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Urlaubsreif^3

Die Zwei machen mich fertig!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Zunächst: Ihr seid verrückt! 17 Favos nach einem Prolog? Das schlägt die beiden Vorgängerteile um Längen!

Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß mit dem ersten Kapitel. Dieses und noch die zwei anschließenden werden immer einen vollständigen Monat abbilden. Erst danach wird es allmählich in das gewohnte 1 Kapitel = 1 Tag - Schema übergehen.

Viel Spaß beim Lesen. Komplett anzeigen

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April

Ein letztes Mal füllten sich Setos Lungen mit der Frühlingsluft, bevor er sich an den Abstieg die Kellertreppe hinunter machte. Bis vor einer Woche hatte er noch nicht einmal gewusst, dass es in Domino diese doch eher für die britischen Inseln üblichen außen gelegenen Kellertreppen gab. So erweiterte er sogar noch, bevor sein Training wirklich begann, seinen Horizont.

Das gesamte Wochenende hatte er damit verbracht darüber nachzudenken, was er tun sollte. Denn es hatte sich bei der nächtlichen Begegnung keineswegs um einen Albtraum gehalten, wie er anfangs noch gehofft hatte. Letzten Endes hatte er sich entschlossen Chef ein wenig entgegenzukommen und der erste und wichtigste Schritt für ihn kam, als er über die Schwelle zu dem großen Raum trat, zu dem er von der Kellertür durch einen schmalen Flur geleitet worden war. Er nahm die gesamte Breite des Hauses ein und hatte so jetzt am frühen Nachmittag durch die tiefen Luftschächte von zwei Seiten Licht. Etwas, was nicht nur dem hellen Holzboden, sondern auch der Frau jenseits der Vierzig, die sich als einzige dort aufhielt, schmeichelte.

Zögernd blieb er am Rand stehen und wartete darauf, dass sie reagieren würde. Wie sie mit ihm vor ein paar Tagen abgesprochen hatte, war er einfach durch die Tür gekommen und hatte sie nicht durch sein Klingeln gestört. Zu einer unglaublich melancholisches Musik bewegte sie sich mit geschlossenen Augen über den Boden, scheinbar schwebend und dennoch so sicher mit jedem Schritt als wäre dieser seit Ewigkeiten so vorausgesagt worden. Mit den letzten Tönen des Stückes öffnete sie ihre Augen und lächelte ihm zu. „Guten Tag, Senior Kaiba.“

Bis auf einen ganz leichten spanischen Anklang war ihr Japanisch akzentfrei. Im Internet hatte gestanden ihr Vater sei Argentinier und sie habe als junge Erwachsene in seiner alten Heimat gelebt und getanzt. Wobei sie selbst darauf bestünde, dass Tanzen und Leben das Gleiche seien.

„Guten Tag, Nereida.“

Und sie bestand darauf, mit Vornamen angesprochen zu werden, was sie ihm unmissverständlich am Telefon erklärt hatte, selbst wenig beeindruckt von seinem Namen.

„Zum Wechseln Ihrer Schuhe können Sie sich dorthin setzen“, deutete sie elegant auf einen Tisch, um den eine Reihe von alten Holzstühlen stand. Er gehorchte nur stumm und ließ sie, während er die Schnürsenkel an seinen Straßenschuhen löste, nicht aus den Augen. Sie hatte sich mit etwas zu trinken neben die Musikanlage gestellt, war aber sofort wieder auf der Mitte der Tanzfläche, sobald sie sah, dass er fertig war. Auffordernd, nur durch ihren Blick, brachte sie ihn dazu, zu ihr zu kommen.

„Im Tango“, fing sie an zu sprechen, „geht es sehr stark um ein klares Rollenbild. Auf der einen Seite haben wir den Mann, der kontrolliert und entscheidet. Auf der anderen die Frau, die gehorcht und ihn schmückt. El hombre conduce, la muyer seduce y se luce – etwas blumiger formuliert. Im Walzer würde man sagen 'er bildet den Rahmen für sie'. Aber glücklicherweise sind diese Rollenbilder mittlerweile etwas antiquiert, sodass durchaus auch die Frau den führenden Teil übernehmen kann. Eine Tatsache, die es mir erleichtern wird, Ihnen die Schritte näher zu bringen, bis Sie soweit sind zu führen.“

„Ich beherrsche ein paar andere Standardtänze und kann Ihnen daher versichern, dass ich sehr wohl führen kann“, wagte Seto ihr zu widersprechen. Nereida hingegen lächelte nur nachsichtig und bat ihn dann ihr gegenüber Aufstellung zu nehmen und ihren Schritten spiegelnd zu folgen.

Nachdem mit seinem Grundschritt nach einer halben Stunde endlich zufrieden war, das heißt, er fing auch ohne sie mit dem richtigen Fuß an und verhedderte sich nicht unterwegs, durfte er die Arme mit dazu nehmen.

„Sie sollen die Arme oben halten – nicht Ihren Kopf zwischen die Schultern ziehen“, tadelte sie ihn, nachdem sie sich 10 Minuten lang das Elend besehen hatte. Er versuchte seine Haltung zu korrigieren, während seine Rückenmuskulatur bereits aufbegehrte. Dennoch musste er noch 20 weitere Minuten durchhalten, bis ihn die Pause zwischen den beiden von ihm gebuchten Stunden erlöste.

In gierigen Schlucken trank er aus seiner mitgebrachten Wasserflasche, an die netterweise Roland gedacht hatte. Er selbst hätte eine so unwichtige Kleinigkeit vergessen.

„Was ich Sie bereits am Telefon fragen wollte“, näherte Nereida sich ihm, „ ist, woher Ihr Interesse an Tango kommt.“

Seto stutzte. Er war sich bewusst, dass die Wahrheit etwas abstrus klingen würde, doch so wie er seine Tanzlehrerin bis jetzt einschätzte, würde er genau damit die besten Karten bei ihr haben. „Auf meinem Frühlingsball habe ich zwei Leute Tango tanzen sehen und war so fasziniert davon, dass ich es auch lernen wollte. Mein Repertoire umfasst momentan nur das Nötigste an Standardtänzen und ich komme nur gelegentlich dazu, dieses Wissen auch einzusetzen.“

Nereida nickte, trank selbst einen Schluck und hakte dann nach: „Wissen Sie, wer es war?“

„Martine und Joseph Pegasus“, kam es von ihm zu seiner eigenen Überraschung prompt. Mit Erstaunen sah er, wie ihre Augen zu leuchten begannen.

„Ach, die beiden. Dann kann ich Ihr Interessen natürlich verstehen. Die beiden zusammen tanzen zu sehen ist einfach wundervoll – selbst für einen Profi wie mich. Zwar sind sie jeder für sich allein genommen bereits sehr gute Tänzer, doch sobald sie miteinander auf dem Parkett sind,... Es ist wirklich berauschend, zu sehen wie sie all ihre Leidenschaft für einander in ihren Tanz legen.“

Sie schwärmte weiter, während Seto sich am liebsten auf die Unterlippe gebissen hätte. Ja, er hatte ihre Leidenschaft gesehen, gesehen wie sie auf kleinste Zeichen des anderen reagierten, selbst über eine größere Distanz hinweg. Er war sich mittlerweile zwar halbwegs sicher, dass zumindest von Martines Seite her keine Romantik mit im Spiel war, aber es blieb einfach nicht zu leugnen, dass sie ein wundervolles Paar abgegeben hätten.

„Woher wissen Sie all das eigentlich?“, startete er den Versuch, sich selbst zu zerstreuen.

„Oh, er war einer meiner ersten Schüler, als ich ganz frisch wieder in Japan war. Hat mir ab und zu Lieferungen mit argentinischen Spezialitäten vorbeigebracht. Und Martine ...“

„Wieso brachte er Lieferungen?“, unterbrach er sie. Erstaunt sah sie ihn an, antwortete dann aber unbeirrt: „Er arbeitete zeitweise in dem Delikatessenladen mit diesen wundervollen Waren aus aller Welt, der der Mutter des Chefs vom Traditionell gehört. Das kennen Sie bestimmt.“

Er zog es vor nur nickend zu schweigen und so saßen sie einfach nur stumm nebeneinander, bis Nereida der Meinung war, dass ihre Pause lange genug gedauert hatte.

„Haben Sie Interesse daran auch die Damenschritte zu lernen?“, fragte sie nebenbei, während er sich wieder vor sie stellte

„Ja, besonders“, kam es von ihm, ohne dass er sich Zeit genommen hatte, darüber nachzudenken. Sie tat so, als habe sie seine Antwort nicht gehört, geschweige denn zuvor die Frage gestellt, und forderte ihn stattdessen auf ihr kurz das Gelernte noch einmal zu zeigen, bevor er sich ihr nähern durfte und sie ihm erklärte, wie er sie richtig zu halten hatte, wenn er führte. Beiläufig und sachlich zugleich fand sie seien Schuhgröße heraus, als sie die Höhe seiner Hand auf ihrem Rücken korrigierte.
 

Zu Beginn seiner nächsten Doppelstunde erwartete Seto eine Überraschung. Genau wie in der Woche zuvor hatte er sich auf einen der Stühle am Tisch gesetzt und wollte gerade in seine Tanzschuhe schlüpfen, als ihn Nereida davon abhielt mit der Begründung, sie habe Schuhe für ihn besorgt, die er doch bitte zuerst anziehen solle. Erstaunt nahm er den Schuhkarton entgegen, der ihm viel zu groß vorkam für ein einfaches Paar Schuhe, so wie er eines erst eineinhalb Wochen zuvor erworben hatte. Leider stellten sich seine Zweifel als berechtigt heraus, sobald er den Deckel angehoben hatte.

„Was ist das?“, forderte er zu wissen. Das konnte nicht der Ernst der guten Frau sein.

„Ihre Tanzschuhe für heute. Sie sollten Ihnen passen.“

Mit wachsendem Entsetzen blickte er zu ihr hinauf. Sie meinte es tatsächlich so. „Aber sie haben 7 Zentimeter hohe Absätze!“

„Ja, ich weiß. Eigentlich ein wenig zu niedrig. Nur die mit 10 sind bis Mitte Mai in Ihrer Größe nicht mehr zu bekommen. Jetzt ziehen Sie sie schon an. Ich kann heute nicht länger als die beiden Stunden und wir haben jetzt schon zu viel Zeit damit vertrödelt, über die Schuhe zu sprechen.“ Sie duldete keinen Widerspruch.

Geduldig wartete sie auf ihn und beobachtete wie er auf wackligen Beinen zu ihr auf die Tanzfläche schwankte.

„Tanzen ist im Grunde die Aneinanderreihung von Schritten. Also ist Tanzen wie Gehen.“ Sie startete die Musik mittels einer kleinen Fernbedienung. „Walk this way!“

Entgeistert sah er sie an. Er sollte wirklich auf diesen Mörderschuhen laufen? Nein, ganz bestimmt nicht. Ohne ihn. Er konnte es sich nicht erlauben auch nur einen Tag in den nächsten Wochen wegen eines gebrochenen Knöchels in der Firma auszufallen. Aber ein weiterer Blick zu Nereida sagte ihm, dass er keine andere Chance hatte als das jetzt durchzuziehen. Vorsichtig tat er den ersten Schritt. Dann den zweiten. Der dritte fiel schon etwas sicherer aus. Das Lied machte wirklich Laune.

„Und bitte wieder zurück.“

Vorsichtig drehte er auf dem Ballen an der entlegenen Seite des Raumes und machte sich auf den Rückweg. Riff und Rhythmus trieben ihn vor sich her und irgendwann traute er sich sogar, den Blick zu heben und nicht ängstlich gen Boden zu schielen.

Auf der vierten Bahn meinte Nedeira plötzlich begeistert: „Sie haben ja einen Hüftschwung!“

Verdattert hielt er in der Bewegung inne. „Hab ich nicht! Ich bin ein Mann und habe definitiv keine Hüftschwung.“ Es schüttelte ihn bei dem Gedanken.

„Habe ich gesagt, Sie können stehen bleiben? Nein, also... Weiter, bitte!“, trieb ihn seine Tanzlehrerin weiter an.

Er konnte nicht glauben, dass er für diese Sklaventreiberin wirklich Geld ausgab. Eigentlich hatte er noch vom vergangenen Mal Muskelkater und jetzt da es ihm bewusst gemacht worden war, fing Seto wieder an auf den Absätzen zu wackeln, da seine Balance dahin war. Zu seinem Glück endete das Lied und er durfte mitten auf dem Parkett, wo er etwas verloren stand, bleiben.

„Kommen wir zur heutigen Lektion. Sie werden heute die Damenschritte tanzen.“ In jeder anderen Situation hätte er seine Überraschung überspielen können, doch hatten ihn bereits die Absätze so aus dem Konzept gebracht, dass er ohne viel Gegenwehr Stellung bezog. Sanft legte sich ihre rechte Hand auf seinen Rücken kurz oberhalb seiner Hüfte, während ihre linke seine rechte bestimmt nach oben hielt. Für sie war es die richtige Position, doch Seto fühlte sich noch etwas seltsam damit – vor allem, weil seine zusätzlichen 7 Zentimeter seine Haltung zusätzlich beeinflussten.

Aber all das vergaß er, sobald er den ersten Schritt nach hinten machen musste. Intuitiv spürte er, welche Schritte er machen musste, wusste, wohin er musste. Zwar blieben sie beim Grundschritt, aber dennoch war das so viel anders wie das, was sie eine Woche vorher gemacht hatten. Leise Zweifel überkamen ihn, dass er in den vergangenen Jahren je irgendeine seine Tanzpartnerinnen so geführt hatte. Es war wie Schweben. Sein Blick richtete sich nur nach unten, um in Nereidas Augen zu lesen, ob er sich gut anstellte oder eine hoffnungslose Katastrophe war, doch ihre Miene verriet ihm nichts.

Nach der Doppelstunde traute er sich endlich zu fragen, weswegen sie das mit ihm gemacht hatte – oder hätte es getan, wenn sie ihn nicht unaufhörlich zur Eile angetrieben hätte, weil sie schon zu spät dran sei und noch das Studio absperren wolle. Rolands skeptischen Blick übersah er, als er zu seiner Limousine lief, zu sehr versuchte er seine Gedanken wieder auf die Firma zu richten. So entging ihm auch, dass mit jedem seiner Schritte seine Hüfte leicht nach außen wanderte, nur um beim nächsten die entgegengesetzte Position einzunehmen.
 

Setos nächste Trainingsstunde musste ausfallen, da sich Nereida erkältet hatte und es vorzog, sich zu kurieren, anstatt ihren Schüler anzustecken. Dennoch wollte sie ihn nicht untätig wissen und hatte ihm eine Liste mit Tanzfilmen geschickt, die er sich bis zum nächsten Mal angesehen haben sollte.

Ihm hatte das alles ziemlich widerstrebt – besonders da mehrere kleine Kunden plötzlich von ihren Verträgen zurückgetreten waren und er eigentlich die für sie Verantwortlichen einen Kopf kürzer machen wollte-, doch nachdem er sich an diesem späten Samstagnachmittag nach der Arbeit durch „Billy Elliot“ gequält hatte – was sollte ihm dieser Film beibringen? - fand er allmählich gefallen daran. Wobei... dieser Tanzlehrer im zweiten Film verschwendete wirklich seine Zeit. Denn der undisziplinierte Haufen von Schülern, die er beaufsichtigte, würde es nie schaffen annähernd gut zu tanzen. Aber er musste gestehen, dass ihm der gezeigte Tango gefiel. Die blonde Frau war natürlich weit entfernt von seinem Beuteschema, doch sobald er sich vorstellte Chef würde so mit ihm tanzen, bekam er eine Gänsehaut und ein Teil seines Blutes floss zu Stellen hin, in denen es garantiert nichts zu suchen hatte.

„Das ist wie Sex auf dem Parkett“, flüsterte eine Stimme in sein Ohr. Die Lippen des Sprechers waren ihm so nahe, dass er dessen Atem auf seinem Ohrläppchen spüren konnte. Ertappt fuhr er herum und blickte in die amüsierten Augen seines Bruders.

„Habe ich dich erschreckt? Tut mir Leid.“ Der leicht nach oben zuckende Mundwinkel strafte seine Aussage Lüge, aber Seto war bereit das Spiel mitzuspielen.

„Natürlich nicht. Ich hatte nur nicht erwartet, dass du … Was machst du eigentlich hier?“

„Das hier ist unser Wohnzimmer und ich wollte mich etwas entspannen.“

„Ich weiß, dass das hier unser Wohnzimmer ist, aber was machst du um diese Uhrzeit hier?“

Seit einem halben Jahr verließ Mokuba spätestens gegen vier Uhr das Haus und kam erst Sonntag in den frühen Morgenstunden oder gar noch später nach Hause. Inzwischen dämmerte es draußen.

„Meine Lerngruppe war früher fertig und ich wollte mich noch ein bisschen ausruhen, bevor ich heute Abend weggehe.“

„Ach. Achso.“ Er hatte nicht einmal gewusst, dass Mokuba eine Lerngruppe hatte. „Mit wem gehst du denn weg? Mit jemanden aus der Lerngruppe?“ Ausnahmsweise entging ihm mal nicht die leichte Röte, die seinem Bruder in die Wangen schoss.

„Nein. Kennst du nicht. … Aber sie hat mich dazu gebracht, mir den Film, den du gerade guckst, anzusehen. Wusste gar nicht, dass du so auf Antonio Banderas stehst.“ Genüsslich machte er es sich auf dem Sofa bequem, auf dem gerade noch sein großer Bruder gesessen hatte.

„Tu ich auch nicht. Das ist quasi eine Art Hausaufgabe, die ich bekommen habe.“

„Hausaufgabe?“ Mokubas skeptischer Blick bewies, wie ähnlich sich ihre Mimik in den letzten Jahren geworden war. „Von wem denn?“

„Meiner Tanzlehrerin.“

„Du tanzt?“ Und saß der Jüngere senkrecht. „Seit wann?“

„Ja, ich tanze.“ Wieso tat er nur so überrascht?

„Aha“, versuchte sich Mokuba nun wieder um Gleichgültigkeit. „Was dagegen, wenn ich mir den Schluss mit dir zusammen ansehe?“

„Nein, du darfst bleiben.“

„Wie großzügig!“

„Mokuba!“

„Hab dich lieb, großer Bruder.“

„Ich dich auch Moki.“
 

„Ich hoffe, Sie haben all ihre Hausaufgaben erledigt“, begrüßte ihn Nereida Ende des Monats.

„Natürlich“, antwortete er kühl. Seine Gedanken waren überall, nur nicht bei der kommenden Tanzstunde, was unter anderem daran lag, dass ihm am Vortag, als er einen Teil seines Heimwegs zu Fuß gegangen war, jemand hinterher gepfiffen hatte. Doch als er sich umdrehte, konnte er niemanden mehr sehen, der ihm nur Augenblicke zuvor zu seinem 'süßen Hüftschwung' gratuliert hatte.

„Die Filme waren sehr interessant.“

„Und was haben Sie daraus gelernt?“

„Dass Tänzer ab einem gewissen Grad nicht mehr zurechnungsfähig sind“, grummelte Seto, während er sich die Schuhe band. Augenscheinlich hatte er eine kleine Verschnaufpause von den hohen Absätzen. Nereida ging auf den Kommentar nicht ein, sondern ließ ihn einfach ein paar Mal zu Musik durch den Raum schreiten und sich dann trocken sowohl die Herren- als auch die Damenschritte zeigen, die sie ihm schon beigebracht hatte. Seltsamerweise schien sie zufrieden und ging danach zum eigentlichen Unterricht über.

Nach einer Stunde, stellte sie die Musik aus. „Wie besprochen, hören wir für heute auf. Aber wenn Sie möchten, können Sie heute Abend wieder kommen. Es findet eine Veranstaltung für Queer Tango statt.“

„Und wie kommen Sie darauf, dass ich an so etwas interessiert wäre? Und selbst wenn, ich habe immer noch einen Ruf zu verlieren – wie sehe es denn aus, wenn ich einfach auf einer Tanzveranstaltung erscheinen würde“, schlug er die Einladung kühl aus und machte sich auf den Weg zur Tür.

„Vielleicht haben Sie das. Aber mir ist noch kein Mann untergekommen, der sich so einfach fallen ließ, sobald ich geführt habe, wie Sie. Bei Queer Tango ist es üblich die strengen Rollen des Tanzes aufzubrechen.“

„Danke. Trotzdem kein Bedarf. Ich folge nur, wenn Sie mich dazu zwingen – was auch immer mir das bringen soll. Was ich übrigens nur zugelassen habe, weil ich sonst Ihre Expertise in Frage hätte stellen müssen – und meine Fähigkeit eine geeignete Tanzlehrerin zu finden.“

„Ihnen ist aber bewusst, dass Sie nicht bei Martine näher nachgefragt, sondern bei Joseph. Sicher, dass es sich dabei nicht eher um eine Herzensangelegenheit handelt?“

„Das ist doch lächerlich!“ Er rauschte den Flur entlang und vernahm nur noch am Rande, wie sie ihm hinterherrief, dass sie ihn am nächsten Samstag um die gleiche Uhrzeit erwarte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wem das jetzt zu brav war - keine Angst, es fängt gerade erst an. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kemet
2016-02-22T11:07:53+00:00 22.02.2016 12:07
Erstmal...
Schön, dass es weiter geht! Ich habe Deine Story ehrlich vermisst.
Nicht so schön ist, dass ich heute erst mitbekommen habe, dass es eine Fortsetzung gibt... Dafür meine aufrichtige Entschuldigung.

Zum Kapitel:
Momentan bin ich mehr oder minder schlicht verwirrt. Nicht nur, dass ich das Gefühl habe Seto würde ab und zu zum trotzigen Kleinkind mutieren, auch geht mir teilweise der Zusammenhang etwas flöten. Unter anderem: Wer war die Frau in dem Schlafzimmer, wenn sie keines Traumes entsprungen war? Sein Gewissen?
Weitergehend: Warum gewöhnt sich Seto schon nach so kurzer Zeit an der Hüften zu schwingen ohne es selbst mit zu bekommen? Weil er endlich aus seiner Schale raus soll?
Und... Seit wann haben sich die beiden Brüder so derartig voneinander entfernt? Sie kommen mir so vor, als würden sie aneinander vorbei leben, anders kann ich es mir mich erklären.

Ich freue mich auf die weiteren Kapitel!

LG
Antwort von:  flower_in_sunlight
24.02.2016 20:18
Erstmal....
Ihr habt es allesamt darauf abgesehen mich verlegen zu machen, oder? ;-)
Umso mehr freue ich mich, dass meine Kapitel auch dieses Mal nicht von deiner Kritik verschont bleiben werden.

Zum Kapitel:
Zu der Frau: Ich hoffe Seelendieb liest deinen Kommentar - es würde ihr gefallen Setos Gewissen zu sein. Da ich mit ihr in den letzten Wochen sehr viel über diese FF diskutiert habe und sie Martine das Vergnügen Seto auf den richtigen Weg zu bringen, nicht alleine überlassen wollte, kam es zu dem kleinen Gastauftritt

Bezüglich Hüftschwung: am liebsten würde ich einfach nur auf "Darf ich bitten" verweisen. Kurz: Tanzen verändert die gesamte Art sich zu bewegen - oft auch, ohne dass man es selbst merkt. Und mir gefiel die Idee eines Setos auf HighHeels mit Hüftschwung einfach - auch ich habe manchmal meine schwachen Momente.

Die Brüder: Anscheinend ist mir da was beim Schreiben verrutscht. Eigentlich wollte ich nur betonen, dass Mokuba inzwischen ziemlich eigenständig ist und Seto im seine neue Freizeitbeschäftigung noch ziemlich geheim gehalten hat. - Keine Angst das wird wieder! Außerdem gibt es ja noch zwei weitere Geschwisterpaare in der Geschichte, die für gute Laune sorgen werden...

LG
Flower
Antwort von:  Kemet
28.02.2016 00:56
Niemand will Dich verlegen machen. Zumindest ich spreche mich da von der Willkür frei. :)

Also ist Seelendieb das Gewissen? Oder der Traumgänger... @.@

Ich kann mir vorstellen, dass es den gesamten Körper strafft und die Haltung in gewisser Weise korrigiert. Auch kann ich durchaus nachvollziehen, warum mit Highheels. Klappt es auf denen, wird es auch bei flachem Schuhwerk gelingen. Dass es aber so nachhaltig ist, das hatte ich nicht erwartet.

Seto Kaiba und Mokuba Kaiba gehören zusammen... Jeder kann mal eigenständig werden, doch traue ich ihnen nicht zu, sich derartig von einander zu entfremden, ausser ich schreibe die Fanfic...
Sie hatten sich zuvor noch so gut verstanden und dann auf einmal... *Taschentuch holt*
Nein, ehrlich. Irgendwie braucht es Mokubas neutralen Charakter als Puffer, wie ich finde. Aber ich lasse mich überraschen.

LG#2 ;)
Von:  Onlyknow3
2016-02-21T20:10:07+00:00 21.02.2016 21:10
Ach Seto stell dich nicht so Stur, du weißt doch das du es nur machst um bei Joey bessere Chancen zu haben um ihn endlich für ich haben zu können wie du es schon seid Jahre dir ersehnst. Starkes Kapitel mach weiter so freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  flower_in_sunlight
21.02.2016 21:31
*erröt*

Danke - ich werde es versuchen


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