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It Happened Late One Evening

Monster Tamer Tsuna - frei interpretiert
von

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VIII

Dünne Schlieren schalen Zigarettenrauchs ringelten sich um die Deckenbeleuchtung des fensterlosen Raumes. Hayato drückte die fünfte Zigarette der Stunde in dem Reisschalenaschenbecher seines letzten unfreiwilligen Besuches aus, fuhr sich mit einer Hand durch das Haar. Inzwischen war es gebürstet. Mukuro saß wieder auf seinem abgewetzten Bürostuhl, lesend, doch Hayato wusste, er lauschte – oder vielmehr, er würde lauschen, gäbe es gerade etwas anderes zu hören als stoisches Schweigen. Bianchi war nicht da, Juudaime saß auf einer alten Kiste und sah zu, wie Haru mit fachkundigen Handgriffen Heilsalben und Bandagen auf Hibaris Wunden auftrug. Sie war ungewöhnlich still, ihr Gesicht verbissen, und immer noch so geisterhaft bleich. Eine Hexe.

Seine eigenen Wunden waren ebenfalls versorgt. Bianchi hatte sich darum gekümmert, ehe sie den Raum verlassen hatte, weil eine Nachricht von Verbündeten nach Unterstützung gebeten hatte. Hayato war froh um die Stille. Er wollte nicht reden. Er wollte nicht hier sein. Er wollte schreien und heulen, er wollte so lange hinausbrüllen, dass das alles nicht wahr sein konnte, bis er es selbst glaubte. Bis er den kleinen, roten Knopf drücken konnte, der ihn vielleicht zu Juudaime – zu seinem Juudaime – zurückbringen konnte.
 

Er konnte es nicht. Er konnte nichts tun, dass seinen Juudaime gefährdete. Und wenn das bedeutete, dass er den Rest seines Daseins am anderen Ende aller Welten verbringen würde… Er schluckte, ballte die Hand um den kleinen Kommunikator zur Faust.

„Wo ist Giannini?“ – „Gokudera-Kun…“

Juudaimes Blick war traurig, mitleidig, aber hart.

„Du kannst nicht zurück.“

Hayato schnaubte, doch es klang müde, resigniert.

„Ich will nicht zurück. Ich will nur… eine Nachricht schicken.“

Juudaime musste wissen, dass er nicht zurückkehrte. Dass dort nun ein anderer Hayato sein würde – wenn es denn so wäre.

„Euer Hayato – er ist ein Mensch, richtig?“

Juudaime nickte. Hayato lächelte flüchtig, erleichtert. Es würde seinem Juudaime gut gehen. Kein Hayato in keiner Parallelwelt würde sich jemals gegen einen Juudaime stellen können. Nicht aus tiefstem Herzen. Nicht, wenn er wusste, dass es seine Pflicht war, ihn zu beschützen. Noch war es Hayatos Pflicht, aber sobald er seinem Juudaime Nachricht geschickt hatte, würde es damit vorbei sein. Er betrachtete den braunhaarigen Jungen am anderen Ende des mitgenommen aussehenden Tisches, den erwachsenen Zug in seinen Mundwinkeln, die ernsten Augen, die mehr Lebenserfahrung suggerierten, als seinem Alter angemessen gewesen wäre.
 

Dann würde er diesen Juudaime beschützen.
 

Welcher andere Lebensinhalt könnte dieses Leben, wie es war, noch lebenswert machen?
 

Langsam stieß er die Luft aus, stemmte sich vom Tisch hoch. Er fühlte sich müde und abgespannt.

„Im Nebenraum sind Betten, Gokudera-Kun.“

Juudaime lächelte warm, seine Augen glänzten feucht. Er sah auch nicht gerade munter aus. Hayato nickte langsam, murmelte einen vagen Dank, ehe er sich abwandte und auf die Tür zusteuerte, die wohl zu den Betten führte. Er achtete gar nicht groß darauf, welches Bett er wählte, nahm das Nächstbeste, das gemacht und damit ungenutzt aussah. Er schloss die Augen.

Juudaime… verzeih mir.

Er konnte nicht zurück. Der andere Hayato würde dafür entschädigen, da war er sich sicher. Es musste so sein. Juudaime brauchte ihn. Er musste Juudaime beschützen.

„Er wird wieder auf die Beine kommen“, verkündete Harus Stimme, die durch die dünne Tür drang als wäre sie nur aus Papier, „Ziemlich hoher Blutverlust, aber er ist schließlich ein Vampir. Wir sollten Konserven besorgen; wenn er aufwacht, wird er hungrig sein, und nur, weil ich immun bin, lass ich ihn nicht an mir rumkauen!“

Hayato wegen konnte Hibari rumkauen, worauf er wollte, solange er gerade nur seinen Schlaf bekam…
 

„…hiiii! Y-Yamamoto-Kun!“
 

Durch den Schleier des Schlafes drangen Juudaimes Worte nur wie dick durch Watte gefiltert. Hayato grollte, drehte sich um und drückte das Gesicht in ein Kissen, das gleichermaßen nach Weichspüler und Kellermuff roch. Er hörte Yamamoto lachen, dann eine andere Stimme, die so leise war, dass er sie nicht einmal erkannte. Vielleicht war es Hibari. Es war ihm egal. Hatten sie wieder einmal alle bei Juudaime übernachtet?

Etwas stimmte nicht an dem Bild, ließ Hayato die Stirn runzeln. Langsam öffnete er die Augen, erblickte nackte Glühbirnen und kahle Wände. Perfektes Kellergefühl. Sein Magen krampfte und sein Herz sackte an einen Ort hinab, an dem es sehr kalt und sehr grausam war. Einige Atemzüge später war der Schmerz erträglich, das bohrende Gefühl des Unglücks fing sich wieder und Hayato schwang die Beine aus dem Bett, den Blick unmotiviert auf den Boden und seine nackten, straßenschmutzigen Füße gerichtet. Ein Klopfen an der papiermäßig durchlässigen Tür ließ ihn aufsehen.

„Gokudera-Kun?“

Juudaimes Stimme klang so deutlich und nah, als wäre gar keine Tür zwischen ihnen. Hayato konnte ihn geradezu vor sich sehen. Das besorgte Gesicht, das er gerade machte.

„Juudaime?“

Er hörte etwas, das klang, als würde Juudaime erleichtert die Luft ausstoßen. Er lächelt. Hayatos Magen krampfte in einer Art wehmütiger Freude.

„Gokudera-Kun, komm bitte raus. Hier ist jemand, der dich interessieren dürfte.“
 

Hayato war sofort oben, ein verzweifeltes Strahlen im Gesicht. Sie hatten Giannini gefunden?! So schnell, dass er fast über seine Füße stolperte, hielt er auf die Tür zu, riss sie auf und stürzte zurück in den Gemeinschaftsraum. Bianchi war wieder da, das bemerkte er sofort. Hibari schlief noch, Haru war dafür verschwunden. Mukuro schien seinen Posten am Schreibtisch nie zu verlassen. Bei Bianchi – und Juudaime, wie ihm gerade auffiel – befanden sich zwei weitere Gestalten. Hayato kam gar nicht dazu, von der zweiten mehr als einen Schemen wahrzunehmen, so sehr war er gefesselt vom Anblick der ersten. Hochgewachsen, schwarzhaarig, und eindeutig Yamamoto, doch die sonst so gesunde braungebrannte Hautfarbe war einem übelkeitserregenden Grün gewichen, und Hayato zweifelte keinen Augenblick daran, dass der faulig modrige Geruch, der den Raum erfüllte, von dem Kerl – Zombie – kam. Außer ihm schien sich allerdings niemand an dem Geruch zu stören. Oder an dem Anblick.

„Oi, Gokudera! Schön dich zu sehen!“

Yamamoto grinste. Ihm fehlten zwei Zähne, und sein Zahnfleisch sah ungesund dunkel aus. Hayato bemerkte Nähte an seinem Unterarm. Was…? Ihm wurde übel und er hatte Mühe, seinen Ekel herunterzuschlucken.

„Ich hab doch gesagt, in ihren hellen Momenten sind sie gut wie zu Lebzeiten!“

Haru, in einem grellgelben, übergroßen Pullover, den sie angezogen haben musste, um die blutbefleckte Kleidung vom Verarzten loszuwerden, kam die Treppen heruntergehüpft, ein Tablett mit dampfendem Tee und Tassen tragend. Sie grinste Yamamoto sonnig an, als wäre es das alltäglichste, einen modernden Zombie im Haus zu haben, warf ihm dann einen prüfenden Blick zu.

„Auch wenn du langsam wirklich über Haltbarkeitsdatum bist, hm? Komm heut Abend mal zu mir, dann seh ich, was ich machen kann, dass du uns nicht davongammelst.“

Yamamoto lachte, als wäre das alles furchtbar witzig, und Hayato hatte das dringende Bedürfnis, wegzulaufen. Diese Welt war krank.

Aber er hatte keinen Ort, an den er laufen könnte, also riss er nur den Anblick von Yamamotos grünlich-grauer Haut. Stattdessen blieb er an etwas kupferrotem hängen, ein vertrauter, unordentlicher Haarschopf–

„Irie!“

Der Junge sprang geradezu in die Luft vor Schreck, fuhr herum. Hinter der dicken Brille waren seine Augen panisch und desorientiert.

„K-kennen wir uns?“
 

Hayato schnaubte nur, wandte sich Juudaime zu.

„Wo habt ihr den aufgegabelt?“

„Yamamoto-Kun und seine Leute haben ihn aufgesammelt. Er ist von einigen Dämonen angegriffen worden, Millefiore nennen sie sich, meint Bianchi-San.“

Natürlich musste die Millefiore überall Ärger machen. Ob Byakuran diese Parallelwelt jemals gesehen hatte? Hayato wollte es gar nicht so genau wissen, wenn er es recht bedachte. Es war nicht wichtig. Wer war schon Byakuran? Sie hatten ihn einmal besiegt, sie würden es wieder tun. Und wieder. In jeder Welt, egal, was dieser Irre behauptete. Er schüttelte den Kopf, fixierte den zerzausten Rotschopf wieder.
 

„Du wirst mir helfen.“



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