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Zwischen den Fronten

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Klärende Gespräche

Wir schwiegen, während wir Christin zur Arbeitsstelle ihres Vaters brachten, die zu Fuß nur etwa zwanzig Minuten vom Bahnhof entfernt war, wie mir ein Blick auf mein Handy verriet. Schnell hatten wir unser Ziel, ein Bürogebäude in dessen Nachbarschaft eine große Fabrikhalle stand, erreicht.

„Hier arbeitet also dein Vater.“, meinte ich an Christine gewandt, um ein Gespräch zu beginnen.

Die Kleine nickte. „Ihm gehört die Firma.“

Ich nickte, um zu zeigen, dass ich ihr zuhörte. „Weiß er, dass du ihn abholst?“

„Ja.“, antwortete Christine, „Er hat versprochen, mit mir in den Zoo zu gehen, sobald er mit der Arbeit fertig ist. Deswegen hört er heute auch eher auf. Er geht nur zu einem Vorstellungsgespräch, weil sie einen neuen Abteilungsleiter suchen.“

„Ach so.“ Von der Redefreudigkeit des Mädchens verwundert wandte ich meinen Blick kurz ab und sah zu Kian, der meinen Blick genervt erwiderte. Er nahm es mir immer noch übel, dass ich ihn quasi genötigt hatte, mit hier her zu kommen. Mit einem Schnauben drehte er sich von mir weg. Ohne groß über eventuelle Folgen nachzudenken, bückte ich mich und verlud eine Portion Schnee auf meine Hände. Ich ging einige Schritte auf ihn zu, bis ich direkt hinter ihm stand, ehe ich ihm das kalte, nasse Weiß ins Gesicht und in den Nacken drückte.

Kian zuckte erschrocken zusammen, sprang einen Meter zur Seite und schaute mich nur einen Augenblick später aus seinen goldbraunen Augen heraus wütend an. „Alec, sag mal spinnst du?!“

Zuerst versuchte ich, seinen Blick zu erwidern, doch das hielt ich keine zehn Sekunden durch. Meine Mundwinkel begannen zu zucken und schon im nächsten Moment lachte ich laut los. „Du hättest dich sehen müssen.“

„Herzlichen Dank auch.“, erwiderte Kian beleidigt.

Jetzt hielt ich mir schon den Bauch vor Lachen. „Sei doch nicht gleich eingeschnappt. Das war doch nur Spaß.“

„Ich zeige dir gleich, was Spaß ist.“ Im nächsten Moment hatte er einen großen Schneeball auf mich geworfen, der sein Ziel nicht verfehlte und mich an der Stirn traf.

„Na warte!“ Ich wischte mir den Schnee aus dem Gesicht, klaubte mir neuen vom Boden und formte diesen zu einem kleinen Ball, den ich nach meinem besten Freund warf.

Lachend wich Kian dem Angriff aus. „Übernimm dich nicht. Dein Arm könnte dir das sehr übel nehmen.“

„Ich weiß.“, erwiderte ich leicht gereizt, während ich neue Schneebälle auf ihn warf, von denen etwa die Hälfte ihr Ziel trafen. Um ehrlich zu sein, hatte ich vergessen, dass mein Arm verletzt war, aber das würde ich vor Kian niemals zugeben. Täte ich es, würde er sich nur wieder unnötige Sorgen machen. Das wollte ich nicht.

Der nächste Schneeball traf mein Gesicht, diesmal genau in der Mitte. Ich schnaubte kurz, ehe ich ihn wieder entfernte.

„Wer ist jetzt eingeschnappt?“, fragte mein bester Freund mit einem siegessicheren Grinsen im Gesicht. Auch wenn ich es nur ungern zugab, konnte er um ein Vielfaches besser Zielen und war auch sportlicher als ich.

Eine faire Schneeballschlacht würde ich nicht gewinnen, weshalb ich einen kleinen Trick verwenden musste. Nur leider kam ich nicht dazu, meinen Plan in die Tat umzusetzen, denn schon im nächsten Augenblick rutschte Kian aus und fiel der Länge nach vornüber in den Schnee.

„Bist du okay?“, rief ich besorgt, als er sich nach seinem Sturz nicht mehr rührte, und rannte auf ihn zu.

„Nichts passiert.“ Kian richtete sich langsam wieder auf, wischte sich den Schnee aus dem Gesicht und klopfte ihn anschließend auch von Hose und Anorak.

Mit einem Grinsen im Gesicht fuhr ich ihm durch sein goldbraunes Haar, um den Schnee daraus zu entfernen.

„Na so etwas.“, vernahm ich die erstaunte Stimme meines Vaters hinter mir, „Was machst du denn hier, Kian?“

Verwundert drehte ich mich um und schaute ihn an. Er kam gerade mit einem anderen Mann aus dem Bürogebäude und schien sich auch mit ihm unterhalten zu haben.

Die Augen meines Vaters weiteten sich als er mich erblickte. „Alec?“

Ich schnitt eine Grimasse. „Hallo.“, nuschelte ich.

„Warum bist du nicht in der Schule? Du schwänzt doch nicht etwa?“, fragte mein Vater.

„Mike hat mich für heute freigestellt.“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

Christine sah eine Weile zwischen mir und meinem Vater hin und her, bevor sie auf den anderen Mann zurannte. „Papa.“, rief sie erfreut und fiel ihm um den Hals.

„Das ist ja eine Überraschung.“, meinte dieser als er seine Tochter flüchtig begrüßte. Er verneigte sich kurz vor Kian. „Kann ich irgendetwas für Sie tun?“

Mein bester Freund schüttelte seinen Kopf. „Ich bin nur zufällig hier vorbeigekommen.“

„Wer ist das?“ Christine blickte ihren Vater neugierig an.

„Unser Anführer.“, antwortete dieser leise, ehe er sich an meinen Vater und Kian wandte. „Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie sich kennen?“

Mein Vater nickte, hatte allerdings einen seltsamen Ausdruck in seinem Gesicht. Wie es schien, hatte er erst jetzt bemerkt, dass es sich bei der Person neben ihn um einen Mannaro handelte. „Das könnte man so sagen…“ Er deutete auf mich. „Kian ist der beste Freund meines Sohnes. Die beiden sind sozusagen zusammen aufgewachsen.“

Christines Vater hob überrascht die Augenbraue. „So? Und Sie nehmen das einfach hin?“

„Was soll ich sonst tun?“, kam prompt die Gegenfrage, „Alec verbieten, sich mit ihm zu treffen? Er wird sich nicht daran halten. An Kian komme ich nicht heran. Alec überwacht jeden meiner Schritte, wenn ich in ihrer Nähe bin.“ Mein Vater seufzte. „Ich will meinen Sohn nicht verlieren, aber genau das würde ich. Sie wissen nicht, wie froh ich bin, nach über einem Jahr endlich wieder Kontakt zu Alec zu haben. Deshalb bin ich auf seine Bedingungen eingegangen. Meine Forschungen waren es, die ihn mir beinahe genommen hätten und wenn ich sie für ihn aufgeben muss, ist das ein Preis, den ich bereit bin zu zahlen. Wenn Alec so viel an seiner Freundschaft zu Kian liegt, dass er sich seinetwegen gegen mich stellt, bleibt mir nichts anderes übrig, als sie zumindest zu dulden.“ Sein Blick war auf Kian und mich gerichtet. Allerdings konnte ich nicht den bekannten Hass in ihm erkennen, mit dem er meinen besten Freund sonst immer angesehen hatte, sondern nur noch etwas Distanz. Er deutete auf meine mit einem dicken Verband umwickelte Hand. „Woher hast du diese Verletzung?“

„Ein Fenster hat nachgegeben. Ich hab mich am Glas geschnitten.“ Den Rest erwiderte ich nicht, aus Angst vor seiner Reaktion, wenn er erfuhr, unter welchen Umständen ich mich geschnitten hatte. Allerdings hatte ich meine Rechnung ohne Kian gemacht.

Er warf mir einen genervten Blick zu, bevor er seufzend seine Hände in den Hosentaschen verschwinden ließ. „Kannst du die Sache auch ein Mal nicht herunterspielen?“

Mein Vater schnappte erschrocken nach Luft. „Was meinst du damit? Was genau ist passiert?“ Zu meiner Verwunderung stellte er diese Frage nicht mir, sondern Kian. Er wusste also bereits, von wem er eine Antwort bekam und von wem nicht.

„Alec ist auf dem Schulgelände ein paar Mannaro begegnet. Wie es aussieht hat ihnen das nicht gepasst und es ist zu einem Konflikt gekommen, bei dem er sich den Arm irgendwie am Fenster des Geräteschuppens verletzt hat. Es hat nicht viel gefehlt und er wäre im Krankenhaus gelandet. Wenn er es überhaupt überlebt hätte…“

Meinem Vater klappte der Mund auf und er starrte mich geschockt an. „Ist das war?“

Es jetzt abzustreiten machte keinen Sinn mehr, weshalb ich nicht weiter darauf einging. „Mir ist nichts passiert.“

„Trotzdem!“, widersprach mir Kian, „Du weißt, wie es hätte enden können.“

Darauf erwiderte ich nichts mehr. Er hatte recht, das wusste ich. Außerdem wollte ich ihn nicht verletzen, doch das würde ich, wenn ich weitermachte. Ich beschloss, dass es besser wäre, das Thema zu wechseln. „Hast du gestern oder heute zufällig einen Anruf von der Schule bekommen?“, fragte ich meinen Vater.

Sofort änderte sich dessen Laune und er schaute mich mit einem enttäuschten, aber auch besorgten Gesichtsausdruck an. „Ja, das habe ich. Darüber möchte ich mich mit dir aber unter vier Augen unterhalten.“

Ich hob meine Schultern. „Jetzt? Oder möchtest du noch auf den zweiten Anruf warten, der heute irgendwann im Laufe des Tages kommt?“

„Alec!“, mahnte mein Vater, „Nimm die Sache gefälligst etwas ernster. Dein Lehrer hat mir gesagt, wie du in Mathe stehst. Wenn du nicht langsam mal anfängst, zu lernen, wirst du die Prüfung nicht bestehen.“

„Hat er nur das gesagt oder war da noch mehr?“, fragte ich.

Mein Vater seufzte. „Er meinte, du hättest ihn grundlos angefahren und dich anschließend nicht einmal deswegen entschuldigt.“

Wusste ich es doch. Herr Müller hatte alles brühwarm weitererzählt, jedoch nicht ohne es vorher so abzuändern, dass es aussah als sei ich an allem schuld. Ich wandte mich von meinem Vater ab und starrte auf den Boden. „Es war weder grundlos, noch habe ich ihn angefahren. Ich habe lediglich in einem vielleicht etwas unangemessenen Ton gesagt, dass ich momentan ganz andere Sorgen habe und mich nicht noch mit irgendwelchen dämlichen Matheaufgaben rumärgern kann! Und was heute betrifft: Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass er besser tut, als wüsste er nichts und es bereuen wird, sollte er auch nur versuchen, Kian etwas anzutun.“

Darauf erwiderte mein Vater nichts mehr. Er starrte lediglich etwas geknickt auf den Boden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Vegetasan
2012-07-04T15:31:15+00:00 04.07.2012 17:31
Schade das du bisher nicht weiter geschrieben hast.
Vielleicht findest du ja etwas Motivation um weiter zus chreiben, deine Geschichte gefällt mir echt gut.
Von:  chrono87
2011-09-14T18:15:50+00:00 14.09.2011 20:15
na was für eine überraschung, das sie gerade alec's vater in die arme laufen würden, hätten wohl weder kian noch alec gedacht - zufälle gibt es, die sollte es nicht geben.
zumindest haben sie sich wenigstens vorher austoben können, auch wenn es lustig war, das keine gezäcke zwischen den freunden.
ich bin gespannt, wie es weiter geht, vor allem die raktion von christines vater ist ja irgendwo total untergegangen und ich bin gespannt, wie er auf diese beiden besonderen menschen reagiert.

ein tolles kapitel, das warten hat sich also gelohnt XD


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