Zum Inhalt der Seite

Unumkehrbar

Story of Shen [KFP]
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Akt II, Szene IV – Auf der Straße – Zerrissene Bande

Die Wölfe waren klug genug den jungen Lord nicht anzusprechen, denn sie wussten, dass der Ausdruck, der sein Gesicht prägte nichts gutes verhieß. Den ganzen Tag schon war sein Gesicht verfinstert und jede noch so kleine Störung, brachte dem Verantwortlichen einen Blick, noch kälter als sonst, ein.

So war es ungewöhnlich ruhig, während sich die Prozession aus Pfau, Wölfen und Glanzhuhn die staubige Straße entlang bewegte. Sie hatten das Flussdelta in den frühen Morgenstunden verlassen und liefen nun in Richtung des Gebirges.

Und während es in den Morgenstunden noch hell gewesen war, so hatte sich doch über den Tag der Himmel mit Wolken bezogen. Der Geruch von Regen lag in der Luft, auch wenn das Wetter bisher hielt.

Shen dachte nicht daran anzuhalten. Auch nicht als schließlich, während auch der Weg immer steiler wurde, die ersten Regentropfen fielen.

Der Traum, den er letzte Nacht gehabt hatte, hatte sein Bedürfnis so weit wie möglich von seiner Heimat fort zu kommen, nur noch verstärkt. Denn je weiter er ging, desto sicherer war er sich einer Sache: Seine Eltern hatten ihn verraten.

Er hatte sie falsch eingeschätzt, noch immer durch die Augen eines Kükens gesehen. Ja, sie genossen vielleicht den Frieden, der in Gongmen herrschte, aber sie hatten nie Interesse gehabt, diesen weiter abzusichern als nötig. Nie hätten sie daran gedacht, mit einer Gefahr anders umzugehen, als darauf zu warten, dass sie vor den Toren der Stadt stand. Ja, sie waren nur feige gewesen...

Und niemals hätten sie daran gedacht ihr Territorium zu erweitern, um den Frieden zu sichern. Ja, sie hatten es doch nicht einmal riskiert, höhere Strafen für Verbrechen innerhalb der Stadt einzuführen. Sie waren zu schwach, zu verweichlicht.

Deswegen hätten sie ihn niemals verstanden.

Deswegen waren sie es nicht wert, dass er seine Energie auch nur auf Gedanken an sie verschwendete.

Sein Vater hatte ihm gesagt, dass ein Herrscher stark sein musste, wo er doch selbst so schwach gewesen war.

Und so blieb es an ihm selbst das Richtige zu tun. Ja. Das Richtige.

„Junger Lord“, drang eine Stimme wie von weit her durch seine Gedanken, so dass er brauchte, um zu reagieren.

Mittlerweile war der Regen um ein vielfaches stärker geworden und da der Boden das ganze Wasser nicht auf einmal aufnehmen konnte, hatten sich kleine Bächlein auf der Straße gebildet.

„Junger Lord Shen“, wiederholte die Stimme.

Aus den Erinnerungen und Gedanken geholt sah Shen zu Yimu hinab, die neben ihm herlief. Ihr bräunliches Gefieder war vom Regen genau so zerzaust wie das seine, ließ sie dürr wirken.

„Was ist?“, fragte er kalt.

„Ihr solltet darüber nachdenken, zu rasten, bis der Regen nachgelassen hat, junger Lord“, meinte die alte Henne.

Shen bedachte sie mit einem herablassenden Blick. „Ich habe nicht um deinen Rat gebeten, Yimu.“

„Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst, junger Lord“, erwiderte sie. „Doch mir scheint, dass der Regen und der lange Marsch die Laune Eurer Wölfe nicht verbessern. Und sollte ein Herrscher sich nicht um das Wohlergehen seiner Untertanen kümmern? Nicht zuletzt um sich Ihre Loyalität zu sichern...“

Der Blick des jungen Pfaus wurde noch finsterer. „Ich bin kein Herrscher.“

„Aber einer zu werden, ist das nicht Euer Ziel?“, fragte die alte Henne. „Herrscher von ganz China?“ Dabei klang ein Hauch Spott in ihrer Stimme mit, der ihn zum ersten Mal an diesem Tag dazu brachte stehen zu bleiben.

Er hielt einen Dolch mit seinem Flügel und es war ihm deutlich anzusehen, dass er kurz davor stand, die Beherrschung zu verloren. „Was willst du noch hier, Yimu?“ Bei diesen Worten, war seine Stimme schneidender als das Messer in seiner Hand.

„Das wisst ihr“, erwiderte die Dienerin, ohne sich einschüchtern zu lassen. Vielleicht war sie auch einfach zu alt um Angst vor dem Tod zu spüren. „Ich bin hier, um euch zum Umkehren zu bewegen.“

Die grimmige Entschlossenheit im Gesicht des Pfaus schien zur Überraschung seiner Wölfe, die nun ebenfalls stehen geblieben waren, zu flackern. Dann jedoch verengten sich seine Augen wieder. „Und wohin soll ich deiner Meinung nach umkehren, Yimu?“ Nun lag auch in seiner Stimme Spott. „Falls du es nicht mitbekommen hast: Meine Eltern haben mich aus Gongmen City verbannt.“

„Weil Ihr den falschen Weg eingeschlagen habt!“, widersprach die Glanzhenne. „Ihr habt ihnen keine Wahl gelassen. Aber für Euch ist es trotzdem noch nicht zu spät diesen Weg zu verlassen. Umzukehren. Und vielleicht wird man Euch irgendwann vergeben können.“

Shens Klinge schwirrte vor und blieb nur knapp vor dem Hals der alten Dienerin stehen. „Ich brauche keine Vergebung!“, zischte er. „Weder von dir, noch von meinen Eltern.“ Dann wandte er sich ab. „Ich brauche keine Vergebung“, wiederholte er, wütend auf sich selbst, da seine Stimme bei weitem nicht so klang, wie beabsichtigt.

Dann sah er zu den umstehenden Wölfen, die das ganze mit verschiedensten Gesichtsausdrücken beobachteten.

„Worauf wartet ihr? Geht weiter!“, befahl er dann.

Die Wölfe zögerten. Einige von ihnen grummelten, doch langsam kamen sie wieder in Bewegung, während sich Shen erneut der alten Dienerin seiner Eltern zuwandte.

„Ich lasse dich noch am Leben, weil du mich mit großgezogen hast, Yimu“, sagte er. „Aber ich warne dich, wenn du mir in den Weg kommst, werde ich dich töten.“ Damit wandte er sich selbst zum Gehen. „Ich brauche keine Vergebung“, flüsterte er erneut, während der weibliche Glanzfasan stehen blieb, und ihm eine Weile hinterher sah.

„Oh, mein Junger Lord“, hauchte sie. „Wieso nur?“ Dann folgte sie dem Trupp.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Merkur
2012-03-13T21:37:32+00:00 13.03.2012 22:37
Wow, das Kapitel finde ich echt super gelungen. Du schreibst Shen wirklich wahnsinnig gut. Man kann sehr gut nachfühlen, wie verraten er sich fühlt und dass er wütend und gekränkt ist, aber vor allem: Ich finde, man kann seine Handlungen nachvollziehen. Ich weiß, dass das für dich ein sehr wichtiger Punkt ist und du löst es in deiner Geschichte meiner Meinung nach super! Auch Yimu gefällt mir immer besser, sie ist wirklich ein toller Charakter und wohl so ziemlich die einzige, die sich nicht von Shen einschüchtern lässt. Ich bin auch gespannt, wie es wohl mit ihr weitergeht. Hoffentlich kommt sie noch öfter vor ^^ Die Geschichte gefällt mir wirklich immer besser, ich freue mich wie ein Schnitzel über jedes neue Kapitel und fiebere bereits wieder dem nächsten entgegen :D


Zurück