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Urlaubsreif^3

Die Zwei machen mich fertig!
von

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Freitag 27.3.

„Wie ich sehe, haben Sie meinem spontanen Änderungsvorschlag angenommen“, begrüßte ihn Maximillion Pegasus, sobald die Bild- und Tonverbindung zwischen der Kaiba Corp und Illusion Industries stand.

„Ja, meine Sekretärin hat mich noch rechtzeitig über ihren Wunsch informiert“, erwiderte Seto Kaiba nur kühl und lehnte sich auffallend ruhig in seinem Bürosessel zurück. Seine Nacht war furchtbar gewesen, er hatte vielleicht zwei Stunden Schlaf bekommen, war zu früh aufgestanden, hatte keinen Bissen beim Frühstück hinunter bekommen, sich dafür aber den Kaffee über seinen weißen Mantel geschüttet. Auf dem Weg in sein Büro wäre er mehrmals beinahe in Glastüren hineingelaufen – in deren Kanten versteht sich. Nur um Haaresbreite konnte er ausweichen und einen Termin bei seinem Privatarzt verhindern. Dann hatte er das Passwort seines Laptops dreimal falsch eingegeben, was zu einer verschärften Überprüfung geführt hatte, und beim Öffnen der Projektmappe, hätte er fast alle dazu gehörenden Dateien gelöscht. Und das alles nur wegen des Adoptivsohnes des Mannes, der ihm jetzt bester Laune und ausgeruht gegenüber saß.

„Haben Sie dieses Mal einen Babysitter?“, versuchte er etwas Dampf abzulassen, bevor sie in das Geschäftliche einstiegen.

Auch Pegasus schien die Merkwürdigkeit in seinem Verhalten aufzufallen, doch überspielte er sie honigsüß: „Habe ich. Meine Schwester war so liebenswürdig, jemand Geeignetes mitzubringen. Aber momentan sind die Zwillinge eh in der Schule. Dennoch müssen wir noch ein paar Augenblicke warten, da... Ah, da ist sie ja auch schon!“ Sein Auge folgte den Bewegungen einer Person, die Seto nicht sehen konnte, sich aber rasch in den Bereich der WebCam bewegte.

„Entschuldige bitte meine Verspätung, Maximillion – ich hatte den Ortswechsel nicht mitgeteilt bekommen, bis ich in deinem leeren Büro stand. Und Sie, Mister Kaiba, bitte ich auch um Verzeihung. Es ist sonst nicht meine Art unpünktlich zu sein.“

Der schlanke Frauenkörper in schwarzem Anzug mit schwarzer Bluse sank grazil auf den zweiten Stuhl, über den er sich schon eine Weile gewundert hatte, um den Blick auf das Gesicht von Martine Pegasus zu ermöglichen. Seto wusste noch nicht was ihre Anwesenheit zu bedeuten hatte, doch war er der festen Überzeugung, dass es sicherlich nichts Gutes sein konnte. Und seine Befürchtung sollte sich bewahrheiten.

Vor zwei Wochen waren er und Pegasus sich im Großen und Ganzen einig gewesen. Bis auf die Überprüfung von ein paar Zahlen seinerseits gab es kaum noch etwas zu besprechen und für ihn war das Geschäft schon unter Dach und Fach gewesen. Das war eine Woche gewesen, bevor er Martine kennen lernte. Wobei er sich nach zwei Stunden konstruktiven Gespräches nicht mehr so sicher war, ob er sie in Domino tatsächlich kennen gelernt hatte. Denn ihm war bis jetzt noch keine Fotografin über den Weg gelaufen, die so eine knallharte Geschäftsfrau war. Jede einzelne Kleinigkeit, die sich nachteilig auf Industrial Illusions auswirken könnte, hatte sie in den Verträge ausfindig gemacht, ebenso die wenigen Punkte, in denen er sich einen Mehrgewinn der Kaiba Corporation erhofft hatte. Sie verhandelte mit ihm, bis beides nivelliert war. Seine Kalkulationen zum Gewinnzuwachs ließ sie sich schicken und überprüfte sie, noch während er mit ihrem Bruder das Marketingkonzept der beauftragten Firmen durchsprach. Auch hier unterbrach sie selbstredend und äußerte ihre Änderungswünsche, denen nach kurzem Zögern beidseitig zugestimmt wurde.

Die Videoübertragung machte Seto allmählich mürbe. Sie hatten um halb elf begonnen, mittlerweile ging es stark auf ein Uhr zu und die kalorienarmen frühen Stunden des Tages begannen sich bei ihm zu rächen. Doch er konnte es sich nicht erlauben einen seiner rettenden Schokoriegel aus der Schublade zu nehmen und zu verzehren. Vor Maximillion hätte er sich diese etwas unhöfliche Geste noch getraut, aber vor Martine konnte er es einfach nicht zulassen Schwäche zu zeigen. Und so wurde er immer hektischer unter dem Blick dreier bernsteinfarbener Augen, bis schließlich die abschließenden, sich verabschiedenden Worte gesprochen wurden und er sich bereits erlöst sah.

Eine Hand auf der Maus, um die Verbindung zu trennen, eine bereits auf dem Griff der Schublade, fuhr sein Kopf jedoch wieder ruckartig nach oben.

„Gehst du bitte schon vor und siehst nach, ob mit den Kindern alles in Ordnung ist? Sie sollten inzwischen schon da sein. Ich möchte hier nur noch kurz etwas wegen Mokubas Geburtstag im Juli besprechen.“

Was sagte sie damit? Was sollte mit Mokubas Geburtstag sein? Er hatte noch über drei Monate, um sich etwas einfallen zu lassen, und ihre Hilfe würde er dafür nicht benötigen. Umgekehrt galt wohl das Gleiche. Also wollte sie mit ihm allein reden. Doch über was? Sein erster Gedanke sorgte dafür, dass es ihm heiß und kalt den Rücken hinunter lief. Lieber hätte er sich noch einmal seine Weisheitszähne bei Bewusstsein und nur milder Betäubung ziehen lassen, als jetzt mit ihr dieses Gespräch führen zu müssen. Oder am Besten bat er ihren Bruder, ihn wieder in eine Spielkarte zu bannen, dann konnte sie gar nicht mit ihm sprechen.

Aber es bot sich ihm kein einfacher Fluchtweg mehr, sobald sich ihr Blick auf ihn fokussierte und sie freundlich lächelnd sagte: „Ich denke Sie wissen, worüber wir sprechen werden. Und da wir beide vielbeschäftigt sind, machen wir es am Besten kurz. Nach all den Jahren, in denen Sie die Presse als Genie gehypt hat, hätte ich nicht gedacht, dass sie ein solcher Idiot sein können.“

Er wollte protestieren, doch sie fuhr unbeirrt fort: „Da Sie anscheinend nicht in der Lage sind gut gemeinte Warnungen Ernst zu nehmen, sehe ich mich gezwungen Ihnen zu zeigen, was es bedeutet, sich mit mir anzulegen.“ Ein selbstgefälliges Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Zwar scheinen Sie die Courage zu besitzen, sich noch einmal in Jos Hotel sehen zu lassen, doch ich kann einfach nicht zulassen, dass Sie so mit ihm umspringen.“

Überrascht riss er die Augen auf. Woher wusste sie das jetzt schon wieder?

„Besonders wenn Ihre Reservierung bedeutet, dass ich meinen Sommerurlaub mit meinem Bruder unter einem Dach verbringen muss. Daher nun mein Deal – unverhandelbar. Sie beweisen mir, dass Sie bereit sind sich zu ändern. Sie bekommen das Zimmer, wenn es Ihnen gelingt, dass Mokuba Sie wegen Ihres ungewöhnlichen Verhaltens für verrückt erklärt. Aber da Taten schon immer mehr sagten als Worte, werde ich auch meine Hälfte unserer alten Abmachung einhalten. Meine Anwesenheit heute war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was ich noch für Sie im Ärmel habe. Keine Angst, bis Anfang August werde ich Milde walten lassen, doch danach werden Sie endgültig zerbrechen. Ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Tag – schließlich haben Sie mir den meinen versüßt.“

Sie hielt die Verbindung gerade noch so lange, dass er das Lächeln, mit dem sie ihn bedachte, sehen konnte, bevor der Monitor vor ihm schwarz wurde.

Verdattert starrte er ihn noch ein paar Minuten an, dann stand er auf und stellte sich vor die breite Fensterfront. Die Stirn an die Scheibe gelehnt, wo sein Schweiß haften blieb, versuchte er nachzudenken. Man hatte ihm schon so oft gedroht, dass er erwartet hatte, eine gewisse Routine darin zu besitzen, das Risiko richtig einzuordnen, doch Martine stellte ihn dabei vor eine unerwartete Aufgabe. Er konnte einfach nicht einschätzen, zu was sie fähig war. Dass sie Maximillion Pegasus fest im Griff hatte, war eindeutig gewesen, doch was würde sie dadurch erreichen können? Welche Kontakte pflegte sie noch? Und wie wollte sie ihn zerbrechen lassen? Finanziell? Gesellschaftlich? Privat? Er konnte nur hoffen, dass sie Mokuba für diesen Schritt zu sehr mochte. Mit ihm konnte sie machen, was sie wollte, aber seinen kleinen Bruder sollte sie nur raus lassen.

Moment! Seit wann ergab er sich einfach so? Ja, er hatte ihre Warnung ignoriert und seinem Hündchen wehgetan. Trotzdem. Wer war sie schon, dass sie sich erdreistete, über ihn zu richten und davon ausging, er würde sich kampflos ergeben? Er würde ihr es schon zeigen. Genau! Er würde das Zimmer im Hotel auch ohne ihre Zustimmung erhalten. Immerhin wollte er noch ein paar Dinge zwischen sich und Joey klar stellen. Und wieso nannte sie ihn plötzlich Jo, wenn angeblich alle Welt den Namen benutzte, den ihr Sohn geprägt hatte? Egal. Auf jeden Fall würde er sich nicht ändern wegen ihm. Das wäre ja noch schöner! Er war Seto Kaiba und als solcher war er perfekt.
 

Schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd schlug er die Augen auf und ließ seinen Oberkörper nach vorne fallen. Aus ganzem Herzen verwünschte er Martine. Denn vor ihrem kleinen Gespräch mittags hatte er noch nie solche Albträume gehabt.

Mitten in der Nacht war er davon aufgewacht, dass nach einem ersten, sanften Streicheln eine Ohrfeige seine Wange traf. Überrascht hatte er zu der jungen Frau in den Zwanzigern aufgesehen, die neben seinem Bett stand und ganz langsam auf der Bettkante Platz nahm. „Schön, dass du aufgewacht bist. Dann können wir endlich einmal in Ruhe sprechen. Es war gar nicht so leicht diesen Termin bei dir zu erhalten, weißt du, mein Süßer?“

Wer immer diese Person war, sie hatte das Licht ausgelassen, doch von draußen kam genug herein, dass er den schon fast bedauernden Ausdruck auf ihrem Gesicht erkennen konnte. Sie sprach sanft mit ihm, fast liebevoll, so wie man mit einem kleinen Kind spricht, das man tadelt und dabei verhindern will, dass es in Tränen ob der harschen Worte ausbricht.

„All die Leute, die ich davon überzeugen musste, mir den Vortritt zu lassen, um dich vielleicht noch zur Einsicht zu bewegen. Du machst dir ja keine Vorstellung davon, wer alles darauf wartet, dich Stück für Stück Fallen und Zerspringen zu sehen. Wie leicht es Martine fiel, schlafende Hunde zu wecken. Sie sind wie blutgierige Jagdhunde. Noch hat sie sie am Halsband fest im Griff, aber was passiert, wenn sie den ersten von ihnen loslässt? Wirst du wegrennen, wie sie es will, oder wirst du dich umdrehen und kämpfen, so wie du es verdient hast, um endlich mit dem, was dein Herz sich seit Jahren ersehnt, glücklich zu werden?“

Er wollte etwas erwidern, doch brachte er nur ein heiseres Krächzen hervor. Das hier musste einfach ein schlechter Traum sein. Niemand überwand mal eben so sein Sicherheitssystem, das er jeden Abend vorm zu Bett gehen einschaltete.

„Ich werde dir jetzt einen einfachen Ratschlag geben und hoffe, du beherzigst ihn. Gib dir selbst eine Chance und hör auf dich hinter deiner Fassade zu verstecken. Damit wirst du auf Dauer nicht glücklich werden – und niemandem würde es auffallen. Es wird sich aber auch niemand daran stören, wenn du tatsächlich glücklich wirst. … Aber dafür musst du deinen Arsch hochkriegen und für dein Glück kämpfen. Ja, er hat dich verletzt, doch wenn du tief in dich hinein hörst, weißt du, dass er dir eigentlich nur den Spiegel vorgehalten hat.“ Eine einzelne Träne lief ihre Wange hinab und vergessen waren seine Alarmanlagen.

Wie konnte ein Mensch, der ihn nicht kannte, wegen ihm weinen? So viel Empathie verspüren, dass er nach den ersten harten Worten nun so sanft mit ihm sprach? Er hob leicht die Hand und wollte sie wegwischen, doch da erhob sich die junge Frau und wandte sich von ihm ab.

„Bitte wiederhole nicht die Fehler, die andere vor dir gemacht haben. Ich werde Martine bitten, nicht allzu harsch mit dir umzugehen – aber versprechen kann ich nichts. Besonders, wenn du dich nicht ändern solltest. Dann gnade dir Gott oder an wen du noch überhaupt glaubst.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
So. Hiermit geht also tatsächlich Teil 3 los. Ich freue mich schon auf eure Meinung und hoffe, dass ihr mir auch weiterhin dabei helft, zu sehen, ob ich mit den einzelnen Kapitel den gewünschten Nerv treffe.

PS: Danke an Seelendieb, die mir während der Pause geholfen hat die Fortsetzung auf die richtige Spur zu kriegen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Onlyknow3
2016-02-14T20:25:12+00:00 14.02.2016 21:25
Cool muss ich sagen das Kapitel ist klasse.
Bin mal neuierig ob er diesen Albtraum auch für ernst nimmt, und seine letzte Chance nuzt.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  flower_in_sunlight
14.02.2016 21:48
Wenn es denn nur ein Albtraum gewesen wäre...

Schön, dass du wieder mit von der Partie bist. Ich werde mir auf jeden Fall Mühe geben, das Niveau zu halten.
Von:  Seelendieb
2016-02-14T17:00:41+00:00 14.02.2016 18:00
*grins*

Jetzt geht es also in die Endphase. Sehr schön!

Freu mich schon auf Martines Aufgaben.

Schöner Prolog und ich hoffe, dass Mister Kaiba zur Vernunft kommt ;)
Antwort von:  flower_in_sunlight
14.02.2016 18:13
Danke.

Nur dein Grinsen beunruhigt mich etwas. Was weißt du schon wieder, was ich noch nicht weiß?
Antwort von:  Seelendieb
14.02.2016 18:16
Du vergißt, dass noch ein Treffen mit MArtine aussteht ;)
Von: AomaSade
2016-02-14T16:46:47+00:00 14.02.2016 17:46
Hallo flower_in_sunlight,

du hast mich glücklich gemacht. Ich verfolge deine tolle zweiteilige, jetzt dreiteilige Geschichte seit Anfang an. Mir gefallen deine erwachsenen Charaktere sehr gut. Ich hatte immer auf ein Happy End gehofft, obwohl du deine Leser gewarnt hast, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen könnte, war ja auch so bei Teil 1 und 2. Aber jetzt sieht alles positiv aus. So eine schöne Joey-und-Seto-Geschichte verdient ein Happy End. Danke, danke, danke.

Liebe Grüße
AomaSade
Antwort von:  flower_in_sunlight
14.02.2016 17:53
Hallo AomaSade,

ao ein Lob freut doch mein Autorenherz und versüßt mir den regnerischen Tag.
In den letzten Teilen kam es einfach noch nicht zu einem Happy End, weil ich die beiden noch nicht auf einer Wellenlänge gesehen habe und es zu viele Probleme gab, die sich in zu kurzer Zeit hätten lösen müssen. Dafür ist das, was ich momentan im Hinterkopf habe, wohl ziemlich kitschig - aber ich werde es dann sehen, wenn ich an dem Punkt angekommen bin.

Danke für die lange Treue.

Flower


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