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Nicht weinen sollst du, Hanako

Geschichten über Konoha
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Das Jahr von Kyuubis Angriff auf Konoha. Komplett anzeigen

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Shintaros Geschichte, Teil zwei – Wir sind alle am Leben, das lässt sich festhalten.

„Wann lerne ich endlich die Mutter meiner Enkelkinder kennen?“

„Das fragst du mich seit Jahren, Mutter“, sagt Shintaro ungeduldig.

Kaede lacht. „Du bist sechsundzwanzig! Wenn du dich nicht langsam nach einer Frau umsiehst, wird es zu spät sein.“

„Ich habe zu tun. Ich muss mich um mein Team kümmern.“

„Das ist typisch für dich, Shintaro. Sobald du eine Aufgabe hast, konzentrierst du dich so sehr darauf, dass du alles andere vernachlässigst.“

„Ich möchte meine Sache eben gut machen.“

Kaede seufzt laut. „Dann stell mir wenigstens dein Team vor. Ich möchte den Namen, die ich ständig von dir höre, endlich Gesichter zuordnen können.“

Ständig hörst du sie ja auch nicht.“

„Du erzählst am laufenden Band von ihnen!“

Verwirrt sieht er sie an. „Tue ich nicht.“

„Tust du doch“, erwidert sie entschieden. „Die Regenrinne muss repariert werden, und ich fände es schön, wenn ihr das anpacken würdet.“

„Wie du meinst.“
 

Ibiki, Mizuki und Tonbo sind sofort bereit, die Mission Regenrinne anzugehen. Es ist ein sonniger Tag, und während die drei darüber diskutieren, wie man die Leiter am sichersten aufstellt, sitzt Shintaro bei Kaede im Schatten eines Baumes.

„Sie sind reizend“, sagt sie und nippt an ihrem Tee. „Höfliche, verlässliche Jungen. Sie erinnern mich an dich, als du jünger warst.“

Die Aussage freut Shintaro so sehr, dass er sich im nächsten Moment fragt, wieso. Es war ja nicht direkt ein Kompliment an ihn.

„Ja. Mittlerweile bin ich sehr zufrieden mit ihnen.“

Kaede sieht ihn von der Seite her an und lächelt. „Sie tun dir gut.“

„Wie meinst du das?“

„Du bist ein bisschen lockerer geworden, seitdem du sie hast.“

Locker? Etwas Ähnliches hat Ibiki auch gesagt. Shintaro weiß noch immer nicht, was er mit diesem Wort anfangen soll.

„War ich denn vorher anders?“

Sie lacht. „Shigeru und ich haben dir beigebracht, ein guter Shinobi zu sein. Aber anscheinend brauchte es diese Jungen, um dir beizubringen, ein Mensch zu sein.“

Shintaro runzelt die Stirn. Es klingt sentimental, und Sentimentalität liegt ihr normalerweise genauso wenig wie ihm. Früher war sie anders, als sie noch als Kunoichi gearbeitet hat. Im letzten Krieg hat sie einen Giftgasangriff überlebt, einer ihrer Lungenflügel musste entfernt werden. Die Ärzte haben ihr geraten, den Dienst zu quittieren, und sie hat es getan. Ob sie sonst so seltsam geworden wäre? Ein Mensch sein. Was bedeutet das schon?

Mizuki boxt Ibiki in die Seite, Ibiki zieht ihm die Beine weg. Tonbo brüllt ein „Helfen Sie mal, Sensei!“ zu dem Baum hinüber, und Shintaro ist erleichtert, das Gespräch beenden zu können.
 

Das ominöse „locker sein“ hin oder her – Shintaro muss sich eingestehen, dass er glücklich ist. Er beginnt immer mehr, seine neue Aufgabe zu mögen, sie sogar als genauso wichtig zu erachten wie den aktiven Dienst. Jemand muss kommenden Generationen den Willen des Feuers überbringen, und bei seinen drei Schülern scheint es geklappt zu haben. Besonders Tonbo hängt an Shintaros Lippen, wann immer er davon erzählt.

In Shintaros Küche neben dem Kalender hängt ein Foto von ihm und den Jungen, aufgenommen auf der Treppe vor dem Hokageturm. Ibiki grinsend und mit verschränkten Armen an der linken Seite, den Kragen seines Mantels trotz der Wärme hochgeschlagen. Tonbo rechts an das Geländer gelehnt, den geflickten Pullover über den Arm gehängt, mit dunklen Augen in die Sonne blinzelnd. Mizuki auf den Stufen hockend, seinen Riesenshuriken stolz zwischen den Knien. Und irgendwo dahinter Shintaro selbst, mit einem unbeholfenen Lächeln. Er hat sich noch nie für fotogen gehalten.

Ein Jahr lang leckt Konoha seine Kriegswunden, junge Blätter ersetzen die alten. Der Frühling ist traumhaft warm, der Sommer beginnt früh und hält bis in den September an. Team Shintaro wächst zusammen.

Dann kommt der Herbst.
 

Kyuubi ausgebrochen. Alle Shinobi ohne andere Aufgaben sofort zum Hokageturm.

Shintaro hat das Gefühl, als würde sein Geist noch im warmen Bett schlafen, während sein Körper wach durch die Straßen hetzt. Hier im Kern Konohas ist der Angriff des Dämons noch nicht direkt zu bemerken, aber das Ereignis wirft seinen Schatten voraus. Obwohl es mitten in der Nacht ist, brennt hinter den meisten Fenstern Licht. Auf dem Schulhof der Akademie herrscht reger Betrieb, hier ist der Sammelpunkt für die Kinder, die evakuiert werden. Die Lehrer geben sich alle Mühe, ihre Klassen zu beruhigen. Die Fünf- bis Zwölfjährigen drängen sich in schiefen Zweierreihen aneinander, die Augen weit aufgerissen, die Gesichter vor Angst verzerrt. Shintaro entdeckt Tonbo einige Schritte weiter und hastet zu ihm hinüber.

„Da bist du ja. Wo sind die anderen?“

„Ibiki ist zum Hokageturm gegangen“, berichtet Tonbo mit militärischer Routine. „Als ich Mizuki zum letzten Mal gesehen habe, wollte er nach vorn.“

„Ganz allein?“

„Mit seinen Geschwistern, glaube ich.“

Shintaro sagt nichts dazu. „Wir sollten wenigstens Ibiki noch abholen, bevor wir gehen.“

„Sensei?“, fragt Tonbo und beißt sich auf die Lippe.

„Ja?“

Er streicht einem etwa achtjährigen Mädchen über den Kopf, das sich an seine Hand klammert und ängstlich zu Shintaro aufblickt. „Das ist meine Schwester Eiko. Meine anderen zwei Schwestern sind auch hier, und sie haben Angst. Die Lehrer meinten, sie könnten noch Hilfe gebrauchen, um die Kinder in die Höhlen hinter dem Hokagefelsen zu bringen. Ich möchte mit ihnen gehen.“

Shintaro zögert nur kurz und nickt. „Dann tu es.“

„Es tut mir leid, Sensei“, murmelt Tonbo und senkt den Blick.

„Das braucht es nicht. Dein Platz ist hier.“

Ohne ein weiteres Wort dreht er sich um und macht sich auf den Weg.
 

„Nach und nach kommen alle an, die auch nur irgendwie kämpfen können“, sagt Ibiki und lässt den Blick über die Köpfe der versammelten Shinobi schweifen. „Alle halbe Stunde schicken sie wieder eine Gruppe nach vorn. Wenn wir in Gruppen gehen, sind wir erfolgreicher, haben sie gesagt.“

Er ist an der Fassade eines Hauses hochgeklettert, sitzt auf einem Balkon des Erdgeschosses und behält den Überblick. Shintaro bleibt ein Stück von der Hauswand entfernt stehen und sieht zu ihm auf.

„Wir gehen mit der nächsten Gruppe, die aufbricht.“

„Das dürfte nicht mehr lange dauern. Höchstens zehn Minuten, schätze ich.“

Shintaro nickt und zieht das Stirnband fester um seinen Kopf. Er kann sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal eine solche Angst hatte. Nicht um sich, er fürchtet den Tod nicht. Sein Blick schweift über die dunklen Häuser, die Dächer und die Blumen in den Fenstern, und er hat Angst um Konoha.

„Wissen Sie, wo Tonbo und Mizuki sind, Sensei?“

„Tonbo habe ich vor der Akademie getroffen. Er hilft mit, die Schüler zu evakuieren. Mizuki habe ich nicht gesehen, aber Tonbo meinte, er wäre schon in den Kampf gezogen.“

„Ich habe seine Schwester und seine beiden Brüder gesehen, glaube ich. Sie sind mit der vorletzten Fuhre gegangen.“

Ibiki springt neben Shintaro zu Boden und richtet sich auf. Pünktlich zu seinem fünfzehnten Geburtstag hat er einen ordentlichen Wachstumsschub bekommen, mittlerweile ist er fast so groß wie Shintaro. Auch seine Schultern sind breiter geworden.

„Es scheint loszugehen“, sagt Shintaro und sieht nach vorn, wo ein Shinobi in grauer Uniform auf den Balkon des Hokageturms getreten ist. Er hebt die Arme, aber seine Stimme schafft es nicht, durch den Lärm der vielen Schritte und das Gerede zu Shintaro durchzudringen.

„Tun wir einfach das, was die anderen auch tun“, sagt Ibiki.

„Eine gute Idee.“

Jemand löst sich aus der Menge und rennt die Hauptstraße entlang, und die anderen folgen.
 

*
 

Shintaro kann sich später kaum daran erinnern, was passiert ist. Das Bild des Dämons hat er verdrängt, die Bäume, die er herumgewirbelt hat wie Spielzeug, die neun Schwänze, die durch den Nachthimmel peitschten. Er erinnert sich vage an die Geräusche von splitterndem Holz und knisterndem Feuer, an den Geruch von Rauch, Schweiß und Blut. Offenbar hat er etwas auf den Schädel bekommen, denn plötzlich steht er im Wald, ein Stück abseits vom Kampf, dem Splittern und Schreien. Seine Finger liegen auf seinem Kopf, warmes Blut sickert durch seine Haare. Vor ihm wurde eine Leiche über einen niedrigen Ast geschleudert.

Langsam macht er sich auf den Weg, kann sich aber nicht orientieren, wo der Kampf ist. Mal scheint der Lärm von hier, mal von da zu kommen. Jemand greift nach seinem Arm, er wird durch die Dunkelheit bugsiert, er sitzt, jemand wickelt etwas um seinen Kopf.

„Drücken Sie, bis es aufhört, zu bluten. Ich muss weiter.“

Seine Hand wird auf seinen Kopfverband gelegt und losgelassen. Hastige Schritte entfernen sich. Shintaro drückt die weiche Mullbinde gegen seinen Kopf, es pocht vor Schmerzen, er hat Blut an den Fingern. Um ihn herum lagern Verletzte auf dem Boden, sie müssen an der Grenze des Kampfgebiets sein, an einigen Bäumen ist die Rinde abgerissen oder versengt. Ein höchstens achtzehnjähriges Mädchen neben ihm tastet nach seinem verbrannten Gesicht. Ein kleiner Junge irrt herum und ruft nach seinen Eltern, hat sich wohl verlaufen. Eine Frau wiegt einen reglosen Mann in den Armen und singt monoton vor sich hin.
 

Der Bruder sprach zu Hanako: Hanako, weine nicht!

Dein Liebster kämpft für Konoha und doch für dich.

Auch ich will gehen, auch ich will gehen

Am Siegtag wollen wir uns wiedersehen.

Nicht weinen sollst du, Hanako, Hanako,

Konohas schönstes Kind.
 

Langsam kommt Shintaro auf die Beine. Er weiß nicht, wohin er will, er denkt nicht darüber nach. Manche der Verletzten auf dem Boden bewegen sich, andere nicht. Sanitäter hasten hin und her, sind überall und nirgendwo, haben für niemanden Zeit. Der Junge ruft immer noch, schaff doch endlich jemand das Kind hier weg.

„Shintaro-sensei?“

Jemand greift nach seinem Arm. Es ist Ibiki.

„Sind Sie verletzt?“

Shintaro sieht ihn an.

„Ich bin in Ordnung. Bin nur hier, weil ich Mizuki geholfen habe, seinen jüngeren Bruder in Sicherheit zu bringen. Es hat ihm beide Beine abgerissen. Sah gar nicht gut aus.“

Shintaro sieht ihn an.

„Verstehen Sie mich, Sensei?“ Ibiki greift fester nach seinem Arm. „Sie sollten sich wieder hinsetzen. Anscheinend haben Sie ordentlich etwas auf den Kopf bekommen.“

„Ich will kämpfen“, sagt Shintaro, dem endlich einfällt, weshalb er aufgestanden ist.

„Das haben Sie schon“, antwortet Ibiki entschieden und schiebt ihn zu einem umgestürzten Baumstamm hinüber. „In diesem Zustand werden Sie mehr schaden als nützen. Hier, setzen Sie sich.“

Irgendwer hat das Kind weggeschafft.
 

Wie sich herausstellt, hat Ibiki eine tiefe Wunde in der Bauchgegend, die er vor lauter Adrenalin gar nicht bemerkt hatte. Ein Mädchen, das jünger ist als er, legt ihm mit routinierten Handgriffen einen Verband an und eilt sofort weiter. Ibiki bleibt neben Shintaro sitzen und greift nach seinem Ärmel, wann immer Shintaro aufstehen will. Tonbo taucht nicht auf, was keine Überraschung ist. Selbst wenn er sich nach der erfolgreichen Evakuierung dazu entschlossen hat, im Kampf zu helfen, wird er sie in diesem Chaos kaum finden.

„Morino Ibiki, Genin. Das ist mein Sensei, Morino Shintaro.“

„Dein Vater?“, fragt der junge Mann mit dem gebrochenen Fuß, der sich zu ihnen gesellt hat.

„Nein.“

Der Name Morino ist in Konoha so häufig wie kaum ein anderer. Im Dorf hinter den Blättern aus dem Wald zu heißen ist nicht ungewöhnlich. Tatsächlich sind Shintaro und Ibiki weder verwandt noch verschwägert, soweit Shintaro weiß.

Ein Stück von ihnen entfernt kommt Geschrei auf. Der junge Mann sieht mit gerunzelter Stirn in die entsprechende Richtung.

„Das klingt nicht gut.“

„Doch“, widerspricht Ibiki ihm. „Das klingt sehr gut.“

Eine Kunoichi lässt sich von einem Baum fallen, verschwitzt und zerzaust, aber ansonsten unverletzt. Sie sieht sich um, erkennt das Dreiergrüppchen unter dem Baum und nickt ihnen eifrig zu.

„Yondaime Hokage ist angekommen. Er bekommt das Biest in den Griff!“

Ibiki schließt die Augen. „Hokage sei Dank.“

„Hokage sei Dank“, wiederholt Shintaro mechanisch.
 

Auf dem Rückweg stolpern sie über Mizuki. Er kauert mutterseelenallein neben einem Baum, stützt den Kopf in die Hände und heult. Neben ihm liegt etwas, das Shintaro erst im zweiten Moment als Leiche erkennt. Sie ist so klein.

„Komm mit, Mizuki“, sagt Ibiki und greift nach seinem Arm. „Es ist vorbei.“

„Ich habe gesagt, helfen Sie ihm! Ich habe gesagt, irgendetwas müssen Sie tun, er stirbt doch sonst, und diese Frau hat Mamoru nur angesehen und den Kopf geschüttelt und gesagt, du kannst ihm helfen. Und sie hat mir ein Kunai in die Hand gelegt. Mach es ihm leichter. Mach es ihm leichter!

Der tote Junge hat Mizukis helle Haare und seine grünen Augen unter halb geschlossenen Lidern. Es hat ihm beide Beine abgerissen, hat Ibiki gesagt, aber Shintaro sieht nicht hin. Er hat für heute genug gesehen.

„Komm mit“, sagt Ibiki noch einmal und zieht Mizuki auf die Füße. Mizuki sträubt sich gegen seinen Griff, eine Hand in die Haare gekrallt, einzelne Strähnen mit Blut verklebt. Seine Stimme überschlägt sich.

„Ich habe ihm gesagt, neun Jahre ist zu jung zum Sterben, und wenn er nicht auf mich hört, kriegt er eins drauf! Ich habe ihm gesagt, er darf nicht sterben!“

Ibiki packt ihn an den Schultern, stößt ihn mit dem Rücken gegen den Baum und hält ihn fest. Er spricht sehr deutlich.

„Er ist tot, Mizuki.“

Mizukis Augen zucken zwischen denen von Ibiki hin und her, von links nach rechts nach links. Er wagt es nicht, den Kopf zu schütteln.

„Und wir sollten jetzt gehen“, sagt Ibiki.
 

*
 

Shintaro weiß nicht, wie er ins Krankenhaus gekommen ist, geschweige denn, was Tonbo in seinem Zimmer tut. Aber da ist er, dreht Shintaro den Rücken zu und sieht aus dem Fenster, während er spricht.

„Ich bin bei der Evakuierungsgruppe geblieben. Wir sind auf diese kleine Hütte im Wald gestoßen und haben eigentlich nicht gedacht, dass jemand darin wäre. Aber wir haben trotzdem nachgesehen, und da schliefen eine alte Frau und zwei kleine Jungen, vielleicht drei Jahre alt. Wir haben nicht viel nachgefragt, sondern sie aus dem Bett geholt und in Richtung Konoha gebracht. Von da, wo das Haus stand, konnte man das Feuer schon flackern sehen. Wir waren ein gutes Stück weit weg, als ich endlich einem der Jungen zugehört habe. Sie haben beide geheult, die Kleinen, und der eine hat an meinem Ärmel gerissen und immer nur gesagt, Nene ist doch noch ganz klein!

Tonbo wendet sich vom Fenster ab und rückt die Vase mit den drei Blumen auf dem Nachttisch zurecht.

„Ich habe erst nicht verstanden, was er meinte, aber irgendwie habe ich mir dann zusammen gereimt, dass er von seiner kleinen Schwester gesprochen hat. Ich bin noch einmal zurück gerannt, obwohl die anderen meinten, wir dürften keine Zeit verlieren. Ich habe die Tür der Hütte aufgestoßen und das Baby schreien gehört. Es lag in einem Körbchen in der Ecke, wir hatten es einfach übersehen. Ein kleines Mädchen. Ich habe sie mir geschnappt und bin nach draußen, sie hat gezappelt und geschrien wie am Spieß, und ich dachte, wenn sie draußen das Feuer sieht und den Rauch riecht, wird es noch schlimmer. Aber sobald wir draußen waren, war sie plötzlich still. Sie hat das Licht des Feuers angesehen, mit ganz großen Augen, wie andächtig. Und ich habe gedacht ... es ist furchtbar, dass sie so etwas in diesem Alter schon sehen muss.“

Tonbo verstummt. „Sensei? Hören Sie mir zu?“

Shintaro sieht an die Wand.

„Sie haben Ihnen bestimmt Beruhigungsmittel gegeben, was? Ruhen Sie sich aus, Sensei. Tut mir leid, dass ich so viel rede, aber ... Na ja. Ich gehe dann mal nach Ibiki und Mizuki sehen. Erholen Sie sich, Sensei.“
 

*
 

Shintaro verbringt zwei Tage im Krankenhaus und eine Woche zu Hause im Bett. Seine Mutter kommt und sieht nach ihm, erklärt ihm unzählige Male, wie froh sie ist, dass er überlebt hat. Am liebsten würde sie ihn noch länger im Bett behalten, aber nach einer Woche steht Shintaro auf und beruft zuerst einmal eine Teambesprechung ein.

„Ich freue mich, euch wieder zu sehen, Jungs.“

Ibiki hat zahlreiche Kratzer im Gesicht und trägt unter den Kleidern vermutlich einen Verband um den Rumpf, er bewegt sich nur vorsichtig. Mizuki haben sie offenbar nach einer Kopfverletzung die Haare geschoren, er sieht mit trüben Augen auf den Boden und sucht mit den Lippen nach einer Haarsträhne, die nicht da ist. Tonbo ist nicht verletzt und wirkt geradezu beschämt darüber.

„Wir sind alle am Leben“, sagt Shintaro ernst. „Das lässt sich festhalten.“

Mizuki hebt den Kopf, einen Hass auf dem Gesicht, den Shintaro noch nie gesehen hat.

„Das sagen Sie.“

„Was mit deinem Bruder passiert ist, tut mir sehr leid. Aber er ist nicht umsonst gestorben. Konoha wäre zerstört worden, wenn nicht so viele von uns ihr Leben gegeben hätten. Er ist ein Held, Mizuki.“

Mizuki spuckt auf den Boden und wendet sich ab, tritt an die Brüstung des Daches und lässt sich hinunter fallen. Shintaro hört, wie er unten aufkommt und davon läuft.

„Wir lassen ihn besser für eine Weile in Ruhe“, murmelt Tonbo. „Es wird sich alles wieder einrenken. Er braucht einfach Zeit.“

„Vorgestern Nacht ist seine Schwester im Krankenhaus gestorben. Von seinem älteren Bruder haben sie nicht einmal die Leiche gefunden, und sein jüngerer ...“ Ibiki beendet den Satz nicht.

„Das wusste ich nicht“, sagt Shintaro.

„Ich hätte es Ihnen früher sagen sollen, Sensei. Ich habe es vergessen.“

Shintaro tritt an die Brüstung und sieht rechts und links die Straße entlang, aber Mizuki bleibt verschwunden.

„Richtige Informationen sind unverzichtbar“, erklingt Ibikis Stimme hinter ihm. „Ich muss beim nächsten Mal daran denken.“



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