Zum Inhalt der Seite

Castle Homicida

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Feuerrotes Blut

Prolog: Feuerrotes Blut
 

Eltern nerven nur. Ständige Verbote. Tu dies nicht, tu das nicht! Verhalt dich nicht so riskant! Pass auf dich auf! Und ständig unter der Bewachung irgendeines Dieners, damit man auch ja keinen Unfug macht. Immer unter den Augen eines Aufpassers. Nichts, was Spaß macht, ist erlaubt. Immer nur brav und lieb zu Hause sein. Keine Mitschüler umbringen, keine Lehrer beißen, keinen Spaß haben! Nur zu Hause sitzen. Hausaufgaben machen, Fähigkeiten ausbauen und auf dem Schlossgelände jagen. Opfer mit Bedacht wählen. Nicht so viel jugendlichen Leichtsinn an den Tag legen! Und so weiter… Eltern nerven. Ständig diese Verbote. Immer und immer mehr… Und nie weiß man, warum sie das eigentlich tun… dann zumindest nicht.
 

„Ich kann nicht mehr… Geh ohne mich weiter…“, ihre Lippen zitterten beim Sprechen, wie sie sich an seinen Arm klammerte, „Ich kann das einfach nicht mehr…“ Aber er schleppte sie weiter. Wortlos. Immer weiter durch den dichten Wald. „Bitte… Lass mich hier, ich will nicht, dass dir auch noch etwas passiert… Ich kann nicht mehr weglaufen… Mein Bein… Dein Arm… so geht das nicht.“

Er blickte sie an und seufzte leicht: „Reiß dich zusammen, wir dürfe nicht aufgeben. Wir schaffen das. Zusammen“, und so schleppte er sie weiter, zerrte sie weiter, das Bein schleifte über den Boden, „Er sagte, Gordons Anwesen liegt hinter dem Wald. Wir haben es fast geschafft, dann wird es deinem Bein auch besser gehen. Es ist nicht mehr weit…“ Er versuchte ihr Mut zu machen, immer wieder, wo sie schon aufgeben wollte. Schwach klammerten sich ihre Hände an seinem Arm fest. Eine warme Flüssigkeit lief zwischen ihren Fingern hindurch. Er sagte nichts. Er schluckte schwer, aber er sagte nichts und zog sie immer weiter. Gingen sie überhaupt in die richtige Richtung? Sie wollte einfach nur noch liegen. Hier liegen bleiben und aufgeben, aber das durfte sie nicht… Ihre Mutter hätte das nicht gewollt…
 

Eltern… Sie sagen sie wollen einen beschützen. Sie hat immer gesagt, sie würde mich beschützen wollen. Dass alles nur zu meiner Sicherheit dient. Das versteht man als Kind nicht. Man glaubt Eltern haben Unrecht. Sie schränken einem die Freiheit ein, man soll keinen Spaß machen. Man sieht nicht, warum sie das tun. Aber sie tun es, weil sie einen lieben. Weil sie nicht wollen, dass dir etwas passiert. Weil sie dich beschützen wollen. Warum habe ich das nie gesehen? Warum war ich so dumm? Es ist nicht ihre Schuld… Ich konnte es einfach nicht sehen. Manchmal sieht man den Waldbrand erst, wenn man der Qualm einem schon in den Augen steht und das Gras schon niederbrennt… Dann, wenn es zu spät ist…
 

„Nur einen Moment Pause…“, wisperte sie und hustete leicht. Sie waren auf einer Lichtung. Er blickte sich um und nickte dann. Vorsichtig setzte sie sich auf den Boden und er blickte sich um.

„Es sieht so aus, als hätten sie uns verloren. Wir haben es fast geschafft“, meinte er und hielt die Nase in die Luft, „Es riecht nicht mehr nach Wölfen… Er hat es geschafft. Nur noch ein kleines Stück und dann sind wir entkommen“, ein Lächeln lag auf seinen hübschen Lippen, als er sich zu ihr kniete und den Arm noch ihr ausstreckte. Den rechten. Der linke hing schlapp an seinem Körper herab. Die Bandage war blutdurchtränkt, hatte Löcher und hielt auch nichts mehr zusammen. Vorsichtig tastete er ihren Fuß ab. „Ich kann spüren, dass es nicht mehr ist. Gordon wird uns helfen… Es dauert nicht mehr lang… Die Sonne geht bald unter… Nicht mehr lange“, redete er weiter auf sie ein. Sie nickte. Sie müssten weiter gehen. Nur noch ein Stück, dann wären sie sicher, nur noch aus dem Wald hinaus… Nur noch ein bisschen. Sie sollte sich gerade mit seiner Hilfe wieder aufrichten, da ertönte ein lauter Knall…
 

Du weißt erst dann, dass du deine Familie brauchst, wenn es zu spät ist. Wenn du weißt, dass du hättest dankbar sein sollen. Dass du hättest zuhören sollen. Dass alles, was sie taten zu deiner Sicherheit war, dass sie dich schützen wollten. Dass du auf sie hättest hören sollen. Dass du Zuhause hättest bleiben sollen. Wo du sicher warst. Als Kind will man immer nur Abenteuer. Bis das Abenteuer real wird und es kein Zurück mehr gibt. Bis das Ende real wird und man sich nur noch eins wünscht; Zuhause und sicher zu sein. Bis das Feuer einen eingekesselt hat und man weiß, dass man verloren hat, dass man sich den einen Menschen wünscht, der immer für einen da war, der einen immer beschützt und gerettet hat und man weiß, dass es falsch war, was man getan hat. Wenn man den Flammen ins Gesicht sieht… Mama…
 

Hustend klammerte sie sich an seinen linken Arm, während er leicht vor ihr stand. Es gab kein Vor und kein Zurück mehr. In wenigen Sekunden stand alles in Flammen. Der Weg aus dem sie gekommen war und es schlug auf alle Bäume um die Lichtung herum über. Es gab kein Entkommen aus dem Kreis der Flammen. Bäume stürzten um, und die Wand aus dunklem Feuer zog sich immer dichter zusammen. Da ertönte ein Lachen und ein Schatten bildete sich hinter der Wand. Ein heißes Lachen. Es kam immer näher. „Ich habe immer gewusst, dass sie wahnsinnig ist…“, murmelte er und seine Augen weiteten sich, „Aber ich hätte nicht gedacht…“

„Sie haben uns gefunden…“, murmelte sie und kniff die Augen zusammen, „So kurz vorm Ziel…“

„Warum ist sie hier?“, kam es über seine Lippen. Da spalteten sich die Flammen und die Person kam auf sie zu. Mit einem Lachen auf den Lippen. Aber das Bild vor den Augen wurde immer schwächer, wie der Qual dichter wurde.

„Du hast als Kind immer so gerne verstecken gespielt“, sagte sie, lachend „Du warst so süß… Aber wie damals… Waren deine Verstecke schrecklich… Armes Kind…“

Sie drückte das Gesicht an seinen Arm. Sie hustete und spürte die Hitze immer stärker, aber noch mehr brannte sich dieses Lachen ein. Die Worte, die Angst, das Gefühl, einen schrecklichen Fehler gemacht zu haben. Verloren zu haben… Verloren zu sein…
 

Mama…

Familie Homicida

Kapitel 1: Familie Homicida
 

Tänzelnd kam Blanch die Treppe hinunter. Ein leichtes Summen lag auf ihren roten Lippen und ein zufriedener Glanz spiegelte sich in ihren Augen wieder. Die junge Tochter der Hausherrin hatte gerade eben das Mahl in ihrem Zimmer beendet. Ihr armer Mitschüler lag noch immer in ihrem Bett und kühlte langsam ab. Er hatte tatsächlich so gut geschmeckt wie er ausgesehen hatte. Eigentlich war es ein wenig schade um den Mädchenschwarm, er hätte mit Sicherheit Potential gehabt, aber all das war jetzt vorbei. Und es war nicht mehr Blanches Problem. Ihr Appetit war gestillt, die Leiche war nicht ihr Problem und der Tag war ja noch jung.

Sie blieb vor einem der großen Fenster stehen, das zum Wald des Anwesens hin lag und richtete den Blick zum Himmel. Ein pechschwarzer Himmel und viel Regen, das war das Wetter das Blanch gefiel. Leicht verträumt hing ihr Blick an den dunklen Tropfen, die zum Boden reisten, als jemand von der Seite an sie herantrat.

„Milady, wart Ihr speisen?“, ertönte eine dunkle Stimme hinter ihr.

Ruhig wandte sie die golden glänzenden Augen zur Seite und schenkte dem Bediensteten ein etwas kühles Lächeln. „Oh, Cruor…“, begrüßte sie ihn knapp und wandte den Blick auch schon wieder zu dem dunklen Wetter außerhalb des Schlosses. „Ja, das habe ich. Er war ein appetitlicher Leckerbissen. Es ist fast ein wenig schade um ihn, aber nun ja… Das war es wert“, antwortete sie ehrlich und leckte sich langsam über die roten Lippen.

Der Bedienstete folgte ihrem Blick, in der Spiegelung der dunklen Scheibe konnte sie seine grauen Augen sehen, die Verwirrung zeigten und nebenbei wohl auch versuchten zu erahnen, was sie da draußen sehen wollte. Die Antwort war so simpel, aber das würde er nicht verstehen. Der Regen war einfach zu schön zu beobachten, die dunklen Tropfen, die zum Boden tanzen und dort zerschellten. Aber sie hatte nicht viel Zeit in ihren Gedanken zu hängen, als er schon wieder die Stimme erhob. „Wie Ihr meint. Wisst Ihr zufällig, wo meine Herrin sich befindet? Ich habe sie den ganzen Tag schon nicht gesehen.“

Damit meinte er Blanches Mutter. Die Hausherrin. Necia Homicida. Die Gebieterin über den kleinen Clan, der in dieser großen Villa sein Zuhause hatte. Die Tochter gähnte kurz, als sie darüber nachdachte. Eigentlich war ihr das zu langweilig. „Ich dachte sie ist in ihrem Zimmer. Vielleicht foltert sie auch wieder jemanden. Schau doch im Zimmer oder der Folterkammer“, gab sie halbherzig zur Antwort. Sollte er doch selbst nach ihr suchen, sie hatte ihre Mutter ja selbst nicht mehr seit dem Frühstück gesehen, woher sollte sie das also wissen?

Der Mann, der ihr Gesellschaft leistete schien darüber nachzudenken. Einige Zeitlang, das konnte sie ihn seinem Blick lesen, auch durch die Scheibe. Er war so etwas wie die rechte Hand ihrer Mutter hier im Schloss. Ihr längster Bediensteter, mehrere hundert Jahre arbeitete er nun schon für die Anführerin des Homicida-Clans. „Ja. Ich werde erst am Zimmer der Herrin anklopfen, bevor ich mich im Keller umsehe...Braucht Ihr meine Dienste noch? Sonst würde ich mich nun entfernen“, erklärte er dann, nachdem er wohl seine Gedanken geordnet hatte und verneigte sich leicht vor hier.

Blanch schenkte er ihm ein strahlendes Lächeln und warf ihr langes brünettes Haar zurück, als sie sich nun noch einmal zu ihm umdrehte: „Nein, nein. Geh ruhig. Ich komm schon zurecht.“ Cruor verneigte sich noch ein weiteres Mal vor ihr und bedankte sich, bevor er wieder die Treppe hinauf schritt und zum Zimmer der Hausherrin schritt. Blanch blieb allein zurück und genoss noch einige ruhige Minuten den Blick nach draußen…
 

"Herrin? Seid Ihr in Eurem Gemach?", fragte Cruor, wie er an die Tür der Clanführerin klopfte. Ganz vorsichtig und behutsam, aber es war trotzdem durch die schwere Eichentür zu hören. Von der anderen Seite kam nach einiger Zeit, die Aufforderung, dass er doch eintreten sollte, und er gehorchte. „Verzeiht die Störung Milady, ich habe Euch heute den ganzen Tag nur noch nicht gesehen und mich gefragt, ob Ihr wohl auf seid“, sprach er mit einer leichten Verneigung sich vor ihr. Selbst wenn sie es gar nicht sehen konnte. Sie lag auf ihrem großen Bett und sie hatte ihn noch gar nicht angesehen, seit er eingetreten war. Eine ganze Weile ließ sie ihn noch warten, dann hob sie ihren Oberkörper langsam vom Bett, strich sich durch das lange schwarze Haar und blickte ihn mit ihren roten Augen direkt an. „Keine Sorge…“, erwiderte sie ruhig und schenkte ihm ein kühles Lächeln, „Mir geht es gut.“

Schnell nickte der Bedienstete und fixierte sie leicht mit seinen grünen Augen: „Das ist beruhigend. Ist es mir gestattet zu fragen, was Milady den ganzen Tag über getan hat? Pläne für künftige ‚Festmahle‘? Clan-Observation?"

„Ich habe einfach nur nachgedacht“, antwortete sie ruhig und erhob sich in einer fließenden Bewegung von Bett, „Das ist jetzt alles nicht so wichtig. Was ist im Schloss los? Hat Blanch schon wieder jemanden getötet?“

Cruor antwortete mit einem schiefen Lächeln, was er von Blanch wusste: „Eure Tochter hat bereits gespeist, ja. Mir ist nicht geläufig, ob sie bereits in der Schule zu Tisch war, oder sich auf dem Weg eine Mahlzeit gegönnt hat.“

Einen Moment lang musterte Necia ihren Untergebenen, dann wendete sie sich dem Fenster zu und dachte über die Situation nach. „Krieg das raus. Und wenn sie die Leiche nicht selbst beseitigt hat, dann musst du das machen“, wies sie ihn an und seufzte ganz leise. Blanch tat das nie. Sie war ein rebellisches Kind und verwöhnt. Deshalb musste man auch immer hinter ihr herräumen. Das kostete ihre Mutter einiges an Nerven, wenn man versuchte das Geheimnis des Haushaltes geheim zu halten.

"Wie Ihr wünscht Herrin“, bestätigte der Bedienstete die Anweisung und trat zurück in die Eingangshalle, doch dort fand er die junge Lady nicht mehr…
 

Diese war inzwischen in den Garten gegangen. All die Zeit den Regen nur zu betrachten, war ihr zu langweilig gewesen. Und es war zu schön, als das man es nur hätte ansehen können. Mit leichtfüßigen Schritten tänzelte sie durch den Regen, als Cruor nach draußen trat und sie ansprach: „Lady Blanch...Eure Frau Mutter fragt an, wo Ihr gespeist habt und ob es unliebsame Reste zu vernichten gibt.“ Er informierte sie und es war ja wieder mal klar gewesen, dass ihre Mutter sich Sorgen machte. Aber sollte sie ruhig, es war nun wirklich nicht Blanches Aufgabe den Dreck wegzumachen. Leicht trotzig blickte sie ihn an, wie er da noch nach an der Tür im Regen stand: „In meinem Zimmer. Und ja. Er ist noch da!“

Die konnte den Blick des Bediensteten spüren. Er grinste leicht, ja so sah er dann immer aus. Er kannte diese Arbeit schon. Blanch war die Tochter der Hausherrin, warum sollte sie sich die Hände damit schmutzig machen, wenn es doch Arbeiter dafür gab? Und Cruor erfüllte ihrer Mutter ja sowieso jeden Wunsch. So auch diesen… „Ich werde den Müll beseitigen, wenn Ihr gestattet… Habt Ihr Euer Mahl denn bereits gänzlich beendet?“

„Ja, ganz und gar“, gab sie leicht genervt zurück und wandte sich dem Himmel über ihr zu. Alles war mit Wolken verhangen und die Blitze zuckten. Das Gewitter war auf seinem Höhepunkt. Das würde aber auch leider bedeuten, dass es nun bald wieder abzog. „Du kannst mit ihm machen, was du willst.“

„Ich danke Euch“, erwiderte Cruor noch und leckte sich kurz über die Lippen, bevor er wieder im Haus verschwand und sich aufmachte, zum Zimmer der Tochter. Und da fand er den armen Jungen auch auf ihrem Bett liegen. Die Arme hatte er von sich gestreckt und am Hals blitzten zwei große Löcher hervor. Seine Haut war schneeweiß. Blutleer. Nun war es also an Cruor die Beweise und alles was damit zu tun hatte, zu beseitigen. Langsam bewegte sich der Werwolf auf das Bett der jungen Dame zu und verwandelte sich in den Wolf, der seine tatsächliche Gestalt ausmachte. Vorsichtig zog er die Leiche vom Bett herunter und begann das Fleisch von den Knochen zu zerren. Die Kleidung störte dabei kam, die wurde gleich mitgefressen, bis nur noch die Knochen übrig waren. Wieder in menschlicher Gestalt, sammelte er diese auf um sie daraufhin im Keller zu verbrennen. Als alles erledigt war, war er sich sicher, dass er seiner Herrin berichten musste, was vorgefallen war und machte sich auf den Weg zurück zu ihrem Zimmer. Vorsichtig klopfte er an die Tür und wartete artig, bis er wieder hereingefordert wurde…
 

Necia stand noch immer am Fenster und betrachtet den nun abziehenden Regen und wie der Himmel langsam wieder aufbrach. Das Schlimmste Gewitter zog bereits davon, doch noch immer fielen die dicken Tropfen vom Himmel. Als sich ihr Bediensteter wieder bei ihr meldete. Langsam und vorsichtig trat er in das Schlafgemach seiner Herrin ein und verneigte sich leicht. „Der Müll ist beseitigt, Milady. Eure Tochter hat sich das Essen mit nach Hause gebracht und in ihrem Zimmer gespeist. Im Übrigen ein vorzügliches Mal…“, erklärte er die Sachlage und ein Lächeln schlich sich für kurze Zeit auf seine Lippen.

„Schön. War es wieder ein Mitschüler?“, erwiderte sie ein wenig kühl und schüttelte den Kopf über ihre leichtsinnige Tochter. So oft hatte man ihr schon gesagt, dass es nicht gut war, sich ihre Opfer immer nur in der Schule auszusuchen, aber sie hörte ja nicht.

Einen Augenblick dachte der Bedienstete nach, bevor er antwortete. .Eindeutig zu gut gebaut für einen Schüler ihres Alters höchstens ein Jugendlicher, der Mitglied einer sportlichen Vereinigung ist…“

„Wenigstens nicht schon wieder ein Lehrer…“

„Ich denke nicht...Auch wenn die Vorliebe Eurer Tochter für Lehrkräfte sehr stark ausgeprägt ist, so bezweifle ich, dass dieser aufgepumpte Jüngling eine Autoritätsperson war“, versuchte Cruor seine Herrin zu beruhigen, auf deren Gesicht schon wieder leichte Sorgen abzeichneten.

„Das ist wirklich gut…“, murmelte sie und wendete sich wieder ihm zu, „Und du hast das auch wirklich gut gemacht.“ Sie schritt langsam auf ihn zu und formte ihre Lippen zu einem kühlen Lächeln.

Cruor verneigte sich leicht: „Vielen Dank, Milady...Aber was das angeht, verlasse ich mich auf meine instinktiven Handlungen“, gestand er und schloss für einen Moment die Augen. Necia nutzte die Gelegenheit um näher an ihn heran zu treten. Bis sie dicht vor ihm stand. „Bis jetzt konnte ich mich immer auf die verlassen“, erwiderte sie und betrachtete ihn von Nahem.

Sie konnte sein Herz schlagen hören, als er wieder die Augen öffnete und sie ansah, wie sie so dicht vor ihm stand: „Das wird sich auch niemals ändern, Milady. Mein Leben für mein Alpha. Mein Leben gehört Euch. Was immer Ihr befielt, ich werde mein Möglichstes tun, Euren Anordnungen zu Eurer vollsten Zufriedenheit nachzukommen.“

„Das hast du schön gesagt…“, flüsterte sie ihm entgegen und legte eine Hand auf seine Brust. Sofort konnte sie spüren, wie sein Herz schneller unter ihrer Hand schlug. Verwirrt wanderten seine Augen zu ihr. „Milady?“

„Was denn?“, erwiderte Necia lächelnd.

Der Bedienstete schien noch immer verwirrt, als er ihr antwortete: „Nichts. Ich wusste Euch nur gerade nicht einzuschätzen.“

Die Hausherrin begann leicht zu grinsen und kam ihm noch ein Stück näher. „Aber jetzt ist es besser?“, fragte sie vorsichtig und legte ihre Lippen auf die seinen. Ein wenig erstaunt ließ Cruor den Kuss jedoch zu. Eine ganze Weile lang, bis man hörte wie Blanches Stimme durch die Flure schallte und auch vor dem Zimmer ihrer Mutter keinen Halt machen wollte. Sie wollte noch einmal in die Stadt gehen und suchte eine Begleitung dafür.

Cruor nutzte diesen Umstand, um seine Verwirrung zu überspielen. „Milady, Eure Tochter ruft“, sagte er kleinlaut und sah seine Herrin an.

Diese seufzte leicht und nickte: „Ja, das habe ich gehört. Geh du zu ihr, ich muss erst später noch in die Stadt. Du wirst du auf sie aufpassen müssen“, wies sie ihn an und wandte sich auch gleich wieder von ihm ab.

Leicht erstaunt blickte er ihr nach und verneigte sich dann. „Wie Ihr wünscht…“, und damit verließ er das Gemach seiner Herrin und schloss vorsichtig die Tür hinter sich.
 

Blanch stand in der Eingangshalle. Sie hatte sich nach ihrem Ausflug im Regen umgezogen und nun langweilte sie sich. Sie wollte noch etwas erleben. Ob nun jemand sie begleiten wollte oder nicht! Man sollte meinen dass genug Bedienstete in diesem Schloss rumliefen und die Tochter der Hausherrin zu bespaßen, aber an manchen Tagen stellte sich das als Irrtum heraus. So wie wohl auch heute. Na schön, sie brauchte niemanden um Spaß zu haben, wenn keiner mitkam fand man bestimmt auch einen Menschen, der ihr Gesellschaft leisten würde, doch da kam doch jemand die Treppe zu ihr herunter. Es war erneut Cruor. „Lady Blanch ich würde Euch begleiten“, sprach er sie an, als sie eigentlich schon kurz vor der Tür war. „Oh… In Ordnung“, meinte sie ruhig und ging dann einfach weiter. Hatten man ihr also doch noch einen Aufpasser mit geschickt…

„Ihr seht nicht wirklich glücklich aus...Bedrückt Euch etwas?“, begann er sofort, als er zu ihr aufgeschlossen hatte und spannte dabei einen Regenschirm über ihrem brünetten Haarschopf auf, wie sie sich bei noch immer bewölktem Himmel auf dem Weg aus dem Schloss zur nahegelegenen Stadt machten.

Mit einem gekünstelten Gähnen antwortete die Tochter der Hausherrin ihm desinteressiert: „Ich bin nur ein bisschen gelangweilt."

Besorgt blickte der Bedienstete sie von der Seite aus an: „Kann ich Euch etwas Gutes tun, damit Ihr Euch nicht mehr langweilt?“ Sicherlich hatte er die Aufgabe auf sie aufzupassen und sie zufrieden zu stellen.

Einen Augenblick dachte Blanch darüber nach, dann bewegte sie den Kopf doch zur Seite um ihn mit ihren goldenen Augen zu fixieren: „Ja. Geh mit mir zu den Footballspiel heute Abend und lass uns ein paar Häppchen auswählen.“

„Wie Ihr wünscht, Milady. Aber Eure Mutter würde es sicherlich begrüßen, wenn Ihr heute die Finger von Lehrern lasst“, wandte Cruor noch ein, wie er ihr weiter folgte.

„Ich weiß. Das ist nicht das erste Mal, dass sie mir das sagt. Sie muss sie ja nicht mögen. Reicht ja wenn ich es tu. Aber ich kann mich ja die nächste Woche von meinen alten Lehrern fern halten... Mal schauen, was wir für neue bekommen. Ich hab‘ gehört, es soll ein Referendar kommen…“, überlegte die Tochter laut und setzte ein nahezu unschuldiges Lächeln auf.

Das schien ihren Begleiter doch ein wenig zu verwirren und es wurde kurz still, bis er wieder versuchte ein Gespräch aufzunehmen, das sie vielleicht interessieren könnte: „Ich wünsche mir für Euch, dass er Eurem Geschmack entspricht. Ich selbst weiß, wie anregender die Jagt doch ist, wenn die Beute verlockend ist.“

Und es funktionierte: „Allerdings. Für dich finden wir bestimmt auch was. Oder wir finden jemand passendes für uns beide.“

„Ich schließe mich Eurem Mahl gerne an“, erwiderte Cruor und bot ihr den Arm, den sie augenblicklich annahm.

„Wir haben noch 2 Stunden in der Stadt bevor das Spiel beginnt. Lass uns solange shoppen gehen. Wir suchen uns beim Spiel ein Opfer aus“, begann sie dann gleich weiter zu erzählen.

„Ganz wie Ihr wünscht“, schloss sich der Bedienstete ihrer Aussage an und schritt mit ihr auf die Stadt zu. Etwas unsicher richtete er dann noch einmal das Wort an sie: „Was möchtet Ihr denn käuflich erwerben...ich meine...‘shoppen‘.“

Mit einem arroganten Lächeln antwortete sie ihm: „Ein passendes Outfit für heute Abend. Ich muss ja schließlich so unwiderstehlich wie sonst auch aussehen.“ Höflich bedankte sie sich bei ihm und trat noch ein wenig dichter zu ihm, unter dem Regenschirm, da in der Stadt der Regen wieder leicht zunahm. Ihr Begleiter sah sich währenddessen argwöhnisch um. „Die menschlichen Siedlungen behagen mir nicht...Menschen, sind so widerlich...“, murmelte er vor sich hin und betrachtete ein paar Passanten, die sich hektisch aneinander vorbei drängten.

„Die alten Säcke finde ich auch widerlich. Aber die Jungen…“, erwiderte Blanch und machte eine schwärmerische Pause, „Wenn ich höre, wie ihr Blut schnell und frisch durch ihre Körper fließt... es gibt nichts Schöneres für mich!“

Einen Moment schien Cruor über diese Worte nachzudenken. „Als Nahrung sind sie ja in Ordnung, doch der schmutzige Gestank nach Hektik und Maschinen, der ihnen anhaftet brennt sich in ihre Körper und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge“, sagte er dann seufzend und hielt der Tochter seiner Herrin die Tür zu einem Laden auf. Im Inneren musste er sich jedoch erst einmal das Wasser aus den Haaren schütteln, die Kleine hatte doch einiges vom Schirm eingenommen…

Kaum waren sie im Laden, eilte Blanch auch bereits umher um sich alles anzusehen. Ihr Begleiter seufzte nur. „Ich werde hier etwas abseits warten, wenn es Milady recht ist...Ich möchte nicht in die Verlegenheit geraten von einem Angestellten gefragt zu werden, ob ich Hilfe benötige...mir ist als könnte ich heute den Drang nach Rohem nicht widerstehen...“ Mit einem verlegenen Lächeln ließ er seinen Blick durch die kleine, stickige Boutique schweifen. Es roch komisch für seine Nase; zu sehr nach Stoff und übermäßig viel Parfum…

„Na klar. Sobald du wieder da bist, um mir zu sagen wie ich aussehe!“, rief das junge Mädchen ihm lachend zu und betrachtete einige der Kleider genauer.

„Ich bleibe genau hier warten, um stets zu Eurer Verfügung zu sein, Milady.“, versicherte Cruor und setzte sich auf einen Stuhl nach der Tür des Ladens.

Das langte Blanch als Erklärung und so zog sie sich mit dem ersten Kleid in die Kabine und probierte es an. Mit einem strahlenden Lächeln trat sie dann wieder zu dem Bediensteten, der währenddessen die vorbeigehenden Passanten skeptisch beobachtet hatte. Als sich die Tochter seiner Herrin vor ihn in dem neuen Kleid stellte, erst richtete er den Blick wieder dem Ladeninneren und damit auch hier zu. Langsam stand er auf. „Es betont Euren zierlichen Körper, Milady. Ihr erlaubt?“, fragte er vorsichtig und griff nach ihrer Hand, so dass sie sich einmal um ihre eigene Achse drehen konnte. „Es kleidet Euch.“

„Genau so soll es sein. Danke. ich nehm’s!“, sagte sie und blickte an sich runter, um sich und das Kleidungsstück noch ein wenig zu bewundern, bevor sie dann noch mit einem Seufzen hinzufügte: „Irgendwie ist es schade, dass ich immer so schnell Sachen finde…“

Verwirrt betrachtete Cruor sie: „Ist es nicht genau das, was Euch zum Vorteil gereicht wird? Ihr könnt Euch schnell anpassen und Euch schneller auf die Suche nach Beute machen...Oh ich weiß schon...ich sehe das alles wohl zu objektiv“, setzte er schnell mit einem Lächeln hinter her als er ihren Gesichtsausdruck wahrnahm.

„Ja, schon, aber beim Shoppen nervt es eben doch“, meinte Blanch nach einiger Zeit und seufzte dann, wie sie die Hand austreckte und ihrem Begleiter kurz durch die grauen Haare streichelte. „Aber das ist eben deine Art das zu sehen.“ Bei der Berührung zuckte er leicht zusammen, bevor er sich dann doch dem tierischen Gefühl in sich ergab und die Augen schloss. „Danke schön, Herrin.“ Wortlos schritt sie wieder in die Kabine und probierte noch ein zweites Kleid an.

Seufzend wendete sich der Bedienstete wieder dem Fenster zu: „Ich werde nie verstehen, was sie an diesem Verkleidespielchen so berauschend findet...Diese einfältigen Menschen würden ihr auch zu Füßen liegen, wenn sie unbekleidet jagen ginge…“

„Das hab ich gehört, mein lieber Cruor“, erwiderte sie, als sie plötzlich in dem neuen Kleid wieder hinter ihm auftauchte, und ein leichtes Grinsen schlich sich auf ihre Lippen.

„Verzeiht, sollte ich zu anmaßend gewesen sein. Ich sage nur die Wahrheit...Ihr hättet diesen Ramsch nicht nötig bei Eurem Äußeren“, verteidigte er sich schnell und versuchte Interesse an ihrem neuen Kleid zu zeigen.

Unter diesem Blick drehte sie sich noch einmal und lächelte ihn an: „Sieh‘ es einfach als einen meiner Laster an. Außerdem würde ich doch sonst zu viel Aufsehen erregen.“

„Auch eine interessante Art die Dinge in Augenschein zu nehmen...Wieder ein sehr schönes Arrangement, es betont Eure Augen“, gab Cruor zurück und legte den Kopf leicht schief wie er sie betrachtete, noch immer verschwand er das ständige Umziehen noch immer nicht. Aber wahrscheinlich musste er das auch gar nicht.

„Gut, dann nehme ich das auch noch“, meinte sie gelassen und verschwand wieder in die Kabine um sich ein letztes Mal umzuziehen und dann ihre neuen Sachen alsbald zu bezahlen.

Der Bedienstete sparte sich jede weitere Aussage und blickte sie nur fragend an, als sie den Laden verließen um sich ihren weiteren Wünschen unterzuordnen. „Wir haben noch ein wenig Zeit, bis das Spiel beginnt, das Ihr sehen wollt. Wollt Ihr Euch schon auf den Weg machen, um Euch Plätze mit guter Sicht zu ergattern?“

„Ja. Lass uns gehen. Was soll ich denn in der hintersten Reihe sitzen?“, fragte sie und hakte sich bei ihm ein. Es war doch ein Segen, dass der Regen wieder aufgehört hatte. Ein Spiel bei starkem Regen zu sehen, machte doch keinen Spaß, aber jetzt sollte es wohl trocken blieben und sie konnten gemütlich zum Stadion gehen.

„Ich bin Eurer Meinung. Niemand nimmt Eure Präsenz war und am Ende war diese Beschaffung von Lockmitteln...ähm...Kleidung... umsonst“, erwiderte der Mann neben ihr und erreichte dann auch bald das Feld, auf dem das Footballspiel stattfinden würde. Kaum waren sie dort, verschwand die junge Lady kurz einen Moment um sich in das gekaufte Kleid umzuziehen.

„Ja, das wäre wirklich schade“, gab sie zurück, als sie wieder zu ihrer Begleitung zurückkehrte und sie sich Plätze für das bald beginnende Spiel suchten…

Das Footballspiel

Kapitel 2: Das Footballspiel
 

Lachend rannte Laila über den Schulhof zu dem Wagen ihres Freundes, Yves, der schon ungeduldig hupte und damit doch ein wenig aufsehen erregte, aber sie hatte offensichtlich doch schon einen Nerv getroffen. „Bin schon da!“, rief sie ihm entgegen und sprang dann in den Wagen, „Tut mir leid, ich hatte da noch was mit dem Lehrer zu klären. Wir können los!“ Und mit einem freudigen Grinsen sah sie den Fahrer an.

„Schon okay…“, murrte er vor sich hin und startete den Wagen, „Freust du dich schon auf die Berge?“

„Ja, na klar, ich hoffe nur, dass Caleb alles für das Bungeespringen bereit hat!“, erwiderte sie und klatschte erfreut in die Hände, wie sich die Vorfreude doch mit jedem Meter, den sie zurücklegten, steigerte.

„Hehe… Das wird lustig“, gab ihr Fahrer zurück und drückte das Gaspedal durch, um mit einem höllischen Tempo über die Landstraße zu heizen. Dabei lag ein Grinsen auf seinen Lippen, das auch schnell zu Laila übersprang. „Oh ja. Und wenn nicht, dann jagen wir ihn die Klippen entlang.“

Und daraufhin verwandelte sich Yves‘ Lächeln auch schnell in etwas Tierisches: „Hehe...Oh ja, das wird lustig so oder so.“

„Hast du ihm jetzt eigentlich bescheid gesagt? Oder überraschen wir ihn?“, fragte Laila von der Seite aus nach und unterbrach ihren Freund in seinen Gedanken.

Dieser zuckte bloß noch mit Schultern: „Ich hab ihm gesagt, dass wir irgendwann vorbei kommen, aber nicht genau wann.“

„Das ist gut. Dann ist er vorgewarnt.“

„Jo“, gab er zurück und trat nur weiter das Gaspedal nach unten, als ob er es aus dem Wagen hinaustreten könnte.

Lachend klopfte seine Freund auf die Ablage des Wagens: „Hat deine Dreckskarre nicht mehr drauf?“, fragte sie herausfordern und zeigte ihm die Zähne.

„Dreckskarre?“, fragte er wütend nach und grinste sie an. Dann drückte er noch ein wenig mehr auf das Gas und holte alles aus dem Wagen raus. Langsam und betont sprach er die weiteren Worte aus und sah sie dabei an: „Unterschätz meine Dreckskarre nicht.“

„Yeah! Na also! Geht doch! Die Kiste hat ja doch was aufm Kasten!", rief Laila lachend und warf ihren Kopf freudig zurück. Yves erwiderte das Lachen bloß und schaltete noch einmal höher, um alles aus dem Wagen raus zu holen. Johlend sah seine Freundin ihn an und erinnerte ihn daran, dass in drei Kilometern eine Blitzampel auf sie warten würde.

„Ich weiß“, meinte er gelassen und ging mit dem Tempo soweit runter, dass er mit erlaubter Geschwindigkeit an der Ampel vorbeifahren konnte. Und kaum, dass sie die versteckte Falle hinter sich gelassen hatten, trat der das Gaspedal wieder vollständig durch.

Laila schüttelte den Kopf über sein Manöver und grinste ihn an: „Als ob die uns jemals blitzen könnten!“

„… Und wenn wird die nie ein Foto erreichen“, fügte der Fahrer mit schiefem Grinsen hinzu.

„Genauso ist es. Ich hab‘ immer noch das einzige Foto, das jemals von uns geschossen wurde, in meinem Zimmer hängen!", erwiderte die junge Frau und blickte aus dem Fenster um die schnell vorbeiziehende Gegend zu betrachten.

„Echt? Das hätte ich nicht gedacht“, gab Yves grinsend zu, und besah sich die Straße, wie er noch eine Minuten lang über den Asphalt heizte. „Wir sind gleich da“, bemerkte er rasend in eine kleinere Straße einbiegend. Von dort konnte man das Haus auch schon gut sehen, das ihr Ziel war.

Lachend gab Laila ein: „Deine Fratze auf dem Bild ist immer noch göttlich“, zurück und sprang bereits aus dem Wagen, während ihr Freund noch auf die Bremse trat. Lachend rannte sie auf das Haus ihres anderen Freundes zu und sprang durch ein geöffnete Fenster hinein. „Caleb, mein wuscheliger Freund! Wo bist du?“, schrie sie und rannte durch das Haus. Yves stellte den Wagen ordentlich ab und folgte ihr dann mit einigem Abstand ruhig.

Der gesuchte Freund lag noch in seiner Hängematte und versuchte die letzten Sekunden des Schlafes zu genießen, wie er das Gepolter hörte, das durch seine Wohnung tönte und zu Boden fiel. Stöhnend sah er die beiden Besucher an und grinste nur müde: „Oh nein…“

„Langweiler!“, kommentierte Layla das Ganze mit einem Grinsen.

„Nette Begrüßung…“, schloss sich auch Yves an.

„Typisch Caleb!“

„Immer noch…“, murrte ihr Freund, wie er sich vom Boden aufrappelte und sich erst einmal schütteln musste, bevor er seine Freunde ansehen konnte. „Was macht ihr denn schon hier?“

Yves grinste breit: „Was wohl?“

Und mit einem bedrohlichen Lächeln schloss sich die Freundin ihrem Vorredner an: „Für dich hoffen, dass du die Bungeeanlange aufgebaut hast!“

„Bungee?“, mit einem verwirrten Gesichtsausdruck betrachtete Caleb seine zwei Freunde und brauchte doch einen Moment um vollständig wach zu werden, bis sich dann sein Gesicht sichtlich aufhellte. Augenblicklich schloss er Laila in die Arme. „Aber ja doch! Jetzt wo du‘s sagst! Nett von dir einem alten Mann wie mir, auf die Sprünge zu helf‘n!“, scherzte er und ließ sie wieder los.

„Na also. Wir hatten sonst noch ‘ne andere Idee, was wir machen können, aber das hat sich jetzt ja erledigt!“, gab sie freudig grinsend zurück.

Caleb kicherte: „Na dann kommt mal mit!“, rief er, während er sich im Gehen eine Hose über seine Boxershorts zog und leicht dadurch leicht hüfend nach draußen zu der großen Anlage vorrausging.

„Glück gehabt, Caleb“, kommentierte Yves den ganze Vorgang und das fertige Produkt mit einem bösen Grinsen.

Einige Zeit lang betrachtet die junge Frau der Gruppe das Gerüst, ging immer wieder darum herum, und blieb dann am Rand der Schlucht stehen. Sie blickte in den tiefen Abgrund und dann wieder zu der Anlage, die ihr Kumpane aufgebaut hatte: „Das sieht kompliziert aus. Ich glaube... ich verzichte!“, rief sie den beiden Männern zu und stürzte sich dann ohne weitere Hilfsmittel die Klippe hinunter.

Yves betrachtete sie bei all dem Vorhaben mit einem Kopfschütteln. Manchmal war sie so kindisch. Doch nach einem kurzen Seufzend folgte er der Freundin einfach. Diese hatte sich in dem Flug bereits in einen Werwolf verwandelt und sich für einen Moment in der Felswand festkrallte.

Wütend hob Caleb die Faust und sah ihnen nach. Er schwang die Hand durch die Luft und verdrehte die Augen. „Ihr Undankbaren!“, schrie er ihnen nach, bevor ihnen hinterhersprang. „Ich bau noch einmal was für euch auf!“, grollte er und kam immer näher an Laila heran, die nun schon die Felswand hinab vor ihm davonlief.

Wie Caleb nur knurrend die Verfolgung aufnahm, verwandelte sich auch Yves in einen Werwolf umso besser auf einem der Felsvorsprünge landen zu können und die beiden weiterhin zu beobachten. „Wie immer seid ihr verdammt laut“, bemerkte er und verdrehte bei ihrem Anblick die Augen.

Da landete nun auch Laila auf einem der Vorsprünge und verwandelte sich zurück in einen Menschen. Lächelnd sah sie zu Caleb: „Deshalb mag ich es so, dass du in den Bergen wohnst.“

Als Caleb bei ihr ankam, verwandelte auch er sich wieder zurück und setzte sich einfach neben seine Freundin. „Du bist unmöglich…“, murmelte er, wie auch Yves sich auf den Felsvorsprung zu ihnen hochgesellte.

„Wär ich ein normales Mädchen, würde ich jetzt Angst haben da runter zu fallen, aber so?“, gab sie zurück und als ob sie seine Aussage unterstrichen wollte, machte sie direkt an der Kante einen Handstand. Caleb stupste sie kurz in die Seite, woraufhin sie den Kopf zu ihm drehte. „Was denn?“

„Wie immer…“, murmelte Yves leicht genervt und setzte sich neben Caleb.

Noch einmal wurde die junge Frau leicht anstoßen und verlor dabei nun doch fast das Gleichgewicht. Im letzten Moment konnte sie sich noch nach hinten retten, schlug ein leichtes Rad über ihre Freunde hinweg und landete hinter ihnen auf den Füßen. „Caleb!“, sagte sie vorwurflosvoll und blickte auf ihn runter.

„Ja, Zuckerschnäuzchen?“, erwiderte er mit einem unschuldigen Grinsen.

Böse musterte Yves die Beiden: „Lasst den Mist!“ Worauf die anderen beiden für einen Moment doch wirklich still wurden…
 

Cruor betrachtete die junge Frau, wie sie in dem neu gekauften Kleid voranschritt um ihnen einen guten Platz weit vorne zu suchen. „Das sehe ich, wie bereits gesagt genauso...“, sagte er ihr mit einem charmanten Lächeln und nahm dann neben ihr Platz. Einen Moment lang blickte er sich unter den Menschen um, die sich um sie herum befanden und schnüffelte leicht umher. „Brr… Überall riecht es gleich. Verschwitzte Körper... aber es ist kein appetitlicher Angstschweiß...“, bemerkte der Werwolf seufzend.

Und während sich die Beiden umsahen und auf den baldigen Beginn des Spieles warteten betrat ein anderer Junge aus Blanches Klasse, Niv, die Tribüne und sah sich um. Nach einiger Zeit entdeckte er auch seine reiche Mitschülerin mit dem merkwürdig aussehenden, grauhaarigen Erwachsenen dort sitzen und wunderte sich über das Bild dort. Doch schon bald erweckte das Häschen, das Maskottchen ihrer Footballmannschaft all seine Aufmerksamkeit. „Vielleicht war es gar nicht so eine schlechte Idee zu diesem Footballspiel zu gehen. Wenn die schon ein Häschen als Maskottchen haben, ist dieser Sport vielleicht gar nicht so übel“, murmelte er vor sich hin und fühlte sich doch ganz gut mit der Entscheidung hierhergekommen. Erst als er einen kalten Blick in seinem Rücken spürte, bekam er eine Gänsehaut und begann die Entscheidung doch wieder anzuzweifelnd…

Derjenige, der ihm diesen Blick schenkte, war eigentlich gekommen, um ein Auge auf Blanch zu werfen. Sirus, der Vampir, war ein weiterer Bediensteter der Familie Homicida und angewiesen immer mal wieder ein Blick auf die Tochter des Hauses zu werden. Doch jetzt bemerkte er, dass sie offensichtlich bei dem Schoßhund gerade in guten Händen war, also hatte er schon einmal ein Problem weniger und konnte sich selbst ein wenig umsehen. Und dabei entdeckte er den Jungen mit der hellen Haut, der dort doch eher unsicher im Weg stand.

Als dieser sich unsicher und beinahe ängstlich zu ihm kurz umdrehte, verzog Sirus das Gesicht. Er hasste Menschen, widerlich. Aber das Blut von diesem Exemplar roch so unschuldig und verlockend, wenn man ehrlich war.

Da wurde nun auch Cruor auf den anderen Geruch aufmerksam, der sich zwischen den menschlichen tarnte. Vorsichtig beugte er sich zu Blanch vor: „Es riecht nach Vampir...und nach Blutdurst...Das ist Sirus. Vermutlich möchte er auch eine Mahlzeit zu sich nehmen“, überlegte er laut.

Nervös sah sich Niv um und fragte sich, warum der fremde, dunkelgekleidete Mann ihn so anstarrte. Normalerweise war er auf Grund seiner ungewöhnlichen Hautfarbe gewohnt, angestarrt zu werden, doch der Blick dieses Fremden war anders. Und es machte den Jungen doch recht nervös, so dass er lieber versuchte in der Menge unterzutauchen und zu flüchten.

Doch diese Fluchtversuche sorgten bei Sirus bloß für ein belustigtes Grinsen und so nahm er schnell die Verfolgung auf. Die Panik stieg doch in dem nun gejagten Schüler an, wie er auch noch mit einem Schulterblick bemerkte, dass der finstere Mann ihm folgte und er wunderte sich, ob er sich das einbildete oder der ihn wirklich hinter ihm her war, wie er sich durch einige Menschenmassen zwängte, in der Hoffnung zu entkommen.

Irgendwie tat dem Verfolger sein Opfer ja schon leid, doch das Spiel ging ihm dann doch irgendwann auf die Nerven, so dass er seine Fähigkeiten nutzte um einfach hinter dem Menschen aufzutauchen. „Na, Kleiner? Wie geht’s dir so?“, fragte er mit einem dunklen Grinsen.

Niv zuckte zusammen, als er die Stimme hinter sich hörte, und ruderte geschockt herum. „W-wie-wie es mir g-geht? G-ganz gut soweit...F-football gucken und so...Wie geht es Ihnen?“, erwiderte er schnell und stotternd. Wie hatte der Mann nur so schnell zu ihm aufgeschlossen?

„Ebenfalls gut“, gab Sirus zurück und schenkte ihm einen weiteren finsteren Blick, er konnte diese schwachen Menschen einfach nicht ertragen und er hasste es eigentlich mit ihnen zu sprechen.

„S-schön...ähm...ich sehe mir gerade das Stadion an, S-sie können ja mit kommen, wenn Sie wollen“, erwiderte Niv verschüchtert und doch höflich und wusste gar nicht wirklich, warum er das jetzt tat!

„Gerne“, antwortet Sirus und dachte doch eigentlich mehr daran, wie gerne er den Jungen neben sich aufschneiden würde.

Niv schluckte leicht und sah ihn fragend an: „A-also dann...Was interessiert Sie denn an Football?“

„Oh... Mich interessieren nur die Spieler“, gab der Vampir ihm zur Antwort und betrachtete das Spielfeld mit einem Grinsen, wie sich nun auch eben diese für das Spiel bereit machten.

Niv lächelte leicht: „Ja? Also unsere Mannschaft hat jetzt einen neuen Cornerback, weil unser alter spurlos verschwunden ist...aber das wissen Sie sicher bereits.“

„Aber natürlich“, antwortete Sirus ihm, niemand wusste das besser als er, schließlich hatte er noch den Geschmack seines Blutes auf der Zunge…

„Ah! Sie sind also ein Kenner? Ich bin gespannt, wie so ein richtiges Spiel von Statten geht...Wissen Sie bis heute hab ich mich nicht getraut herzukomme. Ich mag keine Gewalt“, gestand Niv mit einem schüchternen Lächeln.

„Es wird dir gefallen“, versprach Sirus. Ja, das würde es, wenn er nicht in Ohnmacht fallen würde.

Mit einem glücklichen Ausdruck auf dem Gesicht sah nun auch der Junge zum Spielfeld: „Ja ich denke auch. All die Leute hier sind so fröhlich, dieser Sport ist bestimmt nicht so schlimm!“

Fast tat der Junge ihm leid, so dass der Mann doch sein Grinsen eher nach Innen kehrte, wie er ihm antwortet: „Oh nein, das ist er nicht.“

Zur selben Zeit hatte auch Blanch sich nach ihrem zweiten Aufpasser umgesehen und nur mit den Augen gerollt. „Dann wünsche ich ihm guten Appetit. Solange er mir niemanden wegnimmt. Ich nehme ihm das mit dem Cornerback immer noch übel. Den wollte ich mir irgendwann nehmen“; erwiderte sie dann und sah sich unter den Spielern um.

„Für mich schmecken sie alle gleich, es ist mir egal, welche Anmutung sie haben“, meinte der Werwolf und lächelte leicht.

„Mein Auge und mein Anspruch essen eben mit!“, sagte die Tochter des Hauses und verschränkte die Arme vor der Brust.

Cruor dachte einen Moment darüber nach und sah sie dann an: „Ihr habt es im Erbe... Vermutlich liegt es an Eurer Herkunft, dass Ihr nur erlesenes zu Euch nehmt.“

„Ja. Ich weiß auch nicht wie Mum das gemacht hat. Mit dem Typen ein Kind zu zeugen und dann… ach egal. Schau dir mal den Schwächling neben Sirus an. Den will er doch nicht wirklich, oder? Dann hätte er mir doch den Cornerback lassen können. Nun ja. Es gibt ja auch andere muskulöse und appetitliche Häppchen“, gab Blanch zurück und verdrehte die Augen.

Der Bedienstete stimmte ihr recht schnell zu: „Er sieht nicht wirklich nahrhaft aus, aber er ist ungewöhnlich.“

Dass er so das Gesprächsthema war, bekam Niv gar nicht mit, er versuchte das Beste aus der Situation zu machen: „Entschuldigen Sie wenn ich frage, aber woher kommen Sie? Wer sind Sie? Ich meine, so gut ist diese Mannschaft auch nicht, dass Leute aus anderen Städten kommen...Sind Sie gerade erst hergezogen?“

„Ich wohne schon ziemlich lange hier“, erwiderte Sirus und versuchte sogar zu lächeln, als er zu dem Jungen blickte.

Doch dieser wurde darauf nur rot und schluckte leicht: „Oh! Dann tut es mir leid, ich dachte nur, dass so ein herausragender Charakter mir schon vorher aufgefallen wäre...“

Sirus lachte rau: „Macht nichts... Ich halte mich nicht viel im Licht auf.“

„Ich auch nicht, meine Haut kann das nicht so gut ab. Außerdem mag ich die Öffentlichkeit nicht sonderlich... Zu viele Blicke, wegen meines Aussehens“, gab er zurück und zeigte auf seine weißen Haare und die helle Haut.

Grinsend legte der Mann ihm die Hand auf die Schulter: „Interessant…“ Er musterte ihn einen Moment, und dann wandte er sich dem Spiel zu, das gerade eben begonnen hatte.

Perplex sah Niv ihn nur an. „Wie sie meinen…“, murmelte er und wandte sich dann auch dem Spiel zu.

„Keine Sorge, ich mache mich nicht darüber lustig“, aber langsam verschwand die Lust ihn zu beißen. Er war ein Albino, wie hatte ihm das nicht gleich auffallen können? Er war nicht einfach nur hellhäutig. Und einen Albino zu beißen, könnte sehr gefährlich enden.

„Ni-nicht? Das ist...sehr nett von Ihnen...So etwas passiert mir nicht oft“, lächelte Niv verlegen. Da musste Sirus sich doch ein neues Opfer suchen, nur weil er nicht gemerkt hatte, dass dieser schüchterne Junge solches Blut in sich trug. Es war eine Zeitverschwendung gewesen, dachte er sich, während der Kleine neben ihm nun über das Spiel zu jubeln begann…
 

Blanch rümpfte noch einmal die Nase über ihren Mitschüler, der ihr als Opfer doch viel zu kindlich war. „Ich find ihn zu mickrig. Der da hinten ist doch viel interessanter", bemerkte sie und blickte zu einem der Spieler, der gerade am Ball war.

Ihr Begleiter folgte ihrem Blick und schnüffelte leicht in diese Richtung: „Ich will Euren Triumph ja nicht schmälern, aber meine Nase verrät mir, dass seine Muskeln nicht alle von ihm stammen. Tabletten, denke ich. Menschen sind so schwach.“

„Ja. Ein bisschen komisch fand ich seinen Geruch auch. Aber mein Auge wäre schon mal gesättigt. Mein Anspruch allerdings nicht. Außerdem wird er durch die Medikamente einen üblen Beigeschmack haben“, stimmte Blanch zu und seufzte leicht.

Cruor lauschte ihren Worten aufmerksam: „Ganz wie Ihr meint. Wie ist es mit diesem?", fragte er wie er mit dem Kopf auf einen Jugendlichen zwei Plätze vor rechts von ihnen deutete.

Und da begann die schöne Tochter strahlend zu lächeln: "Du bist unersetzlich, Cruor! Seine Frisur lässt zwar schwer zu denken übrig, aber sonst ist alles okay. Ich bin dann mal eben beschäftigt“, rief sie begeistert und ging auf den Typen zu um ein Gespräch mit ihm zu beginnen.

„Vielen Dank, Milady“, murmelte der Werwolf und folgte ihr dann mit seinem Blick.

Und nebenher und nach einigem Umsehen hatte auch Sirus etwas gefunden, für das man sich gut interessieren konnte. Mit einem leichten Grinsen wendete er sich an den Jungen neben sich: "Kleiner, ich bin gleich wieder da. Ich habe nur gerade zwei... Freunde entdeckt....", gab er ihm zu verstehen und trat an zwei leicht bekleidete junge Frauen heran, um sie er jeweils einen Arm legte und sie dann mit ein paar geschickten und charmanten Worten nach draußen zu führen. Ein wenig traurig und erstaunt sah Niv ihm hinter her: „Weg ist er...Schade...Er schien nach dem ersten Eindruck gar nicht so übel zu sein.“

Blanch realisierte, wie ihr Bediensteter das Stadion verließ und fühlte sich provoziert nachzuziehen, wenn der Andere mit so einem guten Beispiel voran ging. Schnell hatte sie ihr Opfer an der Hand genommen und zog ihn mit verführerischem Gang hinter sich her. Wenn man etwas Knappes anhatte und nur ein wenig auf einen Typen zuging, waren sie doch alle irgendwie gleich. Und auch gleich leicht zu bekommen. Während sie mit dem Jungen das Stadion verließ, war Sirus schon dabei die Frauen immer abwechselnd auszusaugen, bis kein Tropfen mehr in ihnen war und ihre Haut bleich wurde. Mit dem Handrücken wischte er sich über den Mund und ließ die Leichen dann in einem Busch zu Boden gleiten. Als er sich wieder abwenden wollte, erblickte er Cruor, der Blanch hatte folgen wollen. Doch um genug Abstand zu halten, hatte er sich dabei dann verloren…

Den Blutgeruch deutlich wahrnehmend starrte der Werwolf den Vampir an, der nur kalt lächelte. „Wenn du Hunger hast, dahinten liegen zwei wirklich köstliche Steaks, Hundi“, raunte er ihm zu, als er dann einfach an ihm vorbei ging.

„Steaks? Hundi?“, wiederholte der Werwolf erstaunt und schüttelte den Kopf. Dieser Blutsauger nahm sich zu viel heraus. Und doch gehorchte Cruor und ging zu den Leichen um die Reste zu beseitigen, während Sirus zurück zu Spiel ging.

Blanch war währenddessen bereits zu weit weg. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt nicht in der Nähe des Stadions und damit in Beobachtung zu bleiben, sondern ihre Begleitung lieber durch die Straßen zu ziehen. Sie konnte sich sicher sein, dass ihre Mutter auch nicht zu Hause sein würde, und so konnte sie das neue Opfer beruhigt mit auf ihr Zimmer nehmen…

Blut und Wasser

Kapitel 3: Blut und Wasser
 

Seelaye Homicida war ein besonderer Vampir, als jüngerer Bruder lebte er im Schloss und Clan seiner Schwester, doch der alte Vampir war mit einer besonderen Fähigkeit gesegnet. Und einem jugendlichen Gemüt. Er konnte seine Gestalt wandeln und sich damit nach außen hin jeglichem menschlichen Alter anpassen. Die Hausherrin und er machten sich diese Fähigkeit zu nutzen, damit er in Gestalt eines 18jährigen mit der Prinzessin des Haushaltes zur Schule gehen und sie somit unter Beobachtung halten konnte, falls sie mal wieder etwas anstellte, dass ihre wahre Gestalt in Gefahr bringen könnte.

Genervt trat er an diesem Tag durch das Tor in die Eingangshalle , als die Schule vorbei war, und schüttelte sich das viele Wasser aus den schwarzen, langen Haaren. „Und schon wieder ist sie mir entwischt… Verdammtes Gör!“, fluchte er seufzend vor sich hin. Mit einem lauten Grummeln trat er die Treppe zum Zimmer seiner Schwester hoch. „Kann die nicht mal ein bisschen Respekt vor ihrem Onkel zeigen?“, regte er sich noch ein wenig auf, bevor er bei Necia anklopfte. Diese drehte sich nun in die Richtung ihrer Tür und bat ihren Bruder herein.

Schwungvoll öffnete Seelaye die Tür. „Guten Tag, Schwesterherz!“, erwiderte er grinsend und trat ins Zimmer, „Ich denke mal Blanch ist wohlbehalten nach Hause gekommen?“, erkundigte er sich auch schnell.

"Ja. Das ist sie“, beantwortete die Vampirin die Frage und betrachtete ihren Bruder genauer, „Und wie ich dich so ansehe, denke ich nicht, dass das dein Verdienst ist. Du hast sie verloren, was?“, gab sie grinsend zurück und wurde dann aber bald wieder nachdenklich. „Manchmal… Da macht sie so viel Ärger wie ihr Vater…“, seufzte die Clanführerin.

Sofort verdrehte der Dunkelhaarige die Augen: „Komm mir nicht mit dem…“, murmelte er seufzend und schüttelte den Kopf, „Ich werde mich schnell umziehen. Sag mal, hast du schon gegessen?“

„Nein, ich habe nachher noch ein Meeting“, meinte Necia und lächelte ihn an.

Mit einem schweren Seufzend sah er seine Schwester an. „Schade… Dann werde ich mich wohl alleine auf den Weg machen müssen. Benötigst du noch Hilfe? Du weißt, ich bin immer für dich da“, gab er ihr noch zu verstehen und nahm sie kurz in den Arm. Und dabei hatte sie schon wieder den Tonfall drauf, bei dem Necia immer schwach wurde. Nicht bei jemandem. Eigentlich nur bei zwei Personen; ihrem Bruder und ihrer Tochter… Aber er hatte diesen Ton eben drauf…

„Ich weiß das doch“, gab sie sich leicht geschlagen und atmete tief durch, „Weißt du, ich kann auch jetzt mit dir gemeinsam essen gehen“, machte sie auch gleich den Vorschlag.

Kichernd betrachtete der Mann sie und schüttelte ein wenig kindisch den Kopf: „Wirklich? Das würdest du für mich tun? Danke Schwesterchen!“, und dabei drückte er sie noch ein wenig dichter an sich.

Obwohl sie innerlich den Kopf schüttelte, nickte sie ihrem Bruder zu. „Na dann, lass uns gehen“, sie blickte einen Moment an sich herunter und war mit ihrem Outfit für einen Spaziergang und ein Opfer aussuchen soweit zufrieden. Es war schlicht, in enger Hose und dunkler Buse, aber bis zum Geschäftsmeeting war auch noch Zeit. Langsam trat sie an die Tür. „Komm, Brüderchen“, forderte sie ihn auf und ging voran.

Kichernd folgte dieser ihr. „Aber immer wieder gerne doch!“, bestätigte er und harkte sich nach einiger Zeit dann bei ihr ein. „Nehmen wir denn frische Ware?“

„Ja, ich habe schon jemanden ausgesucht“, beantwortete die Clanführerin mit einem leichten, aber nicht zu viel verratenen Grinsen, wie sie gemeinsam das Schloss auch schon verließen und sich in Richtung der Stadt aufmachten. Es war ein kleines Stück, bis man das große Anwesen, das auf einer Erhöhung vor der Kleinstadt lag, verlassen hatte, doch dann zogen sie auch schon gemeinsam durch die engen, kleinen Straßen und Wege.

Seelaye betrachtete sie neugierig und musste dabei ein wenig kichern: „Ach ja, und wen, wenn ich fragen darf?“

Einen Moment ließ Necia ihren Bruder noch zappeln, dann antwortete sie. „Ein Geschwisterpaar aus Blanches Schule. Sirus hat mir mitgeteilt, die zwei hätten sie gesehen, wie Blanch einen Lehrer", sie unterbrach sich selbst mit einem Kopf schütteln, „Er hat sie erst einmal ruhig gestellt. Es sind noch jüngere Kinder, ein paar Stufen unter meiner Tochter, also sollten wir sanft sein.“

„Und schon wieder macht sie uns Arbeit... Aber warum nicht, wenn wir es mit dem Vergnügen verknüpfen können“, er seufzte erst einmal um seine Schwester ein wenig zu beruhigen, bevor er wieder in das Kichern überging und sich voller Erwartung über die Lippen leckte.

Ein wenig brauchte es Necia zum Nachdenken: „Ja, das hat sie von ihrem Vater... Verdammt hab ich ihn schon wieder erwähnt“, meinte sie und zuckte mit den Schultern, „Aber es ist noch nicht so schlimm ausgeprägt.“

„Ist schon in Ordnung“, sprach Seelaye ihr leise und zu und drückte sie einen Moment lang an sich, bevor sie ihren Weg weiter voran schritten.

„Gut“, schloss Necia dann auch bald das Thema und hielt wenig später vor einem Haus in einem der Wohngebiete an. „Hier wohnen die beiden mit ihrer Familie.“

Der jüngere Vampir sah sich um: „Hm... Ich hab schon besser riechende Beute verspeist“, scherzte er dann auch schon, und betrachtete die ruhige Umgebung genauer, „Aber ich will mal nicht so sein...“, gab er dann schnell wieder zurück und sah seine Schwester etwas ernster an, „Komplette Prozedur?“

Nickend versicherte sie ihm, dass er richtig lag. „Ja, aber die Eltern sind daheim. Wir müssen vorsichtig sein“, ermahnte sie ihn noch einmal ein wenig als sei er selbst ein Kind.

„Aber du kennst mich doch. Das wird Präzisionsarbeit“, erwiderte er mit einem Grinsen und betrachtete das Haus genauer. Er deutete auf ein großes, beleuchtetes Fenster: „Ist das ihr Zimmer?“

„Richtig“, gab Necia zurück, „Die Beiden schlafen in einem Zimmer.“

Ihre Begleitung kicherte vergnügt, wie sie auch schon auf das Fensterbrett sprang. Dann konnte es ja losgehen und man müsste keine Zeit mehr verschwenden. Vorsichtig riskierte er einen Blick hinein, so sehr es an den Gardinen vorbei denn möglich war. „Wir haben Glück… Sie sind gerade nicht im Zimmer und ich bekomme das Fenster auf…“, stellte er murmelnd fest, und musste doch ein wenig an dem Fenster herumwerkeln, bis er es dann weit öffnen konnte. „Nach Ihnen, werte Dame“, sagte er mit einem breiten Grinsen und machte Platz, so dass Necia eintreten konnte.

„Vielen Dank, wie höflich“, erwiderte diese und sprang dann einfach durch das Fenster in das Kinderzimmer. Immer noch mit einem Grinsen auf den Lippen und einem Kichern folgte ihr Bruder ihr dann auch schon…
 

Nachdem es einige Zwei zwischen den drei Werwölfen ruhig geworden war, riss wieder Laila das Wort: „Okay. Okay. Hat wer Lust zu baden? Ich finde der Fluss sieht heute wieder sehr verlockend aus!“, rief sie fröhlich aus, um die ruhige Stimmung zu durchbrechen.

Während Yves noch recht ruhig war, sprang Caleb bereits auf und griff beide seine Freunde an der Hand und zog sie mit sich nach oben. „Klar doch!“, rief er und sprang so wie er war, voraus in den Fluss, der unter ihnen in der Schlucht floss, so dass er sie einfach mit sich zog und sie sich alle in das Wasser stürzten. Laila stieß einen Jubelschrei aus, als sie in der Luft waren und nach unten auf den Fluss zu rasten.

Unter Wasser angekommen erst ließ Caleb die Hände seiner Gefährten los, bevor er selbst auftauchte und ein wenig Wasser mit einem begeisterten Jaulen ausspuckte. „Es gibt doch nichts, was einen schöneren Adrenalinkick toppen könnte!“, meinte er grinsend und sah sich um.

Auch Yves tauchte wieder auf, ein wenig ruhiger blickte er zu seinem Freund, hatte jedoch ein Grinsen auf den Lippen, wie er ihn so ansah: „Du bist wie immer…“

„Wie sollte ich denn sonst sein?“, rief der Angesprochene mit einem verschmitzten Grinsen und warf sich auf seinen Freund um ihn noch einmal unter Wasser zu drücken und schwamm anschließend so schnell er konnte an seinen Felsen, um sich daran hochzuziehen.

Doch noch bevor er überhaupt aufgetaucht war, setzte Yves bereits dazu an, ihm hinterher zu schwimmen. Mit dem ersten Atemzug an der Luft, schrie er ihm das Versprechen hinterher, dass er ihn kriegen würde und folgte ihm auch mit einem schnellen Sprung auf den Felsen.

Sein Freund jedoch schüttelte den Kopf und verwandelte sich im Sprung auf den nächsten Felsen wieder in einen Wolf, um ihm schneller zu entkommen und kletterte so geschwind an den felsigen Wänden wieder hinauf. Knurrend jagte der Andere ihm nun auch in Wolfsgestalt hinterher.

Eine ganze Weile hatte Laila dem Treiben vom Wasser aus zugesehen und ein breites Grinsen zeichnete sich nun auf ihren Lippen ab. „Ihr Spielkinder!“, schrie sie ihnen nach und kletterte dann selbst auf einen der Felsen, jedoch dieses Mal nicht um durch die Landschaft zu toben, sondern um sich dort zu sonnen.

Währenddessen war Caleb bereits ein ganzes Stück wieder an den obersten Rand der Klippe gekommen und jubelte vor Begeisterung, bevor er sich Yves zuwandte und um ihn zu provozieren die Lefzen hochzog. Das Vorhaben zog, jedoch war sein Freund nun in der Stimmung ihn diese Handlung bereue zu lassen, wie er mit einem lauten Knurren auf ihn zusprang und jeder Muskel von ihm Angriffshaltung eingenommen hatte. Caleb jedoch reagierte unbeeindruckt und sprang dem anderen entgegen. In der Luft stießen sie gegeneinander und stürzten so, ein wenig verkeilt wieder in die Tiefe und mit einem lauten Platschen in den Fluss…

Gemeinsam brachten sie das Wasser ordentlich zum Spritzen und ihre Freundin, die sich dicht am Wasser nur sonnen wollte, zum Aufkreischen, denn sie bekam das meiste davon ab. Wütend sprang sie auf: „Jungs! Ich bin gerade erst wieder trocken geworden!“, knurrte sie ihnen entgegen, „Lauft! So schnell ihr könnt!“

Yves allerdings konnte sie damit nicht beeindrucken, dieser schwamm nun einfach nur noch an den Rand und schüttelte sich das Wasser aus dem Fell, bevor er sich wieder zurück verwandelte. Er zitterte einen Moment, schenkte seinen Gefährten einen abschätzigen Blick und machte sich dann alleine auf den Weg die Felswand hoch zurück zu Calebs Haus am Rand der Klippe. Er ignorierte die anderen beiden Kindsköpfe einfach und ging schon einmal voraus…

Caleb jedoch ging auf seine Freundin ein und grinste sie an: „Und was machst du wenn du mich fängst, Schätzchen?“ Und mit jedem Wort mischte sich ein kleines bisschen mehr freundliche Provokation in sein Grinsen.

„Dann zieh ich dir das buschige Fell über die Ohren!“, gab seine Freundin zurück und erwiderte das Grinsen ebenso provokant, bevor sie auch schon auf ihn zuraste. Doch der Gejagte ergriff auch gleich die Flucht und rannte lachend vor ihr davon. „Von dir doch immer!“, scherzte er beim Rennen.

Doch die Werwölfin verdrehte nur die Augen: „Woher wusste ich das nur?“

Nach einiger Zeit der Verfolgungsjagd über die Felsen, blieb Caleb dann doch stehen und drehte die zu seiner Freund um. „Ich weiß nicht“, gab er fröhlich von sich, „Vielleicht weiß du mich so lieb hast?“ Doch leider bekam er von seinem eigenen Scherz einen ziemlichen Lachanfall und konnte dadurch nicht mehr weiterlaufen und ging lachend zu Boden.

Augenblicklich tauchte Laila über ihm auf und nagelte ihn unter sich am Boden fest, so dass er nicht mehr entkommen konnte. „Wie kommst du denn darauf, dass ich dich lieb hab?“, fragte sie ihn von ganz nahem und zog die Augenbrauen hoch.

Das jedoch half Caleb nun wirklich nicht dabei sich zu beruhigen, er lachte noch weiter und versuchte winselnd sich irgendwie wieder runter zu kommen. Es war wirklich schwierig, aber irgendwann ging sein Atem wieder und grinste seine Freundin. „Das weiß ich einfach, Zuckerschnäuzchen!“, meinte er grinsend und beugte sich nach oben um ihr über die Wange zu lecken.

„Boa, Caleb! Das war jetzt überflüssig! Hättest du mir das nicht auf eine etwas weniger feuchte Weise klarmachen können?“, fragte Laila genervt und ließ daraufhin auch gleich ein wenig angeekelt von ihm ab, wie sie sich mit dem Handrücken die Wange trocken wischte.

Caleb verwandelte sich in einen Menschen und grinste sie nur ruhig an: „Nein“, gab er einfach zurück.

Yves hatte sich in der Zwischenzeit bereits eine ganze Kanne Tee gekocht und trat mit einer Tasse an den Rand der Klippe. Die beiden waren ziemlich weit nach oben gejagt, so dass er sie von dort aus gut beobachten konnte. Mit einem Grinsen und einem Kopfschütteln, die er für sie übrig hatte, setzte er sich an den Rand im Schneidersitz hin und betrachtete sie noch ein wenig. „Ihr seid süß…“

„War ja klar…“, murmelte Laila leicht genervt und kletterte lieber wieder ganz hoch um sich neben ihren anderen Freund zu setzten.
 

„Dämlicher, kleiner Schoßhund“; murmelte Sirus vor sich hin, als er zurück in das Stadium trat und sah sich kurz um, bevor er seine alte Gesellschaft wieder gefunden hatte. „Und? Wie gefällt dir das Spiel, Kleiner?“, fragte er an den weißhäutigen Jungen, als er wieder hinter ihm auftauchte.

Ein wenig erstaunt drehte sich Niv zu ihm um, als er wieder da war und strahlte dann jedoch freudig bei dem Anblick, auch wenn er sich am Anfang so vor dem Mann gefürchtet hatte, jetzt war er doch wirklich ganz nett. „Oh es ist wirklich interessant! Wir führen und… das vierte Quater endet genau...jetzt! Gewonnen!“, rief er glücklich und fiel dem Fremden einfach um den Hals vor Freude.

Ein wenig erstarrte dieser und bekam große Augen. Eigentlich sollte er den Menschen für so eine Frechheit töten. Zu dumm, dass er auf Grund seines Alters und seiner Erfahrung das Blut dieses Albinos nicht trinken konnte und gerade auch viel zu viele feiernde Menschen um sie herum standen. „Schön…“, murmelte er und fragte sich, als er seinen Blick so schweifen ließ, wo Blanch schon wieder abgeblieben war…

Niv bemerkte die Reaktion des anderen und wurde rot: „Oh! V-Verzeihung!“, murmelte er entschuldigend und ließ Sirus wieder los, „Es kam so über mich...“

„Macht nichts“, log der Vampir und betrachtete ihn ein wenig kühl. Es war doch nicht zu fassen, was hier passierte und da Blanch nicht wieder hierhergekommen war, war sie sicherlich wieder dabei Unsinn anzustellen. „Aber ich sehe gerade, ich habe noch was zu tun. Ich sollte gehen. Auf Wiederstehen.“

Verwirrt sah der Mensch ihm nach aber viel zu betrachten war da nicht. Da war er auch schon weg und Niv starrte mit großen Augen auf den Fleck, an dem der große, bleiche Mann eben noch gestanden hatte. „Weg ist er…“, er hatte nicht einmal eine Verabschiedung komplett auszusprechen, bevor er verschwunden war…
 

Cruor war noch einige Zeit damit beschäftigt die Reste des Vampirs zu beseitigen, bevor er zurück zum Schloss ging. Er wollte Blanch ihren Spaß lassen, wenn sie schon wieder weglaufen wollte, aber er wusste, dass sie nur zum Schloss gehen könnte. Ganz so riskant war das Mädchen dann doch nicht. In Form eines großen grauen Wolfes trottete er durch die Stadt und zurück zu seinem Heim. Vor dem Schloss wartete er, er hatte noch einen Knochen im Maul und kaute darauf herum. Er war einige Zeit kein Wolf mehr gewesen und nutzte es doch ein wenig aus, sich nicht in menschlicher Form zeigen zu müssen.

In dieser Zeit hatte Blanch ihr Opfer bereits ausgesaugt und hatte ihren Spaß gehabt. Sie leckte sich noch ein paar Tropfen des Blutes aus dem Mundwinkel und richtete ihre langen, braunen Haare, bevor sie die Treppen herunter und aus dem Haus trat. „Cruor, du kannst rauskommen. Ich weiß, dass du da bist!“, sagte sie und sah sich an, wie auch schon der Werwolf aus einem der Schatten hervortrottete. „Na? Hat's geschmeckt?“, fragte sie mit einem frechen Grinsen.

Wie ein Hund setzte Cruor sich vor sie hin und ließ den Knochen zu Boden fallen, bevor er zu ihr nach oben sah. Ein Kaninchen wäre ihm lieber gewesen, als immer das blutlose Fleisch von Menschen zu essen. Und wirklich wohl war ihm dabei auch nicht, so viele Menschen zu töten…

Die Prinzessin des Clans betrachtete den Knochen einen Moment skeptisch. „Das ist der eines Menschen“, stellte sie überrascht fest, „Wer war das?“

„Sirus hält sich nicht an die ordnungsgemäße Müllbeseitigung. Ihr entschuldigt mich kurz? Ich muss dies hier vergraben“, erklärte er ihr ruhig, nachdem er sich wieder in einen Menschen verwandelt hatte, und deutete auf den Knochen am Boden.

„Ja. Ja, da oben ist auch noch einer“, gab sie mit einem amüsierten Grinsen zurück und deutete auf das Fenster, das zu ihrem Zimmer im höchsten Stockwerk gehörte.

Einen Moment sah der Bedienstete sie ruhig an. „Wie Ihr wünscht, Milady... Ich werde ihn beseitigen“, sagte er dann und verneigte sich, wie er mit dem Knochen zurück ins Schloss ging um sich die Rest von Blanches Opfer vorzunehmen. Seufzend sah er die Leiche an und brachte sie dann auch schon in sein Zimmer. Immer dieses Chaos, das er beseitigen musste, und dieser hier war noch warm. Es war eine Verschwendung, aber vier Menschen schaffte er in der kurzen Zeit nicht, weshalb er ihn erst einmal auf seinem Bett ablegte und aus dem Fenster sah.

Als der Werwolf verschwunden war, kam auch Sirus sicheren Schrittes zum Schloss und sah Blanch davor stehen und die Abendsonne betrachten. „Na, hat es geschmeckt, Kleine?“, fragte er mit einem leichten Grinsen und blieb vor ihr stehen.

„Ja. Sehr gut. Bestimmt besser als deins. Ich hab‘s nämlich genossen!“, gab sie zurück und erwiderte seinen Blick. Sie musste sich nicht einschüchtern lassen durch seine dunklen Augen, er war auch nur ein weiterer Bediensteter ihrer Mutter.

„Nicht mit Menschen…“, erwiderte er kühl, „Dafür sind mir diese Körper zu reizlos. Es bleiben eben immer noch Menschen… Selbst wenn man sie noch so aufputscht oder an ihnen rumoperiert.“

„Du musst dir nur den Richtigen Körper suchen. Dann passt das schon!“, sagte Blanch mit einem selbstsicheren Lächeln.

Pflichten und Freuden

Kapitel 4: Pflichten und Freuden
 

Necia blickte ihren Bruder an, als sie gemeinsam in dem Zimmer der beiden Schüler standen. „Hast du schon Hunger?“, fragte sie mit einem leicht verspielten Grinsen.

Schmunzelnd sah dieser sie an und begann gleich wieder damit zu kichern: „Natürlich!“

„Na dann wollen wir mal. Ich habe schon lange nichts mehr gegessen“, stellte die Clanführerin ruhig fest und streckte sich leicht. Seelaye kicherte noch immer, versteckte sich jedoch dann leise hinter der Tür, als man Licht im Flur bemerkte. Seine Schwester zog die Augenbrauen hoch. Hinter der Tür, war das sein Ernst? Und huschte dann ebenfalls schnell in ein Versteck; im Kleiderschrank der Kinder.

Seelaye wartete gespannt hinter der Tür, bis die beiden Opfer im Raum waren und die Tür schlossen. Selbstverständlich sah einer der beiden von ihnen den fremden Mann an der Wand stehen. Sofort stürmte der Vampir nach vorne um ihm den Mund zuzuhalten. Necia folgte aus dem Schrank, um sich um den anderen Schüler zu kümmern, so dass keiner von ihnen um Hilfe schreien konnte, während die Kreaturen der Nacht sie festhielten. Schnell hatte der Mann seinem Opfer bewusstlos gemacht und sah seine Schwester an. „Ganz beseitigen?“

„Selbstverständlich. Sie sind Zeugen…“, meinte sie und legte die Lippen an den Hals des Schülers, bevor sie ihm mit einer Handbewegung das Genick brach. Sie waren Zeugen, wenn man jetzt genau war. Und kurz danach schlug sie auch schon die Zähne in das Fleisch des Kindes…

Seelaye tat es seiner Schwester gleich und begann damit den jungen Menschen auszusaugen, während er seine Schwester ansah. Als er fertig war leckte er sich über die Schultern, kicherte zwar, aber runzelte dazu die Stirn. „Es schmeckt komisch… so verdorben.“

„Für Kinderblut ist es wirklich nicht besonders gut gewesen…“, stimmte Necia zu, als sie sich von der leeren Leiche löste.

„Was machen wir jetzt mit ihnen?“

„Wir beseitigen die Körper“, ruhig packte sich Necia den Körper des Toten und schritt zum Fenster.

Seelaye folgte ihr und schüttelte leicht den Kopf: „Das war mir schon klar, Abendbrot für die Angestellten?“, fragte er doch noch einmal nach und grinste leicht.

Wieder stimmte die Clanführerin zu und legte die Leiche über die Fensterbank. „Nimm die beiden mit nach draußen“, wies sie ihn an und trat wieder ins Zimmer, „Ich kümmere mich darum, dass das hier nicht zu mysteriöse aussieht“, erklärte sie und sah sich dabei um.

„Dann bereite ich schon mal das Essen vor“, lachte Seelaye vergnügt und klemmte sich die beiden Toten unter den Arm, um mit ihnen schnell aus dem Fenster zu springen und am Standrand, wo ihn niemand so leicht erblicken konnte, zum Schloss zurück zu eilen.

Als ihr Bruder dann das Zimmer verlassen hatte blickte Necia sich um. Es musste alles schnell sein, denn mit dem ersten lauten Geräusch wären die Eltern alarmiert. Und so holte sie langsam ein paar Streichhölzer hervor und suchte mit den Augen nach den richtigen Objekten. Und dann folgen die Möbel nacheinander zu Boden. Die Streichhölzer hinterher und schnell brannte das Zimmer, wie man die Eltern an der Treppe hören konnte. Das Holz der Möbel hatte schnell Feuer gefangen. Einen Moment betrachtete Necia ihr Werk, bis sie ebenfalls aus dem Fenster sprang und zurück zum Schloss aufbrach…

Dort angekommen erkannte sie ihre Tochter, die mit Sirus dort sprach und doch ein Grinsen auf den Lippen hatte, wie sie sich mit ihm unterhielt. Und dabei ahnte die Clanführerin doch gleich schon wieder neuen Ärger. Auch wenn sie ihr Cruor an die Seite gestellt hatte und Sirus offensichtlich auch in der Nähe gewesen war. Es war unfassbar.

„Du musst dir nur den Richtigen Körper suchen. Dann passt das schon!“

Sirus zuckte leicht mit den Schultern: „Ich denke, sie sind mit zu zerbrechlich“, erklärte er ihr, „Aber wenn du deinen Spaß daran hast. Mich interessiert es nicht. Immerhin ärgerst du damit nur deine Mutter…“

Da zuckte die Tochter ein wenig zusammen und spürte auch gleich den kalten Windzug, den ihre Mutter mit sich brach. Doch noch versucht beschwingt lächelte sie an und begrüßte sie, bevor sie sich genervt an Sirus wandte: „Musst das sein?“

Necia baute sich leicht vor ihr auf und seufzte. „Lass mich raten“, setzte sie streng an, „Es handelt sich um ein weiteres Opfer? Sag mir bitte, dass du ihn nicht persönlich kanntest“, denn das brachte immer besonders viel Arbeit mit sich.

„Ja und ja“, gab die Jugendliche genervt zurück, korrigierte den Ton jedoch leicht, als sie der strenge Blick der Mutter traf. „Ja, wir reden über ein weiteres Opfer, er liegt oben in meinem Zimmer. Und ja, ich kannte ihn nicht persönlich.“

Einen Moment betrachtete die Mutter sie noch, dann rief sie nach ihrem persönlichen Bediensteten. Dieser hörte den Ruf in seinem Zimmer und verwandelte sich freudig sofort in einen Wolf um zu seiner Herrin zu hechten und blieb Schwanz wedelnd vor ihr stehen. Sie blickte zu ihm runter und augenblicklich machte er zu ihren Füßen Platz. Während sie ihn leicht kraulte, nickte sie anerkennend, wenigstens auf einen hier war ja immer Verlass. „Guter Junge…“, murmelte sie und auch wenn es Cruor keinesfalls behagte, so wie ein Hund behandelt zu werden so konnte er doch nicht abstreiten, dass ihm die Zärtlichkeit gefielen. Als Tier und als menschliches Wesen…

„Dämlicher Schoßhund“, meinte Sirus in seiner kühlen Art und schüttelte nur den Kopf, über das Verhalten. Auch die Vampire des Schlosses waren Necias Bedienstete, aber sie standen immer noch über den Werwölfen, und wenn man das Hündchen so sah, dann wusste man auch, warum.

Mit einem Knurren betat Cruor diesen Kommentar und spannte sich leicht an, wie er den Vampir ansah. Er hatte diese arrogante Art und wenn es sich jemand rausnehmen sollte, ihn so zu bezeichnen, dann seine Herrin Necia, aber nicht er!

Warnend blickte Necia zwischen den Beiden hin und her um ihnen klar zu machen, dass sie sich benehmen sollte und jeglicher Streit nicht in ihrem Interesse war, der Tag war schon anstrengend genug und er würde auch nicht bald ein Ende nehmen. Und auf diesen Blick verwandelte sich der Werwolf nun zurück und blickte Sirus neutral an. „Mit Verlaub Milord, aber das Beseitigen von Spuren und Indizien habt Ihr auch schon einmal besser beherrscht“, sprach er ruhig, aber hielt dem Blick des Vampires doch einen Moment lang stand, nur um seinen Punkt klar zu machen.

„Wozu, wenn du doch da rumläufst, Hundi?“, gab der Dunkelhaarige eiskalt zurück und wendete sich dann an seine Clanführerin, „Benötigt ihr noch meine Dienste?“ Und als sie dies verneinte, machte sich der Vampir auch schon nach einer Verbeugung auf den Weg, das Schmierentheater mit diesem Schoßhund und der Prinzessin musste man sich ja nicht unnötig lange antun… Cruor schaute ihm noch ein wenig erbost hinterher, wie konnte sich dieser Vampir das nur immer wieder herausnehmen ihn so zu behandeln?

Als Sirus sich verabschiedete nahm Blanch die Gelegenheit war, auch zu verschwinden. An einem der großen Fenster hatte sie eine Person gesehen. Jemanden, den sie schon lange vermisst hatte, und so umarmte sie ihn stürmisch, als sie bei ihm ankam…

Cruor knurrte Sirus noch hinterher, worüber die Tochter der Hausherrin erst recht unerkannt verschwinden konnte und wandte sich dann seiner Herrin zu. „Milady, dieses Verhalten beschäftigt mich schon eine ganze Weile. Wenn seine Sorglosigkeit sich noch weiter ausprägt, könnte man uns bald entdecken. Mich bangt es davor“, gestand er ihr.

„Mir machen die Essgewohnheiten und das Verhalten einer anderen Person viel mehr Sorgen, dagegen ist Sirus harmlos. Er weiß, wie er sich zu verhalten hat“, meinte sie und blickte ihrer Tochter nach, wie diese im Schloss verschwand, versucht unbemerkt, aber sollte sie doch gehen, da konnte sie weniger Ärger anrichten. „Komm, ich habe noch was zu erledigen“, forderte sie ihn dann auch auf, und ging voran ins Schloss…

Der Werwolf folgte ihr sofort: „Wie Ihr wünscht, Milady. Darf ich die Frage äußern, worum es sich handelt? Kann ich Euch zu Diensten sein?“

Langsam schritt Necia voran und machte sich auf den Weg zu ihrem Zimmer, während sie ihrem Bediensteten die Situation erklärte. „Ich muss etwas für das Meeting nachher vorbereiten. Mal sehen, wie du mir helfen kannst. Du hast alle Reste von Blanch und Sirus beseitigt? Gibt es weitere Vorfälle?“

„Ich habe mein Möglichstes getan, die Reste von Sirius Mahl von den Straßen des Städtchens verschwinden zu lassen, doch was das Mahl Eurer Tochter angeht, so muss ich beschämt zugeben, dass ich noch nicht wieder mit Tatendrang an diese meine Aufgabe gegangen bin...Ansonsten habe ich nichts mitbekommen…", gestand er ruhig und blickte dabei leicht verlegen zur Seite.

„Ist schon in Ordnung, du musst dich nicht um alles kümmern“, sagte sie ruhig und trat dann in ihr Zimmer, „Wir sollten den Körper nur in die Küche schaffen, dann ist das schon wieder gut“, beruhigte sie ihn und seufzte schwer, wie sie dann ihre Gedanken laut aussprach, „Die Kleine isst zu viel für ihr Alter…“

Ein wenig niedergeschlagen blickte Cruor sie an, hatte erdoch das Gefühl, seine Aufgabe nicht recht erledigt zu haben. „Verzeiht mir, mein unfähiges Verhalten. Ich kümmere mich in der nächsten Zeit um den kalten Körper des Jünglings. Und Eure Tochter ist in einem schwierigen Alter... Wenn sie erst ein bisschen älter ist und reifer, dann wird sie es verstehen, und Eure Sorgen um sie auch verstehen können“, versuchte er seiner Herrin dann auch bald gut zu zusprechen.

„Dieses Jahr wird sie 50 Jahre alt…“, murmelte die Mutter und strich sich durch das dicke schwarze Haar. „Dann sollte sie schon lange vernünftig sein. Zumindest habe ich das versucht. 50 Jahre… So lange ist das alles schon her…“, überlegte sie laut und ließ sich an ihren Tisch sinken, „Aber bis jetzt ist alles ruhig. Und alles gut gegangen. Wir sollten also weiter hoffen.“

Rätselnd betrachtete Cruor seine Herrin, bevor er dann wohlweislich das Thema wechseln wollte: „Welche Art von Versammlung… Nein; Wie war noch gleich das Wort? ‚Meeting‘? Oh, diese neumodische Sprache...Welcher Art von ‚Meeting‘ gedenkt Ihr denn heute beizuwohnen, Milady?“

Necia sah ihn ruhig an und lächelte dann schwach: „Ach nichts sonderlich Interessantes. Es geht um eine neue Werbecam...“, doch dann wurde ihr bewusst, mit wem sie sprach und sie verstellte leicht die Stimme: „Um das Kundtuns eines neun Gegenstandes, den wir verkaufen wollen.“

„Ah! Das Anprangern neuer Waren, um das Volk zum Kaufen zu bewegen? Höchst interessant. Nur würde ich dem Ganzen nicht folgen können bei all den neumodischen Wortschöpfungen. Nun gut: Wie kann ich Euch zu Diensten sein?“

„Manchmal glaube ich, du hängst noch in der Zeit, in der wir uns begegnet sind“, kommentierte die Hausherrin sein Verhalten und setzte dann aber auch zu der Erklärung an, „Aber eigentlich muss ich für das Meeting nichts direkt vorbereiten, ich muss nur zuhören. Also kannst du mir sowieso nicht viel helfen.“

Einen langen Moment schwieg der Wolf und blieb nur neben ihrem Schreibtisch stehen, bevor er zu einem verlegenen Lächeln und einer Erklärung ansetzte. „Diese Zeit, Milady, ist leider schon so lange her. Ich befürchte, dass mir im Laufe der Jahrhunderte die Erinnerungen an diese wichtige Zeit entschwinden könnten. So hänge ich bis heute noch an der schönen Sprache von damals, damit ein Stück Vergangenheit immer zu meiner Gegenwart gehört.“

Leicht streckte Necia die Hand nach ihm aus und streichelte ihm leicht über die Wange. „Selbst mit dieser Sprache, bist du ein hübscher Redner“, stellte sie leicht beeindruckt fest.

„Ihr schmeichelt mir, Milady. Dabei wäre es ein leichtes für mich, mich der neuen Sprache zu bemächtigen, nur ein Wort von Euch und ich würde mich mit den Sitten und Bräuchen der heutigen Zeit vertraut machen, das versichere ich Euch.“

„Ich weiß, Cruor, ich weiß“, sagte sie mit einem leichten Nicken und betrachtete ihn noch einmal, wie sie ihre Hand wieder zurückzog.

„Nur für Euch Milady“, erwiderte er und verbeugte sich leicht, „Ich verweilte heute mit Eurer Tochter an einem Ort, den die menschlichen Wesen ‚Stadion‘ nennen. Ein voller, zu lauter Ort, es behagte mir dort nicht. Doch als ich meinen Blick durch die Reihen erquickter Antlitze schweifen ließ, fiel mir ein sonderbarer Knabe auf. Sirus unterhielt sich mit ihm“, berichtete er ihr dann auch von seinem Kund immerhin hatte auch er begriffen, um was für Blut es sich bei dem Jungen handelte.

Die Hausherrin stand auf und wechselte auf ihr Bett um ihn von dort näher zu betrachten: „Und was sagt mir das?“, fragte sie ihren Bediensteten und musterte ihn.

„Ich spreche von einem menschlichen Wesen mit besonderem...Wie nennen es die Leute auf den Straßen? Besonders geschmackvoll? Es schien mir, als wäre sein Äußeres ein Hinweis auf seine Andersartigkeit“, versuchte er ihr ein Bild der Situation zu zeichnen und setzte sich dann ganz in Hundmanier vor ihr Bett, „Ich spreche von einem Albino, Milady.“

„Ein Albino also“, stellte sie fest, „Interessant, interessant... Findest du nicht auch, dass dieses Schloss schon lange keinen Zuwachs an Bewohnern bekommen hat?“, wandte sie sich an ihn und leckte sich über die Lippen, wie sie über das Blut nachdachte. Nicht jeder Vampir konnte es trinken, man musste ein bestimmtes Alter erreicht haben, damit es für den Körper verträglich war, aber dann… war es köstlich.
 

Blanch fiel der Person augenblicklich um den Hals und drückte sich einen Moment an den Mann heran, der nur mit einem sanften Lächeln auf sie herab sah. „Firion! Wo warst du denn in der letzten Zeit, ich hab dich vermisst“, sagte sie zu ihm als sie sich von ihm löste. Irgendwo war er eine väterliche Figur für die junge Vampirin, die doch ohne Vater aufgewachsen war. Er hatte langes weißes Haar und lief immer so gut gekleidet und mit einer nicht beschreibbaren Ruhe durch das Schloss…

„Tut mir leid“, sagte er mit seiner sanften Stimme. In seiner Stimme lag immer dieser Ton, etwas zwischen Trauer und Schuld. In all ihren 49 Lebensjahren hatte Blanch ihn nie anders sprechen gehört, immer ruhig, liebevoll, aber irgendwo auch traurig. „Ich war ein paar Tage unterwegs, nächstes Mal werde ich dir bescheid geben, aber es war leider sehr kurzfristig“, erklärte er Vampir ihr und streichelte ihr durch das lockige Haar.

„Verrätst du mir wo du warst?“, fragte sie ein wenig aufgeregt und blickte aus großen Augen zu ihm hoch.

Doch Firion schüttelte den Kopf: „Ich war nur einer der Nachbarstädte. Nichts Erzählenswertes, meine Kleine“, sagte er mit derselben Stimme wie immer. Seine Augen waren violett und so rätselhaft. Und manchmal hatte man das Gefühl, sie würden etwas verbergen…

„Oh. Okay. Hast du mir was mitgebracht?“, fragte sie dann auch schon mit einem plötzlich engelsgleichen Lächeln.

Mit einem leichten Lächeln legte er den Kopf schief und betrachtete sie. „Habe ich das?“, tat er so, als müsste er darüber nachdenken, wie sie langsam ungeduldig wurde und leicht auf und ab sprang. „Komm schon, was ist es“, und das Lächeln wurde noch ein wenig weicher, sie war eine gute Schauspielerin. Das musste sie von ihrer Mutter haben.

„Ich habe es in meinen Zimmer stehen, willst du es dir gleich anschauen?“, erwiderte er ganz ruhig und sah sanft auf sie herab.

„Na, klar!“, sagte sie begeistert und lief sofort zu ihrem Zimmer. Er musste gewartet haben, bis sie zu Cruor und Sirus nach unten gegangen war, denn was immer es war, als sie mit den Jungen nach Hause gekommen war, war doch noch nichts gewesen.

Firion folgte ihr mit langsamem Schritt und lächelte besonnen. „Sollte sich ein junges Fräulein wie du nicht in Geduld üben, meine Liebe? Deine Mutter würde diese Tugend bestimmt auch gerne bei dir sehen.“

Mit einem leichten Grinsen, sah sie zu ihm, als sie gemeinsam vor der Tür standen und schüttelte den Kopf: „Nein. Dazu bin ich zu neugierig. Was ist es denn?“

„Ich dachte ich bringe die ein Kleid mit... und passende Schuhe“, erklärte der alte Vampir und öffnete mit einem Schwung und einem charmanten Lächeln ihre Zimmertür, damit sie einen guten Blick bekam, auf das Kleid das dort auf einer Stehpuppe mitten im Raum positioniert stand. Und mit leichter Freude betrachtete er, wie sie vollkommen begeistert von dem Kleidungstück war und es bestaunte.
 

Niv machte sich nach dem Spiel auf dem Weg nach Hause. Allein, so wie immer. Er ging noch zur Schule; in dieselbe Klasse wie die schöne Blanch Homicida, aber wirklich Freunde hatte er nicht. Die meisten Leute hielten ihn für das Aussehen und seine stille Art für merkwürdig. Und manche beachteten ihn nicht einmal, sie sahen durch ihn hindurch und das war schon eine Kunst, dafür, dass sein Äußeres so andersartig war.

In seiner kleinen Wohnung angekommen, schaltete er den Computer ein. Er wunderte sich schon ein wenig darüber, dass ihr Cornerback verschwunden war. Auch wenn er sich freute, dass sie gewonnen hatten, war irgendwo ein komisches Gefühl bei dem ganzen dabei. Auf der Seite ihrer Schülerzeitung war geschrieben, dass das Footballteam jetzt besser spielte und die Saison gut angefangen hatte. Sie hatten viel trainiert, aber warum war der Cornerback dann gegangen, wenn es doch gerade wieder gut für das kleine Team aussah?

„Wo ist unser Cornerback hin? Ist er umgezogen? So plötzlich?“, murmelte Niv vor sich hin, wie er nach weiteren Artikeln suchte. Das machte doch alles keinen Sinn, es war ein kleines Team von ihrer noch etwas altertümlichen Stadt. Das einzig wirklich Moderne hier war das große Hotel und das Gebäude der Homicida Cooperation. Aber gerade deshalb waren die Bewohner doch sehr verbunden mit ihrer Stadt, warum sollte er so einfach ohne wirklich Informationen verschwinden? Aber nach einigem Suchen fand er noch weitere Anzeigen, dass des Öfteren Menschen aus der Stadt auf rätselhafte Art und Weise verschwanden. Immer mal wieder wurden Fälle einfach ohne weitere Spuren zu den Akten gelegt und die Leute blieben verschwunden… Das alles war ein wenig seltsam. Fast ein wenig deprimiert, klappte Niv seinem Laptop zu und lehnte sich leicht zurück.

„Ich werde morgen mal einen Lehrer fragen, ob diese Vorkommnisse wirklich so stattgefunden haben, wie es hier steht...“, murmelte er und nahm sich das für den nächsten Schultag vor, bevor er damit begann sich Abendessen zu kochen…

Familienangelegenheiten

Kapitel 5: Familienangelegenheiten
 

Erstaunen lag in dem Blick des sonst immer so ruhigen Dieners, wie er seine geliebte Herrin betrachtet. „Wie meinen? Ihr gedenkt jemanden zu verwandeln? Bedenkt die Folgen!“, wollte er sie warnen und sah sie doch etwas neugierig an. Er kannte seine Herrin doch, er verehrte sie, sie würde doch nie etwas Unüberlegtes tun!

„Ja, das weiß ich“, sagte sie und ihre Züge waren ein wenig kälter, als sie zu ihm hochblickte, „Aber es ist ein Albino. Die Möglichkeiten, die neuen offenen Türen… Ja, mir sind die Gefahren sehr wohl bekannt.“ Doch das besondere Blut dieser Menschenklasse bot auch so viele neue Wege an, Forschung und Entdeckungen. Und nun saß ihnen einer vor der Nase und sie hatte es all die Jahre nicht bemerkt.

„Es wäre verständlicher Weise eine interessante Angelegenheit. Und sicherlich auch ein ergötzliches Mahl für Euch, doch ich bitte Euch wohl abzuwiegen, ob Ihr Euch dieser zusätzlichen Aufgabe zuwenden wollt“, versuchte er weiter auf sie einzureden und sah sie doch nur besorgt an. Er misstraute ihr keineswegs, es gab keinen Menschen, dem er mehr vertraute, doch er war in Sorge um sie, denn sie hatte mit Clan, der Tarnung und Blanch schon genug zu tun…

Doch er erntete nur einen zornigen Blick: „Cruor, ich bin über 500 Jahre alt, ich weiß sehr gut, was ich tue!“

„Verzeiht meine Besorgnis... Ich weiß sehr wohl, dass Ihr Eure Entscheidungen nicht wahllos fällt“, ordnete er sich sogleich unter, als die Tür aufgerissen wurde.

Nachdem Seelaye die Leichen in der Küche abgelegt hatte, war ihm langweilig geworden. Er hatte sich in die Bibliothek des Schlosses gesetzt und sich dort ein wenig die Zeit vertrieben, bis ihm auch das mit der Zeit zu öde geworden war, und er lieber nach seiner Schwester gesehen hatte. „Schwesterherz!“, und mit diesem Wort hatte er schwungvoll die Tür geöffnet, „War dein blödes Meeting schon?“

Sofort richtete sich Necias Blick zu Tür: „Bruder... Nein, mein Meeting war noch nicht. Was machst du hier, und wieso klopfst du nicht mehr an?“, sagte sie ruhig, blickte ihn aber tadelnd dafür an, dass er einfach so in ihr Zimmer gestürmt kam.

„Meister Seelaye. Ihr geht heute nicht auf leisem Fuße“, bemerkte Cruor ruhig und verneigte sich leicht, als der Bruder des Hausherrin eintrat.

„Mir war langweilig, Necia!“, meinte er, als sei es doch selbst verständlich und fing dann auch schon an zu kichern, „Du weißt doch, dass ich unausstehlich werde wenn mir langweilig ist!“

„Ja, das weiß ich sehr wohl“, gestand die Ältere ihm auch gleich ruhig und ein wenig genervt zu.

Der Werwolf stand sofort gerade vor ihm: „Kann ich Euch etwas Gutes tun, damit Euer Wohlbefinden sich bessert, Milord?“, fragte er sogleich, denn seine Aufgabe war es immerhin, dass alles zu der Zufriedenheit der herrschaftlichen Familie war.

Etwas entsetzt blickte Seelaye den Bediensteten an und verdrehte beim Sprechen die Augen. „Ja! Hör auf so hochgestochen zu reden!“

„Es tut mir Leid, Milord, aber solange meine Herrin mir nicht dazu die Anweisung gibt, kann ich dieser Bitte nicht nachgeben“, erklärte Cruor jedoch gleich mit einem milden Lächeln. Und man hätte es sich auch denken können, er tat nie absichtlich etwas, dass seine Herrin verärgern könnte oder nicht ihre direkte Anordnung gewesen sein könnte.

Necia betrachtete die Beiden ein wenig und lächelte: „Dann wohl nicht. Aber sag, Bruder, was kann ich denn nun dafür dass du dich langweilst?“ Denn sie war ja nun sicherlich nicht zu seinem Amüsement da, sie hatte diesen Clan zu führen, wenn er Ablenkung suchte, so sollte er doch wissen, dass er mit den Bediensteten spielen könnte, aber sie hatte auch Wichtigeres zu erledigen!

„Du bist doch meine große Schwester!“, gab er dann nur ein wenig kindlich von sich, so wie immer, wenn er keine Lust auf eine ernsthafte Unterhaltung hatte. Und auch dann hatte er immer ein vergnügtes Kichern auf den Lippen, das ihm all die Jahre nicht genommen hatten. Aber das konnte auch daran liegen, dass er so viele ernste des Dinges gar nicht wissen wollte…

„Kann ich Euch ansonsten helfen, zu Eurer Form zurück zu finden?“, mischte sich Cruor ein und blickte den Vampir vorsichtig von der Seite aus an.

„Deine Schwester muss noch arbeiten. Also suche dir ein paar Hobbys wenn dir so langweilig ist!“, erklärte Necia ein wenig kalt und blickte ihn von ihrem Bett aus an. Sie hatte mit ihm und Blanch an manchen Tagen doch zwei Kinder im Haus. Und dann wollte sie wirklich noch jemanden frisch verwandeln, für den man sorgen müsste?

„Und was?“, fragte er etwas genervt und mit einem deutlichen Seufzend in der Stimme nach, „Ich kann schließlich nicht ständig Leute verwandeln…“

„Oh nein, ich bitte darum, das wäre ja noch mehr Arbeit!“, stöhnte die Schwester entsetzt auf und sah ihn ermahnend an. „Aber was es auch ist, was du dir suchst, mach es jetzt ich muss mich für mein Meeting umziehen“, gab sie zu verstehen und stand auf. Da wollte der Werwolf auch zugleich das Zimmer verlassen, doch sie hielt ihn zurück. „Bleib ruhig hier. Ich werde aber sowieso noch baden gehen“, erklärte sie und schritt bereits in das eigene Badezimmer voran.

Cruor blickte ihr vorsichtig hinterher: „Soll ich Euch etwas an reichen?“ Doch auf diese Frage wurde er nur von ihr hinterher ins Badezimmer gelockt. Ein wenig irritiert blieb er zurück und sah erst noch zu dem anderen Vampir. In diesem Moment hatte er ein wenig Furcht, dass seine Instinkte in dieser Situation zu sehr leiten könnten, aber er musste seiner Herrin ja Folge leisten und so schritt er ebenfalls ins Badezimmer.

Vom Rand der Badewanne blickte Necia ihren Diener an, während das Wasser bereits einlief und lächelte ihn ein wenig lieber als sonst an.

„Kann ich euch etwas reichen?“, fragte der Werwolf auf der Stelle fürsorglich.

„Nur weil du baden willst, werde ich hier nicht weggehen!“, rief Seelaye ihr leicht zickig hinterher, „Auch nicht wenn du dich umziehst!“, er seufzte gelangweilt und machte auch ein paar Schritte auf die offene Badezimmertür zu, „Und würde einer von euch beiden nun die Güte besitzen und mir ein Hobby vorschlagen!“

Mit einem leichten Schnauben bedachte Necia ihren Bruder: „Was du nach all den Jahren noch nicht für dich entdeckt hast…“, murmelte sie ein wenig spottender als gedacht, „Du könntest dir einen Job suchen. Oder ein hübsche Sportart. Oder nimm dir Blanch und sage ihr, dass ihr Onkel gerne mit ihr shoppen gehen will“, schlug sie vor und deutete ihm mit der Hand an zu gehen, „Und du, Cruor, könntest mir aus dem Kleid helfen“, schlug sie vor, wie sie wieder aufstand.

Doch bevor sich der Wolf daran machte, drehte er den Kopf erst einmal zu dem Bruder seiner Herrin. „Meister, es gibt sehr schöne zwischenzeitlichen Beschäftigungen, wie die Malerei, oder das Philosophieren“, und damit war sein Vorschlag auch getan und er positionierte sich hinter Necia, um den Verschluss ihres Kleides zu öffnen. „Selbst verständlich, Herrin. Mit dem größten Vergnügen…“

„Vielen Dank“, erwiderte die Hausherrin und drehte sich zu ihrem Bruder, als sie bemerkte, dass der alles andere tat, als einfach zu verschwinden. Hatte sie sich denn noch nicht klar ausgedrückt? Die Pläne waren ein wenig anders als nun hier den Babysitter zu spielen, bevor er zur Arbeit ginge. „Siehst du“, versuchte sie es noch einmal deutlich zu machen, „Da hast du doch viele schöne Vorschläge…“

„Ich befürchte, dass nichts Ansprechendes für Meister Seelaye dabei war“, gab Cruor jedoch zurück, als er den Gesichtsausdruck des Vampirs bemerkte, „Oh! Würdet Ihr mir Auskunft darüber geben ob Meister Firion wieder daheim ist? Er hat uns eine ganze Weile nicht mehr mit seiner Gegenwart beehrt, doch vorhin hatte ich das Gefühl seinen Geruch wahr zunehmen.“

Daraufhin blickte Necia über ihre Schulter zu ihrem Bediensteten und seufzte leicht, als sie ihm dann doch die Antwort gab. „Ja. Er war auf Erkundung für mich. Heute ist er zurückgekommen. Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen, muss ich später auch noch tun...“ Aber nun glitt sie erst einmal aus ihrem Kleid und bemerkte amüsiert, wie Cruor sich abwendete, um sie nicht anzustarren.

„Ihr habt viele Dinge, die Eure Sinne zurzeit gefangen halten. Ich bewundere Euch immer wieder von neuem, wenn ich sehe, wie Ihr all diese Pflichten voll Souveränität regelt“, bemerkte der Wolf jedoch auch gleich, wie er beschämt zum Boden blickte.

Mit einem sogar beinahe sanften Lächeln, das nur sehr selten auf den Lippen der Clanführerin lag, blickte sie zu ihrem Diener bevor sie in die Wanne stieg. „Das hast du wirklich schön gesagt“, lobte sie ihn und ließ den Blick einmal über seinen Körper wandern.

Nachdem er das Geräusch des Wassers hörte, blickte Cruor auf und verneigte sich leicht, bevor er sich auf einem Stuhl in der Nähe der Badewanne niederließ. „Danke, Milady, doch meinen Mund verlässt nur die Wahrheit, wenn ich zu Euch spreche.“

Skeptisch betrachtete Seelaye das ganze Schauspiel und lehnte sich in den Türrahmen, nein, er hatte auch gar keine Lust sich ein Hobby zu suchen. Und gleichzeitig auch keine Lust den beiden bei – was auch immer sie da gerade trieben – zu zusehen. „Und wie lange willst du jetzt noch baden?“

„Eine Weile noch. Willst du etwa mit baden?“, kam die ruhige Antwort auch sogleich.

„Wenn du willst…“, kicherte Seelaye.

„Mach da nicht so einen Aufriss drum; wenn du willst, komm her“, meinte Necia ruhig und verdrehte die Augen, wie sie auch ihren Diener anblickte, „Wenn du willst, kannst du auch hinein kommen.“ Immerhin bestand der der Raum fast nur aus der großen Badewanne und war ausgelegt dafür, dass man viel Platz hatte…

„Es wäre mir eine Ehre, Milady.“ Und nach einigem Zieren und weiteren auffordernden Blicken zog sich der Bedienstete aus, bevor er mit einem verlegenen Blick zu seiner Herrin in die Badewanne stieg. Und den Blick kaum zu heben drohte, wo er seiner Angebeteten doch so nahe war, doch da hatte sich der Bruder seiner Herrin ebenfalls bereits ausgezogen und stieg mit einem breiten Grinsen und dafür ohne weitere Vorwarnung ebenfalls zu den Beiden in das Wasser.

Ein wenig unsicher sah sich der Werwolf noch immer um und blickte die Beiden zweifelnd an: „Nun... Das Wasser hat eine angenehme Temperatur...ich war zu lange nicht mehr in so einem Gefäß…“, gab er unsicher zu verstehen.

„Schwesterherz! Du hast mal wieder genau die richtige Temperatur getroffen!“, schloss sich Seelaye gleich, der eher verhaltenen Meinung des Werwolfs, enthusiastisch an, „Ich bekomme das nie so hin!“

„Danke schön, aber ich weiß nicht, was das Problem ist“, sagte Necia ruhig und schüttelte nur den Kopf, über das kindliche Verhalten ihres Bruders.

Der Werwolf drehte den Kopf hin und her und war doch verwirrt. „Ist die Temperatur denn so entscheidend?“ Als halbes Tier war er es gewöhnt in Seen und Flüssen zu baden, daher verwirrte ihn das warme Wasser nun ein wenig. Seine Herrin nickte dazu nur zustimmend, offensichtlich fand sie es auch nicht so entscheidend.

Doch der Vampir drehte nun noch einmal auf und begann stark zu kichern. „Ach wenn du wüsstest!“, meinte er vergnügt und beugte sich zu ihm rüber, „Wir männlichen Gottesgeschöpf. Wir sind einfach zu empfindlich...“, meinte er mit einem breiten Grinsen und tauchte mehr in das Wasser ein.

„Gottesgeschöpfe? Sind wir nicht Kreaturen der Nacht? Und selbst wenn. Es tut mir leid, Euch wiedersprechen zu müssen, doch... Es sind die Frauen die Engeln und der Venus gleichen“, erklärte Cruor seinem Herrn und blickte dabei lächelnd zu seiner angebeteten Gebieterin.

Doch da verdrehte Seelaye nur ein weiteres Mal die Augen und sah seine Schwester genervt an: „Man, Necia, mach dass er aufhört so zu sprechen!“, grummelte er vor sich hin und starrte dann wieder Cruor hin, „Da versteht man ja kein Wort!“

„Also mir gefällt es, wenn er so spricht. Aber das könnte auch daran liegen, dass ich eine Frau bin...“, meinte seine Schwester daraufhin ruhig und musterte ihren Bruder, „Aber ich könnte es dir ja übersetzten.“

„So blöd bin ich nun auch nicht...“, meinte er mit einem leichten Seufzen und legte dann den Kopf in den Nacken, „Ich glaube ich werde öfter bei dir baden. Deine Wanne ist so schön groß.“

Mit einem leichten Grinsen musterte die Clanführerin ihn: „Das könnte daran liegen, dass es mein Schloss ist“, meinte sie dann ein wenig trocken. Aber dann lächelte sie ihn sanft an. Er war ja immer noch ihr Bruder, und sie hatte ihm viel zu verdanken, ohne ihn hätte sie so manches nicht durchgestanden. Und so wie er sie liebte, er widerte auch sie die Gefühle. Sie waren Geschwister und neben Blanch das Engste an Familie, dass sie in ihrem Clan besaß und deshalb konnte sie ihm was auch immer er sagte, nie lange böse sein.

Nach einiger Zeit rückte das Meeting jedoch immer weiter in die Nähe und die drei erhoben sich aus der Badewanne. Cruor schüttelte sich das Wasser aus dem Fell, was sofort Ärger bei Seelaye gab, der sich gerade erst mit einem Handtuch abgetrocknet hatte. Nach einigen Diskussionen war die Sache jedoch vergessen, auch wenn Seelaye sich fast noch mehr über die untertänige Entschuldigung des Werwolfes aufregte als über das Vergehen an sich. Auch wenn er einige hundert Jahre älter als Cruor war und ein Vampir gefiel es ihm nicht, so erhaben behandelt zu werden.

Mit hitzigen Diskussionen wurde alles geklärt und während die anderen in ihre vorherige Kleidung tauchten, machte sich Necia in ihren Bademantel gekleidet auf den Weg zu ihrem Kleiderschrank. Cruor folgte seiner Herrin sofort und setzte sich vor ihrem Bett auf den Boden und ihr zu zusehen.

Wie seine Schwester so nach einem Kleid für ihre Geschäfte suchte, blickte Seelaye aus dem Fenster. „Eigentlich könnte man noch etwas aufreißen gehen. Will jemand mitkommen?“, überlegte er dann laut und sah die anderen beiden an. Denn alleine war das ganze irgendwie dann doch langweilig.

„Ich habe ein Meeting, falls du es vergessen hast“, meinte seine Schwester ruhig und legte das ausgewählte Kleidungsstück auf ihr Bett, wie sie ihn ansah, „Aber du findest bestimmt einen der Bediensteten, der mit dir losgeht.“

„Ich richte mich nach meiner Herrin, Milord“, erwiderte Cruor ruhig und blickte zu Necia vorsichtig hoch.

Und so blickte der Vampir auch schon zu der Hausherrin. „Und? Erlaubst du deinem Dienerchen mit mir um die Häuser zu ziehen?“

„Du bist ein Kindskopf“, meinte Necia ruhig und schüttelte leicht den Kopf, „Aber das kann er wirklich selbst entscheiden. Ich kann auch Sirus mitnehmen. Aber Cruor, sagtest du nicht bereits, du hättest heute schon so viel gegessen?“

„Das ist wohl wahr, Milady. Und nach unnützem Töten steht mir heute nicht der Sinn...“

„Du könntest Sirus mitnehmen“, schlug Necia dann vor, als sie das enttäuschte Gesicht ihres Bruders sah und nach ein wenig kindlichem Gemaule, war er auch so weit, dass er sich dazu überreden ließ und Necia den Bedienteten zu sich riefen ließ.

Als der dunkelhaarige Vampir in das Gemach der Hausherrin eintrat verbeugte er sich leicht und schenkte Cruor einen verächtlichen Blick. „Womit kann ich dienen?“

„Sirus“, sprach Necia ihn auch sogleich mit ernster Stimme an, „Du gehst mit Seelaye essen“, ordnete sie an und kurze Zeit darauf hatten die beiden Herren auch schon das Zimmer verlassen. Die Clanführein gab ihrem Bediensteten ebenfalls mit auf den Weg, dass er sich doch über den Albino, den er und Cruor gesehen hatten, erkundigen solle und dann auch sie auch schon wieder mit dem Werwolf allein in ihrem Zimmer und begann damit sie anzuziehen. Es dauerte nicht lange, da hatte sie all ihre Kleidung gerichtet und war nachdem sie auch das Make-up erneuert hatte, bereit für das Meeting. „Und wie sehe ich aus?“

„Ihr seht aus, wie... um es in den Worten der neuen Zeit zu sagen: ‚Wow‘. Und in der alten Sprache: Wie glücklich darf ich sein Zeuge dieses gottesgleichem Anblicks zu sein?“, antwortete der Bedienstete.

„Du bist wahrlich, ein bedeutender Redner“, gab sie zurück und bedeutete ihm aufzustehen, was er augenblicklich befolgte.

Der Werwolf lächelte sie leicht an: „Nur für Euch, mache ich diese Künste mir zum Nutze.“

„Zu Schade, dass uns das Baden so viel Zeit gestohlen hat, wir müssen uns jetzt auf den Weg machen.“ Cruor verstand diesen Blick seiner Herrin nicht, er war sich nicht sicher, was genau sie noch machen, aber er folgte ihr selbstverständlich ohne weiter nachzufolgen aus dem Zimmer und dann auch aus dem Schloss nach draußen, wo bereits der Mond aufging…
 

Niv nach dem Essen fragte sich Niv ob er heute Hausaufgaben aufgekriegt hätte. Das Leben war nicht sehr spannend, wenn man keine Freunde hatte. Aber Aufgaben für zu Hause hatten ihm die Lehrer wohl auch nicht aufgegeben. Niv suchte all seine Unterlagen durch, aber er fand keine Notizen darauf. So musste er eine neue Beschäftigung finden. Er entschied dafür ein Buch zu lesen und trat an seinen Schrank heran, um ein Buch heraus zu suchen. Das Werk mit dem Titel „Mythen unserer Gegend“ sprach ihn an, er konnte sich gar nicht daran erinnern, dass er das besaß, aber es stand in seinem Schrank und der Titel klang gerade ziemlich interessant und so zog er es hervor und begann darin zu lesen.

„Oh... Hier in der Gegend gibt es angeblich eine Drachenhöhle…“, lass er laut vor, wie er einfach irgendein Kapitel aufgeschlagen hatte, „Spukschloss… Ach, für wie naiv halten die einen denn? Als ob es diese ganzen Fantasiewesen geben würde“, murmelte er und warf das Buch dann einfach auf sein Bett, auch nicht die richtige Unterhaltung für den Abend. Das war doch albern, zumindest dachte er das in diesem Moment noch.

Dabei wurde ein weiteres Kapitel zufällig aufgeschlagen. Erstaunt blickte Niv die Zeichnungen ab und beugte sich über das Buch. „Was ist das denn?“, murmelte er und las die Einleitung schnell durch. Gleich danach begann er laut zu lachen. „Vampire?“, er schüttelte den Kopf und blickte das Buch ungläubig an, „Nicht wirklich!“

Aber er las trotzdem weiter. „Einer Legende nach, soll es hier und in unserer Gegend schon seit Jahrhunderten vampiristische Aktivitäten geben…“, erstaunt betrachtete er das Buch und war doch ein wenig verwirrt über das. Er wusste nicht genau, ob er das glauben sollte. „Legenden nach leben die Vampire noch heute in unserer Stadt...mitten unter uns“, las er weiter und das Lachen verging ihm doch ein wenig. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? Vampire und Werwölfe und andere Gruselgestalten konnten doch nicht echt sein: Aber wenn es wirklich so war, dann war das doch wirklich unheimlich…

Beratung

Kapitel 6: Beratungen

Mit einem müden Lächeln blickte Yves seine Freundin an, als diese sich neben ihn setzte. „Willst du auch einen Tee?“, fragte er sie ruhig und musterte sie, eigentlich kannte er ihre Vorlieben ja und so setzte er noch schnell noch nach: „Wohl eher nicht, was?“

„Nee. Du weißt doch. Ich bevorzuge Kaffee. Ich bin immer noch der Meinung du solltest dir eine Kaffeemaschine zulegen“, gab die Werwölfin zu verstehen.

Nach einiger Zeit kletterte auch Caleb zu den Beiden und blickte sie mit einem leichten Grinsen an. „Komm mal mit“, sagte er zu seiner Freundin und zog sie zu seiner Küche, wo er auf ein großes Gerät deutete, „Nur für dich gekauft.“

Kopfschüttelnd war Yves den beiden und die Begeisterung von Laila eher als kindisch abtat. „Cool, danke!“, rief diese begeistert und freute sich, wie sie die Kaffeemaschine anschaltete.

Mit einem verlegenen Lächeln sah Caleb sie an. „Bitte…“, sagte er ruhig und seufzte, „Machst du mir auch einen? Ich habe nicht verstanden, wie das Ding funktioniert…“

„Na klar. Du weißt ja. Ich hab ein Talent für alle Kaffeemaschinen“, gab seine Freund gleich zu verstehen und nur wenig später reichte sie erst ihrem Kumpel eine Tasse und nahm sich dann selbst eine.

Ein wenig skeptisch betrachtete der Werwolf die Tasse: „Riechen tut er schon mal gut…“, murmelte er ein wenig verlegen und betrachtete die braue Flüssigkeit noch ein wenig.

„Und schmeckt er denn auch?“; fragte Yves minderinteressiert bei den Beiden nach.

Nachdem Caleb einen Schluck probiert hatte, grinste er seinen Freund an: „Also mir ja!“ So saßen sie eine Zeit lang zusammen, tranken ihre Heißgetränke, auch Laila schmeckte der Kaffee, auch wenn sie sich sicher war, dass er nicht an ihre Luxusmaschine Zuhause heran kam. Bis Caleb sich dann umsah: „Haben wir heute eigentlich noch was vor?“

„Frag Laila, sie hat das geplant“, gab Yves nur ruhig zurück.

„Ich hab uns Karten fürs Kino reserviert!“, erklärte Laila mit einem überlegenen Grinsen.

„Und für was?“, warf Yves dann auch gleich ein.

Mit noch breiterem Grinsen antwortete die Werwölfin: „Für eine romantische Schnulze.“

„Na toll…“, murmelte ihr Freund genervt, als sie ihn auch schon beruhige, wie sie ihn schnell aufklärte, wie es wirklich war. „Nein. Ein kleiner Scherz. Es gibt einen neuen Film über Werwölfe im Kino und ich dachte mir es wäre amüsant sich darüber lustig zu machen, wie diese Unwissenden uns darstellen!“, schlug sie vor.

„Na dann ist ja gut…“, meinte Yves mit deutlichem Nachdruck und verdrehte die Augen über den bösen Scherz seiner Freundin, „Wollen wir dann los?“, sagte er wie er seine Tasse auch schon wegstellte.

Caleb schloss sich dem begeistert an: „Natürlich! Wo steht eigentlich keine Klapperkiste?“

„Das ist keine Klapperkiste!“, gab der Angesprochene wütend zurück, „Und dahinten!“ Und so schritt er mit hartem Schritt auch schon voran.

„Natürlich nicht“, sagte Caleb noch ein wenig spottend, wie er Laila zum Wagen hinter ihrem Freund hinterher zog und die junge Frau dann einfach auf den Rücksitz platzierte bevor er sich neben Yves setzte, was von ihrer Freundin selbstverständlich einige Widerworte gab, die aber bald abgeschmettert waren. Während Yves wieder mit halsbrecherischem Tempo über die Landstraße bretterte, machte es sich Laila dann auf der Rückbank bequem und blickte zu ihren Freunden nach vorne. „Ohne mich kommt ihr eh nicht rein, also seit mal lieb!“

„Wie gehen auf legalem Weg ins Kino?“, fragte Caleb ein wenig überrascht.

„Ja, wie normale Menschen“, meinte sie ruhig. Worauf er nur ein schlichtes: „Lecker“ erwiderte und seine Freundin wieder zum Augenverdrehen brachte. „Und ohne Zwischenfälle, Jungs, ich will einen ruhigen Abend! Verstanden?“

„Aber ruhig ist doch auch so langweilig“, da schmollte der Werwolf wieder und versuchte sich abzulenken: „Du hast die Karten schon? Wo sitzen wir denn? Knutschreihe?“

„Knutschreihe, wo denn sonst?“

„Ich steh auf die Knutschreihe.“

Mit einem leicht genervten Seufzen schüttelte Yves nur den Kopf über die beiden Chaoten, mit denen er befreundet war und nun auch noch Zeit verbrachte. Und während die beiden noch ein wenig diskutieren und auf ihre freundschaftliche Art und Weise stritten, parkte Yves den Wagen mit quietschenden Reifen auf dem Parkplatz des Kinos. Und dann konnten sie sich auch schon gemeinsam auf den Weg in den richtigen Kinosaal machen…
 

Seelaye schmollte, als seine Schwester ihn förmlich auf dem Zimmer warf und sah Sirus ein wenig grummelnd an. Auch wenn er in diesem Moment gar nichts dafür konnte, dass seine Schwester natürlich wieder ihren Lieblingsdiener dicht bei sich haben wollte. War ja immer so, an den Werwolf war manchmal kein Rankommen, da war seine Schwester sehr eigen… „Dann müssen wir uns wohl heute Abend vergnügen“, meinte er zu Sirus und ging dann auch schon schnell aus dem Schloss nach draußen und in Richtung der Stadt.

„Wie du meinst“, murmelte Sirus auch nicht sichtlich begeistert, warum musste er nur für jeden in diesem Clan den Babysitter spielen? Aber er war Necia treu ergeben und so würde er keinen Befehl verweigern. „Wie kann ich zu Diensten sein?“

Ein wenig verwirrt sah Seelaye ihn an, auch Jahre lang noch würde er sich nie daran gewöhnen so behandelt zu werden. „Na schön…“, und dann begann er auch ein wenig zu kichern.

„Habe ich was Falsches gesagt?“, fragte Sirus ein wenig mürrisch, als er die Reaktion des anderen so betrachtete. Das war auch eine merkwürdige Art von einem Vampir… Doch eine wirkliche Antwort bekam Sirus auch nicht, der andere lachte und kicherte nur weiter und versuchte sich vergeblich zu beruhigen. „Wie du meinst“, meinte er kühl und ging weiter neben ihm her, „Dann lass mich doch in Ruhe…“

Ein wenig überrascht sah Seelaye ihn an, als er sich ein wenig beruhigt hatte. „Sag mal, bist du schüchtern, oder so?“ Doch der Dunkelhaarige schwieg. „Ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte er noch einmal nach.

„Ja, schon gut“, meinte er dann ruhig, „Es ist nur… lange her… Und ich habe lange nicht mehr daran gedacht, aber alles ist gut…“, wehrte er denn ein wenig kälter ab.

„Was ist passiert?“, fragte Seelaye nach, doch der andere schüttelte nur den Kopf. Seufzend sah der Ältere ihn an. „Gut… Wollen wir uns um den Albino kümmern? Necia schien das recht wichtig zu sein?“

„Ja, das wird das Beste sein. Kümmern wir uns um diesen verdammten Menschen“, gab Sirus nur zurück und führte Seelaye durch die Straßen, „Er geht bei euch auf die Schule, also solltest du dich besser in eine etwas ältere Version verwandeln, als dieser Teenager, der du gerade bist“, warnte er den anderen dann auch schon, und dieser sah schnell ein, dass der Albino über den späten Besuch eines Mitschülers sicherlich verwundert wäre und passte sein Alter auf das von Sirus an.

Danach begann er zu kichern: „Haste ‚ne Ahnung, wo das Menschlein wohnt?“

„Gleich“, sagte der Vampir kalt und schloss die Augen um sich einen Moment zu konzentrieren. Seelaye wartete währenddessen zur Ausnahme einmal ganz ruhig, bis Sirus die Spur des Jungen gefunden hatte und spüren konnte, in welcher Richtung er sich aufhielt. „Wir sind ganz in der Nähe“, murmelte er nur zur Auskunft und ging voran in eine Seitenstraße. Der finstere Vampir war ein Fährtenleser und anhand seiner Erinnerungen an den heutigen Nachmittag war es für ihn nicht schwer gewesen den Menschen in der kleinen Stadt ausfindig zu machen. Seelaye vertraute ihm in dieser Hinsicht blind, in dieser Richtung waren seine Fähigkeiten nicht ausgebildet, und folgte ihm, bis Sirus vor einem Haus anhielt. „Hier ist es“, sagte er ruhig.
 

„Wie schön doch selbst diese plumpen Gebilde wirken, wenn das Mondlicht auf sie herab lächelt“, murmelte Cruor, wie sie gemeinsam durch die Stadt spazierten.

„Dich schüchtern die Hochhäuser ein, oder?“, fragte Necia ruhig nach.

Seufzend sah er sie an: „Ich mag das Gefühl nicht, dass mich überkommt, wenn ich so eingeengt, an Stein gedrückt, durch eine Gegend wandere, die voll elend nur so stinkt.“

Daraufhin zuckte die Clanführerin leicht mit den Schultern: „Ich denke, man gewöhnt sich irgendwann ja doch daran. Aber mir sind Schlösser und vampirische Unterkünfte oder Städte auch viel lieber“, merkte sie an, wie sie auf ein hohes, noch hell erleuchtetes Gebäude zutrat.

„Immer wieder“, stellte Cruor ein wenig verbittert fest, als er sich umsah, „Wohin man sieht; künstliches Licht...Wo ist die Romantik hin? Was spricht gegen den Schein einer Kerze?“

„Der Schein einer Kerze ist den Menschen zu dunkel... Er beleuchtet nun einmal nicht jede Ecke und Menschen müssen nun mal alles sehen, sonst fühlen sie sich nicht sicher, dafür töten sie auch die Romantik“, antwortete Necia, wie sie das Gebäude betrat.

Darüber konnte der Werwolf nur den Kopf schütteln und schnüffelte ein wenig, wie sie im Inneren des Gebäudes waren und er Necia weiter folgte. Es roch nach künstlichen Reinigungsmitteln, nach Elektronik, ein wenig nach Feuern und nach Katze… Angewidert sah er sich um. Und dann hielt Necia auch schon vor einem Fahrstuhl an, noch so ein menschliches Hilfsmittel. „Als könne man seine Beine nur zum Verweilen verwenden“, meinte er verächtlich.

„Möchtest du gerne die 15 Stockwerke hochlaufen?“, fragte Necia ihn ruhig und stieg in den Fahrstuhl ein, „Kannst du meinetwegen gerne machen. Aber ich nehme das Hilfsmittel.“

„Das klingt nach einem Duell. Mann… Wohl viel eher Wolf gegen Technik.. Milady, wir treffen uns oben“, sagte er und verneigte sich kurz, bevor er sich umsah, ob auch niemand bei ihnen war. Dann verwandelte er sich in einen Wolf und die Treppen hinauf rannte.

Necia konnte über das Verhalten nur den Kopf schütteln und sah ihm nach, bevor sie den Knopf des Stockwerkes drückte. Sie fuhr mit dem Gerät nach oben, selbstverständlich könnte sie auch laufen, aber man gewöhnte sich mit den Jahren eben an manche Sachen, und es sah auch komisch aus, wenn die Eigentümerin der Firma zu Fuß gehen würde. Als sich oben die Tür des Fahrstuhls öffnete sah sie, dass jemand daran lehnte und halb in den Fahrstuhl fiel. Cruor hatte sich sogar wieder zurückverwandelt. Mit einem langen Schritt trat sie über ihn hinweg. „Du warst wohl schneller“, stellte sie nur ruhig fest.

Erschöpft und mit schnellem Atem sah der Bedienstete sie an. Und folgte ihr dann durch ein paar Flure, bis sie den Konferenzraum betraten. Die meisten Angestellten betrachteten den großen, muskulösen Mann ein wenig argwöhnisch und mit Unbehagen, aber Necia interessierte das gar nicht weiter, als sie auf ihren Platz am Kopfende zutrat. Während Cruor dem Reflex, sich vor ihr auf den Boden zu setzten, widerstand und sich lieber einen Stuhl in ihre Nähe schob. Und während seine Herrin sich mit einem der Angestellten unterhielt, wurde auch er von der Seite sitzenden Mann angesprochen, der sich ein wenig ängstlich erkundigte, wer er denn sei.

Auch wenn es dem Werwolf unhöflich vorkam, dass der Mann sich ja vorher selbst vorstellen könne, antwortete: „Mein Name ist Cruor Dustcart“, sagte er mit einem höflichen Nicken, „Wie lautet Ihr werter Name Monsieur?“

„Mein Name ist Thomas Bendt, freut mich“, doch als er ihm die Hand reichen wollte, sah der Unbekannte ihn so merkwürdig an, dass der Angestellte lieber darauf verzichtete und die Hand wieder zurückzog. „Ich bin der Sekretär von Frau Homicida“, begann er dann auch gleich in dem Versuch ein Gespräch zu starten, „Darf ich… fragen, was Sie hier tun?“

Einen langen Moment musste Cruor überlegen, wie man seine Tätigkeit in der neuen Sprache wohl am besten beschrieben könne, er hing noch viel zu sehr in seiner ursprünglichen Zeit. Mit einem finsteren Gesichtsausdruck sah er ihn an. „Ich bin… Frau Homicidas“, das war eine wirklich respektlose Anrede, wie er fand, „Leibgarde.“

Mit einem leichten Zittern wiederholte Thomas den Beruf und schluckte. „Interessant…“, aber natürlich schüchterte ihn das Auftreten und dann auch noch diese Bezeichnung des anderen stark ein.

Ein wenig skeptisch betrachtete Cruor ihn eine Zeit, bevor er die Stimme erhob: „Guter Mann ist ihnen nicht wohl? Ihr Gesicht hat nun mehr die Farbe eines Schneehasen.“

„Nein, nein. Es ist alles in Ordnung...“, gab er mit einem nervösen Lachen zur Antwort, „Ich... Äh... muss meine Unterlagen zurecht legen. Die Vorstellung fängt gleich an“, meinte er dann schnell und fühlte in seiner Aktentasche und in seinen Unterlagen vor ihm auf den Tisch, um in sie irgendeine Ordnung zu bringen und sich anscheinend auch abzulenken.

Unsicher und ein wenig irritiert betrachtete der Werwolf den Mann und sah sich ein wenig um, das alles war ein wenig merkwürdig für ihn, das Gebäude und all die Menschen… Da beugte Necia sich zu seinem Ohr vor. „Du fühlst dich nicht wohl, oder?“, fragte sie ihn hauchend.

„.Milady, es geht hierbei nicht um mein Wohlbefinden, aber ich bin mir sicher, dass ich als Wolf nicht gerade begünstigter wäre. Wenn ich so durch die Runde dieser tierlieben Menschen blicke“, antwortete er ruhig und blickte seine Herrin an, „Sie würden mich wohl zu streicheln versuchen. Nein, nein. So ist es besser. Vielen Dank für Euer Mitgefühl, Milady.“

„Gut, es wird auch nicht lange dauern“, erwiderte Necia, auch wenn ihr Bediensteter schnell erwiderte, er habe auch Geduld. Und doch konnte sie spüren, dass ihm das alles nicht sehr gut bekam. All die Menschen und die Technik in diesem Raum. Er konnte sich einfach nicht an die fortschreitende Zeit gewöhnen. „Ich glaube aber deine Anwesenheit macht meine Mitarbeiter nervös“, meinte sie dann nach einiger Zeit, während auch die Präsentanten immer wieder zu dem Fremden mit dem finsteren Gesichtsausdruck sahen. Sie hatte sich an diese Welt angepasst, aber er wirkte nun auch auf sie wie ein Fremdkörper.

Einen Moment betrachtete Cruor die Anwesend und seufzte. „Dann sollte ich es wohl doch anders machen…“, gab er sich geschlagen und verließ den Raum wieder, um sich unbemerkt zu verwandeln und kurze Zeit als Wolf zurück zu kommen. So konnte er sich zumindest auf den Boden vor Necia legen. Auch wenn sich die Clanführerin nicht sicher war, ob es das wirklich besser machen würde, schienen sich die Leute in dem Raum zu beruhigen und sie begann ihren Diener ein wenig am Kopf zu kraulen. Und wo das Ganze ein wenig abkühlte, konnten sie auch endlich beginnen. Von unten beobachtete Cruor die Menschen in seiner Umgebung und war doch ein wenig erstaunt darüber dass Thomas Bendts Aufgabe, die doch so hochgehoben klang, nichts weiter zu sein schien als ein einfacherer Schreiberling. Die Menschen von heute waren auch komisch.

Aber die Präsentation nahm ihren Gang und Necia streichelte den großen Wolf weiterhin, während sie aufmerksam zuhörte, was ihre Mitarbeiter, sich ausgedacht hatten. Nach einiger Zeit wurde es dem Werwolf zu langweilig und er ging ein wenig unter dem Tisch spazieren, schnupperte an der neuen Umgebung und musste sie so jedoch auch von einigen Angestellten streicheln lassen, als er bei ihnen vorbei kam. Auch bei dem Sekretär seiner Herrin blieb er stehen. Der Mann schien immer noch Bedenken zu haben, auch wenn er nun die Gestalt verändert hatte. Mit fortlaufender Zeit näherte sich die Besprechung dem Ende, Necia führte noch einige Privatgespräche mit wichtigen Personen der Firma bis sie ein Urteil fällte und sich erhob. Den Rest konnte man den anderen überlassen. Sie verabschiedete sich erhaben und schritt dann auch gleich zur Tür, die Arbeit war schließlich erledigt.

Außerhalb des Raumes verwandelte sich Cruor wieder zurück in einen Menschen und seufzte leicht. „Welch eigenartiges Völkchen diese Bediensteten doch sind.“

Lächelnd trat Necia an den Fahrstuhl heran und sah ihren Diener lächelnd an. „Und ich muss mich den ganzen Tag unter ihnen anpassen. Was man nicht alles tut, um die Maskerade aufrecht zu halten. Willst du wieder laufen?“

Der Werwolf seufzte schwer und sah seine Herrin an: „Ich denke... Ich werde mit Euch zusammen nach unten zurückkehren. Mir ist nicht danach zu laufen.“

„In Ordnung“, und so betrachten sie den Fahrstuhl, gefolgt von einem noch immer misstrauischen und unsicheren Cruor. Er sah sich immer wieder um, und als das Gerät sich dann in Bewegung setzte, wurde er leicht bleich und bekam große Augen. „Angst?“, fragte Necia ruhig und trat dichter an ihn heran.

„Ich muss in jeder Situation unerschrocken sein, um Euch gegebenenfalls beschützen zu können. Auch wenn die rasanten Veränderungen mich schockieren, mich bis auf die Knochen zu erschrecken versuchen. Ich bin hier um Euch die Angst zu nehmen“, sprach er mit ruhiger Stimme und einem sanften Lächeln, auch wenn seine Hände verkrampft waren und ihm leichter Schweiß auf der Stirn stand.

Kopf schüttelnd legte Necia ihm die Hand an die Wange. „Ich bin eine Clanführerin der Vampire…“, hauchte sie ihm entgegen, „Außerdem darfst auch du mal Angst haben.“

„Es widerstrebt mir Angst zu haben. Ich möchte stark sein, um Euch zu guten Diensten zu sein. Das Letzte, dass ich mir wünsche, ist Euch zur Last zu fallen“, gab Cruor zurück, wie er mit großen Augen betrachtete, wie sich die Anzeige der Stockwerke immer weiter verkleinerte.

„Keine Sorge, das hast du noch nie“, meinte seine Herrin mit einem leichten Grinsen und legte den Kopf sachte an seine Schulter.

„Das freut mich, Milady. Das kann sicher niemand von Euren Untergebenen behaupten: Mehrere Hundert Jahre keine Last zu sein“, erwiderte der Werwolf lächelnd.

„Wohl nicht“, sagte Necia und da hielt der Fahrstuhl auch noch wieder an. Mit sicherem Schritt trat sie nach draußen, gefolgt von ihrem Bediensteten. Sie seufzte leicht und sah sich um. „Es ist eine schöne Nacht…“, murmelte, sie als sie sich zurück auf den Weg zum Schloss machten…

Der Sibirische Schatten – Die Rolle, die wir tragen (Sirus‘ Vergangenheit)

Kapitel 7: Der Sibirische Schatten – Die Rolle, die wir tragen (Sirus‘ Vergangenheit)
 

Geboren im „dunklen“ Zeitalter Russlands stand Sirus leben schon bevor er das Licht der Welt erblickte unter keinem guten Stern. Die Mongolen hatten die russischen Fürstentümer unter ihrer Gewalt, sein Vater war krank und ihre Familie arm. Die Luft zog eiskalt durch das schiefe Haus und das Licht der Sonne war ewig fade und getrübt. Mühsam bestand das Leben meist nur aus hungern und arbeiten, damit man nicht allzu sehr hungerte. Und doch wurde seine Mutter ein weiteres Mal schwanger als Sirus acht Jahre alt war. Myra sollte im Januar des Jahres 1293 geboren werden. Ihr Vater erlebte diesen Tag nicht mehr. Er starb wenige Monate zuvor bei einem Raubüberfall auf ihr Dort. So blieb Sirus alleine mit den zwei Frauen, von denen eine noch nicht einmal geboren war.

Und auch wenn der Januar ein froher Tag sein sollte, lag ein dunkler Schatten über der Familie. Die Mutter hatte den Tod ihres Mannes noch nicht verkraftet, der Winter war nie so kalt, wie in diesem Jahr und er schlug gnadenlos zu. Myra überlebte die Geburt, ihre Mutter nicht…

Damit war es nur noch eine Person, die von Sirus versorgt werden musste. Aber es war ein Baby. Seine kleine Schwester, das einzige, was von seiner Familie noch übrig geblieben war. Das Dorf half den beiden, aber viel kam dabei nicht zustande. Sie waren alle arm, sie waren alle besiegt und Kämpfe und Kälte zeichneten ganz Russland. Sie waren allein. In einem kalten, dunklen Land. Einige Jahre quälte Sirus sich mit der Last durch, hungerte, damit wenigstens seine Schwester ausreichend Nahrung zu sich nehmen konnte. Er magerte ab, aber je älter er war, desto schwerere Aufgaben konnte er übernehmen. Myra brauchte auch mit jedem Jahr mehr zu essen…
 

Mit 16 Jahren war Sirus schon innerlich so tot, dass es ihn nicht interessiert hätte, wenn die Kälte ihn einfach in ein ruhiges Grab gezogen hätte. Wenn Myra nicht gewesen wäre. Er liebte dieses Mädchen, sie war seine Familie und er tat alles für sie. Er ertrug die harte Arbeit, das wenige Essen und das unbändige Wetter. Und eines Tages sollte sein ganzes Leben sich ändern. Ein Mann kam in ihr Dorf, niemals zuvor hatten sie Zuwachs von außen bekommen, niemals verirrte sich ein anderer als ein Plünderer in ihre Heimat, aber dieser Mann war anders. Seine Augen waren eiskalt, hell und so klar, als könnten sie alles durchdringen. Die Haut war weiß wie reinstes Eis und seine Haare lang und schwarz wie Pech. Er war immer in einen Mantel gekleidet. Fester, harter Stoff und goldene Knöpfe. Die Menschen im Dorf hatten Angst vor ihm. Er wirkte unheimlich, als würde er etwas verstecken. Eine Aura umgab ihn, die dunkel war. Dunkler als alles, was Russland sonst zu bieten hatte.

„Junge, wie ist dein Name?“, hatte er Sirus gefragt und dieser hatte ihm geantwortet. Auch er hatte Angst, aber er durfte das nicht zeigen, durfte nicht ängstlich sein, er musste seine Schwester beschützen. „Du bist ganz allein. Ich bin mir sicher, dass du nichts dagegen hättest, ein wenig Geld zu verdienen. Was meinst du? Ich habe Geld und es würde sicherlich nicht lange dauern.“ Seine Stimme war ebenfalls schwarz, düster und kalt, aber Sirus hatte zugestimmt. Egal, was es war, er brauchte Geld. Aber dass es das war, was er wollte, hätte er nicht ahnen können.

Eines Abends kam der Mann zu ihm in die kleine, schiefe Hütte, die Sirus mit seiner Schwester bewohnte. Myra schlief bereits. Und Sirus sah ihn ruhig an. „Was passiert jetzt?“, fragte er ihn ernst und der Mann lachte leicht.

„Das Mädchen dahinten ist deine Schwester?“, fragte der Unbekannte ruhig und Sirus nickte nur, „Das heißt dann wohl, dass du nicht so verzweifelt bist, wie ich anfangs dachte. Ich habe Todessehnsucht in seinen Augen gesehen, aber da ist noch etwas anderes. Du trägst viel ungerichteten Hass in dir, Kleiner“, er schüttelte leicht den Kopf, „Ich werde dir helfen, aber dafür musst du mir folgen. Blind und ohne Fragen zu stellen, dann verspreche ich dir, dass ich auf dich und deine Schwester Acht geben werde.“

Der Junge war erstaunt, aber dann willigte er ein. Er hatte keine Wahl, er hatte schon lange keine eigenen Ziele mehr, solange es nur Myra irgendwie gut ging, dann hatte sein Leben zumindest noch einen geringen Wert, etwas, für dass es sich noch zu leben lohnte. Es war eine andere Zeit, er waren andere Regeln und der Mann verlor keine Zeit ihm etwas zu erklären. Alles was er noch sagte war, war sein Name. Ten, der russisches Schatten…

Und im nächsten Moment schlug er die Zähne in Sirus‘ Hals. Den Schmerz spürte er kaum, aber was ihn überwältigte, war die Überraschung, dass dieser Mann plötzlich in seinen Hals biss. Es schmerzte und mit einem Mal wurde er noch schwächer als zuvor. Das Blut verließ seinen Köper. Nicht langsam aus einer Wunde, schnell als würde jemand daran ziehen. Das tat dieser Mann auch, dieser Schatten. Er saugte das Blut aus seinem Körper. Nach einiger Zeit sackte Sirus kraftlos in seine Arme, aber Ten hielt ihn fest. Er öffnete eine kleine Wunde an seiner eigenen Hand und hielt sie Sirus hin, damit er selbst daran ziehen konnte und das fremde Blut in sich aufnahm. Damit war es vollbracht, was der Junge in diesem Moment nicht benennen konnte. Er war ein Vampir und der russische Schatten hatte ihn als seinen Schüler auserkoren…
 

Die weiteren Jahre vergingen besser für die kleine Familie, die Sirus hatte. Der Mann hielt sein Versprechen, er passte auf die Beiden auf. Er zog bei ihnen ein und kümmerte sich darum, dass Myra immer genug zu essen hatte, während er ihren Bruder unterrichtete und des Nachts auf Raubzüge in andere Dörfer mitnahm. Nach und nach gelangte Sirus seinen Lebenswillen zurück. Nun müsste er ja auch leben. Es war keine Möglichkeit mehr, Leben war zum Zwang geworden. Er war unsterblich…

Er lernte viel und doch wurde er noch ein wenig kühler dem allen gegenüber, den Menschen… Nur seine Schwester liebte er noch immer. Es schien endlich bergauf zu gehen. Myra entwickelte sich prächtig, er hatte Kontrolle über seine Fähigkeiten und Ten passte auf die beiden auf. Bis zu einem Tag. Sirus war und Myra unterwegs gewesen um Holz zu sammeln, aber als sie an ihr Haus zurückkamen, mussten sie sehen, dass man auch ohne das ein Feuer in ihrem Haus errichtet hatte. Geschockt betrachteten sie die brennende Hütte. „Was ist hier los?“, schrie Sirus und stürmte auf die Tür zu.

Die Antwort ließ die aufsteigende Hitze wie nichts erscheinen. „Wir verbrennen das Monster…“ Sie hatten es rausgefunden und irgendwie schienen sie ihn überwältig zu haben. Sirus konnte kaum denken, diesem Mann hatten sie alles zu verdanken und so stürmte er in das brennende Haus und fand seinen Meister auch bald. Mit Silberketten gefesselt am Boden liegen, während all das Holz um ihn herum brannte.

„Du bist noch gekommen“, murmelte er und sah ihn aus müden Augen von unten aus an, als der Jüngere aufgeregt zu ihm stürzte. „Sirus, keine überflüssigen Emotionen, bitte… Ich weiß, dass das hier das Ende ist. Ich brauche keinen kleinen Jungen, der mir das heulend noch mal sagt. Hör auf an den Ketten zu ziehen, und hör mir zu, verstanden?“, sagte er kühl und der andere erstarrte augenblicklich. „Gut… Auch für uns Vampire ist der Tod das natürliche Ende… Kein Grund Tränen zu vergießen. Spar dir den Atem. Du hast viel gelernt, es wird dich nicht aufhalten, dass dieser Schatten hier erlischt. Das ist jetzt deine Zeit… Eines Tages wirst du verstehen, was ich meine. Wir erfüllen alle unsere Rolle, wir tragen alle unseren Sinn. Ich habe getan, was ich tun musste. Pass auf Myra auf. Und nimm meinen Mantel. Ich will, dass du ihn hast. Ich weiß, dass ihr von hier an, alleine weiterziehen könnt… Du warst ein würdiger Schüler, jetzt lass mich gehen, das Jenseits hat seine Tore bereits geöffnet. Kein aber, das ist der Zeitpunkt. Leb wohl, Sirus, wir werden uns wiedersehen… Eines Tages weißt du, was das bedeutet.“ Und damit schloss er die Augen, und so sehr Sirus auch an ihm rüttelte, er reagierte nicht mehr, so dass der Junge gezwungen war zu fliehen. Er nahm den Mantel mit und ließ seinen Meister in den Flammen untergehen, den Russischen Schatten vergehen…
 

Und nach diesem Ereignis mussten auch Sirus und seine Schwester das Dorf verlassen. Sie flohen und wussten einige Zeit nicht mehr wohin, sie lebten im Wald, Sirus gab in der Nacht auf seine Schwester acht, während sie schlief und tagsüber suchten sie nach Beeren und Tieren, von denen man sich ernähren konnten. Den Verlust konnten sie auch nur langsam verarbeiten. Ten war wie ein zweiter Vater für sie gewesen, für Myra, der ersten, den sie gekannte hatte. Er war nicht nur böse gewesen, selbst wenn sie gemeinsam Menschen getötet hatte, selbst wenn viele ihn als Verbrecher gefürchtet hatten, er hatte ihnen geholfen, in den vergangen Jahren war er ihre Familie gewesen und nun… Eine Legende der Vampire war verschwunden, in Flammen aufgegangen. Und sie waren auf der Flucht. Vor den Menschen oder was auch immer.

Weitere Jahre zogen so in s Land, Sirus‘ Schwester bekam all das Reisen nicht, aber sie konnten sich noch an keinem Ort niederlassen. Nicht für lange. Sirus war noch lange nicht so geschickt, er schaffte es Geld aufzutreiben, aber nie so, dass sie wirklich an einem Ort hätten bleiben können. Es ging nicht. Langsam quälte es Sirus auch, was er mit seiner Schwester machen sollte. Mittlerweise war sie 17 Jahre alt und Sirus würde niemals Alt werden, er sah zwar nicht mehr aus, wie der Junge, der damals gebissen worden war, aber er würde nicht altern und sterben so wie sie. Sie wusste, was er war. Ten hatte sie beide aufgeklärt, aber Sirus wusste nicht, wie es weiter gehen sollte. Sollte er sie in eine Stadt bringen, damit sie ein eigenes Leben anfangen könnte? Oder sollte er sie auch in einen Vampir verwandeln. Es war nicht leicht, aber die Entscheidung wurde ihm abgenommen. Einer Nacht, als sie wieder im Wald übernachten mussten…

Mit einem Mal ertönte ein Heulen. Der Mond stand hoch am Himmel. Es war eine ungewöhnlich helle Nacht über der sibirischen Steppe. Sirus schreckte sofort hoch, da hatten auch schon drei große Wölfe die Lichtung betreten, auf der sie rasteten. Myra war in den Mantel seines früheren Meisters gewickelt, um zu schlafen, doch nur versuchte Sirus, sie schnell zu wecken, denn immer mehr Wölfe kamen aus dem umliegenden Wald auf sie zu. So griff er nach ihrer Hand und lief mit ihr gemeinsam wieder in den Wald um sie möglichst schnell in Sicherheit zu bringen.

„Sirus… Was ist los?“, fragte sie leise.

„Komm einfach mit“, meinte er und zog sie schnell hinter sich her, „Es wird alles gut…“

Aber es wurde nicht alles gut. Es sollte nicht alles gut werden. Sie rannten weiter, eine lange Zeit, bis Myra nicht mehr konnte. Sirus nahm sie auf den Arm, um weiter zu gehen, aber es ging nicht mehr. Er verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Und Myra stürzte zu Boden. Bevor Sirus sich aufrichten konnte, war ein Wolf über ihr. Sie schrie seinen Namen, sie schrie vor Schmerz, aber er konnte nichts tun, die Wölfe griffen auch ihn an. Und erst als er sie in die Flucht geschlagen hatte, kam er zu den Überresten seiner Schwester. Knochen, zerrissenes Fleisch und Blut lagen auf dem Mantel seines Meisters und zum ersten Mal spüre Sirus wirklichen Schmerz. Mehrere Wölfe hatten an ihr gerissen und es war kaum noch etwas Menschliches an ihr übrig. Zitternd presste Sirus das Gesicht an das, was früher man ihr Brustkorb gewesen war und leckte das letzte übrige Blut vom Boden auf. Nichts in seinem Leben hatte sich jemals so schrecklich angefühlt, wie seine eigene Schwester begraben zu müssen. Das, was noch von ihr übrig war.

Mit Tränen verabschiedete er sich von ihr und stand noch lange an der Stelle, an der sie nun lag. Irgendwann hätte er sie zu Grabe tragen müssen, sie war nicht unsterblich, aber es hätte nicht so früh sein dürfen… Erst als er zu Ende getrauert hatte, versorgte er seine eigenen Wunden und machte sie auf den Weg. Wohin musste er zu diesem Zeitpunkt, sein Grund zu leben, befand sich unter der Erde, aber erinnerte sich an etwas, das sein Meister gesagt hatte, in dessen blutgetränkten Mantel er nun wanderte. Er trug viel Hass in sich, der nirgendswo rauf gerichtet war. Jetzt hatte er ein Ziel und wenn es nur Hass war, der ihn am Leben hielt, war es wenigstens ein Grund, nicht zu Grunde zu gehen…
 

Jahre vergingen, viel mehr Jahre in der Sirus immer mehr vereinsamte und abkühlte. Es war ihm auch egal, wen er töte um mit Blut und Geld weiter leben zu können. Es interessierte ihn nicht mehr. Menschen waren niedere Geschöpfte, sie hatten Ten getötet und nur deshalb hatte Myra sterben müssen. Weil er allein gewesen war und alleine zu schwach um sie zu beschützen. Einige Jahre war er im russischen Militär tätig, dann zog er wieder nur durch das Land, schloss sich den Kosaken an, arbeitete wiederum als Dieb und bildete seine Fähigkeiten immer weiter aus, während er immer neue Identitäten annahm, um nicht aufzufliegen. Viel Zeit ging ins Land, bis Sirus an den Ort zurückkehrte, an dem seine Schwester begraben lag und dort das Rudel Werwölfe fand, dass sie getötet hatte.

Er erkannte sie sofort und sie erkannten ihn. Doch dieses Mal war er vorbereitet, dieses Mal ließ er sich nicht überraschen und griff selbst an. Es war ihm egal, ob er dabei drauf gehen würde, er wollte einfach nur Rache und gerade das machte ihn stark. Sie schlugen die Zähne in Arme und Beine, aber Sirus stand immer wieder auf. Rammte ihnen die Faust so stark gegen den Schädel, dass ihre Knochen splitterten. Er warf sie gegen Bäume und Steine, schlug mit einem kleinen Messer auf sie ein, das er immer dicht am Herzen trug, und drückte ihnen die Hälse zu, bis sie sich nicht mehr wehrten, Blut bedeckte die dunkle Erde der Lichtung. Tote, zuckende Tierkörper lagen auf dem Boden verteilt und auch aus Sirus Wunden tropfte das Blut, aber er hatte gesiegt. Jeder einzelne von ihnen lag vor ihm im Staub, blutend, leblos…

Er wollte sich wieder abwenden, weiter sowie bis her, durch die Gegend ziehen, als plötzlich jemand die Lichtung betrat. Zwei junge Männer mit blondem Haar blickten ihn an und schüttelten den Kopf.

„Was eine Tragödie“, lachte er der eine, „Obwohl… Es waren ja nur Werwölfe…“, meinte er und zuckte mit den Schultern, „Dennoch, gegen das Gesetz, nicht wahr?“

Der andere seufzte: „Wenn du es auf diese Art und Weise sagen willst, ich denke doch. Wir müssen Sie leider mitnehmen und dem Gericht der Vampire unterwerfen. Ein ganzes Rudel Werwölfe auszurotten ist – selbst wenn wir nicht mit ihren Regeln kooperieren, auch für uns Vampire verboten“, wies der Fremde Sirus an und sah ernst drein, „Wie ist Ihr Name und werden Sie sich ergeben?“

Von dem Rat der Vampire und dem Gericht, hatte Sirus nur wenig gehört, sein Meister hatte ihm ein wenig erzählt, aber alles kannte er nicht. Er wusste nur, dass er wohl gegen das Gesetz verstoßen hatte. Er zuckte mit den Schultern. „Ist gut. Ich bin bereit meine Strafe zu empfanden. Wie auch immer“, murmelte er kühl und grinste dann leicht. „Mein Name ist Sirus Kel, ich bin der Sibirische Schatten...“
 

Und so ergab er sich den Regeln des Vampirrates und stand seine Bestrafung durch. Er lebte noch einige Jahre in Russland. In der Wildnis, in den Städten, als Soldat und auch in kleineren Arbeiten, bis er eines Tages dachte, es sei Zeit die Heimat zu verlassen. All dem den Rücken zu kehren und neu zu beginnen. So gut das eben möglich war… Nach einigen weiteren Jahren trieb ihn sein Weg nach Deutschlang. In eine kleine Stadt, in der Moderne noch auf alte Gebäude stieß und er versuchte sich dort ein Leben aufzubauen. Es langweilte ihn, auch den Job, den er annahm, füllte ihn nicht wirklich aus. Er war eben noch immer alleine in dieser fremden Stadt, er hatte keine Familie, keine Bekannten. Er war ganz allein. Bis einiges Tages jemand in sein Büro kam…

„Sirus Kel?“, fragte die Stimme ruhig.

Langsam sah er von seinem Schreibtisch auf und betrachtete die Frau, die dort stand. „Ja, der bin ich. Miss Homicida, richtig?“, sagte er und stand auf um ihr die Hand zu reichen, „Haben Sie ein Problem, was kann ich für Sie tun?“

Ein bemerkenswertes Lächeln lag auf ihren Lippen, wie sie ihn betrachtete. „Wissen Sie, Mister Kel, ich lebe seit 270 Jahren in dieser Stadt. Aber noch nie ist jemand wie Sie hier eingezogen. Und ich kenne diese Stadt wirklich gut. Bevor ich meine Firma vor wenigen Jahren gründete, war ich immerhin Bürgermeisterin und davor leitete ich die Polizeistation“, sagte sie ruhig und schüttelte seine Hand.

Erstaunt betrachtete er sie und grinste dann. „Und was wollen Sie damit sagen?“

„Dass ich es eine Schade finden würde, wenn sie allein, in einer kleinen Wohnung in meiner Stadt lebten, wo ich doch ein Schloss habe“, bot sie mit einem verführerischen Lächeln an.

„Wie machen Sie das… Ich meine… All die Jahre, ohne entdeckt zu werden und hier am selben Ort zu blieben?“, fragte er nach und bekam ein rätselhaftes Lächeln.

„Manipulation, ab und an gebe ich mich als eine Nichte aus, die das Schloss erbt, oder eine Tochter. Gestaltwandlung liegt in meiner Familie. Oft reicht aber schon eine einfache Änderung der Frisur, um Menschen zu täuschen, wissen Sie?“, sie zuckte mit den Schultern, „Aber ich denke, jetzt wird es erst einmal bei der Firma bleiben. Politik langweilt mich…“

Sirus grinste leicht: „Wem sagen Sie das. Ich bin Russe…“

„Dann ziehen Sie vielleicht doch die Einsamkeit vor?“

Und mit einem Mal überlegte er und seufzte leicht. Eigentlich hätte er ja gesagt, aber er war schon so lange einsam, er war schon so lange allein. Und irgendwo in seinem Herzen wollte er das wohl nicht mehr sein. Aber mit Menschen konnte er nichts anfangen, er konnte ihn nicht vertrauen. Jetzt wo eine Vampirin vor ihm stand, dachte er wirklich daran, dass es nett wäre nicht in eine leere Wohnung zu kommen, die ihn nur an Verlust erinnerte. „Homicida… Warum sollte mich eine so mächtige Vampirin einladen wollen?“, fragte er ruhig nach.

„In all den Jahren bin ich mir doch ziemlich sicher, dass du Talent besitzt. Du kannst nützlich sein. Und ich kann dir nützlich sein. So einfach geht das Spiel, nicht wahr?“, fragte sie ruhig und trat langsam zur Tür, „Überlege es dir, Kel, du weißt, wo mein Schloss ist. Und dieser Tür steht immer für einen starken Vampir offen…“

Er blickte ihr nach, bis sie an der Tür stand und lächelte leicht. „Miss Homicida…“, meinte er dann ruhig, „Ich glaube daran, dass wir alle eine Rolle haben. Ich suche schon lange nach einer, die mir wirklich passt…“

„Und ich suche schon lange nach einem Untergebenen, der die Stadt gut im Blick hat, und auf den ich mich verlassen kann“, gab sie ruhig zurück und drehte sich um.

„Eine Frage noch!“

„Ja?“

„Was ist der richtige Name… Ihr echter Vorname…“

Ein dunkles Lächeln lag auf ihren Lippen: „Necia… Ich denke, es wird nur noch ein paar hundert Jahre dauern, bis ich ihn wieder offen trage. Vielleicht wenn mein Kind geboren wird.“

„Ihr erwartet ein Kind?“

„Noch nicht. Aber wenn, will ich, dass du auf es aufpasst, Sirus Kel. Es muss um jeden Preis beschützt werden. Vielleicht ist das ja deine Rolle…“

„Vielleicht…“

Hinter den Masken

Kapitel 8: Hinter den Masken
 

„Gut“, meinte Seelaye, als sie vor der Tür standen und musterte Sirus ein wenig. „Ich lasse dir den Vortritt!“

Der Dunkelhaarige starrte ihn ein wenig finster an. „Ist auch besser so. Steh mir nicht im Weg, verstanden? Meistens machte ich das hier allein“, gab er zu verstehen und klingelte an der Tür des kleinen Wohnhauses.

„Dann mach es doch allein!“, gab Seelaye ein wenig patzig zurück und sah ihn schmollend an, „Ich kann auch warten!“

„Nein, ich kann dich hier ja nicht stehen lassen“, zischte Sirus und verdrehte die Augen. Dieser Mann war zu anstrengend um ein Vampir zu sein.

Seelaye grinste ihn an: „Na, wenn du unbedingt willst, dass ich dir helfe!“, lachte er überlegen.

Doch bevor Sirus darauf irgendetwas erwidern konnte, hörte man Geräusche hinter der Tür und eine unsichere Stimme erhob sich: „Hallo? Ist da jemand?“

„Ja, schönen guten Abend“, begann Sirus mit höflichem Ton und räusperte sich danach leise, „Wären Sie wohl so freundlich uns die Tür zu öffnen?“

„Äh…“, begann Niv und wunderte sich. Er kannte die Stimme doch irgendwoher, aber es war schon so spät und er wollte ungern die Tür öffnen. „Und wer sind Sie?“

Lachend drängte sich Seelaye ein wenig nach vorne, um das zu übernehmen, er glaubte nämlich nicht, dass sein Partner das schaffen würde. „Guten Tag, mein Herr!

Sie müssen keine Sorgen haben, wir tun ihnen nichts. Wir sind die Zeugen Jehovas und“, doch weiter schaffte es gar nicht. Er begann so laut zu lachen, dass er doch lieber zur Seite trat und Sirus anzeigte, dass er das wohl doch tun müsse, während er selbst versuchte sich wieder ein zu bekommen.

Mit einem Augenverdrehten wendete sich wieder der Dunkelhaarige der Tür zu und räusperte sich ein weiteres Mal. „Wir sind von der Polizei, würden Sie uns bitte die Tür öffnen? Wir haben nur ein paar Fragen.“

„Oh…“, Nivs Augen weiteren sich, wie er die Tür einen Spalt weit öffnete um hinauszusehen, „Was wollen sie denn?“

Mit einem leichten Seufzen griff Sirus in die Tasche seines Mantels und zog seine Dienstmarke hervor, um sich auszuweise. „Es ist nichts Schlimmes. Aber dürften wir trotzdem eintreten?“, fragte er ruhig und blickte den Jungen an.

Der Junge hatte noch immer große Augen, aber er trat zur Seite und öffnete die Tür zu seiner Wohnung vollständig, „Natürlich… Ist etwas passiert?“ Er war erstaunt, den Mann kannte er noch aus dem Stadion und sein Kollege schien sich immer noch über den Witz, den er zu Beginn gemacht hatte, zu amüsieren. Irgendwo war das alles ziemlich merkwürdig und unheimlich.

Eben dieser lachte auch weiter gleich nach dem Eintreten und sah den großen, dunkelhaarigen Mann an. „Was wollten wir hier noch mal? Ich hab‘s doch glatt wieder vergessen!“, meinte er amüsiert und zuckte mit den Schultern.

Der andere Vampir sah seinen Partner einen Moment zweifelnd an, wahrscheinlich hätte er das doch einfach alleine tun sollen, aber so war es nun einmal. „Nein, es ist alles in Ordnung. Sind deine Eltern nicht hier?“

Und bevor Niv noch antworten konnte, erkundigte der hochwohlgeborene Vampir nach der Toilette. Verwirrt blickte der Junge den vermeintlichen Polizisten an und deutete dann auf eine Tür nahe dem Eingang, in die der andere auch schon schnell verschwand um lieber von dort zu lauschen. Man wollte ja nichts verkehrt machen. Erst dann antwortete Niv ihm ein wenig traurig und ruhiger: „Meine Eltern...leben nicht bei mir. Oder vielleicht auch gar nicht mehr. Ich bin mir da nicht ganz sicher.“

„Mein Beileid“, murmelte Sirus ruhig und grinste doch innerlich. Das machte alles um einiges leichter, wenn man wirklich eingreifen würde. Keine Angehörigen in der Stadt waren ein unbeschreiblicher Vorteil beim Operieren.

„Ach was… Das ist schon so lange her“, meinte Niv mit einem leichten Lächeln und blickte den Polizisten an. „Also, wie kann ich ihnen helfen… Officer…?“

„Officer Kel“, meinte Sirus ruhig und sah ihn durchdringend an, „Also wir wollen von der Polizei gewisse Umfragen führen, die deine Sicherheit verbessern, das ist dir hoffentlich recht. Wir klingeln deshalb an jeder Tür“, versuchte er ihn ein wenig zu beruhigen.

„Um diese Uhrzeit?“, immerhin war es ja schon Nacht, Niv war ein wenig verwirrt, aber da kam der andere Polizist auch schon von der Toilette zurück und lächelte sie fröhlich an. Er wandte sich auch gleich an seinen Kollegen und fragte ihn, wie weit er schon wäre, doch dieser Begann gerade erst mit seinen Fragen.

„Wie finanzierst du deinen Unterhalt hier?“, fragte er mit ruhigen, kalten Gesichtszügen.

„Ein nicht volljähriger Junge. Alleine...Wie schaffst du das?“, setzte Seelaye auch gleich mit einem leichten Grinsen hinterher.

Der Junge betrachtete sie ein wenig verwirrt und seufzte. „Unsere Stadt hat eine Kasse für Fälle wie mich…Und wenn es nicht reicht, arbeite ich hin und wieder ein wenig. Aber nichts Festes.“, erklärte er dann auch schon ruhig. „Aber als Polizisten ist das mit der Stadthilfe doch sicherlich nichts Neues für Sie, oder irre ich mich?“

Sirus schüttelte den Kopf: „Natürlich nicht. Aber wir müssen nur es für das Protokoll auch von dir haben. Behördenregeln. Mach dir keine Sorgen. Nun zur Sicherheit: Fühlst du dich in dieser Gegend sicher?“

Und als dieser Mann ihn mit seinen finsteren Augen ansah, kam Niv sofort das Buch wieder in den Sinn, dass er vor wenigen Stunden gelegen hatte und ein kühles Schauern ergriff ihn. „Bis lang…“, meinte er und versuchte ruhig zu klingen, „Bis lang eigentlich schon.“

„Jetzt nicht mehr?“, fragte Sirus mit hartem Tonfall nach.

Seelaye begann dabei jedoch eher besorgt auszusehen und trat näher an den Jungen heran. „Was heißt das?“, fragte er und lächelte ihn aufmunternd an, „Ist dir etwas Ungewöhnliches aufgefallen?“

Und schlagartig wurde Niv rot und schüttelte nur den Kopf. „Ja… Nein… Aber das gehört hier nicht hin… Es ist albern…“

Doch der finstere Polizist wurde nur noch ernster: „Junge“, so sah er ihn eindringlich an, „Wir sind für deine Sicherheit zuständig. Du solltest uns sagen, was dich bedrückt?“

„Ja, genau!“, schloss sich der andere enthusiastisch an, „Hör auf meinen Kollegen, du solltest dich uns anvertrauen!“, sagte er und klopfte ihm ein wenig auf die Schulter.

„Nun ja…“, begann der Besuchte dann verlegen „In dieser Stadt verschwinden des Öfteren Leute“, sagte er unsicher und sah sich ein wenig ängstlich um, „Ist Ihnen das noch nicht aufgefallen?“

Ein wenig verstimmt verzog Sirus das Gesicht. „Selbstverständlich ist uns das bewusst. Wir suchen nach diesen Personen. Alle verzeichneten Fälle sind auch noch offen“, erklärte er ihm ruhig und schüttelte den Kopf, natürlich waren sie verzeichnet, aber es war vergeblich jemals Überreste oder Leichen zu finden, dafür sorgte Sirus selbstverständlich. „Ist etwa jemand verschwunden, der dir nahestand?“, harkte er ruhig nach und blickte kurz zu Seelaye, doch dieser war in diesem Moment vernünftiger Weise einmal still!

„Nein“, sagte Niv schnell und seufzte, „Das heißt… Leute aus meiner Klasse. Aber ich kannte sie nicht gut. Ich dachte bislang immer, dass sie umgezogen wären“, gestand er ehrlich auch wenn es wirklich schrecklich war zuzugeben, dass man nicht mal wirklich Freunde hatte.

Erstaunt zog Sirus die Augenbrauen hoch und schüttelte leicht den Kopf. „Klingt merkwürdig, nicht wahr?“, und dann holte er sich auch schnell die Bestätigung seines Partners ab, „Wir werden das genauer untersuchen, was es damit und mit deiner Schule auf sich hat.“ Und der Bruder der Hausherrin machte sich Sorgen um seine Schwester und deren Tochter, denn die begab sich doch gerade wirklich in Gefahr…

Einen Moment stand Sirus noch dort und puzzelte die Informationen in seinem Kopf zusammen, dann lächelte er den Bewohner an und nickte ihm leicht zu: „Ich glaube das wichtigste haben wir geklärt. Vielen Dank für ihre Mitarbeit, wir werden auf die Fälle mehrere Leute ansetzten... Einen Guten Abend noch“, verabschiedete er sich von ihm und auch Seelaye folgte seinem Beispiel so dass sie das Haus verlassen konnten.

Niv sah ihnen ein wenig erstaunt nach, aber er fühlte sich ein wenig beruhigter, nachdem er das gehört hatte. Und doch schloss er die Tür hinter den Polizisten zu und ging schnell wieder in sein Schlafzimmer…
 

Necia und Cruor waren auf dem Weg zurück ins Schloss und fragten sich was der Bruder der Clanführerin und Sirus wohl herausgefunden hatten. Es dauerte auch nicht lange, da waren sie bereits wieder am Schloss Homicida. Der Bedienstete blickte seine Herrin an und lächelte sanft. „Das war ein schöner Spaziergang, Milady. Vielen Dank, dass ich Eure Begleitung sein durfte“, sagte er vorsichtig, bevor sie das Schloss betraten.

„Gern geschehen“, meinte die Herrin ruhig und rang sie ebenfalls zu einem Lächeln durch, „Es war ein erträgliches Meeting“, sagte sie so, als wäre es ein Kompliment für ihn.

Als die beiden gerade ankamen, arbeitete Lyn in der Küche mit und half dabei die Teller abzuwaschen. Doch mit ihrer feinen Nase nahm sie den Geruch war, und schlussfolgerte sobald, dass Lady Homicida und Cruor wieder da sein musste. Lyn war ein gutes junges Mädchen, eine Bedienstete des Schlosses und ebenfalls ein Werwolf. Besonders zeichnete sie ihr fröhliches und überschwängliches Gemüt aus. Als sie die Entdeckung gemacht hatte, war sie so freudig, dass sie aufsprang und dabei einen Teller umschmiss. Panisch schob sie die Scherben zusammen und rannte in die Vorhalle. „Lady Homicida! Cruor! Willkommen daheim! Kann ich euch behilflich sei“, doch weiter kam sie nicht in ihrem schnellen Tempo und der Aufregung, stolperte sie und stürzte nachvorne…

Mit einem Mal hielt Cruor inne und sah die Wölfin erschrocken an, bevor er auf sie zu eilte, um sie im Fall aufzufangen. „Guten Abend, Lyn“, begrüßte er sie ruhig. Und auch Necia begrüßte ihre Untergebene höflich.

Doch das Mädchen lief sofort rot an und stotterte einige Zeit bevor sie sich dann mit schwacher Stimme bedankte und wieder ordentlich hinstellte. Sie richtete sich die Kleidung und musste einige Male tief durchatmen und sich selbst gut zusprechen, bevor sie richtig antworten konnte. „Euch auch einen guten Abend…“, sagte sie mit leicht zitternder Stimme und verbeugte sich. „Ka… Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“

„Sag mir, werte Lyn, ist dir nicht wohl? Du wirkst so durcheinander... Ist die Frage hier nicht eher, ob man dir helfen kann?“, sagte er mit einem leichten Lächeln.

„Mir… Mir geht es gut! K… Keine Sorge!“, sagte sie schnell und glühte förmlich, so rot wie ihre Wangen in diesem Moment waren, wie sie noch dicht vor Cruor stand.

Der Werwolf musterte sie noch einmal. „Bist du dir sicher, denn du wirst nicht sehr gesammelt.“

Nun wurde auch die Hausherrin ein wenig skeptisch. „Bist du überarbeitet, Kleine?“, fragte sie in einem ruhigen, wenn auch etwas kühlen Ton.

Doch Lyn lächelte weiter und schüttelte nur den Kopf. „Nein, nein… Mir geht es gut. Das geht doch nicht. Ich kann keine Pause machen“, murmelte er sie eher zu sich und bemühte sich weiterhin ein Lächeln für die anderen Beiden zu tragen.

Cruor wunderte sich, woher das Verhalten seiner Freundin rührte, aber er dachte sich dann, dass sie vielleicht nur ein wenig Ablenkung bräuchte: „Sag Lyn, hast du gerade etwas zu tun? Wenn nicht könntest du mir behilflich sein, die fleischliche Hülle einiger Menschen zu verscharren. Sofern Meisterin Necia unserer Dienste nicht mehr bedarf?“, fragte er doch seine Herrin schüttelte nur den Kopf.

„Natürlich, mein…“, sie schluckte leicht, aber noch immer lächelte die Werwölfin überglücklich, „Ja, gerne, Cruor!“ Und dann verabschiedeten sich die Beiden von der Clanführerin, die in ihre Gemächer verschwand.

Und dann verschwanden die beiden Wölfe auch schon in unterschiedliche Richtungen. Cruor holte die Knochen und nicht essbaren Überreste der Menschen aus der Küche und Lyn suchte nach zwei Spaten, selbstverständlich nicht ohne sich zu verletzten, indem über eben diese stürzte, weil sie vergas das Licht anzumachen. Aber am Ende humpelte sich doch noch mit den beiden in die Eingangshalle, wo sie wieder auf ihren Freund und heimlichen Schwarm traf.

„Können wir?“, fragte dieser sie und bot ihr den freien Arm an, in dem er nicht die Überreste hatte. Sofort griff Lyn auch danach und versuchte so zu kaschieren, dass sie das eine Bein leicht nachzog.

Und doch bemerkte Cruor es und sah sie besorgt an. „Bist du gestürzt? Immer verletzt du dich“, sagte er ruhig und seufzte leichte, wie er sie lieber mit dem freien Arm um die Hüfte fasste, um sie besser stützen zu können. „Weißt du, Lyn, du bürdest dir wirklich zu viel auf“, versucht er ihr in einem sanften Tonfall zu erklären.

„Nein, nein…“, murmelte das Mädchen und schüttelte leicht den Kopf, „Es ist alles gut, ich bin nur gestürzt“, versuchte sie schnell zu erklären und seufzte, „Es geht schon… Ihr bürde mir nicht zu viel auf.“ In einem Moment fühlte es sich gut an, so nah bei ihm zu sein, aber es war ihr auch schrecklich unangenehm und peinlich…

„Du bist heute wirklich nicht auf der Höhe“, sagte der Andere ruhig und betrachtete sie von der Seite, „Wir bringen die Sachen nur eben in den Garten und dann werde ich dich lieber in dein Zimmer geleiten, damit du sich ausruhen kannst.“

„Aber ich kann heute noch nicht Schluss machen! Es gibt noch so viel zu tun!“, versuchte sie sich zu wehren, aber es war nicht sehr ergiebig…

„Du wirst so nicht weiter arbeiten, meine Liebe. Du stehst vollends neben dir“, ermahnte er sie ernst und setzte sie lieber vorsichtig auf dem Boden ab. „Verweile bitte kurz an dieser Stelle, ich bin gleich wieder an deiner Seite und“, und da blickte er sie ernst an, „Weglaufen würde ich dir nicht nahe legen. Ich krieg dich so wie so.“ Er sah sie kurz ernst an und lief zum Garten um dort die Knochen und die Spaten dort abzulegen.

Lyn seufzte und blickte ihm nach und schlug die Hände vor das Gesicht um die Röte zu verstecken. „Warum sollte ich denn vor dir weglaufen? Das will ich doch gar nicht…“, murmelte sie ein wenig verloren und versuchte ihren Herzschlag wieder zu beruhigen.

Kurz Zeit später war Cruor zurück und betrachtete seine Freundin am Boden. „Lyn, dir scheint wirklich nicht gut zu sein. Ich bringe dich in dein Zimmer“, sagte er und hatte sie im nächsten Moment auch schon auf seine starken Arme gehoben um sie sicher wegzubringen.

„Aber… aber…“, ein wenig zappelte die Wölfin auf seinem Arm und versuchte zu protestieren, doch dann legte sie lieber den Kopf an seine Schulter und seufzte leicht. Es hatte ja doch keinen Sinn, auch wenn sie unter keinen Umständen ihre Arbeit vernachlässigen wollte…

„Ich werde mit Lady Necia reden, dass Sie nachsichtig mit dir sein soll“, versuchte ihr Freund ihr ein wenig Angst zu nehmen.

Bei diesen Worten hob sie den Blick und blinzelte leicht, wie sie sich ängstlich an Cruor drückte. „Aber ich arbeite doch schon so wenig! Ich kann doch nicht schon am Anfang nachlassen. Sonst werde ich noch rausgeschmissen!“, jammerte sie und schluckte hart bei dieser Vorstellung.

„Unsere Herrin hat ein sehr großzügiges Wesen. Sie wird niemanden dafür bestrafen, dass es ihm oder ihr nicht gut geht. Glaub mir, in all den Jahrhunderten, die ich nun schon hier bin, hat Lady Necia nur das bestraft, was unangemessen und inakzeptabel war“, erklärte er ihr noch ein weiteres Mal, bis er vor ihrem Zimmer ankam und nur den Kopf schüttelte. Er hoffte einfach, dass sie das verstehen würde und sich keine Sorgen mehr machen müsste. Necia war eine strenge Herrin, aber sie hatte auch Verständnis. „Denkst du, ich kann dich alleine lassen?“

„Ich…“, noch immer war das Mädchen unsicher und seufzte, „Ich weiß nicht…“

„Du musst doch wissen, wie es um deine Gesundheit steht. Soll ich jemanden schicken, der sich um dein Bein kümmern kann?“, harkte der Werwolf dann einfach nach.

Daraufhin nickte Lyn gleich und lächelte ihn vorsichtig an. „Nein, nicht nötig, ich brauche nur...“

„Ich sehe schon. Du willst allein sein. Ich werde dir schon die Ruhe lassen.“

Und so verließ Cruor seine Freundin auch schon um ihr Zeit zum Sammeln zu geben, auch wenn sie sehr darum trauerte. Sie hatte nicht gewollt, dass er sie alleine ließ, aber sie konnte ihm auch einfach nicht sagen, dass er bei ihr bleiben sollte…

Während ihr Schwarm über den Schlosshof jagte, um einige wilde Tiere zu jagen und sich ein wenig körperlich zu betätigen konnte Lyn nur seufzen. Einen langen Moment starrte sie noch auf die Tür, dann stand sie vorsichtig auf und erblickte Cruor, wie er gerade nach draußen in den Hof trat und sich dort in einen Wolf verwandelte um zu jagen. Einige Zeit lang starrte sie ihn nur aus ihrem Zimmer aus an, dann konnte sie sich von ihrem Zimmer losreißen und humpelte wieder zum Bett um den Verbandskasten hervor zu holen und sich um das Bein zu kümmern. Als das erledigt war zog sie sich um und eilte – so gut es ging – zum kleinen Waschbecken in ihrem Zimmer um das alte Kleid auszuwaschen. Zum Glück ging der Dreck raus, was die junge Werwölfin stark beruhigte.

Mit zufriedenem Lächeln tapste sie nun auch um einiges vorsichtiger wieder zum Fenster und setzte sich dort auf die Fensterbank. Noch immer konnte man Cruor ziemlich gut beobachten, wie er über die Felder jagte. Mit einem sanften Lächeln beobachtete Lyn die Szene und seufzte immer wieder.

Irgendwann dachte sie daran, sich selbst ablenken zu müssen und griff nach einer unfertigen Schnitzerei, die am Fenster lag. Manchmal fertige sie so etwas an. Um zur Ruhe zu kommen und das musste sie jetzt, damit ihr Blick nicht die ganze Zeit an dem anderen Wolf hängen würde… Bald würde er auch wieder ins Schloss gehen… Und vielleicht nach ihr sehen…

Giftiges Blut

Kapitel 9: Giftiges Blut
 

„Und?“, fragte Seelaye ein wenig skeptisch, „Was sagt uns das hier jetzt?“ Gemeinsam mit Sirus war er wieder auf dem Heimweg und weg von dem Haus des Jungens.

Sirus blickte ihn beim Gehen nicht an, seine Miene war eiskalt: „Wir wissen, dass er auf jeden Fall sterben muss. Ich habe keine Angst vor ihm, aber er stellt Fragen, und je schneller er weg vom Fenster ist, desto weniger Arbeit wird es werden.“

„Sterben?“, frage Seelaye und bekam für einen Moment große Augen, bevor er leicht grinste, „Oder… Du weißt schon“, und dann leckte er sich zum Verdeutlichen ein wenig über die Lippen.

„Ist vollkommen gleichgültig. Aber er darf nicht länger als Menschen weiter leben, sonst wird er gefährlich“, erwiderte Sirus nach einem Überlegen und seufzte leicht, „Das Gute ist, er hat keine Verwandtschaft. So schnell wird ihn niemand vermissen und wenn wir ihn verwandeln wird er so oder so auch den Menschen auf der Straße nicht als verschwunden auffallen.“

Seelaye nickte zufrieden. „Gut, dann werde ich das mit Necia besprechen“, beschloss er und sah den Anderen an, „Kommst du auch zurück ins Schloss? Mir ist die Lust auf mehr irgendwie vergangen…“ Und diese Angelegenheit machte ihn zu neugierig, das wollte man doch lieber gleich klären.

„Nein, ich bin hier auch fertig“, meinte Sirus, ohne zurück zu blicken und folgte Seelaye zurück zum Schloss. „Ich sollte Lady Necia ebenfalls Bericht erstatten“, setzte er fest, das würde das Beste sein, immerhin war es seine Aufgabe gewesen.

Und dann stapfte Seelaye auch schon voran in die Vorhalle und erhob in seinem flötenden Ton die Stimme um seine Schwester durch das ganze Haus zu rufen: „Herzallerliebstes Schwesterlein! Wir haben klitzekleines großes Problem! Hättest du die Güte runter zu kommen?“

Necia hörte ihren Bruder und verdrehte nur die Augen. Wieso schrie er das Haus zusammen und kam nicht einfach in ihr Zimmer, das war ja wohl nicht wahr. Sie war doch selbst gerade erst daheim! Seufzend stand sie auf und schritt runter in die Eingangshalle: „Was gibt es?“, fragte sie ruhig und ernst.

„Der Albino ist schlau. Wenn er weiterhin ein Mensch bleibt, wird er eine Gefahr für uns darstellen“, meinte ihr Bruder im üblichen Ton, so dass sich die Hausherrin erst bei ihrem Diener erkundigte, ob das auch wirklich so war.

„Es tut mir leid, dass ich nicht früher Bericht erstattet habe. Er ist so unscheinbar, er ist nicht einmal mir aufgefallen“, meinte Sirus kühl und sah seine Herrin ernst an.

„Die Frage ist jetzt, ob wir ihn töten... Oder zu einem on uns machen...Dir und mir kann das Albino-Blut ja nichts anhaben“, warf Seelaye auch mit einem leichten Grinsen an und Sirus verdrehte nur die Augen.

Doch auch die Hausherrin nickte leicht: „Ein Albino ist wirklich mal eine Abwechslung.“ Es war giftiges Blut, das nicht alle Vampire trinken könnten. Man musste mindestens 800 Jahre alt sein, damit das besondere Blut, das Albinos und andere seltene Menschenklassen in sich trugen, einem Vampir nicht schaden konnte. Ähnliches galt auch für das Blut anderer Vampire und Werwölfe. Aber dafür schmeckte dieser Saft besonders gut.

Ihr Bruder begann zu kichern: „Du nimmst mir die Worte aus dem Mund!“

Necia dachte noch ein wenig weiter und nickte dann. „Wir machen ihn zu einem von uns“, setzte sie fest, „Wäre eine Verschwendung dieses Blut… einfach nur zu trinken“, und einen Moment lag etwas Dunkles in ihrem Lächeln. Und sofort begann ihr Bruder auch schon wie ein kleines Kind auf und ab zu springen und zu jubeln. „Warum freust du dich da jetzt so?“, fragte sie ihren Bruder mit einem Kopf schütteln, bevor sie sich wieder an ihren Diener wandte. „Sirus, brauchst du noch etwas?“

Dieser schüttelte nur den Kopf. Er zog einen Notizblock hervor um seiner Herrin die wichtigsten Informationen aufzuschreiben, die sie für ihre weitere Planung noch brauchen könnte, damit er bald gehen könnte, denn die aufkommende Diskussion, die zwischen den Geschwistern anlag, wollte er nicht länger als nötig miterleben.

„Das wird spaßig! Es ist ein unglaublicher Spaß für mich, jemanden zu verwandeln und einen Neuling zu beobachten!“, warf Seelaye gleich freudig an.

„Hey, wer hat gesagt, dass ich dir diesen Tropfen Blut so einfach überlassen?“, erwiderte seine Schwester kühl.

„Gerade eben jetzt!“, meinte er bestimmt und lächelte sie zuckersüß an. Er setzte das niedlichste und absolut vampirunwürdigste Gesicht aus, das er konnte und flehte sie ein wenig an. „Ich geh auch vor dir auf die Knie, wenn du willst! Bitte!“, bot er an und bekam große Augen, „Aber keine Fotos davon!“, scherzte er dann auch gleich noch und begann wieder zu lachen.

„Und was davon ist jetzt ein Grund?“, fragte Necia ruhig und schüttelte den Kopf, „Das ist immerhin ganz besonderes Blut, das findet man nicht sehr oft in unserer Gegend.“

Schmollend warf er sich darauf auf den Boden und sah beleidigt zu seiner Schwester nach oben. „Du bist so gemein!“, rief er ihr entgegen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Seit wann trinkst du überhaupt giftiges Blut?“, meinte sie wieder etwas härter und verdrehte die Augen. Das Ganze war für einen Vampir in seinem Alter doch arg albern…

Doch da wurde der Vampir nur noch bockiger und jammerte und schimpfte am Boden weiter. Sirus sah das skeptisch an und gab Necia dann den Zettel in der Hand, um ohne einen weiteren Kommentar zu gehen. Das konnte er sich nicht weiter antun und so war er froh, einfach seiner Wege gehen zu können und die Hausherrin damit allein zu lassen.

„Manchmal glaube ich, ich habe zwei Kinder“, murmelte Necia und seufzte schwer.

„Also darf ich?“, fragte Seelaye sofort mit großen, hoffnungsvollen Augen.

Etwas erstaunt sah die Hausherrin ihn an und schüttelte den Kopf: „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“

Da kam auch Cruor nach einer Weile zu den Beiden und betrachtete sie einen Moment, bevor er sich in Gestalt eines Wolfes dann doch vor die Füße seiner Herrin legte und die angespannte Situation beobachtete. „Sag doch auch mal was!“, sagte Seelaye sofort und hoffte auf etwas Unterstützung. Doch der Werwolf reagierte nicht wirklich und versuchte sich rauszuhalten in dem er zurückhaltend bellte.

Während der Bruder noch immer schmollte am Boden, betrachtete Necia schon einmal Sirus‘ Notizen und dachte über das alles nach. „Necia, du bist gemein!“, jammerte Seelaye noch einmal und Cruor blickte nur verwirrt auf.

Die Clanführerin seufzte: „Dann teilen wir ihn einfach…“, meinte sie als Kompromiss, denn nur weil er bockig war, sollte ihr Bruder ja auch nicht immer alles bekommen.

„Wen wollen die Lordschaften teilen? Mir ist als könne ich dem ganzen nicht ganz folgen“, merkte Cruor an, nachdem er sich dann zurückverwandelt hatte und sah sich zwischen den Beiden verwirrt um.

„Wir reden über den Albino, von dem du vorhin gesprochen hast“, erklärte Necia ihm.

Erstaunt sah der Bedienstete sie an: „Ihr… bedenkt aber, dass das Schwierigkeiten mit sich bringt?“, merkte er vorsichtig und untergeben an.

„Keine Sorge, ich habe es sorgsam bedacht“, gab seine Herrin erst zu verstehen, „Nicht wie alle Personen in diesem Raum, aber ich habe es bedacht“, gab sie zu verstehen und verschränkte die Arme vor der Brust.

Der Werwolf überlegte einen Moment und sie bekamen beide böse Blicke von dem Bruder der Hausherrin, die sie aber im Moment der Besprechung übergingen: „Wie sieht Eure Planung dies bezüglich aus, ich bin in der Annahme, dass Ihr ihn zu verwandeln gedenkt?“

„In erster Linie werden wir wohl das Blut des Jungen teilen müssen. Anders hat das hier keinen Sinn“, wie sie es hasste, wenn man nicht mit Leute diskutieren konnte, aber die meisten Vampire hatten diese unangenehme Eigenschaft, dass sie einfach nur stur waren. Und dabei waren nicht alle so charmant kindisch wie Seelaye sondern eher noch aggressiv.

„Teilen? Das arme Kind… Gleich ein doppelter Schock? Und ist es Euch Recht so eine seltene Köstlichkeit einfach zu teilen? Wo Ihr doch nicht mal unvorsichtig handeln dürft, da Ihr ihn nicht töten wollt“, wandte ihr Berater ein und runzelte die Stirn über den Entschluss seiner Herrin.

„Ja, das sind auch meine Bedenken“, sie zuckte leicht mit den Schultern, „Aber damit müssen wir wohl leben. Alles hat Konsequenzen, manche sind eben schlimmer als andere“, sie seufzte leicht und sah auf den Zettel. „Erst einmal müssen wir in aus den Akten der Stadt nehmen. Immerhin kann er kein Geld empfangen, das er nicht ausgeben kann. Das wird Sirus machen“, erklärte sie dann ihren Plan, „Und ich werde Sirus beauftragen ihn hierher zu holen.“ So weit war der Plan, aber dann war da ja noch ein Haken und auch wenn ihr Diener sich als Werwolf nicht so gut mit den Gesetzen der Vampire auskannte, konnte er es wohl ahnen, so wie er sie ansah. „Es ist unmoralisch und verboten Opfer zu teilen“, meinte sie ruhig und zuckte mit den Schultern, „Aber das wird es sein.“

„Seid Ihr sicher? Ich mache mir nur Sorgen um Euch, Milady“, gestand der Werwolf untergeben.

Doch Necia nickte mit einem kühlen Lächeln. „Selbst wenn der Rat jedem herschickt, weil er eine Vermutung hat. Ich schaffe das schon. Allzu schlimm ist der Verstoß nicht. Es wird nur nicht gerne gesehen.“

Cruor betrachtete sie genauer: „Deswegen bin ich auch nicht in Sorge. Was...wenn der Junge Schwierigkeiten macht? Ihr wisst doch wie es sich mit Vampiren verhält, die so ein Blut als Basis besessen haben.“ Da hatte er Recht, Menschen mit besonderer Veranlagung konnten leicht Probleme machen, die Verwandlung konnte missglücken und das Opfer sterben. Oder noch schlimmer, sich in etwas anderes verwandeln.

Ein leichtes Grinsen schob sich auf ihre Lippen. Natürlich kannte sie das Risiko, aber das war nicht ihr Problem. Wenn der Junge dabei sterben würde, dann wäre es ihr egal. Und wenn es anderes missglücken würde, würde man ihn töten. Damit hätte sie kein Problem. Der Rat würde das anders sehen, aber das wäre erst ein Problem, wenn dieser es erfahren würde, und das passierte bei den großen Vampirclans doch recht selten. Langsam schritt sie näher an Cruor heran. „Es ist wirklich süß, dass du dir Sorgen machst. Aber mit deiner Hilfe schaffen ich das schon. Danke“, hauchte sie ihm entgegen.

„Aber Milady, Ihr müsst euch bei mir doch nicht bedanken… Ich stehe noch immer in Eurer Schuld!“, meinte der Diener schnell und wurde doch rot.

„Das ist schon so lange her…“, murmelte sie leise und legte eine Hand an seine Wange.

„Doch wäre ich Euch nicht begegnet, hättet Ihr Euch meiner nicht angenommen, wie ein Engel den hilflosen Seelen, so wäre ich nicht hier. Ich wäre elendig gestorben, verreckt in den Trümmern meiner armseligen Existenz. Ich stehe in Eurer Schuld, bis mein Herz nicht mehr schlägt, denn es schlägt für Euch Milady. Nur für Euch...“, versprach er ihr mit festem Gesichtsausdruck und nahm ihre Hand, um sie auf seine Brust zu legen, damit sie den Herzschlag fühlen konnte.

Mit einem sehr wohlgefallenen Gesichtsausdruck betrachtete sie den Werwolf und beugte sich dann zu seinem Lippen vor, um ihn einfach wortlos zu küssen. Es bedurfte auch keiner weiteren Worte, zumindest nicht von ihrer Seite, denn Cruor machte sofort weiter, als sie den Kuss nach einer Weile wieder zu lösen, wo sie noch immer das schlagende Herz unter ihrer Hand spürte.

„Verzeiht, Milady, doch dieses schlagende Herz ist wie gesagt das Eure, so schlägt es wie ein Vöglein mit den Flügeln, spürt es nur Eure Gegenwart“, sprach der Mann mit einem verlegenen Lächeln.

Sie betrachtete ihn noch ein wenig von Nahem und schüttelte leicht den Kopf: „Du bist wirklich süß…“, hauchte sie ihm auf die Lippen.

„Nur für Euch. Aber auch dies ist ein Charakterzug von meiner Wenigkeit. Die anderen werde ich Euch gerne bei Zeiten zeigen“, versprach er dann immer noch leicht rot und ein wenig überfordert mit der Situation, aber er sah, dass es anscheinend irgendwie funktionierte.

„Das hoffe ich doch“, entgegnete Necia mit einem dezenteren Grinsen.

Seelaye verzog das Gesicht und beobachtete die Beiden missgünstig, wie sie ihn so einfach ignorierten. Er stand wieder auf und sah sie grimmig an. „Ihr seid doof! Können wir jetzt bitte zum ursprünglichen Thema zurückkommen?“, beschwerte er sich dann auch gleich und verschränkte die Arme vor der Brust.

Ein wenig erschrocken und verwirrt sah Cruor seinen Herrn an, er verhielt sich doch ziemlich oft wie ein kleines Kind, aber er sagte da lieber nichts zu. Dafür beantwortete jedoch Necia die Frage ihres Bruders erneut: „Ich habe beschlossen, dass wir ihn teilen. Kannst du damit leben?“

Cruor entschuldigte sich währenddessen, wie die Geschwister nun weiter berieten. Er wollte sich nicht einmischen und machte sich auf den Weg zur Bibliothek.

Der Bruder antwortete dann mit ein wenig Missmut, was seiner Schwester gar nicht gefiel. „Das ist ein Kompromiss, lern damit zu leben. Du hast nämlich keine Ahnung, wie viel Arbeit deshalb auf mich zukommen könnte“, meinte seine Schwester ziemlich ernst.

„Woher auch?“, fragte Seelaye ein wenig leidend, „Du redest ja auch nie mit mir darüber!“

„Ach, hör doch auf damit!“, meinte Necia und verdrehte die Augen, „Es ist nicht meine Aufgabe dich über das Gesetz aufzuklären! Da bist du selbst für verantwortlich! Du bist über 1000 Jahre alt, du solltest keinen Babysitter mehr brauchen, der dich auf Ratsversammlungen mitnimmt!“, meinte sie ermahnend und seufzte. Und da wehrte sich ihr Bruder auch noch ein wenig, aber es half nichts. Er wusste ja auch, dass sie Recht hatte und er sich vor solchen Verpflichtungen drückte, aber es war ihm einfach zu langweilig! Und wenn Necia dahin ging, reichte es ja wohl auch. Doch auch sie legte die Stirn einen Moment in Falten. „Vielleicht sollte ich mit Firion noch mal über das ganze sprechen…“

„Oh, darf ich mitkommen?“, fragte Seelaye da sofort mit seinen üblichen großen Augen.

„Ja, kannst du. Vielleicht rufe ich ihn auch auf mein Zimmer“, meinte sie ruhig und zuckte mit den Schultern.

Aber ihr Bruder war schon begeistert und klopfte ihr auf die Schulter: „Dann geh schon mal auf dein Zimmer und ich hole Firion!“, sagte er beschwingt und hüpfte schon davon. Die Hausherrin schüttelte den Kopf, aber sie ging dann auch schon in ihr Zimmer um dort zu warten.
 

Es klopfte an Lyns Tür, aber das war nicht der Mann, den sie sich in diesem Moment gewünscht hatte. Bei dem kräftigen Klopfen zuckte sie zusammen und schnitt sich so leicht in die Hand. Jammernd sprang sie auf, legte die Sachen bei Seite und eilte humpelnd zur Tür, während sie sich das Blut von der Tür leckte und dann doch sehr erstaunt war, wer dort vor ihrer Tür stand. „Oh… Sirus!“

Doch der Vampir war ruhig und ernst: „Lyn, hast du meinen Mantel genäht! Es ist wirklich wichtig, ich brauche ihn zurück.“ Er konnte das billige Produkt nicht weiter tragen. Er brauchte seinen alten Mantel zurück, aber den hatte er schon so lange, dass er ein wenig aufging…

„Ja, komm doch rein“, sagte das Mädchen fröhlich und ging zu ihrem Schrank um den großen, schweren, dunklen Mantel hervor zu holen und ihn ihm zu geben. „Bitte schön. Ich hoffe er ist so in Ordnung.“

Skeptisch betrachtete der Mann sie und nahm dann den Mantel an sich, um ihn lange zu Mustern. So viele Erinnerungen hingen daran. „In Ordnung“, wiederholte er kühl.

Lyn strahlte auch gleich, aus Sirus‘ Mund war das schon fast ein Kompliment. „Schön, dass es ihr genüg!“, aber durch ihre Freude war sie so übermütig, dass sie mit ihrem Fuß leicht noch vorne stolperte, so dass Sirus sie auffangen musste, damit sie nicht gegen ihn stieß. Nicht ganz sanft packte er sie am Kragen und hob sie leicht vom Boden ab.

„Du ungeschicktes Etwas…“, murmelte er mit einem leichten Seufzend, woraufhin Lyn sich sofort entschuldigte. „Schon gut“, winkte er kalt ab, „Pass einfach besser auf.“

Doch das Mädchen sah ihn nur weiter aus großen und ängstlichen Augen an: „Habe ich… etwas falsch gemacht?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

Erstaunt sah Sirus sie an, aber noch immer war sein Gesichtsausdruck kühl. „Was? Nein, du hast nichts falsch gemacht“, grummelte er, „Tut mir leid, heute ist nicht mein Tag. Zu viel Arbeit“, erklärte er kurz angebunden.

„Wirklich?“, harkte Lyn noch immer unsicher, aber mit einem ehrlichen Lächeln nach, „Kann ich dir dabei irgendwie helfen?“

„Nein“, er war komplett ernst, „Kannst du leider nicht.“

Bei dem Ausdruck zuckte sie gleich noch einmal zusammen und ließ den Kopf hängen, um ihm nicht in die eiskalten Augen sehen zu müssen: Werwölfe hatten bei Vampiren so und so keinen guten Stand und auch wenn auch Sirus nur ein Bediensteter des Schlosses war, hatte er noch immer mehr Rechte und Lyn war die Neue hier. Sie hatte Angst dafür etwas falsch gemacht zu haben und bestraft zu werden, so wie ihr früherer Herr das gelegt hatte zu tun. So lag Angst in ihrem Blick, auch wenn sie nur den Boden unter sich fixierte.

Das jedoch machte Sirus eher wütend, so dass er sie höher hob und der nach unten gerichtete Blick, nun auf sein Gesicht fiel. „Du hast nichts falsch gemacht. Schau mich nicht so an, als würde ich dich gleich in Stücke reißen, ich kann mit beherrschen“, wies er sie knurrend an.

So baumelte Lyn in der Luft und blickte auf den Vampir hinunter: „Aber wenn man etwas falsch macht, wird man doch bestraft! Und wenn jemand nicht zufrieden ist, hat man doch was falsch gemacht. Und du siehst nicht gerade zufrieden aus...“, versuchte sie ihre Angst zu rechtfertigen und war dabei gleichzeitig ängstlich und verzweifelt.

„Kleine, ist dir schon mal aufgefallen, dass ich nie zufrieden aussehe? Und was glaubst du, hast du denn falsch gemacht?“, erwiderte jener und verdrehte die Augen.

„N-nein...das ist mir noch nicht aufgefallen“, stotterte die Werwölfin fast schon ein wenig panisch und schluckte hart. „Ich weiß es nicht… Ich habe nur… Angst vor Strafen...“
 

Niv hatte sich inzwischen bereits in s Bett gelegt um Schlafen zu gehen. Der Besuch der Polizisten verwirrte ihn noch immer. Irgendwie war es für die Urzeit eine komische Umfrage gewesen. Die Blicke waren doch so eigentlich auch nicht normal, aber so oft unterhielt er sich ja auch nicht mit Polizisten. Vielleicht machten sie das so, und bis auf die vielen verschwundenen Leute, machte die Polizei der Stadt ihren Job ja auch gut. Sonst waren die Straßen sicher, aber diese Fälle und… Die Legenden über Vampire bereiteten Niv noch immer Bauchschmerzen.

Irgendwann schlief er jedoch auch ein. Aber ruhig waren seine Träume noch lange nicht. Immer wieder wälzte er sich von einer Seite auf die Anderen, begann zu schwitzen und unverständliche Hilferufe zu murmeln. In seinem Kopf verarbeitete er all das, was er gelesen hatte. Vampire jagten ihn und all die anderen Horrorgestalten tauchten in seinem Traum auf und wollten ihn umbringen. Bis er mit einem lauten Schrei hochschreckte und sich panisch ankam. Alles um ihn herum war dunkel, aber es war immer noch nur sein Zimmer und nichts hatte sich verändert.

Seufzend versuchte er seinen Atem zu beruhigen: „Ha...ha...Nur ein Traum, Niv... Das war nur ein Traum“, murmelte er zu sich selbst und presste eine Hand auf sein Herz. „Was für eine absurde Idee! Das ist Schwachsinn! Und das weißt du auch, Niv“, redete er auf sich selbst ein. Nach einiger Zeit war es dann auch so weit, morgen war Wochenende und er sollte jetzt schlafen. Es klappte auch wieder, auch wenn er sich noch immer wunderte. Der Traum war so real gewesen und all die Gerüchte über Vampire machten ihm Angst. Morgen sollte er wohl mal in die Stadtbibliothek gehen und nach weiteren Büchern suchen, vielleicht würde er ja noch etwas finden. Aber für heute legte er sich wieder hin und bemühte sich zurück in den Schlaf zu finden…

Das Suchen und Verfolgen

Kapitel 10: Das Suchen und Verfolgen
 

Cruor kam bei der Bibliothek an und schlenderte durch die einzelnen Reihen, um nach Büchern zu dem aktuellen Fall zu suchen. Er wusste, dass er so ein Buch schon einmal gesehen hatte, über besondere Phänomene bei der Verwandlung in einen Vampir. Über besondere Menschen und deren Blut. Er wollte jetzt einfach suchen und vielleicht etwas rausfinden, was seiner Herrin noch nicht bewusst war, auch wenn er sich sicher war, dass sie bereits alles wusste, so gewissenhaft, wie sie sonst mit den Regeln umging. Aber er wollte ihr helfen, und so wäre es auch ratsam, wenn er Bescheid wüsste, um die nächsten Schritte mitverfolgen zu können.

Dann fand er das Buch. Er zog es hervor und schlug es auf und merkte dann auf Grund all des Staubs, der ihm entgegen kam, dass es wohl lange nicht mehr angesehen worden war. Und als er das Kapitel über Albinos las, wurde er doch ein wenig blass. Es war so schlimm, wie er gefürchtet hatte; der Junge könnte bei der Verwandlung sterben und das wäre wohl noch das beste Ende. Denn wenn er sich in ein Monster verwandeln würde, würde der Rat der Vampire es mitbekommen und Fragen stellen. Das alles war ziemlich verzwickt, aber die Clanführerin hatte eine Entscheidung getroffen und die müsste auch er akzeptieren.

So stellte Cruor das Buch zurück und verwandelte sich wieder in einen Wolf, um so durch die Gänge zu spazieren, bis er zufällig vor Lyn Zimmer ankam und dort sie und Sirus erblickte. Erstaunt betrachtete er die Szene und lauschte von der Tür aus erst einmal.

„Warum sollte ich dich bestrafen?“, fragte Sirus ernst und streng, während er Lyn am Kragen gepackt hatte und über dem Boden festhielt.

„Ich weiß es doch nicht…“, murmelte Lyn geschockt und erblickte dann Cruor wie er dort stand. Sofort wurde Mädchen rot und starrte ihren heimlichen Schwarm an. Das Ganze war ihr mit einem Mal noch peinlicher und die Verzweiflung wurde noch ein wenig größer.

„Dummes Pelzvieh…“, murmelte Sirus genervt und ließ sie auch schon runter. Danach bemerkte er ihren Blick und drehte sich um. Ein leichtes Grinsen lag auf seinen Lippen. „Oh, der Schoßhund ist auch hier“, stellte er kühl fest.

Sofort verwandelte sich Cruor zurück und überging den bösen Kommentar einfach, wie er seine Freundin vorsichtig ansah. „Ist etwas geschehen? Tut dein Knöchel noch weh? Bitte Lyn so antworte doch!“

Geschockt starrte Lyn ihn an und da kam ihr vor Überraschung doch einen Träne über die Wange. Sie schluckte und zitterte leicht. „Nein… Meinem Knöchel geht es gut.“

„Was ist denn passiert? Oh Lyn, was ist bloß heute in dich gefahren?“, fragte Cruor besorgt und nahm sie vorsichtig in den Arm, in der Hoffnung ihr so ein bisschen mehr Halt geben zu können. Und ein wenig schien es zu helfen, denn sie drückte den Kopf an seine Brust und gab sich einen Moment den Tränen hin.

Währenddessen trat Sirus ein wenig abseits und betrachtete seinen Mantel noch ein wenig genauer, aber Lyn hatte das wirklich gut gemacht. Er war ordentlich wieder zusammen geflickt. Es wäre auch eine Tragödie, wenn er beschädigt wäre.

Cruor sah sich ein wenig um, versuchte dann aber seine Freundin zu beruhigen: „Alles wird gut. Ich bin ja nun hier. Was bedrückt deine Seele, Lyn?“, und dann wendete er sich auch schnell an Sirus, in der Hoffnung, er könnte ihm Auskunft erstatten, „Wärst du so freundlich mir zu sagen, weswegen Lyn so aufgelöst ist?“

„Weiß ich was in den Köpfen von euch Kötern vorgeht?“, knurrte der Vampir und schüttelte nur mürrisch den Kopf. Ihm hatte Lyn doch auch nicht gesagt, warum sie plötzlich so ausrastete? Sie hatte nur wie blöd gestottert, wie sollte er ihm also weiter helfen? Manchmal waren diese Werwölfe aber auch beschränkt, dachte er sich.

Gerade wollte sich der Werwolf verärgert zu einem Kommentar hinreißen lassen, da antwortete Lyn ganz leise: „Ich habe Angst etwas falsch gemacht zu haben.“

„Warum fürchtest du dich denn immer noch vor Fehlern? Wir alle hier wollen dir nichts Böses. Es ist alles gut, solange du bei Lady Necia bleibst“, redete Cruor noch einmal auf sie ein, in der Hoffnung, sie beruhigen zu können.

„Es tut mir leid…“, murmelte sie, während sie sich die Tränen wegwischte und blickte auch noch einmal zu dem verärgerten Sirus, der nun langsam zur Tür schritt, „Es tut mir wirklich leid!“

Dieser seufzte schwer und verdrehte die Augen: „Es ist alles in Ordnung!“, versicherte er ihn noch einmal ungehalten, „Tu nicht so, als wäre ich ein Monster, du räudiger Wolf.“

„Schon gut. Wenn es dir besser geht, dann ist auch für mich diese Nacht wieder schön. Vielleicht brauchst du einfach etwas Bewegung und Frischeluft? Aber vielleicht ist auch dein Nachtlager eine bessere Medizin für dich“, dachte der andere Wolf lieber laut darüber nach, wie er seiner Freundin helfen könnte.

„Sehr wohl, Sir... Und du willst mich wirklich nicht bestrafen?“, fragte Lyn immer noch ein wenig unsicher, wie sie sich ein wenig an Cruor klammerte und ängstlich zu dem Vampire an der Tür blickte.

„Zum letzten Mal: Nein, will ich nicht!“, sagte Sirus bestimmt und er wusste auch gar nicht, ob er zu seiner richtigen Bestrafung das Recht hatte, vielleicht zu etwas kleinen, aber er war immer noch auch nur ein Clanmitglied. „Und ich gehe jetzt!“, kündigte er an, denn länger konnte er sich diese Masche nicht mehr antun. So war er kurz darauf auch schon aus dem Zimmer der Werwölfin gegangen.

„Ich denke, es täte mir gut, ein bisschen an die frische Luft zu gehen“, meinte Lyn dann und atmete erleichtert aus, als der Vampir weg war. Aber noch immer war ihr Blick ein wenig hilflos, wie sie Cruor anblickte.

Dieser fragte auch gleich besorgt weiter nach: „Dann tu das ruhig. Möchtest du, dass dich jemand begleitet?“

„Ja“, sagte sie mit einem zögerlichen Lächeln und sah ihren Freund verlegen an, „Würdest du mitkommen?“

„Sicher. Wie du wünscht. Was möchtest du denn unternehmen?“, gab er etwas verwirrt zurück, aber dann bot er ihr doch mit seinem gewohnten Lächeln den Arm an, damit sie sich daran festhalten könnte.

„Einfach nur nach draußen“, gab Lyn die Antwort und war in diesem Moment doch einfach nur glücklich, dass sie ihm so nah sein konnte.

Und so führte Cruor das junge Mädchen an seinem Arm sicher in den Schlosshof, wos ei beide ein wenig kalte Nachtluft atmen konnten und er doch merkte, dass die Wölfin sich ein wenig entspannte. Auch ihm als mehr Tier als Mensch tat die Luft sehr gut, das spürte er in jeder Pore seines Körpers. „Sieh nur wie die Sterne heute Nacht schimmern, wie die Seelenfeuer unendlicher Generationen. Sie vertreiben die dunkelste Nacht“, erklärte er seiner Freundin lächelnd.

Gespannt lauschte Lyn ihm und wurde gleich ein wenig rot, wie sie verträumt seufzte: „Sprich weiter… Ich meine… Ich mag es wenn du so sprichst“, versuchte sie sich schnell rauszureden und das Herzklopfen leiser zu bekommen, aber es war so schwer, den eigenen Herzschlag zu kontrollieren.

„Gerne. Ich frage mich voran es liegt, dass nur die Frauen, Geschöpfe der vollkommenen Schönheit diese Art des Redens so begrüßen. Ich male gerne mit meinen Worten einen Hintergrund für das Kunstwerk, das eine schöne Frau doch in der Ewigkeit darstellt“, sprach Cruor da auch schon weiter und betrachtete Lyn.

Deren Lächeln wurde immer verlegener. „Aber diese Art von Sprachemit deiner Stimme ist einfach…“, sie suchte nach dem richtigen Wort aber sie konnte nur mit den Schultern zucken, weil ihr einfach nichts einfiel um das zu beschreiben.

Mit einem leichten Lächeln überging Cruor diese Sprachlosigkeit einfach und sah seine Freundin an. „War das genug frische Luft oder… soll ich dich noch ein bisschen über die Wiese jagen und wir schauen, dass dein Knöchel wieder verheilt.“ Werwölfe hatten nicht diese großartigen Regenerierungsfähigkeiten wie Vampire, aber in Gestalt eines Wolfes wurden ihre Wunden doch stetig und schnell geringer.

„Über die Wiese jagen?“, wiederholte Lyn verwirrt und doch auch neugierig.

„Ja? Warum denn nicht? Ich muss mich in deiner Gegenwart doch nicht an die Etikette halten, oder? Ich dachte es wäre mal ganz nett...schließlich gehören wir zum selben Rudel. Wenn du es schaffst mir zu entkommen, bin ich gerne gewillt dich als adlig an zuerkennen und in deiner Gegenwart die Etikette immer zu wahren. Oder ist es zu frevelhaft eine Dame zu so etwas aufzufordern?“, erwiderte der Mann gelassen.

„Ich bin doch schon längst keine Dame mehr. Und die Etikette?“, sie blickte ihn verwirrt an und schüttelte den Kopf, aber dann schlich sich auch ein Lächeln auf ihre Lippen, „Aber jag mich ruhig, wenn du willst. Bis jetzt war ich ja immer die Schnellste. Vielleicht finde ich in dir meinen Meister“, setzte sie hinzu und schüttelte doch ein wenig belustigt den Kopf. Es war schön zu sehen, dass ihr Freund nicht nur ernst sein konnte. Er hatte einfach so viele traumhafte Seiten…

Cruor sah sie leicht zweifelnd an: „Ich möchte gerne noch anmerken, dass ich dies alles nur mache, damit du Bewegung bekommst. Ich bin bereits vorhin zu Sport gekommen. Also gut, zeig mir deine Künste kleiner Wolf.“ Und kam hatte er geendet, verwandelte er sich auch schon in einen Wolf und knurrte sie herausfordernd an.

„Na dann werde ich mich wohl bedanken müssen, was?“, kicherte das Mädchen, bevor sie sich in einen Wolf verwandelte und sich dann auch so gleich auf den Weg machte, voraus zu rennen. Und tatsächlich mit jedem Schritt verging der Schmerz in ihrem Bein und sie wurde schneller.

Sehr zum Leidwesen des älteren Wolfes, denn sie bewegte sich wie ein junger Hase, was es schwerer machte zu folgen. Aber noch hatte er viel Kraft und konnte ihr folgen. Und dafür, dass die junge Wölfin lange nicht mehr gerannt war, war sie doch noch gut in Form. Aber viel wichtiger war, dass es ihr Spaß machte und sie immer wieder begeistert jaulte. Auch dem Anderen bereitete das Vergnügen, natürlich, er war ja noch immer ein Tier. Und so hetzte er immer wieder hinter ihr her und versuchte ihr den Weg abzuschneiden. Eine ganze Weile tollten sie so über die Wiese, bis Cruor merkte, dass er etwas tun müsse und zum Sprung ansetzte um seine Freundin so zu Boden zu reißen und dem Spiel ein Ende zu setzten.

Und so erschrocken umgerissen, jaulte die Wölfin noch einfach auf. Aber sie konnte den Schwung nutzen, so dass die beiden Tiere einen Moment über den Boden rollten, bis sie wieder aufspringen konnte. Noch einmal blickte sie zurück zu ihrem Freund, dann rannte sie ein weiteres Mal los.

Der Werwolf war verwundert über diese neue Kraft, die seine Freundin an den Tag legte. Es war wohl ihre Jugend, aber wenn sie noch weiter machen würde, würde er sicherlich nicht nachgeben, und so jagte er ihr noch einmal nach.

In dieser Zeit hatte Lyn schon so viel Vorsprung gewonnen, dass sie sich im Waldgebiet, dass an das Anwesen grenzte zwischen ein paar Büschen verstecken konnte und dort auf ihren Freund wartete und lauschte, ob er sich ihr schon näherte. Doch selbstverständlich konnte Cruor ihren Geruch aufnehmen und so brachte das Versteckten nicht viel. Mit einem amüsierten Grinsen hatte er sie balg gefunden und schlich sich von hinten an seine Freundin heran.

Lachend drehte diese sich um und verwandelte sich in einen Menschen: „Was meinst du: Hast du mich jetzt bekommen oder nicht?“

„Auf jeden Fall, meine Liebe!“, versicherte er ihr, als auch er sich zurück in einen Menschen verwandelt hatte. Und dann erkundigte er sich auch gleich, wie es ihr nach dieser sportlichen Aktivität ginge.

Gerade als das Mädchen antworten wollte, entdeckte sie etwas, dass sie schlucken ließ. Eine Naht an ihrer Hüfte war gerissen. Erschrocken zog sie daran um den Schaden genauer zu sichten und murmelte immer wieder Bekundungen ihrer Unzufriedenheit darüber, bis ihr auffiel, dass sie nicht allein war. Verlegen sah sie den Anderen an und seufzte leicht. „Tut mir leid Auf jeden Fall meine Liebe d… Ich spreche ab und zu mit mir selbst!“

„Das ist nicht schlimm“, meinte Cruor ruhig, aber wenn ihn das Verhalten doch stark verwunderte, aber es gab in dieser Welt so viele Sachen, die wohl eher neumodisch waren und die er dadurch nicht ganz verstand, so dass er es einfach lächelnd hinnahm. „Aber es ist schon kalt“, und so legte er ihr lieber seine Jacke über die Schultern, bevor er sich zum Gehen wandte. „Und ich sollte wieder ins Schloss. Bis bald, Lyn, es war sehr nett“, sagte er noch zu ihr und ging dann wieder zurück zum Schloss.
 

Seelaye durchsuchte einige Gänge und fand den Gesuchten einfach nicht. Seufzend schüttelte er den Kopf und dachte nach, wo denn der andere sein könnte, aber das war ihm schnell zu langweilig. „Firion! Tanz an! Wir brauchen mal deine Hilfe!“, schrie er dann lieber durchs ganze Haus, anstelle weiter darauf rumzudenken, wo sich der Vampir wohl aufhalten könnte. Doch Firion reagierte nicht. Und so musste der Bruder der Clanführerin weiter nachdenken. Es dauerte einen Moment, bis es ihm einleuchtete. Warum war er auch nicht gleich darauf gekommen? Leicht schlug er sich mit der Hand gegen die Stirn, bevor er zu Blanches Zimmer eilte und dort nur zur Höflichkeit anklopfte.

Doch schon bald öffnete er auch ungefragt die Tür und sah die beiden an. Sie saßen auf dem Bett der Tochter und unterhielten sich. „Guten Tag, Blanch. Du solltest vorsichtiger mit deinen Essgewohnheiten sein! Jetzt haben wir ein köstliches Problem…“, begann er einfach ungefragt und wendete sich dann an den Erwachsenen, „Firion! Schön dich zu sehen! Wir müssen los zu Necia, Sie brauch mal deine Hilfe!“ Und ohne weiter zu warten hatte er ihn auch schon am Arm gepackt und zog ihn aus dem Zimmer, so dass die kleine Prinzessin nur hinterher sehen konnte....

Firion seufzte leicht und ließ sich mitziehen. Er entschuldigte sich bei Blanch noch für die Aufregung und folgte Seelaye dann einfach wortlos. Man würde ihm schon erklären, was hier eigentlich vorging. Aber so bald war das noch nicht der Fall. Erst einmal waren sie in Necias Zimmer und da wiederholte Seelaye noch einmal, dass es Blanches Schuld war, dass sie jetzt ein Problem hätten, bei dem er helfen müsse.

Die Hausherrin kam ihnen auch schon entgegen, aber es dauerte noch einen Moment, bis Seelaye ihn dann auf seine ganz eigene Art und Weise aufklärte: „Wir haben ein kleines putziges Menschlein, das uns gefährlich wird, wenn es weiterhin ein Mensch bleibt...“

„Und was hat das mit Blanch zu tun?“, fragte Firion ruhig und setzte sich auf einen der Stühle und sah die beiden ruhig an. Aber wenn Necia wirklich seine Meinung dazu haben wollte, dann musste es ernst sein. Firion war Mitglied des Rates der Vampire. Ursprünglicher Weise hatten diese ihren eigenen Clan, Firion war eine Ausnahme, weil er sich diesem Clan angeschlossen hatte, aber seine Meinung war bei der Clanführerin sehr viel wert. Sie schätze ihn außerordentlich und eine lange Geschichte verband die Beiden. Immerhin war er Blanches Onkel, von dem sie nichts wissen durfte. Necia hatte seinen Bruder geheiratet für einige Jahrhunderte seine Frau gewesen…

„Der Typ ist misstrauisch geworden, weil unserer Mitschüler ständig umziehen und verschwinden“, meinte Seelaye ernst und seufzte leicht. Eigentlich war es ja seine Aufgabe zu verhindern, dass Blanch sich auf so viele Mitschüler und Lehrer tötet, das war der Grund, warum er sein Alter änderte und mit ihr in eine Klasse ging, aber oft war diese Mädchen einfach unberechenbar!

„Wo ist das Problem?“

Necia seufzte schwer und erklärte: „Wir wollen ihn teilen. Er hat gutes Blut“, als Firion noch immer nicht verstand, setzte sie noch weiter nach, „Er ist Albino und wir wollen ihn verwandeln.“

Augenblicklich fragte der Weißhaarige nach: „Dir sind die Risiken bei dem Blut eines Albinos bewusst?“, aber eigentlich kannte er die Antwort darauf, er kannte Necia immerhin gut genug, aber da war noch etwas. Seufzend sah er zu Seelaye: „Dir auch?“ Doch dieser zuckte mit den Schultern, sowie Firion befürchtet hatte. „Vampire, die schon vor ihrer Verwandlung schädliches Blut haben, weisen einige Besonderheiten auf. Der Rat der Vampire nennt eine davon 'Störung'. Noch nie davon gehört?“, fragte er mit noch etwas Hoffnung, aber die sollte zerschmettert werden.

Seelaye maulte ein wenig: „Ich war doch erst einmal bei euren blöden vertrockneten Leuten… Ich meine… bei einer Ratsversammlung…“

Daraufhin blickte Firion ein wenig geschockt: „Es ist deine Pflicht als Vampir über 1000 Jahren den Ratsversammlungen regelmäßig beizuwohnen! So oft sind die ja nun auch nicht!“, meinte er belehrend und wunderte sich doch, warum das noch nie jemandem aufgefallen war.

„Wann bin ich denn 1000 geworden?“, versuchte sich Seelaye zu wehren. Wer zählte denn noch Geburtstag wenn man so viele davon schon gehabt hatte? Necia und Firion anscheinend so wütend, wie sie ihn ansahen. „Ich habe da aber keine Lust drauf!“

Necia verdrehte die Augen: „Du bist 1152 Jahre alt. Und wenn du uns allen einen Gefallen tun willst, zähl ab jetzt selbst mit“, murmelte sie leicht angesäuert und blickte zu ihrem Berater, „Firion, erklär es ihm bitte, dann weiß es, auf was seine Schwester alles achten muss.“ Ihr Bruder wollte sich noch beschweren und er wollte anzweifeln, dass er schon so alt war, aber wirklich wehren konnte er sich nicht. Sie hatte eben Recht. Und dann begann Firion auch schon zu erzählen. Und Seelaye hatte ihm schon immer gerne beim Erzählen zugehört…

„In Ordnung; Störungen... Das bedeutet, dass der Junge plötzlich und unbegründete Zitteranfälle bekommen kann oder Zuckungen. Es gibt auch Fälle, in denen der Vampire gleich nach ihrer 'Geburt' Selbstmord begangen haben und das ist nur ein Teil von dem, was passieren kann. Und zu dem auch noch der Teil, der für uns keine Gefahren mit sich bringt. Es gibt viel auf das man achten muss.“

„Also einfach nur, dass dem Trottel nichts zustößt? Meinetwegen...“, fasste Seelaye in seinen eigenen Worten zusammen und seufzte genervt, „Aber ich spiel schon Kindermädchen für Blanch!“

Mit einem leichten Lächeln stimmte Firion ihm zu: „Ja, ihr müsst vorsichtig sein, aber normalerweise sollte das zu schaffen sein. Man muss nur ein Auge auf ihn haben.“

„Und da er mit Blanch und mir in eine Klasse geht; heißt ein Auge auf ihn haben: Seelaye, kümmere dich doch mal bitte um ihn!“, meinte der Bruder der Hausherrin genervt, aber diese unterbrach ihn auch schon mit etwas ganz anderem.

„Wir haben aber noch ein größeres Problem, falls du es nicht überhört hast, Firion; Wir wollen ihn teilen.“

Und da schüttelte Firion doch mit einem Mal den Kopf und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Nein, nein, nein. Bitte nicht!“, stöhnte er und seufzte schwer, „Necia, du weißt, dass ich das als Ratsmitglied nicht einmal wissen darf!“

„Ich weiß“, gab die Clanführerin zurück und schloss die Augen, „Und du weißt, dass ich dir ungemein vertraue.“

„Necia, wenn so etwas raus kommt. Das könnte dein Ende sein. Zumindest gesellschaftlich. Ist dir das bewusst?“, fragte der Weißhaarige ernst.

„Sei nicht so dramatisch und lass das meine Sorge sein“, gab sie kühl zurück.

Seelaye war der Ernst der Lage zur selben Zeit kein bisschen bewusst, eigentlich war ihm bei diesem Gespräch eher langweilig. Über solche Sachen wie Konsequenzen wollte er gar nicht nachdenken! Stattdessen freute er sich lieber über den Fakt, dass Firion im Rat saß, der ja –da er nie auf Versammlungen war – neu für ihn war. „Firion ist auch ein vertrockneter alter Vampir? Cool!“

Firion dagegen blieb ganz ruhig und musterte ihn: „Grünschnabel, ich glaube du hörst nie wirklich zu.“ Nach einem Überlegen seufzte er einfach sehr tief und ignorierte die Langeweile des Bruders einfach. „Der Vernunft zu liebe muss ich euch von eurem Vorhaben abraten. Aber Necia... Seelaye... Wir kennen uns zu lange, so dass ich weiß, dass es ist sinnlos“, erklärte er.

„Ja! Wir kennen uns zu lange, Firion! Viel zu lange! Ich mag dich trotzdem!“, bemerkte Seelaye mit einem albernen Kichern.

„Manchmal verhältst du dich wie ein pubertierendes Schulmädchen“, konterte das Ratsmitglied. Vielleicht lag es daran, dass der Andere zu viel mit eben diesen zusammen war. Wer wusste das schon. Aber dann musste er doch ein wenig lächeln. „Aber ich mag dich auch trotzdem.“

Lachend wurde Seelaye rot: „Hach… Sag doch so was nicht! Sonst denkt Necia nur sonst was!“, scherzte er und krümmte sich leicht vor dem lauten Lachen, bevor er sich wieder aufrichtete und zu Firion rüber sah. „Hast du mich immer noch lieb? Auf wenn ich so einen Unsinn rede?“, fragte er ein wenig ungläubig, aber auch mit Hoffnung.

Der Angesprochene schüttelte den Kopf: „Hast du jemals was Sinnvolles gesagt?“, fragte er und auf seine sonst so ernsten Lippen schlich sich ein Grinsen, „War nur ein Scherz. Aber vielleicht ist es besser, dass du dem hohen Rat nicht so oft begegnest“, stellte er dann fest.

„Bin ich dir etwa peinlich?“, fragte Seelaye gespielt enttäuscht.

„Natürlich nicht. Mir nicht. Aber bei dem diesem respektlosen Verhalten könntest du dir selbst viel Ärger einhandeln“, erklärte Firion mit ruhigem Lächeln.

„Das ist wunderbar!“, flötete Seelaye und fiel dem Anderen einen Moment um den Hals, „Sonst hätte ich dir ja aus dem Weg gehen müssen! Und das hätte ich nicht ertrage!“, scherzte er weiter und der Angesprochene wurde doch immer mehr verwirrter, von dem anhänglichen Verhalten des anderen. Das jedoch merkte der Dunkelhaarige und sah ihn ein wenig verlegen an. „Entschuldigung, wenn du ich dir zu nahe treten.“

„Ach das ist…“, murmelte Firion, doch das das sanfte, ausgeglichene Lächeln lag noch immer auf seinen Lippen, „Das ist vollkommen in Ordnung.“

Necia verdrehte die Augen: „Du bist viel zu nachlässig mit ihm!“ Aber sie sah auch, dass es hier keinen Sinn mehr hatte, ernsthaft weiter beraten zu wollen, nicht wenn Seelaye dabei war. Und wenigstens hatte sie Firions stilles Einvernehmen. Er würde ab jetzt nichts von dem Albino sehen dürfen, damit er sie nicht verraten würde, aber er würde das nun überhört haben und für sie ein Auge zudrücken und das war das Wichtigste. „Firion den Rest klären wir morgen. Auch über deine Reise. Oder hast du etwas rausgefunden, dass keinen Aufschub mehr duldet?“ Doch das wurde von ihrem Berater verneint. „Firion, sag mir bitte dass es bis zur nächsten Ratsversammlung noch dauert!“, hängte sie daraufhin noch einmal an.

Firion lächelte, wieder mit leichter Trauer, aber auch Ruhe in sich: „Ja, du hast noch Zeit.“ Und als Necia das dann absegnete einigten sich die beiden Herrn darauf die Clanführerin noch ein wenig mit ihren Gedanken allein zu lassen und selbst ihren Sachen nachgehen konnten…

Angst und Zweifel

Kapitel 11: Angst und Zweifel
 

Mit einem glücklichen Lächeln zog sich Lyn die Jacke ihres Freundes über, wie sie ihm noch eine ganze Weile hinterher sah. Ja, sie hatte das alles auch sehr nett gefunden. Mit ihm Zeit zu verbringen. Ihre Wangen glühten wieder ein wenig. Und noch immer lag ein fröhliches Lächeln auf ihren Lippen, als sie sich dann auch langsam auf den Weg zurück zum Schloss machte. Sie kam wieder zurück ins Schloss und wollte eigentlich wieder in ihr Zimmer, irgendwann müsste man die Schnitzerei ja fertig bekommen, aber als sie gerade losgehen wollte, erkannte sie einen anderen Vampir etwas ratlos im Haus stehen. Fröhlich ging sie auf ihn zu um ihn zu begrüßen. „Oh! Siska, kann ich behilflich sein?“, vielleicht würde es nach dem bisschen Sport heute ja doch noch etwas mit der Arbeit werden.

Doch der angesprochene Vampir mit den langen braunen Haaren begrüßte sie etwas ruppiger mit einer harten Aufforderung: „Schlaf mit mir!“

„Willst du… mich bestrafen?“, fragte Lyn erschrocken und wich einen Schritt zurück.

„Das war ein Spaß, aber ich komme gerne auf das Angebot zurück“, erwiderte er mit einem frechen Grinsen und beobachtete amüsiert wie sie seinem Blick auswich. Bevor er ihr die nächste Anweisung gab. „Hol mir einen Tee!“ Es war ihm egal, dass er auch nur Bediensteter im Schloss war, die Werwölfe standen noch immer unter ihm, immerhin war er ein Vampir, und dann sollten sie auch für ihn Arbeiten!

„Ja…“, murmelte Lyn kleinlaut und atmete tief durch um sich ein wenig mehr Mut zu holen, bevor sie ihn wieder anblickte. „Soll ich den Tee dann auf dein Zimmer bringen?“

„Natürlich!“, sagte er ernst und ging einfach weiter. Dann drehte er sich noch einmal um: „Ach so und mach den Tee nicht zu heiß, sonst landet der auf einer Stelle wo er nicht hingehört! Alles klar? Dann los!“, scheuchte er sich weiter und ging auf sein Zimmer.

Das Mädchen nickte sofort und verzog sich in die Küche um dort den Tee aufzusetzen. Sie kochte ihn richtig auf und wartete, bis er ein wenig abgekühlt war, bevor sie ihn in eine kleine Kanne füllte und diese mit einer Tasse zu dem Zimmer des Vampires trug und dort vorsichtig anklopfte.

„Komm rein!“, forderte Siska sie auch gleich kalt auf.

Noch immer trug sie ein Lächeln auf den Lippen, als sie hineintrat und das Tablett auf dem Schreibtisch abstellte, so dass sie ihm auch gleich etwas einschenken konnte. „Hier, der Tee.“ Dabei verschüttete sie ein paar Tropfen, sie war noch immer wacklig auf den Beinen und ein wenig zitterten ihre Hände. Aber sie versuchte das schnell zu überspielen: „Kann ich sonst noch behilflich sein?“

Einen langen Moment hatte Siska versucht sie einfach kalt zu ignorieren, aber nun blickte er auf und musterte sie noch einmal genauer. „Wenn du so fragst…“, murmelte er mit einem frechen Grinsen.

„Ja?“, fragte Lyn ein wenig ängstlich nach.

Und da trat er wieder dicht an sie heran und legte die Hände an ihre Taile und zog sie so ein wenig mehr an sich heran, worauf hin das Mädchen doch wieder Angst bekam und ihn aus großen Augen ansah. Irgendwo in ihr war die Befürchtung, dass er die Drohung von vorhin wahrmachen könnte. Und ohne eine weitere Vorwarnung legte Siska einfach seine Lippen auf ihre. Erschrocken riss Lyn die Augen auf, aber sie zu verstört um sich zu wehren. Der Vampir hielt sie auch so sehr fest, dass sie gar nicht weg könnte und er dachte noch gar nicht daran, von ihren Lippen abzulassen.

Irgendwann begann die Werwölfin das Ganze ein wenig zögerlich zu erwidern. Vielleicht war das ja seine Strafe und sie kannte es ja von ihrem vorherigen Herren so behandelt zu werden, wenn sie etwas falsch gemacht hatte…

Mit einem Grinsen löste Siska dann nach einiger Zeit den Kuss und blickte sie an. „Denk ja nicht, dass es eine Bestrafung war“, raunte er sie zu, immerhin wusste er ja, wie sie manchmal drauf war. Immerhin sprach sie ununterbrochen von so einem Zeug wie Strafen und dem ganzen Mist…

Und auch jetzt sah sie ihn aus großen, ängstlichen Augen an. „Nicht?“, fragte sie mit leicht zitternder Stimme nach und schien doch reichlich verwirrt, so wie ihre Augen hin und her tanzten, „Aber welchen anderen Grund solltest du sonst gehabthaben…“

„Einfach nur so!“, meinte er grimmig.

„E-einfach nur so?“, wiederholte sie stotternd und wurde dabei doch leicht rot, „Ist es normal das einfach nur so zu machen?“, harkte sie dann auch gleich nach und war doch sehr verwundert über all das.

„Man du stellst fragen. Ich hatte einfach Bock dich zu küssen, nichts weiter. Bild dir nichts drauf ein!“, fuhr er sich doch ein wenig wütend an und ließ sie los.

Doch das Mädchen war noch verwunderte: „Was darauf einbilden? Was sollte ich mir denn darauf einbilden?“, sie wusste in diesem Moment einfach überhaupt nicht, was der Mann jetzt auch noch von ihr wollte.

Siska wurde langsam immer genervter: „Geh einfach nicht und petze es deinem Freund, klar?“

„Freund?“, wiederholte Lyn geschockt und lief rot an, „Was für ein Freund? Ich meine… Wieso sollte ich einen Freund haben? Ein Freund? Nein, ich doch nicht… Immerhin. Er ist doch eh viel zu nett und kultiviert“, stotterte sie vor sich hin und schüttelte den Kopf, „Nein, ich habe keinen Freund! Nein, er… Nein, kein Freund!“

Skeptisch betrachtete der Vampir sie und schüttelte nur den Kopf: „Bist du nicht n Cruor verliebt?“

„Was? Wie kommst du darauf? Ja… Aber das bedeutet doch noch lange nicht… dass er… na ja… Mein Freund ist oder so“, stammelte das junge Mädchen weiterhin und wurde doch immer nervöser und auch verlegener, da er anscheinend ihr gut gehütetes Geheimnis kannte!

„Pass auf, wie du mit mir redest!“, fauchte er sie an und trat wieder ganz dicht an sie heran, „Langsam langweilst und nervst du mich nämlich!“, begann er auch gleich damit ihr zu drohen und hatte schon eine Hand zur Faust geballt. Augenblicklich begann Lyn sich zu entschuldigen und kniff zitternd die Augen zu, um nicht mitansehen zu müssen, was wahrscheinlich gleich auf sie zukommen würde. Da waren schon viel zu viele schlechte Erinnerungen in ihrem Kopf. Doch Siska stieß sie nur etwas unsanft von sich weg und wandte sich dann von ihr ab. „Verschwinde lieber, bevor ich mich vergesse!“, fauchte er und drehte sich zum Fenster. Der Blick auf den Nachthimmel beruhigte ihn.

„Ja… natürlich“, murmelte Lyn und wich zurück, immer näher an die Tür heran. Sie sollte jetzt einfach gehen und in diesem Moment wollte sie auch nichts lieber als das. Und so verabschiedete sie sich eilig und flüchtete aus dem Zimmer in ihres. Viel länger war auch Siska nicht dort, er verließ es um in die Stadt zu gehen und vielleicht noch ein paar Nachtschwärmer aufzugabeln…
 

Cruor tapste in Wolfgestalt durch die Gänge. Die Kraft regenerierte sich so viel schneller und das Rennen und Jagen hatte ihn doch sehr mitgenommen. So anstrengend hatte er ss nicht in Erinnerung, aber es war auch schon ein Weilchen her, dass er wirklich so durch die Gegend getobt war. Aber es hatte Spaß gemacht und ganz offensichtlich hatte es auch Lyn geholfen, also war alles wunderbar. Er lief ein wenig durch die Gänge um sich wieder Kraft zu holen und all das zu verarbeiten. Aber die Nacht hatte noch einige Stunden und Nachtwesen brauchten nun einmal nicht so viel Schlaf. Nach einiger Zeit kam er vor dem Zimmer seiner Herrin an und überlegte sich, ob er wohl noch einmal nach ihr sehen sollte. Was in der Zwischenzeit passiert wäre und wie es ihr ginge. Aber er wollte sie auch keinesfalls stören, wenn sie vielleicht bereits mit etwas anderem beschäftigt wäre, oder ihn nicht sehen wollte. So saß er einen Moment unschlüssig vor der Tür, bis Necia ihm die Entscheidung abnahm. Sie konnte ihn durch die Tür spüren und so rief sie ihn herein.

Sofort trat der Bedienstete wieder in Gestalt eines Menschen ein und betrachtete seine Herrin. „Wie ist Euer befinden, Milady? Mangelt es Euch an irgendetwas? Kann ich Euch etwas Gutes tun?“, fragte er sogleich, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Etwas langsam richtete sich seine Herrin von ihrem Bett auf.

„Ja, du hast ein gutes Timing…“, sie räusperte sich kurz, als sie bemerkte, mit wem sie hier sprach und grinste ihn an, „Ich meine, du kommst zur rechten Zeit. Also du sagtest, dass dein Herz nur für mich schlage, da hast du das auch genau so gemeint, oder?“

„Nur so, Milady. Meinen Mund verlässt in Eurer Gegenwart nur die Wahrheit. Mein Herz, mein Leben und alles, was damit verbunden ist, gehört Euch. Verfügt darüber, wie Ihr beliebt“, antwortete der Werwolf aufrichtig.

„Ich bin so erschöpft“, begann sie ruhig und winkte ihn nah an das Bett her. Als er dort so vor ihr stand, griff sie nach seinem Handgelenk und zog es nah an sich. Vorsichtig legte sie die Lippen auf seine Pulsader. Sie konnte das Blut darunter spüren. „Und ich habe Hunger“, hauchte sie auf seine warme Haut, ohne ihn anzusehen.

Einen Moment sah der Werwolf sie an und versuchte sich herauszureden: „Milady? Wenn Euch nach einer Mahlzeit gelüstet, so kann ich Euch jederzeit einen Menschen beschaffen.“

„Nein, es ist mehr ein Verlangen…“, murmelte die Schlossherrin und seufzte leicht, wie sie mit der Zunge über die Adern des Werwolfes leckte und spürte, wie dieser leicht erschauderte. „Ich muss schon den Albino teilen… Dann will ich mir diesen Tropfen nicht auch noch entgehen lassen“, fauchte sie leicht, wie sie die Zähne herausstreckte. Werwolfblut war noch ein wenig feiner als das eines Menschen mit besonderer Veranlagung. Nur Vampire, die bereits 1000 Jahre lebten konnten es gefahrlos trinken. Dafür war der Geschmack einzigartig und es stärkte ungemein. Und in diesem Moment brauchte die Clanführerin ein paar Tropfen davon. Cruor hatte es ihr immerhin indirekt angeboten, wenn doch sein Herz für sie schlug…

Der Diener schluckte leicht und nickte dann: „Wie Ihr wünscht, Milady. Auch mein Blut soll das Eurige sein, wenn Euch danach verlangt“, bestätigte er und schloss doch ein wenig unsicher die Augen.

Und daraufhin wartete Necia auch keinen Moment länger, bevor sie ihre Zähne in sein Fleisch drückte und das Blut herauszog. Es schmeckte noch genauso, wie sie es in Erinnerung hatte. Das sollte man öfter tun. Der Werwolf war leicht zusammengezuckt, aber er stand immer noch gerade vor ihr und wunderte sich über die neue Erfahrung. Sie wollte ihn ja nicht umbringen, nur ein wenig kosten und nachdem die Hausherrin genug von dem Blut genossen hatte, löste sie sich von dem inzwischen rot gewordenen Diener und leckte kurz über die Wunde, damit sie besser verheilen könnte. „Das war wirklich gut…“, murmelte sie und genoss die letzten Tropfen auf ihrer Zunge, bevor sie sich richtig aufrichtete.

„Freut mich... Dass ich Euch so gute Dienste leisten kann“, murmelte der Mann noch ein wenig verwundert, aber doch recht glücklich. Und dann verwandelte er sich lieber wieder in einen Wohl um seine Verlegenheit zu überspielen.

Lächelnd legte Necia ihm die Hand auf den Kopf und begann ihn zu kraulen, wie sie sich auch noch zu einem kleinen Danke durchrang. „Auf dich ist eben immer Verlass“, seufzte sie leicht.

Cruor verwandelte sich wieder in einen Menschen und blickte sie an. „Es erfüllt mich mit Freude, solch ein Lob von Euch zuhören. Sollte es Euch einst wieder nach meinem Blut verlangen, so zögert nicht, denn wisset: Es ist das Eurige“, versicherte er ihr mit einem Lächeln. Die Wunde hatte sich auch schon verschlossen. Sanft sah er seine zufriedene Herrin an. „Was gedenkt Ihr als nächstes zu tun, Milady?“

„Ich weiß es nicht…“, meinte die Hausherrin ruhig und legte dann die Arme um seinen Hals, um ihn so über sich zu ziehen und von unten zu ihm aufzustehen. Sie seufzte leicht. „Es ist schon spät.“

„Die Nacht ist verflogen, aber die Zeit verfliegt leider immer so schnell, wenn ich sie mit Euch verbringe“, stimmte der Mann ihr zu und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, während er sich fragte, ob es wohl in Ordnung wäre sie jetzt zu küssen. Denn die Verlockung war in diesem Moment so groß und dann schloss seine Herrin einfach die Augen. „Manchmal wünschte ich, ich könnte die Zeit aufhalten, denn es scheint mir, dass selbst die Ewigkeit nicht ausreichen würde, um genug Zeit mit Euch zu verbringen“ setzte er dann ruhig hinzu und legte die Arme um sie.

Necia öffnete die Augen und betrachtete ihn ein wenig und lächelt. „Das hast du schön gesagt“, murmelte sie und dachte einen Moment. „Cruor, bin ich zu weich geworden?“

„Zu weich, Milady? Eine so zarte Seel, wie die Eure ist nun mal nicht gewillt ständig hart und führend zu sein. Aber was meint Ihr genau, Herrin?“, fragte der Werwolf verwirrt.

„Ich bin in letzter Zeit weniger die Frau, die ich früher einmal war, oder?“, zweifelte die Clanführerin.

Noch immer war der Diener erstaunt. „Ihr seid in diesem Moment nicht mehr so kühl und unnahbar, wie damals...aber ich wüsste nicht, dass das eine negative Veränderung ist.“

„Ich weiß es nicht“, gestand die Herrin und seufzte, „Ich spüre nur die Bedenken und vor Blanch Geburtstag darf ich mir das nicht erlauben. Ich habe nur das Gefühl, dass ich unvorsichtig werde. Ich spüre, dass ich die Frau, die ich noch vor Jahren war, langsam verliere.“

Sofort sprang Cruor ein und sah sie erschrocken an. „Oh Milady! Diese Sorge ist unbegründet! In all den Jahren ist Eure Schönheit nicht im Mindesten geschmälert worden. Im Gegenteil, Ihr seid reifer geworden an Erfahrungen und Ihr habt immer noch dieselbe schöne Seele, wie damals. Ihr seid immer noch die Frau, die sich als mein lebenserrettender Schutzengel herausgestellt hat... Milady, Ihr seid immer noch die schönste Frau, die meine Augen je erblickt haben."

Necia schüttelte den Kopf: „So habe ich das nicht gemeint“, sagte sie nur ruhig und seufzte leicht, „Ich war so lange untätig. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin noch mehr tot als ich es ohne hin schon bin…“, sie lächelte leicht und schüttelte den Kopf. „Die ganze Sache mit dem Albino. Das fühlt sich auch nur so albern an. Aber vielleicht… Muss ich nur ein wenig härter durchgreifen“, überlegte sie laut. Hier konnte sie das, Cruor würde nichts sagen und ihm konnte sie voll und ganz vertrauen.

„Vielleicht solltet Ihr das, Milady“, stimmte er ihr zu.

„Aber du musst besser auf meine Tochter aufpassen. Ihr Geburtstag ist nicht mehr lange hin…“, murmelte sie nachdenklich.

„Was hat es mit ihrem Geburtstag auch sich, Herrin, dass ihr ihn so oft erwähnt?“

„Sie muss beschützt werden an diesem Tag. Das ist alles“, wehrte sie Herrin jedoch recht schnell wieder ab.

Rätselnd blickte der Werwolf sie an, dann nickte er: „Wie Ihr wünscht, Milady.“

„Du bist ein gutes Junge“, hauchte sie ihm entgegen und zog ihn dann zu sich, um ihre Lippen auf seine zu legen. In dem Moment war er unglaublich glücklich und ließ alles nur mit sich machen. Er erwiderte den Kuss so lange wie er dauerte, aber als sie sich wieder von ihm löste, wurde sein Blick wieder verlegen und seine Wangen rot. „Du wirst nervös…“, flüsterte Necia und zog ihn noch ein wenig dichter zu sich heran. „Was ist los?“, fragte sie, während sie ihm über die Wange streichelte, aber er verneint, er wusste es selbst nicht, aber er war nervös und wusste mit der Nähe, die er sich so sehr gewusst hatte, all die Jahre, nicht um zu gehen. Und die Herrin konnte nicht in seinen Gedanken lesen, so dass sie ihn einfach in einen weiteren Kuss zog.

Während Necia ihren Diener immer intensiver küsste und ihn mehr zu sich auf das Bett zog um ihn zu berühren, wunderte Cruor sich, ob all das so richtig war. Denn er kannte kein besseres Gefühl als das, das ihn in diesem Moment durchströmte und doch wusste er nicht, ob er das wirklich durfte. In seinem Stand und mit seiner Herkunft. Ob das wirklich so richtig war. Sein zögerliches Ergeben, fiel auch der Hausherrin auf, so dass sie ihn fragte, was denn mit ihm sein. Mit etwas Mühe versuchte er die wirren Gedanken in Worte zu fassen: „Milady, Ihr hinterlasst die süßeste Spur auf meinen Lippen... doch ich bin Eurer nicht wert, das ist mir bewusst. Ich möchte Euch nicht in die Gefahr begeben, dass ich dies eines Tages nicht mehr wahrhaben will. Ich möchte nicht anmaßend Euch gegenüber werden. Ich möchte, Euch nicht zu nahe treten.“

„Zu nahe treten?“, wiederholte Necia etwas kühler und seufzte leicht, „Warum versuchen wir nicht gerade einmal das?“

„Ich soll Euch zu muten mich zu erleben, wenn ich tiefen Wünschen und Gefühlen nachgebe?“, fragte er ein wenig schockiert, „Milady... Ich glaube nicht, dass ich diese Frage ein weiteres Mal stellen werde, darum bitte ich Euch inständig sie zu beantworten. Ihr seid Euch sicher, dass Ihr das wollt?“

Mit einem Grinsen sah sie ihn an: „Ich würde es dir ja fast befehlen“, meinte sie ernst und leckte sich über die Lippen…

Es bleibt in der Familie

Kapitel 12: Es bleibt in der Familie
 

In der Zwischenzeit hatte sich Seelaye einfach auf den Weg in die Bibliothek gemacht und sich dort an den Karmin gesetzt, der ihm auch gleich von ein paar Bediensteten angemacht wurde. Seufzend lehnte er sich in seinem Sessel zurück und griff nach dem Buch, das er letzte Nacht dort zurückgelassen hatte. Wenn man so viele Jahre Zeit hatte, konnte man so einiges schaffen, aber zum Glück gab es so viele Bücher, die einen unterhalten konnten und Seelaye hatte darin doch eine ganz gute Erfüllung gefunden.

Nach einiger Zeit betrat auch Firion die Bibliothek und war ein wenig erstaunt als er den Anderen dort in der Ecke beim Kamin sitzen sah. „Du liest?“, fragte er lächelnd als er auf ihn zuging.

„Oh Firion!“, rief Seelaye glücklich aus und hielt das Buch hoch, „Ein sehr interessantes Buch über die Arbeit, eines Menschenhändlers...Kann ich nur empfehlen!“, erklärte er begeistert und sah seinen Freund dann an, „Setzt dich doch zu mir.“

„Ein Roman also“, murmelte Firion mit sanftem Lächeln und setzte sich ihm dann gegenüber in einen Sessel.

Seelaye nickte fröhlich: „Was führt dich hierher? Sag nicht, du hast mich gesucht!“, sprach er dann auch gleich mit einem Scherz auf den Lippen.

„Ich muss zu meinem Bedauern zugeben; nein“, sagte Firion und lächelte ihn ruhig an, wie er doch wieder aufstand und zu einem der nahen Regal trat. „Ich suche ein bestimmtes Buch“, antwortete er ihm dann mit einem kurzen Blick über die Schulter.

Gespielt enttäuscht folgte der Bruder der Hausherrin ihm mit seinem Blick: „Du hättest sagen müssen, dass du Sehnsucht nach mir hattest!“, beschwerte er sich, „Keinen Sinn für Taktgefühl und Romantik“, meckerte er noch ein bisschen, bevor er seinen Ernst wiederfand. „Was für ein Buch suchst du denn?“

Die Antwort folgte schnell, so wie er auch schon das Buch in der Hand hatte: „Ein Buch über die Regeln des Rates. Für den Fall, dass ihr Schwierigkeiten bekommt.“ Doch als er sich wieder setzte, lächelte er Seelaye an: „Verzeih, aber es natürlich eine mehr als nur angenehme Nebenerscheinung, dass du auch hier bist.“

„Hach, danke!“, kam es sofort von dem anderen, auch wenn er einen Moment wirklich verlegen zur Seite sah, dann seufzte er: „Na dann schau, mal was passiert, wenn sie uns erwischen... Besuchst du dann mein Grab?“

„Über so etwas sollte man keine Witze machen. Ich habe schon Freunde so verloren. Nur damit du weißt, dass so etwas wirklich passieren kann. Aber ich besuche dann auch gerne dein Grab mit“, erwiderte Firion ernst und schüttelte leicht den Kopf.

In dem Moment sah Seelaye ihn schuldbewusst an. „Tut mir leid… Verzeihst du mir, ich wollte dir wirklich nicht zu nahe treten!“, sagte er schnell und seufzte.

Nachsichtig lächelte der Weißhaarige ihn an: „Kein Problem. Ich glaube sowieso nicht, dass es mit euch so weit kommen wird. Necia ist schlau und wenn, dann wird sie alles daran setzten, dich zu beschützen.“

„Na dann…“

Firion lächelte sachte und schlug sein Buch auf: „Manchmal könnte man auf die Idee kommen, dass du ein schlechter Bruder bist.“

Aber da wollte sich der andere strickt gegen wären: „Ich bin ein toller Bruder!“

Einen Augenblick lag war Firion ganz still und in seinem Blick lag etwas Trauer, dann nickte er. „Sicherlich. Ein besserer als ich.“

„Wie kommst du darauf? So ein wunderbarer Mensch wie du, kann doch unmöglich ein schlechter Bruder sein!“, erwiderte Seelaye und blickte ihn doch ein wenig neugierig an, bei diesem Geständnis.

Nachdem er tief durchatmete und sich einen Moment abgewendete hatte, um sich zu sammeln, sah er den Dunkelhaarigen an. „Es ist kein Geheimnis alle Vampire die auf der Ratsversammlung waren wissen es... aber auch sonst... Manchmal staune ich über deine Unwissenheit. Aber du weißt doch, dass Necia mit meinem Bruder verheiratet war“, begann er seine Erklärung.

„Klar weiß ich das! Weiß ja auch dass du Blanches zweiter Onkel bist! Ein Leidensgenosse sozusagen...“, fasste Seelaye lächelnd zusammen.

Das Ratsmitglied nickte und sprach weiter: „Als die Beiden sich getrennt haben, ging diese Gesichte vor den Rat der Vampire, in dem ich Mitglied bin. Ich bin mir nicht sicher, ob du weißt, wie es mit der Ehe zwischen Vampiren läuft. Die meisten schließen sich nicht aus den gleichen Gründen wie bei Menschen zusammen. Meistens geht es um Macht und so war es bei Necia auch. Dementsprechend hat auch eine Scheidung eine andere Bedeutung. Dabei geht es um noch mehr Macht und der Rat der Vampire entscheidet wer so zusagen die meiste Macht verdient hätte... Dazu kam auch noch, dass Necia und Atticus sich im Streit getrennt haben.

Habe ich das so verständlich erklärt?“, fragte er und sah ihn unsicher an.

„Komm! Auch pubertierende Schulmädchen haben manchmal was im Kopf!“, gab Seelaye mit einem Grinsen zurück.

„So habe ich das gar nicht gemein“, murmelte Firion und wurde ein wenig rot.

„Man, Firion, das war doch nur ein Spaß! Du weißt doch, was für einen Müll ich rede. Du darfst nicht alles ernst nehmen!“, lachte der Dunkelhaarige und stand auf, um auf ihn zuzugehen, „Warum bist du denn rot? Was ist denn los?“, fragte er und beugte sich ein wenig zu ihm runter, aber er bekam auch nach einiger Zeit keine vernünftige Antwort erhielt, setzte er sich wieder auf seinen Sessel. „Erzähl weiter.“

„Weißt du in solchen Fällen stimmt der Rat der Vampire zwischen den zwei Ehepartner ab und ich... habe für Necia gestimmt“, gestand der andere dann doch recht schnell.

Seelaye sah ihn ruhig an und seufzte leicht, wie er nur mit den Schultern zuckte. „Ach komm: Da darfst du dir doch keine Vorwürfe machen! Wenn du für ihn gestimmt hättest wärst du mit großer Sicherheit nicht hier...“, erklärte er und lächelte ihn an, „Und? Was ist darauf passiert?“

„Das ist wahr dann wäre ich nicht hier... Ich weiß auch warum ich das getan habe. Aber du willst wissen, was er darauf getan hat? Er hat mich verstoßen“, fasst Firion zusammen und seufzte leicht.

„Tut mir Leid... Jetzt bist du ja hier! Du hast ja jetzt uns! Und hier gehörst du hin! Wir geben dich auch nicht mehr her!“, sagte der Andere in seiner schnellen Art und lächelte ihn an.

„Deshalb musst du mich nicht bedauern, wirklich nicht. Ich entscheide bei so etwas was noch meinem Verstand und nicht nach meinem Herzen, und Fakt ist dass er nie eine Chance gegen Necia hatte... Aber danke. Das bedeutet mir wirklich etwas, dass du das sagst“, erklärte der Weißhaare und lächelte zum Schluss doch ein wenig verlegen.

„Scheint als würden pubertierende Schulmädchen auch mal ein blindes Korn finden!“, erwiderte Seelaye lachend.

Firion verdrehte die Augen: „Das mit dem Schulmädchen muss ich mir bis in die Ewigkeit anhören, oder?“

„Ja!“, sprach der Dunkelhaarige mit einem schelmischen Lächeln, „Und was soll dein kleines, dummes, pubertierendes und ständig Unsinn redendes Schulmädchen jetzt lesen?“, fragte er kichernd und befand seinen Sessel für zu unbequem, so dass er einfach mal auf den anderen wechselte. Oder genauer, auf Firions Schoß, immerhin sah dieser ja noch auf besagtem anderen Sessel.

„Keine Ahnung, du könntest dich ein bisschen mit Geschichte befassen“, schlug der Andere nach einiger Zeit des Nachdenkens dann doch ein wenig überfordert vor, wie Seelaye einfach auf ihm saß.

Sofort begann Seelaye an zu jammern und drückte seinen Kopf an Firions Schulter: „Das kannst du deinem Schulmädchen doch nicht antun... Das ist doch viel zu hoch für mich...“

Mit einem ruhigen Lächeln sah dieser ihn an und schüttelte einfach nur ein wenig nachdenklich den Kopf. Konnte man glauben, dass dieser Vampir schon so alt war, wenn er sich doch so kindisch verhielt? „Aber Schulmädchen wollen doch für gewöhnlich etwas lernen, oder?“

Der Sohn der Hausherrin schüttelte den Kopf und atmete tief durch, aber noch immer lag etwas Bockiges in seinen Augen, wie er erklärte: „Aber doch nicht für die Schule! Und ich muss ehrlich zugeben, dass ich Geschichte nicht leiden kann... Man zwingt mich doch schon hier zur Schule zu gehen. Aber das Fach ist so langweilig!“

„Du willst also nicht lernen? Böses Schulmädchen“, stellte Firion ruhig fest und seufzte dann noch einmal sehr schwer und nachdenklich, „Geschichte ist also langweilig, was bist du nur für ein Vampir?“, fragte er zweifelnd.

„Ich bin ein toller Vampir!“, wehrte sich Seelaye sofort leicht empört, auch wenn das durch das Kichern ein wenig an Kraft verlor, doch dann zählte er auch schon auf, um sich zu verteidigen, „Nett, intelligent, gut gebaut, hübsch! Und auch noch dein Schulmädchen...Dann kann ich ja nur toll sein!“

Doch Firions Zweifeln konnte man dennoch nicht überwinden. „Ich weiß nicht…“, murmelte er, „Das sind nicht unbedingt die Tugendenden, denen sich Vampire verschreiben. Falls du dich erinnerst“, er schüttelte den Kopf und legte dann das Buch zur Seite, „Vielleicht sollten wir mal an deinem Allgemeinwissen arbeiten.“ Und dabei war er nun auch komplett ernst, denn eigentlich war es in seinem Alter unverantwortlich, wie er rumlief. Doch viel wichtiger war es, dass er Zeit mit ihm verbringen wollte. „Wo glaubst du hast du die meisten Defizite?“
 

Flora war ein hübsches junges Mädchen. Und Blanches beste Freundin. In dieser Nacht kam sie von einem Mädelsabend zurück und war eigentlich nur ein wenig betrübt darüber, dass ihre beste Freundin hatte absagen müssen. Ihre Mutter hatte es ihr verboten, aber so waren Mütter manchmal! Überfürsorglich! Aber so war das manchmal. Ansonsten war der Abend wirklich schön gewesen und nun sollte sie bald nach Hause kommen, damit ihre eigene Mutter nicht wütend wurde. Doch damit wurde sie zu Siskas Ziel…

Dieser war auch auf dem Weg durch die Stadt und da kam ihm das junge Mädchen sehr gelegen. Er trat an sie heran und lächelte dunkel, wobei man seine Zähne schon erkennen konnte. „Guten Abend, junge Dame“, begrüßte er sie von der Seite.

„Huch!“, erstaunt drehte sich Flora zu ihm um, aber sie lächelte ihn höflich an. „Guten Abend“, sagte sie ein wenig unsicher.

„So spät noch unterwegs und das ganz alleine?“, fragte er leicht knurrend und starrte dabei die ganze Zeit nur ihren Hals an. Wenn er Hunger hatte, konnte er sich einfach nicht zurückhalten.

Das junge Mädchen zuckte sichtlich zurück und schluckt: „Ich… bin gerade auf dem Heimweg!“, erklärte sie schnell.

„Das ist aber sehr schade. Weil ich grade Hunger habe“, sagte Siska und griff auch schon nach ihrem Handgelenk, damit sie gar nicht entkommen konnte. Einen Moment lang versuchte sich das Mädchen noch zu wehren, aber es war nicht möglich. Sie war zu schwach, und auch ihr Schreien verklang schnell, als der Vampir die Zähne in ihren Hals schlug und das Blut aus ihren Adern zog. Das Mädchen zitterte und wurde immer schwächer, bis sie in seinen Armen das Bewusstsein verlor. Ein letztes Mal rief sie sogar nach ihrer besten Freundin, in der Hoffnung jemand könnte ihr helfen. Sie wusste nicht, was Blanch war, aber die Tochter der Schlossherrin hätte ihr helfen können… wäre sie da gewesen.

Doch allein der Name ließ den Vampir zurückschrecken, denn wenn das Mädchen Blanch kannte, dann dürfte er sie nicht töten. Er trank nur ein paar Schlucke von ihrem süßen Blut, bevor er sie einfach auf den Boden legte, ihre Wunden verschloss und sie dort ließ. Sie würde sich an nichts erinnern können, wenn sie in ein paar Stunden erwachte und er würde sich ein anderes Opfer noch suchen… Eins das nicht mit dieser kleinen Prinzessin befreundet war!
 

Ein wenig erstaunt und unsicher war Cruor noch immer, doch er würde niemals einen Befehl verweigern und etwas ausschlagen, was seine Herrin sich von ihm wünschte und so nickte er ergeben. „Wie ihr wünscht, Milady“, begann er leise, aber dann küsste er sie einfach. So leidenschaftlich, wie seine Erfahrung es ihm zugestand. Aber etwas ganz anderes war erstaunlich daran; es war das erste Mal, dass Cruor sie geküsst hatte und nicht umgekehrt. Es fühlte sich für ihn komisch an, so ungewohnt, eigentlich wollte er etwas sagen, ihr Komplimente machen, und diese gehastete Situation zurückhalten, doch ihre Blicke waren eindeutig. Sie lagen nun gemeinsam auf dem Bett und auch hinter diesem ergebenen Herz versteckte sich ein Mann. Und dieser begann nun seine Hände über den Körper des Familienoberhauptes wandern zu lassen.

Zwischen einigen Küssen unterbrach Cruor es jedoch doch und blickte seine Herrin an: „Ihr seid die schönste und bemerkenswerteste Frau, die mir in meinem langem Leben je begegnet ist. Und Ihr seid der vollkommene Inbegriff meines Lebens. Lady Necia, mein ganzer Körper brennt vor Liebe, Leidenschaft und Verlangen nach Euch“, versicherte er ihr und streichelte sanft über ihren Körper.

Necia schüttelte leicht den Kopf und blickte ihn an. Ihr gefielen die Worte, und doch zog sie ihn wieder dichter an sich ran. „Hör einfach auf zu reden und mach weiter!“

Einen Moment ließ sich der Diener einfach wieder in einen leidenschaftlichen Kuss ziehen, aber lange konnte er das nicht. Er hatte das Gefühl, dass eine fremde Kraft seinen Körper übernehmen würde und er hatte Angst dafür, was er tun könnte, wenn er so außer sich war. Schnell löste er den Kuss wieder und blickte seine Herrin mit tränenden Augen an: „Es tut mir Leid, Milady... Ich möchte Euch nicht verletzen, ich will nicht wie eine wilde Bestie über Euch herfallen und Euren für mich heiligen Körper entweihen.“ Er atmete tief durch und sammelte sich, während sie ihn nur zweifelnd und missmutig anblickte. „Bitte, ich reiße mir mein Herz heraus und zerfetze es, nur um Euch zu schützen. Wenn ich tun würde wie ich wollte ich würde…Ich darf nicht...“, stotterte er vor sich hin und warf den Kopf einige Male um zur Seite, bevor er seine Stimme wieder fand, „Ich darf Euch, Milady, nicht verletzen. Es würde mir das Herz endgültig zerstören, nie wieder könnte ich in Eure Nähe kommen. Ich lebe lieber mit dem Schmerz und dem brennenden unerhörten Verlangen, als Euch meiner Herrin Leid zuzufügen.“

„All diese großen Worte, du magst ein bedeutender Redner sein, aber“, sagte Necia vollkommen ruhig und schüttelte nur den Kopf, „Du bleibst ein Narr…“

„Ein Tor? Für wahr das bin ich wohl. Töricht vor liebe, und blind vor Angst. So hab ich Euch nun doch verärgert, Milady?“, harkte er sofort nach und blickte sie unsicher dann, denn ihr Blick war doch ein wenig finster geworden.

„Ich frage mich nur, wann du anfängst an dich zu denken und aufhörst mir zu behandeln, als wäre ich aus Glas“, meinte Necia noch ein wenig kühl.

Cruor schüttelt den Kopf und fand die Ansprüche seiner Herrin doch vollkommen unverständlich. „An mich Milady? Nein... In Eurer Gegenwart kann ich meine Sinne nicht auf mich lenken. Ich muss an Euer Wohl denken...Wieso? Aber Milady, ich bin doch nur am Leben dank Eurer Aufopferung. Was sollte mir entgehen? Was kann das Leben mir wohl bieten, wenn ich jetzt doch glücklich bin?“

Ein wenig zweifelnd sah Necia ihren Diener an und seufzte dann schwer: „Ich wusste dass du das sagen würdest“, merkte sie an und schüttelte leicht den Kopf, „Ich kenne dich viel zu lang und viel zu gut und nicht zu wissen, wie du reagierst.“ Und offensichtlich auch, dass er nie über seinen Schatten springen würde. Irgendwo doch der Schoßhund bleibend, den sie damals aufgenommen hatte.

Als könnte er Gedanken lesen sah Cruor sie an: „Sagt mir, bereut Ihr es, Milady? Bereut Ihr es, mich errettet zu haben?“, fragte er besorgt und ihm kamen fast die Tränen.

„Nein“, sagte sie klar und lächelte ihn an, „Ich habe es nicht eine Sekunde in all den Jahren bereut“, es war die Wahrheit und warum sollte sie ihn auch anlügen? Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, doch dann lenkte die Herrin auch wieder ein. „Aber ich denke, du solltest jetzt gehen.“

Einen Moment lang sah er sie an, dann nickte er und stand vorsichtig auf. „Das denke ich auch“, antwortete er und seufzte leicht, „Danke, Milady, für alles.“ Und dann war er auch schon auf dem Weg hinaus aus dem Zimmer in seine eigenen Gemächer um ein wenig über diesen ereignisreichen Tag und diese noch nicht beendete Nacht nachzudenken…
 

Mit einem leichten Kopf schütteln stieg Yves aus dem Wagen und folgte gemeinsam mit Caleb ihrer abenteuerlichen Freundin, die schon wieder über den Parkplatz tobte und die kalte Nachtluft in vollen Zügen genoss. Den Wagen hatte er abgeschlossen und nun holten sie ihre Freundin langsam an. „Aber die Karten hast schon, richtig?“, fragte er nach und sah sie skeptisch an.

„Das ist eine gute Frage“, schloss sich Caleb an und sie sahen ihre Freundin fragend an.

Einen Moment ließ diese sie zappeln, indem sie nicht antwortete und immer weiter voran auf das kleine Kino zu schritt. Mit einem Grinsen zog sie vor der Kasse die drei Karten hervor und zeigte sie dem Kassierer. „Hier, bitte sehr“, sagte sie lachend und drehte sich um, „Und als Begleitung nehme ich mit…“, kicherte sie und blickte sich ein wenig unter den vor dem Kino stehenden Leuten um.

Leicht genervt ging Yves an ihr vorbei und riss ihr eine Karte aus der Hand: „Lass den Mist“, knurrte er sie an und ging auch schon an ihr vor.

„Bleibt nur noch eine“, meinte Laila leicht enttäuscht und ließ ihren Blick schweifen, bevor sie das perfekte Hundegesicht ihres Freundes erblickte und ihm lachend die Karte zu warf. „Ist ja schon gut, lasst uns reingehen!“

Und genau das taten sie auch. Die Karten waren in der besten Reihe und der Film zum Totlachen, so unecht, wie die Werwölfe dargestellt waren, so unlogisch, wie das Blut durch die Gegend flog und dann auch noch die alberne Liebesgeschichte der Hauptfigur! So etwas konnten sich nur Menschen ausdenken, dass ein cooler Werwolf für eine Menschenfrau fallen würde und sein ganzes Leben aufgeben wollen würde um mit ihr zusammen sein zu wollen! Das alles zeigte doch nur, wie wenig Ahnung Menschen von den Geschöpfen der Nacht hatten. Sich so schnell und dann auch noch in einen Menschen verlieben war doch albern! Reine Wunschvorstellung der Menschen!

So lief es darauf hinaus, dass die drei echte Wölfe den Film über lachten und sie lustig machte, über das was da passierte und immer wieder schiefe Blicke kassierten, die sie aber kein bisschen interessierten. Nach dem Kino jagten sie noch ein wenig durch die Seitenstraßen und machten sich dann wieder auf den Weg nach Hause um Kraft für den nächsten Tag zu sammeln.

Der erste Vampir und sein Sohn

Kapitel 13: Der erste Vampir und sein Sohn
 

Ein wenig verlegen war der Bruder der Clanführerin auf diese Frage, was er wissen wollte schon. Ja, wo hatte er Nachhilfe nötig? Das war keine leichte Frage, denn wirklich viel hatte er sich mit seiner Rasse bis jetzt noch beschäftigt. „Wie wär es mit, dem Rat, die Vampire allgemein, der Stamm Homicida, Stämme allgemein…“, zählte er alles auf, was ihm so in den Sinn kam und blickte Firion dann ein wenig verwirrt an, „Gibt es noch ein Thema über das man was wissen könnte?“

Auf dessen Lippen lag ein Lächeln, wenn auch ein recht ernstes: „Du beschäftigst dich nicht wirklich viel mit deiner Herkunft oder? Es gibt da noch Regel, Gesetze, Anhörungen, Strafen, Ränge, Allgemein Aufteilungen, bedeutende Personen... und einiges mehr“, erklärte er ruhig.

„Es reicht mir, dass ich weiß, dass ich existiere. Hier im Schloss mit meiner Familie und meinen Freunden!“, meinte Seelaye und zuckte mit den Schultern, „Fang einfach an.“

Firion überlegte einen Moment und betrachtete seine Freund dann: „Deiner und Necias Vater war einer der ersten Vampire, hast du das gewusst“

Doch er erntete eher Erstaunen: „Echt? Cool. Wusste schon immer, dass mein Vater ein toller Hecht war... Sonst wär ich ja kaum auch so, was?“, sagte er lachend.

„So kann man es wohl auch sehen“, murmelte das Ratsmitglied und schüttelte sachte den Kopf, „Er ist auch der Gründer des Rates gewesen und somit sein ältestes Mitglied...“, erklärte er und lächelte ihn an, „Schau mal so spannend kann Geschichte sein!“

„Mit dir schon…“, murmelte Seelaye und lächelte ihn freundlich und ein wenig verlegen.

„Danke…“, Firion war es schon eine Spur mehr als er so angesprochen wurde. „Dein Vater verliebte sich eines Tages in eine Frau, deine und Necias Mutter. Als sie sich kennen lernten, wusste sie natürlich nicht, dass er ein Vampir war. Sie verliebten sich in einander und heirateten bald. Damals gab es noch keine Regeln für Vampire. Dein Vater hat sie nach seiner Erfahrungen dann erst später aufgestellt. Die Beiden waren ein Paar und bekamen ein Kind. Ich erkläre dir lieber, wie es sich mit Vampirkindern verhält. Sie erben die Form ihrer Mutter, das heißt Necia wurde als Mensch geboren. So wie du auch. Du warst eine ganze Zeit lang ein Mensch, wenn ich mich recht erinnere.“

Die gesamte Geschichte lang hatte Seelaye leicht an Firion gelehnt und ihm ruhig zugehört. Er wusste wirklich nicht viel über seine Familie und es war interessant, das alles nun zu hören. Seine Familiengeschichte war auch gleichzeitig die Entstehung der Vampire. Die Verbreitung. Mehr oder weniger, so wie er es verstand. Doch nun war er ein wenig schockiert: „Ich soll ein Mensch gewesen sein?“ Doch das Ratsmitglied machte das ganz deutlich, erstaunt darüber, dass Seelaye sich nicht daran erinnerte, aber es war lange her und die Kindheit war ein schwieriges Thema…

„Kurz nach deiner Geburt, Necia war ein Jahr, bekam eure Mutter die Wahrheit über euren Vater heraus. Daraufhin erzählte er ihr alles über Vampire. Und sie forderte deinen Vater auf der Stelle auf sie zu einem Vampir zu machen. Und dein Vater hat gehorcht“, sprach Firion weiter.

Erstaunt betrachtete Seelaye ihn: „Und was ist passiert, nachdem sie ein Vampir war?“

Firion atmete tief durch, bevor er ganz trocken antworten konnte: „Das erste was sie getan hat war ihre 1jährige Tochter zu beißen.“ Daraufhin stand noch mehr Schock im Gesicht des Bruders der Hausherrin, was beinahe ein kleines Schmunzeln auf die Lippen des Weißhaarigen brachte. „Könnte es sein, dass du tatsächliche eine Regel kennst?“

Ein wenig verwirrt drehte Seelaye sich nun auf seinem Platz zu Firion um und blickte ihm in die Augen: „Was? Wenn eine Regel besagt, nicht seine eigenen Kinder oder Kinder überhaupt zu beißen“, sagte er ein wenig unsicher und wurde dann rot, als er sich die Wahrheit eingestand, „Sonst eher nicht.“

Mit einem leichten Seufzend korrigierte Firion ihn: „Die Regel, die ich meinte, besagt, dass man keine Kinder unter 7 Jahren beißen darf, weil es sonst sehr gefährlich sein kann.“

„Du bist jetzt enttäuscht stimmt es?“, murmelte der Dunkelhaarige noch immer verlegen und ein wenig traurig, doch der Andere konnte ihn schnell beruhigen, so dass Seelaye lieber mit dem Thema ablenken wollte. „Für wen ist es gefährlich?“

„Für den, der gebissen wird“, meinte Firion ruhig und begann dann ohne dass er genau wusste warum Seelaye die Hand in den Nacken zu legen und ihn leicht zu streicheln. Dieser war ein wenig irritiert darüber, aber er lächelte und erkundigte sich, wie das Alles weiter gegangen war. „Necia hat nur knapp überlebt. Und dein Vater war sehr wütend und hat deiner Mutter verboten so etwas noch einmal zu tun, deshalb hat er dich dann vor ihr versteckt, damit er sicher sein konnte, dass du überlebst. Euer Vater gerne ein Vampir und selbstverständlich wollte er euch auch für die Ewigkeit bei sich haben. Aber er konnte spüren, dass es zu gefährlich war für einen so jungen Menschen. Und er wollte euch nicht verlieren“, berichtete Firion.

Gespannt hatte Seelaye zugehört und stockte leicht: „Also ich es meinem Vater zu verdanken, dass ich noch lebe? Vielleicht sollte ich mal mit ihm reden…“, stellte er fest und blickte zu seinem Freund, bevor er sich traute zögernd die nächste Frage zu stellen, „Hat er... hat er außer uns beiden noch andere Kinder?“

Doch das Ratsmitglied schüttelte den Kopf: „Nein, euer Vater hat keine weiteren Kinder. Ich glaube, seit diesem Vorfall hatte er auch keine Partnerin mehr. Wieso fragst du?“ Doch darauf wusste Seelaye, wenn er ehrlich war keine Antwort. Firion seufzte leicht und schüttelte den Kopf: „Du bist mir schon einer“, sagte er und daraufhin wurde der andere rot, was er aber vehement bestritt. So dass Firion irgendwann einfach das Thema damit wechselte, dass er weiter erzählte. „Er überlegte noch einen Moment, dann nahm er den Faden wieder auf: „Also dein Vater konnte deine Mutter zurückhalten, bis du siebzehn Jahre alt warst. Aber in der Zwischenzeit hatte deine Mutter noch einige andere Leute verwandelt.“

„Und dann?“

„Dann hat sie ihn überwältigt. Euren Vater bewusstlos geschlagen.

"Sie hat nach dir gesucht, schließlich war ihr Sohn ja noch ein Mensch... Aber sie fand dich nicht, denn Necia beschützte dich. Ich weiß nicht genau, was mit Necia passiert ist, aber sie hat sich ihrer Mutter so lange gestellt, bis euer Vater wieder zu Bewusstsein kam“, erzählte er einem erstaunten und auch ein wenig ängstlichen Seelaye, dessen Augen immer größer wurden, wie er seinen Freund so betrachtete und das alles zum ersten Mal hörte. „Soll ich weiter machen?“, fragte er fürsorglich, „Ich will dir nur erzählen, was du auch wissen willst.“

„Ich weiß nicht“, murmelte der Angesprochene, „Ist noch etwas Schlimmes passiert?“ Doch dann schüttelte er den Kopf. „Nein! Erzähl einfach weiter!“

„Wirst du etwa doch erwachsen und willst die Wahrheit wissen?“, neckte der Weißhaarige ihn dann ein wenig.

„Ich bin erwachsen!“, wehrte Seelaye sich und wurde dabei doch stark rot, wie er sich ein wenig wie ein kleines Kind auf Firions Schoß bewegte: „Anscheinend ja schon über 1000 Jahre alt!“, sagte er und sah dann mit einem Mal neugierig zu Firion, „Sag mal… Wie alt bist du eigentlich? Ich weiß es ist unhöflich dass zu fragen, aber ich interessiere mich eben für di- Es interessiert mich!“, sagte er verlegen.

Firion lächelte nur sanft: „Kein Problem“, erklärte er ruhig, „Ich bin 1173 Jahre alt.“

Und da bekam Seelaye große Augen: „Du bist ja älter als ich! Du Opa!“ Mit dem Lachen verlor er sogar beinahe das Gleichgewicht und drohte zu fallen, hätte Firion ihn nicht festgehalten. Und dann blickten die Beiden sich mit einem Mal in die Augen.

Der Dunkelhaarige lächelte. „Danke für das Halten“, sagte er noch immer ein wenig lächelnd.

„Keine Ursache“, scherzte Firion und sah ihn lächelnd an, „Wieder alles gut?“

„Ja, alles gut“, wiederholte der Bruder der Hausherrin ein wenig verlegen und spürte ein Kribbeln in seiner Magengegend, wie er in die Augen seines Freundes blickte.

„Dann ist jetzt alles in Ordnung?“, harkte Firion noch einmal nach.

„Ja…“ Und es verging eine Weile, in der die Beiden sich nur anstarrten und nichts passierte, außer ihren schneller schlagenden Herzen. Firion streichelte ihm irgendwann ein wenig durchs Haar, immerhin schien der Andere nervös. „Und was machen wir jetzt?“

„Woher soll ich das wissen?“, gab der Weißhaarige zurück.

„Äh…“, murmelte Seelaye verwirrt und schüttelte dann schnell den Kopf, um eben diesen wieder frei zu bekommen, die Situation war viel zu verfahren. „Es tut mir leid.“ Aber Firion erklärte ihm nur, dass er sich viel zu oft entschuldigte. Dann legte er vorsichtig die Arme auf Firions Schulter ab und sah ihn an. „Die Lehrer haben keinen Respekt vor den Schülern, heißt man muss sich immer entschuldigen“, versuchte er sich zu erklären.

Erstaunt sah jener ihn an: „Ich habe immer Respekt vor meinen Schülern.“

„Auch vor deinem kleinen, nervenden pubertierendem Schulmädchen?“

„Aber natürlich.“

„Schade.“

„Was daran ist jetzt schade?“, fragte Firion erstaunt.

„Weißt du, ich steh auf dominante Kerle die wissen, wie man mich unterwürfig bekommt“, kicherte er lauthals und verlor fast ein weiteres Mal das Gleichgewicht, als er Firions entsetzten Gesichtsausdruck sah, „Das war ein Scherz! Ich finde es schade, dass man dich mit dem Schulmädchen nicht mehr aufziehen kann...“

Erleichtert seufzte Firion und grinste dann auch leicht. „In Ordnung. Aber glaub mir bei ganz, ganz bösen Schülern kann ich anders. Ich habe schließlich früher Vampire unterrichtet.“

„Vampire? Cool! In solchen Fächern wie Mathe und so?“, fragte Seelaye aufgeregt.

Firion schüttelte leicht den Kopf: „Nein, ich habe sie eher auf ihre Prüfungen vorbereitet.“

„Prüfungen? Was für Prüfungen dann? Was für Prüfungen sind das denn überhaupt?“, fragte er dann mit einer Mischung aus Angst, denn er konnte Klausuren und so etwas einfach nicht ausstehen, und Neugier, als er den Anderen ansah.

Dieser als Mitglied des Rates war doch recht erstaunt darüber, dass er das nicht wusste, aber er hatte ja schon festgestellt, wie wenig Interesse der andere an seiner Herkunft hatte, als dachte er sich, er solle das nicht so weit hinterfragen. „Vampire unterscheiden drei Arten von Prüfungen. Fähigkeitsprüfungen, Strafprüfungen und Standprüfungen. Über welche möchtest du etwas erfahren?“

„Strafprüfung? Was soll das denn sein?“, fragte Seelaye ein wenig besorgt.

„Manchmal, wenn Vampire die Regeln brechen, entscheidet der Rat ihnen eine Prüfung aufzuerlegen. Bestehen sie, sei ihre Schuld beglichen, aber keine Narbe wird an ihrem Körper verheilen wie sonst. Bestehen sie nicht, ist das das Ende“, erklärte Firion auch gleich, wie aus einem Lexikon.

„Was?“, fragte Seelaye geschockt, „Musstest du...Musstest du auch mal eine machen?“, fragte er sofort besorgt.

„Ich musste noch keine machen, aber du kennst mindestens zwei, nein, drei Leute die das schon machen mussten“, erklärte Firion ihm ruhig „Du kannst ja mal raten.“

Es dauerte einen Moment, bevor sich der Bruder der Hausherrin traute seine Vermutung zu äußern: „Musste Necia schon eine machen?“, und er hielt in Form eines Nickens auch gleich die Antwort, die er nicht haben wollte, „Warum? Ich meine… Was ist denn passiert?“

Die Erklärung folgte schnell, denn Seelaye war bereits sehr aufgebraucht und geschockt, dass er davon nie etwas mitbekommen hatte und er konnte sich nicht vorstellen, was seine Schwester wohl getan hatte: „Necia wollte es dir damals nicht sagen, weil sie Angst hatte, was du von ihr denken würdest und sie wollte dich nicht belasten. Es ist eine lange Geschichte. Es war der erste wirkliche Streit, den sie damals mit meinem Bruder hatte, als sie verheiratet waren. Der Streit ist ausgeufert in einen Kampf, der gegen einige Regeln verstoßen hat. Kampftechniken, die wir niemals gegen unsere eigene Rasse richtigen dürften. Das ist wirklich so passiert. Deshalb wurde ihnen beiden eine Prüfung zur Strafe auferlegt.“

Noch immer geschockt konnte er das nun jedoch verstehen. „Ah… Okay. Und du sprachst von drei Leuten. Wer musste noch so etwas machen, den ich kenne?“

„Mein Bruder und Sirus“, erklärte Firion nach einer kurzen Zeit. „Wir können froh sein, dass du obwohl du keine Regeln kennst, nie welche brichst. Ich würde es nicht überstehen und mir auch nicht verzeihen können, wenn dir etwas passiert“, fügte er mit einem leicht verlegenen Lächeln hinzu, aber es war einfach so über seine Lippen gekommen und Seelaye sah ihn aus großen Augen und mit roten Wangen an, bevor er wieder versuchte abzulenken.

„Und was hat unser feiner Sirus gemacht?“

„Er hat ein ganzes Rudel Werwölfe ausgelöscht“, sprach Firion wieder etwas ruhiger.

Der Dunkelhaarige seufzte schwer: „Das hätte man sich denken können. Und dein Bruder hat dasselbe gemacht, wie Necia richtig?“

Firion nickte ruhig und seufzte: „Und ich kann dir sagen, sie haben beide bestanden und sind also noch am Leben.“

„Wie du sicher mitbekommen hast, Herr Lehrer, bekomme ich nicht so viel mit“, scherzte Seelaye und kicherte ein wenig. Und dann begann er leicht zu gähnen. Er blickte vorsichtig zu Fenster und seufzte. „Schau mal, die Sonne geht schon wieder auf. Jetzt habe ich dich die ganze Nacht wach gehalten“, murmelte er leise und kuschelte sich ein wenig an den Anderen heran, „Tut mir leid…“

Besonnen lächelte Firion ihn an: „Ja, wir scheinen lange hier gesessen zu haben und die Zeit vergessen zu haben. Schon in Ordnung, ich habe gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist. Aber vielleicht solltest du dich schlafen legen, wenn du müde bist.“

„Aber ich liege doch schon bequem…“, murmelte der Andere und kuschelte sich noch ein wenig mehr an den Älteren heran, was diesem ein weiteres Mal die Röte ins Gesicht trieb. Doch das Schauspiel war auch eigentlich ganz süß, wie der Dunkelhaarige so über ihm einschlief und irgendwann riss es dann auch Firion in den Schlaf, auch wenn der Morgen schon angebrochen war…
 

Doch noch einige Stunden, bevor der nächste Tag anbrach hatte Shiva, die junge Werwölfin, Hunger bekommen. Doch sie wartete bis es dunkel geworden war, ehe sie zur Jagd aufbrach. Ehe das sie im Wald angekommen war, verwandelte sie sich in einen Wolf. In Wolfsgestalt war sie ganz schwarz bis auf ihr linkes Ohr, welches weiß war. Das weiße Ohr hatte sie immer halb runterfallend. Sie tapste durch den großen Wald und schaute sich um. Auch wenn sie sich was in der Stadt kaufen konnte und als Mensch dort wohnte, bevorzugte sie die Jagd. Es war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen und so nahm sie Witterung auf und musste auch nicht lange warten, bis sie etwas fand. Eine kleine Rehgruppe befand sich in dem Wald. Sie ging näher heran und beobachtete diese Herde und sah ein verletztes Reh welches sie direkt ins Visier nahm.

Sie blieb erst einmal in Deckung bis sich eine Gelegenheit bot. Eine lange Zeit musste sie warten und die Gruppe beobachten, bis sie weiter zogen und das kranke Tier ein wenig abseits von den anderen War. Das war der Moment auf den sie gewartet hatte. Sofort sprang sie aus dem Gebüsch, in dem sie sich versteckt hatte, hervor und wollte das Tier anfallen. Doch dann bemerkte sie, dass es noch nicht vollkommen ausgewaschen war. Es handelte sich um ein Jungtier und mit dieser Erkenntnis blieb die Wölfin stehen. Sie konnte es einfach nicht. Nicht, wenn es noch ein Junges war. Einen Moment sah sie in die verängstigen Augen des Rehes, dann kehrte sie zurück ins Gebüsch und streifte weiter durch die Gegend, während sie sich überlegte, was sie nun tun wollte. Vielleicht fand sich ja noch ein anderes Tier hier…

Lyn sah zu dieser Zeit wieder auf der Fensterbank ihres Zimmers und war dabei die Schnitzerei endlich fertig zu stellen. Letztendlich war es irgendwie ein Herz geworden. Eigentlich hatte sie etwas nicht so simples im Kopf gehabt, aber nun war es so. Und es fehlte noch ein Name im Inneren. Seufzend ergab sie sich dem Gefühl und ritze den Namen ihres Schwarmes in das Herz aus Holz. Einen Moment starrte sie die Figur an. Dann ging alles schnell, sie riss das Fenster auf und warf sie weit nach draußen. Nur um es gleich darauf zu bereuen. Niedergeschlagen schüttelte sie den Kopf und stand auf. Vielleicht sollte sie noch etwas jagen gehen. Um sich Abzulenken, hier zu sitzen, würde auch nichts mehr bringen, beschloss sie für sich.

So stand sie auf und verließ ihr Zimmer. In Gestalt eines Wolfes schritt sie aus dem Schloss heraus, in den Wald, der zum Anwesend gehörte. Da konnte man ungestört jagen und sie fand auch recht schnell ein paar Hasen, die sie einen Moment jagte, bevor sie beide erlegte. Gerade als sie essen wollte, bemerkte sie auch eine andere Wölfin, die wohl auch die Hasen zum Ziel gehabt hatte und nun hungrig abziehen wollte. Erstaunt sah Lyn sie an und schob dann einen der Hasen zu ihr rüber, um ihn zu zeigen, dass sie ihn haben könnte.

Erst wollte Shiva ablehnen, doch etwas verlegen nahm sie das Geschenk dann doch an, als ihr Magen sie an das Vernünftige erinnerte und sie zu Essen begann. Und so saßen die beiden Wölfinnen einen Moment nebeneinander und rissen das Fleisch von den dünnen Knochen der toten Hasen. Immer wieder begutachteten sie einander, während des Essens und dann machte die Fremde den Anfang. Sie verwandelte sich in ein junges blondes Mädchen, das sich auch sogleich ein bisschen panisch den Staub von der Kleidung klopfte. Shiva blickte zu ihr auf als sie sich verwandelte und sie dann auch noch ansprach.

„Eine wundervolle Nacht. Darf ich erfahren, wie du heißt?“

Einen Moment lang weigerte sich die andere, sich zurückverwandeln. Sie wollte noch ein Wolf sein, aber dann war die Neugier zu groß und sie wollte mit der Anderen kommunizieren. So wurde auch sie wieder ein Mensch und lächelte sie freund sich an. „Shiva. Und du?“

„Mein Name ist Lyn, freut mich. Arbeitest du auch im Schloss? Du bist mir in meiner kurzen Zeit noch nicht aufgefallen...“, stellte die Andere sich vor.

Verwirrt sah Shiva sie an, doch dann wusste sie vorauf Lyn sie ansprach und schüttelte den Kopf. „Nein, ich arbeite dort nicht! Wieso? Arbeitest du dort?“

„Lady Necia war so nett und hat mich vor meinem alten Herrn gerettet und bei sich aufgenommen“, erklärte das junge Mädchen, der Fremden, wunderte sich dann jedoch auch gleich wieder über ihre Antwort, „Wenn du hier nicht arbeitest...Was machst du dann hier?“

„Na also: Ich jage hier! Naja und ich wohne etwas weiter weg von hier in einem kleinen Häuschen!“, meinte Shiva ruhig und bestimmt und lächelte sie energiegeladen an.

Verstehend nickte Lyn, doch dann seufzte sie. „Also mir ist es ziemlich egal. Ich kann teilen, aber“, begann sie zögerlich der Anderen die Lage zu erklären, „Ich glaube dieser Wald ist Privateigentum und gehört zum Schloss.“

Sofort sprang die fremde Wölfin ein und verteidigte sich stur: „Oh...Aber hier steht nichts! Und ich habe auch nichts von anderen Wölfen bemerkt!“, meinte sie ruhig und zuckte mit den Schultern.

Lyn war noch immer verwirrt, sie war sich ziemlich sicher, dass niemand unerlaubt das Anwesen betreten durfte und dazu gehörte nun einmal auch der Wald auf dieser Seite der Stand. Sie seufzte leicht. „Ich werde meiner Herrin Bescheid sagen, dass so etwas zu ergänzen wäre... Ich werde dafür sorgen, dass du hier weiterhin jagen kannst“, murmelte sie ein wenig unsicher und blickte die Andere an, „Du lebst also in der Stadt?“

„Es ist immerhin nicht mitten in der Stadt, nur muss ich dort mich anpassen um unter den Menschen leben zu können. Ich hab schon lange aufgehört in einem Rudel zu leben“, gab sie dann auch schon einen kleinen Einblick in ihre Geschichte.

Einen Moment überlegte die Blondine: „Also Rudel kann man meine Lebensweise auch nicht nennen. Wobei Cruor ja letztens meinte, dass wir in einem Rudel sind…“, murmelte sie und wurde bei dem letzten Gedanken leicht rot. Um davon abzulenken stellte sie auch gleich die nächste Frage: „Möchtest du mit reinkommen?“

„Wenn dein Herr nichts dagegen hat. Oder wie soll ich ihn betiteln?“, fragte sie ein wenig unschlüssig und auch der ganzen Idee abgeneigt, dass sie für jemanden arbeiteten. Doch Lyn schien nett zu sein. Deshalb setzte sie lächelnd noch nach: „Aber ich würde gerne mal sehen wo du wohnst.“

Ein wenig unsicher blickte Lyn sie an, bevor sie langsam in Richtung des Schlosses aufmachte: „Es ist eine Frau... Hast du etwas gegen Vampire?“

Shiva folgte ihr und sah sich ein wenig skeptisch um. „Na, solange sie sich ruhig verhalten...“, gab sie nur neutral zurück.

Erleichtert atmete Lyn durch: „Lady Necia ist nämlich ein Vampir. Und auch sonst leben in dem Schloss Homicida viele Vampire. Es gibt noch eine Handvoll Werwölfe, aber das sind eher die kleineren Angestellten“, erklärte sie ihrer neuen Freundin auf dem Weg, „Sie sind aber alle ganz nett...Nur zwei...sind irgendwie merkwürdig...“, sagte sie weiter mit einem leichten Seufzen, „Sirus ist irgendwie ständig unfreundlich. Ich glaube er hat etwas gegen Werwölfe, tut ihnen aber nichts. Und dann ist da noch Siska. Ich komme mit seinem Verhalten nicht ganz zurecht, fürchte ich. Er verwirrt mich“, gestand sie vollständig.

„Gut, ich werde es mir merken“, meinte die andere Wölfin ruhig, „Ich kann nur versuchen, deine Ratschläge zu befolgen, ansonsten musst du irgendwie dich einschalten“, fügte sie aber gleich noch hinzu.

Mit einem Lächeln versprach die Bedienstete des Schlosses ihr das und führte sie dann zum Anwesen. „Wenn ich vorstellen darf: Castle Homicida!“, sagte sie lachend und deutete auf das große Eingangstor.

(K)ein Engel – Hinter verschlossenen Türen ist es noch dunkler (Lyns Vergangenheit)

Kapitel 14: (K)ein Engel – Hinter verschlossenen Türen ist es noch dunkler

(Lyns Vergangenheit)
 

Im Jahre 1897 veröffentlichte ein irischer Autor einen Roman über dunkle Gestalten. revolutionär und noch Jahrhunderte später gefeiert, las man von dem dunklen Vampirgrafen. Als das Buch seine erste Erscheinung auf dem Markt tätigte, wusste Stocker nicht, dass gerade einmal 1300 Kilometer weiter im selben Moment ein Mädchen von Kreaturen überfallen worden, die er sich angeblich nur ausgedacht hatte…

Die damals fünfjährige Lyn war damals auf dem Heimweg. Sie wusste, dass sie nicht in den Wald gehen sollte, deshalb hielt sie sich am Waldrand auf. Doch auch das war ein diesem Tag nicht vorsichtig genug. Ein Wolf fiel sie an. Zuerst hatte das Kind keine Furcht vor dem Tier. Es kam ganz langsam auf sie zu. Mit einem Mal dann sprang es sie dann an und verwundete das Kind schwer. Die Kleine konnte sich nicht wehren und der Wolf riss ein Stück aus ihrer Schulter. Gerade als das Monstrum die Zähne in ihren Hals schlagen und ihre Kehle zerreißen wollte, ertönte ein Schuss. Danach ein weiterer und der Wolf sackte tot auf dem Mädchen zusammen. Lyns Vater war ihr zur Hilfe eilt. Er hievte den toten Körper von seiner Toter und trug sie so schnell wie es ging in ihr Haus. Zu früh, sonst hätte er gesehen, wie der tote Wolf sich nach seinem Abgang in einen Menschen zurückverwandelte.

Lyns Verletzung war schwer und ihre Behandlung sehr teuer. Viele Stunden musste ihr Vater dafür arbeiten und das Essen war in den folgenden Wochen knapp für die junge Familie. Aber dafür war ihre kleine Tochter gesund. Zumindest dachten sie das. Und Lyn dachte das auch. Doch es war kein normaler Wolf, dessen Angriff sie nur knapp überlebt hatte und Lyn war schon längst kein normales Mädchen mehr…

Jedoch zur Enthüllung dieses Geheimnisses sollte noch sechs Jahre ins Land ziehen, in denen Lyn bemerkte, dass sie anders war und versuchte all das zu verleugnen und zu verstecken. Das Gemüse, das ihre Mutter auf den Tisch brachte schmeckte ihr nicht mehr. Sie konnte es essen, aber es schmeckte nicht mehr zuvor. Anfangs dachte sie, es lag noch an den Geldproblemen, die die Familie seit ihrer Behandlung mit sich herumtrug. Sie redete sich ein, dass ihre Mutter ja nicht mehr hochwertiges Gemüse kaufen könnte und man nur warten müsste. Doch auch, als die Familie sich erholte, kam der Geschmack nicht zurück und der Rest schien es nicht zu bemerken. Deshalb schwieg Lyn. Sie hätte sich auch nie erlaubt ihre Frau Mutter zu kritisieren. Dagegen schmeckte das Fleisch ungewöhnlich gut. Sie war nie die große Fleischesserin gewesen und doch… Trotzdem waren ihr die Gewürze oft zu viel. Sie kratze sie eher von ihrem Fleisch um es dann zu essen. Und an einem dunklen Tag, ihre Mutter war bei einer Nachbarin, überkam das junge Mädchen der Hunger. Doch das Gemüse sprach sie nicht an. Wohl jedoch das Fleisch. Das rohe Fleisch, das ihre Mutter für das Abendessen rausgelegt hatte. Mit einem Mal roch es so gut. Und es sah so gut aus. Und im nächsten Moment wusste Lyn gar nicht, was sie getan hatte, aber das Fleisch war verschwunden…

Geschockt von sich selbst, schloss sich Lyn den ganzen Abend auf ihrem Zimmer ein. Aber sie konnte nicht leugnen, dass es ihr geschmeckt hatte. Das rohe Fleisch. Noch blutig. Unbehandelt. Sie wusste nicht, was vor sich ging. Und genauso ging es ihre Eltern, die nie herausfanden, wer das Essen gestohlen hatte, doch sie hatten ihre Vermutungen. Da ihre Tochter sich den restlichen Tag weinend in ihrem Zimmer einschloss vermuteten sie einen Einbruch. Die schreckliche Wahrheit konnten sie nicht ahnen.

Doch an Lyn trat eben diese immer näher heran, als noch weitere Symptome sichtbar wurden. Sie ertappte sich immer öfter wie sie kleine Tiere beobachtete und leicht zu knurren anfing. Sie rollte sich zum Schlafen zusammen und ihr Geruchssinn wurde immer besser. Manche Menschen rochen unglaublich unangenehm. Und allgemein fühlte sich mit der Zeit immer unwohler in unser den Menschen und in ihrer eigenen Haut. Sie versuchte sich einzureden, dass das das Wachstum wäre, dass es normal wäre und nichts dabei war, doch es fühlte sich komisch an. Immer merkwürdiger. Und es war nur normal, jeder Werwolf kannte das Gefühl, wenn er sich zu lange gegen seine eigene Form wehrte, dass er sich unwohl fühlte und krank wurde. Es war nicht natürlich sich gegen die Natur zu sträuben. Aber Lyn hatte Angst, vor dem, was vielleicht passieren könnte…

Es war ein Wunder, dass sie es schaffte, sich Jahre lang zu verleugnen und gegen die Verwandlung anzukämpfen. Selten, auch in späteren Zeiten sollte es einen Wolf geben, der es so lange aushielt, er selbst zu sein. Doch ihre Furcht und ihre Liebe zu ihrer Familie unterdrückten den Zauber. Es war nicht wie bei Vampiren, die vergingen, wenn sie so lange kein Blut tranken, ein Wolf konnte als Mensch überleben, solange er nichts tat, dass auch einen Menschen töten würde. Aber gesund war es nicht… Und eines Tages konnte Lyn es nicht kontrollieren. Sie wusste nicht, was es war, das in ihr zurückgehalten werden musste, doch an diesem Tag verlor sie die Kontrolle.

Mit ihrer Mutter war sie auf dem Markt unterwegs. All die Gerüche vermischten sich und verwirrten ihre Nase. Sie wusste nicht, wo sie zuerst hinsehen sollte, aber die Welt drehte sich mit einem Mal viel zu schnell um sie. Hilflos klammerte sie sich an dem Arm ihrer Mutter fest, um nicht umzukippen. Die Frau sprach sie an, doch Lyn konnte es nicht hören. Alles um sie herum verschwamm und auch die Worte verklangen, bevor sie ihre Ohren erreichen konnten. Alles bestand nur noch aus den Gerüchen, der Hitze und den verwirrten Gedanken in ihrem Kopf.

Hunger… Hunger… Viel zu lange hungrig…

Lyn konnte sich nicht an den Markplatz erinnern, als sie am Abend erwachte. Sie hatte keinen Menschen verletzt. Etwas viel Schlimmeres war passiert, als ihre Mutter sie von der Menge weggezogen hatte, damit sie sich im Schatten der Gasse ausruhen konnte. Da unbemerkt von allen, hatte Lyns wahre Gestalt die Kraft besessen, ihren Körper zu kontrollieren und das Selbst, das versucht hatte die Wahrheit zu verstecken, die es nicht einmal selbst gekannt hatte, hatte aufgegeben. Der Wolf war auf den Marktplatz gerannt und hatte ein paar der ausgestellten Hühner getötet und gefressen, bevor sie verscheucht davon lief und sie vor ihrem Heim wieder in ein junges Mädchen verwandelt hatte. An all das erinnerte sie sich nicht mehr, als sie aufwachte, doch es sollte auch von einem neuen Schock verdunkelt werden.

Als sie nach Stunden der Bewusstlosigkeit wieder die Augen aufriss, war eine Waffe auf sie gerichtet. Das Gewehr ihres Vaters und dieser sah sie aus einer Art Furcht und Wut an. Langsam baute sich die Welt um Lyn wieder auf. Sie hörte ihre Mutter weinen, während die Hände ihres Vaters um den Abzug immer mehr begannen zu schwitzen.

„Bring… es doch endlich zu Ende!“, kreischte ihre Mutter weinend, während Lyn nur mit großen Augen hin und her blickte. „Sie ist ein Monster! Unsere kleine Tochter ist ein Monster!“

Und in diesem Moment wünschte sich das junge Mädchen, dass ihr Vater einfach geschossen hätte, denn dieser Stich mitten ins Herz hatte viel mehr geschmerzt, als der Tod es wohl jemals könnte. Jedoch ihr Vater zögerte. Er blickte ihr in die Augen und er zögerte sie einfach zu erschießen. Lyn war noch jung, doch Angst und Instinkt redeten ihr doch die Flucht ein. Nun, wo sie die Wahl hatte, wollte sie nicht sterben. Ihre Hände zitterten, doch dann warf sie die Decke ihrem Vater entgegen und stürmte aus dem Haus hinaus in den Garten. Sie hörte die wütenden Stimmen ihrer Eltern. Und die Schreie…

Die Panik kroch immer mehr in ihr hoch, sie musste fliehen, aber sie war so schrecklich langsam. Da passierte es das erste Mal, dass sie auch spürte, wie sie sich verwandelte. Die menschliche Form von ihr abfiel und sie zu einem Wolf wurde. Gerade als sie sich wunderte und noch erschrockener sein wollte, ertönte ein Schuss und die panische Stimme ihrer Mutter.

„Sie ist unserer Tochter! Wenn sie etwas anstellt… Wir sind dafür verantwortlich, du musst sie töten!“

Lyn zögerte noch einen Moment, sie blickte auf ihre Familie zurück. Auf ihr Zuhause. Auf all das, was sie gehabt hatte, bevor sie alles verloren hatte. Das war jetzt. Und als der zweite Schuss ertönt, rannte sie davon. Hinein in den Wald, an dem damals alles begonnen hatte. An dessen Rand der Wolf sie gebissen hatte. Und dorthin rannte sie, in der Hoffnung dort zu überleben, doch ihr Vater folgte ihr. Noch mehr Schlüsse ertönten und Lyns Angst steigerte sich. Jaulend lief sie durch den Wald, ohne zu wissen wohin sie ging, wie genau sie diesen Körper unter Kontrolle hatte. Immer weiter… Bis sie an einen Fluss kam. Sie war so erschöpft, doch als sie sich zum Wasser hinabbeugte, erblickte sie ihr Spiegelbild und schreckte zurück. Sie war wirklich ein Wolf! Ein Monster! Und hinter ihr wurden die Schüsse immer lauter…

Verzweifelt wimmerte sie, als plötzlich jemand aus den Schatten hervor trat. Ein großer, braunhaariger Mann, in feiner Kleidung. Ernst blickte er sie an und musterte sie einen Moment. „Armer, kleiner Wolf…“, flüsterte er und beugte sich kurz herunter, um sie zu streicheln. Lyn war verwirrt, aber sie konnte sich auch nicht wehren, da hatte ihr Vater sie eingeholt und trat ebenfalls zwischen den Bäumen hervor.

Aus großen Augen blickte sie zu ihm hoch und er schien nicht zu wissen, auf wen er sein Gewehr denn richten sollte. Doch dann nahm der Fremde ihm die Entscheidung ab, indem er sich vor Lyn stellte, was das junge Mädchen noch weiter verwirrte.

„Gehen… Gehen Sie aus dem Weg! Ich muss… das Monster töten!“, brüllte Lyns Vater und versuchte wohl mit der lauten Stimme, sich auch selbst zu überzeugen.

Einen Moment wartete der fremde Mann und schüttelte den Kopf. „Sie wollen sie doch gar nicht töten“, meinte er mit kalter Stimme und trat einen Schritt auf ihn zu, „Im Gegenteil. Sie möchten jetzt gerne gehen und all das vergessen“, sprach er auf ihn ein und Lyn konnte nicht genau sehen, was dann passierte, aber ihr Vater ging davon… Er ließ sie einfach allein.

Und mit einem Mal ohne dass sie Kontrolle hatte, verwandelte sich Lyn zurück in das Mädchen das sie war. „Da…. Danke…“, murmelte sie und sah den Fremden aus großen Augen an, „Sie… Sie haben wir das Leben gerettet, Sir. Wie soll ich das je wieder gutmachen?“

„Nichts für ungut“, meinte er Mann ruhig, „Mein Name ist James Howland. Ich habe eine Villa, einige Meilen von hier. Du kannst gerne mitkommen und für mich arbeiten, wenn du das wieder gutmachen willst. Und dabei kann ich dir beibringen, wie du die Verwandlung kontrollierst.“

Das Mädchen war verwirrt, doch sie ging auf das Angebot ein. Sie hatte keinen anderen Ort, an den sie gehen könnte, sie hatte kein Ziel und sie wusste nicht was sie war und wie sie damit leben sollte. Doch der der Mann erschien ihr wie ein Engel. Er hatte ihr Leben gerettet und er wollte ihr helfen. Er würde ihr ein Zuhause geben, Essen, eine Aufgabe und ein Bett. Das war alles, was Lyn sich zum Existieren wünschte, bis sie herausfand, was sie eigentlich war und was sie wollte.

Was sie nicht wusste war, dass das niemals wahr werden würde. Dass ihre Vorstellungen nicht wahr waren und dass es in einer Zeit voller Monster keine Engel gab…
 

Vier Jahre vergingen, in denen Lyn von Sir Howland ausgebildet wurde und lernte, was es bedeutete ein Werwolf zu sein. Sie konnte ihre Verwandlung kontrollieren und sie verstand sich recht schnell darauf schnell zu rennen und zu jagen. Und sich so lange zu verstecken, daran hatte sie schon bald kein Interesse mehr. Es hatte sie ihre Familie gekostet und es schmerzte, aber sie konnte nicht ändern, was sie war. Irgendwann erreichte sie den Punkt, an dem sie das auch nicht mehr wollte. Sie war stolz darauf, was sie war. Und sie erledigte ihre Aufgabe in der Villa von Sir Howland gewissenhaft. Immerhin stand sie in seiner Schuld und war dankbar. Die ersten vier Jahre waren hart, sie hatte viel zu lernen, aber sie war fleißig und lernte schnell.

Danach verging die Zeit einfacher. Doch einige Jahre später fragte sie sich, ob sie ihre Schuld nicht irgendwann abgearbeitet hatte. Sie wollte etwas von der Welt sehen und nicht ewig im Keller des Anwesens damit verbringen die Wäsche des Hausherrn zu waschen…

Sie war schon lange Zeit bei ihm, als sie ihn eines Nachmittags um ein Gespräch bat. Sie hätte es nicht tun sollen. Erst recht nicht, weil sie in den Jahren von einem kleinen Mädchen zu einer hübschen, jungen Frau heran gewaschen war. Höflich erkundigte sie sich, ob sie jemals gehen dürfe und wie lange er sie hier behalten wollte.

Doch statt eine Antwort zu geben, wurde der Hausherr wütend und begann zu toben. Und mit jedem wütenden Wort von ihm wurde dem Mädchen bewusst, dass sie niemals gehen sollte. Er hatte sie gerettet und ihr geholfen, aber nicht, weil er eine nette Person hatte, sondern weil er in ihr eine gute Dienerin gesehen hatte, die er besitzen wollte. Lyn wusste auch nicht, wohin sie wollte, aber sie wollte ein bisschen Freiheit haben. Dieses Schloss einfach verlassen und etwas von der Welt sehen, die sich vor dem Fenster veränderte. Sie verstand zu spät, dass das niemals vorgesehen war und sie ihn niemals hätte fragen sollen. Es war nicht einmal fordernd gewesen, hätte er gesagt, dass er ihre Hilfe noch ein paar Jahre bräuchte, wäre sie diese Jahre geblieben.

Und doch war er so wütend gewesen, dass er sie für die Frechheit ohrfeigte, dass sie gehen wollten. Er schrie sie an, dass sie nicht gehen würde. So wie keiner seiner Bediensteten. Und Lyn verzweifelte leicht. In ihrer Verzweiflung kamen ihr die Tränen und das reizte ihn noch weiter. Sir Howland schlug noch einmal zu, aber in dieser ersten Nacht, in der sie sein wahres Gesicht sah, blieb es nicht dabei. Je panischer Lyn wurde, desto mehr sendete ihr Körper Fluchtsignale aus und das gefiel dem Hausherrn gar nicht. Er verlor in der Wut die Besinnung und schlug mehrfach auf sie ein.

Das junge Mädchen bekam von ihrer Umwelt kaum noch etwas damit, da kam er wieder zu Bewusstsein. Sie dachte, es würde sich dann bessern, aber es wurde nur noch schlimmer. Die folgenden Worte brannten sich in ihre Haut und sollten sie nie wieder verlassen. „Dafür, dass du mich so wütend gemacht hast, sollte ich dich bestrafen.“ Und das tat er auch. Er schleifte die junge Frau zu seinem Bett und warf sie darauf.

In diesem Moment wünschte sie sich, er hätte noch ein weiteres Mal zu geschlagen und ihr damit das Bewusstsein genommen. Aber das hatte er nicht getan. Vielleicht absichtlich, vielleicht nicht, aber es war nicht passiert. Blut tropfte aus ihrer Nase und von ihrer Unterlippen, wie er sie aufs Bett drückte und grob entkleidete. Der Stoff zerriss. Die Tränen liefen ihr das Gesicht hinunter, doch sie wusste genau, dass sie keine Chance hatte. Sie konnte sich nicht wehren, sie könnte nicht gewinnen, sie musste es einfach geschehen lassen. Ihre Strafe…

Ihr wurde bewusst, warum all die anderen Angst vor ihm hatten. Warum sie sie schief ansahen, wenn Lyn ihn als einen Helden und Engel beschrieb. Das war er nicht. Er war ein Monster. Ein Monster, das sie gerettet hatte, um sie zu missbrauchen. Die Berührungen brannten auf ihrer Haut, seine Geräusche stachen in ihren Ohren, aber irgendwann waren auch ihre Schreie verklungen. Es war einfach vorbei. Sie gab auf. Was sollte sie tun, was sollte sie sich wehren, wenn es doch nur noch mehr schmerzte… Das war ihre Strafe, dafür, dass sie vorlaut gewesen war. Aber das war noch lange nicht das Ende. Nachdem Howland mit ihr fertig war, verbrachte Lyn den Rest der Nacht in ihren zerrissenen Kleidern im Kerker. Schlaf fand sie nicht. Ihr gesamter Körper schmerzte und es war bitterlich kalt. Ihr Gesicht bettete sie irgendwann in einem kleinen See aus ihren Tränen und blickte aus dem Kellerfenster nach draußen. Sie sah die Sterne vorbeiziehen und fragte sich, was sie alles geben würde, um nur einmal frei zu sein…
 

Jahre später tat es noch mehr weh, aber Lyn hatte sich mit dem Schicksal abgefunden. Wenn sie einen Fehler machte, wurde sie von ihrem Herrn geschlagen, wenn es ein größerer Fehler war oder auch wenn er einfach nur Lust dazu hatte, wurde sie vergewaltigt. Und die meisten Nächte verbrachte sie in der kleinen Zelle des Kerkers, denn sonderlich geschickt war Lyn nicht mehr. Die Angst davor Fehler zu machen, ließ ihre Hände immer mehr zittern und ihre Fehler häuften sich. Sie wollte es nicht, sie wollte Sir Howland auch nicht verärgern, aber sie konnte nichts machen. Und mit der Zeit wurde das ungeschickte, junge Mädchen zum Lieblingsspielzeug des Hausherrn… Ihre Stimme verstummte immer mehr und unterdrückt und gedemütigt lebte sie von Tag zu Tag weiter und hoffte doch nur, einmal das Schloss verlassen zu können und sich wieder frei zu fühlen, doch mit der Zeit verschwand die Hoffnung auf diesen Traum immer mehr…

Über 100 Jahre war sie in dem Schloss dieses Herrn, als sich ein Gast angekündigt hatte, der Lyns Leben für immer verändern sollte. Und der Hausherr war aufgebracht.

„Nichts darf schief gehen! Wenn auch nur einer von euch einen Fehler macht, dann werdet ihr das für den Rest eures verdammten, wertlosen Lebens bereuen, habt ihr das verstanden?“, so endete seine lange Einweisung und Lyn bekam es mit der Angst zu tun, denn so wütend hatte sie Sir Howland noch nie gesehen. Aus irgendeinem Grund lag ihm unglaublich viel daran, dass dieser Besuch gut über die Bühne ging. Das junge Mädchen war aufgeregt, wer es wohl sein könnte und tatsächlich sollte sie die Person gut kennen lernen.

Als der Gast ankam, war noch dabei den Boden in der Eingangshalle zu schrubben. Sie waren offensichtlich zu früh da oder Howland hatte sich vertan, denn lange war sie noch nicht dabei, doch die beiden Personen nahmen kam Notiz von ihr und sprachen einfach weiter.

„Ihr habt Bedenken, Milady?“, fragte der Mann mit den grauen Haaren.

„Ich kann ihn nicht ausstehen. Er ist ein schrecklicher… Mann. Wenn man so sagen kann“, sagte die Frau mit einem kühlen Ton.

„Wie kommt das? Und warum beehren wir ihn dann mit unserer Anwesenheit?“

„Werwölfe, die Richtung dem Rudel vorziehen und ein hohes Ansehen bei Vampiren genießen, sind eigentlich immer Monster. Es bedeutet, dass sie ihren Ruhm auf Grund von Leichen ihrer eigenen Rasse aufgebaut habe. Ich verabscheue dieses Verhalten“, erklärte die Dame ruhig. Aus großen Augen starrte Lyn sie an. Ja, Sir Howland war ein Werwolf und doch kamen viele Vampire zu ihnen, um mit ihm zu Essen und über Geschäfte zu reden. Und die meisten blickte durch Lyn hindurch, selbst wenn sie schrie und wimmerte, sie wurde von ihnen ignoriert. Aber diese Frau schien anders, erstaunt blickte Lyn sie an, da drehte sie sich zu ihr um, und ihre kalten Augen sahen sie an. Sie sahen sie wirklich an, nicht durch sie hindurch. „Er hat lange Zeit Geschäfte mit Atticus geführt. Deshalb muss ich mit ihm reden“, sprach sie weiter und wandte den Blick wieder ab, „Aber ich kann ihn nicht ausstehen. Schleimiges Monster, Verräter an der eigenen Rasse…“

Lyn war sprachlos, hatte diese Dame ihn durchschaut? Aber Hoffnung gab es in ihrem Körper nicht mehr. Niedergeschlagen stand sie auf und räumte das Putzzeug weg um sich in der Küche zu melden. Das Essen war groß aufgefahren, es bestand aus mehreren Gängen und ausgerechnet Lyn war eingeteilt, das Essen auf den Tisch zu tragen. Ihre Hände zitterten und immer lag der strenge Blick ihres Herrn auf ihr. Nur die Beiden saßen, Sir Howland und Lady Necia. Auch der Bedienstete der Lady saß mit am Tisch, doch er selbst aß nichts. Lyn war mehr als nur nervös und doch überlebte sie die ersten vier Gänge, bis ihr die Hand ausrutschte. Nicht bei ihrem Herrn doch bei dem Gast, sie stieß gegen das Weinglas. Es zerbrach am Ende des Tisches und der restliche Wein tropfte auf Necias Kleid. Während die junge Werwölfin sich panisch entschuldigte und nach einer der Servierten greifen wollte – nicht ohne dabei selbst in die Scherben zu langen, begann Sir Howland sie anzuschreien.

Doch die Vampirin blickte sie nur ruhig an, während Lyn sich immer wieder entschuldigte und nur einmal zum Luft holen eine Pause machte. Ein leichtes Lächeln lag auf den roten Lippen der Herrin. „Es ist nur Stoff. Du bist verletzt. Lass das verbinden“, sagte sie ruhig und wandte sich wieder dem Essen zu. Lyn machte große Augen, doch während ihr Herr noch wütend war, nahm sie das als Entschuldigung um zu fliehen und verband sich in der Küche die Hand. Dort begann sie auch zu weinen und konnte gar nicht mehr zurück an den Tisch, so aufgelöst und verzweifelt war sie über den Vorfall. Es wurde erst besser, als sie einige Zeit später wieder die Stimme der Vampirin hörte.

„Ich sagte dir, er ist ein Verbrecher“, sprach sie ruhig, während sie mit ihrem Begleiter an der Küche vorbei schritt und Lyn blieb das Herz stehen. „Cholerischer, wahnsinniger Verbrecher.“

„Milady, mir ist es auch zuwider, wie er die junge Wölfin behandelt hat, aber wieso verleitete Euch das zu so einem Äger?“ Das war auch das, was Lyn so interessierte, denn bis jetzt hatte niemand von ihr Notiz nehmen wollen, auch wenn sie noch schlimmere Sachen als nur das Geschrei bemerkt hatten.

Die Antwort war erschreckend und verwirrend zu gleich. „Du hast nicht gesehen, was ich gesehen habe. Manchmal bist du mir viel zu unschuldig, Cruor. Du hast nicht gesehen, was ich in ihren Augen sah…“
 

Einige Stunden später wurde Lyn zu ihrem Herrn gerufen. Sie hatte Angst, denn sie wusste, was passieren würde. Es war mitten in der Nacht und es war ihr bewusst, dass er nur eines wollen konnte. Und sie war langsam an dem Punkt, an dem sie glaubte, er habe auch Recht dazu. Sie gehörte Bestraft. Sie hatte das Essen ruiniert. Für ihn und Sir Howland hatte sich viel davon versprochen. Mit gesenkten Kopf kam sie in sein Schlafzimmer und ließ sich von ihm zusammenschreien, was sie alles ruiniert hatte und dass nur sie Schuld war. Die Worte schmerzten noch immer. Der Teil der nach folgte war kaum noch schmerzhaft. Die Narben wurden immer tiefer, aber Lyn hatte sich daran gewöhnt. Noch immer hatte sie Angst, aber sie ertrug es. Still. Ohne Schreien. Schon seit Jahren schrie sie nicht mehr und ertrug es, wenn er sie zur Strafe vergewaltigte. Aber die Tränen hatte sie nicht ablegen können. In all den Jahren nicht. Es schmerzte körperlich vielleicht kaum noch, weil sie es kannte, aber was es mit ihrer Seele anstellte, daran konnte man sich nicht gewöhnen…

Noch gebrochener als zuvor, schlich sie aus dem Zimmer, als er fertig mit ihr war. Die Tränen liefen ihr über das Gesicht, ihr Körper zitterte und sie wollte nur noch in die Sterne blicken und hoffen, dass sie bald alles vergessen und verdrängen könnte, doch als sie aus dem Zimmer in den Flur trat, kam ihr jemand entgegen. Sonst war so spät niemand mehr unterwegs, die Wachen standen an ihrem Platz. Und noch merkwürdiger war die Person. „Lady… Lady Necia“, stotterte sie und bekam große Augen.

Die Frau blickte sie ruhig an und blieb vor ihr stehen. „Du weinst. Alles in Ordnung?“, fragte sie mit ruhiger, kühlen Stimme. Eifrig nickte das Mädchen, doch die Vampirin schüttelte den Kopf. „Nein… Ist es nicht“, und damit hatte sie Recht, einen langen Moment starrte die Frau sie an, dann nickte sie als hätte sie einen Entschluss gefasst. „Kannst du mir einen Gefallen tun, Kleine?“

Sofort nickte Lyn und blickte sie an. „Jeden, Milady.“

Necia musterte sie: „Wie ist dein Name?“

„Lyn… Lyn Sola…“

„Gut“, sagte sie ernst, „Lyn, hör mir gut zu. Was auch immer deine Befehle sind, du wirst jetzt auf dein Zimmer gehen oder wo immer deine persönlichen Sachen sind, und sie zusammenpacken. Du packst alles, was du behalten willst zusammen und schläfst. Und morgen früh nimmst du deine Sachen und triffst mich vor den Toren der Villa. Ich breche mit den ersten Sonnenstrahlen auf, sei pünktlich. Verstanden?“ Unsicher nickte sie, und dann war die Herrin auch schon an ihr vorbei getreten. Sie stand vor Sir Howlands Tür und klopfte. Und nach einer kurzen Zeit trat sie ein.

Lyn blickte ihr nach und verstand nicht, was die Frau um diese Zeit noch dort machte, aber dann erinnerte sie sich an ihre Worte und eilte zu dem Raum, wo die Angestellten ihre Kleider und anderen Sachen aufbewahren durften. Eine wirkliche Tasche hatte sie nie von ihrem Herrn bekommen, aber nach etwas Übung schaffte sie es alles sicher in ein großes Tuch zu wickeln. Es war auch nicht viel. Dann sollte sie sich schlafen legen, aber sie konnte nicht. Ständig fragte sie sich, was da passiert war. Was Lady Necia bei ihrem Herrn tat und ob sie ihr wirklich angeboten hatte, sie hier rauszuholen…

Schlafen tat Lyn in dieser Nacht nicht. Sie hatte Angst zu verschlafen. Am nächsten Morgen war sie als erstes vor den Toren, drückte ihr Bündel an sich und wartete darauf, dass sie Sonne endlich aufging, als auch schon der Wange, der Lady vorfuhr. Mit großen Augen sah Lyn den grimmigen Fahrer an, der dort stand und sie ebenso verwirrt ansah.

„Ist in Ordnung, Siska, sie gehört jetzt zur Familie“, erwiderte ein Stimme hinter Lyn und Necia trat an sie heran. Ihr anderer Bediensteter folgte mit den Koffern und nahm dann auch Lyn ihr Bündel ab um es im Wagen zu verstauen. Irritiert starrte das junge Mädchen sie an. Es war das erste Mal, dass sie wirklich das Gelände des Schlosses verlassen würde.

„Was…“, fragte sie zögerlich und sah die Lady an, „Bedeutet… ich gehöre zur Familie?“

Necia lächelte und schritt zum Wagen. „Ich habe gestern Abend mich lange mit Sir Howland…“, sie überlegte einen Moment, aber noch immer lag ein Lächeln auf ihren Lippen, „Unterhalten. Der Geschäfte wegen und am Ende sagte er zu mir, ich könnte alles von ihm mitnehmen, als Zeichen unserer Abmachung, was ich will. Und ich habe mich entschieden, dass ich dich mitnehmen will.“

„Warum?“, auch wenn sie sich schnell die Hände vor den Mund legte, war sie doch neugierig.

„Weißt du. Manchmal habe ich ein gutes Herz, Kleine“, erklärte die Vampirin ruhig, „Und jetzt steige ein, ich will nicht länger als nötig hier sein. Ich kann diesen Verbrecher nicht lange ausstehen.“

Und Lyn folgte ihr. Sie saßen in dem großen Wagen ihrer neuen Herrin und sie verließ endlich dieses Schloss, dass sie so gequält hatte. Lange blickte sie aus dem Fenster und sah zu, wie es immer kleiner wurde und schließlich verschwand. Sie war frei und sie würde in einem neuen Schloss leben dürfen. Auch mal die Mauern verlassen, spazieren gehen ein eignes Leben haben dürfen. Necia versprach ihr das alles und auch der andere Wolf begrüßte sie freundlich und erzählte ihr von dem Schoss, zu dem sie nun fuhren. Und es klang wirklich gut. Sie hatte die Hoffnung schon aufgeben und doch kam es zurück zu ihr. Ein neues Zuhause. Ein echtes Zuhause.

Trauer, Schmerz und Wölfe

Kapitel 15: Trauer, Schmerz und Wölfe
 

Doch etwas beeindruckt betrachtete Shiva das Schloss. Es war wirklich riesig und es sah sehr alt aus. Neugierig blickte sie zu ihrer neuen Bekanntschaft: „Und wie lange existiert dieses Anwesen schon?“ Lyn führte sie ins Schloss, aber eine Antwort darauf konnte sie ihr leider nicht geben, sie war ja selbst noch nicht lange hier. Shiva wollte sie auch ein wenig umgehen, als ein anderer Wolf auf sie zu kam und Lyn Bescheid sagte, dass sie unbedingt in die Küche mitkommen müsste. Irgendwas von Scherben und nicht beendeter Arbeit. Die junge Wölfin entschuldige sich bei ihrem Gast und sagte, sie könnte sich, wenn sie keinen Streit anfinge sicherlich schon einmal anschauen, sie käme später dazu und sie hoffte, dass es nicht lange dauern müsste. Und dann sputete Lyn sich in die Küche zu kommen. Immerhin war sie neu und wollte wohl die Arbeiten zuverlässig erfüllen.

So schritt Shiva alleine ein wenig durch die Gänge und betrachtete die Umgebung. Seufzend schüttelte sie den Kopf: „Widerlich dieser Vampirgestank…“

Doch dort in dem Gang, den sie gerade betreten hatte, lehnte jemand an der Wand und sah sie aus kalten Augen aus an. „Gestank? Das muss einer von deiner Sippe ja gerade sagen. Was macht denn noch einer von euch hier?“, fragte der Vampir kalt und zog die Augenbrauen hoch. Nein, das war kein Mitglied des Schlosses, die kannte er alle, und keiner würde sie respektlos sein.

Ein wenig verärgert drehte sie sich zu dem Fremden um und verdrehte die Augen. „Was heißt hier einer von deiner Sippe? Immerhin stinkt es hier nur nach Vampir und Blut!“, meinte sie ein wenig zickig, aber erinnerte sich wieder daran, dass sie keinen Streit anfangen sollte. „Und wer bist du?“

Mit einem finsteren Gesichtsausdruck trat er näher an sie heran und schüttelte den Kopf. „Was hat das kleine Wölflein denn gegen den Geruch von Blut?“, fragte er spottend und ignorierte die vorherige Frage einfach.

„Nichts!“, entgegnete sie stur und seufzte, wie sie die Arme vor der Brust verschränkte, „Also... Willst du mir jetzt deinen Namen verraten oder muss ich erst raten?“ Auch wenn ihr der Blutgeruch nicht sehr gut gefiel, es war kein Tierblut, sondern das von Menschen und dann auch noch der Geruch, den Vampire so an sich hatten, den sie gar nicht leiden konnte.

„Dafür, dass du ihr nicht hingehörst bist du ziemlich mutig“, stellte er ruhig fest und seufzte, „Mein Name ist Sirus und ich gebe dir ein paar Sekunden Zeit um mir zu sagen wer du bist und was du hier willst, andernfalls werfe ich dich raus!“

Ein wenig deprimiert und veralbert fühlte sich die Wölfin schon, als sie ihn so ansah. Natürlich lief sie in den Vampir hinein, der keine Werwölfe leiden konnte! Sie seufzte schwer, bevor sie in ihre Trotzhaltung zurück fand und ihm antwortete: „Man nennt mich Shiva. Und ich bin zu Besuch!“

Auf der anderen Seite konnte auch Sirus es einfach nicht fassen, dass ausgerechnet er sich immer um die Pelzviecher kümmern musste! „Ich wusste nicht, dass die Tore dieses Schosses streunenden Hunden offen stehen“, meinte er spottend.

Stark musste Shiva sich beherrschen um darüber nicht noch wütender zu werden und verdrehte nur stark die Augen. „Sag mal wieso lebt ein Vampir, der Werwölfe hasst, hier, obwohl du weißt, dass es hier ebenfalls auch Werwolfe gibt, wie Vampire?“, fragte sie ihn dann mit etwas Neugier.

„Sagen wir es so: Es gab damals wenig Raum für Entscheidungen. Ich schulde der Hausherrin mittlerweile sehr viel, deshalb bleibe ich. Ich konnte ja nicht ahnen, dass immer mehr von euch Pelzviechern herkommen. Und wenn ich du wäre, würde ich mich als Besucher nicht so aufführen, als ob du auch nur die kleinste Oberfläche dieses Clans verstanden hättest“, erklärte Sirus ernst.

Äußerlich blieb die junge Frau ruhig, doch innerlich kochte sie: „Du solltest auf deine Wortwahl achten, Blutsauger!“, warnte sie ihn und verdrehte die Augen, „Außerdem sollte es dich erleichtern dass ich nicht hier bleiben werde.“

Der Vampir lachte: „Oh ja, ich bin höchsterfreut, dass du irgendwann wieder verschwindest!“, meinte er dann schnell und musterte sie grinsend, „Aber du bist wirklich mutig.“ Auch wenn sie ihre Wut langsam nur noch schwer kontrollieren konnte.

„Nun kommt wohl daher, dass ich hier nicht als Dienerin arbeiten muss oder was weiß ich! Ich würde eher sagen dass sich einfach keiner traut sich gegen die Vampire hier zu stellen. Weshalb auch immer...“, meinte sie zickig und dachte an Lyn. Sie konnte nicht verstehen, was diese junge frau hier machte und warum sie wirklich für solche Leute arbeitete!

„Das meinte ich nicht, Wolfi...“, spottete er und sah sie ruhig an, „Und du hast da was falsch verstanden. Ich bin in der Theorie genauso ein Diener, wie die Werwölfe hier.“

„Ja, aber du gehörst nicht zur Rasse der Werwölfe also nehme ich an sie dich ebenfalls anders behandeln, da du wohl nicht sehr viel Wert auf meine Rasse legst!“, redete sie gleich auch ihn ein und versuchte dann irgendwie abzulenken, „Weißt du eigentlich wie lange dieses Anwesen schon existiert?“

„Ja, aber ich werde anderes behandelt, weil ich mir Respekt verdient habe, nicht weil ich ein Vampir bin!“, klärte er sie grob auf und seufzte leicht. Aber er entschied sich dazu, dass sie es nicht wert war und ging lieber auf ihre Frage ein. „Sicherlich 1000 Jahre. Aber ich bin mir nicht sicher.“

„Danke“, murmelte Shiva ein wenig ironisch und seufzte dann. „Ich brauche frische Luft…“, sagte sie dann und drehte wieder um, um einen Moment vor die Tür zu gehen. Sirus sah ihr nach und auch wenn er froh war, sie los zu werden, ging er ihr nach. Von einem Werwolf stehen gelassen zu werden, konnte er sich einfach auf sich sitzen lassen. Und wenn dieser Wolf noch so verrückt erschien. Und das wurde draußen auch nicht besser.

Nachdem sie ein wenig umhergesehen und die Nase in den nächtlichen Wind gehalten hatte, rannte sie los. Irgendwann kam sie auf eine kleine Lichtung, auf der ein großer Werwolf mit einem Kleineren kämpfte. Der Kampf war schon weit fortgeschritten und der Jüngere ganz eindeutig unterlegen. Schon bald verlor er die Kraft und verwandelte sich in einen kleinen Jungen zurück. Sofort verwandelte sich Shiva in einen Wolf und sprang schützend von den Schwächeren um diesen zu verteidigen. So wurde sie sogleich in den Kampf mit dem Anderen verwickelt, der nicht zurückstecken wollte.

Einige Zeit kämpfen die beiden mit einander und steckten immer wieder gegenseitig Bisse und Kratzwunden ein. Sirus war der Werwölfin inzwischen gefolgt, aber er beobachtete die ganze Szene. Sie sah nicht aus, als wolle sie Hilfe und wenn zwei Wölfe mit einander kämpfen war er sich auch nicht sicher, ob er überhaupt einer Seite helfen wollte. Irgendwann schaffte Shiva es dem anderen Wolf auf den Rücken zu springen und von dort die Zähne in dessen Nacken zu rammen. Er wehrte sich durch den Schmerz noch heftiger und schaffte es sie abzuschütteln, so dass sie gegen einen der Bäume flog, aber danach machte er keinen Schritt mehr. Er war tot.

Schnell lief sie zu dem kleinen Jungen und sah nach ihm, doch es war bereits vergeblich, er kühlte bereits ab. Sie war zu spät. Jaulend leckte sie über sein Gesicht und stellte sich schützend vor ihn.

Langsam trat der Vampir an sie heran. „Er ist tot“, meinte er ruhig, da sie ihn anblickte und anknurrte, als wolle sie ihn noch immer beschützen. Er verstand es nur schwer, sie griffen sich schon untereinander an. Kinder sogar. Das war schrecklich und die Wölfin schien noch mehr einen Dachschaden zu haben, als er gedacht hatte. Sie lag da halb auf der Leiche des Jungen und leckte das kalt werdende Blut von seinen Wunden. Das konnte doch nicht sein. Der Kleine war tot, aber noch immer knurrt sie und wollte ihn beschützen. Fast schon feindselig starrte sie Sirus an.

„Beruhig dich!“, fuhr Sirus sie an und blieb im sicheren Abstand stehen: „Was ist hier eigentlich los?“ Doch sie antwortete nicht, und versuchte immer wieder den Jungen zum Leben zu erwecken. Die hatte wirklich einen Schaden, so wie Sirus das Ganze betrachtete. Selbst er konnte mit einigen Metern Entfernung sehen, dass da alles vorbei war. Doch sie wollte wohl das Offensichtliche nicht einsehen.

Nachdem sie noch einige Zeit auch jaulend vor dem Jungen gekauert hatte, verwandelte sich auch Shiva zurück in einen Menschen und tastete ihn doch weiter ab. Von der Seite konnte Sirus es dann erkennen. Die unverkennbarer Ähnlichkeit der Fremden mit dem toten Jungen. Er schüttelte den Kopf, das konnte doch einfach nicht sein. Aber es war so, als sehe er seine eigene Vergangenheit noch einmal. Als Außenstehender.

Und während die Shiva und Sirus da standen, kam auch noch eine dritte Person zu ihnen. Er hatte sich schon schlafen gelegt, aber nach nur wenigen Zeit war er wieder erwacht. Cruor hatte das Fenster geöffnet und dabei sofort den Geruch war genommen, der in der Luft lag. Tod. Der Geruch war ganz deutlich, so dass es daraus schloss, dass es auf dem Gelände des Schlosses sein müsste. Und es war kein Mensch, der gestorben war. Er sah es als seine Pflicht nachzusehen und machte sich bald auf den Weg. Verwirrt kam er nach einiger Zeit auf der Lichtung an und sah sofort Sirus und die junge Frau. Die Beiden bemerkten ihn. Sirus reagierte gar nicht, aber Shiva sah ihn sofort drohend an und war bereit anzugreifen, sollte er feindlich gesinnt zu sein.

Also griff doch Sirus ein und seufzte: „Was willst du hier, Hundi?“, fragte er kalt.

„Ich hab das Blut gerochen und ich möchte helfen, auch wenn ich weiß, dass mir das nicht möglich sein wird“, erklärte der Werwolf sich und sah und roch die Leiche ganz deutlich.

Weinend saß die Wölfin neben ihrem Bruder und hielt den kalten Körper im Arm. Sie nahm nur kurz Notizen von Cruor und dass er nichts Böses wollte, dann wandte sie sich wieder der Leiche zu. „Es ist meine Schuld…“, murmelte sie immer wieder verzweifelt, „Meine Schuld…“ Lange hielt sie ihn einfach nur weinend im Arm, bevor sie ihn wieder sachte ablegte und aufblickte. „Wer bist du?“, fragte sie den anderen Wolf.

„Mein Name ist Cruor Dustcart. Es tut mir Leid, was hier geschehen ist, dir gebührt mein Mitgefühl“, stellte sich dieser gleich besorgt vor.

Mit einem Mal sprang Shiva auf und starrte ihn wütend an: „Wir sind Monster, ob Werwolf oder Vampir. Ich hätte ihn beschützen sollen! Was soll ich denn nun machen? Er wird nie wieder kommen! Nie wieder!“, brüllte sie den Beiden Männern in ihrer Verzweiflung entgegen und die Tränen rannte ihr über die Wangen hinab.

Einige Zeit lang hörte sich Sirus die Anschuldigungen an, dann trat er an sie heran. So wahnsinnig die Kleine auch war, das konnte er nicht mit anhören: „Ja. Du hättest ihn beschützen sollen. Und ich hätte sie auch beschützen sollen, aber Fakt ist, dass du ihn nicht getötet hast, und dass du alles versucht hast“, erklärte er ihr.

Auch Cruor wollte sie beruhigen: „Manche von uns sind das. Aber wir sind nicht alle Monster.“

Doch damit stieß er nur auf Empörung bei der aufgewühlten Wölfin: „Aber das hab ich nicht! Sonst wäre er erst gar nicht hier gewesen! Ich bin gerade auf einen anderen meiner Rasse ohne jedes Zögern losgegangen und habe diesen umgebracht! Da willst du mir weismachen, dass ich kein Monster bin?“, schrie sie die beiden wütend an.

„Du darfst auf das Hundi nicht hören, er will nur rechtfertigen, dass seine geliebte Herrin kein Monster ist!“, erklärte der Vampir verächtlich und sah sie dann zweifelnd an, „Warum sollte du daran Schuld tragen, dass der Wolf einen Unschuldigen angegriffen hat?“

Mit einem Mal wurde auch der sonst so ruhige Bedienstete lauter: „Zu dir, wer auch immer du sein magst: Du hättest diesen Tod doch auch gerächt, wenn du ein gewöhnlicher Mensch gewesen wärest, du hättest genauso gehandelt! Und zu Euch: Lady Necia hat nichts hiermit zu tun! Ich muss sie nicht vor einem Vampir wie dir rechtfertigen! Du weißt, was sie für dich und mich getan hat also besinne dich und zieh sie nicht in diese Angelegenheit hinein!“

„Weißt du wie sich so etwas anfühlt?“, fragte Shiva Cruor ruhig und seufzte schwer, „Das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Tatsache ist dass ich ihn hätte es besser machen müssen“, murmelte sie und ließ den Blick senken.

„Entschuldigung, Hund. Ist nur schwer zu glauben, dass du mal nicht an Necia denkst. Das war nicht respektlos gemeint. Wir sind alle Monster, aber auch nicht weniger als die Menschen“, erklärte Sirus kalt und sah zu der jungen Wölfin, „Und du: Ich sage das nur noch einmal, ich weiß, wie du dich fühlst. Mach dir einfach nicht dein Leben kaputt. Du hast alles versucht, aber jetzt ist das Vergangenheit.“ Er war kalt, aber er wusste genau, wie leer sie sich fühlen musste. Aber er war auch nicht geschont worden.

"Sirus! Dies ist nicht der recht Zeitpunkt über meine Gefühle zu sinnieren und ob du es glaubst oder nicht: Nein. Nein, ich habe nicht an Lady Necia gedacht. Nicht einen Gedanken hab ich an sie verschwendet, seit ich auf die Lichtung getreten bin“, erklärte Cruor ehrlich, aber noch immer etwas wütend, „Und zu dir du Namenlose... Diese Art der Trauer kenne ich vermutlich nicht, doch mir ist etwas Ähnliches wiederfahren. Ich hätte doch nichts dagegen tun können, denn gegen Krankheiten vermag ich nicht zu kämpfen. So konnte ich mein Schwesterlein nicht retten. Es schmerz. Das weiß ich...“, seine Stimme wurde noch etwas ruhiger.

„Also wisst ihr beide irgendwie wie ich mich fühle!“, stellte die Werwölfin nach etwas nachdenken fest. „Dann hört auf mir etwas zu sagen, was ich eh niemals akzeptieren werde!“, legte sie doch stur fest, „Oder sagt ihr euch nicht ,es ist eure schuld oder ihr hättet etwas besser machen können?“, fragte sie etwas erbost, doch kaum dass es ihren Mund verlassen hatte, tat es ihr auch schon leid und sie entschuldigte sich halbherzig bei den anderen Beiden.

Bestimmt blickte der Vampir in Cruors Richtung: „Ist ja schon gut, tut mir leid!“, bevor er dann Shiva anblickte und tief durchatmete. „Ich hätte es nicht besser machen können. Ich habe in dem Kampf meine ganze Kraft verloren, ich habe alles versucht, ich hätte jeden Teil meiner Seele geopfert. Aber es hat nicht funktioniert und es sollte nicht sein. Also weiß ich nicht, wie es meine Schuld sein könnte. Vielleicht ist es das. Aber wenn ich mir einrede, dass ich es hätte anders machen können und dass ich etwas falsch gemacht habe. Dann würde sie das niemals zurückholen. Also was bringt es mir? Das ist das, was ich aus dem Tag gelernt habe. Es hat Jahre und Schmerzen gedauert. Vielleicht hilft es dir...“

„Es ist lange her, dass ich an sie gedacht habe. Ich war noch ein Mensch. Der schwarze Tot wütete durch meine Heimat und streckte seine kalten Finger nach ihr aus. Ich... Ich war selbst noch ein Kind, habe versucht sie zu retten, doch. Wie hätte ich? Ich habe Wochen lang zusehen müssen, wie sie dahin siechte und ich konnte nicht mal etwas versuchen. Doch vermutlich ist es das, was mich vor der Trauer bewahrt...“, erzählte der Diener der Hausherrin traurig, „Ich weiß, dass dies alles nur leere Worte in deinen Ohren sein mögen doch, sei gewiss, sie sind trotz allem gut gemeint...“, sprach er zu der Fremden, deren Tränen langsam trockneten.

„Shiva!“, sagte die Fremde dann bestimmt, „Mein Name ist Shiva! Und ich verstehe, dass ihr versucht zu helfen, aber ich denke eine Weile lang werde ich diesen Glauben haben, dass ich schuld habe...“, versuchte sie ihre Gefühle zu beschreiben, „Es ist einfach alles zu viel, als das ich irgendetwas anderes denken könnte.“ Traurig blickte sie die Beiden an, aber dann zwang sie sich zu einem Lächeln.

Sirus zuckte nur mit den Schultern: „Mach, was du meinst. Es ist deine Sache.“

„Wie Sie meinen, Lady Shiva. Soll ich helfen den Jungen von hier fot zu schaffen? Sie sind sicherlich auch im Hause Homicida willkommen, falls Sie heute Nacht zu erschöpft für eine Rückreise sind“, war Cruor schon etwas freundlich zu ihr und trat vorsichtig an die Leiche des Jungen heran.

Shiva seufzte und blickte die beiden an. Dann schüttelte sie den Kopf. „Wenn ihr mich einen Moment allein lassen würdet, dann wird das schon in Ordnung sein…“, erklärte sie und wollte sich nur von ihrem Bruder in Ruhe verabschieden und ihn dann an einer guten Stelle vergraben. Und die anderen respektierten das und machten sich langsam wieder auf den Weg zurück zum Schloss…
 

„Ich hasse Werwölfe…“, murmelte Sirus nur im Gehen und verzog das Gesicht. Mit einem leichten Grinsen blickte er zu Cruor und schüttelte leicht den Kopf: „Tut mir leid, Hundi. Nichts für ungut. Aber irgendwie bist du sogar in Ordnung. Muss daran liegen, dass du eher ein Schoßhündchen bist.“ Ganz konnte er das Spotten einfach nicht lassen.

Doch dieses Mal musste Cruor sogar leicht lachen. „Unter diesen Umständen nehme ich dies gerne in Kauf“, gab er zurück und verwandelte sich beim Gehen in einen Hund.

Der Vampir schüttelte nur den Kopf: „Also als Necias Schoßhund gefällst du mir irgendwie besser.“

„Du bist der merkwürdigste Werwolf der mir je untergekommen ist...“, setzte er dazu und verzog leicht das Gesicht, „Und wenn dich das stört, heul dich doch bei Necia aus“, spottete er leicht.

Immerhin. Und nun lasst doch Lady Necia aus dem Spiel! Ich bin ein eigenständiges Wesen und auch wenn ich sie vergöttere, ich kann durch aus auch ohne an sie zu denken weiter leben.“, versuchte der Wolf sich zu erklären.

„Vergöttern?“, da zog Sirus eine Augenbraue hoch und lachte rau, „Aber kommt ‚vergöttern‘ denn ihrer unglaublichen Schönheit und ihrem überlegenen Scharfsinn gleich?", scherzte er und konnte über diesen Hund einfach nur den Kopf schütteln.

Nach einem kurzen Schweigen seufzte Cruor: „Nein. Nein, nicht im Geringsten- Für Lady Necia wurde noch kein Wort erschaffen, dass sie treffend zu beschreiben vermag, aber ich wollte Euch mit meinem Geplänkel nicht nerven“, erklärte er mit einem schiefen Lächeln.

„Zu spät“, versicherte Sirus ihm ernst und schüttelte den Kopf, „Aber das macht nichts. Ich weiß ja schon längst, dass du nichts lieber tun würdest als ihr durchgehend die Füße zu küssen“, erklärte er mit eine leicht verächtlichen und belustigen Tonfall.

„Wenn ich meine Lippen dafür für würdig befinden könnte. Vermutlich, ja. Aber: Denkst Ihr, dass ich verpasse etwas? Das Leben?“, fragte er ihn ein wenig verlegen, „„Lady Necia meinte vorhin, ich sei ein Narr, weil ich nicht an mich dächte und weil ich nur um ihr Wohl besorgt sei. Doch ich grüble und denke. Aber mir fällt nichts ein, was mir entgehen könnte. Was nur, Sire? Fällt Euch etwas ein?“

Einen Moment lang dachte der Vampir nur ruhig nach und musterte den anderen. „Sag mal, hast du je irgendwas nur so zum Spaß gemacht?“, fragte er ernst und zog die Augenbrauen hoch, „Selbst ich bin nicht immer eiskalt und pflichtbewusst!“

„Ich jage manchmal Kaninchen, ohne sie zu verletzen, aber“, gestand der Wolf ehrlich und sah ihn überlegend an, „Ich denke nicht, dass Ihr das gemeint habt… Also… Nein?“

„Ich jage manchmal Kaninchen ohne sie zu verletzen?“, wiederholte Sirus skeptisch und schüttelte nur ungläubig den Kopf, „Ich meinte eher etwas nicht so… Albernes. Etwas für dich Außergewöhnliches, etwas Riskantes und etwas, das auch normalen Leuten Spaß macht!“, erklärte er ihm mit einem tiefen Seufzen.

Der Bedienstete sah ihn erstaunt an: „Etwas Außergewöhnliches?“, fragte er und dachte noch einmal genauer nach, „Nein. Ich spiele manchmal Laute oder dichte aber... Das meint Ihr nicht, oder? Was meint Ihr? Ich will es gerne einmal versuchen“, sagte er neugierig.

„Laute... Dichten...“, murmelte der Dunkelhaarige vor sich hin und seufzte schwer, „In welcher Zeit bist du denn stecken geblieben?“, fragte er dann doch ein wenig genervt.

„Entschuldigt. Ich weiß, ich sollte mit der Zeit gehen. Aber was soll ich dann tun?“, entgegnete der Werwolf aufrichtig interessiert an der ganzen Geschichte.

„Wie wäre es für den Anfang, wenn du mal unter Menschen gehen würdest?“, fragte Sirus ihn ernst und musste sich doch bemühen ruhig und nicht allzu genervt von dem, was der andere hier abzog zu bleiben.

„Und was soll ich unter dem gemeinem Volk? Was können mir diese Menschen beibringen?“, fragte Cruor nur verwirrt.

Sirus sah ihn neutral an und seufzte. Er wusste gar nicht, warum er dieses Gespräch führte und womit er eigentlich anfangen sollte. Kopf schüttend betrachtete er den Anderen und dachte nach. „Die Menschen… Du kannst noch von ihnen lernen. Dich ein wenig anpassen und normale Tätigkeiten ausführen. Du solltest zumindest ein bisschen in dieser Zeit ankommen.“

„Ihr meint also ich sollte mit der Zeit gehen? Mal alleine ausgehen und mich mit Menschen zusammen tun? Gut, ab morgen bin ich ein anderer Mensch…Wolf...ein anderes Wesen“, dachte er laut nach und lächelte doch leicht.

„Warte…“, murmelte Sirus und nutze den Moment um nachzudenken, was er da gerade eigentlich gesagt hatte, und wurde doch ein wenig bleich. Er schluckte: „Nein, so habe ich das nicht gemeint! Nein!“, sagte er dann bestimmt und seufzte leicht. Konnte das hier denn noch blöder werden?

„Wieso denn nicht?“, fragte der Wolf erstaunt, „Ich sollte doch… leben? Wo ist denn nun das Problem?“ Er war verwirrt von dem plötzlichen Sinneswandel des Vampires.

Der Dunkelhaarige verdrehte die Augen und seufzte schwer: „Ja“, gestand er dann zu und sah den Anderen an, „Aber… Geh es einfach langsam an. In Ordnung? Du musst ja nicht sofort deine ganze Persönlichkeit verändern, hörst du? Nur mal aus dem normalen Umfeld raus und was anderes machen.“

„Würdet Ihr - ich weiß nicht ob das zu viel verlangt ist aber - würdet Ihr mir helfen in diese Zeit hinein zu finden?“, fragte der Bedienstete noch einmal mit einem unsicheren Lächeln, auch wenn er langsam das Gefühl hatte sich nach all der Zeit mit Sirus ein wenig anzunähern, aber er wollte jetzt natürlich auch nichts zerstören oder gar übertreiben.

Einen Moment zögerte Sirus und dann lächelte er kühl: „Gut. Aber du bist und bleibst ein Hund, ist das klar? Und das ändert nichts daran, dass ihr Werwölfe abartig seid!“, stellte er noch einmal fest, aber das Grinsen wurde doch mit der Zeit etwas weicher.

Sofort nickte Cruor und blickte ihn an: „Natürlich, Sire ganz wie Ihr wünscht. Danke schön.“

Sirus atmete tief durch, noch gar nicht fassend, was er gerade tat und reichte dem Anderen die Hand: „Also dann, Hundi. Abgemacht.“ Und der Werwolf griff nach der Hand. Einen Moment lang verweilten sie so, dann machte sich jeder auf den Weg zurück in sein Zimmer, um dort den letzten Geschäften nachzugehen und dann zu schlafen.
 

Lyn hatte in der Zeit ihre Arbeit in der Küche erledigt, aber er hatte natürlich doch wieder länger gedauert. Das Ganze tat ihr so schrecklich leid und sie wollte unbedingt wieder zu Shiva, aber als sie endlich fertig war, war die andere nicht mehr aufzufinden. Sofort eilte Lyn durch das Schloss und suchte die neue Bekanntschaft, doch am Ende kam sie wieder in der Eingangshalle an und resignierte dort leicht vor sich hin.

Shiva hatte in der Zeit Abschied von ihrem Bruder genommen und in an einer geeigneten Stelle im Wald begraben. Nachdem sie noch einen Moment dort verweilt, machte sie sich auch langsam wieder auf den Weg zurück zum Schloss. Sie war noch vollkommen blutverschmiert, aber das hatte sie hierhin gar nicht interessiert, aber nun wollte sie doch zu Lyn. Und diese fand sie relativ schnell in der Eingangshalle. Die Blondine hatte schnell das Blut gerochen und dann auch den Zustand gesehen, in dem die Besucherin war und so rannte sie vollkommen aufgelöst auf sie zu. „Oh mein Gott! Shiva! Ist alles in Ordnung mit dir?“

„Es gab eine kleine Auseinandersetzung“, sagte diese nur ruhig und seufzte leicht, „Ich wollte dir eigentlich nur Bescheid geben, dass ich mich wieder auf den Weg machen werde“, erklärte sie mit einem freundlichen, aber doch stark durch Trauer gezeichneten Lächeln, „Ich bedanke mich für deine Nettigkeit mir gegenüber“, erklärte sie noch und wollte dann auch schon gehen.

Doch da hielt Lyn sie schnell am Arm fest. „Moment! So geht das nicht! Du siehst ja ganz fertig aus…“, erklärte sie ihr besorgt und musterte sie. So konnte sie sie nicht gehen lassen. „Komm mit!“, beschloss sie einfach und zog sie schnell in ihr Zimmer. Doch landete die fast noch Fremde auf Lyns Bett und die Arbeiterin des Schlossen ging in ihr Badezimmer, um die Badewanne mit warmem Wasser zu füllen. Es war unglaublich nett von Lady Necia, dass sie allen Angestellten ein eigenes kleines Badezimmer mit Dusche oder Badewanne schenkte. Lyn hatte es sich sogar aussuchen dürfen. Sobald die Wanne füllt war, nahm sie wieder Shiva an der Hand und zog sie in das Nebenzimmer. „So, erst einmal nimmst du ein Bad und wir schauen uns die Wunden an“, erklärte sie ihr mit einem ruhigen Lächeln.

Shiva war ziemlich verwirrt über das Ganze, aber wirklich wehren konnte sie sich jetzt auch nicht. Leicht protestierte sie, aber das schlug Lyn einfach ab und so ließ sie sich mitschleifen und zog sich dann im Badezimmer aus um gleich in die Wanne zu steigen. Das warme Wasser tat wirklich gut.

Mit einem zufriedenen Lächeln betrachte die Anderen sie. „So! Du bleibst da jetzt erst einmal drinnen!“, stellte sie ein weiteres Mal fest und blickte sie so an, dass sie keine Chance auf Widerspruch hatte und nahm dann ihre Kleider vom Boden auf, „Ich werde jetzt deine Sachen sauber machen!“, beschloss sie und ging auch schon aus dem Zimmer nach draußen.

Verwirrt blickte Shiva ihr nach und seufzte leicht. Aber irgendwie fühlte sie sich bei dem Ganzen wohl und geborgen. Sie genoss das Bad und kam sie wieder zu Kräften, aber sie wurde die Gedanken an ihren Bruder auch nicht los. Nach einiger Zeit stieg sie wieder aus dem Bad und wickelte sich ein Handtuch um den Körper, wie sie wieder ins Zimmer trat und sich nach Lyn umsah.

Lyn hatte in dieser Zeit die Sachen der anderen im Keller gewaschen und notdürftig getrocknet und ihrem Besuch die Sachen auch gleich wieder geben zu können, wie sie zurück in ihr Zimmer kam. „Habe ich nicht gesagt, du sollst in der Wanne bleiben?“, meinte sie streng und schüttelte nur den Kopf, wie sie ihr wieder die Sachen hin, damit sich Shiva wieder anziehen konnte. Dabei lächelte sie aber auch gleich wieder zufrieden, wie man es von ihr kannte.

Die andere Wölfin blickte sie überrascht an und nahm dann die Sachen entgegen. Ein wenig verirrt lächelte. „Äh… Herzlichen Dank“, sagte sie ein wenig erstaunt und war von der mütterlichen Wärme doch ein wenig erstaunt. Dann gähnte sie leicht und blickt ein wenig schläfrig zu dem Fenster und in den dunklen Sternenhimmel.

„Weißt du was?“, fragte Lyn sie, nachdem sie sie einige Zeit lang betrachtete hatte, „Du legst dich auf mein Bett und schläfst heute hier. Du siehst ganz müde aus. Du legst dich auf mein Bett und schläfst heute hier. Du siehst ganz müde aus“, redete sie dann auch schon auf sie ein und holte frischen Schlafsachen aus einem ihrer Schränke, während sie die neue Bekanntschaft fröhlich ansah. All ihr Bettzeug roch nach Blumen.

Shiva beobachtete sie die ganze Zeit dabei und seufzte leicht. „Ich mag es nicht in räumen zu schlafen! Die machen mir angst auf Dauer“, meinte sie stur und seufzte leicht, „Mach dir nicht so viele Umstände, ich kann auch im Wald schlafen.“

„Aber…“, leicht verzweifelt sah die Blondine sie an und seufzt, „Wir können auch die Fenster und Tür weit auflassen. Aber bleib bitte hier... Ich will nicht, dass dir noch etwas zustößt…“, sagte sie und blickte sie liebevoll an.

Und dann gab die andere Wölfin auch schon langsam nach. Langsam nickte sie und nahm sich die frischen Schlafsachen um sie anzuziehen. Sie wusste nicht ganz, ob sie sich in diesem fremden Bett so wohl fühlen würde, aber man könnte es versuchen und vielleicht war es ganz gut, wenn sie heute Nacht nicht alleine wäre. Vorsichtig setzte sie sich auf das Bett und sah zu dem anderen Mädchen rüber, das nun ein rotes Nachthemd angezogen hatte. „Ich bin es nicht wirklich gewohnt in Betten zu schlafen“, gab sie dann zögerlich zu.

„Ich mich auch nicht so...“, sagte Lyn verlegen, „Ich bin es noch von meinem alten Herrn gewohnt in einem Kerker auf den kalten und nassen steinen zu schlafen…“, erklärte sie und begann leicht zu zittern, wie sie sich neben die neue Freundin setzte. Es dauerte dann auch nicht lange, bis die beiden dann über diesen anstrengenden Tag gemeinsam in Lyns Bett einschliefen.

Doch lange schliefen die Beiden keine ruhigen Schlaf. Lyn wurde bald von Alpträumen geplagt, in denen sie wieder bei ihrem alten Herrn war und sich daraufhin unruhig im Schlaf hin und her bewegte. „Sehr wohl...Sir Howland…“, murmelte sie und klammerte sich leicht an ihrer Decke fest. „Nein… Bitte nicht...“, und schon bald ging das Murmeln in ein Winseln über und der Schweiß trat ihr auf die Stirn, wie der Traum immer intensiver und grausamer wurde.

Mit der Zeit weckte ihr Fehlen und leichtes Schreien auch ihre unfreiwillige Besucherin auf, die sich aufsetzte und Lyn eine Weile besorgt beobachtete. Sie war ein wenig verwirrt und fragte sich, wovon die Andere wohl träumte, bis es immer schlimmer wurde. Und dann konnte sie nicht anders, als die Fremde einfach in ihre Arme zu ziehen und ihr sanft durchs Haar zu streicheln. Beruhigend redete sie auf sie ein und versuchte das alles irgendwie besser zu machen. Die Blondine wurde langsam ruhiger und begann sich intuitiv an die Wärmequelle zu kuscheln und dort Halt zu suchen.

Leicht lächelnd streichelte Shiva sie weiter, so dass sie sich weiter beruhigen konnte und begann ein kleines Lied zu summen, um sie damit zu beruhigen. Und genau das passierte auch. Lyn wurde ruhiger, aber nach einigen Minuten erwachte sie dann jedoch und sah die Andere blinzelnd und verwirrt an. „Wer ist… Sir Howland“, murmelte sie erschrocken und zuckte zusammen, doch dann erkannte sie, wer bei ihr war und atmete tief durch. „Oh… Shiva… Es… Es tut mir leid“, stotterte sie und seufzte, „Habe…. Habe ich wieder geschrien?“

Verwirrt blickte Shiva sie an und zog skeptisch die Augenbrauen hoch. Das war merkwürdig, aber sie war doch beruhigt, als die Andere sie dann wenigstens erkannte. „Ja, ein wenig“, antwortete sie ehrlich und seufzte leicht, „Aber ich konnte eh nicht schlafen“, versuchte sie sie auch gleich zu beruhigen.

Doch die andere war gleich wieder verlegen und niedergeschlagen: „Tut mir Leid... Ich träume nicht oft von ihm. Aber wenn ist es nicht angenehm für die Personen die mit mir in einem Raum schlafen“, erklärte sie flüsternd.

„Du brauchst dich nicht entschuldigen“, sagte Shiva mit verständnisvollem Lächeln, „Aber du wolltest dich wieder schlafen legen. Und diesmal von etwas Schönem träumen!“

„Ja…“, murmelte Lyn und nickte unsicher, „Du hast sicherlich recht. Danke…“, sagte sie und deckte sich und ihre neue Freundin wieder richtig zu, „Du kannst mich ruhig wecken, wenn ich wieder zu laut träume…“

„Jetzt schlaf erst einmal!“, meinte die Andere lächelnd und so geschah es dann auch. Shiva hielt ihre Hand und streichelte sie noch ein wenig, bis Lyn wieder ruhig einschlafen konnte. Dadurch wurde auch die schlossfremde Wölfin wurde drüber langsam müde und schlief irgendwann ein…

Neuer Morgen, neues Glück?

Niv erwachte am nächsten Morgen spät. Die Alpträume hatten ihm auch keinen ruhigen Schlaf beschwert und so brauchte er etwas länger, um wirklich ausgeruht auch die Augen wieder aufschlagen zu können. Als er den Blick auf die Uhr wagte, sprang er schnell auf und schluckte. Es war Samstag, aber denn noch hatte er jetzt schon einige Zeit verschwendet und die wollte er wieder gut machen, doch das war keine gute Idee, denn gleich kippte er wieder zurück ins Bett, das Ganze war zu schnell für seinen Kreislauf gewesen. Seufzend schloss er noch einmal die Augen und entschloss sich, sich nach der anstrengenden Nacht und all den verwirrenden Gedanken doch lieber noch einen Moment auszuruhen, bevor er aufstünde.

Nach einer weiteren halben Stunde schaffte er es aus dem Bett und in die Küche. Dort machte er sich erst einmal ein Toast und eine Tasse Kakao. Er war einsam, aber dennoch schien gerade die Sonne und er wollte den Morgen genießen. Mit dem Frühstück setzte er sich ins Wohnzimmer vor den Fernseher und schaltete diesen an. Wirklich gutes Programm gab es nicht, daher schaltete er mehr hin und her, während er aß. Seufzend schüttelte er den Kopf, manchmal konnte das Wochenende so langweilig sein, ohne Schule. Er wünschte sich, dass etwas Spannendes passieren würde, da wurde ihm mit einem Mal bewusst, dass ja genau das gestern passiert war! Schnell aß der das Toast auf und trank die Tasse leer, um schnell aufzuspringen. Es dauerte nicht lange, bis er sich angezogen hatte und den Rucksack zusammen gepackt hatte. Dann war er auch schon auf dem Weg in die Bücherei um ein wenig zu recherchieren! Damit war die Tagesplanung gerettet!

Vollkommen außer Atem kam er vor der Stadtbibliothek an und musste sich erst einmal an der Wand abstützen. Er wusste gar nicht, warum er so gesprintet war, warum er so geeilt war. Hatte er sich beobachtete gefühlt? Ein bisschen. Aber das war eigentlich so albern. Nein, das sollte man eigentlich nicht tun. Und doch war es ein komisches Gefühl, er hatte den Weg schnell hinter sich bringen wollen. Und es fühlte sich noch immer komisch an, als er letztendlich in das Gebäude eintrat. Würde er hier Wahrheit finden?

Er wusste gar nicht genau, wo er anfangen sollte, und so schritt er einige Zeit unschlüssig durch die Reihen. Und fragte sich, was er eigentlich suchte? Aber irgendetwas musste es hier geben, dass seine Ängste als lächerlich abtat. Oder bestätigte! Er fand als erstes ein Buch, über unerklärliche Phänomene, aber dieses fasste eher das Bermuda-Dreieck auf und dergleichen. Rätselhaftes Verschwinden, ja, aber nicht das, was er eigentlich suchte. Das half ihm ganz sicher nicht weiter. Doch dann fand er ein Buch über die Mythen der Gegend, es war ein alter, abgegriffener Einband, das sah nach einer Spur aus! Viele Sachen standen dort drin. Und dann fand er auch ein Kapitel… über Vampire…
 

Sirus stand relativ schnell auf und warf einen überlegenden Blick aus dem Fenster. Er konnte noch immer nicht fassen, warum er dem zugestimmt hatte. Warum hatte er sich nur darauf eingelassen. Wie war es passiert, dass er dazu ja gesagt hatte. Aber nun war es zu spät. Einen Moment verbrachte er im Bad, dann zog er sich eine schwarze Hose und ein dunkles Hemd an und warf den schweren Mantel über seine Schultern. Gerade als er sein Zimmer verlassen wollte, fand er einen Brief, den Necia ihm noch hatte zukommen lassen. Seufzend griff er danach und erhielt darauf nur eine Anforderung. Hol den Albino.

Ein raues Lachen entwich ihm, wie er dann sein Zimmer verlief. „Klar, erst spiel ich den Hundesitter und danach den Babysitter! Man hat ja nichts anderes zu tun an einem Samstag“, murmelte er und schüttelte den Kopf, wie er zu Cruors Zimmer ging und dort dann Klopfte und auf das Signal zum Hereinkommen wartete. Und dabei war er sich sicher, dass der Hund gerade an die Hausherrin dachte.

Langsam öffnete der Vampir die Tür und lehnte sich in den Türrahmen. „Na, wie weit bist du, Wolfi?“, fragte er spottend und sah ihn an, „Oder möchtest du deiner Herrin noch kurz die Füße küssen, bevor wir gehen?"

Der angesprochene Bedienstete lag noch in Unterwäsche auf seinem Bett und seufzte schwer, auf diese alt zu bekannte Provokation. „Ich sollte mich erst ankleiden... und... Nein. Ich hatte nicht vor Lady Necia heute Morgen meine Aufwartung zu machen. Das wäre das erste Mal seit... mehreren Jahrhunderten, dass ich sie nicht nach dem Aufwachen begrüße. Das ist doch ein guter Anfang, oder nicht?“, gab er nur zurück und stand auf um an seinen Schrank zu gehen.

„Wie du meinst“, gab Sirus zurück und zuckte mit den Schultern. „Aber wehe, wenn sie das am Ende vermisst und ich die Schuld daran kriege!“

„Warum sollte sie? Wenn würde sie mich bestrafen und ich störe mich nicht daran von Lady Necia gezüchtigt zu werden“, erklärte Cruor ruhig und hatte sich in der Zwischenzeit ähnlich wie sein Partner dunkel gekleidet. „Nun, wir können aufbrechen“, erklärte er dann.

Der Vampir seufzte leicht: „Dann bei Fuß, Hundi!“, lachte er und schritt voran. Und beinahe wollte der Andere sogar gehorchen, dann jedoch erinnerte er sich und ging einfach so neben dem anderen her, wie sie das Schloss verließen und auf die Stadt zusteuerten.

„Erinnere mich daran, dass wir auf dem Rückweg für Necia eine Flasche Wein abholen sollen“, meinte Sirus nach einigen Metern und schüttelte leicht den Kopf. Wirklich verstehen konnte er den Entschluss seiner Herrin nicht und so wie Seelaye sich gestern über den Albino aufgeregt hatte, hatte Sirus eigentlich nur Lust dem Kleinen einen Kopfschluss zu verpassen, zu vergraben und damit wäre der Terror gegessen. Die Akten über ihn hätte man in einer Viertelstunde alle vernichtet. Das sollte kein Problem sein, ihn loszuwerden. Aber wenn sie ihn unbedingt trinken wollten. Cruor nickte leicht, aber er blickte ein wenig traurig drein. „Ich bereue jetzt schon zu fragen: Aber was ist eigentlich los mit dir, Hundi? So niedergeschlagen, weil Necia angedeutet hat, du sollst dich ändern?“

„Nein, es ist viel mehr…“, seufzte Cruor an und seufzte dann, wie er in eine längere Erklärung einschlug, „„Ich habe sie an normalen Tagen schon so oft lächeln gesehen, aber in letzter Zeit? Oh, es zerreißt mich fast, aber ich habe mir vorgenommen heute nicht als Hund umher zu ziehen, sondern viel mehr als Mann. Ich muss jetzt an mich denken und einmal nicht nur an ihre Probleme!“

Sirus seufzte schwer: „Du bist ein wirklich merkwürdiger Hund, Hundi!“, sagte er lachend und zog ihn weiter durch die Straßen der Stadt.

„Wolf“, korrigierte der Andere ihn, „Das liegt daran, dass ich ein Wolf bin und kein Hund“, er schüttelte den Kopf und verzog leicht das Gesicht, „Bei diesem Gestank vergeht einem der Appetite auf Frühstück...“

„Du isst sowieso zu viel“, scherzte der andere rau.

„Ich kann nichts dafür, das Essen liegt in meiner Natur. Ich habe schon als Mensch viel gegessen, das liegt an meiner Größe...“, erklärte der Werwolf verlegen und hielt die Nase noch ein wenig deutlicher in den Wind, während sie weiter gingen.

Sirus beobachtete das ganze Schauspiel eine Weile und seufzte. „Mensch, du hast wirklich Hunger!“

Verlegen sah der Andere ihn an und nickte. „Das liegt an all diesen Gerüchen. Sie stoßen mich ab und zu gleich… Es riecht viel zu sehr nach Nahrung“, versuchte er dann sich zu erklären und seufzte schwer.

Ein wenig genervt sah Sirus sich um, das passte ihm nicht wirklich in den Plan, aber das musste nun wohl so sein, wenn Cruor Hunger hatte. Und dazu hatte er auch noch keine wirklich Ahnung, wie echte Menschen aßen. Der Vampir dachte kurz nach. Rohes Fleisch, wie es Hunde… Wölfe ja am liebsten hatten. Er nickte leicht und führte Cruor dann an eine Hauptstraße, an der sie nach einiger Zeit ein Lebensmittelgeschäft erreichten. Sein Begleiter sah sich erstaunt um, es war ein anderer Teil, als den in dem Blanch ihre Kleider kaufte und Necia arbeitete. Und noch verwirrter, als er das Geschäft mit dem leuchtenden Schild sah, auf dem „Supermarkt“ stand. Das war er alles nicht gewohnt, er verbrachte wohl wirklich zu viel Zeit im Schloss und weg von den Menschen. Der Markt war auch gar nicht so, wie er ihn kannte, es waren keine offene Stände und man sah gar keine Tiere davor…

„Da soll es etwas Nahrhaftes geben?“, fragte er erstaunt.

Sirus seufzte: „Ja, komm mit. Aber verhalte dich unauffällig!“, wies er ihn an und ging voran. Zielstrebig schritt er durch die Gänge, und Cruor versuchte zwar sich zurück zu halten, aber er bekam große Augen bei alledem und sah sich neugierig zu allen Seiten um. Es tat fast ein wenig weh in den Augen, all die grellen Farben und dann noch der künstliche Geruch, aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen und einfach weiter zu gehen und dem anderen zu folgen, der sich so sicher und beinahe schon lustlos fortbewegte…

Sirus blieb irgendwann vor einer Tiefkühltruhe stehen und schob diese auch schon auf. Verwirrt starrte Cruor ihn an und wunderte sich über den weißen, kalten Sarg, der da mitten im Raum stand, und sah sich erstaunt an, doch es schien keinen zu kümmern. Dann erst entdeckte er das Essen im Inneren und bekam große Augen.

Kopf schüttelnd öffnete Sirus die Truhe und Cruor sah ihn erschrocken an. „Es ist plötzlich so kalt geworden, was hat das zu bedeuten?“, fragte er unsicher und sah seinen Partner verwirrt an.

Dieser verdrehte nur die Augen. „Das, mein Lieber, nennt man Fortschritt!“, meinte er ernst und führte zwischen den Fleischpaketen hin und her.

Währenddessen war der andere noch ganz geschockt von der Entdeckung. „Wofür hat man diesen magischen Kasten erfunden? Und was ist das für eine Art Magie?“, fragte er neugierig und verstand doch überhaupt nicht, was los war.

„Magischer Kasten?“, wiederholte Sirus geschockt und sammelte dann ein paar Pakete zusammen. Langsam wusste er, was Necia gemeint hatte, mit ihrem stillen Vorwurf. Er hatte keine Ahnung von der normalen Welt und dem Leben. „Damit hält man bestimmte Lebensmittel haltbar“, erklärte er dann und versuchte dabei möglichst ruhig zu bleiben.

„Und wieso konserviert man nun nicht mehr mit Salz?“

„Weil Salz uneffektiv ist, in dieser Zeit“, sagte Sirus doch ein wenig härter und zerrte ihn auch schon zur Kasse. Der Werwolf trottete ihm hinterher und beobachtete gespannt den Vorgang des Bezahlens an der Kasse, den Sirus vornahm.
 

Nach einiger Zeit wachten auch die beiden Wölfe in Lyns Bett auf. Shiva war als erstes wach, befreite sich vorsichtig aus Lyns Umarmung und trat vorsichtig ans Fenster heran, sie blickte nach draußen, wie die Sonne an diesem Morgen im Herbst sich nach oben erhobt und betrachtete den Garten und den Wald, auf den man von diesem Zimmer doch einen guten Blick hatte. Sie konnte viel Zeit damit verbringen nur über die letzten Geschehnisse nachzudenken und was dieser Tag wohl bringen würde, bis sie dann hörte, wie Lyn sich hin und her drehte und langsam auch wachte. Einen Moment zum wachwerden gab sie ihr noch, bevor sie ihr einen guten Morgen wünschte und gleich drauf zu redete: „Lass uns lieber gleich nach draußen gehen!“, schlug sie vor, denn nun wo der Tag wirklich angebrochen war, kam es ihr in Räumen gleich noch enger vor.

Lyn stimmte dem Vorschlag zu und stand bald aus, um frische Sachen raus zu holen. Die von Shiva lagen noch frisch gewaschen auf einem Stuhl und so konnten die beiden jungen Frauen sich umziehen. Und dann standen sie noch ein wenig an dem Fenster, dass Shiva geöffnet hatte um zumindest schon einmal die frische Morgenluft hineinzulassen. Dort standen sie eine Zeit und sprachen noch kurz über die Nacht, bevor sie losgingen aus dem Schloss hinaus…

Fröhlich hüpfte Lyn voran und freute sich an dem Sonnenschein und dem neuen Tag, dass sie bei ihrem enthusiastischen Schritt gleich wieder stolperte, als sie die Stadt erreicht hatten.

Den ganzen Weg über betrachtete Shiva ihre neue Freundin und war in Gedanken, doch als sie dann ins Schwanken kam, war sie sofort aufmerksam und hielt sie vorsichtig fest, damit die Andere sich nicht verletzen würde. „Du… musst besser aufpassen“, belehrte sie sie, musste dann aber auch schon lächeln. Irgendwie war Lyn ja auch recht süß in ihrer Art.

Vorsichtig erwiderte Lyn das Lächeln. „Tut mir leid, ja… Ich weiß, ich bin einfach zu tollpatschig…“, murmelte sie mit einem leichten Seufzend und blickte zu Boden, „Ich besitze eben nicht die Anmut von Lady Necia…“, stellte sie traurig fest. Vielleicht würde Cruor sie dann ja anders ansehen…

Etwas erstaunt betrachtete Shiva sie: „Aber dafür hast du andere Qualitäten!“, meinte sie nur und zuckte mit den Schulter, „Wie sagt man so schön? Niemand ist perfekt. Auch diese… Lady Necia hat Schwächen, sie sind dir nur noch nicht aufgefallen!“, versuchte sie ihre neue Freundin aufzumuntern.

„Wenn du meinst“, gab die Blondine noch immer ein wenig niedergeschlagen zurück, „Aber die interessieren ihn ja nicht…“, und dabei wurde sie immer leiser und auch ein wenig verlegen, wie sie sich das eingestand.

„Wie bitte?“, fragte die fremdartige Wölfin doch gleich nach, weil sie die Aussage nicht wirklich verstanden hatte, „Was soll das bedeuten?“

Damit wurde Lyn jedoch nur noch röter im Gesicht und entschuldigte sich gleich ein weiteres Mal. „Ich… bemitleide mich nur wieder einmal selbst“, versuchte sie sich mit einem leicht bitteren Lächeln zu erklären und seufzte schwer.

„Das musst du doch gar nicht!“, versicherte Shiva ihr und schüttelte den Kopf, „Sei doch stolz auf dich. Du bist einzigartig. Und das kann dir keiner nehmen“, redete sie lächelnd auf die Arbeiterin des Schlosses ein.

Aus großen Augen sah die Angesprochene sie an und seufzte. „Einzigartig…“, wiederholte sie murmelnd, „Ist das jetzt positiv oder negativ gemeint?“, fragte sie nach und schüttelte dann den Kopf, „Egal. Er wird mich eh nie erhören, also vergessen wir das Thema jetzt!“, beschloss sie schnell um es aus ihrem Kopf zu bekommen. „Was willst du machen?“, lenkte sie lieber ab…
 

Nach einer langen Nacht wollte Laila ausschlafen. Eigentlich wollte sie immer ausschlafen. Warum auch nicht? Auf ihrem Konto lag das Erbe ihres Vaters und ihr Bett war wirklich bequem, aber nun klopfte es ziemlich laut an ihrem Schlafzimmerfenster. Genervt öffnete sie die Augen kurz um auf die Digitalanzeige ihres Weckers zu schauen, der sowieso immer aus war. Sofort drehte sie sich wieder auf die Seite und wollte weiter schlafen, doch das laute Geräusch hörte nicht auf. Sie atmete tief durch und schwang sie wütend aus dem Bett um, das Fenster aufzureißen. „Yves, gewöhn dir an die Haustür zu nehmen!“, grummelte sie und verdrehte die Augen, wie sie zurück vom Fenster trat und sich die Augen rieb.

Ihr Freund lachte und kletterte durch das Fenster. „Türen sind aber viel zum umständlich!“, erklärte er und betrachtete sie, „Ich habe auch was zum Frühstück mitgebracht!“, erklärte er dann mit einem Grinsen und hielt eine Tüte hoch.

„Wenn da kein Kaffee dabei ist, bin ich verloren!“, versprach sie ihm und blickte ihn mit großen Augen und schnuppernder Nase an. „Es ist einer dabei“, stellte sie dann schon beinahe jubelnd vor und grinste. „Hast noch mal Glück gehabt!“

„Ja…“, meinte Yves ruhig und holte die Thermoskanne hervor um sie ihr rüber zu werfen.

Laila fing sie sofort und grinste breit. „Danke. Dann darfst du auch weiterhin durch das Fenster kommen. Oh… Was rieche ich denn da noch? Beagles und Madelins. Wow, Yves! Du weißt wie man mich glücklich macht!“, redete sie gleich weiter drauf los und nahm einen tiefen Schluck aus der Kanne.

Noch immer grinste ihr Freund: „Ja, klar, ich weiß doch, was du gerne isst“, meinte er und trat dann auch schon in ihre Küche um die Tüte auf dem Tisch auszupacken.

Und kurze Zeit darauf saßen sie gemeinsam an Lailas Küchen Tisch und begannen ausgiebig mit dem Frühstück. Schweigend, bis Laila ihn dann fragend ansah: „Sag mal…“, begann sie essend zwischen zwei Bissen, „Hast du irgendwas gemacht oder wieso machst du das?“

„Um ehrlich zu sein, habe ich ein neues Ausflugprogramm und jemand muss es testen, ob es so gut ist und sich verkaufen würde“, gestand er dann und trank nur ruhig an seiner Teekanne. Laila war nun einmal oft genug seine Testerin, um ihm zu sagen, ob es geeignet war, auch für normale Menschen.

„Okay. Aber lass mich vorher noch zu Ende Frühstücken, ok?“

„Klar, ist in Ordnung.“

Es dauerte auch nicht mehr lange, dann verschwand die junge Frau im Badezimmer, zog sich richtig an und trat wieder an Yves heran: „Und wohin geht es?“

„Zum Hubschrauberflughafen…“

Pläne zum Scheitern

„Ich werde die Schuld gerne bei Euch begleichen, Sir“, erklärte Cruor sofort und auch verlegen, als die Beiden dann den Supermarkt gemeinsam verließen.

„Die Schuld begleichen?“, wiederholte Sirus erstaunt und musterte ihn ernst. „Nein. Hör mir gut zu, du hast kein Geld und wahrscheinlich wirst du auch nie welches besitzen und ich will einfach keinen anderen Dienst von dir in Anspruch nehmen, den du nicht so wieso schon tust. Verstanden?“, erklärte er ernst und verdrehte die Augen. Erstaunt betrachtete Cruor ihn und sah ihn und fügte sich dem dann einfach. Doch dann wurde sein Blick immer unsicherer. Und der Vampir seufzte: „Was ist los, Hund?“

„Ich habe gerade nachgedacht. Es sieht sicher nicht normal aus, wenn ein Mann rohes Fleisch kauend über die Straßen flaniert, oder?“, fragte er verlegen und sah die Pakte in Sirus Händen hungrig an.

„Nein, definitiv nicht. Aber schön, dass du mitdenkst“, meinte Sirus nur kühl und schritt weitervoran.

Währenddessen überlegte sich der Werwolf eine Lösung, wie er es wohl am besten ungesehen verspeisen könnte. Und nach einer Weile des Gehens hatte er eine Idee. Er lief zu einer der Mülltonnen am Straßenrand und wühlte daran solange er eine alte Brötchentüte gefunden hatte und diese Sirus stolz hinhielt. „Wenn ich daraus esse, sieht es keiner!“, erklärte er und freute sich sehr. Nur sein Freund schien nicht so begeistert.

„Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte der Vampir ihn ernst und betrachtete die dreckige Tüte skeptisch. „Du bist nicht oft unter Menschen. Ganz klar.“

Erschrocken betrachtet Cruor seinen Begleiter und bekam große Augen: „Ist das etwa kein guter Ansatz einer Lösung?“, fragte er und senkte seinen Blick enttäuscht zu Boden. „Nein, ich bin nur unter Menschen, wenn Lady Blanch mich zum Kleidererwerben mitnimmt. Ich meide den Kontakt zu Menschen weitgehend…“, erklärte er dann immer noch sehr ruhig.

Sirus musste tief durchatmen um sich zusammen: „Gut, lass es mich dir erklären“, sagte er und senkte die Stimme noch ein wenig, während er ihm die dreckige Tüte aus der Hand riss, „Selbst so etwas niederes wie ein Mensch würde nicht aus einer triefenden, matschigen, benutzen Brötchentüte auf der Straße essen!“, meinte er und endete mit einem leichten Knurren.

„Oh…“, bemerkte der Wolf und seufzte, „Daran hatte ich nicht gedacht. Dann muss es ebenso gehen anders gehen…“, überlegte er sich und sah sich um. Sie waren dicht an einer dunklen Seitenstraße, Sirus hatte sie schon dahin gebracht und auch Cruor hatte nun diesen Plan. Er verwandelte sich dort, wo niemand ihn sehen konnte in einen Wolf und sah bellend zu dem Anderen nach oben. Dieser war schon dabei das eingepackte Fleisch aus der Verpackung zu befreien und es dann vor ihn auf den Boden zu werfen. Mit den scharfen Zähnen konnte der Wolf es auch besser reisen und verschlang so Stück für Stück der Ware, die Sirus gekauft hatte. Als dann alles verfüttert war, verwandelte Cruor sich zurück und sah den anderen dankbar an. „Vielen Dank. Das war ein ausgezeichnetes Frühstück, Sir.“

„Ja… Das freut mich...“, murmelte der Vampir und machte sich auf den Weg, weiter zu gehen.

Doch das löste erst einmal Verwirrung bei dem Wolf aus. „Wartet, Sir!“ Wo gedenkt Ihr Eure Schritte als nächstes hin zu lenken?“, fragte er während er ihn hinterher lief.

„Keine Ahnung, hast du einen Plan?“, gab Sirus zurück und ging einfach weiter voran.

Nach einigem Überlegen seufzte Cruor: „Nicht direkt Sire. Was denkt Ihr denn, was wir tun sollten. Denn von den Gepflegtheiten der aktuellen Menschen verstehe ich nicht viel“, gestand er dann.

Erneut schüttelte sein Begleiter nur den Kopf über ihn. „Du nimmst das alles viel zu ernst“, murmelte er feststellend und zuckte kurz mit den Schultern, „Keine Ahnung. Machen wir einfach einmal was, ohne dass du Nutzen daraus ziehst“, dachte er dann einfach laut nach.

„In Ordnung... Ähm... Soll ich einen Menschen ansprechen? Da hätte ich keinen Nutzen von Oder...wie ist es mit Tanzen? Tanzen erfüllt keinen Sinn...“, sprach der Werwolf all seine Gedanken aus und grübelte noch ein wenig weiter. Das alles war so neu und verwirrend für ihn.

„Vielleicht ist es gar nicht verkehrt mit ein paar Menschen zu sprechen...“, stimmte Sirus dann nach kurzer Zeit des Überlegens zu und nickte, „Aber bitte denk dann vorher ein bisschen nach, verstanden?“

„In Ordnung. Ich werde mein Bestes geben“, gab Cruor zurück.

Und so gingen sie ein bisschen und ab und an übte sich Cruor unbeholfen mit kurzen Gesprächen mit Passanten, bis Sirus dann an ihn das Wort ergriff. „Sag mal, Hundi. Necia und du… Ihr führt keine ersthafte Beziehung zueinander, oder?“

„Nein… Nein, das nicht. Da habt Ihr Recht“, gestand der Wolf doch leicht zornig, so dass Sirus ihn verwirrt ansah und fragte, ob er etwas Falsches gesagt hatte. Nicht, weil es ihn interessierte, sondern weil es ganz anders war ihn so zu sehen. „Nein. Ihr habt ganz Recht. Ihr habt mir den Schleier der Liebe ein Stück verwischt. Nun, lasst uns etwas Sinnloses tun! Ich brauche die Gesellschaft eines schwachen Geistes!“, versuchte der Angesprochene dann jedoch gleich abzulenken. Leicht zweifelnd folgte Sirus ihm, doch der Andere sprach auch immer weiter. „Ich...weiß nicht, wo man am besten an Frischfleisch herbekommt... Wie heißen solche Orte? Bar? Lokal? Diskothek? Wo kommt man in Kontakt mit menschlichen Wesen, die einer offensiven Unterhaltung nicht abgeneigt sind?“

Sirus schüttelte den Kopf und ging dann weiter heran. „Ich denke, ich weiß, wohin wir gehen können, komm mir“, erklärte er ruhig und verdrehte nur die Augen, manchmal konnte man mit den Stimmungsschwankungen dieses Wolfes nicht klar kommen. So ernst und unterwürfig gefiel es ihm irgendwie besser. Auch wenn er das zuvor nicht gedacht hatte.

Sein Partner folgte ihm und machte sich in der Zwischenzeit seine eigenen Gedanken, wo Sirus das nun so direkt angesprochen hatte. War er all die Jahre so blind gewesen? Hatte er sich Hoffnungen gemacht, wo niemals Hoffnungen waren? Aber eigentlich hatte er sich doch damit angefreundet nur der Diener zu sein. Und nun versuchte man ihn in ein menschliches Leben zu drängen und eben dieses zeigte ihm, dass er sich nicht behandeln lassen sollte, wie ein Hund. All das war verwirrend.

„Sag mal, was denn jetzt mit dir los?“, fragte der Vampir leicht genervt, und ging einfach weiter, damit er dem missmutigen Hund wenigstens nicht ins Gesicht sehen musste.

„Ich habe gerade über die Bedeutung des Gespräches nachgedacht, dass ich mit Lady Necia geführt habe... Sie hatte recht... Ich bin ein Tor. Ich werde ihrer niemals ebenbürtig sein. Warum soll ich mich weiter nach dem Abendstern strecken, wenn ich ihn doch nie erreichen werde“, erklärte er ruhig und seufzte schwer, „Na los, widmen wir uns den Irdischen Freuden und pflücken ein paar Blumen...“, lenkte er auch schon ein und lächelte noch immer unbeholfen.

Sirus verdrehte die Augen: „Ich denke wirklich nicht, dass Necia das so gemeint hat, aber na schön. Wenn du das willst.“

„Ihr solltet Euch entscheiden, ob Ihr mich zurückhalten wollt, oder mich bei meinem Vorhaben, mich von Necia loszusagen, unterstützen wollt...“, meinte der Hund dann etwas bissig.

„Ich meine nur, du sollst nachdenken und nichts tun, dass du später bereust und jetzt hör auf mich dafür verantwortlich zu machen, dass du dein Leben einer Frau gewidmet hast, die dich wahrscheinlich nicht lieben kann“, erwiderte der Vampir dann ähnlich aggressiv und verdrehte genervt die Augen.

„Ich bereue das alles hier schon seit dem Morgen. Doch was soll ich denn tun? Ich kann ihr nicht näher sein, als ich es ohne hin schon bin und es war ihre Idee, mich auf das Leben los zu lassen...“, meinte der Wolf nun doch etwas verzweifelt.

„Du kannst ihr nicht näher sein? Was zum Teufel soll das schon wieder heißen?“, fragte der Dunkelhaarige ihn noch immer etwas ungehalten.

Seufzend und niedergeschlagen sah der Andere ihn an, als er sein Herz ausschütterte: „Ich kann nicht... Ich will ihr nicht weh tun und sie will mich als das wissen, was Ihr vor Euch seht. Einen Hund, einen Schoßhund... Sie sieht in mir nur die treue Seele eines steten Begleiters, doch nie den Mann dahinter“, sagte er und wandte den Blick dann auch schon ab.

„Gut, soweit verstanden und es ist nicht schlimm, wie befürchtet“, stellte Sirus fest und sah ihn ernst an, „Aber ist es dein Ernst, dass du sie nicht verletzen willst? Also Necia?“, er schüttelte den Kopf und konnte einfach nicht verstehen, was sein Begleiter genau von ihm wollte und was er damit meinte.

„Ich habe Angst davor, was das Tier in mir der Frau, die ich so sehr liebe, so sehr begehre antun könnte. Ich weiß, sie ist stark und diese Sorge ist unbegründet, doch eine gewisse Furcht bleibt immer. Aber was auch immer. Es wird niemals so weit kommen... Diese Liebe ist einseitig“, meinte Cruor und schüttelte den Kopf. Doch statt Verständnis, begann Sirus eher zu lachen und ihn ungläubig anzusehen. „Ja, das ist mein Ernst. Es freut mich, dass wenigstens Ihr über meine Lage lachen könnt...“, meinte der Wolf daraufhin grimmig.

Doch Sirus schüttelte nur weiter den Kopf und grinste: „Das ist so etwas von unbegründet“, erklärte er dann wieder in seiner ruhigen, kalten Art, als er sich beruhigt hatte.

„Ich… Ich weiß, aber… Ach zur ewigen Hölle damit! Es ist nichts, was ich Euch erklären wollen würden!“, meinte er dann und beinahe konnte man glauben, dass der Wolf mit einem Mal schmollte.

„Ist ja gut, es tut mir leid!“, meinte Der Vampir ernst und verdrehte die Augen, „Aber ich habe diese Frau schon einen Höllenhund erwürgen sehen, ohne dass sie einen Kratzer davon getragen hat, also ich weiß nicht, was du ihr antun könntest!“

„Das ist eine Sache zwischen mir, meiner Moral, meiner Ehre und der Zeit in die ich geboren wurde! Das geht Euch nichts an und es interessiert Euch auch nicht“, meinte der Werwolf eingeschnappt und ging an ihm vorbei.

Ein paar Schritte ließ Sirus ihn vorgehen und betrachtete ihn eingehen. „Angsthase“, murmelte er und zuckte mit den Schulter, „Aber klar, deine Sache“, und dann folgte er ihm und sah sich weiter um.

„Angsthase?“, fragte Cruor schockiert auf und drehte sich zu Sirus um, „Ach so? Wieso sagt Ihr das? Ich kenne diese Frau jetzt schon mehrere Jahrhunderte. Sie will mich nicht! Und das ist auch gut so! Ich bin ihrer nicht wert und ich werde ihr nicht zu nahe treten und diese dünnen Bande, die uns verbinden durch törichtes Handeln zerstören!“, erklärte er ihm nur zornigem Unterton.

Mit einem Grinsen blickte der Vampir ihn an: „Was denn? Das ist meine Meinung. Ich glaube einfach… Aber egal, ist ja deine Angelegenheit“, und so schritt er wieder einfach an ihm vorbei, da er ja gerade stehen geblieben war.

„Ihr weicht mir aus… Mir soll es recht sein. Ich muss mich ablenken“, gestand der Wolf ihm zu und folgte weiterhin. Der andere wunderte sich über dieses theatralische Verhalten, aber dann ging er auch weiter voran, damit sie ihr Ziel bald erreichen könnten. Und darauf erwiderte auch Sirus nichts mehr und ging lieber weiter, so dass sie nach einiger Zeit dann eine kleine Bar erreicht hatten…
 

Von der Idee war Laila schon angetan, bevor sie sie zu Ende gehört hatte: „Oh, geil. Darauf freue ich mich jetzt schon!"“, jubelte sie und tänzelte neben ihm her, als sie zu Yves Wagen gingen. Dieser grinste nur und freute sich still über seinen Triumph, wie er dann ins Auto einstieg und schon losfuhr. Dieses Mal hielt sich Yves auch nicht halbwegs an die vorgeschriebene Geschwindigkeit, wie er weiterfuhr und drückte erst, als sie die Stadt verlassen hatte, vollständig das Gaspedal durch. So konnte er schnell in die höchsten Gang schalten und auch seine Freundin genoss die hohe Geschwindigkeit deutlich, bis sie den Landeplatz erreichten und sie wie immer noch während der Fahrt nach draußen sprang und sich kunstvoll abrollte.

„Und jetzt?“, fragte sie enthusiastisch.

Ihr Freund erklärte ihr den Plan, nachdem er geparkt hatte auch gleich: „Jetzt müssen wir dir den neuartigen Gleitschirm umschnallen und hoffen, dass der auch funktioniert wenn an aus dem Hubschrauber springt...“

„Okay. Probieren wir‘s aus!“, lachte die Wölfin, schnallte sich den Firm um und folgte allen Anweisungen, bevor sie in den Helikopter steigen konnte und ihr Freund ihn dann auch schon startete. Damit konnte es losgehen….

Nach einer Weile, die sie in der Luft waren, sprach Laila sich dann mit ihrem Freund und dem Copiloten ab, um herauszufinden, wo eine gute Stelle war. Doch während die beiden noch quatschten, hielt Laila auch schon den Kopf aus der offenen Tür. Das sah doch ganz gut aus. Mit einem leichten Grinsen drehte sie sich zu den beiden Männern um. „Also… Yves, wir sehen uns unten! Hoffentlich heil und gesund!“, lachte sie und sprang ohne weitere Vorwarnung aus dem Helikopter.
 

Seelaye und Firion schliefen noch eine längere Zeit, sie waren ja auch bis zum Morgengrauen wach gewesen und so hatten sie ihr paar Stunden Schlaf versetzt zu den anderen genommen. Als sie dann jedoch aufwachten waren nach einer Nacht voller interessanter Gespräche und Träume, war Firion schnell wieder hellwach. „Sag, hast du heute gar keine Pflichten?“, fragte er seinen Freund.

Seelaye war noch etwas müde und musste einige Zeit überlegen. „Ich glaube nicht…“, murmelte er und sah ihn an, „Heute ist Samstag, oder?“, erkundigte er sich noch einmal und freute sich dann doch. „Dann kann ich den ganzen Tag mit dir… Ich meine, dann habe ich den ganzen Tag Zeit“, erklärte er verlegen.

„Ja, heute ist Samstag“, meinte Firion ruhig und musterte ihn. „Und du bist dir sicher, dass du nichts vorhast? Hobbys oder so etwas, dass dich ablenken könnte?“ Denn so lebhaft, wie Seelaye war, war es erstaunlich, dass er nichts vorhatte an einem freien Tag. Während er fragte, griff er nach seinem Buch, das er in der Nacht noch bei Seite gelegt hatte.

„Das klingt jetzt so negativ“, meinte Seelaye und wurde dabei leicht rot, wie er überlegte, was er Firion jetzt antworten könnte, um sich in ein besseres Licht zu rücken, „Ich lese gerne. Und eins meiner Hobbys ist es dem Wind zu zuhören… Schade nur, dass das Wetter in letzter Zeit so windstill ist.“

„Das war nicht negativ gemeint“, beruhigte Firion ihn und lächelte, „Das sind eigenartige Hobbys. Zumindest für dein Alter. Aber bei dem Alter“, er lächelte leicht und schüttelte den Kopf.

„Ich sitze auch gerne in kühlen Vollmondnächten irgendwo mit jemandem und hör mir das Wellenrauschen an“, erklärte Seelaye weiter und wurde dabei gleich noch röter und begann seinen Freund ein wenig schüchtern anzulächeln.

Erstaunt beobachtete der Dunkelhaarige seinen Freund, denn dieser hatte die Stirn bei seinen Antworten stark in Falten gelegt und das machte Seelaye ein wenig traurig. „Magst du das denn nicht?“

Daraufhin schüttelte Firion den Kopf: „Nein, das ist vollkommen in Ordnung, ich hätte es nur einfach nicht erwartet“, gab er dann zu und lächelte ihn weiter auf seine ruhige Art und Weise an.

„Das sagen die meisten Leute“, merkte der Bruder der Hausherrin an und seufzte, „Komme ich denn wirklich so kindisch rüber?“, fragte er enttäuscht, „Also… Ich bin nervig und laut und albern und rede zu viel und entschuldige mich zu oft und… Oh man, es stimmt… Auch wenn Necia sagt, dass ich keine Last bin… Ich bin es schon, oder?“, fragte er und blickte den Freund aus großen Augen an.

„Ja, du bist kindisch“, antwortete das Ratsmitglied ehrlich, „Aber ich denke nicht, dass du Necia eine Last bist.“

„Sicher?“, erkundigte sich Seelaye schnell und schaute mit einem Mal hoffnungsvoll, weil Firion das sagte und er von so vielen Dingen Ahnung hatte, „Aber… Ist kindisch denn schlecht?“, fragte er auch wenn er Angst vor der Antwort hatte.

Doch Firion behielt sein Lächeln: „Nein, kindisch ist nicht immer schlecht. Nein, auf keinen Fall, manchmal kann es auch von Vorteil sein. Es kommt immer darauf an.“

„Vorteil?“, wunderte sich Seelaye daraufhin sofort, „Wie meinst du das?“

Ein wenig wurde Firion bei der Frage rot, aber das Lächeln blieb ruhig und sanft wie immer: „Das ist nicht so wichtig. Merk dir einfach, das jede Eigenschaft ihre positiven Seiten hat, verstanden?“

Seelaye nickte, wenn auch verwirrt, dann blickte er einige Zeit unsicher auf den Boden, bevor er seinen Freund anblickte: „Hast du heute noch was vor?“, fragte er verlegen.

Mit einem ehrlichen Lächeln nickte Firion, aber sein Blick wurde auch ein wenig trauriger, als er antwortete: „Bedauerlicherweise ja.“

Aus großen Augen betrachtete sein Freund ihn und seufzte leicht: „Oh… Und… Und was? Also wenn ich das fragen darf…“

„Du darfst alles fragen“, versicherte ihm das Rastmitglied auch gleich freundlich, „Es passt eigentlich ganz gut zu dem Thema, das wir heute Morgen schon hatten. Ich muss eine Prüfung für die nächste Sitzung vorbereiten“, erklärte er ihm dann auch gleich, um die Frage zu beantworten.

„Oh, brauchst du dabei irgendwie Hilfe?“, fragte Seelaye auch gleich erwartungsvoll und neugierig.

„Ich könnte dir zumindest mal meine Arbeit zeigen“, gab Firion einfach zurück.

Sofort sprach der Bruder der Hausherrin fröhlich auf und klatschte kurz in die Hände: „Ja, gerne!“

Und so gingen die beiden dann auch nachdem sie einige lange Stunden in der hauseigenen Bibliothek verbracht hatten, gemeinsam hinaus und in das Zimmer des Weißhaarigen. Als sie dort angekommen waren, machte Seelaye seinem Freund auch gleich Komplimente zu der Einrichtung, sie war so stimmig und ruhig, ein wenig so wie der Besitzer des Zimmers. Und nach einiger Zeit ruhiger Gespräche blickte er Firion dann fragend an: „Und… Was passiert jetzt?“
 

Siska stand spät auf, in der Nacht hatte er noch lange nach neuen Opfern suchen müssen, bis er endlich eine junge Frau gefunden hatte, die er hatte aussaugen und verschwinden lassen konnte. Und nun, wo er sich ausgeruht hatte und endlich wach war, ging er in den Speisesaal des Anwesens. Doch dort saß bereits jemand. Eine große Frau mit langen blonden Haaren, die ihn auch gleich zu sich rüber winkte und ihn freudig anlächelte.

„Was willst du?“, fragte er sie grimmig und trat langsam an ihren Platz am Tisch heran.

„Na? Wieder ein kleines Problem auf deinem Zimmer?“, fragte die junge Frau mit dem Namen Luchsa mit einem fröhlichen Grinsend, während sie ihm den Stuhl zuschob und ihn gab sich zu setzten.

Etwas widerwillig und noch immer grummelnd setzte Siska sich neben sie und seufzte. „Woher willst du wissen, was meine Probleme sind?“, fragte er nach und verdrehte nur genervt seine Augen.

„Weißt du…“, begann die Blondine lächelnd, „Mit der Zeit lernt man seine Mitbewohner ein wenig kennen“, und damit wurde es ihr Gesichtsausdruck auch ein wenig frecher, „Auch wenn es für meinen Geschmack bei einigen Personen definitiv zu wenig ist, was man von ihnen kennt.“

„Na wenn du meinst“, grummelte der dunkelhaarige Vampir vor sich hin und bediente sich mit einem kräftigen Schluck an ihrer Rotwein Flasche, „Ich bin froh, wenn niemand viel über mich weiß!“, erklärte er ihr und stellte die Flasche zurück auf den Tisch.

„Oh, wie schade“, kicherte Luchsa und lehnte sich leicht zu ihm vor, „Ich hätte dich sonst glatt ausgefragt!“ Und damit griff sie selbst nach ihrer Falsche und zwinkerte ihm leicht zu.

Siska erwiderte das nur mit einem Knurren: „Worüber denn? Weißt du eigentlich dass Neugierde eine schlechte Eingeschalt ist?“, harkte er nach.

Doch der jungen Frau machte das einfach nichts aus. Sie ließ sich von seiner Art einfach nicht einschüchtern, irgendwo mochte sie das Ganze an ihm auch. Es machte ihn interessant und sie würde sich mit Sicherheit nicht so einfach aufgeben. „Ja… Also… Hattest du schon mal eine Freundin?“

Daraufhin räusperte sich der Vampir wütend und blickte sie einen Moment schockiert an: „Bist du verrückt geworden?“

„Hach, du bist einfach putzig wenn du dich aufregst!“, kicherte Luchsa amüsiert und sah ihn an, „Und die Frage war mein voller Ernst!“, erklärte sie noch immer fröhlich, „Ich weiß ja, dass du manchmal irgendwen mit in dein Zimmer nimmst. Letztens erst dieses Werwolfmädel...“, und dabei verzog sie dann doch für einen kurzen Moment angewidert das Gesicht, „Aber hattest du schon einmal eine feste Beziehung?“

Noch immer knurrte Siska sie an: „Es hat dich rein gar nicht zu interessieren, wen oder was ich mitbringe! Ist das klar? Kümmere dich um deinen Kram!“, meinte er angesäuert und nahm ihr die Weinflasche dann vollständig weg.

„Hey, tut mir leid“, meinte die Dame ruhig und legte ihm eine Hand auf den Arm, „Ich wollte dir nicht zu nahe treten und so…“, sie lächelte ihn leicht und versöhnlich an.

Doch so richtig schien auch das bei ihrem Schwarm nicht zu ziehen: „Du solltest aufpassen, was du sagst! Du spielst mit dem Feuer, Kleine!“, erklärte er ihr eindringlich.

„Kleine?“, harkte Luchsa fast schon spöttisch nach, „Schatz, wir sind gleich groß“, meinte sie und stand auf um auf ihn runter zu sehen, „Siehst du? Und außerdem… Feuer ist doch nichts Schlechtes. Anmutig und schön. Also? Warum nicht ein wenig spielen?“, erklärte sie ihm mit einem wieder etwas lieberen und ruhigeren Lächeln auf den hübschen Lippen.

„Hast du eigentlich nichts anderes zu tun, anstatt mich zu nerven?“, gab Siska knurrend zurück und verdrehte die Augen, ihre Art hatte etwas, dass ihn irgendwie in diesem Moment ziemlich aufregte.

„Das ist einfach meine Lieblingsbeschäftigung?“, kicherte die Vampirin setze sich wieder um näher an ihm dran zu sein und stützte ihre Arme auf dem Tisch ab.

„Ja, das merke ich. Du nervst ganz schön, weißt du das?“, fuhr Siska sie an und wurde immer mehr über ihre resistente und freche Art mehr und mehr wütend, ohne das er wirklich verstand wie sie all das meinte. „Geh mal wieder mit deinen Puppen spielen! Ich gehe auf mein Zimmer!“

„Puppen?“, fragte die Dame und sah ihn fassungslos an, „Hast du eben… Puppen gesagt?“, da blinzten ihre Augen wütend auf und der sonst so gelassene Ausdruck veränderte sich.

„Ja, habe ich und nun lass mich in Ruhe!“, fauchte der Vampir noch einmal und stand schnell auf um nur noch in sein Zimmer zu schreiten. Auch Luchsa war nun mehr als nur wütend und auch irgendwo verletzt. Sie blickte ihm noch nach, dann stand sie auf. Empört murmelte sie vor sich hin: „Na warte… Ich bekomme dich noch!“, zischte sie, wie sie auch in ihr Zimmer stampfte. „Er hat gesagt, ich spiele mit Puppen!“, jammerte sie weiter und knallte mit der Tür. Und doch… Sie konnte es einfach nicht ablegen, irgendwie schwärmte sie noch immer für so einen Mistkerl, als er sich fast immer eben aufführte.

Auf dem Weg

„Jetzt? Jetzt muss der liebe Onkel Firion arbeiten“, erklärte der Ratsmitglied dem anderen und lächelte ihn auf seine ruhige und besonnen Art an.

„Also mein Onkel bist du nicht!“, gab Seelaye scherzend zurück und sah sich noch einen Moment um, bevor er Firion zu seinem Schreibtisch folgte, „Was für eine Prüfung musst du denn vorbereiten?“, fragte er denn auch gleich neugierig nach.

Lächelnd holte Firion die Dokumente aus einem Ordner heraus und breitete sie vor sich auf dem Tisch aus. Einen Moment musste er sich einlesen. „Keine Strafprüfung. Eine Standprüfung“, und als er sich umdrehte, sah er ein weiteres Mal ein Fragezeichen in dem Gesicht seines Freundes. „Ich habe dir doch vorhin erklärt dass es drei verschiedene Arte von Prüfungen gibt, Standprüfungen sind eine Art davon... Manchmal machen Vampire auch Prüfungen, um ihr Ansehen zu verbessern. Für jede Prüfungen wird immer ein Vampir des Rates bestimmt, der die Prüfung bestimmt und organisiert. Und dieses Mal bin ich es“, so erklärte er dann auch gleich fürsorglich und lächelte ihn an.

Der Bruder der Hausherrin nickte gleich und blickte sich dann um: „Muss wohl gemacht werden. Sag mal… Äh… Hast du noch einen Stuhl für mich… Oder soll ich mich wieder auf deinen Schoß setzen?“ Gleich deutete Firion auf einen Stuhl in der Ecke und setzte sich dann selbst vor die Akten, während Seelaye sich den Stuhl an den Schreibtisch heran holte und ihm dann beim Arbeiten zusah. „Brauchst du Hilfe?“, fragte er nach einiger Zeit, in der Firion immer wieder einige Akten vor holte und durchsah.

Das Ratsmitglied schien einen Moment überlegen zu müssen doch dann lächelte er den Dunkelhaarigen an: „Du kannst mich ja beraten. Standprüfungen halte ich für die, die am schwersten zu bestimmen.“

„Was muss man denn dabei beachten?“, fragte Seelaye gespannt und beugte sich ein wenig vor, um zu sehen, ob er etwas an den Unterlagen des Anderen erkennen könnte.

„Wichtig ist zum einen, dass der Gegner des Prüflings auf demselben Stand wie er selbst ist oder nur ein wenig stärker, sonst kann es gefährlich sein... Wenn der Gegner zu schwach ist, belächelt mich der Rat aus. Ist er zu viel zu stark, hassen mich all Freunde und Bekannte des Prüflings. Das ist das Problem.“

„Und hast du schon welche zur Auswahl?“, fragte der Andere gleich.

Firion suchte einige Bilder heraus und zeigte sie ihm, während er erklärte: „Es gibt da einen wahnsinnig gewordenen Werwolf, der demnächst hingerichtet werden soll. Oder gibt auch noch ein 'missratenes Experiment' das bei Seite geschafft werden soll. Und als letztes gibt es noch die Möglichkeit einen anderen Vampir zu fragen.“

Staunend starrte Seelaye das Bild des Werwolfes an. „Oh… Der Kerl sieht… gruselig aus…“, murmelte er geschockt, „Also wenn ich so eine Prüfung machen sollte und den als Gegner hätte, würde ich glaube ich freiwillig das Handtuch werfen…“, erklärte er geschockt.

„Ich glaube, du bist auch nicht so ausgebildet im Kampf oder?“, warf Firion dann lächelnd ein.

„Nein...“, gestand Seelaye dann ehrlich und ein wenig peinlich berührt, „Ich weiß schon, wie ich mich im Notfall wehren kann. Aber so ein geplanter Kampf?“, da schüttelte er nur den Kopf, „Nein… Ich habe das Gefühl, ich kann gar nichts…“, stellte er dann niedergeschlagen fest, wie er ein wenig über all das mit den Vampiren nachdachte…

Doch Firion versuchte ihn weiter aufzumuntern: „Das musst du auch nicht. Wirklich nicht, es gibt viele Vampire, die sich aus den Prüfungen zurückhalten. Das ist nichts Schlimmes. Man genießt kein sonderlich hohes Ansehen, aber das macht dich nicht zu einem schlechten Vampir“, versprach er ihm aufrichtig.

„Aber doch nicht aus allen, oder? Ich glaube nur Neugeborene sind unwissender als ich…“, merkte der Dunkelhaarige noch einmal enttäuscht an.

Noch immer lächelte sein Freund und schüttelte nur den Kopf: „Keine Sorge. Ich kenne dümmere Vampire als dich“, sagte er und legte ihm eine Hand auf die Schulter um ihn zu beruhigend.

„Das glaube ich nicht“, erwiderte Seelaye gleich und legte den Kopf auf der Tischplatte ab, „Ich will das aber nicht… Ich will nicht so unwissend sein…“, murmelte er noch immer deprimiert.

„Aber das ist doch nicht so schlimm… Du solltest vielleicht ein bisschen mehr die Regeln lernen. Und ab und zu mal zu einer Ratsversammlung gehen. Aber das reicht dann auch schon“, versuchte der Weißhaarige ihn weiter aufzubauen, indem er ihn über den Rückenstreichelte.

„Nimmst du mich mal mit?“

„Natürlich. Es kann wirklich spannend sein. Besonders, wenn Prüfungen anstehen.“

„Sag mal…“, begann Seelaye dann unsicher und blickte ihn vorsichtig an, „Ich habe ja noch nie eine Prüfung gemacht, aber… Besitze ich dann gar nicht so etwas wie einen Rang?“, fragte er nach und hatte ganz große Augen, wie er sich das wunderte.

„Gute Frage“, murmelte Firion und seufzte, „Ja, ich denke, du hast keinen Rand. Einen Status besitzt du sicherlich, aber einen Rand… Ich denke nicht, dass es so funktioniert.“

„Status?“, wunderte sich der Bruder der Hausherrin und sah seinen Freund fragend an, „Wahrscheinlich wegen Necia, oder?“

Das Ratsmitglied nickte: „Du bist der Sohn von Lord Lakard Homicida und der Bruder von Necia Homicida“, klärte er ihn auf, „Das alleine reicht schon dafür, dass sich circa 87% aller Vampire es vermeiden würden, sich mit dir anzulegen. Aber einen Rang bekommst du nur durch Taten oder Prüfungen.“

„Und da ich keinerlei Erfahrung im Kämpfen oder sonstigem habe, kann ich das gleich mal vergessen...“, murmelte Seelaye mit einem bitteren Lächeln, und dabei fielen ihm auch gleich die Augen zu und er seufzte leise.

Besorgt sah Firion ihn an: „Du bist müde, oder?“

Erschrocken blickte der Andere auf und blinzelte träge in die Richtung seines Freundes: „Ja… Schon irgendwie…“

„Dann solltest du dich lieber eine Zeitlang hinlegen“, überlegte das Ratsmitglied und sah ihn fürsorglich an.

„Ich möchte aber bei dir bleiben…“, nuschelte Seelaye.

„Du… könntest in meinem Bett schlafen. Alles andere hat ja keinen Sinn, wenn du so müde bist…“, schlug der Andere dann vor.

Glücklich fiel der Bruder der Hausherrin ihm um den Hals. „Danke…“, doch das ging in einem weiteren Gähnen unter und er legte sich in das Bett seines Freundes, schloss die Augen und schlief auch schnell wieder ein, nachdem er sich an das Kissen von Firion gekuschelt hatte und dessen Geruch eingeatmete hatte.

In der Zwischenzeit wendete sich Firion wieder vollständig seinen Akten zu und sah alles durch. So musste doch alleine arbeiten, aber das war er gewöhnt. Er las sich die Notizen immer wieder durch und seufzte leicht. Aber nach einiger Zeit glaubte er doch eine Wahl gefunden zu haben und begann damit seine Entscheidung nieder zuschreiben und zu formulieren. Da hörte er mit einem Mal wie Seelaye hinter ihm im Bett sich hin und her bewegte und leise wimmerte. Er schien schlecht zu schlafen und das besorgte das Ratsmitglied wieder, so dass er aufstand und langsam auf das Bett zuging.

Immer wieder wälzte er sich hin und her und schrie immer lauter. Er flehte und schrie um Hilfe und wimmerte. Erst als Firion sich neben ihn setzte, ihn vorsichtig streichelte und auf ihn einredete wurde er wieder ruhiger, aber er schlief noch immer. Sein Freund war schon verwirrt, aber das Streicheln und Reden schien ihm zu helfen, denn er entspannte sich immer weiter. Es war eigentlich ziemlich süß aus, mit anzusehen, wie er so schlief. Das empfand zumindest Firion so, wie er ihn einen Zeit lang beobachtete. „Weißt du…“, flüsterte er, „Es gibt viele verschiedene Arten von Vampiren, aber du… Du bist einzigartig. Und das ist genauso gut…“ Unsicher betrachtete er den Schlafenden und seufzte leicht, wie er doch stark hoffte, dass sein Freund das nicht gehört hatte, denn es war ihm schon unangenehm. Zum Glück schien Seelaye weiter ruhig zu schlafen. Und es dauerte noch eine Weile, bis er langsam wieder zu sich kam. „Schon wieder wach?“, fragte Firion mit seinem gewohnten Lächeln.

„Äh… Ja...“, murmelte der Angesprochene mit einem verlegenen Gesichtsausdruck, „Ich… Ich brauche… nicht so viel Schlaf. Und… Dein Bett ist wirklich… bequem…“, murmelte er und lachte mit roten Wangen.

„Dann ist ja gut, ich hatte schon befürchtet, ich hätte dich geweckt…“, erklärte Firion ihm ruhig.

„Ich denke doch nicht“, gab Seelaye kichernd zurück.

„In Ordnung. Aber sag mal, wovon hast du geträumt, wenn ich fragen darf?“

Da wurde der Andere mit einem Mal knall rot. „Äh… also… Ja… da… Na…“, und so stotterte er noch eine Weile vor sich hin, eher er mit einer Antwort raus kam. „Da war… Der Werwolf von deinen Unterlagen…“

Verwirrt musterte Firion ihn: „Du hast von dem Werwolf auf meinem Bild geträumt? Kein Wunder, dass du so unruhig geschlafen hast. Mach dir keine Sorgen, ich glaube nicht, dass du jemals dieselbe Luft, wie er atmen wirst“, versuchte er ihn gleich mit einem Lächeln zu beruhigen.

„Ich hoffe“, gestand Seelaye und seufzte, „Der wollte mich wirklich umbringen“, dachte er laut nach und seufzte, bis sein Bild ein wenig verlegener wurde, „Aber dann… hat mich jemand… gerettet.“ Da wurde Firion natürlich aufmerksam und fragte nach. Er brauchte einige Zeit, bis sein Freund dann mit der Sprache rausrückte. „Du warst das…“

„Ich?“, fragte das Ratsmitglied erschrocken nach und wurde auch noch rot dabei.

„Ja…“, murmelte der Bruder der Hausherrin noch immer verlegen, „Du warst das… Und du… hast ihn in der Luft zerrissen…“

Da musste Firion sogar ein wenig lachen und schüttelte mit roten Wangen den Kopf: „Ich hoffe, dass du bewusst ist, dass das nur ein Traum war… Also… Ich würde versuchen dich zu retten, jeder Zeit! Aber… Ich denke nicht, dass ich eine Chance gegen so ein Monster hätte.“

„Ich glaube an dich“, versicherte Seelaye ihm schnell, „Du wärst aber wahrscheinlich besser, als ich…“, aber dann versuchte er auch schnell die peinliche Situation zu überspielen, „Bist du fertig?“

„Nicht wirklich. Gerade einmal mit der Auswahl und der Begründung“, erklärte der Weißhaarige ihm ein wenig deprimiert.

„Was musst du denn noch machen?“

„Einiges an Papierkram. Und du kannst es ruhig sagen: Es ist langweilig!“

„Kann ich dir da helfen? Jetzt bin ich ja wach“, bot Seelaye auch leicht an und blickte weiter zu den Unterlagen auf dem Schreibtisch.

„Nein, ich denke leider nicht“, erklärte Firion und er sah den enttäuschten Blick des Anderen, „Es tut mir leid, ich muss viele Sachen ausfüllen und formulieren und… Aber wenn du möchtest, dann kann ich das auch verschieben! Für dich würde ich es tun…“, er wurde langsam wieder ein wenig verlegen, aber er hielt dem Blick stand. Der von seinem Freund immer fröhlicher und freudiger wurde, als er das hörte. „Ja, später müsste ich mich wieder daran setzten. Aber eine Pause kann ich sicherlich machen.“

Da fiel Seelaye ihm um den Hals und bedankte sich. „Du bist wirklich super!“ Dann überlegte er einen Moment, in dem sich die Beiden ratlos anblickten und überlegten. „Also… Was machen wir jetzt?“, überlegte er laut und seufzte leicht.

„Weißt du… Ich arbeitete in meiner Freizeit, also weiß ich nicht, was man so machen könnte“, erklärte Firion ihm und seufzte leicht.

„Das ist schwer… Ich mach auch nicht so viel neben der Schule, aber wir… Wir könnten ins Kino gehen, hättest du darauf Lust?“, fragte der Dunkelhaarige dann mit leichtem Enthusiasmus.

„Ins Kino gehen?“, fragte das Ratsmitglied erstaunt, „Nun… Ich war noch nie im Kino“, gestand er und lachte kurz auf, „In all den Jahren nicht.“

„Dann wir es höchste Zeit!“, erklärte Seelaye und packte ihn an der Hand, „Komm mit!“ Und so hatte er ihn auch schon aus dem Schloss gezogen, um mit ihm zur Stadt zu gehen. Damit Firion den ersten Film seines Lebens sehen konnte! Wirklich entscheiden konnten sie sich nicht, aber irgendwann fanden sie einen Film und Plätze, in denen sie einen Teil des Tages verbringen konnten. Auch wenn Firion sich ziemlich fehl am Platz fühlte, dadurch dass Seelaye bei ihm war, war es um einiges besser…
 

Nach einiger Zeit des schweigsamen Gehens erreichten Sirus und Cruor dann auch eine Kneipe, die der Vampir für richtig hielt und von der er wusste, dass sie jetzt schon auf hatte. Der Werwolf folgte ein wenig eigenwillig und roch skeptisch an dem Gebäude. „Und… hier hat man Spaß?“, fragte er unsicher.

Sirus verdrehte leicht die Augen: „Spaß ist relativ, aber eigentlich schon“, meinte er ruhig und sah sich um. Eigentlich schon, wenn zu dieser Zeit nicht nur Loser, unattraktive Nymphomaninnen und Alkoholsüchtige in Bars abhingen. Das war wirklich deprimierend.

„Also…“, begann Cruor ruhig und schüttelte den Kopf, „Es riecht nach Körpersäften und alkoholischen Flüssigkeiten“, fasste er zusammen und sah ihn verwirrt an, worauf er sofort gefragt wurde, ob er noch nie in einer Bar gewesen war. Daraufhin antwortete der Werwolf seufzend: „Solche Ambiente sind nichts für meine Wenigkeit…“

Sirus grinste leicht und zog ihn dann einfach an den Tresen, damit sie sich setzten konnten. Er blickte sich um und dann den Barkeeper an und gab ihm die Order: „Zwei Wodka auf Eis.“ Der Werwolf stützte die Arme ein wenig deprimiert auf dem Holz ab und blickte ihn noch immer verwirrt an. So dass der Dunkelhaarige die Augen verdrehte: „Punkt eins, sei ruhig mal ein bisschen egoistischer und nerv mich! Das ist... ach egal...Punkt zwei, ich kann doch sehen, wie du in Gedanken über dein Leben jammerst, also sprich es aus oder guck anders, aber das regt ich auf“, erklärte er ihm ernst und schob ihm dann das kleine Glas rüber.

„Äh… Und was willst du wissen? Ich bin ungerne egoistisch. Also… Was habe ich dir noch nicht unterbreitet?“, fragte der Andere auch gleich und wurde ein wenig verlegen.

Sirus verdrehte nur genervt die Augen und stürzte dann den Drink einfach herunter, in der Hoffnung, dass er ihm Kraft dafür geben würde und das, was noch kommen würde. „Warum bist du denn nicht gerne egoistisch. Vielleicht ist das ein Anfang.“

„Ich wurde so erzogen. Mir war schon immer das Wohl anderer wichtiger, als das meinige…“

„Hätte man sich denken können“, murmelte Sirus leicht genervt und trank dann auch gleich den Wodka von Cruor aus, bevor er zwei neue bestellte. „Denkst du nie an dich?“, fragte er ruhig und drückte Cruor dieses Mal gleich das Glas in die Hand mit der Aufforderung zu trinken.

Dieser sah ihn aus großen Augen an, roch unsicher an dem Getränk und nahm dann einen kleinen Schluck, bevor er versuchte zu antworten. Nachdem er das Gesicht stark verzogen hatte. „Selten. Ich gebe meinem Körper nur das Nötigste. Das hat mir bislang auch gereicht. Ich schlafe, wenn ich nicht mehr stehen kann und ich esse, wenn ich es brauche… Oder man es mir aufträgt…“

Der Vampir verdrehte auch nur die Augen und seufzte schwer. „Ich glaube, ich weiß jetzt, was Necia meint…“, erklärte er und leerte sein Glas, während der Werwolf ihn aufgeregt anstarrte und beinahe vom Stuhl fiel. „Weißt du, ich kenne keine Frau, die wirklich nur den weichen, sensiblen Romantiker will“, meinte er ernst und schüttelte den Kopf, „Kein Wunder, dass sie nicht auf dich steht.“

„Sie sagt, dass es ihr so gefällt. Was will sie bloß? Ich habe das Gefühl, ich bin gar nicht in der Lage sie nur annähernd zu verstehen!“, jammerte Cruor und wurde nun auch genötigt das Glas auszutrinken.

„Hätte mich auch überrascht, wenn gerade du Frauen verstehen könntest!“, meinte Sirus mit einem schiefen grinsen und orderte die nächste Runde. Dann lehnte er sich zu dem anderen vor. „Soll ich dir mit meinem Wissen helfen?“ Dem stimmte der Werwolf gleich zu und betrachtete das nächste Glas auch wieder ein wenig skeptisch, während Sirus begann. „Ich weiß auf jeden Fall eins, wenn Frauen auf den hoffnungslosen Romantiker stehen würden, der nie an sich selbst denkt, dann hätte ich nie eine gehabt“, meinte er mit einem rauen Lachen.

„Ich soll mich also egoistisch und ungehobelt benehmen?“, fragte der Werwolf ein wenig erstaunt und schluckte dann, als er bemerkte, was er gesagt hatte, „Also… Nichts gegen dich. Ich weiß nicht, wie ich das sonst in Worte fassen soll… Aber noch etwas… Was meinst du denn damit, dass du nie eine gehabt habest?“

Nach einer Weile lachte Sirus einfach nur, trank sein Glas aus und schüttelte nur den Kopf. „Was ich damit meine? Welche Formulierung könnte besser passen für einen wie dich?“, dachte er laut nach und verdrehte fassungslos die Augen, „Sonst hätte ich nie mit einer geschlafen?“, versuchte er es noch einmal zu erklären.

Erschrocken und verlegen starrte der Werwolf ihn an und bekam große Augen, „Du… Du hast… Aber… Meine Gefühle für Frauen sind nicht… fleischlicher Natur… Das glaube ich. Also… Na ja…“, er starrte das Glas vor sich an und schluckte leicht.

Mit einem breiten Grinsen betrachtete Sirus ihn darauf ihn und schüttelte den Kopf: „Ach, armer Hund…“, lachte er und verdrehte genervt die Augen, „Ich weiß, was du meinst. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Necia einen echten Mann an ihrer Seite braucht. Deshalb ist ja auch Atticus Geschichte“, erklärte er ernst und zuckte nur die Schultern, als er sich für diese Bemerkung einen bösen Blick fing.

Und danach wurde Cruors Miene auch etwas betretener, „Ich weiß… Sie ist stark genug. Sie braucht jemanden Ebenbürtiges. So was kann ich niemals sein…“

„Du bist ein Dummkopf“, meinte Sirus nur trocken und bestellte sich den nächsten Drink.

„Warum denn das schon wieder? Was braucht sie denn? Sie kann doch alles… und sie hat alles…“

Sirus wurde noch etwas ernster: „Diese Frau…“, begann er ruhig, „Sie ist wahrscheinlich die erstaunlichste Frau, der ich je begegnet bin. Sie braucht weder den Typen, der glaub, dass er alles kann, noch einen Schoßhund!“

„Aber was dann?“, fragte der Werwolf leicht verzweifelt, „Was muss ich sein, damit ich nicht bloß das schwächliche Schoßhündchen bin?“

„Glaubst du nicht, dass du etwas dazwischen hinbekommst?“

„Was meinst du? Ich habe doch nie etwas anderes gelebt. Immer nur den Untergebenen. Ich wüsste nicht, wie ich das von heute auf morgen ändern könnte. Sirus, gibt es da nicht irgendeinen Trick?“, fragte Cruor auch gleich weiter und sah ihn ernst an.

„Du könntest damit anfangen, die Befürchtungen abzulegen, dass du sie verletzten könntest. Das ist nämlich so lächerlich, dass ich ab sofort anfangen werden zu lachen, wenn du es noch einmal erwähnst!“, sagte Sirus ernst und grinste finster.

„Aber zu meiner Zeit hat ein Mann sich nicht einfach auf die Dame seines Herzens zu stürzen, ohne auf sie Rücksicht zu nehmen. Da wurden Lieder geschrieben und lange Spaziergänge im Mondlicht unternommen. Was macht man heute? Alberne Sprüche und direkt sein. Das ist nicht die Art von Charme, die mir liegt...“, erklärte er ihm mit einem traurigen und unsicheren Lächeln.

Sirus wusste schon gar nicht mehr, was er davon halten sollte. Und schüttelte nur seufzend den Kopf. „Vielleicht solltest du einfach mal anfangen aufrecht zu gehen und nicht immer auf allen Vieren“, scherzte Sirus und blickte ihn dann wieder ernst an.

„Aufrechter?“, wiederholte der Wolf und nickte leicht, „Ja, das werde ich machen. Danke für den Tipp…“ So saßen sie noch einige Zeit zusammen und Sirus gab ihm Hinweise, wie er mehr Selbstbewusstsein haben könnte. Bis der Vampir dann auf seine Uhr blickte: „Sag mal… Wollen wir Necias Wein abholen?“
 

Niv hatte noch viele gruselige Bücher gelesen und auch ein paar davon ausgeliehen um sich weiter zu informieren. Nur für den Fall. Auch wenn er sich immer wieder einredete, dass das alles Unsinn war, und dass es so etwas nicht wirklich gab. Das war auch gar nicht möglich! Doch als er dann mit schnellem Schritt wieder nach Hause kam, schloss er die Tür auch schnell wieder hinter sich zu. Zweimal, um ganz sicher zu gehen. Und dann huschte er in die Küche, um sich einen Kakao zu machen, schloss alle Fenster und warf sich mit einer Wolldecke auf sein Sofa. Er schaltete den Fernseher ein und hoffte so irgendwie auf andere Gedanken zu kommen denn die ganze Situation machte ihn fertig.

Schlechtere Idee und ihre Folgen…

Doch auch nach einigem Überlegen fiel Shiva nicht ein, was genau sie jetzt machen wollte, wo der Tag ganz vor ihnen lag und sie gemeinsam in der Stadt waren. Nach einiger Zeit dann hatte Lyn aber eine Idee und lächelte ihre neue Freundin an: „Wie wäre es, wenn du mir zeigst, wo du wohnst?“, erkundigte sie sich.

Shiva betrachtete sie und dachte kurz über den Vorschlag nach. „Na gut… Aber es ist etwas weiter entfernt von hier!“, warnte sie gleich vor.

„Kein Problem. Aber kann könnten wir als Wolf laufen, oder?“, fragte Lyn nach.

„Ja, dann sind wir schneller“, stimmte die andere zu und trat mit der anderen in eine Seitenstraße, damit sie sich dort verwandeln konnten und zum anderen Ende der Stadt rennen konnten. Sie liefen schnell und einige unebene Wege, so dass sie ihre Fähigkeiten ganz einsetzten konnten und an dem sonnigen Tag ein wenig Spaß haben konnten, bis sie bei Shivas Haus ankamen… Es war ein kleines Haus, in dem sie mit ein paar anderen Werwölfen lebte. Es lag am anderen Ende der Stadt. Shiva wurde langsamer und verwandelte sich dann im Gehen zurück, wie sie nahe am Haus waren. „Hier lebe ich, wenn ich Abstand von der Stadt brache“, erklärte sie Lyn, die sich nun auch zurückverwandelt.

„Schön hier“, murmelte Lyn und lächelte sanft, „hier kann man es aushalten, denke ich…“

„Die Anderen scheine unterwegs oder auf Jagd…“, stellte Shiva fest, als sie die Tür öffnete und im Haus einsah, „Du kannst dich ja mal umsehen…“

Die Blondine folgte ihr in das Haus und sah sich alles ganz genau an. „Und du sagtest, es wohnen noch andere bei dir?“, fragte sie dann neugierig.

Die Gastgeberin war in zwischen eher traurig und sah sich traurig um, ihr Bruder hatte hier auch gewohnt und nun war er tot. Doch dann sprach Lyn sie an und ihre Tränen wurden schnell runtergeschluckt. „Ja… Noch ein paar andere Werwölfe und manchmal nehmen wir auch Besuch auf“, erklärte sie ihr dann wieder mit einem Lächeln.

Doch die Andere bemerkte dann doch die Besorgnis in der Stimme. „Alles in Ordnung?“, fragte sie unsicher nach.

„Ja“, versuchte Shiva gleich abzulenken und seufzte, „Nun… Nein, eigentlich nicht“, gestand sie dann und seufzte schwer, „Als… Ich gestern so blutverschmiert zurückkam… Nun… Einer der Werwölfe die hier leben wurde umgebracht… Ich kam zu spät dazu und ich werfe mir vor, zu wenig getan zu haben…“, erklärte sie und mied ihren Blick.

Betroffen sah Lyn sie an und nahm sie schnell in den Arm. „Das tut mir leid“, flüsterte sie vorsichtig und sah sie an. „Aber du darfst dir nicht die Schuld dafür geben... Ich hätte auch einiges ändern können...Ich hätte etwas gegen meinen alten Herrn machen können... Aber vielleicht hätte Necia mich dann nicht gefunden und ich wäre nie in dieses Schloss mit diesen wunderbaren Leuten gekommen“, erklärte sie ihr ruhig und streichelte ihr beruhigend den Rücken, „Ich will jetzt nicht sagen, dass der Tod etwas Gutes ist, aber… Du darfst nicht in der Vergangenheit leben…“

Ein trauriges Lächeln huschte über Shivas Lippen, doch dann nickte sie. „Du hast wohl recht“, gab sie dann zu. Nun hatten so viele Leute es ihr gesagt, so viele hatten auf sie eingeredet und ihr versucht zu verstehen zu geben, dass sie sich nicht die ganze Schuld geben durfte. Es war schwer, Trauer verflog nicht leicht, aber sie musste weiter leben, sonst konnte sie sich von dem grausamen Gefühl nie befreien. „Nur es ist so schwer daran zu glauben, da es sich um meinen kleinen Bruder handelt…“, meinte sie noch immer ein wenig traurig und blickte ihre Gefährtin an, „Aber du hast natürlich Recht… Ich sollte mir diese Erinnerung bewahren, aber auch weiter nach vorne schauen“, beschloss sie und seufzte leicht, um dann ein richtiges Lächeln auflegen zu können.

„Ja“, sagte Lyn erneut mit ihrer sanften Stimme und lächelte sie an, „Lass die Vergangenheit ruhen, aber lass die schönen und auch weniger schönen Erinnerungen an ihn in deinem Herzen“, erklärte sie und seufzte, „Ich habe das leider nicht ganz geschafft, aber… Du kannst an meinem Beispiel lernen…“

Die heimische Wölfin atmete tief durch und versuchte noch einmal sich vollkommen zu sammeln, bevor sie dann weitermachen wollte und Lyn auch wie einen Gast in diesem Haus behandeln wollte. „Möchtest du dir meinen Raum anschauen?“

Auch die Andere musste sich erst einmal von den dunklen Gedanken abschütteln, dann nickte sie und ging freudig auf das Angebot ein. So gingen sie in Shivas Raum und sahen sich dort um. Sie redeten lange miteinander, auch noch etwas über Shivas Bruder und das Leben in dem Anwesen. Danach jagten sie noch einige Zeit im Wald, bis sie sich zum Schloss zurück machten und ihnen dort jedoch schon ein merkwürdiger Geruch entgegen stieg…
 

„Natürlich“, stimmte Cruor dem Vorschlag seines Partners auch gleich zu.

Sirus nickte nur kurz und bezahlte dann die Getränke, bevor sie die Bar auch schon verließen. Er wusste ja, wo sie hinwollten und was für einen besonderen „Wein“ sie abholen wollten. Demnach führte er seinen Freund durch die Straßen, bis sie an einen Wohnbereich am Rand der Stadt kamen.

„Es riecht schon… nach Gift“, murmelte Cruor ein wenig erstaunt und sah sich neugierig in der ruhigen Gegend und all den kleinen Häusern um.

„Das kannst du riechen?“, fragte Sirus überrascht nach und lächelte, wie er dann an die Tür trat und auch schon klingelte.

Cruor nickte: „Dieser Mensch riecht wirklich süß… ganz anders als andere. Also ja“, erklärte er ihm und war immer noch neugierig, erst als man etwas an der Tür hörte, war er doch etwas unsicher und trat noch einen Schritt wieder zurück um Sirus den Vortritt zu lassen.

Etwas verwirrt trat Niv an die Tür, ihn besuchte schließlich eigentlich nie jemand. „Wer ist da?“, fragte er erneut durch die Tür und wartete gespannt auf eine Antwort.

„Dein Freund und Helfer“, erklärte Sirus und setzte wieder sein typisches Lächeln auf.

Und schon öffnete der Junge auch die Tür und sah vorsichtig nach draußen: „Herr Polizist? Was wollen sie denn schon wieder hier?“

„Es gibt bereits Neuigkeiten im Fall deiner verschwundenen Bekannten. Ich darf es eigentlich nicht, aber ich wollte dir zeigen, was wir gefunden haben, weil es dich offenbar sehr verwirrt hat. Würdest du bitte mitkommen?“, erklärte der Vampir ihm ganz ruhig.

„Äh… Mitkommen?“, fragte Niv erschrocken und blinzelte leicht, „Eigentlich schaue ich gerade fern… Ich muss auch noch sauber machen und… könne Sie mir die Ergebnisse nicht einfach sagen?“, fragte er naiv nach und betrachtete die zwei Gestalten vor der Tür unsicher.

Der Polizist seufzte schwer und legte die Hand an die Tür, um sie ein weiteres Stück aufzudrücken und den Jungen näher an zu sehen. „Es dauert nicht lange. Und es sind einige Bilder, die du sicherlich sehen möchtest!“, versuchte er noch einmal auf ihn einzureden und griff damit leicht nach seiner Hand. Doch da reagierte der Junge gleich hysterisch und versuchte sich zu befreien, während er schrie, dass man ihn loslassen sollte und er wissen wolle, was hier passierte. Und das obwohl Sirus seine Hand nur ruhig festhielt. Cruor betrachtete die beiden nur finster, aber auch verwirrt. Doch da das Theater nicht funktionierte, entschied sich Sirus schnell dazu, eine andere Taktik anzuwenden, immerhin musste man den Jungen ja ins Schloss bekommen. So legte er ihm die andere Hand auf den Mund und kam näher. „Pass auf, Kleiner, du kommt mit, entweder freiwillig oder wenn ich Gewalt anwenden muss…“

Geschockt starrte der Junge die beiden an und begann auch gleich zu zittern, denn er hatte wirklich Angst in diesem Moment, was man jetzt von ihm wollte. Dabei stand da doch ein Polizist vor ihm! Aber er musste irgendetwas tun und so biss er dem Angreifer in die Hand und riss sich so gut es ging los, um die Treppe nach oben zu stolpern und zu hasten, in der Hoffnung dort irgendwie frei zu kommen.

Wütend starrte Sirus ihm hinterher. Die Hand schmerzte nicht, aber es war doch ziemlich frech. „Du bleibst hier“, fuhr er Cruor an und lief dem Jungen dann auch schon nach.

Dieser rannte in sein Zimmer oben und warf die Tür hinter sich zu, während er das Telefon griff und die Nummer der Polizei wählte. „Hallo?“, fragte panisch und schluckte, „Mein Name…“, doch da hörte er schon die Schritte an der Treppe, „Helfen Sie mir! Hier ist jemand, der mich entführen will…“, meinte er geschockt und nannte seine Adresse, doch da flog die Tür hinter ihm auch schon auf und der Hörer wurde ihm aus der Hand gerissen. Augenblicklich erstarrte der Junge.

„Sirus Kel hier. Ich habe bereits alles im Griff. Entspannt euch Leute. Den Typen krieg ich alleine und ich bin schon vor Ort“, erklärte er ruhig und legte wieder auf, bevor er den panischen Jungen angrinste.

Zitternd und ängstlich sah der Mensch ihn an. „Wer sind Sie wirklich und… Was wollen Sie von mir?“, fragte er erschrocken und ihm kamen leicht die Tränen, „Und… Wie sind Sie so schnell hinter mich gekommen und… Was hast das alles hier…“, einen Moment kam ihm wieder in den Sinn, was er über Vampire und übernatürliche Wesen gelesen hatte… Aber das konnte doch nicht sein!

Langsam war aber auch Sirus das Ganze zu blöd, und da der Junge, so wies schon mitkommen würde, warum sollte man dann nicht auch ehrlich mit ihm sein? Würde ja keinen umbringen und wenn war es auch nicht schade drum. „Ich bin Sirus Kel, Polizist in dieser Stadt und Vampir“, er zwinkerte ihm zu und packte ihn wieder am Handgelenk um ihn aus dem Haus zu ziehen. Der Junge fing in der Zwischenzeit an zu weinen und versuchte verzweifelt sich zu wehren und zu kämpfen, aber es brachte nichts. Immer wieder schrie er, dass er das alles nicht wahrhaben wollte und Vampire eine Lüge waren, aber Sirus schleifte ihn einfach weiter. „Tut mir leid, Kleiner, aber ich existiere und ich nehme dich jetzt mit!“, sagte er ernst und zog ihn zur Tür, um ihn sich dort einfach über die Schulter zu legen und weiter zu gehen, da konnte er auch rebellieren, aber es war viel leichter sich mit ihm fortzubewegen. Und es dauerte auch nur noch ein paar wenige Wutattacken, bevor der Junge ohnmächtig über seiner Schulter wurde…

Cruor sah ihn aus großen Augen an, als die Beiden aus dem Haus traten und er verzog leicht das Gesicht, während sie zurück zum Schloss gingen. Eine Leute betrachtete sie verwirrt, aber da zog Sirus einfach seinen Ausweis und erklärte ihnen, dass er von der Polizei sei und dass der Junge von zu Haus weggelaufen sein. Man müsse ihn doch jetzt nach Hause bringen und dann konnte man ruhig weiter gehen.

Der Werwolf neben ihm war von dem Ganzen schon ein wenig verwirrt. „Machst du das öfter?“, fragte er erstaunt und starrte den Jungen noch immer ein wenig mürrisch an.

„Ich hab Übung darin“, gab der Vampir nur zurück und zuckte mit den Schultern, „Schau ihn nicht so böse an, den will noch jemand essen“, scherzte er und ging einfach weiter.

Nach einiger Zeit kam Niv dann wieder zu sich und sah sich gleich hektisch um, er schlug mit den Fäusten gegen den Rücken des Vampirs, aber er konnte sich nicht dagegen wehren, zum Schloss gebracht zu werden…
 

Nachdem sie sich so eine Enttäuschung von ihrem heimlichen Traummann hatte abholen müssen, war Luchsa ein wenig deprimiert, aber sie war auch nicht die Person, die sich in ihrem Zimmer verkriechen konnte und einfach nur weinen würde! Ganz sicher nicht. Wenn der Typ keine Zeit mit ihr verbringen wollte, dann war das aber ganz sicher sein Problem und nicht ihrs! Ihm entging doch der Spaß und das Geschenk ihrer Anwesenheit! Sie schlenderte durch die Gänge und sah sich um, bis sie irgendwann im Garten ankam. Dort sah sie einen anderen Bediensteten des Schlosses auf dem Rasen. Mit einem breiten Grinsen ging sie auf ihn zu und stupste ihn mit dem Fuß an: „Na, Shiro? Schläfst du?“

Der Angesprochene hörte sie nur halb, aber was er besonders gut hörte, dass war wiederum ihr Kichern! Grummelnd kniff er die Augen noch fest zusammen und rührte sich kein Stück, während er, beinahe ohne die Lippen zu bewegen ein: „Was denn?“, nuschelte er. Das jedoch brachte die junge Frau nur noch mehr zum Lachen, als sie lautstark feststellte, dass er mal wieder eingeschlafen war. Shiro grummelte weiter, aber nun richtete er sich auch endlich auf und sah sie grantig an: „Hauptsache, du hast deinen Spaß, was?“, fragte er gereizt und verdrehte die Augen.

Luchsa legte den Kopf schief und grinste ihn nur noch breiter und frecher an: „Oh! Glaub mir, ich habe meinen Spaß!“, meinte sie und brach noch einmal in lauteres Gelächter aus, auch wenn sie ihr Ziel ja bereits erreicht hatte, ihn zu wecken, es machte ihr Spaß, dass er sich darüber ärgerte!

Mit einem leichten Seufzend stand der Vampir auf und streckte sich noch einmal, um wacher zu werden. Dann sah er sie ernst an und wollte sich abwenden. „Ich sage da einfach nichts zu.“

Luchsa wurde daraufhin auch etwas ernster, das Lächeln blieb ihn ihrem Gesicht, aber sie betrachtet ihn doch etwas nachdenklicher. Shiro, der ihren Blick spüren konnte, drehte sich gleich zu ihr um und verdrehte leicht die Augen: „Ist was?“, noch immer war er verschlafen, was seine auch sonst nicht allzu optimistische Laune noch weiter nach unten drückte.

„Nein…“, gab Luchsa zurück und lächelte weiterhin, „Es ist alles in Ordnung.“

„Na wenn du meinst“, Shiro war verwirrt und er wusste nicht, ob das an ihr lag oder daran, dass er immer noch so müde war, aber er zuckte dann doch nur mit den Schultern und wollte das Thema damit beenden.

„Mit dir wohl nicht, oder?“, fragte Luchsa daraufhin gleich und legte den Kopf ganz schief.
 

Mit einem tiefen Seufzen stand Firion auf und sah sich unter all den Menschen um. Er wusste nicht, wie sein Freund auf diese verrückte Idee gekommen war, aber es war unterhaltsam gewesen. Er lächelte ihn leicht an und seufzte noch einmal: „Weißt du, du solltest nie wieder sagen, dass du unfähig seist“, erklärte er ihm ruhig und schlenderte langsam und versucht unauffällig aus dem Raum heraus. Seelaye sah ihn daraufhin verwirrt an und wurde rot. Die Frage, wie sein Freund das nun gemeint hatte, folgte gleich und das Ratsmitglied musste schmunzeln: „Weil ich gesehen habe, dass du etwas kannst, das selbst die Ranghöchsten von uns nicht vermögen. Jeder hat seine eigenen Fähigkeiten, denke ich“, erklärte er dann und lächelte. Daraufhin bekam Seelaye nur noch größere Augen und begann ein wenig zu stottern, er wusste einfach nicht, was er nun dazu sagen sollte und versuchte sich rauszureden und das Thema zu wechseln. Er schaffte es schließlich damit, dass er seine Begleitung aus dem Kinosaal nach draußen brachte. Firion sagte nichts dazu und folgte ihm einfach nur.

Dann jedoch war Seelaye doch zu neugierig. Unsicher sah er den Anderen an und seufzte: „Und… Was genau meintest du jetzt damit?“

Etwas belustigt betrachtete Firion seinen Freund: „Ach? Jetzt möchtest du es doch wissen?“

Sein Freund sah ihn an und seufzte beschämt: „Ja… Bitte…“, murmelte er wie er nach Firions Hand griff.

Und doch konnte Firion ihn auch nicht so lange hängen lassen und nickte dann: „In Ordnung, ich sage es dir“, erklärte er mit einem Lächeln, „Was ich meine ist, dass du eine Beziehung zu Menschen hast. Nein, mehr noch. Du kannst mit ihnen umgehen, du kannst dich anpassen und hast ein Verhältnis zu ihnen aufgebaut, das ist nicht so leicht wie es klingt… Ich glaube für mich wäre das unmöglich.“

„Oh… Das meinst du“, Seelaye dachte einen Moment nach und sah ihn etwas verlegen an: „Aber… Das muss man eben, wenn man in eine Schulklasse geht…“

Doch das Ratsmitglied betrachtete ihn und hatte das Gefühl, dass Seelaye ihn nicht richtig verstand. Er seufzte schwer: „Ich meine das ernst“, sagte er noch einmal, „Nicht viele Vampire haben diese Fähigkeit.“

Noch einmal wurde der andere verlegen und lächelte ihn leicht nervös an: „Äh… Danke“, murmelte er und umarmte ihn dann einfach einen kurzen Moment, als Dank für das Kompliment.

Firion erwiderte die Umarmung für die kurze Dauer und lächelte ihn an: „Es ist nur, was wahr ist und was ich sehe. Du musst dich dafür nicht bedanken. Aber gern geschehen. Sein Freund nickte leicht und erwiderte das Lächeln, während sie gemeinsam beschlossen zurück ins Schloss zu gehen.

Das Albino-Blut

„Zetere hier bloß nicht so rum“, murmelte Sirus genervt, als sie am Schloss ankamen, dein Geheule geht mir nämlich echt auf die Nerven“, erklärte er ihm und seufzte leicht, „Dabei hast du gar keinen Grund traurig zu sein. Du bist sozusagen ein Geschenk für unsere Herrin! Und ihren komischen Bruder. Aber das ist ein Ende, von dem die meisten nur träumen können, also? Zeig mal Begeisterung.“

Aber statt Begeisterung und Freude, zeigte der Menschenjunge ihm etwas anderes. Nämlich pures Entsetzen. „Geschenk?“, stotterte er, aber kurz darauf wurde er schon wütend und schrie herum, „Willst du mich verarschen? Ich bin doch keine Schachtel Pralinen!“, meinte er aufgebracht und versuchte um sich zu schlagen, aber dabei blieb der Vampir nur recht kühl und lachte.

„Tja, Kleiner, das ist aber nun einmal deine Funktion“, gestand er um und drehte sich dann zu seinem Gefährten um, „Ich bringe ihn in den Kerker. Sag du Necia Bescheid“, dabei zwinkerte er ihm noch einmal zu und zog den Jungen hinter sich her. Etwas nervös war der Blick des Werwolfes bei diesem Kommentar schon, aber nickte den Auftrag dann doch ab und machte sich in Gestalt eines Wolfes auf den Weg zu seiner Herrin.

Niv starrte seinen Entführer dabei dann allerdings ziemlich geschockt an: „Kerker?“, stotterte, „Bitte was? Das… Das ist Menschenrechtverletzend… Das dürfen Sie nicht! Das… Das…“, aber ihm viel gar nichts mehr weiter an, und je mehr er sich zu wehren versuchte, desto mehr musste er auch einsehen, dass es einfach keinen Sinn mehr hatte. Der Vampir versicherte ihm auch noch einmal, dass es ihn nicht stören würde, als er ihn die Treppe in den Keller führte. Der Junge fing nun an zu weinen, aber er wollte auch noch immer nicht aufgeben: „Du blöder Mistkerl! Und verdammter, mieser Blutsauer! Du… Du… Du Scheintoter… Du Verdammter! Ich… Ich werde… Ich…“, das meiste jedoch ging unter seinem Schluchzen unter und bei dem anderen Teilen fehlten ihm in seiner Panik und Wut einfach die richtigen Worte, aber er war so aufgebracht, dass er nur schwer an sich halten konnte.

Sirus öffnete nun die schwere Eisentür zu dem Kerker und atmet tief durch: „Oh, welch schreckliche Beleidigungen“, murmelte er und schüttelte leicht den Kopf. Nachdem er eingetreten war, zerrte er den Gefangen in eine Ecke und ließ ihn erst einmal dort einen Moment stehen. Aber Niv war in diesem Moment schon so weit, dass er nichts mehr sagen konnte und nur noch bitterlich weinte, dort wo er stehen gelassen worden war. Er betrachtete den Jungen und seufzte leicht: „Man, du bist ja ganz schön verzweifelt“, und so sehr ihm so etwas auch egal war, er machte sich doch noch einmal die Mühe auf den Menschen zu zugehen, „Glaub mir, wenn du dich nicht wehrst, tut es auch nicht weh.“ Er wusste selbst, dass das nur ein schwacher Trost war, aber etwas musste man ja sagen. Darauf brach Niv jedoch nur am Boden zusammen und weinte noch mehr. Der Vampir schüttelte nur den Kopf, er verstand das Verhalten nicht, aber er konnte sich selbst auch nicht wirklich verstehen: „Kleiner… Wenn du so weiter machst, dann habe ich irgendwann noch Mitleid! Hör auf damit!“

„Das…“, Niv blickte ihn aus großen und feuchten Augen an, „Das ist mit doch egal!“, meinte er dann wütend und begann noch mehr am Körper zu zittern, er hatte einfach furchtbare Angst und wollte nach Hause, mehr nicht. Das war alles, an das er in diesem Moment denken konnte.

Der Vampir betrachtete ihn und atmete tief durch: „Gut, wenn es das ist“, dann konnte er auch wieder härter durchgreifen, er ging auf ihn zu und packte ihn an den Handgelenken, um ihn dort an der Wand fest zu machen, immerhin konnte man ja nicht riskieren, dass er davonlief, wenn man ihm den Rücken zukehrte.

Daraufhin bekam der Junge noch größere Augen und schluckte hart: „Was… Was tust du… Was tust du mir jetzt schon wieder an?“, fragte er geschockt und schüttelte den Kopf.

„Tut mir leid, Kleiner, aber ich führe meine Befehle ordentlich aus“, sagte er hart und kettete ihn ordentlich an der Wand fest.

Niv konnte es noch gar nicht richtig fassen, er zitterte und weinte und zog hilflos an den Ketten, aber natürlich passierte nichts, auch wenn er noch so viel jammerte. Es fühlte sich schrecklich an, aber er kam auch nicht mehr voran. Nach einiger Zeit wurde Niv wieder wild und versuchte sich verzweifelt zu befreien, dabei sah er Sirus wütend an: „Das hier ist dir doch alles egal! Du führst ja nur deine Befehle aus!“, jammerte er lauthals, „Und du hast keine Ahnung, was ich gerade fühle!“, schrie er verzweifelt.

Sirus betrachtete ihn und inzwischen ging ihm das ganze doch ziemlich auf die Nerven! Er seufzte schwer und trat wieder näher an den Jungen heran. „Glaub mir… Verzweiflung und Hilflosigkeit waren in deinem Alter meine besten Freunde“, meinte er ernst, „Also untersteh dich auch nur glauben zu können, etwas von mir zu wissen oder mir etwas vorzuschreiben, klar?“ Darauf verstummte der Junge doch wieder und stürzte sich weiter in das Weinen…
 

Cruor war inzwischen bei seiner Meisterin angekommen und saß nun vor ihrer Tür. Er verwandelte sich zurück in einen Menschen und musste einen Moment lang nachdenken. Er musste stärker sein, wenn er seine Herrin wirklich überzeugen wollte. Das musste er tun, und er versuchte sich dazu auch durchzuringen. „Necia?“, er klopfte und atmete noch einmal tief durch, damit er die Tür einfach öffnen konnte, „Seid Ihr anwesend? Ich komme herein…“

Etwas überrascht sah Necia von ihren Akten hoch und betrachtete ihn mit einem kühlen Lächeln: „Cruor? Was für eine Begrüßung, wo du schon heute Morgen nicht hier warst“, stellte sie fest und stand mit einer ruhigen Bewegung auf.

„Ja, nun bin ich hier, Milady“, gestand er, „Euer Geschenk ist angekommen. Sirus war erfolgreich und… Eigentlich kann man diesen Jungen bisher riechen!“, er verzog das Gesicht und seufzte leicht, „Ich… würde Euch gerne nach unten geleiten“, meinte er dann schnell und hielt ihr den Arm hin, um davon abzulenken, wie sehr er den Geruch des Albinos nicht ausstehen konnte.

„Gerne“, erwiderte die Herrin, noch immer etwas überrascht, jedoch nahm sie seinen Arm an.

Nun war jedoch auch der Bedienstete verwirrt: „Ist etwas, Milady?“, aber er wollte auch stark bleiben, so zögerte er noch einen Moment, „Ich… Ich habe Euch vermisst und… Ich habe mich nach Euch gesehnt. Nach Euch und Euren bezaubernden Lippen“, gestand er dann und blickte sie vorsichtig an.

Die Herrin des Schlosses musste leicht grinsen und erwiderte seinen Blick: „Aha… Hast du das?“, fragte sie leicht belustigt nach.

„Ja, das habe ich“, wiederholte Cruor noch einmal und betrachtete sie, er musste etwas tun. Er musste auch etwas tun, so hatte Sirus ihm das doch erklärt und auch wenn er sich komisch dabei fühlte, beugte er sich zu ihr vor und küsste sie einfach. Noch immer mit einem Grinsen erwiderte Necia den Kuss und nickte dann leicht. Mehr jedoch sagte sie zunächst nicht…

Shiva blickte hoch und sah sich genau um. Sie blieb noch einen Moment in Wolfsgestalt, da diese ihr einen besseren Geruchssinn verlieh und sie unbedingt wissen wollte, was genau hier vor sich ging. Es roch nicht richtig, so etwas hatte sie noch nie gespürt und sie fragte sich mehr und mehr, was in diesem Schloss vorging, als sie hinter ihrer neuen Freundin herging. Es missfiel ihr, aber bisher traute sie sich nicht so recht etwas zu sagen, sie rümpfte die Nase und knurrte leicht, in der Hoffnung bald herausfinden zu können, woher nun dieser Geruch kam…

Lyn legte den Kopf schief und sah sie von der Seite aus an, sie hatte sich schon wieder in einen Menschen verwandelt und seufzte leicht. „Du riechst es auch, oder?“, fragte sie und streichelte ihrer Wolfsfreundin leicht über den Kopf, „Das ist ein Geschenk an unsere Herrin“, versuchte sie das Thema einfach nur abzutun und sah sie fragend an, „Lass uns einfach auf mein Zimmer gehen“, schlug sie vor, um möglichst viel Streit aus dem Weg zu gehen, denn sie konnte nur zu gut sehen, dass Shiva das hier nicht gefiel.

Aber was sie auch versuchte, Shiva knurrte weiter und mit jeder Sekunde konnte sie den Jungen auch deutlicher wittern. Mit einer vergnügter Miene verwandelte sie sich wieder einen Menschen und sah ihre Freundin fragend an: „Was heißt hier Geschenk? Ist das ein Witz?“, sie schüttelte sich und konnte das nicht glauben. Ohne dass sie viel davon wusste reichte es schon um sie furchtbar aufzuregen. Daraufhin verwandelte sie sich wieder in einen Wolf und ging nun dem Geruch nach, da sie einfach wissen musste, was hier vor sich ging!

Geschockt betrachtet Lyn sie und schüttelte dann nur schnell den Kopf und packte sie so gut es ging, um sie zurückzuhalten, als Shiva schon in der Nähe der Eisentür war. „Nein! Lass das! Da darfst du nicht rein!“, schrie sie und versuchte ihre Bekanntschaft zurück zu halten. Doch es war vergeblich, Shiva wollte nicht hören und war wild entschlossen, herauszufinden, was sie wissen wollte. Sie öffnete die Tür und stürmte knurrend die Treppe hinunter. Nun hatte sie auch noch Sirus gerochen und musste sich dorthin auf den Weg machen. Lyn versuchte ihr so schnell es ging zu folgen. Sie flucht und beeilte sich, jedoch kam sie dabei ins Stolpern und fiel am Ende der Treppe auf ihre Knie.

Als Shiva auf dem Weg nach unten war, nahm sie Lyn schon gar nicht mehr wahr, sie rannte nach unten und konnten nun auch Sirus deutlich erkennen. Sie konnte auch schon erahnen, was er vorhatte. Mit einem lauten Knurren verwandelte sie sich in einen Menschen und ging ihn an. „Was soll das werden?“

Niv betrachtet sie verwirrt und schluckte leicht. „Man… Ihr seid ja alle total durchgeknallt! Da kommt plötzlich ein Wolf rein und ich bin hier das Essen… Was ist hier nur los, und warum ich?“, fragte er verzweifelt und schüttelte sich.

Der Vampir war unterdessen vollkommen unbeeindruckt von der alten Bekannten, die nun durch die Tür reingekommen war und schüttelte nur den Kopf: „Ah, der Straßenköter, ich wusste nicht, dass wir Leute wie dich in unseren Keller lassen, oder dass dich jemand eingeladen hätte“, sagte er finster und sah sie ernst an, „Hast du wenigstens eine Begründung hier bei uns einzubrechen?“

„Was soll das?“, fragte Shiva nur noch einmal ohne auch nur auf die Fragen einzugehen und knurrte dabei, „Was machst du da?“, sie war vollkommen ernst, aber dabei hob sich ihre Brust vor Aufregung und Wut. Dieselben Fragen stellte sich Niv auch schon, aber er schaffte es noch nicht sie so hart auszusprechen. Und auf der anderen Seite glaubte er auch nicht daran eine vernünftige Antwort zu bekommen.

Lyn kam ihr inzwischen hinterhergerannt, ihr Knie blutet, aber sie wusste, dass sie hinterher musste. „Oh Sirus… Es… Es tut mir so leid!“, stotterte sie als sie in dem Raum ankam und die Situation erblickte, sie sank jedoch auch gleich wieder auf die Knie, denn die Anstrengung hatte ihren Körper nun vollkommen erreicht und ihr wurde schwarz vor Augen, wie sie auf dem Boden zusammen brach.

Sirus sah erstaunt zu Lyn und verdrehte die Augen, die hatte ihm in all dem Chaos nun wirklich noch gefehlt! Und dass dieser Werwolf von wo auch immer sich ihnen nun aufdrängt war ihm auch nicht recht! Aber er atmete tief durch, blickte den Eindringlich an und versuchte sie richtig und nach den Regeln der Vampire zu behandeln: „Auch wenn ich nicht verpflichtet bin, gebe ich dir Auskunft: Das ist das Essen für Lady Necia und Lord Seelaye. Und ich spreche im Namen meiner Herren, dass du keine Befugnis hast hier zu sein!“

Der Werwolf erwiderte noch immer den Blick des Vampires: „Die sind sich ja zu fein selbst auf die Jagd zu gehen oder wie?“, fragte sie und knurrte noch immer bei jedem Wort, „Das könnt doch nicht machen! Und da behauptet eure Rasse besser zu sein als die Menschen!“, meinte sie provokant und sah ihn wütend an. Das Lyn umgekippt war, realisierte sie am Rande, aber sie war zu erregt um sich darum zu kümmern.

„Hey, Wolf, ich weiß nicht, wo dein Problem ist!“, sagte Sirus ernst, „Erläutere es mir bitte. Ich verstehe nun wirklich nicht, was dich das hier angeht!“

„Na da sind wir schon zu zweit…“, murmelte Niv und legte den Kopf schief, „Wer bist du?“

Shiva blickte zu Niv und seufzte, er erinnerte sie irgendwie an ihren kleinen Bruder, dann sah sie wieder zu Sirus auf: „Immer noch: Mein Name ist Shiva! Und mein Problem ist es, dass ihr wenn ihr schon sein Blut saugen müsst“, und dabei betonte sie es, als sei es die schlimmste Sache auf der Welt und schüttelte sich, „Den da sofort aussaugt und tötet! Außerdem spielt ihr hier die Diener, die den Herrn ihr Essen bringen, damit die sich bloß nicht bewegen müssen, oder was?“

Mit einem tiefen Seufzen begann Sirus sie aufzuklären: „Erstens wird er nicht getötet, zumindest steht das noch nicht fest. Zweitens würde ich mich, bei deiner unzivilisierten Kultur nicht über unsere Sitten beschweren. Besonders wenn du keine Ahnung von ihnen hast. Und drittens hat dies nichts mit Faulheit oder so etwas zu tun. Es schickt sich in manchen Hinsichten einfach nicht. Aber wie bereits gesagt: Du hast davon keine Ahnung. Also bitte… Geh jetzt“, sagte er noch einmal bestimmt und blickte sie halt an.

Erstaunt starrte Niv ihn an: „Ich… Ich muss gar nicht sterben?“

„Noch schlimmer! Dann gibt es ja noch so einen Blutsauger!“, meinte Shiva wütend und schüttelte sich, „Also ob… Ihr seid meistens viel unmenschlicher im Umgang mit eurer Bete als wir!“, meinte sie anmerken zu müssen, „Was soll man da denn schon verstehen? Entweder er wird als Sklave behalten oder er wird leer gesaugt“, fasste sie knurrend zusammen.

Da bekam Niv noch größere Augen: „Sk… Sklave?“, fragte er geschockt, „Halt… Was soll das bedeuten?“

Sirus verzog das Gesicht und schüttelte über die Wölfin nur den Kopf, „Ja… Einen Menschen zu zerfleischen während er am Leben ist, ist viel menschlicher als ihm in den Hals zu beißen“, meinte er sarkastisch, „Ich strebe keinen Vergleich an, aber ich habe schon gesehen, wie viel zu viele von euch wahnsinnig geworden sind!“, nun fing auch er an zu knurren, „Und ich verstehe noch immer nicht, warum dich der Junge interessiert! Du kennst ihn nicht einmal!“

Shiva hörte ihm gut zu, aber sie antwortete ihm nicht. Sie knurrte nur leicht. „Es geht nicht um den Jungen! Es geht darum, wozu ihr ihn machen wollt oder zwingt oder sonst noch…“, meinte sie, „Ihr werdet ihn ja bestimmt nicht gehen lassen, sondern er darf hier schön bleiben, ob er nun will oder nicht“, sie dachte dabei an Lyn und Cruor, die zwar Wölfe waren, aber hier nun auch noch als Diener lebten… Noch einmal sah sie mitleidig zu Niv, sie selbst ernährte sich wann immer es ging nur von Tierfleisch.

„Mit jedem Wort“, meinte Sirus ernst und starrte Shiva wütend an, „Habe ich mehr Lust dich zu töten. Es wäre viel schlimmer ihn zu verwandeln und am nächsten Straßenrand halbtot liegen zu lassen! Aber so etwas verstehst du einfach nicht!“, sagte er kalt.

Niv betrachtete all die Leute und seufzte. Es war schrecklich, er hatte Angst und er wusste nicht genau, was er hier zu erwarten hatte und seine „Rettung“, die angekommen war, hob seine Laune auch nicht.
 

„Nun denn . Wir wollen Euer Geschenk ja nicht länger als nötig warten lassen, nicht wahr?“, brachte Cruor das Thema wieder auf und machte eine Geste nach vorne, „Darf ich bitten?“

Necia betrachtete ihn und lächelte leicht: „Ja, darfst du“, stimmte sie zu und setzte sich mit ihm in Bewegung um den Kerker zu erreichen.

Während sie auf dem Weg waren hielt Cruor die Nase in die Luft und sah sich um. „Es scheint so, als sein Lyn und Shiva ebenfalls im Keller…“, gestellte er verwirrt fest.

„Shiva?“, fragte Necia nach und wartete ungeduldig auf eine Antwort.

„Eine Wölfin von außerhalb. Lyn hat sie beim Jagen entdeckt und sie hat wohl in Lyns Zimmer genächtigt. Ihr Bruder wurde in Euren Ländereien getötet. Dabei habe ich sie dann entdeckt und ja… Das ist alles, was ich weiß“, erklärte Cruor leicht verlegen und seufzte. Er hätte es ihr schon früher berichten müssen.

Necia blieb einen Moment stehen und schloss die Augen: „Ich… spüre Ärger“, meinte sie ruhig und fasste sich an den Kopf.

Cruor nickte zustimmend. „Lasst und lieber schnell nachsehen“, meinte er und sprintete in den Kerker. Er blickte sich um und atmete tief durch: „Sirus… Alles in Ordnung?“, dann erblickte er Shiva, „Was ist hier los?“
 

„Natürlich, weil er verwandelt werden will“, meinte Shiva und verdrehte die Augen, „Wohl eher deine liebe Herrin hat verlangt oder ihr wollt ihr imponieren oder was weiß ich!“, meinte sie erneut und regte sich auf, „Aber dafür einfach mal ihm die Wahl zu nehmen und ihm nicht zu sagen, was für Auswirkungen das hat“, sie fauchte etwas und sah dann nur etwas verächtlich zu Cruor rüber. Währenddessen hatte sie nicht einmal bemerkt, dass Necia den Raum betreten hatte und nun hinter ihr im Türrahmen stand.

Sirus grinste leicht, er war sofort ruhig gewesen, als die Herrin des Schlosses aufgetaucht war. „Mutig…“, meinte er ruhig und sah den Werwolf an, „Wo meine Herrin doch hinter dir steht.“

Shiva jedoch runzelte die Stirn und drehte sich nicht um: „Na und?“ Nach einiger Zeit drehte sie sich dann doch um und betrachtete die Herrscherin dieses Gebäudes und legte den Kopf schief.

Necia sah sie kalt an und lächelte noch etwas kühler mit jeder Sekunde: „Shiva, nehme ich.“

„Soll ich jetzt Angst haben oder weglaufen?“, meinte die Wölfin frech, aber im Gegensatz sie zu provozieren, brachte das auf das Gesicht der Vampirin nur ein noch kälteres und herzloseres Lächeln.

Ein Bund für das Leben (Cruors Vergangenheit)

Kapitel 21: Ein Bund für das Leben (Cruors Vergangenheit)
 

Geboren im tiefen Mittelalter, als Sohn einer mit Kindern reichbeschenkten Familie, wuchs Cruor im Elend auf. Seine Familie war arm und es gab so viele Mäuler die gestopft werden wollten. Jeden Tag arbeitete sein Vater Stunde um Stunde bis in die tiefste Nacht. Morgens verließ er das Haus, in der Nacht kam er heim. Und immer wirkte sein Blick leer und ausdruckslos. Er arbeitete, damit sie lebten, keinem anderen Sinn diente seine Existenz. Cruor verstand es damals nicht ganz. Er sollte es noch verstehen lernen. Aber in seiner Kindheit sah er nur, wie das Leben seinem Vater immer mehr die Kraft entriss und er sich jeden Tag aufs Neue aus dem Haus schleppte, damit die vielköpfige Familie leben konnte. Doch auch dieses Leben verlief nicht so, wie man sich Leben vorstellte.

Als Cruor geboren wurde, hatte er fünf Geschwister. Er war nicht ganz ein Jahr alt, als er das erste Mal dem Tod begegnete. Einer seiner Brüder starb, an dem Hunger. Es war schon immer schwer, das Essen richtig aufzuteilen, wenn es so viele Leute mit so unterschiedlichen Prioritäten gab, und von dem Grundbedürfnis einfach zu wenig. Der Neugeborene bekam dies wohl nicht einmal wirklich mit, denn seine Mutter wurde bald wieder schwanger und als Cruor drei Jahre alt war, hatte er erneut fünf Geschwister. Die Winter waren kalt und hart, das Haus war klein und es gab nicht viele Möglichkeiten sich in der Nacht warm zu halten…

Deutschland war schon immer kalt gewesen, doch in dem Jahr als Cruor sechs Jahre alte geworden war, ging ein Sturm dem schweren Winter voraus. Und er entledigte Cruors Familie einer ihrer Hauswände. In der Nacht kam der Vater von der Arbeit und versuchte alles daran zu legen, die Wand wieder aufzubauen. Er kam zu spät. Drei von Cruors Geschwistern überlebten den Winter nicht. Darunter sein jüngster Brüder und zwei älterer Schwestern. Cruor war einer der Unglücklichen, die überlebten, während seine Geschwister mit jedem Tag kälter wurden und ihre Haut bleicher… Er sah zu und er verstand nicht, wie all das passieren konnte. Verstand auch nicht, warum sie und nicht er. Er verstand nicht, was passierte oder warum. Er verstand auch nicht, wie seine Eltern das zu lassen konnten, ohne die Fähigkeit zu wissen, dass sie nichts ändern konnten und selbst so unglücklich waren Kind um Kind zu Grabe tragen zu müssen.

Die Zeiten änderten sich und während der höfliche Adel sich aus dem Staub erhob und mit sich einige halbwegs gebildete Bauern und Leibeignen nahm, ging es dem abgeschlagenen ungebildeten Volke immer schlechter… Cruor war mit seinen Eltern und seiner Schwester nun allein und auch wenn das Geld nun für mehr Essen reichte, lagen nur noch mehr düstere Zeiten vor ihnen. Seine Mutter wurde krank. Sie schleppte es Jahre nach dem schlimmen Winter mit sich rum, aber sie klammerte sich nur noch mit einer knochigen Hand am Leben fest. Ein Leben, das sie für nichts führte. Sie war immer alleine. Alleine mit ihren Kindern, für die sie doch nichts tun konnte. Und in manchen eisigen Nächten fühlte sie sich schuldig, sie in die Welt gesetzt zu haben. Schuldgefühle zogen an ihr und als schließlich ein harter Winter ihr drei ihrer Kinder nahm, gab sie langsam aber sicher auf. Die Krankheit kam schleichend und sie hielt sich lange an der Mutter fest. Sie hatte noch den Wunsch gehabt, ihre anderen zwei Kinder aufwachsen zu sehen, auch wenn sie selbst nicht wusste, ob dies eine Option für die Beiden gewesen war. Die Zeit zog an ihr. Und sie zog sie abwärts. Cruor war damals wohl der erste gewesen, der gewusst hatte, wie krank seine Mutter war, aber hatte nichts tun können. Mit elf Jahren war er alt genug gewesen gemeinsam mit seiner zwölf Jahre alten Schwester auf den Markt zu gehen, während der Vater arbeiten war und die Mutter sich um das Haus kümmerte. Er merkte, dass es seiner Mutter schlecht ging, aber er wusste nicht, was er tun sollte. Er suchte nach Medizin, ohne zu wissen, was das eigentlich war.

Auf dem Tisch eines Mannes erkannte er Flaschen. Er fragte sich, ob dies Medizin war, ob es seiner Mutter helfen konnte, aber er wusste es nicht. Und wenn er es gewusst hätte, hätte er sich nicht leisten können. All die Stände auf dem Markt waren eine Quälerei für den Jungen, der doch nie etwas gehabt hatte. Er wollte seiner Mutter so gerne helfen. Er war noch klein und an diesem schicksalshaften Tag war es voll auf dem Markplatz. Die Flaschen zogen ihn an. Seine Mutter trank viel Wasser, weil sie krank war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ihr diese Flaschen nicht auch helfen würden. Und er griff einfach zu. In dem Moment fühlte er sich schrecklich, aber wenn man daran dachte, wofür er es tat. War es dann nicht richtig? Wenn es richtig war, all seine Geschwister sterben zu sehen, während sein Vater alles für die Familie gab… Dann konnte er Junge sich nicht vorstellen, dass für einen guten Zweck stehlen nicht auch etwas richtiges sein konnte. Es gab keinen Zusammenhang, aber die Flasche war so schwer in seiner Tasche, dass Cruor leichte Gedanken brauchte, um sie weiter tragen zu können.

Zu Hause angekommen, zeigte er seiner Mutter die Medizin. Sie war sehr wütend auf ihn und es war nicht die richtige Flasche. Der Junge fühlte sich schrecklich und hilflos. Und er wusste, dass er etwas Falsches getan hatte. Dennoch beruhigte ihn seine Mutter. Sie lobte seinen Versuch, ihr helfen zu wollen, aber es half nichts. Auch Cruors Schwester hatte etwas von dem Markt des Dorfes mitgebracht. Eine schreckliche Krankheit.

Erst Jahrhunderte später sollte Cruor den Namen der Krankheit erfahren, die seine Schwester mit sich zog. Sie bemerkten es nicht sofort. Was es auch war, es wartete noch ein paar Marktbesuche ab. Cruor hatte an diesem Tag die gestohlene Flasche zurückgestellt, ungesehen. Und er froh darüber. Er fühlte sich leichter, doch etwas Neues hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Dort an seinem Stand lag ein Buch. Aufgeschlagen mit großer Schrift. Er dachte an all die Zeit, in der seine Mutter klagte, dass die Arbeit als Bauer des Vaters so wenig Geld brachte. Er dachte an die Dichter, die doch Geld von den Königen bekamen, um zu lesen und zu schreiben. So sah das alles in Cruors kleiner Welt aus. Und er dachte sich, wenn er schon kein Geld für Medizin hatte, vielleicht könnte er so viel verdienen, dass man damit seiner Mutter helfen konnte. Er musste das Buch haben und lernen. Und dann wenn er Geld hatte, würde er das Buch doppelt bezahlen. Es klang fair, auch wenn es nicht richtig war. Doch der Junge war verzweifelt. Mit jedem Tag ging es seiner Mutter schlechter. Und der Neunjährige griff nach dem Buch. Es wäre wohl gut gelaufen, hätte in diesem Moment nicht die Schwester neben ihm begonnen zu husten…

Neben ihm zitterte sie am ganzen Körper und brach auch noch zusammen. Es war komisch, denn sie zitterte, obwohl sie ganz warm war, Cruor war verwirrt und er war panisch, denn all die Leute sahen ihn mit einem Mal an. Und er wusste nicht, was er tun sollte. Er war bloß ein Junge, der dachte, er könnte das richtige tun. Seine Schwester zuckte unter Schmerzen. Sie konnte sich nicht bewegen. Cruor griff nach ihrem Arm und zog sie fort. In der anderen Hand hielt er noch immer das Buch. Er hatte es aus Reflex einfach weiter fest gehalten. Und er hörte die Leute schreien hinter ihm. Seine Schwester schrie auch. Sie hatte Schmerzen und Cruor verstand es nicht. Aber er brachte sie nach Hause. Dort legte er sie in das Bett und versuchte sich um sie zu kümmern. Sie war heiß, als lege sie im Feuer. Der Schweiß lief ihr über das Gesicht und noch immer zitterte sie. Cruor verstand das nicht. Er versuchte ihr zu helfen, aber es wurde nicht besser. An ihrem Bein hatte sie eine kleine blutige Stelle, als hätte sie ein Insekt gebissen. Konnte ein so kleines Tier ihr so einen Schmerz zu fügen. Cruor untersuchte sie, aber er konnte nichts finden. Er war zu jung, zu unfähig etwas zu tun. Auch die Mutter war noch krank. Sie war ans Bett gebunden und konnte all das nur vom anderen Ende des Raumes mit ansehen, wie ihre Tochter sich im Todeskampf unter Schmerzen wandte.

Cruor versuchte alles, aber so schleichend es begonnen hatte, so ging es mit einem Mal ganz schnell. Er konnte sie nicht bis zur Ankunft des Vaters am Leben halten. Sie konnte nicht mehr sprechen. Sie bewegte sich unruhig unter Schmerzen und immer mehr öffnete sich ihre Haut und das Blut trat heraus. Nichts wollte sie davon abhalten, dass sie blutend da lag und nach und nach immer mehr aus dem Leben schied. Cruor konnte nur zusehen und nicht verstehen. Es war das erste Mal, seit der Tod ein ständiger Begleiter seiner Familie war, dass er weinte… Er kniete am Bett seiner toten Schwester und tränkte die blutigen Laken noch weiter mit seinen Tränen, bis der Vater in der Nacht heim kam und ein weiteres Kind tot vorfand. Dies auch war der Moment, in dem er sich veränderte. Bisher hatte er mit all der Gleichgültigkeit den Tod betrachtet, doch in dieser Nacht wurde Cruors Vater wütend. Ihm wurde die Sinnlosigkeit seines Lebens bewusst. Man konnte es ihm nicht übel nehmen. Er lebte, um sie am Leben zu halten, und er schuftete Tag für Tag ohne Pause, damit sie lebten und… sie lebten nicht… Er war inzwischen ein alter Mann, der immer gleichgültig vor sich hin gelebt hatte, aber die Hilflosigkeit und die Sinnlosigkeit machte ihn in dieser Nacht wirklich wütend. So wütend, wie Cruor ihn nie gesehen hatte. Er schrie und wütete, dass der Junge Angst bekam und sich schließlich mit seinem gestohlenen Buch im Schrank versteckte… So verging die Zeit. Sein Vater wurde oft wütend, wenn er von der Arbeit kam und immer dann versteckte Cruor sich mit dem Buch im Schrank.

Zum Markt konnte Cruor nicht mehr gehen. Er traute sich nicht mehr. Und so las er immer nur in dem Buch und nach und nach verstand er die Zeichen, die Buchstaben waren. Er konnte sie nur langsam in Verbindung setzen, aber er verstand immer mehr und da er viel Zeit hatte, lernte er all das Auswendig. Es war ein komisches Buch. Mit vielen komischen Abbildungen von komischen Kreaturen, aber Cruor hatte nichts anderes und die Zeit verstrich. Seine Mutter wurde immer schwächer, aber der Junge traute sich nicht wieder auf den Markt zu gehen und er traute sich auch nicht, ihr das Buch zu zeigen, er konnte nur hoffen, dass er schnell genug Lesen und Schreiben lernte, um mit Geld seine Mutter retten zu können… Jeden Tag übte er selbst Buchstaben zu malen und er dachte auch wirklich besser zu werden. Doch er war zu spät. Seine Mutter verstarb, als er zwölf Jahre alt wurde.

Er konnte nichts dagegen tun. Sie schlief einfach ein und war tot. Drei Jahre lang hatte Cruor das Haus nicht verlassen, um sie zu retten, aber es half nichts und an diesem Tag hatte er Angst davor, dass sein Vater nach Hause kam und seine Mutter tot fand. Cruor wusste nicht, was er tun sollte. Er hatte keine Beziehung zu seinem Vater, weil dieser nie da gewesen war. Und in den letzten Jahren, war er immer wenn er da war wütend geworden. Er war schon wütend gewesen, als seine Tochter, die er kaum kannte starb, aber seine Frau? Cruor verstand so viel, dass es schlimm werden würde, wenn er auch sonst nichts verstand…Unter Tränen verabschiedete er sich von seiner Mutter und flüchtete… Er lief davon. Alles, was er mit sich nahm, war sein Buch…

Er wusste gar nicht, wo er hin sollte. Er lief einfach aus dem Dorf raus. Am Wald entlang immer weiter. Er wusste nicht, was jetzt noch werden sollte, aber er konnte nicht zu Hause bleiben. Zu Fliehen war jedoch ebenfalls eine schlechte Entscheidung gewesen, wie sich herausstellen sollte. Denn er war nicht lange Unterwegs, da hörte er Stimmen hinter sich. Stimmen, die ihn erkannt hatten. Und er auch erkannte die Männer… Die Männer, denen er das Buch gestohlen hatte. Und sie waren noch immer wütend… Selbst wenn er gewollt hätte, Cruor konnte nicht weglaufen, er konnte nicht fliehen, sie holten ihn ein und sie griffen ihn an. Aber etwas war an alle dem merkwürdig… Denn die, die ihn angriffen, das waren keine Menschen mehr. Es waren Wölfe.

Der Junge wusste nicht, wie ihm geschah, er hatte keine Chance. Wie hätte der unterernährte Junge, der nie in seinem Leben lange das Haus verlassen hatte, auch kämpfen sollen? Er verstand es nicht. Er wusste nicht, was hier passierte. Er hatte damit gerechnet Ärger zu bekommen. Vielleicht sogar Prügel zu bekommen, aber dass sie ihn umbrachten und zerfleischten. Cruor verstand es nicht. In diesem Moment wusste er noch nicht, dass es das letzte Mal sein sollte, dass er etwas nicht verstand. Geglaubt hätte er an so eine Hoffnung sowieso nicht, denn er fühlte sich, als würde er sterben. Die Tiere bissen Fleisch aus seinem Körper rissen seine Haut auf. Doch dann stoppten sie mit einem Mal. Der Junge konnte die Augen nicht öffnen, selbst wenn er es tat war alles schwarz von ihnen. Aber er hörte Stimmen. „Da kommt jemand…“, murmelte eine dunkle Stimme.

„Wir können ihn doch nicht so hier liegen lassen. Was ist wenn er sich verwandelt?“

„Er ist doch schon fast tot. Nimm das Buch, wir müssen hier weg! Sie werden glauben, dass es die wilden Tiere waren. Er ist tot, bevor jemand etwas wissen kann. Problem gelöst!“

Sie würden ihn einfach qualvoll sterben lassen, Cruor konnte es nicht glauben, aber er war auch zu schwach, sich zu wehren oder gar etwas zu fühlen. Die fremden Männer verschwanden und andere Personen kamen zu ihm. Der Junge glaubte nicht daran, dass es etwas ändern würde. Das war das Ende für ihn. Da ertönte eine weibliche Stimme, die sein Leben verändern sollte. „Schau dir das an… Der arme Junge….“, murmelte sie und wurde langsam lauter.

„Das geht uns nichts an, lass uns weiter gehen“, antwortete ein Mann ihr.

„Nein. Er ist noch am Leben… Wie kann das… Oh, schau dir die Bisse an. Das war kein normales Tier. Wölfe haben ihn angegriffen. Werwölfe. Atticus, du weißt, dass es unsere Pflicht ist, ihn zumindest hier wegzuschaffen und anständig zu begraben.“ Cruor wollte sagen, dass er nicht tot war, aber er zu schwach dazu.

„Es ist nicht unsere Aufgabe, sondern die der Wölfe. Ich erledige keine Aufgaben für diese niederen Kreaturen. Hörst du?“, wandte der Mann ein.

Die junge Frau seufzte. Cruor spürte eine kalte Hand an seiner Stirn. „Wir müssen uns darum kümmern. Sollte er sich verwandeln und sie ihn finden… Wie schnell kommen sie in ihrem Aberglauben dazu, dass wenn Werwölfe existieren, dass auch wir echt sind?“, dachte sie laut nach und streichelte durch Cruors mit Blut verklebtem Haar, es fühlte sich gut an. „Der arme Junge… So ein kleines Kind noch. Ich kann diese Verantwortungslosigkeit die manche von uns an den Tag legen einfach nicht ausstehen…“ Cruor konnte nicht anders. Es fühlte sich gut an und vertraut. Obwohl es schmerze öffnete er die Augen. Und langsam erschien das Bild der jungen Frau vor ihm. Sie kniete bei ihm, in einem See aus Blut und er konnte sich denken, wie schlimm es um ihn stand. Ihre Blicke trafen sich und die Frau lächelte. „Du bist noch am Leben… da hast du ziemliches Glück gehabt…“, flüsterte sie, „Und offensichtlich hältst du dich nach all dem Schmerz noch immer am Leben fest… Es ist unsagbar.“

„Du weißt doch gar nicht, ob er sich verwandeln wird.“

„Diese Bisse sind eindeutig von einem Werwolf. Es ist unsere Pflicht ihm zu helfen und ich werde ihm helfen.“

„Ich werde dir nicht dabei helfen, dass du das weißt!“

„Ich brauche deine Hilfe auch nicht“, etwas Kaltes lag in der Stimme der Frau, doch nun legte sie beide Hände an Cruors Gesicht. „Habe keine Angst“, flüsterte sie ihm zu, „Ich lasse dich dem Tod nicht gegenübertreten, ich bin nun hier…“ Er wusste nicht warum, aber er fühlte sich sicher bei ihr.

„Was hast du vor? Du willst doch für einen dahergelaufenen Köter nicht unsere Vorräte verschwenden, oder?“

Cruor hörte ein leichtes Lachen über sich. Und er spürte ihre Hände an seinen Wunden. Es war ein schmerzendes Gefühl. Aber er vertraute ihr. Vielleicht lag es daran, dass er keine andere Möglichkeit hatte, oder er hatte wirklich etwas gespürt. Das Gefühl verging schnell und Cruor verlor das Bewusstsein…

Er erwachte in einem kleinen Haus in einem Bett. Vorsichtig öffnete er die Augen und versuchte sich aufzurichten. Noch immer schmerzte sein Körper, aber seine Wunden waren vollständig verbunden und versorgt. Unsicher sah er sich um.

„Du bist erwacht“, die junge Frau mit den dunklen Haaren trat auf ihn zu, „Wie geht es dir? Du hast lange geschlafen, aber dadurch konnten deine Wunden sich gut regenerieren“, wieder legte sie die Hand an seine Stirn, „Du bist bestimmt hungrig…“

Cruor sah sie erstaunt an: „Danke…“, murmelte er schwach.

Die Frau stand auf und kam mit einem rohen Stück Fleisch wieder. In seinem ganzen Leben hatte Cruor noch nie so ein großes Stück Fleisch gesehen, geschweige denn es für sich zu essen zu haben. Seine Familie hatte sich niemals Fleisch leisten können. Und er musste zugeben, dass er schon mindestens einen ganzen Tag nichts gegessen hatte und sein Magen genauso wie die frischen Wunden schmerzte. Aber er wusste nicht, wie er das rohe Fleisch essen sollte. Die Frau sah ihn an. „Du musst dich nicht zurückhalten. Es ist in dir und wenn der Hunger zu groß wird, wird es durchkommen. Lass ihm seinen natürlichen Lauf.“

„Können wir ihn bald wieder aussetzen? Ich habe kein Interesse an einem Haustier!“, mischte sich auch der Mann wieder ein, doch die Frau ignorierte ihn.

Cruor blickte das Fleisch an. Sie hatte recht, er spürte etwas in sich, aber er wusste nicht, ob er diesem Gefühl im Inneren folgen sollte. Auf der anderen Seite hatte diese Frau ihn gerettet, es gab keinen Grund ihr zu misstrauisch. Und er hatte Hunger… All das kam zusammen und es dauerte nicht lange, da passierte es ganz von selbst. Sein Körper veränderte sich ohne sein Einwirken. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Die Klauen, die Zähne, das Fell. Er fühlte sich anders, doch auch bei weitem nicht schlechter als Mensch. Und er konnte in das Fleisch beißen, er konnte essen und er hatte das Gefühl das erste Mal in seinem Leben wirklich zu essen. Doch als er geendet hatte, beschlich ihn die Angst, wie sollte er sich zurück verwandeln. In Gestalt des grauen Wolfes blickte er die Frau an. Sie streckte die Hand nach ihm aus und lächelte. „Du bist ein guter Junge, ich wusste das… Konzentrier dich auf mich und auf den Menschen in dir… Du bist ein Naturtalent, so wie es aussieht.“

„Erneut: Ich weiß nicht, was du mit diesem verdammten Köter vorhast!“

Auch Cruor achtete nicht mehr auf den Mann, er konzentrierte sich auf die Frau und langsam erhielt er seine ursprüngliche Gestalt zurück. „Was ist das…“, murmelte er verstört.

„Willkommen im Kreise der Nacht“, erklärte sie ruhig, „Meine Name ist Necia, ich bin die Tochter des Vampirs. Und du bist von Werwölfen gebissen worden und nun selbst einer von ihnen. Nur so hast du überleben können.“, erklärte sie ihm.

„Ihr habt mich gerettet“, stellte er fest und schluckte, „Werwölfe… Dann waren die Sachen in diesem Buch also… wahr?“

Necia legte den Kopf schief. „Schau an, schau an. Atticus, wir haben es hier mit einem gebildeten Wolf zu tun.“

„Mein Name ist Cruor…“, gestand er scheu und sah die Frau an, „Ihr habt mein Leben gerettet, wie kann ich euch dafür danken?“

„Verschwinde“, mischte sich der Mann an und trat neben die Frau, „Schau meine Frau nicht mit diesem Blick an und lass uns in Ruhe, das ist das Mindeste, was du tun kannst, nachdem wir dich gerettet haben!“

„Wir haben ihn nicht gerettet. Ich habe ihn gerettet und es ist nicht deine Entscheidung ihn wegzuschicken, Atticus!“, sagte die Vampirin ernst und sah den Jungen mit einem Lächeln an, „Cruor… Was ist mit deinem Heim? Hast du einen Ort, an den du zurückkehren kannst? Wie dem auch sei, bevor du gehen kannst, müssen wir dir einiges über dein neues Leben beibringen. Alles andere, wäre unverantwortlich. Ich hoffe du verstehst das.“

„Ich habe kein… Heim mehr…“, gestand der Junge und senkte den Blick, „Und bitte… Meine Dame… Ich will meine Schuld begleichen. Ihr rettet mein Leben. Und noch immer wollt Ihr mit helfen. Sagt, was ich für Euch tun kann.“

Necia legte den Kopf schief. „Du bist wirklich süß, Kleiner…“, sie dachte einen Moment nach, „Also… Vielleicht gibt es da etwas, dass du dann tun kannst. Du kannst uns begleiten.“

„Necia…“

„Atticus und ich suchen nach einem Ort, an dem wir bleiben können. Wir sind lange umhergereist. Vielleicht wird es noch eine Weile dauern, aber ich hätte dich gerne an meiner Seite.“

„Necia.“

„Wenn deine Fähigkeiten vollständig ausgebildet sind, gibst du mit Sicherheit einen guten Beschützer ab. Wenn du etwas für mich tun möchtest. Dann begleite mich.“

„Necia!“

„Was sagst du?“

„Liebend gerne, meine Dame…“, sagte Cruor mit einem leichten Lächeln und verneigte sich noch einmal.
 

Schließlich konnte Atticus nichts gegen den Wunsch seiner Frau unternehmen und Cruor begleitete die Beiden auf ihrer weiten Reise, bis sie schließlich ihr Schloss erreichten. Es war noch eine lange Reise von dort bis ins jetzt. Doch Cruor wich niemals von der Seite seiner auserkorenen Herrin und es zeigte sich, dass dies das genau nicht richtige war. Es zeigte sich auch, dass Necia Recht behalten sollte, Cruor war nützlich, damals hatte sie einen Plan gehabt, doch niemals gedacht, dass aus diesem Plan noch so viel mehr werden würde. Niemals gedacht, dass sie ihn einiges Tages viel mehr als nur „nützlich“ finden würde…

Der kleine Junge war gerettet und er wuchs heran. Er begann immer mehr zu lesen und zu verstehen und er fand seinen Platz in der neuen Gesellschaft, besser als so manch einer von ihm erwartet hätte. Zur Freude gewisser Personen, so wie zum Ärger anderer. Doch am Ende kam es darauf an, dass Cruor wusste, was er war und wo er hingehörte…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (33)
[1] [2] [3] [4]
/ 4

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Purrgatory
2013-04-29T07:54:12+00:00 29.04.2013 09:54
Ich find Shiva immer noch seltsam haha...
Und ich hatte auch nicht mehr im Kopf, dass Lyn mit ihr in einem Bett gepennt hat...? O.O
Oh man. Mein Hirn ist ein Sieb.
Danke, liebste Vivi, dass du das für uns machst. ♥
Antwort von:  KeiKirjailija
29.04.2013 10:24
Okay, ich muss in Zukunft der Reinfolge treubleiben; erst Mexx dann FB :P Gedankenübertragung...
Haben sie auch nicht *hust* Aber das was Shiva zu der Szene vorher geschrieben hat, was so verwirrend. Außerdem habe ich Lyns Zimmer den Balkon gestrichen *hust* Sry... :D Aber sie haben in einem Zimmer zusammen geschlafen!
Von:  Kureimeiji
2013-04-28T20:35:23+00:00 28.04.2013 22:35
ahahah gut XD hatte gar nicht mehr im kopf wie dramatisch shiva war Ö_Ö (geschweige denn das cru ne pest kranke schwester hatte oh gog... Ö_Ö)
Hundi... ich glaub das werd ich nie vergessen XD ach sirus XD
Von:  Purrgatory
2013-04-18T12:37:14+00:00 18.04.2013 14:37
This Feelings Q////Q
*wein*
Oh man... Das ist so...hrm... ._. Bin jetzt traurig und tief gerührt und ja...
Du weißt. ._.
Ein tolles Kapitel. Danke schön.
Von:  Purrgatory
2013-04-18T12:19:42+00:00 18.04.2013 14:19
Ach man die Beiden kommen echt nicht zu Potte. xD
Und ich hab einfach immer Sirius im Kopf wenn ich Sirus lese man ey.xD
Es geht nicht raus qq Sorry qq
Shiva...ist komisch und überhaupt und jaaa....xDDDD Ich freu mich immer noch :D <3
Von:  Purrgatory
2013-04-18T12:07:15+00:00 18.04.2013 14:07
Jay Seelaye das kleine Schulmädchen oh man.
Ich hab noch Kureimeijis Bild haha xD
Tolliges Kapitel :D
Aber einmal hast du geschrieben "Der Sohn der Hausherrin" Seelaye ist nicht Necias Sohn xDDDDDDDD
Freude <3
Antwort von:  KeiKirjailija
18.04.2013 14:11
F*ck. Ich war mir so sicher, dass ich das immer verbessert hätte. (Das ist mir beim Schreiben so oft passiert :P)
Von:  Kureimeiji
2013-04-12T09:15:59+00:00 12.04.2013 11:15
Super schönes Kapitel qwq!
ach lyn-Baby!!!! So moveing!
Von:  Kureimeiji
2013-03-31T20:07:25+00:00 31.03.2013 22:07
ahhh super geschichtsstunde X"D das hilft sehr <3
Hach ja strafprüfungen.... ein pseudo italienischer teil in mir lacht schadenfroh ich glaube da kommen erinnerungen hoch X"DDD
Von:  Kureimeiji
2013-03-31T19:49:20+00:00 31.03.2013 21:49
hach ja X"D was nicht alles passiert ist X"D
Antwort von:  Kureimeiji
31.03.2013 21:50
aber dieser siska heini alter schwede X"DDDD
Von:  Purrgatory
2013-03-24T19:22:31+00:00 24.03.2013 20:22
Ja Süßi, du hast ihn vollkommen umgekrempelt xx' *auf Ronjas Kommentar zeig*
Kgdjhfgsdf.... Arme Lyn. D: Sie war völlig überfordert q//q Mein Armes kleines Schnuffelchen buhu~

Und ja Necia und Cruor sind super zusammen haha auch wenn ich immer sehr viel Mitleid mit meiner Kleinen hatte xD'
Ick freu mir <3 Das ist so toll alles <3
Von:  Purrgatory
2013-03-24T19:13:23+00:00 24.03.2013 20:13
Oh man ich freu mich ja echt darüber, dass du das alles machst...
Aber mir ist das echt peinlich, wenn ich das alles hier lese =.='
Wie habt ihr das nur mit mir ausgehalten mit dem rpg schreiben? Fu...qq'

Aber ganz ganz tolles Kapitel Q//Q <3 Ich freu mich so und so QQ Und wenn Seeli zu schlimm ist, darfst du ihm auch ein bisschen die Flügelchen stutzen, okay? D:
Sonst fange ich vor Peinlichkeit noch an zu weinen xDDDDD

Und Ich kann Kureimeiji nur zu stimmen. xDDDD Ich war ja eh dauerverwirrt xD


Zurück