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Prince of Lies

Kid Loki vs. The Avengers
von

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Rules of the Game


 

Rule #1:

Don’t trust Loki.

Rule #2:

No, seriously – don’t trust him!

Rule #3:

Why the hell did you trust him?! Didn’t I just warn you like five times to not do that? Now it’s all on you, and it’s your job alone to deal with the consequences...!

~*~

„Okay“, sagte Tony. „Drei Grundregeln.“

Der Junge hatte sich mittlerweile geduscht und saß nun mit nassen Haaren und einem viel zu großen Pyjama, den er von Carol bekommen hatte, weil sie auf die Schnelle keine passenden Sachen für ihn hatten auftreiben können, auf dem Bett und sah Tony an.

„Erstens“, begann Tony. „Du verlässt den Tower nur in Begleitung eines Avengers. Genau genommen nur der von Steve, Natasha, Carol oder Thor. Oder mir natürlich.“

Der Junge nickte stumm.

„Zweitens“, fuhr Tony fort. „Du wirst jeden Abend spätestens um zehn Uhr in deinem Zimmer sein. Die Tür wird automatisch verriegelt und erst am Morgen um sieben Uhr wieder geöffnet. Wir wollen nicht, dass du dich nachts im Tower herumtreibst, darum wäre es nett von dir, wenn du dich an die Zeiten halten würdest. Carol und ich werden morgen mit dir einkaufen gehen, damit du etwas Vernünftiges zum Anziehen hast. Bei der Gelegenheit werden wir dir auch gleich eine Uhr besorgen, damit du in Zukunft immer weißt, wann es Zeit ist, zurückzukehren.“

Tony zögerte einen Moment. „Je nachdem, wie du dich benimmst, werden wir diese Vorschrift nach einer Weile vielleicht auch etwas lockern. Aber bis dahin musst du uns erst mal beweisen, dass du vertrauenswürdig bist. Hast du das verstanden?“

Wieder nickte Loki.

„Gut. Dann kommen wir zu Punkt drei...“

Tony öffnete eine kleine Tasche, die er an seiner Hüfte trug, und holte ein Gerät hervor, das Ähnlichkeiten mit einer Pistole hatte.

Er trat ans Bett heran und griff nach dem Arm des Jungen.

„Was...“, begann Loki verwirrt, als Tony den Lauf der „Waffe“ gegen die Innenseite seines Arms drückte. Dann explodierte auf einmal ein stechender Schmerz in seinem Unterarm und er zuckte mit einem Aufschrei zusammen.

„Und drittens wäre da noch der Peilsender“, meinte Tony ungerührt und trat wieder zurück, während der Junge mit Tränen in den Augen über die winzige Wunde an seinem Arm rieb, aus der einige Blutstropfen austraten.

„Du wirst von nun an einen Sender im Arm tragen, durch den wir jederzeit mitverfolgen können, wo du dich gerade aufhältst“, erklärte Tony. „Du wirst diesen Sender nicht entfernen oder versuchen ihn zu zerstören, denn glaub mir, das wird dir nur Ärger einbringen.“

Er verstaute das Gerät wieder in seiner Tasche und sah den Jungen dann ruhig an.

„Soweit die Regeln. Hast du sonst noch Fragen?“

„Ja“, sagte Loki und blinzelte trotzig die Tränen weg. „Was soll ich jeden Abend tun, sobald ich erst mal hier drin eingesperrt bin?“

Tony zuckte mit den Schultern. „Du hast Kabelfernsehen. Tu einfach das, was achtzig Prozent der amerikanischen Bevölkerung immer um diese Uhrzeit tut – guck fern. Vielleicht lernst du auf die Weise sogar noch was über unsere Welt.“

Er sah auf seine Uhr und wandte sich dann ab.

„Okay, es ist schon spät“, meinte er. „Wenn du sonst noch was brauchst, ruf nach JARVIS.“

„Wer ist JARVIS?“, wollte der Junge wissen, doch Tony lächelte nur.

„Gute Nacht, Kleiner“, sagte er und verließ das Zimmer.

Die Tür fiel hinter ihm mit einem Klicken ins Schloss, und mit einem weiteren Klicken wurde sie anschließend verriegelt.

Loki starrte sie noch einen Moment lang an, dann ließ er sich nach hinten auf das Bett sinken.

„Na großartig“, murmelte er.

Die Elster hatte es sich derweil auf seinem Kopfkissen gemütlich gemacht.

„Jammer nicht so rum“, sagte sie. „Du hast schon Schlimmeres überstanden. Du wirst auch diese penetranten, kleinen Sterblichen überleben!“

Der Junge presste sich die Hände an die Ohren.

„Geh weg“, flüsterte er. „Lass mich in Ruhe!“

„Ich kann nicht“, entgegnete die Elster. „Ich bin ein Teil von dir.“

Sie erhob sich und hüpfte dann über die Decke zu dem Jungen hinüber und kletterte auf seine Brust.

„Außerdem brauchst du mich“, sagte der Vogel und starrte den Jungen aus kalten, schwarzen Augen an. „Nur ich kann dir wieder beibringen, was du einst wusstest. Nur ich kann dir helfen, wieder deine alte Macht zurückzuerlangen.“

„Und wenn ich das überhaupt nicht will?“, erwiderte Loki und funkelte die Elster wütend an.

„Du willst für immer schwach und machtlos bleiben? Das glaubst du doch selbst nicht.“

Der Junge drehte den Kopf zur Seite. Er hätte es nie offen zugegeben, aber der verdammte Vogel hatte Recht. Er mochte nicht die Ambitionen und den Machthunger seines Vorgängers besitzen, aber er hasste es dennoch, hilflos zu sein. Er war eine Gottheit, verdammt noch mal! Er war zu Größerem bestimmt!

„In Ordnung“, sagte er. „Dann lehre mich dein Wissen! Ab morgen wirst du mich unterrichten, sobald es Nacht wird und ich in diesem Raum festsitze. – Aber nur zu meinen Bedingungen und auch nur dann, wenn ich es wünsche. Ist das klar?“

Die Elster gab ein Geräusch von sich, das einem verächtlichen Schnauben nicht unähnlich war.

„Glasklar“, entgegnete sie und hüpfte wieder von dem Jungen hinunter, bevor sie zu ihrem Platz auf dem Kopfkissen zurückkehrte.

„Die Jugend von heute!“, schimpfte sie dabei leise vor sich hin. „Kein bisschen Ehrgeiz...!“

Loki streckte ihr nur die Zunge raus.

Dann beschloss er, für den Rest des Abends Tonys Ratschlag zu befolgen, und stemmte sich wieder hoch, um sich nach der Fernbedienung umzusehen. Er wusste nicht, woher er wusste, dass er sie brauchte, um den Fernseher zu bedienen, aber er wusste es. Das Wissen, das er seit seiner Wiedergeburt besaß, mochte eigenartig und lückenhaft sein, aber wenigstens war es nicht völlig von gestern.

Nach einer halben Minute gelangweilten Zappens durch die Kanäle entdeckte er schließlich eine Dokumentation über das Leben in New York nach dem Auftauchen der ersten Superhelden.

Der Junge lächelte und ließ die Fernbedienung sinken.

„Bingo“, flüsterte er.
 

~*~

„Er führt Gespräche mit sich selbst“, meinte JARVIS. „Denken Sie nicht, es wäre vielleicht angebracht, die Hilfe eines Psychologen in Anspruch zu nehmen?“

Tony, der mit baumelnden Beinen auf einem der Tische in seiner Werkstatt saß und Loki schon seit einer halben Stunde über den Holo-Bildschirm beobachtete, runzelte die Stirn.

„Ich rede auch ständig mit mir selbst“, merkte er an. „Würdest du mich deshalb gleich zum Arzt schicken?“

„Das ist etwas anderes. Mit Ihren... Eigenheiten bin ich mittlerweile vertraut, Sir“, entgegnete der Computer diplomatisch. „Aber die Art und Weise, wie dieser Junge mit sich redet, ist ungewöhnlich. Als würden wir nur die Hälfte einer Unterhaltung hören.“

Tony kratzte sich am Kinn. Er musste zugeben, dass JARVIS Recht hatte. Loki benahm sich eigenartig und Tony wollte wissen, wieso.

Erst hatte er vermutet, dass sein Gesprächspartner unsichtbar war, und sicherheitshalber einen Thermo-Scan von Lokis Zimmer gemacht. Doch der Scan hatte gezeigt, dass sich außer dem Jungen keine weitere Person – sichtbar oder unsichtbar – in dem Zimmer aufhielt. Mit wem sprach er also dann?

„Eine pubertäre Gottheit mit Hang zur Schizophrenie“, murmelte er. „Na super. Das hat uns gerade noch so gefehlt...“

„Sir?“

Tony winkte nur ab. „Vergiss es.“

Er dachte kurz nach. „Beobachte ihn noch für ein paar Tage. Vielleicht ist der Junge auch einfach noch völlig verwirrt von seiner Wiedererweckung und der anschließenden Wiederherstellung seiner Erinnerungen durch Thor. Wenn die Selbstgespräche in einer Woche nicht aufgehört haben, sag Bescheid, dann können wir immer noch versuchen, eine Lösung für dieses Problem zu finden.“

„Wie Sie meinen, Sir.“

Tony machte eine beiläufige Handbewegung und das Bild auf dem Holo-Display wechselte von Lokis Zimmer zu einem komplizierten Geflecht von Computercodes.

„Hast du mittlerweile herausgefunden, wer sich letztens in unsere Software gehackt hat und für die Sicherheitslücke verantwortlich war?“

„Bedauerlicherweise nicht, Sir“, erwiderte JARVIS. „Ich habe das Signal mehrmals um den Globus zurückverfolgt, da der Angreifer Dutzende von Proxy-Servern benutzt hat, doch ich habe seine Spur in Idaho verloren.“

Idaho“, sagte Tony und blinzelte überrascht. Wo hatte er den Namen bloß schon mal...? – Ach ja.

Er rieb sich erschöpft das Gesicht. Er war müde, so müde, er konnte kaum noch klar denken. Er sollte dringend ins Bett; Steve fragte sich sicher schon, wo er so lange blieb.

„Leben da überhaupt Menschen?“

„So erzählt man sich, Sir“, meinte der Computer trocken.

„Kein Sarkasmus bitte, JARVIS“, entgegnete Tony. „Nicht um diese Uhrzeit.“

Er rutschte vom Tisch und trat näher an den Holo-Bildschirm heran, während seine Augen die Codes überflogen.

Die Quelle für den Angriff auf das Sicherheitssystem des Avengers Towers befand sich also in einem fast leeren Bundesstaat mitten im Nirgendwo. Zwar hatte JARVIS den genauen Ort nicht herausfinden können, doch wenigstens kannten sie nun schon mal die ungefähre Region.

„Idaho“, murmelte Tony. „Warum nur gerade Idaho...?“
 

~*~

„Sieh mal, Wanda! Wir haben Besuch.“

Loki ignorierte die Bemerkung des silberhaarigen Jungen, als er am nächsten Morgen barfuß in die Küche schlüpfte, um Frühstück zu essen. Er hatte die Beine seines Pyjamas bis über seine Knie hochgekrempelt, um nicht ständig über den langen Stoff zu stolpern.

„Wie aufregend“, sagte die Schwester des Jungen, die neben ihm am Küchentisch saß. Mit einem Lächeln sah sie zu Loki hinüber. „Ist das nicht der Kleine, vor dem sie uns gewarnt haben? Er sieht so harmlos aus...“

Loki biss die Zähne zusammen und würdigte die beiden keines Blickes. Er hasste es, wenn man in seiner Anwesenheit über ihn sprach, als würde er gar nicht existieren.

Er ging zum Kühlschrank und öffnete die Tür. Sein Blick wanderte nach oben und er seufzte leise. Natürlich befanden sich sämtliche Lebensmittel, die ihn interessierten, in den oberen Regalen.

Gott, er hasste es, klein zu sein.

Die Zwillinge weiterhin ignorierend ging er zum Tisch, um sich einen Stuhl zu holen, und schob ihn vor den Kühlschrank. Als er gerade hinaufgeklettert war und die Hand ausstreckte, um nach der Flasche mit Milch zu greifen, verschwand diese plötzlich vor seinen Augen.

Vor Überraschung wäre er fast vornüber und vom Stuhl gekippt, doch er konnte sich noch rechtzeitig an der Kühlschranktür festhalten.

Die Geschwister hinter ihm lachten jedoch nur und wütend drehte der Junge sich um.

Wanda hielt die Flasche Milch in der Hand.

„Hex, hex“, sagte sie und lächelte. „Wieso hast du nichts gesagt? Wir hätten dir geholfen, weißt du.“

„Ich will eure Hilfe nicht!“, entgegnete Loki und sprang vom Stuhl. „Ich kriege das auch allein hin.“

Pietro hob eine Augenbraue. „Meine Güte, sei nicht so empfindlich... wir haben doch nur Spaß gemacht.“

„Pietro!“, ertönte eine scharfe Stimme. „Wanda! – Hört auf, Loki zu ärgern!“

Steve Rogers betrat das Zimmer, gefolgt von einer brünetten, jungen Frau.

Beim Anblick ihres Anführers hob Pietro sofort abwehrend die Hände.

„Tut uns leid“, sagte er. „Wir haben es nicht so gemeint.“

Er wechselte einen Blick mit seiner Schwester, dann standen die Zwillinge auf und verließen den Raum.

Steve blieb vor Loki stehen, der die Flasche mit Milch beschützend an sich drückte.

„Was brauchst du?“, fragte er knapp.

„Ich...“ Der Junge schluckte kurz, doch dann schob er trotzig sein Kinn vor. „Ich kann mich auch allein-!“

„Ja, das habe ich gesehen“, unterbrach ihn Steve und schüttelte den Kopf. „Hör mal, ich weiß, dass deine Größe ein Problem für dich darstellt, aber das sollte kein Grund für dich sein, keine Hilfe anzunehmen, wenn du sie benötigst. Also, was brauchst du?“

Loki starrte zu Boden.

„Die Cornflakes“, murmelte er.

Steve nickte und öffnete dann einen der Schränke über der Küchenzeile und holte eine Packung aus einem Regal, das ebenfalls weit außerhalb von Lokis Reichweite gewesen wäre.

„Da“, sagte Steve und drückte dem Jungen die Packung in die Hand. „Stell sie nach dem Essen am besten irgendwo hin, wo du sie in Zukunft leicht erreichen kannst. Okay?“

Er lächelte und Loki nickte artig.

„Gut.“ Steve warf der Frau, die ihn begleitet hatte, einen Blick zu. „Ich muss los – Termin im Pentagon. Bis später!“

Und dann ging er wieder.

Die Frau setzte sich mit einem Glas Saft an den Tisch, während Loki sich eine Schüssel mit Cornflakes füllte und Milch drübergoss. Dann setzte auch er sich an den Tisch, wenngleich ans äußerste Ende und so weit wie möglich von der fremden Frau entfernt, und begann zu essen.

Sie seufzte leise und stand dann auf, um sich zu ihm zu setzen, respektierte dabei jedoch sein Bedürfnis nach Abstand und ließ einen Sitz zwischen ihnen frei, um ihn nicht zu bedrängen.

„Hey“, sagte sie. „Erinnerst du dich noch an mich?“

Er hob den Blick und sah sie an. Er hatte sie am Abend zuvor schon kurz gesehen, kannte ihren Namen jedoch nicht. Etwas an ihrem Gesicht zerrte an seinen Erinnerungen, aber er konnte nicht sagen, was es war. Er schüttelte den Kopf.

„Nein“, entgegnete er. „Ich glaube nicht.“

Sie grinste. „Ist vielleicht auch besser so. – Ich bin Jane.“

„Loki“, erwiderte er automatisch. Dann fiel ihm etwas ein. „Mein Bruder hat dich gestern erwähnt.“

„Hat er das.“ Sie lächelte schief und nahm einen Schluck von ihrem Saft. „Nun ja... du musst wissen, Thor und ich sind-“

„Ihr habt Sex“, sagte Loki und Jane spuckte den Saft beinahe über den halben Tisch. Der Junge lächelte still, während sie eilig aufstand, um mit einem Küchentuch die Sauerei wieder wegzuwischen.

„Ja“, meinte sie dann, nachdem sie sich wieder hingesetzt hatte. Ihre Wangen waren vor Verlegenheit rot angelaufen. „Wie hast du das-?“

„Mein Bruder hat gesagt, er mag dich“, unterbrach Loki sie. „Und dann seid ihr gestern Abend im gleichen Zimmer verschwunden. Ich bin nicht dumm, ich kann eins und eins zusammenzählen.“

„Ich verstehe.“ Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr. „Jedenfalls... die Sache mit mir und deinem Bruder... ich hoffe, dass das kein Problem für dich darstellt.“

Loki zuckte mit den Schultern und schob sich einen Löffel mit Cornflakes in den Mund.

„Solange ich nicht mit dir schlafen muss“, meinte er kauend. „Thor hat dir bestimmt schon von einigen unserer Traditionen erzählt...“

Jane starrte ihn an. Dann lachte sie.

„Jetzt verarscht du mich doch nur.“

Der Junge grinste. „Vielleicht...?“

„Oh, hey! Morgen, Jane!“, ertönte eine Stimme von der Tür her. „Dein Anblick macht jeden Sonnenaufgang gleich ein wenig heller.“

Tony Stark betrat den Raum. Er trug eine abgetragene Jeans und ein T-Shirt von Mötley Crüe (Loki fragte sich, was für eine Art von Gottheit das war – und es musste eine sein, denn die vier Männer auf dem T-Shirt sahen aus wie Teufelsanbeter). Ansonsten war er barfuß – was für ihn jedoch völlig normal war, wie der Junge mit der Zeit merken würde.

„Tony, du alter Charmeur“, sagte Jane. „Lass das bloß nicht Steve hören!“

„Ach, der.“ Tony winkte ab und grinste. „Der ist gerade nicht da.“

Jane schüttelte lachend den Kopf. „Führe mich nicht in Versuchung...“

„Ah, immer diese Loyalen“, meinte Tony. „Furchtbar, das.“

Er wuschelte Loki einmal kurz durch die Haare, während er an ihm vorbeiging.

„Morgen, Kleiner.“

Der Junge warf ihm einen giftigen Blick zu, den Tony geflissentlich ignorierte, und strich dann seine Haare wieder glatt. Der andere hatte sich derweil eine Tasse genommen und stellte sie vor die Kaffeemaschine.

„JARVIS“, sagte er. „Espresso, bitte.“

Er überlegte kurz. „Am besten einen doppelten. Der Tag wird lang.“

„Kommt sofort, Sir“, erwiderte eine Stimme aus der Decke und der Junge zuckte überrascht zusammen.

Tony, dem seine Reaktion nicht entging, lachte nur.

„Oh, keine Sorge, er tut dir nichts“, meinte er. „Loki, das ist JARVIS, die künstliche Intelligenz, die hier im Tower den Laden schmeißt. – JARVIS, das ist... na ja, du erinnerst dich ja sicherlich noch.“

Lebhaft, Sir“, entgegnete die fremde Stimme, die von überall her gleichzeitig zu kommen schien.

Der Junge konnte nur mit Mühe den Drang unterdrücken, sich unter dem Tisch zu verstecken, und Jane, die seine Unsicherheit bemerkte, schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln.

„Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte sie. „JARVIS passt auf, dass uns allen nichts passiert.“

„Ist er überall?“, wisperte der Junge und sah sich unsicher um.

„In jedem Zimmer, ja“, beantwortete Tony seine Frage. „JARVIS hört und sieht alles, was im Tower vor sich geht. Also überleg dir genau, was du tust.“

Sein Tonfall war unbeschwert, aber Loki entging die unmissverständliche Warnung in seiner Stimme nicht.

Eine künstliche Intelligenz, die das ganze Gebäude überwachte. Das würde die Dinge natürlich etwas verkomplizieren.

„Hey, Jane“, sagte Tony, die Kaffeetasse in der Hand. „Hast du Carol heute schon gesehen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, warum?“

„Sie wollte mitkommen, Klamotten für den Zwerg zu kaufen.“

Tony nickte zu Loki hinüber, der die Bemerkung mit einem finsteren Blick quittierte.

„Ich verstehe...“ Jane machte eine nachdenkliche Miene.

Dann lächelte sie plötzlich. „Hey, ich könnte mitkommen. Wäre das okay?“

Loki zuckte gleichgültig mit den Schultern, doch Tony erwiderte das Lächeln.

„Klar, warum nicht.“

Er sah den Jungen an. „Aber erst kriegst du von mir noch ein paar vernünftige Sachen, du kannst schließlich nicht im Pyjama vor die Tür gehen. Sonst jagen sie uns noch die Kinderschutzbehörde auf den Hals.“

Er strich sich nachdenklich über den Bart. Dann begannen seine Augen zu leuchten.

„Und ich hätte da schon das passende Kleidungsstück für dich...“
 

~*~

„Was ist das?“, fragte Loki, während er sich im Spiegel betrachtete. Er sah absolut lächerlich aus in diesem deckenartigen, viel zu großen Oberteil, das ihm bis zu den Knien reichte.

„Das ist ein Poncho“, erklärte Tony und stemmte die Hände in die Hüften. „Falls jemand fragen sollte – du bist Ausländer.“

Er grinste. „Was ja nicht mal gelogen wäre.“

Loki funkelte ihn wütend an.

„Hey, jetzt sieh mich nicht mit diesem Mörderblick an. Wir haben einfach nichts für jemanden in deiner Größe in diesem Haus, eine bessere Alternative bleibt dir also nicht.“

„Ich finde, es steht dir“, meinte Jane und strich fürsorglich den Stoff glatt. Sie schenkte dem Jungen im Spiegel ein Lächeln. „Komm. Lass uns gehen.“

Ergeben ließ Loki den Kopf sinken.

Er hasste es, aber er hatte keine andere Wahl; er brauchte dringend neue Sachen und er brauchte Tony, um sie ihm zu kaufen. Er hatte keine Macht in dieser Welt, weder durch körperliche Kraft, noch durch Magie, noch durch Einfluss oder Reichtum. Die Elster hatte Recht gehabt. Er musste dringend wieder ein paar grundlegende Zaubersprüche lernen, damit es wenigstens etwas gab, was er tun konnte und allen anderen voraushatte.

Aus dem Augenwinkel schielte er zu dem Vogel hinüber, der auf seinem angestammten Platz auf der Schulter des Jungen saß. Seitdem er erfahren hatte, dass er auf Schritt und Tritt überwacht wurde, hatte die Elster kein Wort mehr zu dem Jungen gesagt. Auch ihr musste klar sein, wie seltsam es für JARVIS aussehen musste, wenn sie ihre Unterhaltungen führten. In Zukunft brauchten sie also eine andere Art der Kommunikation. Loki wusste nur noch nicht, welche... aber ihm würde schon etwas einfallen.

Ihm fiel immer etwas ein.
 

~*~

Zusammen mit Tony und Jane fuhr er mit dem Fahrstuhl hinunter zum Parkhaus in den Keller, wo schon Tonys Fahrer auf sie wartete.

Die nächsten Stunden wurden zu einer Odyssee kreuz und quer durch New York, auf der Loki bald feststellte, dass er mit Tonys Geschmack für Kleidung überhaupt gar nichts anfangen konnte, während Jane und er fast absolut immer einer Meinung waren.

„Du kannst doch nicht immer nur Schwarz und Grün tragen!“, rief Tony schließlich, als sie im mittlerweile vierten Kaufhaus waren. „Wird das nicht irgendwann, na ja, langweilig?

„Ich habe meine Standards“, entgegnete Loki stur. „Entweder das“, er deutete mit dem Finger auf einen Stapel von Sachen, die er sich ausgesucht hatte, „oder ich gehe nackt!“

Tony beugte sich zu dem Jungen hinunter, bis sich ihre Nasen fast berührten.

„Du bist ein Giftzwerg, weißt du das!“

„Und du nimmst mich nicht ernst, weil ich noch ein Kind bin!“, entgegnete Loki nicht minder heftig.

„Herrgott noch mal, Jungs!“ Jane schob die beiden Streithähne auseinander. „Jetzt beruhigt euch doch mal wieder!“

Sie wandte sich an Tony. „Der Junge weiß genau, was er will, also lass ihn machen! Wenn er nur bestimmte Farben tragen will, dann soll er das tun. Er ist alt genug, das selbst zu entscheiden.“

Sie sah zu Loki hinüber und zwinkerte ihm zu. „Außerdem stehen sie ihm nun mal ziemlich gut.“

Der Junge warf Tony hinter ihrem Rücken einen selbstzufriedenen Blick zu.

„Danke, Jane“, sagte er.

Sie nickte nur. „Keine Ursache.“

Tony starrte sie beide einen Moment lang an, dann warf er ergeben die Hände in die Luft.

„Macht doch, was ihr wollt!“, meinte er. „Auf mich hört hier ja eh keiner!“

Loki und Jane grinsten sich an.

Und der Junge war froh, wenigstens schon mal einen Freund gefunden zu haben.
 

Nachdem sich Loki mit einem Satz neuer Sachen eingedeckt hatte, statteten sie auch der Elektronikabteilung einen Besuch ab.

Wie versprochen kaufte Tony dem Jungen eine Uhr, und Loki, der Armbanduhren als störend empfand, suchte sich eine Taschenuhr aus, die er unter seinem Shirt an einer Kette um den Hals tragen konnte.

Außerdem besorgte ihm Tony das neueste Modell des Stark Phones.

„Damit du jederzeit anrufen kannst“, sagte er nur als Erklärung, während der Junge verwundert auf das schmale, rechteckige Gerät herabstarrte. „Falls du uns doch mal verloren gehen solltest.“

Auf der Rückfahrt zum Tower zeigte Tony ihm die wichtigsten Grundfunktionen des Handys, und Loki erkannte schnell, dass er das Smartphone zu seinem Vorteil nutzen konnte. Er konnte im Tower vielleicht nicht mehr mit der Elster reden, aber er konnte Nachrichten an sie in sein Handy eintippen, die der Vogel wiederum lesen konnte, wenn er auf seiner Schulter saß. Auf diese Weise konnten sie sich weiter unterhalten, ohne dass ihn jemand aufgrund seiner scheinbaren Selbstgespräche für verrückt erklärte.
 

~*~

Trotz ihrer Meinungsverschiedenheit beim Einkaufen war Tony nicht nachtragend, und als Loki am Nachmittag an die Glastür seiner Werkstatt klopfte, zögerte er nicht, den Jungen hereinzulassen.

„Obwohl ich nicht weiß, was genau du hier willst“, meinte er und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich bin Ingenieur, ich baue Dinge. Und falls sie euch in Asgard nicht gerade Elektromechanik beigebracht haben, wirst du kein Wort von dem verstehen, was ich dir zu dem Thema sagen kann.“

Der Junge zuckte mit den Schultern. „Das ist okay. Ich sehe auch gerne nur zu. Ich will lernen.“

„Um später dann die Welt zu erobern?“, fragte Tony in scherzhaftem Tonfall, doch sie wussten beide, dass es kein Scherz war.

„Was soll ich mit der Welt?“, erwiderte Loki. „Das Schicksal hat mir eine zweite Chance gegeben. Ich darf noch einmal mein Leben führen. Und ich habe nicht vor, dieses Mal wieder den Hass der gesamten Erdbevölkerung auf mich zu ziehen.“

„Gute Antwort.“ Tony nickte.

Dann sah er sich einen Moment lang im Raum um.

„Na gut, du kannst bleiben“, meinte er schließlich und deutete auf die Couch in der Ecke. „Aber du wirst dich dort drüben hinsetzen und nichts anfassen, hast du verstanden?“

Lokis Augen leuchteten auf. „Danke!“

Er lief zum anderen Ende des Raumes und warf sich bäuchlings auf die Couch.

„Oh Mann“, murmelte Tony, während er zusah, wie Dummy den Jungen mit seinem Greifarm neugierig anstupste. Loki lachte auf und schob ihn weg.

„Worauf haben wir uns bloß eingelassen...“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  LisaTachibana
2015-05-04T17:59:04+00:00 04.05.2015 19:59
Ich bin ja normal kein Fan von Jane, aber wie sie sich hier so gut mit dem kleinen Loki versteht, finde ich einfach nur zu süß. :D Und Tony wird beim Einkaufen einfach mal total übergangen, ich liebe es! Würde ich auch so machen. Ich bin normal auch kein Fan von Tony und finde das geschieht ihm durchaus Recht! x3 Aber dann ist er wiederum so nett und geht schon mit Loki einkaufen und kauft ihm auch noch ein eigenes Smartphone, mm. Ich glaub ich muss meine Meinung zu Tony mal überdenken. Aber ich habe festgestellt ich muss doch öfter mal etwas nachschlagen im Internet, weil mir manches aus dem Marvel-Universum nicht bekannt ist. Wie Wanda und Pietro und auch Carol (bereits im letzten Kapitel), aber zum Glück legst du da nicht den Hauptfokus drauf. :)

Und Tony's Regeln. :D Oh man, als Kind hätte ich davon geträumt. Um 8 - 9 Uhr war für mich Abends immer Schluss! Dabei fingen da gerade so coole Filme an. Also Loki kann sich glücklich schätzen, aber okay (bis jetzt) muss er ja auch nicht zur Schule - so wie wir damals. Und mir Tony als Elternteil vorzustellen mit dem kleinen Loki als Vorlage ist schon sehr lustig. :)
Von: abgemeldet
2014-05-05T18:47:15+00:00 05.05.2014 20:47
Die Regeln.... also bei den ersten Regeln musste ich zwar lachen, war aber gleichzeitig wieder bei meinem  D: D: D: Gesichtsausdruck (es gibt schlicht kein passendes Wort dafür!), weil ich es schlicht traurig finde, dass Loki vielleicht (oder eher sehr wahrscheinlich) wieder zu dem wird, wer er war. Obwohl ja Kid Loki wirklich ein anderer Charakter ist, aber dennoch sich selbst unterlegen. Herrje. Versteht man, was ich sagen möchte?

Tonys Regeln sind hart, aber hey - der kleine ist 10 oder 12, da musste ich um acht schon im Bett sein! Er soll sich nicht so haben! xD Immerhin DARF er dann noch Fernsehn schauen. Das ist mehr als die meisten Kinder.
Beim Peilsender musste ich an die Szene aus Iron Man 3 denken, in der sich Tony auch was unter die Haut schießt und zusammenzuckt - wie ist das wohl als Kind und wenn man nicht damit rechnet? aua!
 
Ich mag die Art, wie du Kid Loki beschreibst und die Unterschiede zum Erwachsenen. Und ich frag mich gerade, ob Loki (als erwachsener) wusste, wie ein Fernsehr funktioniert. Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen, genauso wie bei Thor xD
Und ich frag mich, ob JARVIS (und Tony) nur gesehen haben, dass KidLoki geredet hat oder auch gehört? Denn wenn sie es hören, könnten sie sich ja daraus (halbwegs) schließen, was los ist, oder?
(Gerade bei "Dann lehre mich dein Wissen!" hätten sie ja aufhorchen müssen.)
Die Lösung mit dem Smartphone...armer Tony. Dass gerade er jetzt Loki eine Möglichkeit gibt, weiter Schindluder zu treiben (wobei ich jetzt mal offen lasse, WELCHER Loki xD), ist irgendwie schon bitter.  Wobei ich Tony auch zutrauen würde, dass der das Smartphone irgendwie anzapft. Aber inzwischen scheint er sich ja mit Loki halbwegs abgefunden zu haben, wenn er ihn sogar in die Werkstatt und zuschauen lässt - denn natürlich könnte sich ja Loki irgendwie was abschauen ;)

Jane wirkt hier sogar echt symphatisch... das muss man erstmal schaffen. Ich mag sie ja gar nicht, das heißt, du musst gerade bei -100 anfangen, aber inzwischen, find ich sie ganz okay.
Super gemacht! ;)

Ich bin wirklich gespannt, wie sich das weiter entwickelt. Ich sehe die Katastrophe nahen!
Von:  Happiness
2013-06-03T14:04:00+00:00 03.06.2013 16:04
Hallöchen! Ich wollte mal ein Kommentar hinterlassen. Ich finde die Story wirklich gut. Ich finde es schön, wie du Loki darstellst! Das ist dir wirklich gut gelungen. Dazu mag ich deinen Schreibstil wirklich gerne und deine humorvolle Charakterisierungen :D Ich freue mich schon auf neue Kapitel. Bis bald :)
Antwort von: Morwen
04.06.2013 21:48
Vielen Dank für die lieben Worte! :)
Ich dachte, nach all den Film!Loki-FFs schreibe ich zur Abwechslung mal Comic!Loki, den ich persönlich auch viel interessanter finde. ;)
Ich hoffe, ich kann euch weiterhin unterhalten~!
Das nächste Kapitel folgt auch bald. :)
Von: abgemeldet
2013-06-02T14:04:11+00:00 02.06.2013 16:04
Hey,
und ich reviewe gleich noch mal!
Schönes Kapitel wirklich sehr schön!Außerdem hab ich mich entschieden Kid Loki zu mögen.Ja er ist lustig,zwar ein wenig verbittert und abweisend aber wie er sich mit Jane gegen Tony 'verbündet' ist wirklich niedlich.Jap ich mag ihn.Er ist das 'gute Ich' Loki's.Pietro und Wanda kannte ich vorher nur aus 'Just Another Day at the Tower' aber ich mag sie jetzt schon.Und die Frage mit Tony und Steve hat sich geklährt,als ich in der Inhaltsbeschreibung gelesen hab,dass diese Ff die Fortsetztung von 'Here We Are Now' is und ntürlich auch im Kapitel,was mich aber ein wenig wundert,is dass Loki sich nicht darüber wundert.Okay,er hat das mit Jane und Thor auch sehr schnell verstanden ,aber er ist sicher keine gleichgeschlechtlichen Beziehungen gewöhnt.Aber das is mir nur so aufgefallen,nich so wichtig.Wie gesagt,das Chapi fand ich toll und ich kann es nich verstehen,dass das hier noch keiner gereviewt hat.Tse tse tse*kopfschüttel*
Glg Elena ^^
Antwort von: Morwen
04.06.2013 21:45
Danke schön! :D
Was ich an Kid Loki so liebe, ist, dass er halt auch ganz anders ist, als der Loki, den man sonst kennt. Er hat seinen ganz eigenen Charakter, und obwohl er smart und gerissen ist, ist er noch längst nicht so verbittert und hinterhältig, so wie sein Vorgänger. Ich finde ihn extrem interessant. <3
Was du zu seiner Einstellung zu Steve und Tony sagst, stimmt natürlich. :)
Ich gehe im nächsten Kapitel auch noch mal kurz darauf ein, aber im Moment kann ich nur sagen, dass Loki sich nicht sonderlich für zwischenmenschliche Beziehungen - egal welcher Art - interessiert. Ich glaube auch, er ist aus Asgard schrägere Sachen gewohnt. ;)
Das nächste Kapitel ist mittlerweile auch schon fertig und ich werde es hochladen, sobald ich kann. :)

Bis dahin noch mal ein großes Danke! <3


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