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Mamá

von

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Vaterliebe

Es vergingen Tage. Gilbert meldete sich nicht.

Geknickt saß Antonio mit Gilbird auf der Schulter im Wohnzimmer.

Francis hatte ihn gefunden, als er wieder hier her gekommen war (tatsächlich hatte Antonio, nachdem er unter Tränen ins Haus zurück war, die Tür nicht richtig zu gemacht). Der Spanier war mit dem Oberkörper auf dem Küchentisch gelegen, neben einer leeren Weinflasche. Er hatte bereits tief und fest geschlafen, den Vogel auf dem Kopf. Nachdem der Franzose es mehr als einmal versucht hatte, ihn aufzuwecken und gescheitert war, hatte er ihn ins Wohnzimmer auf die Couch gewuchtet. Gilbird war schimpfend und zwitschernd hinterher geflogen und hatte es sich wieder auf Antonios Kopf bequem gemacht. Doch Francis hatte ihn mitgenommen und das bisschen Blut, was an den gelben Köpfchen klebte, weggewaschen.

„Hast dir ja ganz schön den Kopf gestoßen, Kleiner.“, hatte er gemurmelt, als er Gilbird wieder zurück zum Spanier fliegen ließ.

Seitdem hatte sich Gils Adoptivvater nicht mehr hier weg bewegt. Mit leerem Blick saß er da, starrte auf das Telefon, dass Francis ihn gebracht hatte, damit er seinen Sohn mal anrufen konnte. Doch der war nicht ran gegangen.

Der Franzose versuchte immer wieder, seinen Kumpel aufzumuntern – was jedes Mal schief ging und dafür sorgte, dass der Spanier in Tränen ausbrach – und versorgte ihn.

„Warum ist eigentlich der Vogel noch da? Hat Gilbert den nicht mitgenommen?“, fragte Francis an dem fünften Tag nach dem Verschwinden des Albinos.

„Ich weiß es nicht.“, flüsterte Antonio. „Vielleicht wollte er ihn nicht mehr…“ Er konnte sich auch nicht mehr erinnern, ob der Vogel auf Gilberts Kopf saß, als der Hals über Kopf abgehauen war. Er vergrub das Gesicht in seinen Händen und gab etwas von sich, was wie eine Mischung aus Seufzen, Stöhnen und Schluchzen war. Sein Kumpel klopfte ihm auf die Schulter.

„Komm, ich mach dir was zu Essen. Du bist ja eh schon so abgemagert, bevor du zu Antonia wurdest. Nicht, dass du mir durch den Verlust nun noch eingehst.“

Aber er wollte nichts essen. Er wollte nur seinen Sohn wieder. Antonios Hand wanderte zu dem kleinen Vogel, der bereitwillig auf seinen Finger hupfte und sich streicheln ließ. Warum er ihm gelegentlich halbwegs die Haare rausriss und ins Ohr tschilpte, verstand der Spanier nicht.

„Wo ist Gilbert…?“, fragte er den gelben Vogel leise. „Du weißt doch sicher, wo er ist, habe ich Recht…?“

Als das Telefon klingelte, zuckte er so heftig zusammen, dass Gilbird meckernd aufflog und sich auf dem Fernseher gegenüber der Couch rettet. Von dort aus schimpfte er immer noch mit Antonio, der nun mit zitternder Hand nach dem Telefon griff. Auf dem Display stand groß und breit Gilbert Handy. Langsam drückte er auf den grünen Hörer, führte das Telefon an sein Ohr und meinte hoffnungsvoll: „Gil?“

„Kapierst du es nicht?!“, schrie die Stimme seines Sohnes aus dem Gerät, „Ihm liegt nichts an mir! Merkst du doch! Er sagt nicht mal was! Dieser verdammte Hurensohn soll sich ficken! Ich will mit ihm nichts zu tun haben!!“

Sofort kamen Antonio wieder die Tränen. „Das stimmt doch gar nicht! Was erzä-!“

„Hallo, Antonio.“, unterbrach ihn eine bekannte Stimme. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. „Oder willst du lieber Antonia genannt werden? Sind doch schöne Dinge, die mir dein Sohn hier erzählt.“ “ICH BIN NICHT SEIN SOHN!“

Der Spanier starrte ins Leere. Warum hatte Lovino Gilberts Handy? Überhaupt, warum war Gilbert bei ihm?

„Was willst du?“, fragte er leise.

„Ach komm, was ist das denn für eine Frage! Dich natürlich! Und zwar tot. Außer, du hast das Geld?“ Eine irre Lache folgte. „Ich habe dich fünf Jahre gesucht. Fünf Jahre! Was machst du nur für Sachen! Ich habe wirklich gemeint, diese Frau wäre deine große Schwester! Und ein Kind hast du dir auch angeschafft. Woher hast du nur diese Missgeburt?“ „Das geht dich nichts an, Lovino.“, knurrte Antonio leise. Francis sollte das nicht mitbekommen. „Wo ist er? Wo ist Gilbert?“

„Nicht so hastig, mein Lieber. Glaubst du etwa, ich würde ihn einfach so gehen lassen?“

Natürlich nicht. Wäre ja auch zu schön, wenn dem so wäre.

„Ich will dich treffen. Will schauen, was aus dir geworden ist! Ein richtiger Mann bist du wohl nicht mehr, da du ja Jahre lang eine Mutter gespielt hast.“ „Vier Jahre.“, knurrte er. Davor war er bereits eineinhalb Jahre darin geübt gewesen, sich so zu verwandeln.

„Oh, Glückwunsch. Kein Wunder, dass mein Opa dich nicht gefunden hat. Aber dass du deinen Namen so einfach wählen würdest. Das grenzt schon fast an Dummheit.“ „Die beste Lüge grenzt nah an der Wahrheit. Nochmal; WO ist Gilbert. Wo seit ihr?“

„Das sage ich dir nicht. Ich nenne dir aber einen Treffpunkt. Und wenn du nicht die Leiche deines Sohnes dort finden willst, bist du am besten in, sagen wir, einer Stunde dort?“

Eine Stunde? Solange dauerte die Fahrt von hier bis in die Stadt! Antonio holte tief Luft.

„Wo?“

Lovino gab ihm eine Beschreibung durch. Es war, soweit der Spanier sich erinnerte, eine Seitengasse, abgeschieden von der Hauptstraße und total ruhig. „In einer Stunde bin ich da!“

„Hast du gehört, Gilbert? Er kommt uns besuchen! Nun zieh nicht so ein Gesicht, freu dich doch!“ Es waren Schritte zu hören und genervtes Schnaufen. Dann war die Stimme des Mafioso wieder da. „Grüß deinen lieben Papi doch mal!“

Stille.

Der Atem von zwei Leuten war zu hören. Dann war da Gilberts Stimme, viel näher als vorhin.

„Antonio?“

„Ja? Oh Gott, Gil, ich wollte dich da nicht mit hinein ziehen!“

„Halts Maul! Mensch! Du bist so ein Idiot! Du hättest mir das sagen können!“ Weinte Gilbert? Zumindest hörte es sich so an. „Ich hätte dir geholfen! Du bist doch meine Mama… ähh... mein Papa!“ Doch, nun war es klar zu hören. Der Albino weinte. „Wenn du deinen Arsch nicht hier her bewegst und mich rettest, dann bist du für mich gestorben. Hörst du! Hörst du, Antonio! Hey, du scheiß Pizzafresser, bleib gefälligst da! ANTONIO! WO IST GILBIRD?!“ Dann knackte es in der Leitung.

Auch der Spanier legte auf und erhob sich. Vorsichtig setzte er sich Gilbird auf den Kopf und schlich sich in den Flur. Neben seinen steckte er auch Francis‘ Autoschlüssel ein, damit der ihm nicht folgen konnte. Er sollte nicht noch tiefer in die Sache mit hinein gezogen werden, weil er ungewollt eh schon sehr tief mit drin steckte. Kurz sah er in die Küche und lächelte.

„Danke für alles, mein Freund!“

Er sah noch, wie Francis verwundert den Kopf hob, dann war er auch schon draußen und sperrte das Haus ab. Wenige Sekunden später stand auch der Franzose an der Tür und rüttelte daran.

„Antonio! Was hast du vor?!“

„Ich rette Gilbert. Lovino hat ihn. Tut mir leid, aber du musst hier bleiben.“ Mit den Worten drehte er sich um und rannte zu seinem kleinen roten Auto und fuhr los.

Eine Stunde.

Das war bei Tempo 100 nicht zu schaffen. Sein Auto fuhr maximal 140kmh, wenn es hoch kam 145kmh.

Er trat das Gaspedal durch, sah der kleinen roten Nadel zu, wie sie immer höher krabbelte.

70kmh. 80kmh. 90, 100kmh. 110, 120, 130kmh. 140kmh.

„Komm schon, Kleiner. Lass mich heute nicht im Stich!“, bat Antonio.

145kmh.

Wie wild sauste er durch den Wald, voller Sorge um seinen Sohn.

Dass er ihn Papa genannt hatte, freute ihn. Wenn er ihn dort raus hatte, würde er ihn fest in die Arme nehmen und nicht mehr gehen lassen.

„Du bist doch mein Sohn, Gilbert… Der wichtigste Mensch, den ich habe… Mein Schatz!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  AomineDaiki
2013-07-05T11:18:01+00:00 05.07.2013 13:18
Oww Antonio.. ;___; Ich bin so gespannt, wie es weiter geht!


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