinnen konnte, mussten die Schüler jetzt Mittagspause haben, es war 11:52 laut der Uhr seines Smartphones.

Um zwölf Uhr sollte Johan Andersens Flieger ankommen. Na hoffentlich würden Fubuki und Juudai dies rechtzeitig schaffen.

Jun hatte den ganzen Weg bis zu dem Schulgebäude zu Boden gestarrt, als er ein Auto an sich vorbeifahren hörte. Entsetzt stellte er fest, dass es wohl besagte Limousine die auf ihn warten sollte, zu sein schien und er war auf halber Strecke bis zum eisernen Haupttor.

Sofort eilte er zu dem schwarzen Wagen, welcher direkt davor hielt und entschuldigte sich sogleich vielmals bei dem Chauffeur, welcher ihm nur freundlich zulächelte.

„Warten Sie kurz, ich öffne Ihnen die Tür.“, sagte der etwas ältere Mann und stellte den Motor des teuren Fahrzeugs ab, doch Jun schüttelte den Kopf, als er Anstalten machte, aus dem Wagen zu steigen.

„Ich mache das schon selbst, trotzdem Danke sehr.“, sagte er, öffnete die große blank polierte Hintertür des Wagens und setzte sich auf den weichen, etwas kühlen dunkelbraunen Ledersitz. Er bemerkte schon, dass er diesen Luxus nicht mehr wirklich gewöhnt war. Seitdem er den Großteil seiner Zeit auf der Duel Academia mit Juudai in der Osiris-Unterkunft verbracht hatte, hatte er sich mehr oder weniger daran gewöhnt einfach zu leben. Auch als er zurück nach Obelisk Blue gekehrt war, war ihm dieser Luxus irgendwie zu viel geworden. Und erst recht hatte er auch während seiner Zeit in der Pro League auf unnötigen Bonzen-Schnickschnack verzichtet und sich ein großes, aber dezenter eingerichtetes Apartement genommen, bis er letztendlich auf unbestimmte Zeit im September ausgestiegen war und sich eine kleine Wohnung zwei Stadtteile weiter genommen hatte.

„Sie haben sich in der Zeit, die wir uns nicht gesehen haben, sehr verändert, Manjoume-sama.“, bemerkte der Chauffeur als sie losfuhren. Erst jetzt erkannte Jun in ihm Yoshiki-san, seinen damaligen Butler und eigenen Chauffeur wieder. Auch dieser hatte sich verändert. Jun wunderte sich außerdem darüber, dass seine Brüder ihn mit seiner Verbannung aus der Familie nicht entlassen hatten.

„O-oh... Ähm, das haben Sie sich aber auch, Yoshiki-san.“, antwortete Jun höflich.

„Ein wenig.“, antwortete Yoshiki-san. „Die Herren Manjoume haben mir leider nie verraten, warum Sie nach ihrem Abschluss nicht zurückgekehrt sind. Aber ich werde mich darin nicht einmischen, das ist denke ich Ihre alleinige Angelegenheit.“

Wieder spürte Jun einen Kloß in seinem Hals, was ihm wieder bewusst machte, wo er eigentlich bei ihnen stand.

Die Beine übereinander geschlagen, die Hände zusammengefaltet auf seinem Knie liegend schaute er aus dem verdunkelten Glas der Limousine und schaute sich die Umgebung an welcher sie vorbei fuhren genauer an.

Tamamura war schön, ein Ort der oberen Mittelschicht, welcher je höher man den Berg entlang fuhr immer edler wurde.

Nach ein paar Minuten zeigte ihnen ein Schild, dass sie diesen Ortsteil verließen und in einen Stadtteil der Oberschicht fuhren. Dennoch, die großen Einfamilienhäuser konnten mit dem Manjoume-Anwesen weiter südlich nicht mithalten. Sie verließen auch diesen Stadtteil und fuhren ein kleines Stück über die Autobahn, ehe sie diese auf einer sogleich als Privat ausgeschilderte Straße verließen.

Jun kannte diese Straße nur zu gut. Sie verlief in langen Schlangenlinien den Berg entlang bis direkt zu dem großen eisernen Tor, welches das große Grundstück seiner Familie von seiner Umgebung trennte.

Man musste diesen Weg langsam fahren wegen der vielen Kurven. Fünf Minuten dauerte es, das wusste Jun immer noch. Er zählte die Sekunden.

10... 9... 8... 7... 6... 5... 4... 3... 2... 1!

Die Zeit war unglaublich schnell vergangen. Es war 12:17 Uhr laut seines Smartphones, als er mit einem mulmigen Gefühl zusammen mit Yoshiki-san aus dem Wagen auf dem großen Parkplatz direkt vor dem Anwesen ausstieg und vor dem Tor kurz innehielt.

Um 12:30 Uhr war der Termin.

Eine der Hausangestellten erwartete sie bereits am Tor. Jun erkannte sie nicht, sie begrüßte ihn aber herzlichst, als würden sie sich Tag ein Tag aus wiedersehen.

Ihre rötlichen Locken hüpften auf und ab, während sie ihn und Yoshiki-san direkt den geraden Weg aus sauberem schwarzen Kopfsteinpflaster entlang führte, direkt zu der großen Eingangstür des Anwesens. Es hatte sich seitdem Jun das letzte Mal hier gewesen war kein Stück verändert. Es war nach wie vor strahlend weiß und perlmuttfarbene Säulen stabilisierten den großen Balkon gleich über dem Eingang. Auch die Tür war weiß bis auf die etlichen vergoldeten Verzierungen und die übergroßen Türknäufe, welche ebenfalls reichlich verziert waren.

Das Anwesen war stark an europäischen Villen orientiert. Dies hier war mal sein Zuhause...

Die Angestellte öffnete ihnen die große Tür und bat Jun sogleich darum, sich im Wohnbereich gleich rechts von der Eingangshalle – Halle war nicht übertrieben – zu setzen. Auch dieser Teil des Anwesens hatte sich kein Stück verändert. Dunkelroter edler Teppichboden mit goldener Verzierung ging sanft über in ebenso rote edle Tapete, an den Wänden hingen zahlreiche teure Gemälde und kleinere Statuen und Büsten reihten sich den langen Gang entlang auf.

„Fühlen Sie sich wieder wie zuhause, Manjoume-sama.“, sagte die Angestellte und führte ihn den Gang entlang und gleich nach rechts die kleine Treppe zu dem tiefer gelegten Wohnbereich des Anwesens. Jun fühlte sich wie in Erinnerungen zurück geworfen, so gleich sah doch alles aus.

Die Angestellte bedeutete ihm, sich auf das große Sofa in der Mitte des Raumes zu setzen und fragte ihn, ob er irgendetwas zu Trinken haben wolle, doch Jun verneinte und sah sich ein wenig im sitzen um.

Wie früher schon stand ein übertrieben großer Flachbildfernseher direkt an der Wand gegenüber. Auf dem aus dunklem Holz bestehenden Kaffeetisch vor ihm lagen ein Buch und ein Stapel anscheinend wichtiger Zettel. Es wunderte Jun nicht, seine beiden Brüder waren schon immer etwas unordentlich, was ihre bürokratischen Angelegenheiten betraf. Egal für wie perfekt sie sich darin hielten, dies war schon immer eines ihrer größten Laster und würde es wohl auch weiterhin bleiben.

Links hinter ihm standen zwei große Bücherregale, ebenfalls mit ordentlich aneinander gereihter Fachliteratur gefüllt. Wohl war die einzigen Bücher in diesem Anwesen, welche nicht mit Politik- oder Finanzwissenschaften zu tun hatten, waren im Familienraum auf der anderen Seite des Erdgeschosses. Wenn sich Jun jedoch recht entsinnen konnte, war dieser Raum bereits seit über zehn Jahren nicht mehr betreten worden, da seine Brüder aus einem ihm nicht nachvollziehbaren Grund diesen abgeschlossen hatten und nur ihre Angestellten ab und an hinein ließen, um den Raum von Staub zu befreien.

12:29 laut seiner Uhr nun. Eine Minute noch, ehe er ihnen gegenüber stehen würde.

Jun begann schon bedrohlich wirkende Schritte zu vernehmen, doch es war letztendlich nur die rothaarige Hausangestellte, welche ihn wieder darum bat ihr zu folgen.

Sie führte ihn die große Treppe gegenüber des Eingangs hinauf. Jun wurde mit jedem Schritt den er in Richtung des ersten Stockes tat unwohler. Als sie dann auch noch links abbogen fühlten sich seine Beine ganz weich und instabil an. Sie gingen an seinem alten Zimmer vorbei und Jun spürte, wie ein Stich durch sein Herz fuhr. Alte Erinnerungen kamen in ihm hoch, schöne und hässliche, wobei letztere in diesem Moment zu überwiegen schienen. Schläge, Tritte, die lauten Stimmen seiner Brüder. Und wie er jede Nacht einsam in dem großen Himmelbett in seinem Zimmer geweint hatte und nur seine Katze ihm damals Trost spenden konnte. Ob sie noch lebte? Und lebte sie überhaupt noch hier? Er wusste es nicht, aber ein Gefühl von Trauer machte sich nun in seinem Herzen breit, da er diese namenlose Katze abgöttisch geliebt hatte.

Sie war eines der wenigen liebevollen Geschenke von Chousaku gewesen, als er noch jünger war. Die Katze war das wohl besonderste für ihn, da Chousaku ewig mit Shouji lauthals darüber diskutiert hatte ob sie nun bleiben könne oder nicht, immerhin hatte Shouji eine ernst zu nehmende Katzenhaarallergie.

Die Bitterkeit in Jun übernahm ihn in diesem Moment so sehr, dass er leichte Spuren von Tränen in seinen Augen wahrnahm. Er ballte die Hände zu Fäusten, schüttelte leicht den Kopf. Dies war kein Moment, in welchem er irgendwelche Schwäche zeigen konnte. Schon gar nicht hier.

Er hatte in diesem emotionalen Chaos in seinem Kopf gar nicht bemerkt, dass sie soeben vor dem Büro seines ältesten Bruders angekommen waren.

Die Angestellte klopfte sachte gegen die hölzerne Tür und als ein kühles „Herein“ auf der anderen Seite ertönte, öffnete sie dieses Tor zu Juns persönlicher Hölle.

„Ihr Bruder ist hier.“, sagte die Angestellte höflich und schob Jun mit sanfter Gewalt in den großen Raum.

„Vielen Dank, Fukawa-san.“, antwortete Chousaku, woraufhin die Rothaarige Jun nun mit ihm alleine ließ.

Der Kleinere hatte das Gefühl, in jedem Moment auf dem Boden zusammenzubrechen, so sehr zitterte er vor Angst.

Chousaku stand von dem großen lederbezogenen Sessel auf und kam zu ihm herüber. Wie immer trug er einen seiner teuren Hugo Boss-Anzüge mit dem dazu passenden Parfüm, das Haar und den Bart trug er ebenfalls wie sonst auch.

Jun konnte sich nicht erinnern, seinen Bruder jemals anders gesehen zu haben. Was ihn irritierte, dass er mit seiner neuen Frisur, welche vom Schnitt doch irgendeine Ähnlichkeit mit Chousakus haben sollte, ihm weniger ähnelte als zuvor. Er fühlte sich schon fast wie ein Fremder ihm gegenüber, und das trotz ihrer Verwandtschaft und seinem Hang zu ihnen.

Als Chousaku ihm die Hand zur Begrüßung reichte, blieb Jun fast das Herz stehen. Verzögert reagierte er und schüttelte dem Älteren kurz die Hand. Sein Bruder hatte immer noch diesen festen Griff.

„Willkommen in deinem alten Zuhause, Jun.“, begrüßte Chousaku ihn mit einem majestätisch klingenden Unterton in seiner tiefen Stimme und bat ihm einen Stuhl vor seinem Schreibtisch an um sich zu setzen.

Er ließ ihn gar nicht einen Gruß aussprechen, denn sobald Jun auf dem Stuhl saß, begab sich der Ältere wieder zu seinem Platz und fuhr fort: „Es freut mich, dass du meiner Nachricht gefolgt bist. Du fragst dich sicher, warum Shouji und ich dich hergebeten haben, nicht wahr?“

Jun nickte langsam. „Zieh doch erst einmal deinen Mantel aus.“, bat ihn Chousaku, woraufhin er sofort gehorchte. Das Büro seines Bruders hatte unter anderem eine angenehme Temperatur, der Mantel wäre eh viel zu warm. Er hing ihn einfach über die Stuhllehne auf welchem er saß anstelle ihn zu dem Jackenständer rechts hinter sich zu tun und setze sich wieder hin.

„Nein, das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Und es wundert mich, dass ihr beide nach so einer Scheiße die ihr mir angetan habt, plötzlich einen auf ach so liebevolle große Brüder macht.“, fiel Jun gleich schroff mit der Tür ins Haus.

„Deine ungezogene Zunge scheinst du wohl auch nicht abgelegt zu haben.“, stellte Chousaku fest. „Wie dem auch sei-“

In diesem Moment wurde der Ältere von dem Geräusch der schweren Holztür unterbrochen.

„Shouji, könntest du dir bitte mal angewöhnen auf die Uhr zu gucken. Du bist 4 Minuten zu spät!“, kam es harsch aus seinem Mund, als der Mittlere der drei zur Tür hereinkam und diese hastig hinter sich verschloss.

„Ich hatte ein wichtiges Gespräch.“, entschuldigte sich Shouji, wobei diese Entschuldigung sehr abfällig klang.

Dieses Gespräch ist wichtiger.“, antwortete der Älteste. Shouji sagte nichts, er setzte sich auf den Stuhl links von Jun und schob diesen so hin, dass er beide ansehen konnte.

Jun fasste sich innerlich an die Stirn. Dieses Verhalten... das hatten sie bisher auch nicht abgelegt.

Wieder begann Chousaku zu sprechen: „Shouji und ich müssen zugeben, wir haben dich unterschätzt. Du hast dich in der Pro League sehr gut geschlagen. Umso mehr sind wir verwirrt darüber, dass du diese im September verlassen hast. Was ist der Grund?“

Jun fühlte sich von dieser Frage erschlagen. Wie sollte er ihnen darauf antworten? Er konnte und wollte ihnen nicht sagen, dass er aus psychischer Überbelastung unter dem ganzen Stress mehrfach zusammengebrochen war. Offensichtlich schienen sie doch wieder Respekt für ihn gewonnen zu haben. Wenn er ehrlich wäre... dann würden sie diesen wohl wieder verlieren.

Er räusperte sich und antwortete: „Ich wollte einfach eine Auszeit. Nächstes Jahr werde ich wieder zurückkehren.“

„Aber deine Verträge wurden gekündigt.“, fiel ihm Shouji ins Wort. „Du verschweigst uns etwas.“

„Was geht euch das an, warum ich dies und das tue?“, kam es scharf von Jun. „Und vor allem, spioniert ihr mir nach? Ich habe niemandem etwas davon erzählt! Nicht mal meine... meine Dusche weiß davon!“

„Dass du schlecht unter der Dusche singst, ist uns nichts Neues. Und wenn du es spionieren nennst, dann ist es eben so. Wir haben uns nur... erkundigt.“, sagte Chousaku und faltete die Hände auf dem Tisch zusammen.

Jun schoss die Schamesröte ins Gesicht, doch er blieb still. Der Fakt, dass seine Brüder ihn die gesamte Zeit trotz dessen, dass sie ihn verstoßen hatten, war wohl befremdlich. Er hätte es weniger in Frage gestellt, wenn ihre Beziehung irgendwie... anders, man könnte sagen, besser gewesen wäre.

Aber in diesem Moment waren sie Fremde.

„Nun zu unserem Anliegen: Wir möchten dir ein Angebot machen.“

Jun horchte auf. Jetzt wusste er erst recht nicht, was er von seinen Brüdern halten sollte.

Irgendetwas war daran definitiv ganz schön faul. Er konnte ihnen einfach nicht trauen. Aber irgendwie machte ihn diese Offenbarung neugierig. Was wäre, wenn seine Zweifel dieses Mal völlig falsch waren? Er hoffte es, ganz tief in seinem Herzen.

„Du kennst unser Ziel. Wir wollen diese Welt zu einem besseren Ort machen und dafür brauchen wir dich als Veteran in Duel Monsters. Du hast uns bewiesen, dass du es kannst und wenn du diesem Angebot zustimmst, wirst du deinen rechtmäßigen Besitz wieder erlangen.“, erklärte Chousaku.

Juns Augen wurden größer. Sein rechtmäßiger Besitz. Instinktiv fühlte er nach dem Amulett in seiner Hosentasche und wie als würde es seine Gedanken spüren, strahlte es wieder einen starken Energieimpuls aus.

„Du meinst...“, begann er, woraufhin Chousaku und Shouji synchron nickten.

„Light and Darkness Dragon.“, sagte Shouji.

Hätte Jun in diesem Moment gestanden, wäre er wohl abrupt zu Boden gefallen. Ihm wurde unglaublich heiß in diesem Moment, Wut und Sehnsucht kämpften um den Thron der Gefühle in seinem Herzen.

Er wollte aufspringen, sie schütteln, treten und ihnen ins Gesicht schreien, was für erbarmungslose Erpresser sie eigentlich waren, dass er sie abgrundtief dafür hasste, was für einen Tausch sie ihm wagten anzubieten. Doch er unterließ es, versank in Schweigen. Durchbohrte sie beide nur mit tödlichen Blicken seiner stahlgrauen Augen.

„Als wir dich in die Duel Academia eingeschrieben hatten, haben wir ihn dir für diese Zeit genommen, damit du einen Ansporn hast um der Beste dieser Schule zu werden. Du hast jedoch dank dieses... Osiris oft genug versagt, sodass wir ihn einbehalten haben. Er ist immer noch sicher bei uns und du wirst niemals herausfinden, wo genau wir ihn gesichert haben. Du wirst uns also brauchen, um diese Karte wieder zu bekommen.“, erklärte ihm Chousaku höflich.

„Ihr seid verdammte Scheißkerle.“, blaffte Jun ihn an. Er musste zugeben, er hatte diese Karte fast aus seinen Gedanken verbannen können, bis zu dem Tag an welchem er das Amulett in Händen hielt. Der damalige Zusammenbruch seiner Karriere an der Duel Academia hatte ihm jegliche Hoffnung geraubt, seine heißgeliebte Karte, seinen wahren Duellpartner, je wiederzusehen.

Und jetzt... jetzt benutzen, gar missbrauchten seine Brüder ihn wieder als Druckmittel.

Wie konnte Jun nur glauben, dass sie ihm dieses Mal entgegen kommen würden...!

„Das ist uns durchaus bewusst.“, konterte Chousaku, ohne auch nur den Anschein zu machen, dass es ihn irgendwie berührte.

„Aber dir nur diese Karte zu geben wäre wahrlich eine absolute Unterbezahlung. Nein, wir haben viel mehr mit dir vor. Sieh her.“, fügte er hinzu und reichte Jun einen dünnen schwarzen Hefter, in welchem sich eine übersichtliche Anzahl an Ausdrucken, Briefen und kleiner Zeitungsausschnitte befanden.

Er versuchte sich halbwegs innerlich wieder abzukühlen, als er den Hefter annahm, ihn aufschlug und sogleich fragte: „Was ist das?“

„Eine Sammlung an Informationen über eine neue Art der Monsterbeschwörung. Teilweise direkt von Industrial Illusions.“, sagte Shouji.

Skeptisch blätterte Jun den Hefter durch. „Shin-shinku-was?“, fragte er.

„Man spricht es Synchro Summon. Ein Kartendesigner... ich habe seinen Namen vergessen, es war irgendetwas mit Ma – ach egal, auf jeden Fall hat jemand von Industrial Illusions zusammen mit Pegasus J. Crawford persönlich diese neue Form von Beschwörung entworfen und entwickelt. Im neuen Jahr werden die ersten Decks dafür veröffentlicht.“, erklärte Chousaku.

„Und eines dieser Decks baut auf deinen Light and Darkness Dragon auf. Wir haben uns informiert, es werden ausgewählte Duellanten der Pro League diese Decks testen dürfen. Wenn du also unser Angebot annehmen würdest, in der Manjoume Group als Pro League-Duellant wieder einzusteigen, werden wir uns sofort darum kümmern, dass du dieses Deck erhältst.“

Jun hielt beim Blättern inne. Es handelte sich um ein Foto, auf welchem zwei ihm völlig fremd wirkende Karten abgebildet waren. Sie waren weiß, und es standen in Kana die Namen Light End Dragon und Dark End Dragon über der Abbildung der Monster. Sie hatten tatsächlich vom Design her eine starke Ähnlichkeit zu seinem Light and Darkness Dragon, als wären sie die beiden Hälften, welche sein Monster in sich vereinte. Den Effekt konnte er aufgrund der schlechten Auflösung jedoch nicht lesen.

Jun zögerte. Das Angebot war doch sehr verlockend, immerhin konnte er nicht bestreiten, dass er sich sehr wohl für dieses Deck interessieren würde. Dennoch hing immer noch der bittere Geschmack der Manjoume Group darin und erst recht seine doch sehr angeschlagene Psyche war ebenfalls ein großes Problem. Er klappte den Hefter zu und legte ihn zurück auf den Tisch.

Jun atmete tief durch, schaute dann noch einmal zu seinen Brüdern hin und her.

„Ich... ich werde es mir überlegen.“, antwortete er. Was er definitiv brauchte war Zeit. Und ein Gespräch mit Juudai darüber. Schon wieder dieser Typ in seinem Kopf. Langsam nervte es.

„Ich frage mich, was es darüber zu überlegen gibt, aber nun gut. Gib uns Bescheid, wenn du eine klare Antwort für uns hast. Warte jedoch nicht zu lange, die Veröffentlichung startet am fünften Januar.“, sagte Chousaku ruhig.

Jun stand auf, nahm seinen Mantel vom Stuhl und warf sich diesen sogleich über. „Wie gesagt: Ich werde es mir überlegen und zwar gründlich. Wie ich euch kenne, ist da noch ein größerer Haken.“

„Wie du meinst.“, entgegnete ihm Chousaku und grinste leicht, was in Jun nur noch mehr Abscheu und gleichzeitige Sehnsucht nach einer Familie heraufbeschwor.

Doch er konnte ihnen nicht trauen. Nicht jetzt.

Auch seine Brüder standen auf, gaben ihm kurz die Hand zur Verabschiedung.

Höflich blieben sie wohl immer.

„Auf Wiedersehen.“, hörte sich Jun sagen. Es klang so unwirklich.

Als er sich umdrehte und die Hand auf die Türklinke legte, hörte er noch Shouji sagen: „Ach übrigens, nette Frisur.“

Woraufhin Jun nur schnaubte und ohne weiteres zu sagen den Raum verließ. Eine Hausangestellte führte ihn zurück zum Parkplatz, wo Yoshiki-san bereits mit seiner Limousine erwartete.

Es war der neunundzwanzigste November.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Da habt ihr's mit dem LaDD im Anime. Für mich ist dies eine einfache, logische Erklärung warum Jun diese Karte im Anime nicht spielt, obwohl sie so gut zu ihm passt. :3

Und nunja, ich musst es wieder kürzen. ;_;
Es tut mir wirklich, wirklich Leid. Dafür wird Kapitel 11 wiederum sehr... nunja, Johan-lastig? Denn er kommt endlich nach Japan. :3
Bis zum nächsten Kapitel! ^^/ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  ReginaldKastle16
2016-08-25T14:33:07+00:00 25.08.2016 16:33
2 Jahre ist es schon her das du was hochgeladen hast und es würde mich freuen wenn bald wieder was kommt so langsam solltest du doch wieder wissen wie es weiter geht und mal so eine Frage was hat der 29. November damit zutun hat Jun etwa Geburtstag oder wurde ihm da die Karte zum ersten Mal gegeben? Das Kapitel war übrigens klasse.
Antwort von:  Mizael
26.08.2016 22:47
Hi,
Ich habe die FF abgebrochen und bin auf Animexx generell nicht mehr so viel online. Fandomwechsel zu Zexal seit 2013, aber mal sehen ob ich sie weiter schreibe. Wenn Interesse daran besteht, dann mache ich das vielleicht. ^^
Du kannst mir ne ENS schreiben zum Thema, vielleicht motiviert mich das diese FF wieder aufzugreifen. x'D
Von:  Jitsch
2014-03-01T07:20:32+00:00 01.03.2014 08:20
Aha, eine neue Frisur für Manjoume. Sowas kann ich mir ja immer sehr schwer vorstellen, man kennt die Charaktere aus dem Anime halt nur mit der einen Frisur und dem einen Outfit (okay, bei Manjoume kommt man tatsächlich auf ein paar mehr Outfits.. Obelisk Blue, der schwarze Mantel und sein Hikari-no-Kessha-Outfit...).

Ah, aber wie du Synchro Summon einbringst gefällt mir doch ganz gut, also dass es damit wohl auch in der Story noch eine spezielle Bewandtnis hat. Dass sich Manjoume dafür entscheiden wird, das Angebot anzunehmen, davon gehe ich mal aus, aber ich bin gespannt, was sich daraus dann ergibt.
Von:  fahnm
2014-01-14T20:47:45+00:00 14.01.2014 21:47
Spitzen Kapi^^
Von:  KisunaFuji
2014-01-14T17:37:37+00:00 14.01.2014 18:37
XD tolles Kappi ^^


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