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Blutschuld

Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben
von

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In der Höhle des Löwen

12. In der Höhle des Löwen
 


 

Zögernd stand er vor der Tür zu Ivens Gemach und schallte sich einen Narren. Was wenn er gar nicht dort war? Er klopfte, doch eine Antwort blieb aus. Gefasst betrat den Raum.
 

Obwohl Iven nicht da war, schien seine Präsenz noch den ganzen Raum zu beleben. Wie der Duft eines Parfums konnte er Ivens Gegenwart spüren.

Kurz überlegte er hier zu warten. Hastig schob er den Gedanken beiseite. Nein, unmöglich. Nicht hier. Die Bilder jener Nacht kreisten bereits jetzt wirr in seinem Kopf und er musste klar denken. Irgendjemand würde ihm sicher sagen können wo der Prinz war.
 

Er trat auf den mit Kerzen beleuchteten Gang und ging zu einem der unzähligen Wachposten. Wachposten die es selbst heute, an einem gewöhnlichen Tag, mehr gab als am Abend des Maskenballs.

Gleich was Iven ihm erzählte, Luc war sich mittlerweile sicher, dass es nicht das Schicksal alleine war, welches sie zusammen führte.

Er wollte gerade seine Frage an die steif stehenden Vampire richten, als ihn von hinten Xeis helle Stimme einfing.
 

„Soll ich euch zu ihm bringen?“

Obwohl Luc wusste was seine Augen sehen würde, raubte ihm das strahlende Antlitz wiederum den Atem.

„Bitte.“

Xei lächelte. „Dann folgt mir, Luciel.“
 

Er war sich klar darüber, dass das Anwesen groß war, dennoch schienen die verschlungenen Gänge und Treppen kein Ende zu nehmen.

„Ihr kennt meinen Namen?“, fragte Luc um der unangenehmen Stille Abhilfe zu verschaffen.

„Mein Bruder sprach von euch. Er wusste, dass ihr früher oder später den Weg zu ihm finden würdet.“

„Nun, offensichtlich nicht ganz ohne Hilfe“, scherzte Luc.
 

Was tust du da nur?

Du plauderst mit einem Vampir und benimmst dich noch dazu äußerst albern.
 

„Für euch, jederzeit gerne.“
 

Das war nicht die Antwort die Luc gebrauchen konnte.

Sie schaffte eine Vertrautheit die nicht sein sollte.
 

„Wir sind gleich im Konferenzsaal angelangt. Der Prinz hatte für heute eine Konsultation mit den hohen Adeligen anberaumt.“

„Und ihr seid nicht dabei?“

Das offene Lachen des Vampirs hatte etwas von der Unbeschwertheit des Frühlings in sich. Lieblich und klar, legte es sich auf die Sinne des Jägers.

„Nun, irgendeinen Vorteil muss es ja haben, nicht der Prinz zu sein.“
 

Luc konnte nicht anders als zu lächeln.

Noch nie traf er ein Wesen der Nacht, das ebenso wenig in diese Welt gehörte, wie die Sonne in die Unterwelt.
 

Nur eine Illusion, Luc.

Lass dich nicht um den Finger wickeln.

Ihre Aura ist ihre stärkste Waffe. Vergiss nicht, dass er unter diesem Schein nicht unschuldiger ist, als irgendeines dieser Ungeheuer.
 

„Wir sind da. Ich werde nachsehen, ob die Konferenz beendet ist.

Wenn ihr zuvor noch gestattet.“

Zarte Seide wandte sich um seinen Hals. Die Stickereien waren dieselben, wie auf Xeis Kleidern.

„Zu eurem Schutz.“

Kühle Finger glitten sanft wie ein Brise über Lucs Haut.

„Eure Male den Adeligen zu präsentierten wäre, wie einem Rudel brünstiger Hirsche eine zarte Hindin schutzlos auszuliefern.“
 

Lucs grüne Augen funkelten gefährlich.

Xei war ihm eindeutig zu nah gekommen.
 

„Euer Gleichnis ist unpassend und überflüssig. Ich bin weder eine zarte Hindin, noch schutzlos“, entgegnete der Jäger gereizt.
 

Der Vampir schloss nun auch die letzten Millimeter zwischen ihnen. Dominant wurde Luc von dessen Körper gegen die kalte Marmorwand gepresst.

Augenblicklich schlug Lucs Herz kräftiger gegen seine Brust.

Die Nähe des Anderen erregte ihn genauso, wie sie ihm Angst machte.

Trotz der dunklen Bedrohung, hatte Xeis Wesen jedoch nichts von dem klaren Strahlen eingebüßt.
 

„Welcher Vergleich gefällt dir dann? Der von hungrigen Wölfen, die sich danach verzehren, das Lamm zu reißen?“
 

Schlanke Finger tasteten nach seinem Kinn und strichen vorsichtig über seine Lippen.

Luc konnte den inneren Kampf in Xei förmlich spüren.

Die grauen Augen schimmerten nun wie flüssiges Quecksilber. Toxisch und letal.
 

„Du weißt was wir sind, Jäger. Also nimm dich in Acht und stelle deinen Stolz nicht vor deine Vorsicht.“
 

Das Verlangen in den grauen Augen verschwand eben so schnell, wie es gekommen war und machten einer Traurigkeit platz, die Luc nicht ergründen konnte.
 

Das laute Pochen holte Luc in die Realität zurück. Verwirrt blickte er Xei nach, der hinter der geöffneten Tür verschwand.

Was war das eben?

Noch bevor er seine Gedanken ordnen konnte, kehrte der Weißhaarige wieder.

Mehrere, in Samt, Spitze und Brokat ausstaffierte Vampire, folgten ihm. Achtlos streiften sie, eifrig diskutierend, an ihm vorbei.
 

„Ihr dürft eintreten“, sprach Xei wieder im höflichen Ton.
 

Luc war überrascht, als er den Saal betrat. Er hatte einen biederen Besprechungsraum mit schweren Holzmöbeln und einem großen Konferenztisch erwartet. Stattdessen säumten bunte Kissen die freistehenden Sessel und Diwane. Diener bemühten sich hastig die größte Unordnung aufzuräumen und die goldenen Kelche zu entfernen. Einige von den bedauernswerten Geschöpfen hatten deutliche Bissspuren an ihren Handgelenken.

Luc wurde übel.

Sie hielten Menschen wie Tiere und er war drauf und dran selbst vom Jäger zum Opfer zu werden.

Er schluckte schwer.

Aber deshalb war er hier. Er musste den Schrecken dieser Erkenntnis zum Ansporn seines Tatendrangs machen.
 

„Luc! Schön dich sobald wieder zu sehen.“

Der letzte Diener verschwand und schloss die Tür.

Iven thronte wie ein wahrer Herrscher in einem breiten mit blutrotem Samt bezogenen Sessel. Die Beine in schwarzen Stiefel gehüllt, lagen lässig auf dem Schemel davor.

„Bitte, setze dich.“

Die ausladende Geste wies auf den Diwan neben ihm.

Luc folgte und ließ sich steif auf dem Mobiliar nieder.
 

„Was führt dich zu mir?“

Die tiefe Stimme jagte einen Schauer über Lucs Rücken.

Gut, er würde das Spiel mitspielen. Die Eitelkeit des Prinzen ausnutzen.

Seine Glieder entspannten sich.

„Kannst du dir das nicht denken?“

Sein Blick war verführerisch und verfehlte seine Wirkung auf den Vampir nicht.

Iven erhob sich und gesellte sich neben Luc in die bunten Kissen.

„Ohne Widerstand, Luc? Wo ist dein Kampfgeist geblieben?“
 

Gewandt wie eine Katze beugte sich Luc auf sein Gegenüber und begrub begrub dessen Körper unter sich. Unnachgiebig drückten seine Hände Ivens Handgelenke fest in den weichen Stoff. Sein Kopf senkte sich soweit zu dem Vampir herab, dass er dessen warmen Atem auf seinen Wangen spüren konnte.
 

„Sag du es mir. Du hast mir meine Stellung in der Garde genommen.

Mein Leben in die Bedeutungslosigkeit geführt und mich zu deinem Sklaven gemacht.“
 

Wieder zogen ihn Ivens Augen unweigerlich in den Abgrund.

Die Nähe des Vampirs belebte jede einzelne Faser seines Körpers.
 

„Ich wäre glücklich, wenn du mir gehören würdest, Luc.

Aber ich sagte es bereits. Ich habe nicht einen Tropfen deines Blutes getrunken.

Gekostet ja. Aber nicht aufgenommen.

Wenn du an mich gebunden bist, dann nicht durch Blut sondern durch“.

„Hör auf!“ Lucs Schrei hallte von den Wänden wieder.

„Wage es nicht von Gefühlen zu sprechen, von denen du keine Ahnung hast.“

Ivens Gesicht verzog sich. „Du tust mir Unrecht.

Nun lass mich schon los. Deine Wunden sind noch nicht vollständig verheilt und ich will dir nicht wehtun.“

„Das hast du schon.“

Luc ließ von dem Prinzen ab.
 

„Gibt es hier auch etwas anderes zu trinken als Blut?“ fragte der Dunkelblonde bitter.

„Natürlich.“

Geschmeidig erhob sich der Vampir, um auf einen der Serviertische zuzugehen.

Unauffällig suchten währenddessen die Finger des Jägers nach der kleinen Phiole in der Jackentasche, die er in seiner Hand verschwinden ließ.
 

„Trinkst du mit mir? Ich meine Wein kein Blut?“

Iven lächelte. „Wenn es dich glücklich macht.“

Luc stand auf und ging entschlossen auf Iven zu.

Immer noch lächelnd reichte dieser ihm einen Becher entgegen.

Ignorierend führte die rechte Hand des Jägers den Becher zurück auf den Tisch, während sein Blick den Prinzen einfing.
 

Zögernd wanderte Lucs linke Hand in das seidig schwarze Haar. Er griff bestimmt in den Nacken, um das schöne Gesicht sachte zu sich hinunter zu ziehen.

Überrascht ließ der Vampir sich führe und schaffte selbst mehr Nähe, indem er seine Arme um die schlanke Taille des Jägers wandte.
 

Ein Schauer, gefolgt von Verlangen, befiel Luc.

Behalte deinen Verstand, ermahnte sich der Jäger.
 

Unbemerkt rieselte das weiße Pulver in den Kelch, während seine zitternden Lippen sanft über die des Vampirs strichen.

Die Leidenschaft mit der Iven nun seinen Kuss einforderte, erschreckte ihn.

Seine Lippen standen in Feuer und schmeckten den süßen Geschmack von Glück.

Ivens Zunge forderte mehr. Herausfordernd führte sie Luc in einen innigen Kampf um Befriedigung.
 

Luc wurde schwindelig.

Er hatte erwartet, dass es Iven gelingen würde ihn zu verzaubern.

Auch war er darauf vorbereitet gewesen, dass er Sehnsucht verspüren würde, der er nur schwer widerstehen konnte.

Nun jedoch, wurde er mit Gefühlen konfrontiert, die ihm so fremd erschienen, dass es ihm Angst machte.

Es war mehr als hitzige Leidenschaft und mehr als feurige Lust.

Es war vollkommen.

Er fühlte sich glücklich, zufrieden und auf eine seltsame Weise frei von aller Last.
 

Mit aller Kraft rief er sich die Schreie seiner sterbenden Mutter in Erinnerung.

Er brauchte den Schmerz, um sich nicht zu verlieren.

Das Echo war nur schwach, aber es genügte, um sich von dem Kuss zu lösen.
 

Hastig rang er nach Luft.

„Bitte gib mir Zeit.“

Ivens Augen waren unergründlich.

„Wenn ich etwas habe, dann ist es Zeit und ich schenke dir davon, so viel wie du willst.“

Die warmen Lippen des Prinzen kitzelten an seinem Ohrläppchen.

Wie er dieses Gefühl hasste.

„Wenn du willst auch die Ewigkeit.“

Lucs Herz stach.

Entschlossen griff er nach den beiden Kelchen und reichte einen davon Iven entgegen.

„Dann auf einen Neuanfang, Prinz.“
 

Ohne zögern tranken sie.

Luc schloss dabei die Augen.

Erst das Klappern des Bechers auf dem Fußboden, ließ ihn seine Augen wieder öffnen.

Iven schwankte und starrte fassungslos in das Gesicht des Jägers.

Gewandt fing Luc den taumelten Körper auf.
 

„Süße Träume, mein Prinz“, flüsterte der Jäger.
 

Behutsam legte er den stattlichen Körper in die bunten Kissen.

Mit einem Ruck zerriss er das schwarze Hemd, um die Brust des Vampirs freizulegen.
 

Sein Herz war schwer. Bedrückende Enge, die ihm das Atmen erschwerte.

Wehmütig strichen seine Finger über den makellosen Körper.

Du hast dein Ziel fast erreicht.

Nun zaudere nicht länger und bringe dein Leben wieder in Ordnung!
 

Als er die Klinge ansetzte, hatte er das widersinnige Empfinden etwas Falsches zu tun.

Iven hatte ihm vertraut. Und er würde ihn nun feige im Schlaf ermeucheln.

Wenn du gleich deinen Auftrag ausgeführt hättest, dann stündest du jetzt nicht vor diesem Dilemma.

Es gibt nichts mehr zu überlegen!

Für die Gilde, den Dienst in der Garde, für Phil, für Vernon, für all die Menschen die ihr Leben für Bestien wie ihn lassen mussten.

Befreie die Welt von ihm. Übe Gerechtigkeit.

Los!
 

Es half nichts.

Fieberhaft versuchte sein Verstand sich Willenskraft zuzusprechen.

Seine Gedanken Bilder des Grauens aufzubauen, um seinen Hass zu schüren.

Doch die Vergangenheit blieb verschwommen.

Das Gefühl von eben wich nicht und hinderte ihn daran, den Dolch in das Fleisch zu treiben. Unvermögen, das sich wie eine Geißel um ihn schlang.

Luc hatte das Gefühl zu zerbersten.
 

Er sprang auf. Fluchtartig lief durch den Raum und stürzte auf den Balkon, in die eisige Nachtluft.

Sein Körper zitterte.

Weinend brach er zusammen und sank auf die Knie.
 

„Du bist erbärmlich, Luciel Baldur. Abschaum für die Welt.“

Jedes Wort brannte wie flüssige Lava in seiner Kehle.

„Heute Nacht hast du jedes Recht auf Leben verwirkt.

Das Andenken deiner Familie beschmutzt.“
 

Seine rechte Hand schloss sich unnachgiebig um die Klinge des Dolches.

Den Schmerz merkte er kaum.

Mit Genugtuung folgten seine geröteten Augen den Weg, den sein Blut in die Ritzen des grauen Steins nahm.

Ja, ich werde bluten.

Soeben habe ich mein eigenes Todesurteil unterschrieben.

Meines und das so vieler anderer Unschuldiger.

„Ich verdiene schlimmeres als den Tod.“
 

„Seid nicht so hart mit euch.“

Luc fuhr zusammen.

Xei stand ruhig hinter ihm.

„Wie lange steht ihr schon da?“

„Lange genug um euren Schmerz zu bedauern.“

Sanft fassten Xeis Hände nach seinen Schultern und richteten ihn auf.

Luc wagte es nicht in die grauen Augen zu blicken.
 

„Lasst los, Luciel.“

Die Klinge viel scheppernd auf den Boden und der Klang rüttelte Luc wach.

Er wollte weglaufen, doch Xei hielt ihn fest.

„Seid vernünftig. Wenn ihr jetzt Hals über Kopf losstürmt, wird es nicht lange dauern, bis die Wachen herausfinden, was soeben geschehen ist.“

„Und was, wenn ich sterben will?“

Tränen bahnten sich hartnäckig ihren Weg und machten ihm die beschämende Tragweite seiner Situation bewusst. Er wollte Xei keine weitere Schwäche zeigen, doch so sehr er sich bemühte, sein Körper gehorchte ihm nicht.

Er hatte sämtliche Kontrolle verloren.

„Ich glaube nicht, dass ihr das wollt. Ihr seid ein Kämpfer, kein Feigling.“

„Das sehe ich anders.“
 

Xei sagte nichts weiter. Schweigend bugsierte er den Dunkelblonden zurück in den Saal.

„Lasst mich das verbinden.“

Ohne eine Zustimmung abzuwarten, wischte der Weißhaarige das Blut von Lucs Hand und band fürsorglich ein Tuch um die Wunde.
 

Die klare ruhige Präsenz des Vampirs legte sich wohltuend auf Lucs Geist.

„Was geschieht jetzt?“, fragte er nachdem sich sein Gemüt vollends beruhigt hatte.

Zaghaft wanderten seine grünen Augen zu dem schlafenden Vampir.

„Das liegt an euch. Wenn ihr gehen wollt, wird euch Iven sicher ziehen lassen.“

Luc grinste ungläubig.

„Ich habe ihn eben betäubt und wollte ihn töten.“

„Ja, wolltet.“
 

Die Worte waren wie ein Schlag in Lucs Magengrube, auch wenn Xei sie ohne Spott sprach.

„Mein Bruder wusste nur zu gut, auf was er sich einlässt. Aber er vertraute darauf, dass ihr ihn nicht hintergehen würdet. Und letztendlich habt ihr das nicht.

Zum dritten Mal, Luciel.

Ihr hattet wiederholt die Gelegenheit gehabt und euch für, statt gegen ihn entschieden. Er wird sicher wütend über euren hinterlistigen Versuch sein, aber ich kenne Iven. Mehr als verärgert wird er darüber erfreut sein, abermals ein Zeichen eurer Zuneigung und Gunst erhalten zu haben.“
 

Der Jäger wollte widersprechen, den Worten an Gewicht nehmen.

Aber Xei sprach die Wahrheit mit einer Reinheit, die nichts als Verständnis innehatte. Ein stiller Zuspruch, dass nichts Falsches an seinen Entscheidungen haftete.

Beinahe naiv.
 

„Werdet ihr mich aufhalten, wenn ich jetzt gehe?“

Lucs Worte klangen flehender als gewollt.

„Nein. Wenn ihr gehen wollt, hindere ich euch nicht.

Iven sagte ihr seid frei. Demnach steht es euch zu, zu gehen wohin ihr wollt. Aber seid versichert, dass ihr früher oder später wieder zu ihm zurückkehren werdet. Denn letztendlich flieht ihr nicht vor ihm, sondern vor euren Gefühlen und die werden euch überall hin begleiten.“

Naivität, durchzogen mit Weisheit.
 

„Was kann ich tun?“, fragte Luc mehr sich selbst als sein Gegenüber.

Umso unerwarteter drang Xeis Äußerung in sein Bewusstsein.

„Nichts.

Nur die Bindung zu einem anderen Vampir, kann euch von ihm lösen.

Euch das intensive Gefühl von Erfüllung geben, welches ihr in Iven gefunden habt, erleben durftet und nicht mehr missen wollt.“
 

Geschockt sah der Jäger in das sanfte helle Gesicht.

„Das wäre wie den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.

Ich glaube nicht, dass auch nur einer von euch besser ist als der andere.

Ihr seid Bestien, allesamt.“

Xei schmunzelte.

„Ah, da ist es ja wieder. Das Feuer des Jägers.

Bleibt bei eurer Meinung, wenn ihr wollt, Luciel. Aber denkt darüber nach, wenn ich sage, dass nicht jeder so schlecht für euch sein muss, wie der andere. Und auch darüber, dass Liebe in Anbetracht der Ewigkeit, immer einen anderen Stellenwert haben wird als in der Sterblichkeit.“
 

Der Körper des Prinzen zuckte unruhig.

„Er wird sicher bald erwachen. Wenn ihr ihm nicht Rechenschaft ablegen wollt, sollten wir gehen.“

Luc nickte dankbar.
 

Schweigend schritten sie eilig über die Korridore.

„Ab hier solltet ihr den Weg alleine finden.

Nimmt das, ihr werdet es sicher noch brauchen können.“

Überrascht griff der Jäger nach dem geweihten Dolch, der ihm von Xei entgegen gereicht wurde.

„Lebt wohl, Luciel.“

„Luc. Bitte nenne mich Luc.“
 

Da war sie wieder, diese Unbeschwertheit des Frühlings um Xeis Lippen.

Erfrischend wie der junge Morgen. Belebend und wärmend, wie die ersten Sonnenstrahlen nach einer kalten Nacht.

Bei all seinem Dilemma und Abneigung für Vampire, konnte der Jäger nicht umhin, diese Schönheit zu bewundern.
 

„Dann lebe wohl, Luc.“
 

Kaum war Xei verschwunden, fühlte er die Last der Einsamkeit auf seinen Schultern.

Er lief weiter Richtung Ausgang.
 

Nenne mich Luc. Was hast du dir nur dabei gedacht?!

Gleich was, du wirst nicht zurückkehren.

Niemals.
 


 

Der Prinz regte sich und richtet sich sogleich langsam von seinem Bett auf.

„Wieso bin ich hier?“, fragte der Schwarzhaarige ungläubig.

„Schön, dass du aus deinem Schlaf erwacht bist. Ich habe dich in dein Gemach gebracht.

Ich hoffe du hattest süße Träume, Bruder?“

Der Prinz brauchte einen Augenblick, um sich die letzten Stunden ins Gedächtnis zurückzurufen.

„Luc! Ich habe ihn unterschätzt.

Wo ist er?“
 

Xei reichte dem Prinzen einen Kelch zur Erfrischung entgegen.

„Nun, du hast ihn zumindest nicht gänzlich falsch eingeschätzt.

Ich kam erst, als er sich bereits entschieden hatte.

Für dein Leben.

Du bist ein hohes Risiko eingegangen. Ich danke Gott, dass er deinen Leichtsinn nicht strafte.

Ich denke Luc hat nun mit seinem Gewissen zu kämpfen und wird Abstand suchen.“
 

Iven lächelte zufrieden.

„Dann bin ich meinem Ziel nicht mehr fern. Er wird zurückkommen.

Und dann, gehört er mir.“
 

Interessiert musterte Xei seinen Bruder.

„Sag mal, was hast du mit ihm vor?

Es ist lange her, dass ich deine Augen so sehr brennen gesehen habe.“
 

Ernst starrten nachtschwarze Augen in die Leere.

„Ich will, dass er Wachs in meinen Händen wird.

Er soll sich selbst aufgeben.

Mir aus freien Stücken, mit Leib und Seele gehören.

Und wenn es so weit ist, werde ich ihn brechen.

Sein Herz in tausend Stücke zerschmettern.

Er soll voller Verzweiflung und Qual vergehen.

So wie ich einst.

Sein Leid wird für mich köstlicher sein, als jeder Blutstropfen.“
 

Xei verstand.

„Dann hast du ihn gefunden, den Mörder von Cecilia.“
 

Feuer loderte nun in den tiefschwarzen Augen auf.

„Ja. Ich wusste, dass die Gilde nur ihren besten Elitejäger schicken würde, mich zu töten. Wer wäre nicht der Beste als jener, der bereits meine Schwester ermordete.“
 

„Iven?“ Xei ließ sich fragend neben dem Schwarzhaarigen auf das mit Seide bezogene Bett nieder. Seine feine Hand legte sich zärtlich auf die Schulter des Prinzen.

„Bist du sicher, dass du alles unter Kontrolle hast?

Ich kenne dich. Deine Gefühle für ihn bestehen nicht nur aus Rache und Hass.

Ich selbst bin von seinem Wesen auf eine berauschende Art fasziniert.

Und wir fühlen oft ähnlich, Bruder.“
 

„Lass deine Finger von ihm“, fauchte der Prinz.

Xei wusste, dass er die Drohung ernst nehmen sollte.

„Cecilia war meine Schwester, mein Fleisch und Blut. Uns hingegen verbindet nur das Blut unseres Schöpfers. Also bilde dir nicht ein, mich verstehen zu können.“
 

Xei zog seine Hand zurück.

„Nein, und dennoch habe ich Recht.

Nimm meinen Rat an, Iven, und hüte dich, nicht dein eigenes Herz zu verlieren.“
 

„Ich habe keines mehr.“

Die Worte waren nur geflüstert, doch die Bitterkeit in ihnen war lauter zu hören, als jeder Schrei.

Xei erhob sich. Trotz des Mitgefühls hatte er noch etwas klar zu stellen.
 

„Was Luc angeht, so tut es mir leid.

Du weißt, dass meine Loyalität immer dir, dem Prinzen, gehören wird.

Aber du hast ihn gebissen, ihn markiert, ohne sein Blut vollends mit dem deinem zu mischen. Damit hast du ihn zur Jagd für alle hohen Adeligen frei gegeben.

Du wusstest, welches Risiko du damit eingehst.“
 

„Seine Ausbildung und sein Hass auf unsere Art wird ihn schützen. Ich bin der einzige, dem er erliegen wird.“

„Gut, dann brauchst du dir ja keine Sorgen machen, dass auch ich mich nicht zurückhalten werde.“
 

Iven lachte. Ob aus Stolz oder Spott konnte Xei nicht definieren.

„Na schön. Gleiches Recht für alle. Aber mach dir keine Hoffnung. Bereist jetzt ist er mir verfallen. So sehr, dass er all seine Prinzipien verraten hat. Glaubst du allen ernstes, dass ein Elitejäger es zulassen würde, dass er für noch einen weiteren Vampir seine Schwäche entdeckt?“
 

Xeis dunkelrote Lippen warfen dem Prinzen ein geheimnisvolles Lächeln zu.

„Wir werden sehen. Vielleicht zeige ich ihm einfach, dass ich nicht eine Schwäche bin, sonder seine Stärke sein kann.“
 

Der Prinz reagierte gereizt.

„Tu was du nicht lassen kannst, Xei. Aber sei gewarnt.

Ich werde nicht zulassen, dass du dich einmischst. Wenn er mir folgt und ich ihn vernichte, dann hast du das zu akzeptieren.“
 

Wie stets fügte sich der Weißhaarige in die Order seines Bruders.

„Natürlich, mein Prinz.“

Mit einer leichten Verbeugung, verließ er das Gemach.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  whitePhobia
2012-04-16T18:14:03+00:00 16.04.2012 20:14
Schon wieder ein Mordversuch, der gescheitert ist. Eigentlich hätte ich Luc ja gewünscht, dass es ihm diesmal gelingt.
Ich kann Toastvieh nur zustimmen, auch ich mag Xei, auch wenn mir noch nicht ganz klar ob er nun Komplize oder Gegenspieler Ivens ist. Auf jeden Fall ist er ein interessanter Charakter. Ich hoffe er kommt noch häufiger vor.
Von: abgemeldet
2012-02-24T16:03:53+00:00 24.02.2012 17:03
Das ist absolut genial.
Ich glaub mich hat noch nie eine Geschichte so gefesselt... vor allem, weil ich noch nie etwas mit ausschließlich Männern als Hauptfiguren gelesen habe ;D
Echt süß. Hoffentlich gehts genauso gut weiter =)

LG
Von:  Toastviech
2012-02-23T23:01:44+00:00 24.02.2012 00:01
Hey,

ich habe durch Zufall das neue Kapi gesehen.
Es ist sehr schön geworden und ich liebe es!

Vorallem Xei mag ich sehr, fast noch mehr als Iven.
Vielleicht weil er viel sympatischer ist als der Prinz, der vom Hass zerfressen ist und sein eigenes Leben aufgibt?
Irgendwie tut mir der Prinz leid.
Aber was er mit Luc vor hat verachte ich zutiefst. Ich hoffe Xei rettet den kleinen Jäger.
Unser Prinz liegt ganz schön falsch, wenn er denkt, dass Luc nur bei ihm seine Schwächen zeigt.

lg Toastviech


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