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Sonnenaufgang im Westen

Aus den jungen Jahren eines Hundefürsten...
von

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Bei den Falken

„Ich habe es Euch doch gesagt, Herr Vater,“ zischte Ryura, der Sohn des Clanführers förmlich: „Fürst Susumu hat Recht. Die Hunde danken für Eure Loyalität mit Mord. Töten wir ihn!“

Susumu also. Der Taishou hätte um ein Haar geseufzt. Wo war der Kerl denn noch nicht aufgetaucht? Er ließ seinen Blick nicht von Ryakudatsu. Auch Kujira hatte doch bestätigt, dass der Herr der Falken stets loyal geblieben war Überdies hoffte er, dass der Falkendämon sich an die weniger netten Fähigkeiten des Höllenschwertes erinnerte. Dieser war doch in der einen oder anderen Schlacht seines Vaters dabei gewesen. Allerdings entging ihm nicht, dass einige jüngere Falken, sowohl männliche als auch weibliche, Ryura zustimmten, nur zu begierig schienen, auf ihn loszugehen.

Ryakudatsu erwiderte den Blick ruhig, als er meinte: „Warum ließt Ihr sie hinrichten?“

„Ich mag Spione in meinem Schloss nicht sonderlich gern. Und wer den Auftrag Fürst Susumus übernimmt, mich zu überwachen, sollte wissen, dass er mit dem Leben spielt.“ Der junge Hundefürst bemerkte den raschen Seitwärtsblick vom Vater zum Sohn und fuhr fort, scheinbar beiläufig mit der Rechten sein rechtes Schulterfell ordnend: „Mir will scheinen, dass Ihr nicht darüber informiert wurdet, Ryakudatsu. Genau das hatte ich mir bereits zuvor gedacht und darum kam ich her.“

„Euer letzter Fehler!“ Ryura zog sein Schwert halb aus der Scheide: „Ich werde Euch eigenhändig dafür umbringen!“

„Lass das, du Narr!“ Der Herr der Falken klang etwas verärgert.

„Vater, er hat Sumu umgebracht! Er und sein Vater haben Euch betrogen und belogen. Ich bin der stärkste aller Falken und er nur ein Weichling, der seinen Posten geerbt hat!“

Vielen Dank für die gute Meinung, dachte der Taishou etwas zynisch, meinte jedoch sachlich: „Ich weiß, wie du das feststellen kannst, Ryura.“

Dieser ließ sein Schwert nicht los: „Nur zu gern.“ Der Kerl war ein Weichling, das sah man doch, wenn man ihn nur anblickte. Der hatte ja jetzt bereits Angst. Wie der schon aussah mit diesen langen Haaren....

„Ich wiederhole mich ungern, Ryura: lass es! Wir stehen hier an unserem Nest!“ Ryakudatsu warf einen raschen Blick auf die rechte Hand des Besuchers, die noch immer scheinbar lässig auf seiner Boa lag – keine drei Finger entfernt vom Griff des Höllenschwertes. Er hatte es bereits in Aktion gesehen, als der Vater des jetzigen Fürsten es in einer Schlacht schwang. Unausdenkbar, wenn der nunmehrige Taishou es hier im Horst einsetzen würde – der gesamte Clan wäre dem Untergang geweiht.

Der Fürst blieb noch immer ruhig: „Wenn wir schon dabei sind, Ryura – hast du zufällig eine Ahnung, wohin der Brief verschwand, den der Herr der Wölfe mit einem Falken an mich sandte, um mich von der Geburt seines Erben in Kenntnis zu setzen und mich seiner Treue zu versichern?“

Der Herr der Falken sah jetzt zu dem Hundedämon: „Kujira sagte Euch dies und Ihr habt ihm geglaubt.“

„Ich habe seinen Treueschwur erhalten.“

„Darum kamt Ihr her: Sumu und der ausbleibende Treueschwur der Wölfe.“

„Und der Falken.“

Ryakudatsu holte unwillkürlich etwas zu tief Luft, dämonische Selbstbeherrschung hin oder her: „Ryura! Bist du so weit gegangen?“

„Ich habe Euch davor bewahrt, dem neuen, falschen Fürsten die Treue zu schwören. Wenn Fürst Susumu hier erst das Sagen hat, werden die Falken ein besseres Leben haben, als hier in den Bergen einsam zu leben.“ Der junge Falkendämon nickte: „Wir können dann weg von hier, über die weiten Ebenen des Südens ziehen.“

„DAS war sein Angebot?“ Der Taishou konnte eine gewisse Erheiterung nicht unterdrücken: „Wie hübsch. Du weißt es entweder nicht oder willst nicht wissen, dass unsere Vorfahren einst diese ganzen Berge den Falken auf deren Wunsch hin überließen. Dein Volk gehört in die Berge. Falls du lieber woanders hinwillst, brauchst du es nur zu sagen. Im Übrigen bezweifele ich, dass Susumu Lust verspürt, überall in seinen Ländern von den scharfen Augen der Falken beobachtet zu werden.“

„So wie Ihr auch, nicht wahr? Abgeschieden in dieser Einöde vor uns hin zu existieren....Gut. Wir sind hier am Horst und ich habe durchaus vom Höllenschwert gehört. Ihr tragt es, aber ob Ihr es führen könnt, sei dahingestellt. Ich fordere Euch, Taishou, um Sumus Willen. Und wir kämpfen beide in unserer wahren Gestalt.“

Das Gesicht des Hundefürsten blieb regungslos, obwohl seine Gedanken rasten. Ach du liebe Güte. Was hatte der denn für Ideen? Das musste schon länger in ihm gegärt haben und unter den anderen Falkenjungen wohl auch. Susumu hatte davon erfahren und es ausgenutzt – genauso wie bei Kodoro. Das Spionagenetz des Fürsten musste sehr fein gewoben worden sein. Dieser Tomi schien sein Handwerk zu verstehen. Ryakudatsu umgekehrt hatte wohl nichts davon mitbekommen, seinem entgeisterten Blick nach zu urteilen. Aber ein Duell mit diesem Jungen? Schön, er war nicht viel älter, aber er wagte zu bezweifeln, dass der schon einmal ernsthaft gekämpft hatte, da er sonst kaum diesen hirnrissigen Vorschlag gemacht hätte. Oder dachte dieser, ein Falkendämon sei einem Hundedämon schon dadurch überlegen, dass er fliegen könnte? Das vermochte er auch. Wusste der Kleine denn nicht, dass mit einer gewissen Energiemenge im Körper auch diese Fähigkeit entstand? Was sollte er jetzt sagen? Wenn er ablehnte, stand er als Feigling da und die Falken, womöglich auch mehr Clane, würden ihm nicht mehr folgen. Aber von Kindermord hielt er auch nicht viel. Zwischen dem, was er wollte und dem, was er als Fürst tun musste, lag einiges, erkannte er. Ob das Vater einst auch so ergangen war?

„Du willst kämpfen?“ Die ruhige Stimme des Taishou verriet nichts von seinen Gedanken: „Hier am Horst deines Clans?“

„Herr,“ bat der besorgte Vater und Clanführer, dem eher klar war, was die Folgen sein mochten: „Ich bin sicher, Ryura hat das nicht so gemeint.“

„Ich habe es genau so gemeint, Vater,“ gab sein Sohn zurück: „Der Feigling soll zeigen, was er kann – ohne das berühmte Schwert. Natürlich nicht am Horst. - Aber dort drüben wäre doch eine interessante Fläche. Also, klar: in unserer wahren Gestalt.“

Der Taishou musterte ihn: „Bis einer aufgibt.“

„Das habe ich von dir erwartet! Bis zum Tod!“

Der junge Hundefürst nickte knapp und sprang mit einigen Sätzen zu der angegeben Kuppe. Er wollte weder seine Fähigkeit zum Fliegen zeigen, noch zu viel von seiner Stärke verraten. Dabei dachte er nach. Ryakudatsu würde sicher verstehen, dass er dem Kampf nicht ausweichen konnte, nicht als Herr der westlichen Länder. Aber diesen Dummkopf zu töten – der Tod war eine harte Strafe für Narretei. Leider war er wohl nicht der Einzige unter den Jungfalken, ebenso wenig wie Sumu. Was sollte er nur tun? Siegen, natürlich, um den Westen zu schützen. Aber – wer sollte welchen Preis bezahlen?

Er blieb in seiner menschlichen Gestalt stehen und erwartete seinen Gegner, der ebenfalls herübersprang, sichtlich bemüht, Eleganz und Kraft zu zeigen. Als Ryura vor ihm stand und seine Energie aufflammen ließ, um sich in seine Falkengestalt zu verwandeln, tat dies auch der Hundedämon.
 

„Mein Herr und Fürst!“ Tomi stürzte atemlos in das Arbeitszimmer des Herrn des Südens.

Susumu richtete sich etwas auf. Entweder war sein Ratgeber lebensmüde oder er brachte eine mehr als wichtige Nachricht: „Deinem Gesicht nach zu urteilen bringst du schlechte Neuigkeiten. Wir werden sehen, welche und wie du zu bestrafen bist,“ sagte er fast freundlich.

Tomi schluckte und warf sich lieber flach auf den Boden: „Nachricht aus dem Schloss im Westen. Vier unserer Spione wurden verhaftet und hingerichtet, darunter auch Sumu und Dai.“

„Nur vier?“

„Die anderen scheinen unentdeckt.“

„Scheinen. - Hm. Also waren die Informationen, die zumindest diese Vier in der letzten Zeit brachten, falsch. Der neue Taishou hat sie nur dazu verwendet, sie auffliegen zu lassen. Nicht schlecht, der Gute. Er scheint mehr auf Zack zu sein als sein Papa. - Nun, suche diese Informationen heraus. Es wäre töricht, mit ihnen weiterzuarbeiten. Darunter war sicher auch diese angebliche Schwangerschaft der Prinzessin.“

„Ja, mein Herr und Fürst,“ erwiderte Tomi und wagte es, etwas den Kopf zu heben. Immerhin bekam er einen neuen Auftrag, würde also nicht sofort sterben.

„Und beachte die anderen Drei sorgfältig. Falls sie Informationen liefern, prüfe sie lieber doppelt. – Noch etwas Neues? Was treibt denn unser junger Freund selbst?“

„Ich hörte, er sei mit einigen Wolfskriegern in den Süden gegangen, die einen Heimaturlaub machen.“

„Unsinn!“ Susumu lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander: „Er besucht die Drachen persönlich, er entlarvt Spione – und dann begleitet er seine eigenen Krieger in den Urlaub? Das magst du glauben, mein lieber Berater. Er wird sich persönlich von der Treue der Wölfe überzeugen wollen.“

„Darf ich dazu etwas fragen, mein Gebieter?“

„Tomi, Tomi.....Ja.“

„Ich dachte, die Falken hätten den Brief des Wolfsherrn Euch gegeben.“

„Ja. Und umso erstaunlicher ist es, dass der liebe Taishou mit den Wolfskriegern in deren Heimat geht, ohne eigenes Heer. Der Kerl ist entweder mehr als leichtfertig oder aber er hat wirklich Mut. Nachdem er bei den Drachen den Dryadentest bestand, vermute ich letzteres. Er mag kein Kämpfer sein – aber er hat Mumm. Und Verstand. Ich hatte ganz vergessen, wie viel Spaß Shogi mit einem gleichwertigen Partner macht.“

„Ihr...Ihr klingt angetan.“

„Aber ja. Wenn man von lauter Idioten umgeben ist, bereitet es Vergnügen seinen Kopf mit einem annähernd gleichwertigen messen zu können.“ Susumu schloss kurz die Augen: „Er wird nach Sumus Hinrichtung sicher auch zu den Falken gehen. Zu schade, dass er da nicht gewinnen kann. Der kleine Ryura wird ihn fordern. Und der liebe Taishou muss auf diesen Kampf eingehen. Verliert er, ist er entweder tot oder aber hat sein Gesicht im gesamten Westen verloren. Tötet er dagegen Ryura, und damit nicht nur einen der wertvollen Nestlinge sondern zu allem Überfluss auch noch den des Clanherrn, so werden die Falken alle zu mir schwenken. - Dennoch. Geh und überprüfe die Berichte. Ich werde mit einen neuen Plan überlegen.“

„Aber Ihr sagtet doch gerade, dass der Taishou nicht gewinnen kann....“

Der Fürst seufzte fast etwas: „Muss er zu den Falken gehen? Überdies: es könnte sein, dass er eine gute Idee hat. Seit er an der Macht ist, hatte er jedenfalls verdammt wenig schlechte. Umso wichtiger ist es für mich, Alternativen zu sehen. Jetzt geh. Wenn du Neuigkeiten hast – ich bin in meinem Labor im Keller.“

„Ja, Herr.“ Der Ratgeber rutschte vorsichtig rückwärts.
 

Als Tomi eine Stunde später in den Keller ging, konnte er ein unbehagliches Gefühl nicht unterdrücken. Dämonenkrieger standen hier an jeder Durchgangstür, schweigend und regungslos, aber ab und an plauderte doch einer in seiner Freizeit zumindest Andeutungen über unheimliche Dinge, Gefangene, die man nie wiedersah, und Schreie, die selbst die abgehärtesten Kämpfer nie zuvor gehört hatten. Er selbst war kaum je hier, aber er wagte es auch nicht, dem klaren Befehl zuwiderzuhandeln.

So klopfte er an die schwere Tür des Labors des Fürsten.

„Komm nur, Tomi.“

Woher wusste Fürst Susumu...? Aber der Ratgeber gehorchte. Nur selten war er hier gewesen, aber er kannte den durch ein großes Feuer und viele Fackeln hell erleuchteten Raum. Auf einem langen Tisch in der Mitte befanden sich allerlei Flakone und Gefäße unterschiedlichen Inhalts. Der Schlossherr selbst stand vor einem anderen Pult und blätterte in einem eng beschriebenen Buch, sah nun jedoch auf:

„Dein Bericht?“

Tomi glitt eilig in die Knie, sobald er die Tür geschlossen hatte. „Sowohl Dai als auch Sumu berichteten von der Schwangerschaft, keiner der anderen.“

„Dann war das also der Köder. Gibt es irgendeine Neuigkeit in den letzten Wochen, genauer, seit unser junger Freund Fürst ist, die ebenfalls nur wenige bestätigen?“

„Alle. Keine einzige Nachricht kam von allen sieben. Was nicht ungewöhnlich ist, mit Verlaub, mein Herr.“

„Ich fragte ja auch nach keiner Nachricht, die alle bestätigten, sondern eher dem Gegenteil. Du solltest lernen zuzuhören, mein lieber Ratgeber.“

„Ja, Herr, vergebt...ich....ich bin diese Umgebung nicht gewohnt.“

„Wenn du nicht möchtest, dass dies dein letztes Zuhause wird, solltest du besser aufpassen.“

„Ja, mein Fürst, natürlich.“ Der Ratgeber sah sich lieber nicht genauer um: „Keine Nachricht wurde von mehr als dreien bestätigt.“

„Nun, es geht doch.“ Fürst Susumu trat zu seinem großen Tisch: „Er ist kein Narr, der neue Herr des Westens, in der Tat. Ich werde dir einige Kleinigkeiten geben, die du an eine oder einen unserer Leute im Schloss des Westens weiterleiten wirst. Suche diese Person sorgfältig aus, denn ich werde keinen Fehler und keine Entschuldigung tolerieren. - Falls der Taishou tatsächlich erfolgreich mit den Falken zu Rande kommt, werde ich dafür sorgen, dass er dennoch im gesamten Westen als Schwächling dasteht, sich bis auf die Knochen blamiert hat. Und dazu brauche ich nur eines: seine Ehefrau. Hier. Kümmere dich darum.“

„Ja, Herr. Ich erwarte Eure weiteren Anweisungen, wie genau Ihr die Prinzessin entführen lassen wollt.“

„So ist es gut, mein lieber Tomi.“ Fürst Susumu nahm einige kleine Beutel zur Hand und warf diese nachlässig vor seinen Ratgeber. Sobald diese Stufe seines neuen Planes angelaufen war, wurde es Zeit, sich um Verbündete zu kümmern. Immerhin besaß der Taishou das Höllenschwert und würde es aus Rache oder Zorn sicher einsetzen wollen. Mal sehen, wie der Gute mit Truppen aus der anderen Welt fertig werden wollte. Dazu freilich benötigte er erst noch einiges. Derartige Verbündete waren sehr verwöhnt und verlangten die Bezahlung im Voraus, wie er aus Erfahrung wusste: „Dann höre mir jetzt genau zu.“
 

Die Falkendämonen, bis auf die brütenden Weibchen, die ihre wertvollen Eier nicht verlassen konnten und wollten, waren an den Rand des Hortes getreten, um mit durchaus unterschiedlichen Gefühlen dem Duell zuzusehen. Der Clanführer spürte, dass jemand nahe zu ihm kam, und sah hinunter. Seine Gefährtin blickte zu ihrem Sohn:

„Kannst du ihn nicht aufhalten,“ flüsterte sie: „Er ist doch unser einziges Küken!“

„Ich habe ihn mehrfach gewarnt,“ murmelte Ryakudatsu unglücklich: „Aber Ryaru und auch der Herr der westlichen Länder können nun nicht mehr zurück, ohne das Gesicht zu verlieren. Und das wird ein Dämonenfürst nie zulassen.“

„Aber Ryaru....“

Er legte den Arm um sie, tröstend und doch selbst verzweifelt: „Ich weiß, Liebste. Aber auch er würde eher sterben als diesen Kampf nicht anzutreten. Ich fürchte nur, dass er nicht begriffen hat, wem er gegenübersteht. Ich habe gesehen, was ein mächtiger Hundefürst kann – und ich fürchte, dass sich Ryaru irrt. Das ist kein weicher Feigling – das ist der Sohn seines Vaters. Nur, wo der alte Herr erst zuschlug und sich dann anhörte, was es zu sagen gab, ist der junge Herr anscheinend gewillt erst zuzuhören. Tröste dich damit, dass unser Küken sterben wird, aber der Clan an sich gerettet ist, wenn er siegt und ich ihm noch einmal die Treue schwor.“

„Ryakudatsu...es gibt doch noch andere Junge, die so denken....“

„Ich weiß. Leider habe ich das immer nur für das Gerede gehalten, das so üblich ist....weit weg ziehen, in den Süden, etwas erleben..Woher hätte ich ahnen sollen, dass sie soweit gehen, unseren Eid zu brechen. Nun, es bleibt uns nichts als zu warten. Siegt Ryura, muss ich ihm ernstlich klar machen, wo seine Grenzen sind – nur, ich fürchte, dass ich das dann nicht mehr schaffe. Ich habe in diesem Fall versagt. Als Clanführer und als Vater und es wäre nur richtig, würde er mich dann im Kampf töten.“ Er legte den Arm fester um die Falkendämonin: „Siegt dagegen der Hundefürst, ist unser Nestling tot. Aber der Clan wird leben.“

„So bist du sicher, dass Susumu der falsche Weg ist?“

„Sehr sicher. - Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass er mit Wesen sprach, die nicht von dieser Welt sind, als ich eines Tages weit im Süden meine Flügel schwang. Er war damals mit den Drachen der südlichen Inseln verbündet – sag mir, wo sie nun sind. Es gibt im gesamten Fürstentum keine mehr.“

„Das hast du Ryura nie erzählt.“

„Ich wollte warten, bis er die Sturmjahre hinter sich hat, ehe ich ihn als Erben ausbilden wollte. Das war ein Fehler, gleich, wie dieser Kampf dort ausgeht.“ Der Herr der Falken presste etwas die Lippen zusammen, als er sah, wie sein Sohn sich mit wenigen Flügelschlägen rasch in die Luft erhob. Dessen Taktik würde es sein, stets von oben anzugreifen, den Kopf des Hundedämons mit den scharfen Krallen anzugreifen und gleichzeitig zu versuchen, die verwundbaren Augen, Ohren und Nase mit dem Schnabel zu attackieren.
 

Im westlichen Schloss las die Prinzessin eifrig. Teiko, ihre Haushofmeisterin, und Sorano, ihre Zofe, waren dabei und langweilten sich, ohne freilich die Unhöflichkeit zu besitzen, das zu zeigen. Nur, als sie das nächste Buch anforderte, meinte Teiko behutsam: „Wäre es nicht, bei allem Respekt, Prinzessin, auch ratsam, dass Ihr Laute spielen lernt und anderes?“

„Der Taishou gab Anweisung, dass ich alle Bücher erhalte, die ich will. Du wirst doch nicht seinem Befehl widersprechen wollen?“ Die Prinzessin klang eisig. Laute spielen? Womöglich singen lernen? Sie?

„Ich bitte Euch, bedenkt, dass Ihr im Augenblick Wünsche äußern dürft, da Ihr mutmaßlich einen Erben erwartet. Solltet Ihr den Fürsten enttäuschen und nur ein Mädchen zu Welt bringen, solltet Ihr zusehen, dass Ihr ihn mit weiblichen Tugenden wieder gewinnt.“ Teiko sah zu Boden, als sie einem Blick begegnete, der ihr eigentlich den Tod verhieß.

Aber die Prinzessin dachte nach. Nein, entschied sie dann. Er hatte bislang stets auch Interesse an ihrem Verstand gezeigt, von ihr nicht derartige Dinge verlangt, wie sein Vater mit dem Kimonosticken. Und er hatte ihr nicht nur ein Buch schicken lassen, ehe er abreiste, wohin auch immer, sondern ihr freie Auswahl aus seiner Bibliothek gegeben. Und das, obwohl sie noch immer bewacht wurde und unter Verdacht stand. So befahl sie nur: „Ich wünsche ein weiteres Buch über Bannkreise. Bringe es mir.“

Teiko verneigte sich nur schweigend und ging. Sie hatte ihre Meinung gesagt, zu mehr war sie nicht berechtigt. Überdies wäre es unklug, die Prinzessin aus dem schwebenden Schloss zu verärgern. Brachte sie dem Fürsten den Erben zur Welt, würde sie eines Tages auch über diesen Einfluss besitzen. Mütter waren nie zu unterschätzen. Und auch der Taishou würde ihr sicher eine Bitte gewähren – selbst, wenn diese im Tod einer unbotmäßigen Haushofmeisterin bestand. Mit gewissem Erstaunen erkannte sie auf dem Rückweg aus der Bibliothek den Vater ihrer jungen Herrin: „Fürst Kodoro...“

Der schwarzhaarige Provinzfürst lächelte kurz, als er sich umsah, ehe er leise sagte: „Teiko, wäre es dir möglich, mich zu meiner Tochter zu bringen?“

„Es herrscht strenges Besuchsverbot. Und es stehen Krieger vor ihren Fenstern und ihrer Tür.“

„Ich weiß es, Teiko. Ich möchte sie nur sehen, ob es ihr gut geht.“

„Fürst Kodoro, es geht ihr gut. Aber Ihr würdet Eure Tochter und auch uns einer Strafe aussetzen, wenn Ihr auf Eurem Wunsch beharrt.“

Kodoro seufzte: „Kannst du ihr wenigstens etwas geben?“

„Und was?“

„Diesen Brief.“

„Das ist auch verboten...aber nun gut.“ Sie nahm den Brief und legte ihn in das Buch: „Geht nun. Ich habe nichts gesehen.“

Als der Provinzfürst glücklich davonging, huschte sie in ihr eigenes Zimmer und öffnete behutsam das Siegel. Der Inhalt ließ sie lächeln, ehe sie das Wachs wieder ein wenig erwärmte, um das Öffnen zu verbergen.
 


 


 

**

Während der Fürst allein bei den Falken in der Klemme sitzt, geht Susumu schon einen Schritt weiter – und was läuft im heimischen Schloss?



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  Minerva_Noctua
2012-03-19T09:40:28+00:00 19.03.2012 10:40
Fällt es nicht auf, wenn ein Fürst durch das Schloss geistert?
Susumu gefällt mir. Er ist anders als deine anderen Bösewichte. Erfrischend:)
Gutes Kapitel.

Bye

Minerva
Von: abgemeldet
2011-05-26T05:31:12+00:00 26.05.2011 07:31
Da soll ein Kampf statt finden... und ich muss mich dazu zum nächsten Kapitel bemühen. Da taucht ein geheimnisvoller Brief auf... und ich muss mich zum nächsten Kapitel bemühen. Du bist fies^^

Das Labor find ich interessant. Vielleicht kommts ja zu ner vergifteten Torte oder so (like Asterix & Cleopatra).

Bin gespannt wie es weiter geht.
LG
Von:  Teilchenzoo
2011-05-16T12:05:42+00:00 16.05.2011 14:05
Ach je ... der ist ja bestenfalls in der Mauser. Sturmjahre, das passt.

Hält denn niemand zu dem Fürsten? Diese Teiko ist mir verdächtig. Eine
weitere Spionin Susumus? Und ist Kodoro auf eigene Rechnung unterwegs oder im Auftrag seines "Partners"?

Das sieht ziemlich vertrackt aus ...

Nur dürfte die Entführung der Prinzessin nur mit starker Betäubung gelingen. Ob das dem Baby bekommt? So eine werdende Mutter kann auch gefährlich werden, wenn ihr Kind in Gefahr ist.

Lg neko
Von:  Krylia
2011-05-15T14:22:48+00:00 15.05.2011 16:22
Soooo unwissent, das kleine dumme Küken.
Das könnte ihn den Kopf kosten. Seine armen Eltern tun mir leid. Teenager sind wirklich schwierig.
Aber das Kodoro mal eben einfach so vorbeischauen kann. Und diese Haushofmeisterin ist wohl noch ein Spion. Phuuuu, ich kann Intrigen wirklich nicht leiden.
Von:  kiji-chan
2011-05-13T00:17:47+00:00 13.05.2011 02:17
Ein kleiner unfassabarer Idiot, dieses Küken.
Er fasciniert mich so sehr. Ich muss bei ihm an Einsteins berühmtes Zitat denken.
Zwei Dinge sind unendlich, die menschliche Dummheit und das Universum, aber bei dem zweiterem bin ich mir noch nicht ganz sicher.

Tomi versteht sein Handwerk, Netze zu weben. *Hut abnimm*
Ob der Taishô einen Ausweg findet? Er hat es echt nicht leicht.

Showdown im nächsten Kapitel erst, yay.

ncha!
Kiji

p.s.
Du hast gegen Ende des Kapis Tipfehler in Ryuras Namen (hast da Ryaru geschrieben 2 oder 3 Mal)
Von:  fukuyama
2011-05-12T17:19:26+00:00 12.05.2011 19:19
Herrje, ein Problem nach dem anderen - oder sollte ich besser sagen 'neben' dem anderen? Da sowohl Tessaiga als auch Tensaiga noch nicht erfunden bzw. geschmiedet sind, dürfte unser lieber Hundefürst mit den Untoten so seine Problemchen haben. Aber reden wir hier überhaupt von Untoten? Dass die hohe Preise verlangen (geschweige denn einen eigenen Willen haben), war mir bisher nicht bekannt. Es könnte also durchaus etwas noch ekligeres/gefährlicheres sein.
Der Falkenpapa hat mal wieder alles verpasst, der Taisho darf jetzt ein duell ala 'Er kam in den Westen' hinlegen und die Prinzessin wird verführt. Natürlich fragen wir uns alle ganz gespannt, ob die gute Haushofmeisterin wohl ein Spion des Hundefürsten (oder Susumus?) ist. Und warum sie dann lächelt. Hoffen wir mal, dass die Dame aus dem schwebenden Schloss ihren Intellekt und ihre Treue hier unter Beweis stellt und NICHT auf die "Entführung" eingeht. Ich befürchte allerdings das Gegenteil.

Die Spannung geht also nicht verloren.
(Obwohl mir, ehrlich gesagt, vieles aus "Er kam in den Westen I + II" bekannt vorkommt. Leute mit dunklen Kellerlabors scheinst du ja offensichtlich auch zu lieben.)
Gruß,
Yama^^
Von:  Winifred
2011-05-12T16:59:41+00:00 12.05.2011 18:59
hey hey,

danke für den tipp mit der ff. ich hätte die wohl sonst echt glatt übersehn. gefällt mir richtig gut^^ mal was ganz anderes.
freu mich schon sher auf das nächste kapitel^^ (auch wenn 9 kapitel einfach mal so durchlesen auch ganz cool ist^^ muss man nicht warten xD)

glg
Fred
Von:  Haruko-sama
2011-05-12T16:24:21+00:00 12.05.2011 18:24
Bah, Susumu wird mir immer unsympathischer. In seinem Labor wird der wohl kaum Aspirin herstellen oder sonst was Nettes machen. Aber wenigstens hält er die Schwangerschaft jetzt für falsch, ist doch auch was.
Ryaru... Idiot. Die armen Eltern von dem Sturkopf. Sein Kampf mit dem Taishou kann doch nur ein Desaster werden.
Kodoros Brief macht mich neugierig und bringt hoffentlich seine Tochter nicht in mehr Schwierigkeiten, als sie eh schon hat. Sie zu entführen macht vermutlich nur mehr Ärger als bei der Durchschnittsprinzessin^^

LG, Haruko
Von:  yamina-chan
2011-05-12T14:36:45+00:00 12.05.2011 16:36
Oh, oh, oh...
Die Probleme nehmen kein Ende, scheinen im Gegenteil immer mehr zu werden. Der Taisho tut mir leid.
Aber offenbar gibt es in der Familie der Falken auch einige Probleme.
Und was auch immer da aus dem Süden kam, kann nichts gutes Bedeuten.
Ich frage mich allerdings, wie um alles in der Welt Fürst Kodoro unbemekrt in das Schloss gelangen konnte oô'


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