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Zwischen den Fronten

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Neue Probleme

Am nächsten Morgen war wieder Schule. Da Livi nicht jedes Mal, wenn sie bei mir war, schwänzen konnte, war sie nach der Party bei Dean mit dem Bus nach Hause gefahren. Doch zu meiner Verwunderung störte mich das recht wenig. Klar, ich fand es bessert, wenn wir mehr Zeit miteinander erbrachten, aber wenn es nicht ging, ging es nicht. Schnell hatte ich mich fertig gemacht und lief gemeinsam mit Kian in die Richtung des Schulgebäudes. Er hatte noch immer nicht davon abgelassen, mich jeden Tag hinzubringen und danach wieder abzuholen. Doch ich konnte ihn wenigstens davon überzeugen, umzukehren als das Schulgelände in Sichtweite war.

Zwar hatte ich nichts dagegen und es war mir auch nicht unangenehm, wenn wir von anderen gesehen wurden, doch ich wollte meinem besten Freund keine Umstände machen. Ich wusste, wie gern er morgens ausschlief.

Dean winkte uns schon von weitem zu. „Alec, Kian, Guten Morgen!“, rief er so laut, dass es auf der gesamten Straße zu hören war.

Sofort fragte ich mich, ob er wohl noch Restalkohol von gestern Abend intus hatte. Kopfschmerzen schien er jedoch keine zu haben, dazu war er viel zu gut gelaunt. Nun ja, vielleicht hatte er den Kater von gestern auch mit einem Konterbier bekämpft. Ich winkte zurück. „Morgen!“

Vor dem Schultor verabschiedete ich mich von Kian und betrat gemeinsam mit Dean das Schulgelände, wo Georg schon auf uns wartete. Zu dritt schlenderten wir den gepflasterten Weg entlang, auf dem Weg zum Gebäude. Im Flur warf ich einen Blick auf den Vertretungsplan und bereute schon im nächsten Augenblick, das getan zu haben.

„Leute?“, murmelte ich, mit den Augen den Text vor mir fixierend, „Unser Religionslehrer ist krank. Wir haben jetzt Mathe.“

Dean blieb stehen. „Das ist ein schlechter Scherz, oder?“

Ich schüttelte meinen Kopf und deutete auf den Plan. „Leider Nein. Dort steht es.“

George schnitt eine Grimasse. „Ob es auffällt, wenn wir schwänzen?“

„Denkt nicht einmal daran.“, ertönte direkt hinter uns die Stimme unseres Mathelehrers, „In wenigen Monaten sind die Prüfungen und wenn Sie diese bestehen wollen, müssen Sie jede Chance nutzen, die Sie bekommen können.“

Während ich auf diese Aussage hin nichts weiter erwähnte, schaute Dean den Mann mit einem breiten Grinsen im Gesicht an. „Uns was ist, wenn wir die Prüfung gar nicht bestehen wollen?“, fragte er.

Georg nickte zustimmend. „Genau!“

„Ich tu jetzt mal so, als hätte ich das nicht gehört.“, entgegnete Herr Müller, ehe er sich von uns abwandte und in Richtung des Lehrerzimmers spazierte.

„Das zum Thema schwänzen…“, grummelte George und ließ seine Hände in den Hosentaschen verschwinden, „Hat jemand eine bessere Idee?“

Dean hob seine Schultern. „Nicht wirklich. Wir könnten die Tafel mit Schmierseife bestreichen, die Kreide waschen, die Schrauben aus dem Lehrerstuhl drehen, das Sitzkissen bewässern, eine verfaulte Banane in seinem Aktenkoffer verstecken…“

Ich schaute lachend auf die Uhr, die direkt über unseren Köpfen an der Wand angebracht war. „Dann müssen wir uns aber beeiden. In fünf Minuten klingelt es.“

„Worauf warten wir noch.“ Dean packte mich und Georg jeweils an einem Arm und zerrte uns den Flur entlang, bis in das Zimmer. Erst als wir vor der Tafel standen, ließ er uns wieder los. Einige Sekunden lang begutachtete er zuerst die Tafel, dann den leeren Lehrerstuhl und die nicht vorhandene Kreidebox. „Hat jemand Schmierseife oder einen Schraubenzieher?“

Synchron schüttelten Georg und ich die Köpfe.

Der Lehrer betrat das Zimmer, jedoch bemerkten wir ihn diesmal. „Was planen Sie jetzt schon wieder?“, erkundigte er sich mit einem gezwungenen Lächeln.

„Nichts.“, antwortete Dean gespielt unschuldig, „Wir haben nur gerade überlegt, was wir heute wohl machen werden.“

Ich nickte zustimmend, in der Hoffnung, dass uns diese Ausrede abgekauft wurde. Und tatsächlich. Herr Müller seufzte. „Lassen Sie sich überraschen.“

„Och Menno.“ Dean verschränkte feixend seine Arme hinter dem Kopf, während er sich von unserem Lehrer abwandte und zu seinem Platz lief. „Und ich hatte gehofft, mich in der Pause darauf vorbereiten zu können. Aber wie es scheint, muss ich das wohl weglassen.“

Stumm folgte Georg seinem besten Freund und ich tat es ihm gleich, wurde aber nach wenigen Schritten aufgehalten.

„Alec?“, sprach mich Herr Müller an, „Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen?“

Verwundert blieb ich stehen und drehte mich um. Was wollte der Mann jetzt schon wieder? Hatte er mich gestern nicht genug zugetextet? Ich zwang mich, mir nichts von meinem Verdruss anmerken zu lassen und stiefelte zurück zum Lehrertisch. Kaum war ich an diesem angekommen, wurde ich auch schon aus dem Zimmer gewunken.

„Ich würde mich gern mit Ihnen unter vier Augen unterhalten, wenn es Sie nicht stört.“, erklärte der Lehrer sein Handeln.

Stumm folgte ich ihm. Was blieb mir auch anderes übrig? Es war nicht so, dass ich in irgendeiner Weiße ein Mitspracherecht in dieser Sache hatte. Außerdem wollte ich keinen unnötigen Ärger, weshalb ich beschloss, die Sache einfach über mich ergehen zu lassen. So schlimm würde es nicht werden, hoffte ich, immerhin hatte ich nichts verbrochen.

Im Flur blieb der Mann stehen und sah mich einen Moment lang abwartend an, ehe er das Wort ergriff. „Ich habe gehört, Ihr Vater hat seine Forschungen aufgegeben.“

Zuerst reagierte ich nicht auf diese Aussage hin. Als mein Lehrer allerdings nach einigen Sekunden noch nicht weitergesprochen hatte, verstand ich, dass er eine Antwort von mir erwartete. „Ich weiß…“, murmelte ich leise.

„Gab es einen bestimmten Grund dafür?“, erkundigte er sich weiter.

Ich stellte mich unwissend und hob meine Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht hatte er keine Lust mehr.“ Die Wahrheit sagen konnte ich schlecht. Erstens würde man mich für verrückt erklären, wenn ich behauptete, das Alphatier der Mannaro hätte ihn dazu gezwungen im Austausch gegen mein Laben. Dass Kian die Drohung niemals in die Tat umsetzen musste, ließ ich außer acht.

„Verstehe.“ Irgendwie sah Herr Müller geknickt aus, als hätte ich etwas falsches gesagt. „Dann bringt es wohl nichts, wenn ich Sie danach frage.“

Ich wurde hellhörig. Verstand ich den Mann gerade richtig? Wenn ja, dann war das eben ein eindeutiger Hinweis dafür, dass er von der Existenz der Mannaro wusste. Aber woher sollte er von ihnen erfahren haben? Gut, einige Möglichkeiten gab es und Zufälle ließen sich ja bekanntlich schlecht vorhersagen. Theoretisch könnte er einem der Wölfe über den Weg gelaufen sein. Jedoch wollte ich nichts überstürzen und wusste auch, dass es fatale Folgen haben könnte, wenn ich die Andeutung des Mannes falsch verstand. Er konnte sich auch auf den Vortrag, den ich gemeinsam mit Ryan hätte halten sollen, beziehen. Und solange ich nicht genau wusste, wovon er sprach, würde ich nicht ein Wort über die Existenz der Mannaro verlieren. Trotzdem hatte er meine Neugier geweckt und ich konnte mich nicht zurückhalten, ihm eine Frage zu stellen. „Was meinen Sie?“

Herr Müller winkte ab. „Ist nicht so wichtig…“

Ich hob meine Augenbrauen. Glaubte der Mann ernsthaft, ich würde die Sache jetzt dabei belassen, nur weil er es sagte? Wahrscheinlich schon und da ich keinen Ärger wollte, ließ ich ihn vorerst in dem Glauben. Er würde es noch früh genug erfahren oder auch nicht.

Auf einmal klingelte das Handy meines Mathelehrers. An sich war das eine relativ normale Situation, wenn man davon absah, dass jeden Augenblick die Glocke zum Unterrichtsbeginn läuten würde. Doch anstatt sofort abzuheben starrte der Mann erst einige Sekunden auf das Display seines Mobiltelefons. Dann rannte er in Richtung Treppe, immer noch ohne abzuheben. Mich ließ er einfach im Flur stehen.

Gerade wollte ich ins Zimmer zurückgehen und vor Freude strahlend verkünden, dass der Unterricht heute wohl ein paar Minuten später beginnen würde, als ich die Stimme des Lehrers hörte. „Hallo?“ Wie es schien hatte er abgenommen.

Jedoch irritierte mich der unsichere, ängstliche, fast schon panische Klang seiner Stimme und ich hatte das Gefühl, dass hier etwas nicht richtig lief. Mir kam seine Frage nach den Forschungen meines Vaters in den Sinn. Was, wenn beides miteinander zu tun hatte und er sich in irgendeiner Form Hilfe von meinem Vater erhofft hatte? Das würde seinen enttäuschten Blick vorhin erklären. Ich ignorierte das Klingeln, dass in diesem Augenblick ertönte, und lief dem Lehrer hinterher. Vor der Schultür holte ich ihn ein.

Trotz dass er meine Schritte vernommen haben musste, drehte er sich nicht um, sondern öffnete wie in Trance die Tür und trat hinaus. Das Handy hielt er an sein Ohr gepresst.

Langsam folgte ich ihm, achtete aber darauf, dass er mich nicht bemerkte. Warum ich das tat, wusste ich nicht, schließlich hatte ich nichts zu verbergen. Aber trotzdem hinderte mich etwas daran, mich offen zu zeigen. Vielleicht lag es an der komischen Situation, denn es kam nicht häufig vor, dass ich meinem Lehrer hinterherspionierte.

So leise ich konnte, schlüpfte ich durch die Schultür. Doch wahrscheinlich hätte ich diese auch aufreißen und ins Schloss fallen lassen können, ohne dass Herr Müller mich bemerkt hätte. Er war inzwischen auf dem Weg zum Hinterhof. Trotz meines Unguten Gefühls bei der Sache folgte ich ihm weiter, achtete aber noch immer darauf, nicht entdeckt zu werden.

Hinter dem Geräteschuppen blieb der Mann stehen. Schnell presste ich mich mit dem Rücken an die Wand von diesem, damit er mich nicht sah. Eine Weile geschah nichts. Weder telefonierte mein Lehrer weiter, noch hatte hier jemand auf ihn gewartet. Leise schlich ich mich näher an ihn heran, bis ich ihn sehen konnte. Aber noch immer passierte nichts ungewöhnliches. So langsam begann ich, daran zu zweifeln, dass hier wirklich etwas nicht richtig lief. Vielleicht hatte Herr Müller einfach nur an die frische Luft gewollt. Und auch der Anruf musste nichts zu bedeuten haben.

Plötzlich trat eine Gestalt aus dem Schatten der Bäume, die hinter dem Schuppen am Ende des Schulgrundstückes standen und als ich genauer hinsah, erkannte ich diese. „Scar?“ Stumm formten meine Lippen den Namen dieser Person. Doch Scar war nicht allein. Zwei Männer, die ich auf sein Alter schätzte, folgten ihm. Der eine war groß und Schlank mit dunklem Haar und der andere das genaue Gegenteil: klein und etwas dicklich mit hellerem Haar. Ihre Gesichter konnte ich nicht erkennen. Dazu war es noch zu dunkel und die Entfernung zwischen uns auch etwas zu groß.

Scar ging auf meinen Mathelehrer zu. „Und? Haben wir die Kohle mitgebracht?“

Zögernd zog Herr Müller einen Umschlag aus seiner Jacke und reichte diesen dem Mannaro.

Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Atem schneller ging und meine Hände zitterten. Interpretierte ich die Situation richtig, wurde mein Mathelehrer von Scar erpresst. Aber welchen Grund hatte der Mannaro, das zu tun?

Mit einem gehässigen Grinsen im Gesicht reichte Scar das Kuvert an seinen dicklichen Anhang weiter. „Zähl nach.“, befahl er.

Stumm tat der Mann, was von ihm verlangt wurde. Er öffnete den Briefumschlag und überprüfte dessen Inhalt. Nachdem er zweimal nachgezählt hatte, nickte er. „Es ist alles drin.“

„Schön.“, murmelte Scar, der sich seiner Überlegenheit gegenüber meines Mathelehrers scheinbar bewusst war, „Ich freue mich schon auf weitere Geschäfte.“

Der dünne seiner Begleiter lachte, sagte aber nichts.

„Aber vergessen Sie eine Kleinigkeit nicht.“, fuhr Scar fort, „Sollten Sie irgendwem davon erzählen, machen wir Ihnen das Leben zur Hölle. Glauben Sie mir, wir schrecken nicht davor zurück, jeden, der hiervon erfährt, aus dem Weg zu räumen.“

Ich schluckte. Mit immer noch zitternden Händen zog ich mein Handy aus der Hosentasche, deaktivierte die Tastensperre und öffnete eine leere Kurzmitteilung. Als Absender gab ich mein Festnetztelefon zu Hause ein, in der Hoffnung, Kian war momentan in meiner Wohnung. Dann begann ich, einen Text zu verfassen: ‚Komm bitte schnell zur Schule. Ich glaube, ich brauche deine Hilfe. Alec.’ Ohne mein Geschriebenes noch einmal durchzulesen, versendete ich die Sms.

Schon im nächsten Augenblick war ich froh, das getan zu haben, denn der Scars dünnerer Anhang kam zielstrebig auf mich zu.

„Wen haben wir denn da?“, fragte er während er seine Augenbraue hob und die Arme vor der Brust verschränkte. Sein Blick fiel auf mein Handy. „Gib das her!“

Schnell ließ ich das Mobiltelefon wieder in meiner Hosentasche verschwinden und erwiderte trotzig seinen Blick. Jedoch bereute ich sofort, das getan zu haben, denn ich schaute in ein paar stechend gelber Augen.

Inzwischen waren auch die anderen auf mich aufmerksam geworden. Herr Müller stolperte ein paar Schritte zurück und starrte mich geschockt an. „Alec, was? Wie?“

Auf Scars Gesicht erschien ein wütender Ausdruck, als er auf mich zustapfte. „Du lebst ja immer noch!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chrono87
2011-03-10T18:13:41+00:00 10.03.2011 19:13
endlich gibt es wieder aktion, die frage ist nur, ob sie alec so gut bekommt.
der junge zieht das pech wirklich an.
kaum ist er in der schule, da muss er herumschnüffeln und läuft ausgerechnet scar in die hände.
ich bin ja auf herr müllers reaktion gespannt, denn jetzt muss er ja kapieren, dass alec mehr weiß, als er dachte.
hoffentlich ist kian zu hause, denn sonst sieht es schlecht für alec aus.
die frage ist nur, ob kian noch was ausrichten kann, wo er doch schon wieder von seinem volk vertrieben worden ist. oder aber livi kommt vorbei....
ich bin gespannt, wie das alles ausgeht.


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