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Dem Kater sei Dank

von

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Kapitel 9

9.
 

Die Kugel fliegt ihn Zeitlupe auf ihn zu. Sie ist keine Gefahr, das weiß er. Sie ist eine lächerliche Bedrohung und mit einer knappen Handbewegung wehrt er sie ab, lässt sie abprallen.
 

Doch dann erinnert er sich: Charles. Sie wird Charles erwischen!
 

Seine Augen weiten sich, während die Kugel in Zeitlupe weiterfliegt, ihrem Schicksal entgegen.
 

Was kann er nur tun? Sein Kopf ist leer, er weiß nicht weiter.
 

Mit einem Mal wird er von einer fremden, überwältigenden Präsenz erfasst und übernommen. Wie in Trance greift er nach der Kugel, lässt sie mitten in der Luft anhalten und dann zu Boden fallen.
 

Charles steht, den Blick auf ihn gerichtet, die Hände locker an den Seiten und nicht an den Schläfen. Er hat ihn übernommen, ist durch seinen Helm gedrungen und hat sich selbst gerettet.

Er lässt Erik wieder los, der auf den Boden sinkt, als wäre er zu lange gerannt.
 

Es ist still um sie herum, keiner gibt auch nur einen Laut von sich. Nicht einmal von den Booten kommt ein Ton, haben sie doch vorher alle herumgeschrien.

Charles Blick ist weiter fest auf Erik gerichtet, der nicht wegsehen kann.
 

Und mit einem Mal wird ihm alles klar. Charles hat sie alle übernommen.

Alle.

Die Insel.

Die Mutanten.

Die Menschen.
 

Und er sieht nicht einmal aus, als würde es ihm große Schwierigkeiten bereiten.

Es erschüttert Erik.
 

„Keine Angst, mein Freund.“

„Deine Kraft macht mir Angst.“
 

Es ist wohl das erste Mal, dass Erik die Wahrheit in diesem Kontext sagt. Auch wenn Angst untertrieben ist.
 

„Hast du nicht gesagt, dass wir auf unsere Mutation stolz sein sollen? Dass wir die perfekten Wesen sind?“
 

Eine Welle der Scham fährt durch Erik, lässt ihn zitternd zurück.
 

„Es tut mir leid, Charles.“
 

Doch Charles lächelt nur und sieht sich um, ruhig und entspannt, während er weiter spricht.
 

„Ich habe mir immer wieder gewünscht, dass es so ausgegangen wäre. Doch egal wie sehr ich es mir gewünscht habe, die Zeit wurde nicht zurückgedreht.“
 

„Bereust du es, dass du mich getroffen hast?“
 

„Manchmal? Wieso? Bereust du es?“
 

Charles sieht ihn mit hartem Blick an.
 

„Nein. Ich wollte nie, dass es so kommt. Ich wollte nie, dass wir uns trennen ...“
 

„Und doch hast du es getan.“
 

„Ich will dich nicht noch einmal verlieren!“
 

Eriks Stimme bricht und ihm ist egal, wie schwach er gerade ist, denn Charles weiß ohnehin alles, war in seinem Kopf, in seinen Gedanken.

Dieser fängt wieder an zu grinsen.
 

„Keine Sorge, ich bleibe bei dir.“
 

Und dann schrumpft er, bekommt Fell und spitze Ohren, wird zu Cloud.
 

Automatisch streckt Erik seine Hand nach dem Kater aus, will ihn zu sich holen, ihn nie wieder loslassen. Ein leises Knurren hätte ihn warnen sollen, doch es ist zu spät. Voller Kraft stößt Cloud sich ab und springt auf Erik zu, die Krallen ausgestreckt, die Zähne entblößt.
 

„Au!“

Fluchend wacht Erik auf, das Gefühl von Krallen in seinem Brustkorb. Auf ihm liegt Cloud, die Augen genüsslich geschlossen, während er träumend die Krallen ein- und ausfährt und dabei Eriks Brust malträtiert.
 

„Sadist.“, grummelt Erik und starrt weiter auf den Kater, welcher sich kein Stück angesprochen fühlt. Immerhin hat er ihn nicht tatsächlich angegriffen, so wie in seinem Traum.
 

Cloud, oder sollte Erik besser „Charles“ sagen?, ist ihm in der Nacht vorher gefolgt und hat sich wie selbstverständlich neben und auf ihn gelegt. Natürlich war Erik irritiert, doch er wollte nicht weiter darüber nachdenken. Was dann sein Unterbewusstsein für ihn erledigt hat, dem Traum nach zu urteilen.
 

Es stimmt, er will Charles nicht verlieren und er wollte nicht, dass dieser verletzt wird und sie getrennt werden. Doch es zählt ja nicht nur was er will, es gehören mindestens zwei dazu. Aber natürlich war Erik selbst an dem Schlamassel auch erfolgreich beteiligt.

Zu hören, dass Charles ihr Treffen bereuen könnte, seine Rettung bereuen könnte, hat weh getan, tut immer noch weh.

Das Gefühl lässt ihn die Hand heben und dem Kater über den Kopf streicheln. Augenblicklich wird das Geschnurre lauter und Charles kuschelt sich näher an ihn heran.
 

„Bereue es bitte nicht.“, flüstert Erik, auch wenn er weiß, dass er prinzipiell kein Recht hat so etwas zu verlangen.
 

Das Schrillen des Weckers lässt beide hochfahren und Charles sieht ihn so geschockt an, dass Erik vermutet, dass das Kuscheln nicht Teil eines Planes war. Und jetzt will er weg und verfängt sich mit der Kralle im Bettlaken.
 

„Pscht.“

Erik versucht gleichzeitig den Wecker auszumachen und den Kater zu beruhigen, wobei die Beruhigung besser funktioniert als der Wecker endlich aus ist.
 

„Charles? Es ist alles okay.“
 

Wünscht Erik sich jedenfalls, doch Charles hört auf zu zappeln, zieht die Krallen endlich ein und starrt ihn an. Ja, jetzt hat er es gesagt, hat herausgelassen, dass er es weiß.
 

Charles aber sieht ihn nur weiter an, maunzt mal leise und fängt dann an sich zu putzen. Ist er es etwa doch nicht?
 

„Au!“
 

Eine Kralle bohrt sich erschreckend tief in seinen Oberkörper und Charles sieht nicht einmal auf.
 

„Okay, okay, du bist es. Ich habe verstanden. Kein Wort zu den anderen.“
 

Die Kralle verschwindet wieder und Erik seufzt auf und schiebt den Kater vorsichtig von sich runter.
 

„Tut mir leid. Heute steht eine Schlacht an, da ist keine Zeit zum Kuscheln.“
 

Charles’ Blick ist verurteilend, als würde Erik seine Geduld strapazieren. Was auch in gewissem Sinne der Wahrheit entspricht, denn, ehrlich gesagt hätte Charles gerne noch ein bisschen mehr gekuschelt, auch wenn er es nur mit einem Grummeln zugeben kann.
 

Er streckt sich und gähnt, während Erik aus dem Bett springt und sich schnell anzieht. Die beiden Kater haben nicht viel zu tun, leider, aber was könnten sie schon machen? Außer den Lockvogel spielen natürlich.

Vorsichtig den hastigen Schritten der Mutanten ausweichend, macht Charles sich schließlich auf den Weg in das Wohnzimmer und begibt sich an die Seite von Hank. Seine Wunde ist fast verheilt und tut kaum noch weh. Selbst sein Rücken kommt ihm heute besser vor und er hofft inständig, dass das stimmt.
 

Die Vorbereitungen sind schon fast alle getroffen worden am Abend zuvor und jetzt stehen nur noch die letzten Aufgaben an, die effizient und in Stille erledigt werden. Die Gesichter sind konzentriert und bald schon haben sich alle eingefunden. Sie haben spezielle Anzüge an und Charles fragt sich, wer die bitteschön hergestellt hat. Das muss ein wahnsinniges Geld gekostet haben. Ob Raven dafür ihr Konto geräumt hat?
 

Diese kommt auf sie zu, sie nachdenklich betrachtend. Janos folgt ihr, einen Katzenkorb in den Händen. Vorsichtig werden sie von ihr dort hineingesetzt, während sie leise Beruhigungen flüstert, die wahrscheinlich mehr für sie selbst gedacht sind.
 

______________________
 

„Ich will dich nicht umbringen.“
 

Vom ersten Moment des Kampfes an, war es mehr wie ein Krieg gewesen. Schreie und Explosionen begleiten die verschiedenen Kämpfer, ausgebildete Soldaten und weniger ausgebildete Mutanten, die um ihr Leben kämpfen.
 

Eriks Stimme zittert, ihn überläuft es heiß und kalt. Er möchte Myria tatsächlich nicht umbringen, es sind zu viele gestorben.

Sein Wunsch ihr weh zu tun ist zwar noch da, immerhin hat sie sie alle verraten, hat Charles verletzt.
 

Erik kann es sich selbst nicht einmal verzeihen dass er ihn von sich gestoßen hat. Dieselbe Härte zeigt er auch jeder anderen Person, die es wagt Charles zu verletzen.
 

Die Kater waren als Lockvögel dabei, doch Erik fiel erst viel zu spät auf, als er bereits mitten in der Schlacht war, dass er Charles, sollte irgendein Teil des Plans schief gehen, vielleicht das letzte Mal gesehen hatte.
 

„Du hättest zu uns kommen können, wir hätten dir geholfen deinen Bruder zu befreien.“
 

Selbst das Rohr, mit welchem er sie gegen die Wand drückt, erzittert. Aber seine Worte verändern nichts. Sie kämpft weiterhin gegen ihn an, ihr Blick hart und unbarmherzig.
 

„Ich hasse es eine Mutantin zu sein und ich hasse euch Mutanten noch viel mehr. Bring mich nur um!“
 

„Wird es Charles erlösen?“
 

Erik war schon immer der Mann, der für seine Ziele über Leichen gehen würde und wenn es Charles befreien würde, wäre Myria bereits tot. Aber sie wissen nicht ob es funktioniert und er muss es wissen um diesen Schritt zu gehen, will kein Risiko eingehen.

Kleine Zweifel, ob er die neue alte Situation tatsächlich mögen wird, melden sich, aber er wischt sie beiseite. Sie sind jetzt nicht wichtig.
 

„Erlösen?“, Myria lacht, „Ein Kater zu sein ist besser als jede menschliche Hülle. Warum sollte er zurück in seinen kaputten Körper wollen?“
 

Menschliche Soldaten treffen auf Mutanten, sind ihnen allein aufgrund ihrer Anzahl überlegen und verstehen doch nicht was sie getroffen hat. Wie ein Wirbelsturm fegen die Mutanten über sie hinweg und verlieren trotzdem zu viele aus ihren eigenen Reihen.
 

Eriks Wut wächst.
 

Er mag die letzten Monate trotz der körperlichen Nähe nicht viel Kontakt mit Charles gehabt haben, aber er ahnt wie hilflos sich dieser gefühlt haben muss: ohne jegliche Möglichkeit zu kommunizieren oder auch nur wegzulaufen. All die kleinen Machtspiele, die Erik als klassische Katereigenschaften ansah, machen unter dem Aspekt viel mehr Sinn!
 

Erik antwortet bissig:

„Und warum sollte er sich mit einem Leben zufrieden geben, das ihm nichts anderes bietet als Schlaf und Fressen? Tu nicht als ob du wüsstest, was er will!“
 

Eine kurze Bewegung im Handgelenk und das Rohr drückt Myria fester gegen die Wand, lässt sie aufstöhnen.
 

Die Mutanten mögen stärkere Kräfte haben, aber ein schlecht gezielter Feuerball kann auch schnell die eigenen Leute treffen anstatt den Gegner. Die Grenzen zwischen den Gruppen sind aufgelöst, alles versinkt im Chaos. Und im Feuer.
 

„Würde dein Tod ihn zurück verwandeln? Würde er sie alle erlösen?“
 

„Ungh ... nein ... nur ich .. ah ...“
 

Sofort lockert Erik seinen Griff. Seine Stimme ist wie ein Donnergrollen.
 

„Lass sie frei!“
 

„Warum sollte ich?“
 

Ihr Keuchen ist leise, wird fast von den Kampfgeräuschen aus der großen Halle übertönt.
 

„Wir helfen dir deinen Bruder zu befreien und lassen euch danach in Ruhe.“
 

Er drückt das Rohr wieder etwas enger an sie ran und grinst. Ihrer plötzlichen Furcht nach zu urteilen, ist es kein nettes Grinsen.
 

„Und natürlich werde ich dich nicht umbringen.“
 

Die Furcht verwandelt sich schnell wieder in Wut und Gehässigkeit.
 

„Du sagtest gerade du willst mich nicht umbringen!“
 

„Will ich auch nicht, aber wenn du deine Opfer sowieso nicht erlöst und weiterhin gegen uns kämpfst, ist es die beste Lösung. Und glaub’ mir, auf meiner Karte sind genügend Opfer, du wirst keinen Unterschied machen.“
 

„Was wird dazu nur deiner geliebter Charles sagen?“
 

Ihr Ton ist bissig, aber sie scheint ihre letzten Karten auszuspielen, denn diese ist nicht unbedingt ein Ass.
 

„Gar nichts wird er dazu sagen, denn er kann nicht mehr sprechen! Und ich habe irgendwie das Gefühl, dass er schon lange nicht mehr so friedfertig ist, wie er einmal war. Auch wenn das meine Schuld sein mag. Ergo, schlechtes Argument. Versuch es noch einmal.“
 

„Wie gütig.“
 

Myria keucht wieder stärker, das Rohr drückt weiterhin fest gegen ihren Brustkorb.
 

„So bin ich eben.“
 

Ein trockenes Lachen entkommt ihr, bevor sie die Augen schließt und ihr ganzer Körper mit einem Mal erschlafft.
 

„Was zum ...?!“
 

Gerade als Erik einen Schritt auf sie zumachen will, erzittert Myrias, lässt sie fast aus ihren improvisierten Fesseln entkommen. Erik muss all seine Kraft aufwänden um sie zu halten und wagt es nicht näher zu kommen. Hat sie einen epileptischen Anfall? Stirbt sie? Oder hat Emma es schlussendlich geschafft ihren Geist zu übernehmen?
 

Doch noch während er versucht sich zu entscheiden was er nun machen sollen, versteift sich ihr ganzer Körper und ihr entfährt ein kurzer, abgehackter Schrei. Erik lässt das Rohr los, das daraufhin zusammen mit ihr zu Boden fällt.
 

Der Aufprall dröhnt einen kurzen Moment und wird schnell von den Kampfgeräuschen übertönt.
 

Langsam verwischen auch die Linien zwischen den Mutanten. Haben Bruderschaft und die X-Men bereits zuvor zusammen gekämpft, so kämpfen sie inzwischen miteinander, vermischen sich, helfen sich, geben sich gegenseitig Rückendeckung. Es ist ein erneuter, schwerer Schlag gegen die Soldaten, diese Kombination aus Kräften.
 

Vorsichtig geht Erik auf Myria zu, immer auf einen Angriff gefasst.
 

„Hättest du mich nicht noch einen Moment halten können?“, kommt es müde und leise von ihr und sie schlägt die Augen auf. Sofort bleibt Erik stehen, achtet darauf außerhalb ihrer Reichweite zu bleiben, immer vor Augen was mit Charles passiert ist. Und mit Hank.
 

„Keine Sorge.“, Myria richtet sich keuchend auf, „Ich habe keine Kraft mehr um jemanden zu verwandeln.“
 

Erik runzelt die Stirn, behält jedoch den Abstand und die Konzentration bei.
 

„Ich habe es getan. Ich habe ihnen ihren menschlichen Körper zurückgegeben.“
 

Es sind ein Schlag ins Gesicht und der Verlust des Ballastes von den Schultern gleichzeitig. Als hätte Eriks Körper die Memo bereits bekommen, seinen Verstand aber zurückgelassen.
 

„Charles?“
 

„Der ist wieder ein Mensch, keine Sorge. Und jetzt ...“, Myrias kühle Wut strahlt Erhabenheit aus, trotz ihrer Erschöpfung, „Jetzt wird es Zeit, dass du auch deinen Part erfüllst!“
 

„Erst will ich ihn sehen.“
 

„Er wird sich schon melden.“
 

So ehrlich und berechnend gefällt Myria Erik schon viel besser und vielleicht könnten sie sogar Freunde sein, wenn sie nicht schon Feinde wären. Wobei, bei genauerer Betrachtung, nein, sie könnten keine Freunde sein.
 

- Verbündete, Erik. -
 

- Charles! -
 

Emma mag ihn gelehrt haben wie er Telepathen den Zugang zu seinen Gedanken verwehren kann, aber in diesem Moment, mit diesem Wissen, dass Charles tatsächlich kein Kater mehr ist, schleudert Erik diesem sein ganzes emotionales Paket mit voller Wucht entgegen. Wenn auch unabsichtlich.
 

- Okay, wow ... -
 

- Charles? -
 

- Ich ... eigentlich ... mir geht’s gut ... aber DAS habe ich nicht erwartet ... -
 

- Tut mir leid. -
 

- Besser spät als nie, oder wie? Aber erst zu Myria. Wir werden später reden. -
 

- Myria ... -
 

- Ja, Myria. Du hast ihr etwas versprochen. -
 

Erik guckt zu der Mutantin. Als hätte er sie vergessen können ...
 

„Was ist jetzt? Hat er überlebt?“
 

„Zum Glück für dich.“
 

Erik weiß dass er den Frust unterdrücken sollte, dass es richtig ist sich jetzt um die Schlacht und Myria zu kümmern, aber er kann nicht anders.
 

- Versprich mir dass wir reden. -
 

- Wir werden reden, versprochen. Und jetzt geh und hilf Myria, ich halte solange die Soldaten auf. Mit Azazel solltet ihr ins Gefängnis kommen. Zerstört am besten sofort so viel der Einrichtung wie ihr schafft, vor allem Unterlagen, Geräte und was sonst so an wissenschaftlichem Papier rumliegt und kommt zurück! -
 

Ironisch ist es schon irgendwie, wie schnell Charles die Führung übernommen hat in ihrer kleinen Schlacht. Und wie schnell er einen Überblick gewonnen hat.
 

Aber diesmal wird Erik ihm nicht widersprechen.
 

- Jetzt ist auch nicht die Zeit dafür, Erik! Azael ist auf dem Weg zu euch ... -
 

Keine zwei Sekunden später steht dieser auch tatsächlich neben ihnen, Raven und Janos dabei, ebenso wie Summers und Hank, welcher zwar noch ein wenig desorientiert, aber dafür umso entschlossener wirkt. Es können sich wohl nicht alle so schnell umgewöhnen wie Charles Francis Xavier.
 

Ein kollektives Zittern geht durch die Reihen als der Professor zurückkommt. Es ist als würde er ihnen allen etwas mehr Kraft, etwas mehr Zeit geben. Die Soldaten geraten ins Chaos, ziehen sich zurück und verstecken sich. Alle können aufatmen.
 

„Komm und sag uns wo wir hin müssen.“, fordert er mit einem energischen Nicken Myria auf.
 

Vorsichtig, als wären sie die Mutanten, die sie verwandeln könnten, erhebt sie sich und tritt auf sie zu.
 

„Im Norden der Stadt ist eine ehemalige Kaserne, da sind sie drin. Im 2. Stock ist die Hauptzentrale, im Keller und im 3. Stock die Zellen.“
 

Erik ergreift ohne ein weiteres Wort Janos Hand und in dem Moment, in dem Azazel Myria an der Schulter packt, zieht ein Reißen sie fort. Auch wenn sie einen Moment später am anderen Ende der Stadt sind, ist es Erik, als ob Charles immer noch bei ihm wäre, ihn unterstützen würde.
 

Ausnahmsweise ist es ihm nicht unangenehm.
 

____
 

Der Kampf im Gefängnis zeigt dass sie gemeinsam ein gutes Team sind, dass sie auch ein gemeinsames Ziel haben können.
 

Die Wachen in der Hauptzentrale sind zu überrascht und zu langsam um sich effektiv gegen sie zu wehren und werden in kurzer Zeit außer Gefecht gesetzt.
 

„Wie wäre es, wenn wir sie in die Zellen sperren, die für uns gedacht waren?“
 

Alex grinst. Mit Wucht tritt er noch einmal gegen einen bewusstlosen Soldaten. Dass diese mit dem Leben davongekommen sind, verdanken sie nur den X-Men und der Tatsache dass sie einfach nicht alle Menschen umbringen können. Selbst Erik hat das inzwischen eingesehen.
 

„Wer ist noch alles in den Zellen drin?“
 

„Weitere Mutanten, keine Ahnung.“
 

Die Anzeigen geben nicht frei wer wo sein könnte, die Bildschirme sind dem kurzen Kampf zum Opfer gefallen. Zu Fuß begeben sie sich zu den Zelltrakten, die eine Hälfte hoch, die andere runter. Sie wollen ihresgleichen befreien, aber sie wollen keinen Hurricane lostreten indem sie jetzt einfach die Türen öffnen.
 

Erik ist ehrlich gesagt ziemlich erleichtert als raus kommt, dass kaum Mutanten in den Zellen sind. Myrias Bruder, Boyd, siamesische Zwillinge und ein Berg an Frau. Ihre Zelle ist extra verstärkt, auch wenn sie, wie die anderen Insassen, nicht aussieht als könnte sie von selber fliehen. Sie sind alle unterernährt und schwach, wahrscheinlich um sie am Einsatz ihrer Kräfte zu hindern. Wahrscheinlich aber auch weil diese Menschen Sadisten sind.
 

Im dritten Stock ist niemand mehr, außer sie haben eine unsichtbare Person gefangen. Sicherheitshalber öffnen sie alle Zelltüren, man kann ja nie wissen.
 

Die neuen Mutanten sollen zur Charles in die Schule kommen, zum Kämpfen sind sie zu schwach. Aber Myria verweigert ihre Kooperation. Sie will mit Boyd ganz woanders hin, will nie wieder mit ihnen etwas zu tun haben. Erik seufzt ergeben und erleichtert auf. Er hätte sie lieber als Verbündete als als Feindin, aber diese Lösung ist genauso gut.
 

Raven begleitet Azazel und Boyd auf ihrer kurzen Reise ans andere Ende der Welt. Nicht dass mit einem Mal einer ihrer wichtigsten Verbündeten irgendwo als Kater wieder auftaucht.
 

Es dauert nur ein paar Minuten dann sind sie wieder da und bereit, die Verletzten nach Westchester zu bringen. Diesmal gehen auch Alex und Hank mit, um die Schülerschaft zu beruhigen und sich um die Versorgung zu kümmern. Vorsichtshalber sollen sie erst mal in den Bunker gebracht werden. Wer weiß schon was passieren wird, wenn sie mit einem Mal in einer fremden Umgebung aufwachen? Einige von ihnen haben sehr explosive Fähigkeiten.
 

Raven scheint hin und her gerissen zu sein, ob sie mitgehen soll. Einerseits ist da der Wunsch nach der Heimat, einer Art Zuhause das sie einmal hatte und andererseits hat sie sich bereits offiziell davon losgelöst.

Hank erkennt ihre Zweifel ebenfalls und streckt die Hand nach ihr aus. Es ist eine Einladung, ein Angebot, doch Raven bestärkt es in ihrem gegenteiligen Beschluss. Entschlossen tritt sie zurück und schüttelt den Kopf.
 

„Ich habe mich entschieden. Zurück komme ich nur, wenn Charles mich dazu einlädt.“
 

Sie weiß wahrscheinlich genauso wie Erik, dass Charles die Einladung nie zurückgezogen hat, dass er sie immer noch als Teil der Familie sieht und Westchester für ihn deshalb genauso ihr Heim ist wie seines. Und doch kann er sie verstehen. Er gehört hier nicht mehr hin, hat sich davon losgelöst und er wird nicht mehr zurückgehen als wär es selbstverständlich.
 

Die Gruppe verschwindet und für ein paar Minuten ist es ruhig, ist nichts zu tun, denn sie brauchen Azazel um zum Kampfplatz zurückzukehren. Als hätte Raven seine Gedanken kurz vorher mitbekommen, legt sie ihm eine Hand erst auf die Schulter, dann zwischen die Schulterblätter, langsam hoch und runter fahrend. Erik fragt sich immer wieder woher ihre Stärke, ihre Kraft kommt. Sie ist erstaunlich und er glücklich dass sie mit ihm mitgekommen ist, auch wenn sie Charles beide damit verraten haben. Nicht, dass sie es damals als Verraten empfunden haben, das ist erst später gekommen.
 

Ein roter Wirbel erscheint vor ihnen, kündigt Azazel und die anderen an. Hank ist zurückgeblieben. Er ist weder ein passionierter Kämpfer, noch fit genug nach dem Katererlebnis. Außerdem muss jemand da bleiben und aufpassen was passiert.
 

„Sollten wir nicht noch die Hauptzentrale zerstören?“
 

Erik und Alex nicken sich zu während der Rest Abstand sucht. Es dauert nur einen Moment, dann liegt der Raum in Schutt und Asche. Hoffentlich Warnung genug. Denn es muss eine Abschreckung sein. Erik ist sich sicher dass die Menschen freiwillig niemals aufhören werden sie zu suchen, sie zu jagen.
 

Einen Augenblick später stehen sie wieder in den Räumen, in denen Erik Myria überwältigt hat.
 

Das Erste was ihnen auffällt ist die Stille um sie herum. Kein Kampfgeräusch, keine Stimmen, nicht mal jemand in Sicht. Verwirrt starren sie Azazel an, der nur abwehrend die Hände hebt.
 

„Ich kann mich nur teleportieren und keine Zeitreisen veranstalten.“
 

Raven ergreift die Initiative: „Sehen wir in der großen Halle nach.“
 

Sie schleichen ihr nach und durch eine Tür hindurch in die Haupthalle hinein. Dort stehen sie alle, Mutanten und Menschen, in zwei Fronten aufgeteilt, Charles sitzt in der Mitte mit einem der Anführer der Soldaten.
 

Das Bild wirkt surreal, doch Sean eilt auf sie zu, versucht dabei so leise wie möglich zu sein.
 

„Der Professor hat die Soldaten überzeugt ein Friedensgespräch zu führen. Ich vermute ja er hält gerade die komplette Armee in Schach, hat es wahrscheinlich knapp nach seinem Auftauchen schon getan. Aber das Gespräch mit dem Offizier geht scheinbar ohne Übernahme oder nur wenig. Keine Ahnung, er gibt sich jedenfalls Mühe.“
 

Leise gehen sie zu der versammelten Mannschaft um Charles herum.
 

Dieser sieht aus als hätte er seit Tagen nicht geschlafen und trägt die Klamotten die Erik ihm geistesgegenwärtig neben den Korb gelegt hat. Sie sind etwas groß, doch Charles’ innere Stärke und Unabhängigkeit lassen ihn nicht klein darin wirken. Er ist gefasst und diskutiert ernsthaft mit dem Mann, den er mit einem mentalen Schnipsen in einen Kämpfer für ihre Sache verwandeln könnte.
 

- Aber das würde doch nur die Vorurteile bestätigen, die sie alle haben. Er muss es aus freien Stücken tun. Jedenfalls fast vollständig frei. Ich musste seinen Geist ein klein wenig offener machen als er normalerweise war. -
 

- Charles ... -
 

Erik ist überrascht wie froh er ist Charles wieder in seinem Kopf zu haben.
 

- Mal sehen wie lang deine Freude anhält. -
 

- Kommt auf die Penetranz an, mit der du hier drin bleibst. -
 

Ihm ist als würde er ein Kichern hören, aber Charles sieht von außen ernst und konzentriert aus. Sein Gegenüber scheint noch skeptisch zu sein, aber Erik vermutet dass es nur eine Frage von Minuten ist bis er Charles’ Charme und seinen Argumenten erlegen ist.
 

Es dringen nur einzelne Worte zu ihnen hinüber, doch trotzdem bleiben alle still und aufmerksam.
 

Nach kurzer Zeit fängt der Offizier an sich zu entspannen und mit ihm der Rest der Halle. Eine weitere kleine Ewigkeit später und er hält Charles die Hand hin, welche dieser ergreift und schüttelt. Mit einem knappen und lauten Befehl schickt er die Soldaten hinaus und folgt ihnen langsam, sich nicht umsehend. Wahrscheinlich ist es bereits ein Vertrauensbeweis dass sie hier raus gehen können ohne von Mutanten angegriffen zu werden.
 

Kaum sind die Soldaten aus der Halle, als sich auch schon einige Leute um die Toten auf dem Boden kümmern. Es sind nicht viele, die meisten ihrer Kämpfer sind „nur“ verletzt, aber jede und jeder von ihnen ist ein schwerer Schlag für sie alle.
 

Der Rest der Mutanten sammelt sich um Charles, welcher weiterhin sitzen bleibt.
 

Erik fragt sich inwiefern die Genesung des Katers sich auf den Mutanten übertragen hat und ob eine vollständige Heilung überhaupt möglich ist.
 

- Vollständig nicht, aber ich habe große Hoffnungen irgendwann wieder laufen zu können. -
 

Erik seufzt auf.
 

- Deine Schuld ist damit aber nicht beglichen. -
 

Und die Anspannung ist wieder zurück, auch wenn Erik trotzdem froh ist, dass Charles auf dem Weg der Besserung ist.
 

„Was passiert jetzt?“
 

Es ist eine der Frauen aus Charles’ Schule, welche die Frage stellt, die sich alle stellen.
 

„Wir sollten uns organisieren und zusammenarbeiten. Wir müssen uns überlegen wie wir möglichst positiv an die Öffentlichkeit gehen können, denn wenn wir damit wieder warten bis eine Katastrophe passiert, denkt die Menschheit natürlich dass wir alle bösartig sind. Nein, wir müssen ihnen klar machen, dass das die Ausnahmen sind. Der Offizier, Ryall, ist bereits dabei seine Meinung zu ändern und er wird es sehr einfach finden seine Untergebenen davon zu überzeugen. Er hat mir versprochen als Ansprechpartner und Vermittler zu agieren. Ganz zu schweigen von dem Versprechen uns nicht mehr zu jagen.“
 

Das sind wahrscheinlich die besten Nachrichten seit Ewigkeiten.
 

„Erik? Stehst du mit deiner Bruderschaft dahinter?“
 

Erik ist erstaunt dass er so direkt angesprochen wird, doch andererseits ... nein, nicht überrascht. Er räuspert sich einmal und blickt zu seinen Mitstreitern.
 

„Ich werde nicht für den Rest sprechen, doch bevor so etwas wie die Aktion heute noch einmal passieren kann, bin ich definitiv für deinen Plan. Also ich bin dabei.“
 

Um ihn herum ertönt Gemurmel.
 

„Wer nicht dafür ist, kann gerne gehen.“
 

Doch niemand geht, alle bleiben.
 

Charles lässt sich ein wenig zurücksinken, seine Anspannung löst sich.
 

„Bevor wir über das weitere Vorgehen entscheiden, wäre ich für ein Bad und eine Runde Schlaf. Alle die keine Unterkunft haben sind in Westchester willkommen. Ansonsten wäre ich dafür dass wir übermorgen damit anfangen uns neu zu organisieren. Wie wäre das?“
 

Zustimmendes Gemurmel dringt durch den Raum. Ruhe können sie wirklich alle gebrauchen.
 

Zufrieden nickt Charles mit dem Kopf: „Gut. Dann lade ich euch alle in zwei Tagen nach Westchester ein. Ich würde euch ja auch gerne besuchen kommen, aber bei euch ist der Platz etwas eng und ich habe keine Person, die mich teleportieren kann.“
 

Logisch, auch wenn Erik am liebsten einen neutralen Ort gewählt hätte. Aber wo bekommt man schon alle Mutanten unter, die hier so versammelt sind? Und das unbemerkt!
 

Also stimmen sie zu und als wäre ein Startschuss gefallen, fangen die Gruppen an auseinander zu driften.
 

Marianne hebt Charles hoch, als würde er nichts wiegen und schließt sich dem Strom der X-Men an.
 

- Charles! -
 

Marianne bleibt stehen.
 

- Was? -
 

- Wann reden wir? -
 

Mit einem Mal überkommt ihn ein Gefühl, als wäre er gleichzeitig hart geschlagen und fest umarmt worden. Er ahnt dass es Charles’ Gefühle sind, die dieser ihm entgegen geworfen hat, so wie er es selber vor ein paar Stunden getan hat.
 

- Wir werden reden. Aber erst wenn wir beide geduscht, ausgeschlafen und wieder wir selbst sind. Glaub mir, du entkommst dieser Pflicht nicht. -
 

Nicht dass Erik sehr erpicht darauf wäre alte Wunden aufzureißen, aber dass Charles noch mit ihm reden möchte, ist ein gutes Zeichen. Sie werden wahrscheinlich auf keinen grünen Nenner kommen, doch sie werden es immerhin versuchen.
 

- Versprochen. -
 

Marianne dreht sich wieder weg, folgt dem Rest der X-Men nach draußen, doch Erik kann es nicht lassen einen Gedanken hinterher zu werfen.
 

- Dann genieß dein erstes Essen außerhalb vom Katzenfutter der letzten Monate. -
 

Ein Kichern dringt in seine Gedanken, lässt ihn grinsen.
 

- Zu meinem Glück hat eine gewisse anonyme Person immer wieder versucht mich mit Essen vom Tisch zu bestechen und von ihrem Sessel runterzujagen. -
 

Die schweren Türen fallen hinter ihnen zu, als auch die Bruderschaft hinaus geht und den Heimweg antritt.
 

Der Wind frischt auf, fährt Erik durch die Glieder.
 

- Bis bald, alter Freund. -
 

Erik glaubt nicht, dass er heute noch einmal aufhören kann zu grinsen.
 

Ende


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein herzliches Danke an alle treuen und begeisterten Leser, die bis zum Ende mitgelesen haben =)
Ich hoffe euch hat auch das Ende von "Dem Kater sei Dank" gefallen und ihr habt noch einen wunderbaren Tag ;)
Lasst es euch gut gehen und verwöhnt eure Katzen. Es könnten verwandelte Mutanten sein ;P Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  L_Angel
2015-04-26T13:40:49+00:00 26.04.2015 15:40
So, es tut mir Leid, dass ich so lange bebraucht habe und hoffe du bist nicht böse. Ich hatte in letzter Zeit nur noch meinen Umzug im Kopf und war selten online und wenn nur kurz.
Es tut mir wirklich sehr leid!!! *knuddel*
Ich freue mich aber zu sehen, dass du ganz fleißig warst und sogar das letzte Kapitel (*träne vergieß*) online gestellt hast.
Dieses Kapitel hat mir sehr gefallen:
Der Traum zu beginn, der von Erik war traurig, aber auch total schön. Ich fand es sehr gut wie du ihn dann hast aufwachen lassen, das mit den Krallen. Aber auch Charles selbst, wie er darauf reagiert hat, wo er sich schon halb schlafend einen Platz gesucht hatte. Lustig!!
Es ist überhaupt süß geschrieben wie er, Cloud/ Charles immer wieder Eriks Nähe sucht.
Endlich sind Charles und Hank wieder Menschen. Bsonders haben mir die inneren Dialoge von Charles und Erik gefallen. Die sind echt toll!
Ich musste wirklich schmunzeln, als ich mir Charles vorstellte, wie er mit den Soldaten so ernst diskutierte und innerlich über Erik lachte. XDD
Friede!! Da steht zwar noch viel Arbeit vor ihnen, aber das werden sie auch meistern. Und es ist ein sehr guter Beginn, um ihre Freundschaft wieder zu beleben.

Mir hat deine Geschichte wirklich sehr gut gefallen. Du kannst wirklich gut und fließend schreiben. Man konnte alles flüssig lesen und kam nicht ins Stocken und stolperte über irgendetwas. Alles war schlüssig. Was ich auch sehr toll war, war, dass du die Charaktere sehr gut wieder gegeben hast. Sie waren nicht OOC oder irgendwie anderes, sondern so wie man sie kennen gelernt hatte. Sehr gut.
Ich hoffe du machst weiter so und ich wünsche dir weiter so gute Ideen. Auf baldiges wiederlesen dann.
Und nochmal sorry, dass ich erst so spät schreibe *knutsch*

Angel


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