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Gut ist nur ein Wort

wenn Welten sich kreuzen
von

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Westen

Es war ein seltsames Gefühl, mit einem Großteil Akatsukis in einem Raum zu sitzen und sich zu unterhalten. Dennoch konnte Ciaran nicht behaupten, sich sonderlich unwohl zu fühlen. Wahrscheinlich war er es mittlerweile gewohnt, seine Zeit mit Massenmördern zu verbringen. Doch wunderte er sich trotz allem darüber, dass nicht nur die üblichen drei Mitglieder der Organisation, sondern auch Kakuzu, Sasori und Itachi, sich zu ihnen gesellten. Pain, Konan und Zetsu, den sie  einige Male gesehen hatten, waren nach wie vor nicht bei ihnen. Ciaran war sich nicht sicher, ob sie im Ryokan waren.

Vielleicht war das aber auch gut so. Es war krass genug mit einer lebendigen Puppe zu sprechen, da mussten eine Leiche und ein Kannibale nicht noch dazu kommen. Wie seltsam, dass ihn das jetzt noch, nach allem was passiert war, störte. Aber besser irgendetwas, als nichts mehr. Und es gab einen Unterschied zwischen psychisch kranken, und alle Mitglieder Akatsukis zeigten zumindest dahingehend Tendenzen, Mördern und einer Leiche, die von dem besten Freund des Toten kontrolliert wurde. Oder – man verzeihe ihm den klischeehaften Vergleich, aber ihm fiel  kein besserer ein – einer kannibalischen Pflanze.

Während das Gespräch erstaunlich sittlich ablief, wurde Ciaran bewusst, was es für krasse Unterschiede zwischen schlechten Fanfictions und der Realität gab. Keines der neu dazugekommenen Akatsukimitglieder war ein Kühlschrank, der niemals sprach. Sie redeten genau so viel – oder wenig – wie Amaro und, logischerweise, mehr als Ciel.

Gut, die Gespräche waren zwar ruhig, aber nicht sonderlich friedlich. Naja, wenn es sich Ciaran  recht überlegte, waren das die Gespräche doch. Zumindest für Akatsukis Verhältnisse. Sie redeten nicht über Einhörner oder Regenbögen, aber Mord und Totschlag war kein Thema.

Im Großen und Ganzen konnte Ciaran sagen, dass die Runde durchaus angenehm war. Nicht das Beste, das er sich vorstellen konnte, aber man konnte meinen, dass man sich unter Personen, die zumindest einige Merkmale von Psychopathen aufwiesen – ob sie es waren, war er sich mittlerweile nicht mehr sicher -  sich deutlich schlechter fühlen müsste. Mindestens Angst haben oder Ähnliches. Das aber hatte Ciaran nicht mehr. Man konnte sich schließlich an alles gewöhnen.
 

Das Gespräch war mittlerweile interessant geworden. Sie waren auf Ciels Zeichen und die Nützlichkeit dieser gekommen.

„Und warum sollen wir das lernen?“ Hidan wirkte genervt, nicht aufgebracht.

„Es ist nützlich“, knurrte Kakuzu mit tiefer und deutlich bedrohlicher Stimme. Wäre Ciaran an Hidans Stelle,  wäre er jetzt still. Allerdings war er kein Jashinist und somit sterblich. Kakuzu war verdammt leicht zu reizen, das sollte man sich definitiv merken.  „Wir können uns unbemerkt unterhalten und sogar mit deinem Intellekt sollte es zu lernen sein.“

Hidan stieß eine äußerst unschöne Beleidigung aus, doch passierte nichts weiter. Wahrscheinlich waren beide Mitglieder des Team Zombies zu dem Entschluss gekommen, dass es sinnlos war gegeneinander zu kämpfen, wenn beide der kämpfenden Parteien beinahe unsterblich waren.

„Es wird uns von Nutzen sein“, bestätigte Itachi Kakuzus Aussage und bekam einen Blick, der tödlich gewesen wäre, wenn Blicke solche Eigenschaften hätten, von Deidara ab. Itachi ignoriert das gekonnt. Auch das hätte Ciaran nicht gemacht.  

Jetzt schien Deidara erst recht wütend und man wollte nicht, dass besagter Nuke-nin wütend auf einen wurde. Das war garantiert nicht gesund. Aber auch hier musste Ciaran sagen, dass er nicht über die Eigenschaften verfügte, die Akatsuki hatte. Nicht einmal ansatzweise, auch wenn das Training weiter voran  schritt und er gar nicht so schlecht war, wie man vielleicht von ihm erwarten würde.

Die Gemüter beruhigten sich schnell, also beschlossen Ciel und Ciaran, das Thema wieder ein wenig anzuschneiden. Der Franzose bot an, die Grundbegriffe zu zeigen, sobald Zeit war.

„Die Grundbegriffe sind einfach zu lernen“, übersetzte Ciaran die Zeichensprache. „Viele sind von Gesten abgeleitet. Sie erklären sich von selbst.“

Doch war er sich sicher, dass die meisten das bemerkt hatten. Zu übersehen war das nicht. „Für die Namen müssten wir einige Zeichen entwickeln, oder eben Begriffe verwenden. Für eure gibt es keine eigene.“  Sonderlich schwer würde das allerdings nicht werden, auch ohne, dass sie in die Klischeekiste griffen und Kakuzu zu 'Geld', Kisame zu 'Fisch' und Sasori zu 'Pinocchio' machten.
 

Trotz allem beschloss Ciaran das Gespräch lieber auf etwas anderes zu lenken, bevor es deswegen noch Tote gab. Musste jetzt nicht sein. Allerdings lief das nicht dem Plan, den er vorgesehen hatte, denn Kisame schien ähnliche Gedanken zu haben. Jedoch auf eine ganz andere Art und Weise.

Er hatte seinen Blick einem Fenster zu gewandt. Das, das nach Kawagakure zeigte. Irgendwie ahnte Ciaran schon, dass jetzt etwas kam, was die Stimmung anheizen würde. Wie toll.

„Wenn alles nach Plan läuft, dürften sie sich zumindest ungehört haben.“ Ein Raubtiergrinsen zierte Kisames Lippen, während er zu Hidan sah.

„Was soll das heißen?“, knurrte dieser genervt.

Kisames Grinsen vertiefte sich. „Ich denke, dass man sich um einige der Schülerinnen weniger Gedanken machen muss als um andere. Feline kann kämpfen, sie wird garantiert lebendig zurück kehren, während Ruri ...“ Er ließ den Satz im Raum stehen, aber Hidan verstand – natürlich – was er damit ausdrücken wollte.

„Und weiter?“

Ciaran (und Hidan wahrscheinlich auch) ahnte, was kommen würde und er beschloss, ein wenig auf Abstand zu gehen, bevor Samehada oder die Sense ihn zerstückelten, weil er zufällig im Weg war.  

„Das, was du ihr beigebracht hast, lässt sich an einer Hand abzählen. Sie ist die schlechteste von allen und das spricht für deine Leistungen.“

Wie zu erwarten sprang Hidan auf. „Sag das noch mal, Fischfresse.“ Trotz der Gefahr der Situation, war Ciaran gerade sogar ein wenig belustigt über die Beleidigung. Fischfresse – das war jetzt nicht sonderlich kreativ, aber auf erstaunlich grausame Art passend.

Kisames Hand zuckte in Richtung Samehada, das er immer bei sich zu tragen schien, doch griff er nicht an. Darüber war Ciaran erleichtert. Hidan würde zwar nicht sterben, aber darauf, dass er im ganzen Raum verteilt wurde und wieder von Kakuzu zusammengenäht werden musste, hatte er keine Lust. Das war weder stimmungsfördernd, noch sonderlich appetitlich. Ganz zu schweigen davon, dass es Kakuzu nerven würde und das konnte Ciaran auch nachvollziehen. Das war unnötig und eigentlich würde er den Streit gerne schlichten, aber er wusste, dass das keine gute Idee war und blieb, mit ausreichendem Sicherheitsabstand, sitzen.

Für einige Momente war es still im Raum. Ciaran warf Ciel, der milde geschockt über diese Situation schien, einen Blick zu. Aber auch er beließ es dabei, nichts zu tun. Ebenso wie Amaro – da hätte es Ciaran auch sehr gewundert – und Kamil, der die Situation mit Pokerface beobachtete. Er konnte im Moment nicht einschätzen, was er dachte. Vielleicht kannte er solche Situationen, vielleicht auch nicht. Über seine Vergangenheit oder seine  Herkunft, wusste  keiner etwas Genaues. Sie wussten, dass er aus Kenia kam, in der Hauptstadt wohnte, allerdings nicht mehr, aber er hatte sicher seine Gründe, nicht mehr darüber erzählt zu haben.

Hidan und Kisame in der Zeit starrten sich einige Zeit an, bis Letzterer aufstand, noch einmal grinste und verschwand.
 

Bald darauf hatte sich die Runde aufgelöst und Ciaran trat ins Freie. Er atmete tief durch, genoss die kalte Nachtluft. Dennoch konnte er die Sorgen nicht abstreifen. Die Frauen waren jetzt schon lange weg  und Kisame hatte Recht mit seiner Aussage gehabt. Um Feline musste man sich keine Sorgen machen. Bei den anderen sah es anders aus. Ava war intelligent, das war wohl auch ihre Rettung,  kämpfen konnte sie nicht, aber die anderen Zwei ... Er war sich nicht sicher, ob es gut gehen würde.

„Ich würde dir gerne sagen, dass deine Sorgen unberechtigt sind, aber die Lüge würdest du durchschauen.“ Kisame kam langsam zu ihm. Auch er war in dem kleinen Garten, in dem er einst direkt vor Feline einen Menschen zerrissen hatte.

„Ja, das würde ich“, murmelte Ciaran nachdenklich. „Denkst du, sie werden lebend zurückkehren?“

„Feline auf jeden Fall. Ava auch. Sie ist klug.“ Und das hieß, dass Kisame damit rechnete, dass Ruri oder Sunny (oder beide) sterben könnten, obwohl es an sich nicht mal eine gefährliche Mission gewesen war. Es könnte nur passieren, wie ihnen gesagt worden war, aber nach dem er ertrunken war, und zu einer fiktiven Organisation von gesuchten Schwerverbrechern gelangt war, schien es ihm angebracht, pessimistisch zu denken.

„Es muss ja nichts passiert sein“, murmelte Ciaran, dennoch war aber nicht davon überzeugt.

„Das kann sein“, stimmte Kisame zu, doch auch aus seiner Stimme hörte man heraus, dass er das nicht für wahrscheinlich hielt. „Unser Gegner ist gefährlich.“

Und so etwas von dem Monster Kirigakures, einem Mann, der kaum Angst oder ebenbürtige Gegner  kennen durfte zu hören, schnürte Ciaran die Kehle zu. Scheiße. Mit was hatten sie es hier zu tun? Und warum zum Teufel waren sie hier?

„Oh“, war das einzige, was er heraus brauchte und er sah, dass Kisame grinste. Aber es war ein anders, als das vorhin. Nicht raubtierhaft gefährlich, sondern beinahe normal.  So normal, wie man  mit solch einem Gebiss grinsen konnte.

„Das trifft es ganz gut.“ Kisame wirkte nicht belustigt, auch das besorgte ihn. Doch noch besorgniserregender fand er, dass Kisames Kopf plötzlich herum fuhr und er die Hand um Samehadas Schwertgriff legte.

„Was ist los?“ Aber er kannte die Antwort, bevor sie ausgesprochen wurde.

Kisame bestätigte seine schlimmste Befürchtung. „Wir werden angegriffen. Scheint, als wüsste Kawa über uns Bescheid.“

Ciaran fluchte lautlos.
 

Ciel wollte in das Zimmer, das er mit Ciaran teilte, gehen, um noch ein wenig zu lernen. Ein paar der Medic-Nin-Schriftrollen durchlesen, aber auch nicht mehr. Für alles andere war er gerade zu müde, er wollte sein Chakra ein wenig schonen, morgen würde er trainieren müssen und dafür wollte er ausgeruht sein. Es brachte niemanden etwas, wenn er zu müde antreten würde und machte nur Ärger, selbst, wenn er ehrgeizig war.

Gerade beugte er sich über eine besonders komplizierte Technik, das Entfernen von Gift, als Kamil die Zimmertür aufschob. Irritiert hob Ciel seinen Kopf, sah ihn fragend an.

„Es gibt Ärger“, sagte Kamil ernst. „Wir werden angegriffen.“

Ciel brauchte ein bisschen, bis er verstand, was los war.

„Wahrscheinlich von Kawa. Kisame hat Chakra gespürt, wir sollten uns beeilen.“ Damit waren seine Fragen beantwortet. Ciel nickte hastig, sammelte schnell seine Sachen zusammen, inklusive einen kleinen Dolch, den er für den Notfall dabei hatte. Er wollte nicht töten. Auch nicht aus Notwehr.

Aber ein Überfall? Scheiße! Und was war mit den Frauen? Sie waren noch auf der Mission und wenn sie zurück kommen würden?

„Mach dir über sie später Gedanken, sie werden es schon schaffen.“ Kamil erriet seine Gedanken erneut. „Verteidige dich selbst, dann kannst du dich um sie kümmern.“

Ciel nickte erneut, stand dann schließlich auf und lief an Kamils Seite aus dem Ryokan heraus. Ciaran kam ihnen entgegen.

„Sie greifen von Westen an. Vom Chakra her vermutet Kisame, dass Jonin dabei sind.“

Kamil kniff die Augen zusammen. „Also wissen sie, dass Akatsuki hier ist.“

Ciaran nickte. „Davon ist zumindest auszugehen.“

In dem Moment ging Amaro an ihnen vorbei, die Kriegsaxt in der Hand. Irgendwie hatte Ciel das Gefühl, dass alle besser vorbereitet waren als er. Ganz toll. Dabei war er höchstens fünfzehn Minuten im Zimmer gewesen, was in der Zeit alles passieren konnte ... Er  seufzte lautlos, fuhr sich kurz durch das Haar.

„Aus Westen.“ Amaros Stimme war ruppig und rau wie immer. „Sie wollen uns auf das Dorf zutreiben.“

Erst jetzt wurde Ciel bewusst, dass Kawa im Osten lag. Davor hatte er sich, wenn er ehrlich war, sich nie Gedanken darüber gemacht. Wie auch immer Amaro lebte, er lebte vollkommen anders, als er selbst es tat. Alleine, dass er auf so etwas achtete, zeigte es.

Doch hatte Ciel keine Zeit, sich weiter darüber Gedanken zu machen.

„Wir müssen los“, sagte Kamil plötzlich, „Ciel, du hältst dich besser zurück. Wenn jemand verletzt wirst, musst du noch heilen können.“

Und darüber war er froh. Er wollte helfen, aber nicht, wenn er dafür kämpfen und somit töten musste. Außerdem mussten sie damit rechnen, dass die  Frauen auch Probleme hatten und es war nicht unwahrscheinlich, dass eine von ihnen verletzt worden war. Zumindest jetzt, nach dem sie auch hier angegriffen wurden. Verdammte Scheiße!
 

Zu dieser Zeit hasteten sie bereits durch den Wald. „Scheiße, Ava. Geht es noch?“ Besorgt sah Feline die Angesprochene an.

„Muss ja.“, presste sie hervor. „Tragen kannst du mich ja schlecht.“ Nicht, wenn sie das Schwer noch in der Hand hielt und so schnell würde das Feline nicht ändern.

„Ruri? Was ist mit dir?“

Sie antwortete nicht, sondern ließ sich einfach weiterhin mitziehen. Nach wie vor blass, zitternd und neben sich. Wie weit weg. Vielleicht auch in einer anderen Welt.

„Scheiße, Ruri, jetzt reiß dich zusammen.“ Felines Stimme war ein reines Fauchen.

Aber auch nun kam keine Antwort. Plötzlich blieb Feline stehen und die anderen Frauen, sogar Arisu, die ziemlich amüsiert wirkte, taten es ihr gleich. Einige Sekunden war es still, bis auf das leise Rauschen der Blätter.

„Das ist nicht gut. Ich glaube, das Ryokan wird angegriffen.“

Noch bevor jemand etwas sagen konnte, sprach Arisu. „Sterbt nicht dabei.“ Sie wurde ernst. „Das meine ich ernst. Ich habe keine Lust zu kämpfen, aber bevor wir noch eine von euch begraben können ...“ Sie grinste wieder.
 

Amaros Axt spaltete den Schädel eines jungen Mannes. Ciel wurde schlecht. Das hatte er nicht sehen wollen, nein, auf gar keinen Fall, aber ihm blieb keine Zeit, Angst zu bekommen oder sich zu übergeben. Es war nicht geplant gewesen, doch war auch Ciel in den Kampf verstrickt worden. Gehetzt wich er einem nach ihm geworfenen Kunai aus. Nur knapp zischte es an seinem Gesicht vorbei.

Das nächste streifte seinen Arm.  Den Schmerz – wenn es überhaupt weh tun sollte – spürte Ciel nicht. Er hatte keine Zeit nachzudenken, nicht darüber zumindest. Er wollte nicht töten, aber er wollte eben so wenig sterben. Nervös zog er den Dolch, den er sich erst vor Minuten mitgenommen hatte. Er glaubte nicht, dass er auch nur ansatzweise eine Chance hatte, sich im Kampf zu behaupten, aber irgendetwas musste er tun. Er stolperte nach hinten, nach dem er einen Angriff abgeblockt hatte ... Wenn man die Waffe gegen die andere halten und hoffen, dass er nicht getroffen wurde, als blocken bezeichnen konnte.

Plötzlich wurde Ciel bewusst, dass er alles vergessen hatte, was ihm beim Training beigebracht worden war. Eigentlich fiel es ihm nicht schwer, die Ruhe zu bewahren, aber das hier war etwas vollkommen anderes. Nicht nur, dass gerade ein Mensch vor seinen Augen gestorben war, noch weitere starben, er war selbst bedroht. Auch wenn er, bevor er hier her gekommen war, gestürzt war, ziemlich tief sogar, so nahe war dem Tode noch nie gewesen.

Aber Etwas in ihm ließ ihn handeln. Der Trieb zum Überleben war der stärkste, den die Menschen besaßen. Ciel wollte es nicht, aber sein Körper handelte wie von selbst. Er wusste nicht, was er tat, als er sich duckte, einem Shuriken auswich, eines abbekam und nicht herauszog und seinen Gegner, einen Mann in seinem Alter, zurück stieß. Er tötete ihn nicht, aber er verletzte ihn und wahrscheinlich war es auch sein Todesurteil, denn die Wunde im Bauch, verursacht durch die Klinge des Dolches, blutete stark und Akatsuki kannte kein Mitleid. Doch alleine die Gewissheit, es nicht selbst getan zu haben, beruhigte sein Gewissen. Es dämpfte die Schuldgefühle ab, vernichtete sie jedoch nicht vollständig.

Ciel lief weiter, auch wenn es idiotisch war, weg von Amaro. Würde er noch einmal das Geräusch hören, wie sich die Axt durch Knochen und Gehirn bohrte, würde er sich vielleicht doch übergeben und das konnte er jetzt nicht gebrauchen. Dann lieber die Gefahr, von Hinten angegriffen zu werden, als komplett die Beherrschung zu verlieren. Hoffentlich war das kein Fehler. Allerdings achtete Amaro sowieso nicht auf ihn, also war es wahrscheinlich doch egal.
 

Tatsächlich achtete Amaro wirklich nicht auf ihn, doch war es eine Sache, die man selbst ihm nicht übel nehmen konnte. Er war es gewohnt, zu kämpfen und verletzt zu werden – davon zeugten auch die unzähligen Narben seines Körpers – aber diese Art von Kämpfen waren ungewohnt und war man erst einmal 42, fiel es einem schwer, sich neuen Verhältnissen anzupassen oder eine vollkommen andere Art, sich zu verteidigen – und andere zu töten – zu entwickeln.

Dennoch konnte Amaro nicht sagen, dass er schlecht war. Die Axt war eine gute Waffe und mit den Wurfdingern, wie er sie noch immer bezeichnete, traf er gut. Und tödlich.

Das Blut, das an seinem Arm herunter lief, bemerkte er nicht. Es gab wichtigeres, als sich jetzt darum Gedanken zu machen.  Verteidigen, töten, nicht mehr. Und Amaro genoss es. Nach all dieser Scheiße, die hier passiert war, konnte er sich abregen, seiner Wut freien Lauf lassen. Mittlerweile hatte er sich mit dem Gedanken, weder das Tier noch Kakuzu umbringen zu können, abgefunden. Das hier war eine Art, das irgendwie wieder gut zu machen. Gut. Vielleicht war er gerade einfach nur sehr gereizt, weil er eigentlich den Abend in Ruhe und alleine hatte verbringen wollen und war deswegen so angepisst. Wie gesagt: Vielleicht.
 

Kamil kannte solche Situationen. Nicht mit Jutsus oder solchen Waffen, aber im Grunde war es nichts anderes als ein Straßenkampf. Es ging um das Überleben und das konnte er. Ausweichen, zustechen, die Mitkämpfenden im Auge behalten. Es war ihm in Fleisch und Blut übergangen.

Das hinderte ihn aber nicht daran, überrascht zu sein, ausgerechnet Kenzo Ogawa, die Stadtwache Kawagakures, ausgerechnet hier und jetzt zu sehen. Natürlich war er ein Ninja, aber keiner, der es mit Akatsuki aufnehmen konnte.

„Euretwegen ist Miyu gestorben.“ Seine Stimme war ton- und kraftlos. Die braunen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht.

„Wir haben sie nicht umgebracht“, sagte Kamil ruhig. „Wir haben versucht, sie zu retten.“ Aber er wusste, dass der Versuch der Schlichtung sinnlos war.

„Lügner!“

Kamil konnte ihn verstehen, Kenzos Wut nachvollziehen, aber er würde sich nicht töten lassen. Er hatte sein Tantō  gezogen, beobachtete Kenzo genau, als dieser auf ihn losstürmte,  blind vor Wut. Kamil hatte keinerlei Probleme, ihn in Schach zu halten. Nicht, weil er nicht stark war, sondern weil er nicht wusste, was er tat.

Nur kurze Zeit später bohrte sich die Klinge des Tantōs in Kenzos Herz. Es war nicht einmal Kamils Absicht gewesen...
 

„Ciel!“ Felines Stimme durchschnitt das Kampfgeschehen. Sofort wirbelte er herum und erschrak. Sie war blutüberströmt, doch war es nicht Feline selbst, die in ihm die Sorge auslöste. Auch nicht Avas Verletzung oder Ruris Blässe, sondern die Tatsache, dass Sunny nicht dabei war.

Wo ist sie?

„Sie ist tot.“  Für einen Moment sah er Schmerz in Felines Augen aufflackern.  

Ciel starrte sie an. Nein. Das war nicht möglich. Nicht Sunny. Und obwohl er wusste, dass es weder moralisch gut war oder sein Überleben sicherte, musste er gestehen, dass er nicht an sie dachte, sondern an Angelique. Für einen Moment sah er ihren viel zu dünnen Körper, ihre blonden Locken, die das Blut rot gefärbt hatte, vor sich.

Er hörte, wie Momo ihn anschrie, dass er zu ihr wollte, obwohl sie tot war. Obwohl er das wusste. Sie hatten es beide gewusst, sobald sie gestürzt war und die Masse an Menschen sie unter den unzähligen Füßen begraben hatte ...

„Ciel! Gottverdammte Scheiße!“ Er spürte einen brennenden Schmerz an seiner Wange. Wie sein Kopf zur Seite gerissen wurde und Blut, das an seinem Gesicht hinab lief. Feline stand nun vor ihm, Tränen in den Augen. „Jetzt reiß dich zusammen. Ava ist verletzt, Ruri redet kein Wort, eine komische Frau ist aufgetaucht, hier ist die Hölle los und ich habe keine Ahnung, was ich tun soll!“ Sie schluchzte sogar.  „Können wir später trauern? Ich will nicht, dass noch jemand von uns stirbt und erst recht nicht selbst sterben.“

Langsam nickte er und nahm nur am Rande wahr, dass der Kampf um sie herum beinahe erstorben war. Keiner von ihnen schien ernsthaft verletzt, aber Ava steckte ein Kunai im Bauch. Ihm selbst eines in der Schulter, doch  er bemerkte es nicht. Okay. Ruhig bleiben. Eines nach dem Anderen.

Zurück ins Ryokan. Ich versorge die Wunde.

Feline übersetzte. „Ich bleibe aber draußen. Bis der Kampf endgültig vorüber ist. Pass auf  Ruri auf.“

Er nickte nur.  
 

„Irgendwie sieht die Wunde komisch aus, oder?“, fragte Ava unsicher, während sie die Wunde ihres Bauchs betrachtete. Den Stoff um sie herum hatte Ciel weggeschnitten, er störte nur, und nickte mit gerunzelter Stirn. Es blutete zwar, aber sie war so … gerade, nicht, wie eine normale Stichwunde.

„Und ich glaube, es tut weniger weh, als es weh tun sollte“, murmelte sie weiter. Ciel verrieb etwas betäubende Salbe um die Stelle, vorsichtig. Er hatte kein richtiges Schmerzmittel, das musste jetzt so gehen.

Er zog vorsichtig an dem Messer, aber Ava verzog nur kurz das Gesicht, zeigte sonst keinerlei Reaktion.

„Was hast du mir da drauf geschmiert, dass ich es nicht spüre?“

Perplex starrte er sie an.

„Das sollte nicht so sein, oder?“

Und wieder konnte Ciel nur mit einem Nicken antworten.
 

Nachdem auch seine Wunde versorgt war (das hatte aber weh getan) und sie Ruri, die nun zusammen gesunken in einer Ecke saß, zumindest eine Decke um die Schultern gelegt hatten,  gingen Ava und Ciel wieder heraus.

Sie kamen gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Arisu – Ava hatte ihm von ihr erzählt – zu Pain sah. „Das Chaos wusste über sie Bescheid. Ihr wurdet überwacht.“

Pain nickte. „Verstehe. Wir unterhalten uns später.“

Mit einem Nicken und einen kurz aufblitzenden Grinsen war sie verschwunden. Es war kurz still.

Chaos?“, fragte Feline dann plötzlich. „Was ist das Chaos? Und was ist hier überhaupt los?“ Sie trat hervor. Auf Pain zu. Ciel war erst von ihrem Mut überrascht, bevor ihm klar wurde, dass es Verzweiflung war. „Seit dem wir hier sind, bekommen wir keine Informationen. Nur fadenscheiniges Geschwafel! Ich will Antworten. Ich will wissen, wieso ich hier bin!“
 

Pains Leichenaugen starrten sie an.



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