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Sonnenaufgang im Westen

Aus den jungen Jahren eines Hundefürsten...
von

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Kampf

Der junge Inu no Taishou gab sich zu überrascht zu sein. Ryura war schnell emporgestiegen, kraftvoll. Dieser war anscheinend wirklich unter den stärksten der Falkendämonen. Der Attacke aus dem Sturzflug auf seinen Kopf entging er gerade noch durch ein Beiseitewerfen, Abrollen und ihm wurde bewusst, dass er seinen Gegner nicht schonen können würde, ja, auch nur dürfen würde, um nicht selbst zu verlieren. Er hatte vermutet, dass der nur von sich eingenommen war, keine Kampferfahrung besaß, aber das war wohl ein Irrtum gewesen. Zumindest mit anderen Falken, vielleicht sogar den Wölfen hatte der Sohn des Clanherrn trainiert, womöglich hatte ihn sein Vater auch gegen streunende Dämonen und zu der Grenzsicherung eingesetzt. Er selbst hatte sich überschätzt.

Er rollte wieder auf alle vier Beine. Die Taktik des Falken war klar – immer von oben anzugreifen, um den scharfen Hundezähnen zu entgehen. Damit durfte der nicht durchkommen. Hatten sich die Klauen erst einmal in seinem Kopf verkrallt, wäre dieser dem Schnabel wehrlos ausgeliefert. Und Ryura stieg bereits wieder empor, um den nächsten Sturzflug einzuleiten. Das durfte er nicht zulassen.

So sprang der riesige Hund der Attacke entgegen, durch die eigene Flugkunst für einen Moment schwebend verharrend, ehe er sich gegen den Falkendämon warf.

Ryura wurde vollkommen überrascht. Er hatte nicht mit einem Gegenangriff gerechnet – nicht fast fünfzig Schritte über der Erde. Der Hundedämon konnte fliegen oder zumindest schweben? Noch während er dies begriff wurde er rücklings zu Boden geschleudert, den Taishou über sich, der nach seiner Kehle schnappte. Verdammt! Mit Schnabel- und Flügelhieben gegen das Gesicht des Hundes verhinderte der Falkendämon diese Attacke. Gleichzeitig trat er mit beiden bekrallten Füßen gegen den Bauch des größeren Gegners. Eine Klaue verfing sich im üppigen Fell, das sich wie eine Rüstung um dessen Brust schlang, aber die andere grub sich durch das dichte weiße Haar und Ryura konnte spüren, wie darunter Blut austrat. Er hatte seinen Gegner gezwungen als erster Blut zu vergießen, ja, ihn loszulassen und er jagte förmlich steil in die Luft empor, erleichtert, diesem unerwarteten Gegenangriff entkommen zu sein.

Das war in der Tat eine Überraschung gewesen, gab er zu. Aber der Hundedämon war nur ein weicher Feigling. Noch nie hatte jemand gehört, dass er mehr getan hatte, als an Papas Seite zu stehen, keinen eigenen Kriegszug geführt. Er sollte nur ein Bücherwurm sein. Also war er locker zu schlagen, zumal er kaum je gegen einen Falken geübt haben dürfte. Und mehr als trainieren war sicher nicht drin. Folglich würde er selbst diesmal noch höher steigen, mit Höchstgeschwindigkeit aus dem Sturzflug angreifen. Er hatte solche Manöver oft genug geübt und war auch in der Lage einem raschen Ausweichen noch folgen zu können. Damit würde er siegen, schnell und sicher, und Vater beweisen, dass er dem falschen Fürsten gefolgt war. Fürst Susumu hatte ihm die weiten Ebenen des Südens versprochen, den Flug zu allen südlichen Inseln. Endlich etwas anderes als diese Berge sehen, endlich anerkannt zu werden, nicht nur als Torwächter missbraucht zu werden...

Ryura hatte seine optimale Flughöhe erreicht und sah sich nach seinem Gegner um.
 

Der Taishou blieb mit allen Vieren auf dem Boden. Nicht, weil er zu schwer verletzt war. Ein solcher, wenn auch tiefer, Kratzer beendete kein Duell unter Dämonen. Aber ihm war aus Übung und Kampferfahrung klar, dass der Falke nun zur Sache kam, fast alles in die nächste Attacke setzen würde. Da durfte er sich nicht den Fehler leisten, zu früh ebenfalls in die Luft zu steigen. Dort war er weitaus langsamer als Ryura, zumal, wenn der in den Sturzflug ging, ein eindeutiger Nachteil. Er musste abwarten und den richtigen Moment abpassen – andernfalls hätte er die Krallen in seinem Schädel und den Schnabel womöglich in seinen Augen. Er spannte die Muskeln an und beobachtete genau, wie Ryura erneut eine Runde über ihm drehte, noch einmal Schwung holte, ehe er sich aus fast fünfhundert Schritten Höhe in den Sturzflug warf, rasch die Höchstgeschwindigkeit erreichte. Es war schnell, erschreckend schnell. Da war die Reaktionsfähigkeit verlangt, die er eigentlich nicht aus derartigen Nahkämpfen kannte, sondern nur aus Schwertduellen.

Er ließ den Falken über sich nicht aus den Augen, als er mit aller Kraft emporsprang, damit die Distanz rasch verkürzend.

Der Falke hatte zwar mit einem erneuten Gegenangriff gerechnet, aber diesmal kam er nicht wie zuvor von vorn, gezielt darauf, ihn zu Boden zu bringen, sondern seitlich, um den Krallenfüßen auszuweichen. Der Zusammenprall war hörbar und die Falken, die gerade noch ihr Clanmitglied angefeuert hatten, schwiegen abrupt. Jeder von ihnen wusste, was ein so jäher Stopp aus dieser Geschwindigkeit für einen von ihnen bedeutete – und auch, welchen Schmerz jetzt vermutlich sowohl Ryura als auch der Hundefürst verspüren mussten.

Der Taishou hatte das allerdings geplant und reagierte darum und aus gewisser Erfahrung einen Hauch schneller, als sie gemeinsam wie Steine zu Boden fielen. Er landete auf allen vier Pfoten und sprang unverzüglich erneut los, um seine Chance zu nutzen, den Schmerz in seiner Brust, wo er mit dem kleineren Falkendämon zusammengeprallt war, gewaltsam ignorierend. Mit beiden Vorderpfoten stellte er sich auf die Flügel seines Widersachers, Ryura damit sowohl zwingend, die auszubreiten, als auch ihn daran hindernd, damit nach ihm zu schlagen. Mit seinem vollen Gewicht ließ er sich hinten auf den Falken fallen und er brauchte nicht das schmerzerfüllte Keuchen hören, um zu wissen, dass er diesem damit mindestens ein Bein gebrochen hatte.

Noch ehe er die scharfen Zähne an seinem Hals spürte, die ihn zwangen, den Kopf nach oben zu beugen, wusste Ryura, dass der Kampf zu Ende war. In jäher Panik versuchte er freizukommen, mit dem Schnabel nach seinem Gegner zu hacken, aber der Biss um seine Kehle verstärkte sich bloß noch und dem jungen Falken wurde klar, dass es nur mehr Sekundenbruchteile wären, ehe der Herr der Hunde seine Kehle herausreißen würde. Verzweifelt suchte er den Blick des Dämonenfürsten, aber er konnte ihm nicht in die Augen sehen, in dieser Gestalt auch nicht reden, um Gnade bitten, etwas, das er noch vor wenigen Minuten für unmöglich gehalten hatte. Kampf bis zum Tod, hatte er gefordert – und das würde er nun bekommen...
 

„Gnade für mein Küken, Fürst des Westens!“ Ryura erkannte verwirrt aus den Augenwinkeln, dass sich seine Mutter neben ihn niederkniete, ja, sich tief verneigte und die Stirn auf den Felsboden presste. „Um Eurer eigenen Mutter Willen, bitte, verschont ihn! Er ist doch noch fast ein Kind...“

Ein leises Grollen entkam dem riesigen Hund, als er sah, dass sich auch der Herr der Falken neben ihm auf die Knie warf.

„Er ist unser Einziger,“ sagte Ryakudatsu leise: „Ich bin mir bewusst, dass seine Unverschämtheit den Tod verdient hat, aber ich bin sicher, er hat seine Lektion gelernt. Gewährt ihm die unverdiente Gnade, Herr.“ Auch er beugte sich bis zum Boden.

Es war der bitterste Moment in Ryuras Leben, als sich seine Eltern vor dem Fürsten demütigten, dem er sich so überlegen gefühlt hatte, für ihn selbst um Schonung flehten.

Der Taishou dachte kurz nach, ehe er beschloss, dass der gesamte Falkenclan wohl aus heute gelernt hatte. Immerhin waren auch die anderen Zuschauer inzwischen auf die Knie gegangen. Ryakudatsu würde nun sicher ein sehr wachsames Auge auf seinen Sohn haben. Und er selbst wäre nicht gezwungen, einen so jungen Dämon zu töten um sein Gesicht zu wahren. Er gab den Gegner frei und verwandelte sich zurück: „Ryura ist bereits stark für sein Alter. Sein Verstand hat allerdings damit nicht mitgehalten. Wäre er in beidem erwachsen, würde ich nicht zögern ihn zu töten. Aber für ein halbes Kind höre ich die Bitte der Eltern. Er soll leben.“

Wie die beiden aufatmeten. Er hatte ganz vergessen, wie sehr wohl sich auch sein Vater und seine früh verstorbene Mutter um ihn, ihren einzigen Welpen, gesorgt hatten. Würde er das auch für sein Kind tun, das seine Gemahlin erwartete? Es um jeden Preis beschützen? Ja, entschied er. Es war die Pflicht eines Fürsten sein Land und dessen Bewohner zu schützen, aber das Verhältnis von Eltern zu ihrem Kind war wohl noch einmal etwas anderes.

Ryura spürte, wie seine Mutter ihn fast vorsichtig berührte, ohne zu wagen den Kopf zu heben, als sie sagte: „Ich danke Euch, mein gnädiger Herr. - Darf ich ihn versorgen? Er ist verletzt.“

„Seine Flügel sind geprellt und mindestens ein Bein gebrochen,“ erwiderte der Hundefürst: „Aber es wird heilen. Versorge ihn. - Ryakudatsu, ich möchte noch mit dir reden.“

„Selbstverständlich, Herr. Ich danke Euch ebenfalls für Eure Freundlichkeit. Kommt.“ Der Herr des Flakenclans erhob sich erleichtert mit einem raschen Blick auf seinen Sohn, ehe er den Taishou zu einem anderen Gipfel führte, auf dem mehrere Felsbrocken im Kreis lagen. „Hier findet unser Rat statt“, erklärte er. „Wenn Ihr Euch auf meinen Platz zu setzen beliebt?“ Als sich der Besuch niedergelassen hatte, meinte Ryakudatsu: „Herr, ich möchte Euch noch einmal für das Leben meines Nestlings danken. Seid Euch meiner Treue und der meiner Falken sicher. Und von mir persönlich verlangt, was immer Ihr wollt, damit ich diese Schuld bezahlen kann.“

Der junge Hundefürst wollte schon: „gern geschehen“ sagen, als er bedachte, dass dies kaum der Lage angemessen war. „Danke, Ryakudatsu. - Einen kleinen Gefallen kannst du mir tun. Es wird dem scharfäugigen Clan kaum entgangen sein, dass Botschaften zwischen meinem Schloss und Fürst Susumu ausgetauscht werden. Sumu und die anderen drei gaben Nachrichten weiter. Darum: wie?“

„Sumu....ich kann Euch gar nicht sagen, wie ich das bedauere. Sie war ein solch nettes Ding, Ryura wollte sie zur Gefährtin....“

Darum, dachte der Hundefürst: das also war auch der Grund für diesen Kampf gewesen.

Der Herr der Falken dachte nach: „Ich glaube, annähernd alle drei Tage fliegen Tauben – keine Dämonen – über diese Berge. Sie tragen Briefe. Ich hielt sie bislang für Botschaften zwischen Euch, oder eher Eurem Vater und Susumu.“

„Nein. Fangt diese Tauben ab, öffnet die Briefe und bringt mir Abschriften, ehe sie, so rasch es geht, weiterfliegen dürfen.“ Damit müsste auch schnell klarwerden, von wem diese Briefe geschrieben worden waren. Der Taishou hatte nicht vor, Spionage und womöglich Attentate zu einem festen Bestandteil seines Lebens werden zu lassen.

„Wie Ihr wünscht, Herr. Erlaubt Ihr mir eine weitere Bemerkung?“

„Nun?“

„Danke. - Jemand muss die Tauben in den Westen bringen. Aus der Luft ist das in den dichten Wäldern schwer zu sehen, aber die Nasen der Wölfe könnten denjenigen finden.“

„Da hast du vollkommen Recht, Ryakudatsu, Herr der Falken.“

Der Falkendämon bemerkte für sich wieder den Unterschied zwischen Vater und Sohn. Zwar ließ auch der neue Fürst keinen Zweifel daran, wer der Höherrangige war, aber der alte Fürst hätte sich nie dazu herabgelassen, einen Untertanen offen zu loben. Die Zusammenarbeit konnte künftig angenehm werden – überdies schuldete er ihm das Leben seines Nestlings. Mochten die Winde Ryura gnädig sein, wenn er noch einmal auch nur in Richtung Süden sah.
 

Die Prinzessin blickte auf, als ihre Haushofmeisterin ihr das gewünschte Buch reichte und nahm es. Teiko blickte seitwärts: „Sorano, laß ein Bad für die Herrin vorbereiten.“

Während die Zofe gehorchte, meinte die Prinzessin etwas scharf: „Ich wüsste nicht, dass ich dir diese Anweisung gegeben habe, Teiko!“

„Ehe Ihr zürnt, Herrin, bitte, seht, was noch in diesem Buch liegt.....“

Irritiert sah die junge Dame aus dem schwebenden Schloss hinein und entdeckte den Brief, erkannte die Witterung daran. Ihre Kontaktsperre galt auch für ihren Vater – Teiko ging ein hohes Risiko ein, diesen Brief zu ihr zu schmuggeln. Aber das erklärte auch, warum Sorano aus dem Raum hatte sollen. Bereits eine Zofe hatte sie verraten, sollte es nicht auch die zweite tun? Ja, das war das Siegel ihres Vaters und als sie öffnete, erkannte sie auch seine Handschrift. Zu oft hatte er ihr kurze handschriftliche Notizen zukommen lassen, als sie die Schlossverwaltung übertragen bekommen hatte. Hinzu noch die Witterung...Niemand könnte sie täuschen. Sie las.

„Liebes Kind, noch immer ist es mir unmöglich nach dir zu sehen oder dich zu besuchen. Zunai, der Heerführer, der an der Stelle des Taishou momentan den Befehl führt, verweigert es mir. Ich hoffe, der Fürst kehrt bald zurück und ich werde ihn erneut bitten. Ich mache mir Sorgen, wie du behandelt wirst. Was hast du nur getan, um eine solche Vorsicht herauszufordern? Du solltest besser bedenken, dass du damit auch mich womöglich ins Unglück stürzt...“

Die Prinzessin unterdrückte ihr Lächeln. Ja, das war Vater. Zuerst auf sich bedacht. Und natürlich hatte sie einen Fehler begangen. Es war für ihn als Provinzfürsten gewiss leicht gewesen, herauszufinden, wer bei ihr Dienst hatte.

„Sei demütig gegenüber deinem Ehemann und Fürsten und achte darauf, dass du hübsch und gesund bleibst. Es laufen Gerüchte um, dass du bereits womöglich ein Kind erwartest. In diesem Fall achte besonders auf dich und unternehme alles, damit es zu einem männlichen Nachkommen kommt. Du weißt, dass ich in diesem Fall sehr stolz auf dich wäre...“

Nun, so konnte man es auch formulieren. Er hatte gesagt, dass er nur in diesem Fall sie wieder aufnehmen würde, um gegenüber dem Fürsten in einer besseren Position dazustehen. Er war ihr Vater – aber irgendwie war er ein Idiot, wenn auch ein netter, dachte sie, als sie weiterlas:

„Ich wünsche dir das Beste, meine Tochter, das weißt du – und falls die Gerüchte stimmen - eine erfolgreiche Geburt. Tue alles dafür. Dein besorgter Vater.“

Die Prinzessin blickte auf: „Gib mir die Kerze, Teiko.“

Die Haushofmeisterin gehorchte erst verblüfft, verstand dann, als sie sah, wie der Brief hell aufflammte und zu Asche wurde. Dann erst meinte sie: „Darf ich Euch noch etwas geben? Diese Teemischung wurde speziell für Euch gemischt, wurde mir gesagt. Euer Herr Vater meinte, Ihr sollt auf Euch achten.“

Vater hatte ihr auch noch einen Tee geschickt? Warum ging Teiko nur dieses Risiko ein? Nun, bei dem Tee wohl weniger, aber der Brief....Wenn den jemand gefunden hätte, wäre der Haushofmeisterin eine Strafe sicher gewesen. Wie sie ihren Ehemann kannte, hätte der zwar berücksichtigt, dass sie selbst nichts davon hatte wissen können, aber Vorsicht war besser.

„Nun gut. Ich werde ihn trinken. Und jetzt erst einmal ein Bad nehmen.“

„Selbstverständlich, Herrin. Sorano wird mit der Vorbereitung schon so weit sein.“ Teikos tiefe Verneigung verbarg ihr Lächeln.
 

Der Taishou war ein wenig verwundert, als er die steile Felswand vom Horst der Falken hinunter gesprungen war, unten erwartet zu werden: „Miharu. Sagte ich dir nicht, du sollst gehen?“

Die Wolfskriegerin senkte den Kopf: „Vergebt, mein Herr. Ich...ich wollte damit nicht andeuten, dass Ihr nicht in der Lage wärt, in jeder Situation zu siegen.“

Sie hatte sich Sorgen um ihn gemacht? Die feindselige Stimmung unter den Falken gespürt? Nett und klug: „Es ist nie unnütz, unerwartete Unterstützung bekommen zu können, falls man sie benötigt, Miharu. - Gehen wir zu Kujira. Ich werde die Wölfe auf eine neue Fährte setzen müssen.“

„Ihr seid der Herr der westlichen Länder und unser Schutz.“ Noch während sie der formellen Höflichkeit genüge tat, wandte sich Miharu um und lief bereits bergab. Der junge, so nett wirkende, Fürst war anscheinend fähig genug gewesen, mit den feindseligen Falken fertig zu werden, ja, sie zu zähmen. Und er mochte Neuigkeiten erfahren haben, die auch für die Wölfe wichtig waren. So oder so: die Witterung von zukünftigem Kampf war für sie kaum mehr zu überriechen.
 

Fürst Susumu öffnete eine verborgene Tür im Hintergrund seines Labors und trat mit einer Fackel ein, die er in einen Ständer schob, ehe er sich dem Wasserbecken zuwandte, das dort stand und aus dem kein Sterblicher gewagt hätte zu trinken. Die Flüssigkeit darin war schwarz wie eine mondlose Nacht und seltsamer, dunkler Nebel lag darüber. Er blieb stehen und legte höflich die Hände aneinander: „Kurai josei, ich hätte Euch ein Geschäft vorzuschlagen, das Euch nicht nur Gewinn bringt sondern auch anderweitig interessant sein dürfte. Falls es Euch beliebt in diese Welt zu kommen, werde ich Euch morgen bei Sonnenuntergang im Tale Kinshi erwarten.“

Er wartete eine Weile, aber da keine Antwort kam, wandte er sich ab. Manche Verbündete waren wertvoll und mächtig, da musste man auch mit ihren Launen leben.

Da sagte eine weibliche Stimme: „Susumu, Ihr überrascht mich immer wieder. Weniger, dass Euer Ehrgeiz noch immer nicht gestillt ist, sondern eher, womit Ihr mich und meine Leute bezahlen wollt. Es gibt keinen Drachen mehr in Euren Ländern.“

Er drehte sich um. Natürlich war nichts zu sehen, aber er hütete sich, auch nur unhöflich zu scheinen. „Teuerste, ich hatte nicht angenommen, dass Ihr nur an Drachen interessiert seid. Ihr bekämt durchaus Energie und Seelen, als Anzahlung, von Dämonen und Menschen. Aber was ich Euch als Siegespreis anbiete ist der Herr des Höllenschwertes und eben dieses selbst.“

Einen Moment herrschte Stille, Susumu wusste es sich jedoch zu deuten. Für ein Wesen der anderen Welt war genau dieses Schwert die ultimative Waffe. Kurai Josei mochte ihm Ehrgeiz vorgeworfen haben, aber wer besaß keinen?

„Dann sehen wir uns morgen im Tal von Kinshi. Mit Eurer Anzahlung.“

Die Verbindung war erloschen.
 

So stand der Herr des Südens am folgenden Abend auf einer Anhöhe. Unter ihm hatten urzeitliche Kräfte ein kreisrundes Tal in den Felsen geschlagen. Dort bewachten Dämonenkrieger gefangene Menschen und Dämonen. Eines musste er dieser neuen, überaus lästigen Rasse lassen: sie waren so viele, das sie sich als Geschenk oder Opfer für Verbündete geradezu anboten. Er spürte eine jähe Kälte, die selbst ihm noch immer einen Schauder verursachte, wusste er doch, dass dies ein Hauch jener anderen Welt war, die auch ihn eines Tages erfassen wollte. Und er hätte niemandem gegenüber zugegeben, dass es die Angst vor eben dieser war, die ihn dazu veranlasste, immer mächtiger werden zu wollen, immer stärker in seiner Magie. Es musste einen Weg geben, den Tod zu überlisten, in Wahrheit wie die Götter zu werden, unsterblich. So verneigte er sich nur höflich mit undeutbarem Gesicht.

Neben ihm war eine Gestalt in einer schwarzen Kutte erschienen, umhüllt von einem Hauch aus schwarzem Rauch. Die Kapuze verbarg das Gesicht und obwohl er wusste, dass es sich um eine Frau handelte, hätte er weder Alter noch Figur beschrieben können.

Kurai Josei trat an den Rand: „Nicht schlecht, als Anzahlung. Was wollt Ihr dafür von mir?“

„Ihr wärt doch gewiss in der Lage, den Besitzer des Höllenschwertes aufzuhalten?“

„Gewiss. - Allerdings treibt mich reine weibliche Neugier zu der Frage, warum Ihr Euch mit ihm angelegt habt. Rechnetet Ihr mit meiner Hilfe?“

Das zu bejahen wäre fatal gewesen, erkannte Susumu. „Meine Teuerste, als ob man davon ausgehen könnte, auch nur zu erraten, was Euch beliebt. Womöglich braucht auch niemand etwas zu tun. Er ist ein Feigling. Aber getretene Hunde jaulen manchmal nicht nur sondern wollen beißen. Ich bin dabei seine Ehefrau zu entführen, aus seinem eigenen Schloss.“

„Oh, wie ...peinlich für den Guten. Und was ist an ihr?“

„Sie ist Kodoros Erbin und ich will diese Ländereien. Und, da sie stark sein soll, einen Sohn von ihr. Bekommt sie keinen, kann sie auch Euch gehören. Ist mein Erbe auf der Welt, natürlich erst recht.“

„Sehr stark, also?“

„Ich habe sie gesehen.“

Kurai Josei blickte wieder auf die Gefangenen unten: „Nun, diese, Eure Anzahlung, die Fürstin und das Höllenschwert samt Besitzer, dafür, dass ich ihn aufhalte. Lautet so die Abmachung?“

„Ich würde nur einen kleinen Zusatz vorschlagen, Teuerste: dass Ihr das Höllenschwert nicht gegen mich einsetzt.“

„Einverstanden.“ Die verhüllte Frau hob die Hand. Wie aus dem Nichts erschienen unten im Tal schwarze Wirbel, die die aufschreienden Menschen und Dämonen verschlangen.

Susumu hütete sich, zu erwähnen, dass er seine Krieger eigentlich nicht als Opfer vorgesehen hatte. Dafür war er den Inu no Taishou garantiert los. Wesen der anderen Welt hielten ihre Pakte.
 

**

Während der Herr der Hunde die Falken zähmt, sucht sich Fürst Susumu mit Kurai Josei, der dunklen Dame, schon mal neue Verbündete – und nicht gerade wen Ungefährlichen.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Minerva_Noctua
2012-03-19T20:00:41+00:00 19.03.2012 21:00
Die Unterwelt.
Es bietet sich ja auch an.
Unheimliche Feinde eine entwendete Frau.
Ich bin gespannt, wie der Taishou reagieren wird.

Bye

Minerva
Von: abgemeldet
2011-05-27T14:38:27+00:00 27.05.2011 16:38
Hm... irgendwie war mir klar, dass er ihn verschonen würde. Würde sonst auch seinen Ruf schaden denke ich. Kinder abschlachten ist meiner Meinung nach nicht gerade ehrenvoll.

Das Wesen der anderen Welt ist interessant... ich frage mich, ob sie ihren Pakt halten kann oder ob unser Taisho siegen wird. Ich kenne da ein Schwert, dass ihm helfen könnte. Tensaiga. Mit ihm könnte er dieses Etwas besiegen. Also hopp hopp zu Totosai und Zahn raus. Tessaiga schmieden und Tensaiga abspalten, fertig :)

Bin gespannt wie es weiter geht.

LG
Von:  yamina-chan
2011-05-22T13:44:01+00:00 22.05.2011 15:44
Susumu...der Kerl ist ja fast so lästig wie Naraku.
Nach allem was wir in diesem Kapitel erfahren haben habe ich keinerlei Achtung mehr für ihn übrig.
Kurai Josei klingt nach einem Wesen das dem Westen Probleme bereiten kann. Nun, abwarten wie sich das Entwickelt.
Der Taishou hat sich gut geschlagen in diesem Kapitel.
Von:  Cistus
2011-05-22T13:35:48+00:00 22.05.2011 15:35
Oha, da scheinst du aber einen neuen interessanten Gegener für den jungen Fürsten erschaffen zu haben. Diese dunkle Dame klingt sehr mysteriös und ich vermute mal sie wird kein leichter Gegner für den Taishou sein, den er mit einem Schlag beseitigen kann. Zudem sein selbst der Fürst des Südens seiner neusten Verbündeten nicht über den Weg zu trauen. Da wird wohl beiderseitiger Verrat schon vorprogrammiert sein. Von der Hinterlistigkeit her ist Susumu unserem "liebgewonnenen" Naraku wohl fast ebenbürtig. In jeder neuen Generation scheinen sich unsere Hunde wohl mit den gleichen üblen Gestallten herumschlagen zu müssen.

mfg
Cistus
Von:  Haruko-sama
2011-05-20T21:11:08+00:00 20.05.2011 23:11
Als ob Susumu nicht für sich alleine nicht schon reichte, nein, jetzt kriegt der auch noch Verstärkung. Wenigstens ist er die Falken los, die werden sich hüten, nochmal gegen den Westen zu arbeiten.
Was Elternliebe da ausmacht...
Und die Prinzessin hat Recht, ihr Vater ist wirklich nicht die hellste Kerze im Leuchter. Dieser Brief - da schlägt doch das Herz jeder Tochter höher *Augen verdreh*
Miharu ist knuffig^^

LG, Haruko
Von:  Teilchenzoo
2011-05-20T10:44:09+00:00 20.05.2011 12:44
Hui, das Ganze nimmt ja eine erstaunliche Wende. Wesen aus dem Jenseits ... hoppla. Mit irdischem ist der Hundefürst wohl nicht mehr aufzuhalten? Das sollte Susumu wohl zu denken geben ... wer mit dem Teufel und seinesgleichen paktiert, wird früher oder später von ihnen zerfetzt. Schlimmer, als sie es bei einem Normalen täten. Denn irgendwann kann man seinen Anteil am Pakt nicht mehr leisten, und dann ist man der Verdamnis sicher.

Ich hoffe wirklich, dass Ryura nicht nur gelernt hat, den Fürsten nicht zu unterschätzen, sondern ihn in Zukunft auch als würdigen Herrn achtet. Anerkennung von Fähigkeit ist ja nicht gleich Loyalität.

Die Prinzessin sollte dringend ide finger von dem Tee lassen! Es ist unglaublich, aber die Haushofmeisterin ist auch eine Verräterin! Das zieht ja Kreise, die ich nie erwartet hätte ...

Miharu ist ein sehr, sehr liebes Mädchen^^.

Lg neko
Von:  Krylia
2011-05-19T18:12:37+00:00 19.05.2011 20:12
Klingt ja gruselig. Was diese Leute wohl unter "aufhalten" verstehen...
Kurai Josei... ich weiß, dass Kurai dunkel/düster bedeutet, von daher ein sehr passender Name.
Außerdem scheint diese Frau es nicht ausstehen zu können, als vorhersehbar zu gelten, gegängelt zu werden. Das erinnert mich in wenig an einen gewissen Hundeprinzen... :P

Nun, es scheint auch in Zukunft nicht gerade leicht zu werden für den jungen Herrn der Hunde. Ich drücke ihm jedenfalls auch weiterhin die Daumen.


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