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Auf den zweiten Blick

von

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Kleinen und große Gemeinheiten *

Nicholas sah zu Luca, der an seine Schulter gelehnt schlief. Eigentlich sah er ganz niedlich aus, fand der Schwarzhaarige, mir den blonden Locken, die ihm ins Gesicht fielen und seinem leicht geöffneten Mund.

Seine Toleranz für Alkohol schien nicht besonders hoch zu sein, aber vielleicht war es auch das erste Mal, dass er etwas trank. Außerdem war es schon nach Zehn. Als sie bei Julian DVDs angeschaut hatten, war Luca auch mittendrin eingeschlafen. Es war gut möglich, dass Luca für gewöhnlich eher ins Bett ging.

Die Flasche hielt inzwischen bei René, der Rebecka einen Heiratsantrag machen musste. Er brachte das Ganze gut herüber, mit Hinknien und allem. Er hatte sogar schnell aus Silberpapier einen Ring gefaltet, den e seiner Freundin jetzt an den Finger steckte, denn sie hatte ‚Ja‘ gesagt.

Nicholas bemerkte, wie Lucas Kopf immer weiter nach vorn rutschte. Nicht mehr viel und er würde von seiner Schulter herunterrutschen. Der Schwarzhaarige seufzte leise und platzierte den Kopf seines Klassenkameraden in seinem Schoß. Dort würde er besser schlafen können.

Dabei verrutschte Lucas Pullover und legte einen großen blauen Fleck auf seinem Schlüsselbei frei. Nicholas wusste, dass Luca regelmäßig verprügelt wurde. Jedenfalls schloss er das aus den vielen blauen Flecken, mit denen der Blondhaarige immer zur Schule kam. Auch wenn Luca sie unter seiner Kleidung verbarg, Nicholas war nicht blöd. Er sprach ihn nur nicht darauf an. Von wem Luca die blauen Flecke hatte, wusste Nicholas allerdings nicht. Zwar hatte er den Stiefvater seines Klassenkameraden unter Verdacht, aber solange er nichts beweisen konnte, würde er schweigen. Es konnte schließlich genauso gut jemand anderes gewesen sein.

Als nächstes war Nicholas wieder an der Reihe. „Pflicht“, sagte der Schwarzhaarige.

Sein bester Freund grinste ihn vielversprechend an: „Iss einen Teelöffel Kaffeepulver.“

Die Zwillinge waren so nett, ihm die benötigten Utensilien zu reichen, damit er nicht aufstehen musste und jetzt schaute ihn die ganze Gruppe abwartend an.

Nicholas nahm den Löffel in den Mund. Das Pulver schmeckte abscheulich. Total bitter. Er schnitt eine Grimasse, als ihn etwas blendete.

Julian hatte sein Handy herausgeholt und seinen Gesichtsausdruck fotografiert. Er grinste und zeigte ihm das Display.

Der Schwarzhaarige warf ihm einen wütenden Blick zu, dann zwang er sich, das Pulver hinunterzuschlucken. Gleich darauf griff er nach seinem Bier und nahm einen großen Schluck, um den Geschmack loszuwerden, was allerdings nur wenig half.

Seine Freunde lachten.

„Na wartet, das gibt Rache!“ Er drehte die Flasche.

Wie als hätte er es berechnet, hielt sie vor Julian, der zuerst sie dann Nicholas entsetzt ansah. Er schluckte. „Pflicht.“

„Mal dir mit Ketchup Kriegsbemalung ins Gesicht, binde die hübsche Schleifen in die Haare, fotografier dich und schick das Foto an alle deine WhatsApp-Kontakte“, forderte Nicholas, als Rache für das eben aufgenommene Foto.

Jetzt war Julian derjenige, der eine Grimasse schnitt. „Das ist nicht dein Ernst“, flehte er.

Doch Nicholas gab nicht nach. Er sah seinen Freund unnachgiebig an.

Julian seufzte. „Von mir aus.“

Danach war Luca an der Reihe, weswegen Nicholas ihn vorsichtig schüttelte.

Der Blondhaarige öffnete seine Augen und blickte ihn verschlafen an. „Was‘n los?“

„Du bist dran“, erklärte Nicholas.

„Wahrheit“, nuschelte Luca. Wäre es nicht gerade still im Raum gewesen, hätten die anderen ihn wahrscheinlich nicht verstanden.

„Gut.“ Julian rieb sich die Hände und Nicholas wusste, dass jetzt wohl eine sehr peinliche oder persönliche Frage kommen würde. „Wenn du eine der hier anwesenden Personen heiraten müsstest, für wen würdest du dich entscheiden?“

„Nicholas natürlich“, antwortete Luca.

Nicholas erstarrte. Hatte er das gerade richtig verstanden? Er wollte Luca gerade darauf ansprechen, als dieser sich bereits an ihn kuschelte und seine Augen schloss. Wenig später war er wieder eingeschlafen.

Da interessierte es ihn auch nicht, dass jetzt Florian an seiner Schulter rüttelte. „Du musst noch drehen“, wollte der Zwilling ihn zum Beenden der Runde bringen.

Doch Luca rückte einfach nur ein Stück von ihm weh und vergrub sein Gesicht in Nicholas‘ Oberteil. „Will nicht“, murmelte er, „Mach du.“

Die anderen hoben ratlos die Schultern, also drehte jetzt Florian die Flasche.

Nicholas schaute zurück zu dem schlafenden Jungen. Noch immer war er sich nicht sicher, ob ihm sein Gehör keinen Streich gespielt hatte. Allerdings deutete das Grinsen auf Bennis und Julians Gesicht sehr darauf hin, dass Luca tatsächlich seinen Namen genannt hatte. Blieb also nur noch die Frage, für wie ernst er die Antwort nehmen sollte. Luca war eindeutig betrunken und Betrunkene logen bekanntlich nicht. Dazu kam, dass er noch halb geschlafen hatte. Wenn man Leute mitten in der Nacht weckte, neigten sie auch dazu, die Wahrheit zu sagen.

Gelogen hatte der Blondhaarige schon einmal nicht. Aber Nicholas war auch sicher, dass er die Antwort nicht so ernst nehmen durfte. Luca liebte ihn nicht, das hatte er gesagt. Vielleicht hatte er seinen Namen also nur genannt, weil er ebenfalls schwul war. Da gab es zwar noch Benni und Julian, aber die kannte Luca noch nicht so gut. Außerdem hatte Luca gemeint, er würde gut aussehen. Das bedeutete, der Blondhaarige war nicht in ihm verliebt, fand ihn aber durchaus attraktiv.

Nicholas hoffte, mit seiner Logik richtig zu liegen, denn er wusste nicht, was er tun sollte, wenn Luca Gefühle entwickelte, die über Freundschaft hinausgingen. Er war sich nur in einem sicher: zurückweisen könnte er ihn nicht. Zum einen, weil er ihn nicht verletzen wollte und Luca sich danach garantiert wieder in sein Schneckenhaus verzog, aus dem er gerade gekrochen kam. Und zum anderen, weil er dem Blondhaarigen, wenn er ihn aus seinen emotionsgeladenen, blauen Augen ansah, dann konnte er einfach nicht „Nein“ sagen.

Das Sprichwort, Augen seien die Fenster der Seele, schien wie auf Luca zugeschnitten. Wenn Nicholas ihm in die Augen schaute, konnte er genau sehen, was in dem Blondhaarigen vorging. Nur leider sah er viel zu oft Angst darin. Der Schwarzhaarige würde nahezu alles tun, um diese Augen ohne diese immer gegenwärtige Angst zu sehen.

Nicholas hatte seine Umgebung schon lange vergessen, als er Luca eine Strähne der blonden Locken aus dem Gesicht strich, kurz mit dem Handrücken über seine Wange fuhr und die Hand anschließend auf dem Hinterkopf liegen ließ.

„Nicht schon wieder“, riss ihn Florians frustrierte Stimme aus seinen Gedanken. Schnell nahm er seine Hand von Lucas Kopf.

René lachte. „Pech gehabt.“

„Pflicht“, brummte der Zwilling.

Rebecka schaute ihren Freund abwartend an. Dieser grinste. „Also“, sagte er, „Du wirst drei Runden ums Haus rennen…“

Florian schien erleichtert.

„…dabei laut Jingle Bells singen…“

Der erleichterte Gesichtsausdruck wich einem genervten. „Was ist, wenn ich den Text nicht kann?“

„… und dabei nichts weiter tragen als deine Unterhose.“

Dem Zwilling entgleisten sämtliche Gesichtszüge. „Das ist nicht dein Ernst!“

„Natürlich ist es mein Ernst“, antwortete René ruhig, „Aber wenn du möchtest, kannst du deine Unterhose gern auch noch ausziehen.“

„NEIN!“, schrie Florian sofort. Dann begann er blitzschnell, sich aus seinen Klamotten zu schälen. So schnell hatte Nicholas ihn sich noch nie bewegen sehen.

„Drei Runden“, wiederholte Florian, „Und dabei Jingle Bells?“

„Du hast es erfasst“, meinte René gespeilt beeindruckt.

Jetzt begann auch Luca, sich wieder zu regen. Langsam richtete er sich auf und lehnte sich wieder gegen Nicholas‘ Schulter. Dann rieb er sich seine schläfrig dreinblickenden Augen und schaute in die Runde.

So sah er richtig süß aus, fand Nicholas, würde sich aber hüten, etwas zu sagen. Er musste Benni und Julian nicht noch Öl ins Feuer gießen, denn die zwei hatten noch immer nicht mit den Kupplungsversuchen aufgehört.

Die Gruppe erhob sich und verließ Samuels Partykeller, um Florian bei seiner kleinen Aufgabe beobachten zu können. Inzwischen war es weit nach Mitternacht. Er würde also den einen oder anderen Nachbar aufwecken. Aber das interessierte Nicholas nicht weiter. Die Leute, die hier wohnten, waren nicht so spießig, dass sie gleich die Polizei riefen.

Er legte seinen Arm um Lucas Schulter und geleitete ihn um Ausgang. Luca war so verschlafen, dass er sich widerstandslos von ihm fühlen ließ. Wahrscheinlich bekam er noch nicht einmal mit, wo sie hingingen.

Vor der Tür angekommen, begann Florian putzmunter, sein Liedchen zu trällern, traf dabei aber keinen einzigen Ton.

„Vielleicht solltest du ihn nächstes Mal ein Gedicht aufsagen lassen?“, riet Julian René aufgrund des wirklich grauenhaften Gesangs.

„Ich glaube nicht, dass es das besser machen würde“, verteidigte Rebecka ihren Freund.

Florian kam gerade von der dritten Runde zurück und drehte eine Ehrenrunde im Garten. Er lief über den Holzboden der Veranda, auf den Steg des Gartenteiches und mit einem lauten „Platsch!“ war er schultertief im Wasser versunken.

„Ihh!“, rief er erschrocken, „Wer hat denn den Tümpel hier liegenlassen?“

Die Gruppe brach in lautes Gelächter aus. Zuerst lachten nur Julian und Benni, doch die anderen stimmten schnell mit ein. Auch Nicholas konnte nicht anders, als in lautes Gelächter auszubrechen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  mayu-saya
2014-02-23T20:58:52+00:00 23.02.2014 21:58
Ahhhhh!!! er is in n see gafallen=D wie geil is das denn?!='D ich konnt echt nich mehr vor lachen als ich das gelesen hab=D
& luca will nikki heiraten. na wenn das nich n traumpaar wäre=)
Freu mich schon total aufs nächste kapi=) mal sehen was der Abend noch so bringt... Hoffentl trockene Boxer für unseren Schwimmer=D
Antwort von:  Seira-sempai
23.02.2014 22:35
So, Tippfehler ist berichtigt.Sobald Mexx das Kapi freigibt, mach ich ihn auch dort raus.
Mit den trockenen Boxern könnte es schwierig werden. Mal schauen :-)
Natürlcih fällt er in den Teich. Wo soll er denn sonst reinfallen? Die Badewanne? Wohl eher unwahrscheinlich.
Von:  chrono87
2014-02-22T18:39:53+00:00 22.02.2014 19:39
Da ich den letzten Kommi zum falschen Kapitel gepostet habe, muss ich den Kommi zum 37. Kapitel jetzt hier posten. Ich hoffe das ist nicht schlimm.

Du hast Recht, das Kapitel gefällt mir wirklich. Ich find es echt süß wie Luca auf die Frage geantwortet hat. Aber am besten haben mir Nicholas Sichtweise gefallen. Endlich wird klar, wen er verdächtigt - für die Verletzungen. Beweise zu finden wird wohl nur etwas, wenn er Luca ohne dessen Wissen eine Wanze oder Kamera verpassen würde. Die Frage ist nur, was er gegen Jochen tun könnte. Aufzeichnungen sind ohne Kenntnis nicht gültig, zumindest vor Gericht.
Der Rest des Flaschendrehens war super. Am Besten hat mir die Sache mit dem Teich gefallen. XD
Antwort von:  Seira-sempai
22.02.2014 23:29
Was für ein Glück, dass ich als Autor auf MExx die Kommis den richtigen Kapis zuordnen kann :-)

Ja, es wird nicht leicht, Beweise zu finden. Aber Luca wird auch nicht darüber sprechen.
Ich fand die Szene, wo Luca zugegeben hat, dass er aus der Gruppe am liebsten Nicholas heiraten würde besser. Aber da habe ich auch länger dran geschrieben.
Von:  tenshi_90
2014-02-22T15:46:18+00:00 22.02.2014 16:46
Nun, das wird nicht leicht zwischen Luca und Nicholas... Zum einen da Nicholas ihm ja zuvor eher einen Korb gegeben hat und zum anderen da Luca ziemlich ängstlich ist... ich bin gespannt, wie es nun zwischen den beiden weitergehen wird
Antwort von:  Seira-sempai
22.02.2014 23:31
Es wird auf jeden Fall spannend bleiben, darauf kannst du dich verlassen. Zwischen den beiden word noch eine Menge passieren.


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