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Sowas wie Liebe: Neji

von

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Strandausflug

Lautes Vogelzwitschern tönt von draußen in mein Zimmer und dringt tief in mein Unterbewusstsein. Verdammt, ich bin noch am schlafen... Müssen die Tiere grade jetzt schon so aktiv werden? Müde öffne ich die Augen und schaue kurz aus dem Fenster. Es dämmert bereits. Mein nächster Blick wandert zur Uhr, die mir 4:30 anzeigt. Entnervt drehe ich mich auf die Seite, schließe die Augen und versuche nochmal zu schlafen. Doch die Vögel draußen lassen mich einfach nicht. Schnell merke ich, dass ich nicht mehr einschlafen werde, also kann ich genauso gut auch aufstehen. Seufzend verlasse ich das Bett und wander ins Badezimmer und dort in die Dusche. Nach einigen Minuten bin ich fertig geduscht und angezogen und verlasse mein Zimmer.

Auf den Fluren ist noch alles ruhig. Der Clan schläft noch. Ich ziehe die Tür hinter mir zu gehe den Flur entlang vorbei am Innenhof. Der Boden knarzt leicht unter meinen Schritten. Dann komme ich am Vorherhof an. Eine kühle Brise weht mir entgegen und ich bleibe kurz stehen, um tief einzuatmen. Nachdem ich meine Sandalen angezogen habe verlasse ich das Anwesen und komme kurze Zeit später am Trainingsplatz von Team 9 an. Wo wir uns jeden Tag treffen und Missionen besprechen oder trainieren. Natürlich ist noch keiner hier; es wird bestenfalls grade mal 5 Uhr sein.

Zeit, ein wenig zu trainieren. In einigen Metern Entfernung fällt mir eine von TenTens Trainingspuppen auf, die sie hier überall an die Bäume gehangen hat. Ich hab schon häufiger an ihnen trainiert und ich weiß, dass einige Meter weiter die nächste am Baum hängt. Sie befindet sich außerhalb meines Sichtfeldes, wenn ich das Byakugan aktiviere. Aber das lässt sich sicher ändern. Ich aktiviere mein Kekkei Genkai und sofort nimmt alles um mich herum die gewohnten Schwarz-Weißen Farben an. Mit Leichtigkeit schaue ich durch den Baum und nähere mich der nächsten Strohpuppe. Und noch ein Baum und noch einer. Da ist der Baum, an dem mein Ziel hängt. Doch die Strohpuppe ist nicht mir zugewandt, sondern auf der Rückseite des Stammes. Ich verenge meine Augen noch ein wenig. So schwer kann es doch nicht sein, den Blickradius zu erweitern! Ich gebe mich nicht mit lächerlichen 50 Metern Sicht zufrieden. Hinata ist die schwächste im Clan und schafft sogar einen Kilometer! Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Nicht ich, das Genie aus Konoha! Ich verenge meine Augen mehr und beiße die Zähne zusammen. Es strengt ungeheuerlich an. Langsam beginnt der Radius sich auszudehnen und langsam verschwindet der Baum vor mir. Da ist sie! Ich sehe die Strohpuppe! Aber es geht sicherlich noch ein Stückchen. Ein letztes mal konzentriere ich mich auf die Strohpuppe und schneller als erwartet erweitert sich mein Blickradius. Doch plötzlich durchzuckt ein Stechen meinen Kopf und augenblicklich löse ich das Jutsu auf. Ich lege meine Hand gegen meine Schläfe und schließe die Augen. Ich bin zu schnell zu weit gegangen. Aber wenn ich mich selbst nicht forder, werde ich nie weiter als nur 50 Meter sehen können. Unwillkürlich schließe ich meine andere Hand zur Faust. Vergiss die Schmerzen, probier es noch einmal. Ich atme tief ein. Byakugan! Wieder wird alles Schwarz-Weiß, doch nun drehe ich mich um. Mein Blick bleibt weiterhin auf die gleiche Strohpuppe gerichtet. Schnell hat mein Blick den Baum erreicht, an dem sie hängt. Ich schaffe es noch einmal, sie zu sehen. Und ich werde darüber hinaus kommen! Grimmige Entschlossenheit macht sich in mir breit. Langsam dehnt sich das Sichtfeld von neuem aus und schonbald löst sich der Baum unter meinen Blick auf. Da ist die Puppe. Soweit hätte ich es geschafft. Ich konzentriere mich. Dann richte ich meinen Blick in die Baumkronen. Da, außerhalb meines Blickfeldes sitzt ein Vogel. Wenn ich es schaffe, soweit zu schauen, dass ich ihn klar und deutlich erkennen kann... Meine Sicht nähert sich dem Tier, ich erkenne es immer deutlicher. Plötzlich fliegt er davon. Meine Chance, mich zu testen. Schnell verfolge ich es mit meinen Augen, doch es entfernt sich immer weiter aus meinen Sichtfeld. Ich konzentriere mich auf das Tier, lasse es nicht aus den Augen, die ich nun wieder verenge. Eine Weile kann ich dem Tier noch hinterherschauen, dann ist es entgültig aus meinem Sichtfeld und ich kann es zwischen den Ästen nicht mehr ausmachen. Ich deaktiviere das Byakugan wieder und atme leicht erschöpft aus. Dann setze ich mich an einen Baum, schließe die Augen und fange an zu meditieren. Ich kann nicht sagen, ob ich es geschafft habe, mein Sichtfeld dauerhaft ein wenig zu erweitern. Es ist sehr schwer und anstrengend und ohne das Trainingsprogramm der Hauptfamilie würde es sehr schwer werden, es überhaupt drastisch auszuweiten... Aber davon lasse ich mich nicht einschüchtern. Ich habe bisher ganz andere Sachen ohne die Hauptfamilie hinbekommen, die ich nicht können sollte. Da würde das Training des Byakugans das kleinste Problem sein.
 

Versunken in meinen Gedanken und in der Meditation vergesse ich völlig die Zeit und werde mir das erste mal bewusst, wie spät es bereits ist, als Lee auf dem Trainingsplatz auftaucht.

„Guten Morgen, Neji“, begrüßt er mich so gut gelaunt wie jeden Morgen. Zum Glück ist sowas nicht ansteckend.

„Hallo Lee“, begrüße ich ihn in meiner ruhigen Art zurück, schaue ihn aber nicht ab geschweige denn öffne ich meine Augen dafür. Er kennt es nicht anders von mir und ohne große Umschweife scheint er auch sofort mit dem Training zu beginnen. Wie jeden Morgen. Und wie jeden Morgen erreicht TenTen als letzte den Trainingsplatz.

Ich höre, wie sie uns fröhlich begrüßt und öffne nun doch die Augen, um zu ihr rüber zu schauen.

„Guten Morgen, TenTen“, antwortet Lee ihr sofort und stellt sich nun aufrecht hin, sofort mit dem Training aufhörend. Er grinst sie an. Oh verdammt, er wird wirklich immer mehr wie unser Sensei... sogar sein Grinsen hat er schon perfekt immitiert... Doch TenTen scheint es nicht aufzufallen, sie grinst einfach zurück. Oder sagt sie da genauso wenig gegen wie ich? Sie richtet ihren Blick auf mich, immer noch mit dem grinsen auf dem Gesicht und ich wende schnell meinen Blick ab. Ich kann mir ein kurzes entnervtes Lächeln nicht unterdrücken. Sofort ist TenTen in der Nähe verteilt sie auch schon überall ihre gute Laune. Das ist mir besonders die letzten Wochen aufgefallen. Bei unserem Training. Sie hat sich deutlich verbessert. Und immer wenn sie merkte, dass ich sie nicht kritisiere, bekam sie wieder ihre gute Laune und ließ sie sich den Rest des Tages, den wir gemeinsam verbrachten, auch nicht mehr nehmen. Ja, TenTen ist wirklich eine gute Trainingspartnerin und Teamkameradin geworden. Und vielleicht auch eine... Freundin? Innerlich schüttel ich sofort den Kopf. Ich bin ein Hyuuga, ein Genie. Ich habe mir doch immer gesagt, dass ich keine Freunde brauche. Da mache ich doch bei TenTen keine Ausnahme... glaube ich. Verflucht, Neji! Reiß dich zusammen!

Plötzlich werde ich aus meinem inneren Kampf gerissen, als Sensei Gai in einer großen Rauchwolke vor uns auftaucht.

„Guten Morgen meine Schüler“, begrüßt er uns überschwänglich und hält uns mit einem breiten Grinsen einen Zettel entgegen.

„Ich habe heute eine Mission für uns ergattern können. Und die werden wir heute mit dem Feuer der Jugend erledigen!“ Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Hat er es tatsächlich geschafft, sich heute beim Hokage eine Mission zu erkämpfen? Wie nicht anders zu erwarten war, ist Lee sofort Feuer und Flamme für die Mission und ahmt Senseis peinliche Pose nach. Aus dem Augenwinkel schaue ich zu TenTen. Sie freut sich auch, aber nicht so aufbrausend wie die beiden Knallköpfe. Ich seufze, stehe auf und stelle mich neben meine einzige normale Teamkameradin.

„Und was für eine Mission ist das?“, frage ich unseren Sensei. Dieser fängt an, sich den Hinterkopf zu reiben und setzt ein blödes Grinsen auf. Ich ahne Böses...

„Wir sollen auf eine Kindergarten-Gruppe aufpassen, während sie einen Tagesausflug unternehmen.“ Kerzengrade bleibe ich einfach da stehen, wo ich grade bin und schaue Gai entgeistert an. TenTen neben mir entgleisen die Gesichtszüge. Sie scheint das grade gehört genauso wenig zu glauben wie ich. Okay, nochmal. Wir sollen auf eine kindergarten-Gruppe aufpassen? Die ihren Ausflug wahrscheinlich auch noch irgendwo innerhalb der Mauern Konohas machen? Einzig Lee scheint sich für die Mission zu freuen. Er zittert leicht, ein Zeichen dafür, dass er seine Freude unterdrückt. Dann dreht er sich um.

„Wenn wir diese Mission erfolgreich abschließen, motivieren wir die Kleinen, später gute Ninja zu werden!“ Und das glaubt er wirklich?

„Nur weil wir einen Tag Babysitter spielen? Ich glaube nicht, dass es einen bleibenden Eindruck hinterlässt...“ erwidert TenTen. Sie hat Recht. Nur weil sie heute vielleicht das erst mal in ihren Leben einen Ninja sehen ist dies keine Garantie dafür, dass sie sich ein gutes Beispiel an uns nehmen. Nein, solche Sachen hinterlassen keine bleibenden Eindrücke bei Kindern. Ich weiß das selbst am besten.

„Nicht meckern“, geht Gai nun zwischen uns.

„Dies ist eine Mission wie jede andere und wir werden sie mit demselben Eifer und Tatendrang erledigen wir die anderen Missionen auch! Wir werden jetzt unsere Sachen zusammen suchen und uns dann um 10 am Konoha-Kindergarten treffen.“ Mit einem nicken auf seine eigenen Worte verschwindet er und auch wir machen uns auf dem Weg, unsere Taschen zu packen. Es ist nichtdestotrotz eine Mission und die müssen wir erledigen.

Kurze Zeit später betrete ich das Anwesen und mache mich auf dem Weg zu meinem Zimmer.

Unterwegs treffe ich niemanden an und ehrlich gesagt bin ich auch froh darüber. Ich packe schnell meinen Beutel, den ich immer auf Mission mitnehme und drehe mich wieder zur Tür zu. Doch dann entdecke ich etwas auf meinem Schreibtisch. Ich schaue es mir genauer an. Es ist ein Zettel. 'Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag' steht dort. Einige Sekunden schaue ich mir die Buchstaben an. Ich kenne diese Handschrift. Ohne weiter darüber nachzudenken zerknüll ich den Zettel und werfe ihn in den Papierkorb. Wenn er jetzt schon Zettel benötigt, um mir etwas zu sagen, dann kann ich auch dankend darauf verzichten. Ich drehe mich wieder zur Tür und verlasse das Zimmer. Schnell ziehe ich noch die Tür hintermir zu, dann laufe ich die langen Flure wieder zurück zum Vorderhof und von dort die letzten Meter zur Akademie. Der Kindergarten schließt genau daran. TenTen wartet schon und kurz nach mir trifft auch Lee ein. Und dann höre ich das Geräusch von vielen kreischenden, sich unterhaltenden Kindern. Ich drehe mich zum Kindergarten um und genau in dem Augenblick verlässt Gai, gefolgt von den Kindern und der Erzieherin das Gebäude. Die Frau lächelt und an und stellt sich vor uns.

„Vielen Dank, dass ihr uns heute begleiten werdet. Leider muss euer Sensei wieder los, weshalb er nicht dabei sein kann.“ Eine Mission ohne unseren Sensei? Geht denn das?

„Sie können nicht mit zur Mission kommen?“, fragt Lee und Sensei Gai schüttelt daraufhin den Kopf.

„Ich muss leider etwas sehr wichtiges erledigen. Aber es dürfte nichts auf der Mission passieren. Ihr werdet nicht über die Grenzen zu anderen Reichen gehen und normalerweise macht der Kindergarten diese Ausflüge auch ohne Unterstützung von Ninjas.“

„Und warum sollen wir denn heute dabei sein?“ Berechtigte Frage von TenTen. Ich kann aus ihrer Stimme hören, dass sie ganz und gar gegen diese Mission ist. Die Erzieherin antwortet ihr.

„Wir werden heute ausnahmsweise mit 2 Gruppen gehen, aber ich müsste auf beide alleine aufpassen und das schaffe ich nicht. Deshalb habe ich um Unterstützung gebeten. Ihr müsst wirklich nur darauf aufpassen, dass alle Kinder beisammen bleiben und keines sich verletzt.“ Gut, wenn wir nur aufpassen sollen, dass alle beisammen bleiben, dann wird es wohl nicht sehr weit weg gehen. Trotzdem geht es mir gegen den Strich, dass wir Babysitter spielen sollen. Eigentlich müssten wir uns langsam ernsthaft für die Chuunin-Prüfung vorbereiten, statt solchen Quatsch zu machen.

„Und wohin geht es?“, frage ich rein Interesse halber. Vielleicht kann der Ausflugsort unsere Laune ja noch retten... Die Erzieherin grinst breit, bevor sie antwortet:

„An den Strand!“ Zugegeben, die Antwort gefällt mir. Dann können wir uns immerhin auch ein wenig amüsieren. Ich schaue heimlich zu TenTen. Sie hat die Hände vor der Brust ineinander verhakt und in ihren Augen liegt ein Glitzern, wie es nur bei ihr vorkommen kann. Mein Blick wandert weiter zu Lee, der grade seine Faust in den Himmel gestreckt hat.

„Worauf warten wir dann noch? Lasst uns endlich beginnen!“ Die Erzieherin nickt und dreht sich dann zu den Kindern um.

„Kinder, hört mal alle her! Diese 3 Ninja werden uns heute ausnahmsweise zum Strand begleiten. Ich möchte, dass ihr auf das hört, was sie sagen. Sie werden mich heute unterstützen und ich möchte, dass ihr ihnen genau so viel Respekt entgegenbringt wir mir.“ Ein einstimmiges Gejubel und Gekreische geht durch die Kinderhorde und gemeinsam setzen wir uns dann in Bewegung. Mein Blick wandert wieder rüber zu TenTen. Sie sieht nachdenklich aus. Ob sie etwas beschäftigt?
 

Ich wusste es schon immer, warum ich Kinder nicht mag. Und dieser Moment bestätigt dieses Wissen immer und immer wieder. Kinder sind laut, nervig und einfach nur unreif. Klar, ich war auch mal klein, aber ich war ganz anders. Ich war diszipliniert, ruhig und für mein Alter schon sehr reif. Also das genau Gegenteil von dem, was da vor mir herläuft. Lee scheint sich nicht an der Lautstärke zu stören. Er unterhält sich sehr angeregt mit der Erziehering und findet sogar noch Zeit, sich um die um ihn scharenden Kinder zu kümmern... Und TenTen auch. Sie läuft in der Mitte etwas weiter vor mir. An jeder Hand ein Kind unterhält sie sich mit ihnen und beantwortet deren Fragen. Ich könnte das nicht, mich auf dieses Niveau begeben und bei jedem kleinsten Wort pure Begeisterung vortäuschen. Daher bin ich ganz froh, dass ich den Abschluss bilde und sich die Kinder weitestgehend von mir fern halten. Ich mache eben keinen einladenden Eindruck auf die Kleinen. Vor mir laufen ein paar Kinder herum, die sich in einer Lautstärke unterhalten, dass ich ihnen am liebsten die Münder verschlossen hätte. Der Schlafmangel von heute morgen macht sich Minute zu Minute sichtbarer. Meine Laune wandert stetig weiter bergab. Zwischen den lauten Worten der Kinder vor mir kann ich Gesprächsfetzen von TenTen auffangen. Sie unterhalten sich über Geburtstage... wie passend für diesen Tag... Und diese Kinder scheinen wirklich neugierig zu sein, denn jetzt wollen sie auch Lees Geburtsdatum wissen. Pah! Was ist an diesem Tag denn so toll? Man wurde geboren. Und weiter? Vielleicht hat man allen Grund zur Freude, wenn das Leben von Anfang an so verlief, wie es für ein Kind normal gewesen wäre. Aber ich feier meinen schon seit Jahren nicht mehr. Ich habe keinen Grund mehr dazu. Lee verrät den Kindern das Datum und wenige Sekunden später dreht TenTen sich zu mir um.

„Neji?“ Ich merke ihren Blick auf mir ruhen und schaue sie an. Was denn? Will dieses Kind etwa auch mein Datum wissen? Wozu? Sie würde ihn heute Abend eh vergessen haben und in ein paar Jahren erinnert sie sich nicht mal mehr an diesen Tag

„Das geht euch nichts an“, antworte ich ihr auf die unausgesprochene Frage und drehe meinen Kopf zur Seite. Doch eigentlich hätte mir klar sein müssen, dass TenTen stur ist. Das habe ich mittlerweile seit unserem Training herausgefunden. Sie ist stur in allen Angelegenheiten.

„Was ist so schlimm daran, seinen Geburtstag zu verraten? Da ist doch gar nichts bei.“ Sie setzt erneut an, entschlossen diese Kleinigkeit herauszufinden.

„Es ist ein Tag wie jeder andere. Nichts Besonderes“, kontere ich und halte den Blick weiterhin abgewandt.

„Grade deswegen kannst du ihn uns doch verraten, oder nicht?“ Nun richte ich den Blick wieder auf sie. Ich wurde dazu erzogen, keine Forderungen zu stellen oder Wünsche zu haben. Meine Meinung zählt nicht. Aber andererseits weiß TenTen so gut wie gar nichts über mich. Daher ist es einen Versuch wert.

„Ich möchte aber nicht.“ Ich sehe, wie sie mich sprachlos anschaut. Doch dieser Ausdruck hält nicht lange, denn er wird von einer Entschlossenheit vertrieben die deutlich macht, dass sie diesen Meinungskampf noch lange nicht aufgegeben hat. Kommentarlos dreht sie sich wieder nach vorne und fast zeitgleich dreht sich die Erzieherin zu uns um.

„Kinder, wie wäre es, wenn ihr das Lied sing, das wir letzte Woche gelernt haben?“ Oh, bitte nicht das auch noch. Die Kinder scheinen sich zu freuen, denn sofort beginnen sie mit der Lehrerin zu singen. Zu allem Übel fängt TenTen auch noch an, mit zu singen. Die einzig normale Person in diesem Team, die einzige mit der ich mich ein wenig verbunden fühle kehrt mir den Rücken zu und macht bei diesem Blödsinn mit. Umso erleichterter bin ich, als die Kinder nun auch das Wasser sehen können und auf dieses zustürmen. TenTen lässt sich auf meine Höhe fallen und lacht.

„Sind sie nicht putzig? Wenn ich daran denke, dass wir auch mal so waren, wird mir bewusst wie schnell wir groß geworden sind.“ In Ihrer Stimme schwingt Freude mit und ich sehe, dass ihre Augen funkeln.

„Ich war so nicht“, entgegne ich und sie lenkt ihren Blick auf mich. Mit erstaunten braunen Augen sieht sie mich prüfend an.

„Nicht? Wie warst du denn dann?“ Ich schließe meine Augen und senke den Kopf etwas. Ein genervtes, kurzes Lachen entweicht meiner Kehle und ein ebensolches Lächeln kann ich mir nicht unterdrücken.

„Weniger laut und kindisch.“

„Lass sie doch. Wenn sie erstmal größer sind, haben sie selten Gelegenheit hierher zu kommen und sich noch so ausgelassen zu freuen.“ Ich höre an ihrer Stimme, dass sie ebenfalls lächelt. Langsam öffne ich meine Augen wieder und schaue sie von der Seite her an. Sie hat Recht. Es sind halt noch Kinder. Ich nicke.

„Wahrscheinlich hast du Recht...“

Plötzlich stehen Lee und die Erzieherin vor uns.

„Die Kinder dürfen jetzt baden und spielen. Ich möchte euch bitten, aufzupassen, dass keines in den Wellen oder beim Spielen zu Schaden kommt. Und sie sollten nach Möglichkeit in Sichtweite bleiben.“ Wir nicken und die Erzieherin dreht sich lächelnd wieder um.

Lee fragt noch, welche Spiele für den Tag geplant sind und wir erfahren, dass die Erzieherin Federball, Volleyball und Fussball als Spiele geplant hat. Als das Wort 'Volleyball' fällt, kreischt TenTen auf und ist sichtlich erfreut.

„Das sind aber ganz schön viele Spiele für so eine kleine Gruppe“, stelle ich fest und lass meinen Blick über die Kinder schweifen. Auch wenn wir mit zwei Kindergarten-Gruppen unterwegs sind, auf drei Spiele verteilt sind es doch wenige. Die Erzieherin nickt.

„Ich habe es mir als eine Art Turnier gedacht. Erst Federball, dann Volleyball und dann Fussball. Dabei gibt es keine Gewinner oder Verlierer. Aber es wird immer nur ein Spiel zur Zeit gespielt. Und er möchte, kann sich daran beteiligen. Ihr dürft übrigens auch gerne mitmachen.“ Sofort klatscht TenTen in die Hände und stimmt zusammenmit Lee zu. Sollen die beiden sich ruhig den Tag über mit den Kindern vergnügen. Dann hätte ich immerhin meine Ruhe und könnte meiner Aufgabe, auf die Kinder aufzupassen, nachgehen. Ich verschränke die Arme vor der Brust und bewege mich in Richtung Dünen. Ein Stück gehe ich sie hoch, dann finde ich einen guten Platz, von dem ich den Strand im Auge habe und setze mich. TenTen und Lee laufen auf das Meer zu und ohne zu zögern laufen sie hinein. Noch hier hinten höre ich TenTen kreischen, als sie feststellen muss, dass das Wasser trotz der sommerlichen Temperaturen kälter ist als gedacht. Aber der kurze Schock scheint schnell überwunden zu sein, denn sofort führt sie mit den Kindern eine Wasserschlacht. Ich lasse meinen Blick über den gesamten Strand schweifen und aktiviere kurz das Byakugan, um auch die Gegend hinter mir kurz zu prüfen. Dann lenkt TenTen mit ihrem Lachen meine Aufmerksamkeit auf sie. Ich beobachte sie. Von hier hinten bemerkt sie es nicht. Es kommt mir vor, als hätte sich etwas verändert, seit wir anfingen gemeinsam zu trainieren... Ein lächeln huscht über mein Gesicht. Nein, es hat sich sogar etwas verändert. Nicht, dass ich anfange irgendwelche Gefühle für sie zu entwickeln. Nein, dafür bin ich nicht der Mensch. Von Beziehungen halte ich nichts und zudem habe ich einfach kein Interesse an soetwas. Es ist etwas anderes. Und auch wenn ich mir selbst versuche einzureden, dass ich es nicht nötig hätte glaube ich doch langsam, dass wir Freunde werden. Unglaublich, dass ein einfaches Mädchen es schafft, mich so zum nachdenken zu bringen... Die Stimme der Erzieherin reißt mich aus meinen Gedanken. Sie ruft die Kinder zusammen, weil sie etwas zu verkünden hat. Schnell schaue ich mich um, dass auch alle Kinder zu ihr gehen. Aber ich muss nicht eingreifen. Die Kinder haben sich alle in der Nähe aufgehalten. Ich kann von hier oben nicht deutlich hören, was sie erzählt. Aber die Tatsache, dass Lee und TenTen, völlig durchnässt, das erste Netz aufbauen bestätigt meine Vermutung, dass jetzt das Turnier beginnt. Das erste Spiel würde Federball sein. Lee hebt seine Hand und wir dann von der Erzieherin an den Rand des Spielfeldes geschickt. Er ist dann wohl der Punktezähler. Und TenTen schnappt sich einen Schläger. Ich schaue dem Spiel zu. Aber die Kinder scheinen es besser zu beherrschen als TenTen... Ich kann nicht sagen, wie lange dieses Spiel ging oder wer am Ende die meisten Punkte geholt hat. Ich habe meinen Blick zwischendurch vom Spiel abgewandt und stattdessen auf das Wasser gerichtet und den Wellen gelauscht. Irgendwann sehe ich aus dem Augenwinkel, dass TenTen auf mich zukommt und sich neben mich setzt. Sie lacht und ist völlig erschöpft und an den Beinen klebt ihr getrockneter Sand. Sie schaut mich von der Seite her an.

„Das nächste Spiel ist Volleyball. Du solltest mitkommen und auch eine Runde dabei sein“. Ich blicke ihr in die Augen und schüttel leicht den Kopf.

„Ich bleibe lieber hier sitzen und beobachte euch.“ TenTen wendet ihren Blick nicht von mir ab, sie schaut mich einfach weiter an und grinst dann herausfordernd.

„Wie wäre es, wenn ich in das Gegenteam gehe und wir gegeneinander kämpfen?“ Typisch TenTen... Ich drehe meinen Kopf wieder nach vorn und schließe die Augen. Eine Herausforderung also? Ich kann mir ein Lächeln nicht unterdrücken. Beim Training mag ich sie noch besiegen und besser sein als sie. Dann wollen wir doch mal schauen, ob es beim Sport genauso ist.

„Na gut, aber nur ein Spiel.“ Mit einem kurzen, erfreuten Ruf stellt sie sich wieder hin. Ich schaue zu ihr hoch und sie lächelt mich an, bevor sie mit einem schnellen 'Dann bis gleich' davonläuft. Nun stehe auch ich auf und greife mein Shirt, welches ich mir geschickt über den Kopf ziehe. Dann löse ich noch schnell die Bandagen und greife mir meinen Beutel. Am Spielfeld angekommen lege ich alles ab, zieh mir die Sandalen aus und stell mich auf das Spielfeld. Bei diesen Temperaturen wird es besser sein, ohne Shirt zu spielen, wenn ich mir keinen Hitzeschlag holen möchte.

„Neji, spielst du mit?“, fragt Lee und schaut zu mir rüber. Ich nicke.

„TenTen auch“, sage ich dann. Lee nickt und zeigt auf das Häuschen.

„Sie ist eben da reingelaufen. Dann werden wir noch ein wenig warten.“ Ich drehe mich zu dem Häuschen um. Was auch immer sie da drin macht, sie braucht ganz schön lange. Doch dann schwingt die Tür auf und sie betritt wieder den Strand. Und bewegt sich dann auch nicht weiter, sondern schaut wie gebannt in meine Richtung. Ich schaue ihr in die Augen. Auf ihrem Gesicht erscheint wieder der mittlerweile bekannte, verträumte Ausdruck. Ich habe bereits gelernt, dass sie in ihrer eigenen kleinen Welt ist, wenn sie so schaut und alles um sich herum nicht mehr mitbekommt. Also würde ich sie mal wieder in die Realität holen müssen.

„TenTen? Beeil dich, wir wollen anfangen.“ Mir entgeht nicht die klitzekleine Veränderung in ihrem Blick. Sie ist wieder bei uns. Schnell läuft sie auf die andere Seite des Spielfeldes und begibt sich in Position. Ich verfolge sie mit meinem Blick und fixiere sie durch das Netz hindurch. Dann stelle auch ich mich in Position. Lee wirft den Ball zu TenTen. Sie würde den Aufschlag machen. Doch vorher dreht sie sich noch zu ihrem Team um und feuert die Kleinen an, die daraufhin anfangen zu kreischen und zu jubeln. Sie erwidert meinen Blick grimmig, wirft den Ball hoch und haut ihn über das Netz. Ich verfolge den Ball mit meinen Augen und stelle fest, dass er auf eines der Kinder zusteuert. Das hat sie doch mit Absicht gemacht, denn das Kind kann den Ball nicht abwehren. Stattdessen klatscht es völlig sinnlos mit der Handfläche gegen den Ball und befördert ihn ins Aus. TenTen und ihr Team jubeln. Wir welchseln die Positionen auf dem Feld. Sie lächelt mich siegessicher durch das Netz an. Freu dich nur nich zu früh, TenTen. Das Spiel hat grade erst angefangen. Sie macht wieder den Aufschlag. Und diesmal zielt sie genau auf mich. Doch von sowas lass ich mich nicht beeindrucken. Ich lege meine Handgelenke aneinander und feuer den Ball dahin, wo er herkam. Ich sehe, dass er über TenTen fliegt und genau auf ein Kind hinter ihr zusteuert. Dieser Punkt geht an uns, das Kind würde diesen Ball nicht zurück über das Netz befördern. Doch im letzten Moment springt TenTen dazwischen, trifft ihn und... der Ball geht noch vor dem Netz zu Boden. Punkt für uns. Gegenüber wechseln sie die Positionen. Lee wirft mir den Ball zu. Ich werfe ihn hoch und schlage mir voller Wucht gegen. Der Ball geht über das Netz und sofort steht TenTen in seiner Bahn und kontert ihn zurück. Der Ball zielt wieder auf eines der Kinder. Doch nochmal würde sie mit dieser Taktik nicht durchkommen. Schnell laufe ich dazwischen und kontere zurück. Dabei gebe ich dem Ball so viel Geschwindigkeit, dass er einfach am gegnerischen Team vorbeifliegt und in der Mitte des Feldes liegen bleibt. Sprachlos starren die Kinder den Ball an. Punkt für uns. Und sofort beendet Lee das Spiel.
 

TenTen kommt zu mir.

„Du hast gewonnen... mal wieder.“ Sie lächelt erschöpft und wedelt sich, scheinbar unbewusst, mit der Hand etwas Luft zu. Ich schaue sie vergnügt an.

„Hast du etwa vergessen, was die Erzieherin sagte? Es gibt keine Gewinner oder Verlierer. Du solltest dich an die Turnier-Regeln halten.“ Kurz nimmt ihr Blick etwas erstauntes an, dann lenkt die Erzieherin unsere Aufmerksamkeit auf sich.

„Jetzt kommt Fussball. Wer möchte mitmachen?“ Lee meldet sich sofort und macht sich sofort daran, das Netz abzubauen. Die Erzieherin schaut uns fragend an, aber TenTen und ich lehnen ab und entfernen uns etwas vom Geschehen. Etwas weiter oberhalb lassen wir uns in den Dünen nieder und beobachten das grade angefangene Fussballspiel. Lange Zeit sagt keiner von uns etwas. Mein Blick bleibt weiter auf das Spiel vor uns gerichtet.

„Sag mal... Willst du eigentlich immer noch wissen, wann ich Geburtstag habe?“ Keine Reaktion. Nicht mal eine Bewegung. Ich richte meinen Blick auf sie und erleide innerlich fast einen Herzinfarkt. Oh mein... wenn TenTen sehen könnte, wie sie grade aussieht, dann würde sie sich verdammen für ihre Angewohnheiten... Sie sitzt ganz normal neben mir. Allerdings ist ihr Kopf... sehr schief gelegt, sie starrt unablässig auf meinen Körper, ihr Mund steht offen und sie sabbert. Zu allem Überfluss hat sie wieder diesen verträumten Gesichtsausdruck. Ich sollte mir ernsthaft die Frage stellen, ob ihre Hormone verrückt spielen, sobald sie mich sieht. Was an sich ja auch nicht weiter schlimm wäre, würde ich sie nicht enttäuschen müssen.

„TenTen?“, frage ich erst ganz normal. Aber sie reagiert nicht.

„TenTen?“, frage ich erneut, nun ungeduldiger. So lange war sie noch nie in ihrer Traumwelt... Doch endlich reagiert sie und schaut mich an.

„Ja?“ Die Art, wie sie es ausspricht lässt darauf schließen, dass sie meine erste Frage völlig überhört hat.

„Ich habe dich etwas gefragt.“ Verwirrung macht sich in ihrem Gesicht breit.

„Kannst du… es nochmal wiederholen?“ Ihr scheint die ganze Situation peinlich zu sein, denn sie wird Rot und lenkt ihren Blick schnell auf das Wasser. Ich seufze resigniert und schaue zu ihr rüber.

„Ich fragte, ob du immer noch wissen möchtest, wann mein Geburtstag ist.“ Überrascht und mit geweiteten Augen schaut sie wieder zu mir, direkt in meine Augen. Dann lächelt sie und schüttelt den Kopf leicht.

„Du sagtest vorhin, dass du ihn nicht verraten möchtest. Ich kann den Grund zwar immer noch nicht verstehen, aber ich kann deine Entscheidung akzeptieren. Wenn du nicht magst, dann können wir dich auch nicht dazu zwingen.“

Bei ihrem letzten Satz kann ich nicht an mir halten. Erstaunt, überrascht und völlig unvorbereitet auf das Gesagte schaue ich sie an. Dann richte ich meinen Blick wieder nach vorne, damit sie nicht den inneren Gefühlskampf in mir sieht. Wenn ich nicht möchte... kann man mich nicht zwingen? Das hat noch keiner vorher zu mir gesagt. Ich wurde so erzogen, dass ich mich unterzuordnen habe. Wenn etwas mal gegen meinen Willen verläuft, muss ich mich beugen und es so hinnehmen. Ohne ein Wort darüber zu verlieren oder mich zu beschweren. Und wenn man von mir verlangt, mich für die Hauptfamilie... Davon weiß TenTen aber gar nichts. Sie weiß nicht, wie mein Leben außerhalb des Teams oder des Trainings aussieht. Sie kennt nicht die Hintergründe. Also kann sie solche Worte sagen und guten Gewissens auch daran glauben.

„Danke, dass du das so siehst“, sage ich dann leise. Ich bedanke mich nicht häufig. Aber wenn es doch mal vorkommt, dann meine ich es ehrlich. Ich spüre TenTens Blick auf mir ruhen und erneut legt sie den Kopf schief.

„Wie sollte ich es denn sonst sehen?“ Ich schließe die Augen und schüttel leicht den Kopf. Und als ich meine Augen wieder öffne setzt sich ein kurzes Lächeln auf mein Gesicht.

„Ist nicht so wichtig. Vergiss es einfach.“ Für den Moment ist es gut so. Irgendwann würde ich TenTen alles erzählen. Wahrscheinlich schon bald. Sie würde ein Recht darauf haben, alles zu erfahren. Ich schaue in den Himmel und betrachte die wenigen Wolken. Ja, sie wird alles erfahren, wenn die Zeit gekommen ist. Ich schaue wieder zu ihr und blicke ihr direkt in ihre Augen.

„Er ist heute.“ Sie schaut mich ebenfalls an, reagiert aber nicht. Ich sehe die Frage in ihrem Blick.

„Mein Geburtstag ist heute. 03. Juli.“ Eine Weile braucht sie, um das Gehörte zu verstehen, dann gibt sie einen überraschten Laut von sich. Ich betrachte sie weiter, schweigend. Sie versucht, einen Satz zu formulieren, doch ehe sie ihn zu Ende ausgesprochen hat, unterbreche ich sie.

„Verrate es bitte niemandem.“ Schnell schüttelt sie den Kopf und ich richte meinen Blick wieder auf das Fussballspiel, das noch in vollem Gange ist. TenTen tut es mir gleich.
 

Es dämmert bereits, als wir uns auf den Rückweg machen. Anders als auf dem Hinweg sind die Kinder jetzt ruhig und müde. Nur vereinzelt reden sie, aber auch eher leise. Lee ist genau wie heute morgen wieder vorne an der Spitze und redet mit der Erzieherin. TenTen und ich gehen hinten und passen auf, dass keines der Kinder abhanden kommt.

Ich genieße die Ruhe. Die Temperaturen sind deutlich kühler geworden, aber es ist immer noch angenehm warm.

„Sag mal, was ist eigentlich mit unserem Training heute?“, fragt TenTen plötzlich und schaut mich an. Ohne sichtbare Reaktion überlege ich. Ja, was ist mit dem Training heute? Eh wir wieder in Konoha sind ist die Sonne fast untergegangen. Dann müssen wir noch zum Hokage und die Mission abgeben. Wir waren heute viel länger unterwegs, als eigentlich geplant war.

„Das lassen wir heute ausnahmsweise ausfallen. Es wird zu spät, bis wir in Konoha angekommen sind und unsere Bezahlung abgeholt haben“ antworte ich ihr, während ich weiter nach vorn schaue. Aus dem Augenwinkel seh ich sie nicken. Es wird schon in Ordnung sein, wenn wir heute nicht trainieren. Sicherlich werden wir später auch in unsere Betten fallen.

Eine ganze Weile gehen wir noch wieder schweigend nebeneinander her. Dann fängt TenTen mit dem nächsten Thema an.

„Meinst du, Sensei Gai meldet uns dieses Jahr zur Chuunin-Prüfung an?“

„Ich weiß nicht. Ich traue es unserem Sensei ebenso gut zu, dass er uns erst nächstes Jahr anmelden wird. Immerhin muss er das gesamte Team anmelden, nicht nur einzelne Personen. Und daher muss er vorher genau abschätzen, ob die Anmeldung Sinn macht.“ TenTen schaut mich an, während ich ihre Frage beantworte.

„Wie meinst du das?“ Eigentlich dachte ich, dass TenTen versteht, was ich meine. Aber anscheinend habe ich mich geirrt...

„Nimm dir Lee als Beispiel“, setze ich an.

„Unser Sensei muss genau abschätzen können, ob Lee nur mit Taijutsu genauso stark ist wie du oder ich mit Genjutsu oder Ninjutsu. Er kann Lee nicht an einer Prüfung anmelden, für die er noch nicht bereit ist. Folglich kann er das ganze Team nicht an der Prüfung anmelden.“

„Achso ist das… du scheinst dich ganz gut darüber schlau gemacht zu haben.“ Ich höre das Lächeln in ihrer Stimme und aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, wie sie ihre Hände hinter dem Rücken verschränkt und zu mir sieht. Ich schließe meine Augen und stecke meine Hände in die Hosentaschen. Eigentlich habe ich mich nicht über die Prüfung informiert. Viel mehr habe ich Gesprächsfetzen von anderen Senseis aufgefangen und in eine logische Reihenfolge gebracht. Und eigentlich hätte TenTen auch die besagten Gesprächsfetzen aufschnappen können, denn seit einigen Wochen reden die Senseis über nichts anderes mehr untereinander als über die Prüfungen.

„Das war einfache Logik. Da hättest du auch drauf kommen können.“ TenTen geht einfach weiter neben mir her. Anscheinend hat sie sich an meine Antworten gewöhnt. Normalerweise hätte sie schon längst ihre wütende Phase erreicht, wenn ich so mit ihr rede. Ob es daran liegt, dass wir uns jeden Tag sehen, dass sie nicht mehr so reagiert? Wie auch immer... Plötzlich zieht TenTen an mir vorbei. Ohne ein Wort, ohne einen weiteren Blick geht sie nach vorne zu Lee und schaltet sich in das Laufende Gespräch ein. Ich schaue sie an und in mir überschlagen sich die Gedanken.

Ist sie doch wütend? Versteckt sie mittlerweile ihre Gefühle? Nein, so ein Blödsinn. Warum sollte sie jetzt plötzlich damit anfangen, wenn sie vorher immer offen gezeigt hatte, dass ihr etwas nicht passte? Vielleicht gibt es einfach nur etwas, was sie mit Lee oder der Erzieherin besprechen möchte. So wird es sein.

Eine Weile später taucht dann auch das Tor von Konoha auf. Die Kinder fangen wieder aufgeregt an zu reden und zu jubeln und stürmen dem Eingang entgegen. Gemeinsam begleiten wir sie noch zur Akademie, wo sich die Erzieherin für unsere Hilfe bedankt. Auch die Kinder verbeugen und bedanken sich. Dann gehen wir zum Hokageturm, um diese Mission als 'Erfolgreich abgeschlossen' abzugeben und unsere Bezahlung abzuholen. Zusammen verlassen wir eine Weile später wieder das Gebäude. Mittlerweile legt sich ein bläulicher Farbton über die Stadt, während ganz langsam die Dunkelheit einsetzt. Wir bleiben stehen und Lee ergreift als erster das Wort.

„Ich werde jetzt noch trainieren. Was macht ihr heute noch?

„Ich muss nach Hause. Ich bin müde…“antwortet TenTen erschöpft. Ich überlege. Außer mein Byakugan trainieren würde ich heute nicht mehr viel machen. Und wenn ich nicht trainiere, würde ich mich wahrscheinlich auf meine Fensterbank setzen und zusehen, wie die ersten Sterne am Himmel einzug halten, während dieser immer dunkler wird. Jedenfalls würde ich irgendwas alleine machen. Auf Gesellschaft, besonders von der Familie, kann ich für den Rest des Tages verzichten.

„Geht dich nichts an“, lautet daher meine Antwort. Lee nimmt unsere Antworten zur Kenntnis und hebt dann seine Hand und winkt kurz.

„Dann bis morgen.“ Mit diesen Worten verschwindet er und lässt TenTen und mich alleine zurück. Da diese auch nach Hause möchte lasse ich jedes weitere Gesprächsthema sofort fallen und verabschiede mich ebenfalls.

„Ich gehe auch. Bis morgen.“ Ich drehe mich um und will gehen.

„Ja, bis morgen. Und schönen Geburtstag noch! Feier nicht zu doll!“, erwidert sie gereizt und dreht sich ebenfalls um. Ich bleibe stehen und drehe mich wieder zu ihr. Woher kommt denn jetzt diese Gemütswandlung? War sie nicht bis eben noch völlig normal? Ich würde mit ihr darüber reden müssen. Das muss sie mir erklären.

„Was ist dein Problem?“, frage ich daher und schaue sie weiter an. TenTen knallt ihren Fuß auf den Boden, zieht die Schultern an und macht Fäuste.

„Was mein Problem ist?“ Ihre Stimme klingt zornig, doch ich höre, dass sie noch versucht sie zu unterdrücken. Und mit einem mal dreht sie sich um und schreit mir ins Gesicht.

„Du bist mein Problem!“

Zugegeben, diese Antwort überrascht mich. Ich bin ihr Problem? Aber was habe ich ihr getan? Ich brauche sie gar nicht fragen, denn ohne auf eine Reaktion von mir zu warten setzt sie von neuem an.

„Hast du überhaupt schon einmal darüber nachgedacht, wie ich mich fühle?! Da denke ich einmal ich verstehe dich und dann wirfst du wieder mit Beleidigungen um dich! Mag sein, dass es die anderen kalt lässt, was du von ihnen hältst, aber mich lässt es nicht kalt!“ Meine Gedanken rasen, doch ich lasse mir nichts anmerken. Natürlich weiß ich, wie sie sich fühlt wenn ich sie kritisiere. Aber habe ich sie heute beleidigt? Oder in den letzten Tagen? Gut, ich weiß jetzt, dass sie das alles mehr zu schaffen macht als sie mir gegenüber immer zeigt. Aber hatte sie nicht auch genügend Möglichkeiten gehabt, mir das vorher zu sagen? Sie denkt doch, dass sie mich versteht. Warum hat sie dann nicht in so einem Moment mit mir darüber geredet?

Um meine Gedankengänge zu überspielen zucke ich desinteressiert mit den Schultern.

„Das ist alles? Deshalb machst du so ein Theater?“

„Ja, deshalb! Ich habe wirklich gedacht, wir könnten Freunde werden oder uns zumindest besser verstehen! Doch immer wenn ich denke, dass du dich mir gegenüber änderst, beweist du das Gegenteil!“

Freunde? Ich drehe mich weg, mit dem Rücken zu ihr. Ich weiß, dass sie jetzt nicht abhaut. Ich habe auch gedacht, wir können Freunde werden. Und ich denke es immer noch. Ehrlich gesagt wünsche ich es mir sogar. Sie akzeptiert meine Entscheidungen. Und daraus nehme ich mir die Freiheit, einen kleinen Wunsch zu hegen. Doch scheinbar hat TenTen eine andere Vorstellung von dieser Freundschaft. Ich habe ihre Blicke gesehen, wenn sie wieder dieses verträumte in ihren Augen hat. Ihre Reaktionen sprechen Bände. Und nicht zum ersten mal stell ich mir die Frage, ob sie wirklich nur eine Freundschaft zu mir aufbauen möchte oder doch mehr will. Und sollte letzteres wirklich der Fall sein, sollte ich sie vor einen großen Fehler bewahren.

„Mach dich bitte nicht lächerlich, TenTen.“

„Warum denn nicht? In deinen Augen bin ich doch bereits lächerlich!“ Alle Wut in ihrer Stimme ist verschwunden und sie klingt etwas traurig.

„Nein, bist du nicht“, antworte ich ihr ganz ehrlich in einem ruhigen Ton. Normalerweise würde ich soetwas nie zu jemandem sagen. Normalerweise...

„Ich halte dich auch nicht mehr für schwach. Ich schätze dich als Teamkameradin. Aber ich bin nunmal, wie ich bin und nichts kann daran etwas ändern.“

„Aber warum denn nicht?“ Ich drehe mich wieder zu ihr um und schaue ihr direkt in die Augen. Sie ist verunsichert. Fragt sich wahrscheinlich sogar, ob sie nicht besser aufhören sollte, es zu versuchen. Ich könnte es ihr nicht verübeln. Denn solange ich ihr nicht alles erzählt habe, würde sie mich nie verstehen können.

„Dafür weißt du zu wenig über mich.“

„Dann sag es mir. Erzähl mir von dir.“ Fast schon flehentlich klingt sie, während sie dies sagt. Sie heftet ihren Blick auf meinen. Nein, sie würde niemals aufgeben. Sie würde alles für diese Freundschaft tun, selbst wenn sie selbst anfangen müsste, ihre offenen Fragen zu beantworten. Ich schüttel den Kopf.

„Nicht jetzt.“ TenTen schaut mich kurz schweigend an, dann nickt sie. Wieder akzeptiert sie meine Entscheidung. Sie vertraut darauf, dass ich mein Wort halte. Und dieses Vertrauen würde ich nicht enttäuschen. TenTen stellt keine weiteren Fragen und wir haben gesagt, was wir zu sagen haben. Dieses Gespräch ist hiermit beendet und ich verabschiede mich.

„Bis morgen“, sage ich leise während ich sie ansehe, drehe mich dann aber um und entferne mich einige Schritte von mir.

„Bis morgen“, höre ich TenTens ebenso leise antwort und ich höre, dass auch sie nun einige Schritte macht.

„Ach und…“

„Hmm?“ Ich bleibe stehen und drehe mich halb zu ihr um. Wieder treffen sich unsere Blicke. Sie lächelt.

„… und Herzlichen Glückwunsch noch.“ Ich habe damit gerechnet, dass sie darauf nicht weiter eingeht. Außer ihr und Hinatas Familie weiß keiner, welcher Tag heute ist. Und mein Onkel zieht es neuerdings vor, mir per Zettelbotschaft zu gratulieren. Er macht es also nur noch des Anstands halber. Aber in TenTens Blick sehe ich etwas ehrliches. Sie meint es so, wie sie es sagt. Ich drehe mich wieder um, doch bevor ich ihr wieder ganz meinen Rücken zugewandt habe huscht noch ein kurzes Lächeln über mein Gesicht. Ich setze wieder einige Schritte nach vorne und entferne mich wieder von ihr. Doch bevor sie sich umdreht und ebenfalls geht hebe ich noch meine Hand. Diese Geste kennt sie bereits von mir. So habe ich mich damals von ihr verabschiedet, bevor wir auf das Fest gegangen sind. Sie weiß es wahrscheinlich nicht, doch für mich ist es eine Art, Danke zu sagen, wenn ich es nicht aussprechen kann.
 

Ich betrete das Anwesen. Die Gänge sind bereits dunkel und nirgendwo brennt ein Licht. Wahrscheinlich liegt der größte Teil des Clans bereits im Bett. Leise gehe ich den langen Flur entlang und komme an meiner Zimmertür an. Ich schiebe sie auf und mache Licht. Und sofort fällt mir eine Änderung auf. Jemand war hier drin und hat einen Umschlag auf meinen Schreibtisch gestellt. Ich ziehe die Tür hinter mir wieder zu und nähere mich dem Umschlag. Er ist nicht sehr groß. Ich nehme ihn und hole das Blatt Papier heraus und lese.
 

'Dieses Bild habe ich gefunden. Ich denke, du solltest es behalten.

Hinata'


 

Ich öffne nochmal den Umschlag und sehe noch etwas darin liegen. Es ist ein Foto, sehr klein und anscheinend schon sehr alt. Ich hole es heraus und betrachte es. Es ist ein Bild von meinem Vater und mir. Es zeigt einen fröhlichen Moment aus der Vergangenheit. Ich erinnere mich nicht mehr daran. Ich muss noch sehr jung gewesen sein. 1 oder 2 Jahre. Ich trage ein Papierhütchen auf dem Kopf und sehe glücklich aus. Vater ist neben mir zu sehen und sieht genauso glücklich aus. Ich drehe das Foto um und sofort fällt mir das Aufnahmedatum auf, welches auf der Rückseite steht.

03/07

3. Juli

Mein Geburtstag.

Einer der wenigen, die er mitbekommen hat.

Eine ganze Weile betrachte ich das Bild schweigend, dann klemme ich es zum anderen Bild an den Rahmen. Ich ziehe mir meine Klamotten bis auf die Boxershorts aus, lasse mich auf mein Bett fallen und schiebe die Hände unter den Kopf. Gedankenlos starre ich gegen die Decke, dann schalte ich das Licht aus, drehe mich auf die Seite und ziehe mir die Decke über den Kopf.

Danke, Hinata.



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