Zum Inhalt der Seite

Sonnenaufgang im Westen

Aus den jungen Jahren eines Hundefürsten...
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Spionage

Myouga schwor sich, nie wieder zu fliegen. Eingedenk des Befehls seines Herrn hatte er sich unauffällig an Sumus Kleid gehalten, um herauszufindenden, für wen die Zofe arbeitete. Leider war sie eine Falkendämonin und der kleine Flohgeist hatte sich gezwungen gesehen, sich nach ihrer Verwandlung an ihren Schwanzfedern festzuhalten, als sie in äußerst raschem Tempo durch die Nacht Richtung Süden flog.

Als sie die Berge erreichte und immer höher stieg, wurde es für Myouga fast unerträglich kalt. Am liebsten hätte er losgelassen, aber ein Sturz aus dieser Höhe wäre fatal gewesen – und er bedachte den Zorn seines Herrn. Der war das Risiko eingegangen, allein zu den Drachen zu gehen – da hatte er sicher kein Verständnis, wenn er selbst aus Bequemlichkeit seinen Auftrag versäumte.

Moment, dachte er dann. Wenn sie zu Kodoro ins schwebende Schloss gewollt hätte, wäre sie jetzt doch nach Osten abgebogen. Also flog sie zu Susumu. Wunderbar. Das war weiter, erklärte aber auch ihre Eile. Noch vor Tagesanbruch musste sie zurück im Westen sein, damit ihr Fehlen nicht auffiel.

Sie landete endlich auf einer Terrasse eines Schlosses und der kleine Flohgeist ließ hastig los, rollte sich mehr als er noch ging, in den Schatten einer Mauer, während sie sich zurück in ihre menschliche Gestalt verwandelte.

Sie war bemerkt worden, denn ein Dämon trat aus dem Schloss: „Sumu!“

„Tomi-sama, ich bringe wichtige Neuigkeiten.“

„Das vermute ich, wenn du diesen langen Flug selbst auf dich nimmst und nicht auf meinen gewohnten Boten wartest. Das letzte Mal brachtest du die Nachricht, dass der Fürst und der Erbprinz unbewacht in die Berge von Me gehen.“

„Der Taishou war zuvor bei mir. Die Prinzessin steht ja unter Hausarrest und hat keine Dienerinnen mehr bei sich. Aber er sagte, ich solle wieder zu ihr, da sie schwanger ist und ihm alles berichten, was sie sagt.“

„Oh. Sie erwartet also ein Kind. In der Tat, eine wichtige Meldung. Flieg zurück. Du warst sehr aufmerksam und Fürst Susumu wird dir gewiss auch eine Anerkennung zukommen lassen.“

„Ich bin zufrieden, wenn unsere Berge ihm gehören werden.“ Die Falkendämonin neigte etwas den Kopf, ehe sie sich wieder verwandelte.

Myouga konnte nur zusehen, wie sie abflog. Er vermochte nicht zu ihr zu schleichen, dieser Tomi stand mitten auf der Terrasse und wartete, bis sie weg war. Wer das wohl war? Der Flohgeist beschloss ihm zu folgen. Womöglich war das der Leiter von Susumus Spionagedienst und er selbst könnte noch Wichtiges für seinen eigenen Herrn herausfinden. Wahrscheinlich musste er dann zu Fuß in den Westen zurücklaufen, eine schreckliche Vorstellung. Anscheinend war Sumu jedoch nicht die einzige Falkendämonin, die mit dem Süden liebäugelte, wenn er das so recht verstanden hatte. Das musste der Herr erfahren. Warum nur taten sie das? Schon der verstorbene Fürst war doch umgänglich gewesen. Lag das an Kodoro und seiner Herrschaft in diesen Ländereien? Vorsichtig sprang der kleine Flohgeist unter diesen Gedanken Tomi hinterher. Als er erkannte, dass dieser in das Arbeitszimmer des Fürsten ging, wagte er es nicht, ihm zu folgen. Da standen Dämonenkrieger davor. Mit dem gewissen Mut der Verzweiflung hüpfte er zum Fenster und kletterte auf dem schmalen Holzvorsprung entlang. Was er alles für seinen Gebieter tat! Hoffentlich ging es dem gut, würden ihn die Drachen nicht umbringen. Vorsichtig lugte er durch das Fenstergitter. Das dort auf dem Sessel musste Fürst Susumu sein, denn Tomi verneigte sich tief, ehe er niederkniete.

„Nun?“

„Sumu, die Falkendämonin, brachte soeben die Nachricht, dass die Prinzessin aus dem schwebenden Schloss ein Kind erwartet.“

„Woher stammt diese Information? Ich dachte, die Prinzessin sei allein.“

„Der Taishou sagte es Sumu, um sie anzuweisen, die Prinzessin auszuhorchen. Sie wird wohl morgen oder in den nächsten Tagen wieder ihr zugewiesen.“

„Der Taishou selbst? Oh, der sollte es wissen. Wie amüsant. - Warten wir jedoch ab, ob noch jemand von unseren Leuten diese Nachricht bestätigt. Ich halte ihn für keinen Dummkopf. Es könnte auch eine Falle für Sumu sein.“

Myouga schluckte. Der Fürst des Südens war schlau, das musste er ihm lassen. Genau das hatte der Herr ja geplant. Hoffentlich hatte dieser auch noch einem Informanten das zukommen lassen, hoffentlich kannte er überhaupt noch jemanden.

„Hast du noch etwas Neues?“

„Im Augenblick nicht, mein Gebieter. Euch wird nicht entgangen sein, dass der Bote mit dem...Geschenk zu den Drachen aufgebrochen ist.“

„Da hast du völlig recht, mein lieber Ratgeber. Dann geh. Sobald der Bote zurück ist, will ich ihn sehen. Und natürlich Nachricht, wenn er in, sagen wir, drei Tagen noch nicht wieder hier ist.“

Myouga zog sich eilig zurück. Sollte er jetzt schon verschwinden? Es war dunkel und der Weg war weit. Seine Aufgabe war nur gewesen, herauszufinden, für wen Sumu arbeitete. Das war passiert. Und so gab es eigentlich keinen Grund, sich länger als notwendig in einem feindlichen Schluss aufzuhalten. Er würde noch diesem Tomi folgen, sehen, ob er in dessen Zimmer etwas herausfinden konnte und dann sich endlich auf den Weg in den sicheren Westen machen, leider über die kalten Berge, die noch dazu von dem scharfäugigen Falkenclan bewacht wurden, dem auch Sumu angehörte.
 

Der unglückselige Bote berichtete Fürst Susumu sowohl von der Tatsache, dass dessen Geschenk angenommen oder eher gefressen worden war, als auch der, dass die Drachen des Hochlandes das Bündnisangebot abgelehnt hatten, da sie den Taishou offenbar bereits selbst gefangen hatten.

„Ich sah noch, wie sie ihn an einen seltsamen Baum banden, Herr, und der Drachenkönig sprach davon, dass er die Selbstbeherrschung verlieren würde.“ Die Stimme des Katzendämons zitterte jedoch. Zwar hatte er den Besuch bei den Drachen überlebt, aber der Herr des Südens schätzte keine Fehlschläge.

Susumu erhob sich langsam. Sein Tritt ließ den Boten quer durch sein Arbeitszimmer fliegen: „Geh, du Narr.“

Der Katzendämon erhob sich mühsam, verneigte sich aber, froh, mit einigen gebrochenen Rippen davongekommen zu sein. Oft genug gingen Strafen nicht so glimpflich ab.

Der Fürst nahm wieder Platz: „Shigatsu ist entweder ein größerer Narr als ich dachte, oder er ist äußerst raffiniert.“

„Vergebt, mein Gebieter,“ wagte sein Ratgeber einzuwenden: „Es wäre doch nur gut, wenn die Drachen den Taishou töten. Dann ist der Westen ohne Herrn. Nun ja, dann hätten allerdings auch die Drachen das Höllenschwert.“

„Damit sollte Shigatsu nichts anfangen können. Angeblich kann nur ein Hund es kontrollieren. Aber ich fürchte sehr, dass der gute Taishou noch nicht das Zeitliche gesegnet hat.“

„Herr, Drachen bringen jeden um. Und es gab genug Fehden mit dem Westen in der Vergangenheit.“

„Sie bringen fast jeden um, da hast du recht. Aber nicht an ihrem heiligen Baum. Ich entnahm der Beschreibung dieses Dummkopfes von Boten, dass sie ihn dem Dryadentest unterziehen. Äußerst schmerzhaft, aber es bringt einen nicht um.“

Tomi sah etwas erstaunt auf. In der Stimme des Fürsten hatte eine ungewohnte Emotion gelegen. Hatte sich etwa auch dieser eines Tages bei einem anderen Drachenvolk dieser Prüfung unterziehen müssen?

Susumu hatte es bemerkt: „Lieber Ratgeber,“ sagte er gewohnt spöttisch: „Du hast doch nicht erwartet, dass ich die südlichen Inseln bis Okinawa allein erobern konnte? Bündnisverträge mit Drachen sind selten und schmerzhaft. Sie verhandeln nur mit Leuten, die sie als gleichrangig ansehen. Nun, warten wir ab. War unser junger Freund nicht mutig genug oder zu schwach, haben sie ihn in der Tat umgebracht. Hat er bestanden, werden sie ihm achten und nicht mehr gegen ihn kämpfen, zumal er ja leider nun über das Höllenschwert verfügt.“

„Ihr...Ihr scheint nicht zornig, kein Bündnis mit Shigatsu eingehen zu können.“

„Ich klammere mich nie an sinnlos gewordene Pläne, Tomi.“

Das stimmte, dachte der Ratgeber. Der Fürst war nicht der Mann, der vergeblichen Träumen nachjagte. Er würde nachdenken und einen neuen Plan machen.
 

Der Inu no Taishou war fast glücklich, als er sein Schloss vor sich sah. Trotz aller Selbstheilungskräfte hatte er noch immer Schmerzen. So ließ er als erstes den Heiler zu sich kommen, noch ehe er die schwere Rüstung abgelegt hatte. Sie hatte auf die Verletzungen gedrückt. Er zog sich mit Hilfe eines Dieners gerade vollständig aus, als auch schon der Heiler hereinkam.

„Kenta,“ lautete die Begrüßung durch den Fürsten knapp.

„Herr....oh, ich sehe schon.“

„Gut. - Du kannst gehen.“ Als der Diener draußen war, ließ sich der Herr der Hunde erleichtert in die Kissen sinken. Äußerlich war eigentlich kaum mehr etwas zu erkennen, aber die Müdigkeit und die Schmerzen waren geblieben – und eine gewisse seelische Belastung. Nie zuvor war er sich so hilflos vorgekommen oder es auch de facto gewesen: „Ich war bei den Drachen,“ erläuterte er. „Sie haben mich einer...nennen wir es Prüfung unterzogen.“

Der alte Heiler nickte: „Ihr habt bestanden, da Ihr sonst nicht hier wäret, aber es war wohl sehr schmerzhaft.“ Er berührte ihn vorsichtig.

„Es begann relativ harmlos,“ gab der Taishou zu: „Aber es war bereits unangenehm, Rüstung und Gewand abgezogen zu bekommen. Der König war jedoch klug genug, mir das Höllenschwert zu lassen.“

Kenta warf einen raschen Blick seitwärts, wo es so scheinbar harmlos herumlag: „Und dann suchten sie Eure Energiemeridiane.“

„Ja.“ Der Hundefürst atmete tief durch: „So wie du auch gerade. Nur nicht mit den Fingern.“

„Es ist nicht lebensgefährlich, aber schmerzhaft und ermüdend, Ihr solltet Euch ein wenig ausruhen und einstweilen, so es geht, nicht kämpfen. Ich hoffe, es hat Euch etwas gebracht diese Tortur überstanden zu haben.“

„Dem Westen.“ Shigatsu würde nicht angreifen und er hatte das Bündnis mit Fürst Susumu ausgeschlagen. Das war es schon irgendwie wert gewesen. „Gib mir ein Mittel, das ich trinken kann, damit es mir besser geht. Bedauerlicherweise habe ich keine Zeit mich auszuruhen.“

„Ja, Herr.“ Man diskutierte nicht mit seinem Fürsten. Und seine Meinung, dieser solle sich ausruhen, hatte er bereits gesagt.

„Ist Myouga schon wieder zurück?“

„Das weiß ich nicht, Herr, aber ich werde Erkundigungen einziehen.“

„Wie geht es meiner Gemahlin?“

„Sie forderte meine Kollegin nicht mehr an. Also denke ich, gut.“ Der Fürst sollte wissen, dass er selbst ein striktes Besuchsverbot verhängt hatte, außer für die Heilerin. Kenta nahm ein Pulver aus seinem Koffer.

„Gut. Gib es mir. Wo ist Zunai?“

„Der Anführer des Heeres ist wohl bei den Kriegern.“

Mit diesem musste er auch noch reden, sobald Myouga zurück war – oder doch eher schon, zur Sicherheit. „Dann kannst du gehen.“

„Danke, Herr.“

Der junge Hundefürst wartete, bis die Medizin etwas wirkte, ehe er sich allein wieder anzog und seinen Diener nur aussandte, um nach Myouga zu fragen, ehe er zu seiner Gemahlin ging. Mit etwas spöttischem Lächeln erkannte er, dass sie sich nach wie vor aus Gehorsam – oder aus Langeweile – an das Sticken gemacht hatte.

„So fleißig, meine Teure? Ich hörte, Ihr habt nicht nach der Heilerin verlangt.“

Sie ließ die Handarbeit sinken und neigte höflich den Kopf: „Danke der Nachfrage, mein Gebieter. Ich fühle mich wohl.“

„Wären Bücher nicht mehr in Eurem Sinn?“

„In der Tat. Aber die, die Ihr mir gabt, habe ich bereits gelesen.“

„So werde ich Euch andere senden.“

„Danke.“ Sie musterte ihn etwas fragend: „Habt Ihr kämpfen müssen?“ Diese Frage war hart am Rand der Höflichkeit, verriet jedoch gewisses Interesse an ihm, da ihr seine Veränderung aufgefallen war.

So erwiderte er: „Nicht in dem Sinn, wie Ihr wohl annehmt. Wie geht es Euch?“

Sie wusste nicht, wie er den ersten Teil seiner Antwort meinte, aber sie erwiderte nur höfisch-korrekt: „Ich werde mir mit jedem Tag sicherer.“

„Wollt Ihr wieder Damen um Euch?“

„Das liegt allein bei Euch.“

Kühl war sie, immer noch. Vertraute sie so ihm oder eher seiner Gerechtigkeit? Plante sie etwas anderes und nahm an, dass er gar nicht mehr dazu kommen würde sie zu verurteilen? „Auf Sumu werdet Ihr allerdings verzichten müssen.“

„So ist sie überführt?“

„Ich warte auf weitere Nachrichten.“ Ihm war klar, dass sie nicht zu deutlich wegen ihres Vaters nachfragen wollte: „Aber ich kann Euch versichern, dass ich alles prüfen werde. Und jeden.“

„Ihr seid gerecht, mein Gebieter. - Und ich freue mich auf Eure Bücher über die Gesetze hier.“

„Ihr werdet sie bekommen.“ Seltsam, dass sie sich ausgerechnet bei diesen sachlichen Themen am besten verstanden, gleich, was momentan oder in Zukunft auch zwischen ihnen liegen mochte. Er ging und gab draußen noch die entsprechenden Befehle, ehe er sich in sein Arbeitszimmer begab und Zunai, den rangzweiten Hundekrieger, rufen ließ.
 

Dieser, ein weißhaariger, kampferprobter Dämon, verneigte sich auch in kürzester Zeit vor seinem jungen Herrn, selbstverständlich unbewaffnet.

Der neue Taishou kannte ihn, solange er selbst auf der Welt war: „Nimm Platz. Wie du weißt, war ich bei den Drachen. König Shigatsu schloss mit mir einen Nichtangriffspakt. Ein gleichzeitig angebotenes Bündnis mit Fürst Susumu hat er dagegen ausgeschlagen.“

Zunai nickte etwas, schwieg jedoch. Nach allem, was er wusste, hatte der neue Drachenkönig bereits kurz nach seiner Thronbesteigung dem verstorbenen Herrn einen entsprechen Vorschlag gemacht, da er diesen achtete. Entweder, er war so naiv, dass er den Respekt vor dem Vater einfach auf den Sohn übertragen hatte, aber Drache und naiv war gewöhnlich ein Widerspruch in sich. Oder aber es blieb nur die Möglichkeit, dass sich der neue Taishou die Achtung der Drachen erworben hatte, wodurch auch immer. Und das war sicher nicht einfach gewesen.

„Ich möchte daher, dass du Krieger aussuchst, die die südliche Grenze überwachen sollen.“ Jetzt zögerte Zunai und so erläuterte der Hundefürst dem Vertrauten seines Vaters: „Ich weiß, dass dort in den Bergen Falkendämonen leben, die meinem Vater Treue schworen. Aber bislang taten sie es nicht bei mir und Susumu wollte in Bündnis mit Shigatsu. Ich möchte sichergehen, dass er sich nicht mit den Falken verbündet.“ Dieser Clan schützte durch ständige Patrouillen die südliche Grenze der Ländereien. Nicht auszudenken, wenn sich die scharfen Augen schlossen und Susumu einen Krieg unbemerkt beginnen würde. Wäre er diesseits der Berge wäre es viel schwerer ihn aufzuhalten.

„Darf ich dazu etwas sagen, Herr?“

„Ja.“

„Ich weiß nicht, ob der Bote von Fürst Susumu kam, der vor wenigen Monaten bei mir erschien. Er gab nur an, geschickt worden zu sein, da sein Herr zufällig herausgefunden hätte, der Taishou, Euer mächtiger Vater, habe vor, meinen Sohn zu töten.“ Er sah die unwillkürliche Geste: „Mir war klar, dass das gelogen war – und dass auch die angeblichen Beweise eine Fälschung waren. Der Bote wusste bedauerlicherweise wirklich nicht mehr.“

„Du hast ihn unter Zwang befragt.“

„Er tötete sich.“ Der alte Hundekrieger seufzte unmerklich: „Allerdings schien er mir dabei unter einem Bann zu stehen, da sein Auftrag misslungen war. Ich kenne mich mit Magie nicht sonderlich gut aus, aber so kam es mir vor.“

„Susumu oder wer auch immer dahintersteht, hatte keine Ahnung von dem engen Verhältnis zwischen meinem verehrten Vater und dir.“

„Wir haben es ja auch stets gut verborgen, um keinen Neid zu wecken., schon unter unseren eigenen Männern. Und die, die wussten, dass der verstorbene Taishou mein Milchbruder war, waren sowieso nur äußerst wenige. Ich kannte ihn besser als mich selbst und er hätte nie mein Kind ermordet, schon gleich nicht so, wie in dem Brief geschildert, den mir der Bote als Beweis gab.“

„Du hast den Brief noch?“ Der junge Taishou wusste, dass sein Vater den Sohn seines Pflegebruders als Schutzherr übernommen hatte, geschworen hatte, diesen zu beschützen, und er wusste, dass Zunai und sein Vater fast enger als Brüder aufgewachsen waren.

„Ich trage ihn stets bei mir.“ Zunai gab ihn dem Fürsten: „Ich wollte ihn noch Eurem Vater zeigen, aber dann kam das Friedensangebot der Drachen und es schien mir damit nicht zusammenzuhängen.“

Der las die wenigen Zeilen: „Gut gemacht,“ gab er dann zu: „Sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit der Schrift meines verehrten Vaters ist nicht abzusprechen. Ein Glück, dass ...“ Er brach ab. „Susumu muss dahinterstecken. Kodoro hat nicht den Grips, das zu tun.“ Woher hatte dann eigentlich seine Tochter ihren Verstand? „Es wird Zeit, dass Myouga zurückkehrt.“

„Herr, ich weiß, dass Ihr seit Eurem Aufenthalt auf Hokkaido diesen Flohgeist bei Euch habt, ja, ihm vertraut....“

„In der Tat, das tue ich.“ Das klang schärfer als beabsichtigt. So fuhr der Taishou milder fort: „Ich weiß um seine Schwächen. Aber seine Stärken überwiegen. Er ist kein Krieger, das gebe ich zu.“

„Verzeiht, mein Fürst,“ erwiderte Zunai sofort: „Ihr werdet Eure Gründe haben.“

Er klopfte und auf den Ruf des Taishou sah ein Diener herein: „Myouga ist zurück, Herr.“

„Lass ihn herein.“ Auf das Stichwort, dachte er amüsiert. In der Tat, der kleine Flohgeist mochte ein gewaltiger Feigling sein, aber er war loyal.

Sichtlich erschöpft und zerzaust kam Myouga herein, anscheinend nicht überrascht, den Heerführer vorzufinden: „Mein Herr...“

„Wohin flog sie?“ erkundigte sich der Hundefürst sofort.

„Zu Fürst Susumu.“ Der Flohgeist hütete sich, wie gewohnt auf die Schulter seines Herrn zu springen - nicht vor Zeugen. „Ein Dämon namens Tomi empfing sie und erstattete dann Fürst Susumu Bericht, während Sumu leider ohne mich bereits wieder abflog..“

Das erklärte den Zeitraum der Reise und die Erschöpfung des Flohgeistes: „Du hast dem Bericht zugehört?“

„Ja, Herr. Aber es war nur die wörtliche Aussage. Allerdings folgte ich dann Tomi zu seinem Arbeitszimmer. Fürst Susumu ist es anscheinend gelungen, sieben Spione hier im Schloss unterzubringen. Vier Namen konnte ich in Erfahrung bringen, zwei davon wisst Ihr bereits.“

„Sumu und Dai.“

„Ja, Herr.“ Moyuga holte tief Atem: „Die anderen beiden kann ich Euch ebenfalls sagen – nur, was mit auf dem Rückweg begegnete: die Falken der südlichen Berge....Ein gut Teil des Volkes möchte anscheinend zu Susumu.“

Der junge Fürst erstarrte ebenso wie sein Heerführer: „Warum?“

„Das konnte ich so rasch nicht in Erfahrung bringen. Allerdings gibt es nur die Möglichkeit, dass Kodoro....“

„Darum, Zunai,“ meinte der Taishou, als sei keine Unterbrechung in dem vorherigen Gespräch erfolgt: „Wir müssen sichergehen.“

Der erfahrene Heerführer neigte den Kopf: „Danke, Herr. - Soll ich die Spione festnehmen lassen?“

„Ja. Alle vier, die Myouga kennengelernt hat. Und sie töten.“ Der junge Fürst zögerte unmerklich. Es war das erste Mal, dass er Todesurteile aussprach: „Susumu scheint es zu verstehen, fähige Leute auszusuchen – und auch zu finden. Wärst du nicht so loyal zu meinem Vater, hätte Kodoro nicht solch einen einfachen Aufstand geplant....dazu die Drachen. Es ist klar. Er wollte meinen verehrten Vater und nun mich dazu bringen, kleine Feuer zu löschen, während er sich mit den Drachen und den Falken verbündet – und der Himmel weiß, mit wem noch. König Shigatsu lehnte ab und ist mehr oder weniger auf meiner Seite. Wer jedoch fiel alles auf Susumu herein? Und irgendwie müssen wir die restlichen drei Informanten finden.“

„Dazu könnte man die vier befragen,“ schlug Zunai prompt vor.

„Nein.“ Der Taishou atmete durch. „Susumu ist leider kein Narr. Keiner von ihnen wird einen anderen kennen. Reine Vorsicht. - Geh, Zunai, und lass äußerst unauffällig die südliche Grenze bewachen. Ich will weder einen Überraschungsangriff aus dem Süden auf uns noch die Falken, die bislang zu uns stehen, verärgern. Und nimm Myouga mit dir, setzt die Spione fest und tötet sie. Das lasst durchaus bekannt werden. Die anderen sollten sich überlegen, wo das höhere Risiko liegt und sich entweder mir stellen oder versuchen zu fliehen. Myouga, du hast doch unter den kleinen Geistern gute Freunde. Sie sollen das gesamte Schloss überwachen. Jeder, der Kontakt zum Süden sucht,

ist verdächtig. - Geht.“

Während seine beiden engsten Mitarbeiter gehorchten, blickte er ins Nichts. Er hätte sich gern mit ihr besprochen – aber war sie wirklich auf seiner Seite? Er sah sich von Feinden umgeben, sie erwartete womöglich seinen Erben...Und ihr Vater war ein Rebell, ein Verräter, der mit dem Süden zusammenarbeitete. Wie nur könnte er ihre Loyalität auf die Probe stellen? Wie konnte er ihren scharfen Verstand für sich nutzen, ohne alles in Gefahr zu bringen? Wäre sie doch nur keine Frau, nicht seine Frau.
 

**

Da kann er lange hoffen.

Ob diese Hinrichtungen wirklich so nützlich waren? Und gar die Idee, allein zu den Wölfen zu gehen?
 

bye
 

hotep



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (7)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Minerva_Noctua
2012-03-18T15:27:23+00:00 18.03.2012 16:27
Milchbruder, ja?
Ein paar Rechtschreibfehler, aber sonst ist es gut.
Ich bin gespannt, wie Susumu nun vorgeht.
Und wie der Taishou mit seiner Gemahlin verfahren wird.
Ich verstehe nicht, warum er darüber jammert, dass sie eine Frau ist.
In dieser Situation wäre ein Mann auch nicht besser, nur weniger schwanger.

Bye

Minerva
Von: abgemeldet
2011-05-01T20:39:27+00:00 01.05.2011 22:39
Hm... entweder sind die Wölfe gespoilert... oder du meintest Drachen und warst beim falschen Kapitel o.O

Ein kleinen Fehler habe ich (glaub ich) entdeckt:

Und so gab es eigentlich keinen Grund, sich länger als notwendig in einem feindlichen Schluss aufzuhalten.

Sollte das nicht eigentlich Schloss heißen?

Egal, weiter im Text. Das die Spione umgebracht werden, find ich irgendwie dumm. Ich würde sie mit falschen Infos füttern^^ Aber ich denke der Taishou hat da seine Gründe. Und vielleicht werde ich diese Gründe irgendwann auch verstehen.

Das unser aller Lieblingsflohgeist mal so mutig war ist irgendwie kaum vorstellbar. Bin gespannt welche Heldentaten er noch vollbringt.

Dann freu ich mich schon mal auf das neue Kapitel.
LG Tine
Von:  kiji-chan
2011-04-30T23:30:42+00:00 01.05.2011 01:30
Ich glaube du hast die Wölfte gespoilert XD

Wir wissen jetzt auf alle Fälle, dass da was im südlichen Busch lauert.
Der Taishô sollte die wirklich die Hufe schwingen, um sein Land zu retten.

Die Spione tun mir Leid. Allerdings haben sie Hochverrat begannen und waren sich der Risiken bewusst. Sie sterben für ihre Ideale, sofern sie welche hatten.


ncha!
Kiji
Von:  Haruko-sama
2011-04-28T10:43:47+00:00 28.04.2011 12:43
Ich schließ mich mal dem allgemeinen "Wölfe?!" an; so schlecht, dass ich das überlese, sind meine Augen auch nicht.
Die Spione umzubringen könnte echt nicht die beste Idee des Taishous sein - wer weiß, wer als Ersatz kommt.
Die Drachen sind zum Glück erst mal aus dem Spiel (wenigstens als potenzielle Bedrohung), allerdings wird die Liste dadurch auch nicht so viel kürzer. Der Taishou kann echt froh über Freunde wie Zunai und Myoga sein.
Abschliebend noch zu der Frage "Woher hatte dann eigentlich seine Tochter ihren Verstand?" - ist doch klar, Papi war großzügig und hat seiner Tochter sämtliche kleine graue Zellen von sich vererbt.^^

LG, Haruko
Von:  Krylia
2011-04-27T17:30:58+00:00 27.04.2011 19:30
Hä? Allein zu den Wölfen? War das ein unbeabsichtigter Spoiler von dir?

Ich finde es tröstlich, dass der Taishou wenigstens ein paar wenige, eindeutig vertrauenswürdige Leute in seinen Reihen hat.
Ob sich sein Misstrauen gegenüber seiner Ehefrau jemals wieder legt? Ich hoffe es und drücke ihm kräftig die Daumen, obwohl ich natürlich weiß, dass auch du ein Freund von Happy Ends bist.
Von:  yamina-chan
2011-04-27T14:26:13+00:00 27.04.2011 16:26
Da ist ja einiges passiert in diesem Kapitel. Ob der Taisho mit den Spionen die richtige Wahl getroffen hat wird sich zeigen.

Und ich stimme cute-neko zu, eine fähige Beraterin an seiner Seite zu haben könnte dem Taisho sicher helfen.
Kompliment auch an Myoga und seinen erfolgreichen Auftrag.
Von:  Teilchenzoo
2011-04-27T11:10:48+00:00 27.04.2011 13:10
Wölfe? Hab ich was überlesen?

Hm, ob es richtig ist, die Spione auffliegen zu lassen? Man könnte sie stattdessen immer mal wieder an der Nase rumführen, das wäre doch auch nützlich. Besser, als wenn nun neue Spione kommen.

Da braut sich ja einiges zusammen. Es wäre an der Zeit, einen geeigneten Loyalitätstest zu finden, um endlich dieses Problem aus der Welt zu schaffen und eine fähige Beraterin an seiner Seite zu haben.

Bin ja gespannt, wie sich das noch so entwickelt.

Lg neko


Zurück