Zum Inhalt der Seite

Noch eine Chance

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nächtlicher Aufbruch

„Zieh das an, Raivis. Ich würde dir auch anbieten, ein Bad zu nehmen, aber wir haben sehr wenig Zeit.“

„Wenig Zeit?“, fragte Raivis ängstlich. „Warum?“

Ivan lächelte. „Es wird alles gut, kleiner Raivis. Geh ins Bad und zieh dich um.“

Raivis sah hinunter auf das Bündel Kleider, das Ivan ihm gegeben hatte. Vorsichtig betastete er den roten Pullover, der zuoberst lag. „Ich soll das anziehen?“, fragte er leise.

„Natürlich. Das sind deine Kleider, Raivis.“

Noch immer machte Raivis keine Anstalten, sich zu rühren. Stattdessen kaute er auf seiner Unterlippe und blinzelte einige Male. Ivan runzelte leicht die Stirn und bemerkte plötzlich, dass Raivis Tränen in den Augen hatte.

„Was ist los?“, fragte er bestürzt.

„Es ist...“, brachte Raivis hervor und schluchzte auf. „Es sind m-meine Kleider. A-als ob ich wieder ich selbst sein könnte. Als ob... als ob nie etwas passiert wäre.“

Behutsam tätschelte Ivan seinen Kopf. „Es kann alles wieder wie früher sein, kleiner Raivis.“

„N-nein“, widersprach Raivis und schüttelte den Kopf. „Nein. Ich g-glaube nicht, dass es wie früher sein kann. N-nicht mehr.“

Ivan sah auf ihn hinunter und wusste nicht, was er tun sollte. „Mal sehen, kleiner Raivis“, sagte er leise. „Wir werden noch sehen, ob es wieder wie früher wird. Aber jetzt geh und zieh dich um, ja?“

Raivis nickte, zog die Nase hoch und verließ den Raum. Ivan sah ihm nach und wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Er ging hinüber zu dem kleinen Tisch, auf dem die Teetassen standen, die Raivis und er benutzt hatten. Aus irgendeinem Grund widerstrebte es ihm, sie hier stehen zu lassen. Andererseits, was sonst hätte er damit anfangen sollen? Es blieb beileibe nicht mehr genug Zeit, um den Abwasch zu machen. Wozu denn auch?

„Vanya?“

Hastig trat er hinaus auf den Flur. Yekaterina kam gerade die Treppe herunter und knotete ein Tuch unter ihrem Kinn fest. Sie sah noch älter und besorgter als sonst aus.

„Was ist passiert? Toris hat gesagt, Raivis wäre wieder hier und wir müssten alle weg...“

„Wir werden gehen“, sagte Ivan. „Bist du dick genug angezogen?“

„Ja, aber...“

„Ich werde meinen Mantel holen gehen.“

„Wann erklärst du uns, was du vorhast, Vanya?“, rief Yekaterina ihm hilflos nach. Ivan blieb noch einmal kurz stehen und sah sich über die Schulter zu ihr um, um ihr zuzulächeln.

„Wir werden gehen. Was gibt es da noch zu erklären?“

Damit machte er sich auf den Weg die Treppe nach oben.
 

Als Ivan die Treppe wieder hinunter stieg, dick in seinen Mantel und einen Schal eingepackt, standen die anderen schon unten vor der Eingangstür. Yekaterina und Natalia sprachen leise miteinander. Eduard trat nervös von einem Bein aufs andere. Toris trug irgendein Kleidungsstück über dem Arm.

„Ein Mantel für Raivis“, erklärte er atemlos, als er Ivans fragenden Blick bemerkte. „Sie hatten ihm ja keinen mitgenommen, und ich dachte...“

„Du denkst mit, Toris“, sagte Ivan und lächelte. „Das gefällt mir.“

Toris konnte nicht lächeln vor Anspannung. „Ist er wirklich wieder da?“, flüsterte er.

„Er ist im Bad und zieht sich um. Ich dachte nicht, dass er so lange brauchen würde...“

„Da“, unterbrach Eduard ihn und hob die Hand. „Da ist er.“

Alle drehten sich um. Raivis war gerade den Flur hinunter gekommen. In seinen gewohnten Kleidern sah er gleich weniger fremd aus, dachte Ivan. Andererseits war jetzt eindeutig, wie sehr er abgenommen hatte. Früher hatten die Kleider ihm wesentlich besser gepasst. Die anderen starrten Raivis an, als sei er eine Erscheinung. Unsicher, wie er mit all der Aufmerksamkeit umgehen sollte, hob Raivis eine Hand und winkte ihnen zaghaft.

„Raivis?“, flüsterte Toris und schüttelte den Kopf. „Nein... das kann nicht...“

Ungläubig trat er näher auf ihn zu. Plötzlich verzerrte sich sein Gesicht, als wolle er weinen. Er rannte die paar Schritte zu Raivis hinüber, schlang die Arme um ihn und drückte ihn so fest an sich, dass Raivis einen überraschten Laut von sich gab.

„Verzeih mir“, brachte Toris hervor und schüttelte den Kopf. Tränen liefen durch sein Gesicht. „Verzeih mir... dass du wieder da bist, Raivis... dass du wirklich...“

„Es geht mir gut“, sagte Raivis gedämpft, weil sein Gesicht an Toris' Brust gedrückt wurde.

Yekaterina schluchzte auf und presste die Hand vor ihren Mund. Ivans Blick wanderte von ihr zu Toris, der noch immer Raivis an sich drückte, und er räusperte sich leise.

„Es tut mir Leid, euch unterbrechen zu müssen, aber ich habe euch nicht nur wegen Raivis geweckt. Wir sind hauptsächlich hier, weil wir gehen werden.“

Es dauerte eine Weile, bis die anderen darauf reagierten. Toris ließ Raivis sehr langsam los und wischte sich über die Augen.

„Wohin denn?“, fragte Natalia.

Ivan zog die Schultern hoch und lächelte. „Irgendwohin. Zuerst einmal weg von hier.“

„Aber wieso denn?“, fragte Yekaterina ängstlich.

„Weil ich es sage, Schwesterherz“, erwiderte Ivan und lächelte sie an. „Ich sage, wir gehen. Ich übernehme die volle Verantwortung.“

„Aber...“, begann Eduard fassungslos.

„Tut, was ich euch sage“, unterbrach Ivan ihn und trat auf die Haustür zu. „Habt ihr alle eure dicksten Kleider an?“

„Aber Vanya... wollen wir gar nichts sonst mitnehmen?“

„Wir haben keine Zeit, Katyusha. Hauptsache, wir kommen hier raus.“

Seine Worte brachten Eduard und Toris dazu, ratlose Blicke zu tauschen. Ivan ignorierte sie, öffnete die Tür und fröstelte, als ihm Schnee entgegen stob.

„Es ist nicht ganz einfach, hier herauszukommen, aber ich weiß, wie wir es schaffen können. Ihr werdet ganz genau tun, was ich euch sage, bis wir das Grundstück verlassen haben.“

„Und danach?“, murmelte Eduard so leise, dass niemand es verstand.
 

Hintereinander traten sie hinaus in die Dunkelheit. Niemand sagte ein Wort. Ivan schloss die Tür ab, nachdem sie alle draußen waren, und atmete tief durch. Durch die Dunkelheit sah er nichts, doch er wusste, dass der Zaun aus Maschendraht sich zwei Meter hoch um das gesamte Grundstück zog. Sie hatten keine Chance, hinüber zu klettern. Vor ihnen führte der Weg durch den Schnee, den Toris und Eduard am Morgen freigeräumt hatten. Seitdem hatte es nicht noch einmal geschneit.

„Wir werden dem Weg folgen“, flüsterte Ivan den anderen zu, die sich um ihn versammelt hatten. „Ihr werdet zurückbleiben, bevor wir das Tor erreichen. Ein paar Meter neben dem Tor könnt ihr den Draht hochheben und darunter hindurch kriechen. Ihr müsst sehr leise sein, damit der Wächter euch nicht bemerkt.“

„Aber der Wächter ist da, um uns vor Feinden von draußen zu beschützen“, sagte Natalia und runzelte die Stirn.

„Ach ja?“ Ivan lächelte ihr zu. „Wieso steht er dann immer so, dass er nicht die Umgebung, sondern unser Haus beobachten kann?“

Niemand antwortete ihm und er fuhr fort. „Ich werde zu dem Mann gehen und versuchen, ihn abzulenken. Ihr werdet alle durch das Loch unter dem Zaun entkommen. Wem von euch kann ich...“ Er verstummte. Eigentlich hatte er wem von euch kann ich am meisten vertrauen? fragen wollen, aber plötzlich wurde ihm klar, dass er niemandem von ihnen wirklich vertrauen konnte.

„Toris“, sagte er kurz entschlossen und hielt ihm seinen Schlüsselbund hin. „Nimm du die. Ihr wisst, wo der Parkplatz ist? Die Schlüssel passen zu dem Wagen ganz rechts unter dem Baum. Du gehst zuerst, Toris, läufst vor und schließt die Türen auf. Du setzt dich ans Steuer, aber warte, bis alle anderen dich eingeholt haben und im Auto sitzen, verstanden? Sobald alle da sind, startest du den Motor.“

„Und was machst du, Vanya?“, fragte Yekaterina mit großen Augen.

„Ich lenke weiter die Wache ab. Sobald ich den Motor höre, laufe ich zu euch. Fahr nicht los, bevor ich nicht da bin, hörst du, Toris?“

„Verstanden“, sagte Toris leise und umklammerte die Schlüssel fest.

„Aber dann kannst du Vollgas geben.“

„Was, wenn der Wächter dich aufhält, Vanya?“, fragte Yekaterina ängstlich. „Was, wenn er auf dich schießt?“

„Das Motorengeräusch wird ihn ablenken. Ich schaffe das schon, Katyusha“, sagte Ivan und lächelte. „Er wird keine Möglichkeit haben, auf mich zu schießen. Es wird alles gut.“

Yekaterina nickte unschlüssig.

„Also los“, sagte Ivan und holte tief Luft. „Gehen wir.“
 

„Guten Abend.“

Der Wächter fuhr herum, das Gewehr im Anschlag. Als er erkannte, dass Ivan unbewaffnet war, nahm er den Finger vom Abzug, ließ den Lauf aber nicht sinken.

„Ich bin Ivan“, stellte Ivan sich vor und bemühte sich um ein höfliches Lächeln. „Ich wohne da.“

Er deutete über die Schulter zurück, versuchte aber, sich nicht zu hastig zu bewegen. Der Wächter musterte ihn kritisch.

„Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen“, plauderte Ivan einfach drauflos. „Sind Sie öfters hier?“

Misstrauisch sah den Wächter ihn an. „Nein“, sagte er knapp.

„Ah, also sind Sie zum ersten Mal hier eingeteilt? Das erklärt natürlich, warum ich Sie hier noch nie gesehen habe.“

„Ja“, sagte der Wächter.

„Ich komme manchmal raus und unterhalte mich mit den Wächtern, wenn ich abends noch Lust auf einen Spaziergang bekomme. Sie sind immer so... gesprächig.“

„Tatsächlich?“

„Aber ja!“, nickte Ivan und strahlte den Mann an. „Und ich muss immer wieder Ihre Arbeit loben, weil Sie uns so gut beschützen. Solange Sie hier stehen, können wir alle im Haus ganz unbesorgt sein. Sie lassen niemanden durch, der nicht hierher gehört.“

„Heute hatte ich Befehl, jemanden durchzulassen“, sagte der Wächter. „Einen Jungen.“

„Ach, Sie meinen sicher Raivis! Ja, ich bin froh, dass er wieder bei uns ist. Er ist ein netter Junge. Haben Sie mit ihm geredet?“

„Nein.“

„Oh, das ist schade... machen Sie sich nichts daraus. Raivis ist nun einmal ein wenig schüchtern, so etwas kommt vor. Es lag sicher nicht an Ihnen, dass kein Gespräch zustande kommen wollte.“

„Nein“, schnarrte der Wächter. Mittlerweile hatte er das Interesse an Ivan verloren (vielleicht hielt er ihn für einen harmlosen Trottel, überlegte Ivan) und ließ den Blick wieder über die Umgebung schweifen. Wie lange die anderen wohl brauchen würden, bis sie draußen waren? Ob sie den Parkplatz und den richtige Wagen fanden? Hatte er Toris auch ganz sicher die richtigen Autoschlüssel gegeben?

„Ich bin immer wieder überrascht“, fuhr Ivan schnell fort, um die Aufmerksamkeit des Wächters wieder auf sich zu lenken, „über... über all die...“ Er wusste überhaupt nicht, was er sagen sollte. „Über all den... Schnee.“

Jetzt hatte der Wächter offenbar beschlossen, gar nicht mehr zu antworten.

„Ich meine, jetzt, da es so kalt geworden ist, friert der Schnee fest“, fuhr Ivan einfach fort, „und das ist sehr unangenehm beim... Schnee räumen. Ja, weil man den Schnee kaum vom Gehweg abbekommt... nicht, dass ich selbst den Schnee schippen müsste, eigentlich machen das Toris und Eduard, aber unangenehm ist es trotzdem, glauben Sie nicht auch? Und die Kälte... und... wissen Sie, einmal bin ich aus einem Flugzeug in den Schnee gesprungen, aber ich hatte keinen Fallschirm dabei, und da...“

In diesem Moment durchbrach ein entferntes, aber deutlich zu vernehmendes Motorengeräusch die Stille der Nacht. Der Wächter hob erneut sein Gewehr.

„Halt! Was ist da los?“

Er hatte erkannt, dass es vom Parkplatz kam, dachte Ivan. Wenn er jetzt los liefe, liefe er direkt in die Schusslinie des Gewehrs. Kurz entschlossen warf er sich auf den Mann, der den Fehler gemacht hatte, ihm den Rücken zuzudrehen. Der Wächter schrie auf, als sie beide zu Boden gingen. Ivan packte das Gewehr und versuchte, es an sich zu reißen. Einige Sekunden lang rangen sie miteinander, bis die Waffe beiden aus den Händen rutschte und ein Stück weiter in der Dunkelheit landete.

Ivan fluchte leise. Das Gewehr jetzt zu suchen, würde zu lange dauern. Vielleicht würde der Wächter bald Verstärkung bekommen. Kurz entschlossen rappelte er sich aus dem Schnee auf, versetzte dem Mann einen Tritt in die Magengrube und hoffte, dass ihn das lange genug am Aufstehen hinderte, damit er entkommen konnte.

„H-halt! Stehen bleiben!“

Er war schon einige Meter weit gerannt, als Schüsse hinter ihm erklangen und neben ihm in den Schnee einschlugen. Dieser Wächter war ein wahres Stehaufmännchen, dachte Ivan grimmig. Ein kurzer Schmerz durchzuckte seinen Oberarm, nicht schlimmer als ein Insektenstich. Ivan versuchte, sich ganz auf sein Ziel zu konzentrieren und alles andere zu verdrängen. Er musste den Parkplatz erreichen, wo alle anderen waren. Er musste zu ihnen.
 

Der Wagen war nicht das neuste Modell, schon etwas verbeult und in den hässlich grau-grünen Tarnfarben der Armee bemalt. Die Scheinwerfer leuchteten und die Schiebetür an einer Seite stand offen. Vorne konnte Ivan Eduard auf dem Beifahrersitz erkennen, der seine Tür ebenfalls noch geöffnet hatte und hinaussah. Einen Moment lang durchströmte ihn Erleichterung, weil sie gewartet hatten. Sie hätten einfach ohne ihn fahren können.

„Schnell!“, keuchte Ivan, obwohl er der einzige war, der sich noch beeilen musste. Alle anderen mussten schon da sein. Er erreichte den Wagen, stieg ein und stieß sich prompt den Kopf am oberen Türrahmen.

„Vanya?“, fragte Natalia. „Ist alles in Ordnung?“

„Es geht mir gut“, brachte Ivan hervor, griff beherzt nach der Tür und zog sie von innen zu. „Fahr los, Toris.“

Toris nickte stumm und schluckte noch einmal, bevor er die Handbremse löste. Ivan sah sich um. Auf den zwei Sitzbänken im hinteren Teil des Wagens hatten seine Schwestern und Raivis es sich bequem gemacht, wenn man denn von bequem sprechen konnte. Yekaterina saß hinten, eine Hand behutsam auf Raivis' Schulter gelegt, der aus dem Fenster in die Dunkelheit sah und zitterte. Ob vor Kälte, vor Anspannung oder Angst, wusste Ivan nicht zu sagen. Er ließ sich aus Mangel an Alternativen auf die zweite Sitzbank neben Natalia fallen. Sie musterte ihn prüfend.

„Geht es dir gut, Vanya?“

„Ja“, sagte Ivan und versuchte, zu lächeln. „Ich bin...“

Er verstummte, als Toris um eine Kurve bog und sie alle auf eine Seite des Wagens gedrückt wurden.

„Du hättest theoretisch auch den Blinker setzen können“, murmelte Eduard vorne.

„Ich habe gerade viel anderes im Kopf“, erwiderte Toris. „Und außerdem sieht es ja doch keiner. Ivan... wo wollen wir eigentlich hin?“

„Erst einmal in Richtung Süden“, erwiderte Ivan und lachte leise. „An einen wärmeren Ort.“

„In Ordnung.“

Ivan lächelte und lehnte sich zurück. Sie hatten es geschafft, dachte er. Der erste Schritt war gemacht. Er sah sich um, soweit er das im Halbdunkel im Wagen konnte. Natalia neben ihm war blass, wirkte aber gefasst und ruhig. Sie hatte starke Nerven, dachte Ivan. Einmal musste das ja auch zu etwas gut sein. Raivis hatte die Augen geschlossen und die Stirn gegen die Scheibe gelehnt. Anscheinend war er doch müder, als er zugegeben hatte.

„Vanya?“

Überrascht zog Ivan die Augenbrauen hoch. „Ja, Katyusha?“

Yekaterina ihm gegenüber hob die Hand, deutete auf ihn und starrte fassungslos ein Stück an ihm vorbei. „Ist das Blut?“, flüsterte sie.

„Wo?“, fragte Ivan erschrocken und wollte sich umdrehen, um zu sehen, was sie ansah. Als er sich bewegte, bemerkte er, dass ein Ärmel seines Mantels an seinem Arm klebte. Etwas Warmes, Flüssiges hatte ihn durchtränkt und war schon in einem Rinnsal bis zu seinem Handgelenk gelaufen.

„Lieber Himmel!“, brachte Yekaterina hervor. „Wurdest du angeschossen, Vanya?“

„Offensichtlich wurde er das“, sagte Natalia harsch und nahm kurzerhand ihren Schal ab. „Wir können das hier zum Verbinden nehmen, Vanya. Komm her.“

„Ist die Wunde tief?“, fragte Yekaterina hastig, während Ivan etwas unsicher zuließ, dass Natalia ihn halb aus dem Mantel schälte und seinen Oberarm begutachtete.

„Glatter Durchschuss“, stellte sie fest, ohne mit der Wimper zu zucken. „Das heißt, keine Kugel, die man entfernen müsste.“

„Tut es weh, Vanya? Geht es dir gut?“

„Ich spüre gar nichts“, antwortete Ivan verwirrt. „Es muss wohl am Adrenalin liegen...“

Natalia zog den Schal ruckartig fest. Ein stechender Schmerz breitete sich von der Wunde aus und Ivan zuckte zusammen.

„Verzeih mir, Vanya“, sagte Natalia sofort und fuhr wesentlich behutsamer fort, die Wunde zu verbinden. „Wir müssen sehen, dass die Blutung gestoppt wird. Aber es sieht gar nicht schlecht aus. Wahrscheinlich nur eine Fleischwunde.“

„Danke, Bela“, sagte Ivan und sah ihr zu, wie sie das letzte Ende des Schals um seinen Arm schlang.

„Katyusha? Könntest du uns eine Haarnadel leihen?“

Yekaterina griff unter ihr Kopftuch und zog eine Haarnadel heraus. Natalia nahm sie entgegen und steckte den improvisierten Verband damit fest.

„Und das, Vanya, ist schwesterliche Fürsorge.“

Ivan musste lachen, obwohl die Wunde mittlerweile dumpf pochte. „Danke, Bela“, sagte er. „Danke, Katyusha. Ich verspreche, dass ich mein Bestes geben werde, um unsere Familie zu beschützen. Und ganz besonders euch beide.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück