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Via Inquisitoris - Cum tacent clamant

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arah kam ein wenig zerknirscht zur Besprechung in das FBI-Gebäude, was daran lag, dass sie sich Ärger eingehandelt hatte. Sie hatte bemerkt, dass die Treppenhäuser des Hotels nicht mit Kameras überwacht wurden, und war von unten her einem Hotelangestellten gefolgt, um sich den Resttrunk der Nacht zu holen. Soweit gesehen hatte das auch gut funktioniert - bis sie feststellen musste, dass man die Türen des Treppenhauses von dort aus nicht öffnen konnte. Sie waren rein als Fluchtwege gedacht und diese Vorsichtsmaßnahme sollte wohl Einbrecher fernhalten. Leider hatte sie bei dem Versuch doch in das eigentliche Hotel zu gelangen das Schloss herausgerissen. Vampire waren nun einmal kräftiger als Menschen. Damit hatte sie prompt Alarm ausgelöst, sich aber mit Zufall, genau in diesem Moment die falsche Tür erwischt zu haben und nicht zu wissen wer oder was den Alarm ausgelöst habe, herausreden können – zumal der Angestellte, der einen Schlüssel zu den Gängen besaß, bereits verschwunden war. Vermutlich legte der Mann auch keinen Wert darauf sich von dem Manager fragen zu lassen, warum er bewusstlos geworden war. Es war definitiv schwerer hier zu jagen als auf dem Land in Südengland. Nach diesem Abenteuer hier sollte sie einige Tage oder eher Wochen nach Buxton Hall fahren, ihre Nerven beruhigen - und ein wenig nach einem jungen, kräftigen Freibauern Ausschau halten.

 

Aber sie setzte sich in die Runde und nahm den Kaffee, den ihr Daniel reichte, der sichtlich die Nacht durchgemacht hatte, wie alle hier. Sie sollte sich nicht beschweren.

Sie sah sich um. Da war also Daniel McGraw, der Leiter des FBI-Teams, Tom und Marilyn, beides ebenfalls Agents, beide offenbar afroamerikanischer Abstammung, beide um die Mitte der Dreißig, eine vermutlich an die Fünfzig zählende Frau japanischer Herkunft namens Yukiko, die die Verbindung in die FBI-Zentrale nach Washington hielt, Matho, der Profiler. Und die Alle blickten auf einen Computerbildschirm, wo sich eben ein älterer Mann kaukasischer Abstammung zeigte, der einen weißen Kittel trug, und dessen graue Haare einen interessanten Kontrast zu einem dichten, rotblonden Vollbart bildeten.

„Ah, Dr. Russell“, grüßte Daniel. „Ich hoffe Ihre schlaflose Nacht brachte etwas?“ Zu Sarah gewandt ergänzte er: „Dr. Russell ist Odontologe, Zahnkundiger.“

„Guten Morgen nach Houston“, gab der Zahnarzt zurück. „Nun, wie Sie wissen, haben Sie mir ja nur die Bilder geschickt, mit denen ich arbeiten musste. Und ich bin kein Hellseher. Überdies ist es mit Zahnabdrücken auf Haut immer sehr schlecht arbeiten. - Ich kann Ihnen also Folgendes mitteilen: die Bisse stammen definitiv von einem Menschen, nicht von einem Tier. Es gab und gibt keine besonderen Daten, also, keine Lücken oder besonders abnorm geformten Zähne. Ich kann Ihnen nur zwei Dinge als möglich angeben: entweder der Täter war männlich und recht schmal gebaut, womöglich mongolider Herkunft, oder aber es handelt sich um eine auch nicht besonders große Frau.“

Möglicherweise. Ja, kein Gutachter legte sich fest, wenn er damit in einem Mordprozess vor Gericht musste, wäre er es nicht wirklich zu einhundert Prozent. Die jeweilige Gegenseite würde ihn im Kreuzverhör auseinander nehmen. So fragte Daniel: „Aber es handelt sich um eine einzige Person?“

„Schwer zu sagen, nach den Fotos. Sie müssen bedenken, dass sich bei einem Biss auch immer die Haut verschiebt, gequetscht wird, Falten wirft und sonst etwas treibt. Und daher jeder einzelne Biss auch wieder anderes aussehen kann und wird. Aber so, wie diese Bisse aussehen, müssten die Kollegen von der Gerichtsmedizin doch auch einmal Speichelproben gefunden haben.“

„Darf ich eine Frage stellen, Dr. Russell?“ warf Sarah ein.

Matho ergänzte: „Natürlich. Das ist Sarah Buxton, Dr. Russell, Beraterin aus Europa.“

„Angenehm“, erwiderte der Zahnarzt höflich. „Was wollen Sie wissen?“

„Sie sagten die Abdrücke seien – durchschnittlich. Also weißt nichts auf ein Gebiss mit starken Eckzähnen hin? Ein Mensch, der sich für einen Vampir halten könnte?“ Das interessierte den Kadash am Meisten. Und hier konnte sie wirklich eine Menge über moderne Vorgehensweisen lernen – durchaus auch wichtig, wenn es darum ging die Regel der Unauffälligkeit zu schützen. „In den Akten stand nur, dass es sich nicht um Stahl oder ein anderes, nachgemachtes Material handeln dürfte.“ Wie es ihr in Whitby passiert war.

„Äh, nein, nicht einmal jemand, der sich dafür halten könnte. Es sind meist Quetschwunden. Übrigens, aber das wird Ihnen die Pathologie auch schon gesagt haben, das war nicht tödlich, ebenso wie die Schnitte wohl zur Blutentnahme zugefügt.“

„Ja, leider fehlt nur die direkte Todesursache“, meinte Tom und nahm sich eine Akte. „Also, natürlich die Todesart. Der Tod trat durch Herzstillstand ein. Doktor Russell, da läuft jemand rum, der Frauen umbringt, in dem er ihnen das Blut absaugt?“ Nicht, dass man es nicht schon vorher gewusst hätte, aber das so ausgesprochen zu hören, klang noch einmal beunruhigender. Sie sollten sich beeilen.

„Ich kann nur sagen, was ich sehe. Aber, wozu gibt es Profiler.“

„Danke.“ Matho seufzte ein wenig, aber erkundigte sich nur: „Sie gehen also von einem einzigen Täter aus, der die Bisswunden zufügt.“

„Schwer so zu sagen, aber es spricht einiges dafür, ja. Die Bisse sind auch immer an ähnlichen Stellen, natürlich nie genau.“

Der Profiler nickte und machte sich eine kurze Notiz auf seinem Klemmblock. Sarah bemerkte, dass er dort schon einiges notiert hatte – offenbar die Arbeit der Nacht. „Danke, Dr. Russell“, murmelte er.

„Gute Nacht – oder eher, guten Morgen ...“ Das Bild verblasste.

Daniel sah kurz in die Runde. „Bevor Matho mit dem Profiling beginnt, eine kurze Zusammenführung. Tom?“

„Wir haben fünfunddreißig tote Frauen, womöglich eher mehr, die wie das Opfer eines Serienmörders aussehen. Dafür spricht, dass sie alle an Herzversagen starben, alle diese Bisswunden zeigen und alle blutleer waren. Dagegen spricht, dass sie kreuz und quer über das Land verteilt sind, in einem Zeitraum von zehn Jahren, keinerlei wie auch immer gearteten Gemeinsamkeiten gefunden wurden, außer ihren Tod. Und das mag uns täuschen.“

„Die letzten drei Opfer wurden aber um Houston herum gefunden, in drei Monaten.“ Yukiko sah zu Matho. „Zehn Jahre, Vollmond, und offenbar nun erhöhte Frequenz. Das ist doch in aller Regel so bei Serienmördern.“

„Bei durchaus vielen“, gab der Profiler zu. „Aber eben nicht bei allen. Auch Mörder sind Menschen und manches ist ihnen eigen. Gottseidank, möchte ich sagen, denn sonst könnte man bei manchen nie seine Handschrift identifizieren. Übrigens, bitte verwechselt das, was ich oder ein Anderer als Handschrift des Täters bezeichne, nicht mit dem wie er vorgeht.“ Er sah das Erstaunen. „Vorgehen ist: ich locke eine Frau in mein Auto, bringe sie um, nehme ihr Blut ab, beiße sie und lasse sie liegen. Die Handschrift ist: er jagt sie offenbar gern, dazu aber später, es ist Vollmond, er benutzt nie das Auto der Opfer, selbst, wenn es neben ihm steht, sondern verfügt selbst über eines. Individueller. Aber, wie gesagt, dazu später. - Holen wir uns einen Kaffee, dann werde ich mal hier unsere schöne Wand gebrauchen.“ Damit meinte er ein Gestell, auf dem sich ein Block aus Din A 2 großen Papieren befand.

 

Als alle mit Kaffeebechern wieder dasaßen, blieb der Profiler als Einziger stehen, seine Notizen in der Hand, ehe er sie auf einen Tisch legte und einen dicken Filzstift nahm.

„So, hier mal eine einfache Tabelle, rechts und links. Eine der Möglichkeiten einen Täter zu analysieren ist, wie geordnet er vorgeht. Dazu gibt es bestimmte Fragestellungen, die entweder hier links – geordnet, mit System – oder rechts – ungeordnet, spontan - liegen. Fangen wir mal an: soziale Kompetenz? Wie sozial integriert ist unser Täter? Eher weniger, denn sonst käme er kaum derart durch die Lande. Also, rechts. Lebt in Partnerschaft? Das ist durchaus eine Frage, denn einerseits würde sich ein Partner nicht wundern, wenn der Mörder beruflich unterwegs ist, andererseits kann es auch auf soziale Isolierung hindeuten. Der Täter ist also auf jeden Fall mobil – das heißt links. Er arbeitet nicht in Tatortnähe. Er nimmt kein Souvenir mit, was auf einen planmäßigen Täter hinweisen würde, sondern beißt – das deutet eher auf Wahn hin. Nach den letzten Tatorten handelte sich um eine geplante, kontrollierte Tat, die in einer Jagd endet, das wäre links. Es besteht keine Täter-Opfer-Beziehung – links. Sadismus am Opfer – rechts, Fesselung links ...“ Er drehte sich um. „Seht ihr, was ich meine?“

„Es sind zwei“, schloss Daniel. „Ein Paar. Einer plant, einer ist emotionell, und ich würde sagen, der emotionellere Partner ist auch der Bestimmende.“

„Ja, so sehe ich das auch. - Der gewöhnliche Serienmörder als Einzeltäter hält sich auch in aller Regel an Opfer ein und derselben Rasse, da wird eigentlich nie gewechselt, und nach einem bestimmten Schema, er ist männlich, zwanzig bis dreißig Jahre alt, seltener älter. In unseren Fällen gehe ich davon aus, dass zumindest ein Teil des mörderischen Duos diesem Schema entspricht. Da die Opfer alle Anfang Zwanzig sind, scheidet ein gewisser Abscheu auf ältere Personen, die die Mutter sozusagen als Hassziel ersetzen würden, aus.“

„Kein Opfer wurde vergewaltigt“, meinte Tom. „Also, scheidet Sex auch aus.“

„Das ist nicht gesagt“, erwiderte der erfahrene Profiler. „Manche Leute ziehen Befriedigung auch aus den Bissen. Aber in diesem Fall wäre der Beißer, wenn ich das so sagen darf, nicht der planende Teil. Jedenfalls sind alle Opfer jung, durchaus attraktiv – und da endet auch ihre Gemeinsamkeit. Außer einer. Sie stiegen in ein Auto, das nicht ihres war, oder wurden dazu gezwungen. In Anbetracht der Tatsache, dass einige Opfer offenbar freiwillig ihren Arbeitsplatz verließen, siehe als Beispiel die Tankstellenangestellte, ist wohl davon auszugehen, dass sie angelockt wurden. Wieder Vorgehen eines intelligenten Täters. Sarah hat durchaus Recht, wenn sie meinte, dass Frauen kaum zu einem einzelnen Mann ins Auto steigen würden, eher zu einer Frau. Ich würde daher sagen, dass es sind um ein Paar mit einem männlichen und einem weiblichen Teil handelt, der Mann Zwanzig bis Dreißig. Beide ziehen aller Wahrscheinlichkeit nach seit zehn Jahren durch die Lande und morden immer wieder gemeinsam. Es muss also etwas vor zehn Jahren geschehen sein, dass sie zusammenbrachte und auf die Mordidee – und nach Alaska. Dass es davor schon Morde gab, halte ich für unwahrscheinlich. Das war der erste Mord, noch ohne das scheinbare Entkommen der Beute, noch ohne Aussuchen des Tatortes. Was zum Nächsten führt. Die Tatorte wurden genau ausgesucht – und man müsste eigentlich davon ausgehen die Opfer ebenso. Durch die Tatsache, dass sich die Morde quer über das Land verteilen, in wohl vier Wochen Abstand, spricht alles dafür, dass die Täter nur knapp drei Wochen Zeit hatten, Ort und Opfer der nächsten Tat auszusuchen. Bei einem geregelten Beruf ist das unmöglich. Ich würde vorschlagen, ihr durchsucht die Datenbanken mal nach Raubüberfällen, die in und um die bekannten Tatorte stattgefunden haben.“ Er sah auf. „Marilyn?“

Die Afroamerikanerin hob entschuldigend die Hand. „Ich wollte Sie nicht unterbrechen, Dr. Philipps.“

„Aber Ihnen fiel gerade etwas ein.“

„Ja. Darf ich mal?“ Sie stand auf und suchte in den Akten. „Eine Frau, sagten Sie doch, Matho. Beim letzten Opfer, der Ärztin aus dem Krankenhaus hier … Ja, hier. Ich hatte die Aussagen der Zeugen gelesen, wie alle, sicher.“ Sie blätterte. „Eine Krankenschwester sagte aus, sie habe Dr. Corazon mit einer anderen Krankenschwester auf dem Parkplatz reden gesehen. Das war das letzte Mal, an dem sie lebend gesehen wurde.“ Sie sah zwischen Daniel als ihrem Vorgesetzten und dem Profiler hin und her. „Mir fiel diese Aussage ein, als Sie meinten, es könnte ein Paar sein, das die Opfer anlockt. Der Zeugin fiel die andere Schwester nur auf, weil diese einen Krankenhauskittel trug, und sich gewöhnlich alle umziehen, wenn sie die Station verlassen.“

„Ja, ich erinnere mich“, meinte Matho Philipps. „Alle Schwestern wurden ja auch überprüft, aber niemand war solange ohne Alibi, wie die Fahrt hinaus dauern würde, der auf Schicht war. Moment. Die Unbekannte trug einen Krankenhauskittel – aber normalerweise trägt niemand ihn auf dem Parkplatz. Sie wollte also Vertrauen schaffen, Dr. Corazon glauben lassen, sie sei eine Kollegin, auch, wenn sie sie nicht direkt kennt. Es wäre nur zu realistisch, dass niemand – in diesem Fall das spätere Opfer – Verdacht schöpft. Es ist noch immer der Parkplatz, der Arbeitsplatz, und sie wundert sich nicht über andere Menschen im Kittel. Ein, sagen wir, gut gekleideter Mann, hätte sie eher argwöhnisch gemacht. Auch wieder ein geschickt planender Täter. Die Beschreibung der Unbekannten war nicht sehr genau, wenn ich mich recht entsinne.“

Marylin schloss kurz bestätigend die Augen. „Eine Frau, über Dreißig. Das Einzige, was der Zeugin auffiel, war, dass sie schwarz war.“ Sie blickte zu Tom, der der andere Afroamerikaner im Raum war.

Matho und Daniel nickten ebenso wie Yukiko.

„Äh.“, machte Sarah. „Entschuldigung, wenn hier alle etwas verstehen, aber ich nicht ...“

„Oh“, sagte Marylin tatsächlich etwas entschuldigend. „Die Zeugin ist, ebenso wie ich, Afroamerikanerin. Wenn ich jemanden sehe, der das auch ist, beschreibe ich ihn in aller Regel nie als schwarz. Das bedeutet, die Unbekannte, aber da sollten wir die Zeugin nochmals befragen, wird eine extrem dunkle Hautfarbe gehabt haben. Der weibliche Teil des Mörderpaares sollte also eine Frau über Dreißig sein, ausgesprochen dunkel gefärbt. Und der Mann dazu Zwanzig bis Dreißig?“ Sie blickte zu Matho.

Der zuckte die Schultern. „Ich bin Profiler, kein Hellseher. Ich kann nur sagen, was die Wahrscheinlichkeit ist, liebe Marylin. Ich kann auch nur sagen, dass Serienmörder dieses Alter mehr als oft haben, in aller Regel auch weiß sind … Und das passt nur im ersten Anschein nicht zu der Frau. Wir waren uns zuvor einig, dass der emotionale Teil auch der Bestimmende ist – sie, würde ich sagen. Er suchte eine mütterliche Führerin … Oder aber, der Altersunterschied ist nicht so groß. Fragen Sie die Zeugin noch einmal genau. Und suchen nach Raubüberfällen zur Zeit der Morde.“

Sarah kam eine andere Idee. Sie sollte über Dolores die Vampire hier in den USA fragen lassen, ob jemand seit zehn Jahren vermisst wurde, vor allem, ein weibliches „Kind“. War das die Lösung? Ein junger Vampir in den kritischen Jahren, der sich einen Menschen geistig aneignete? Oder, noch besser, sie hatte ja auf ihrem Handy die SMS von einem der älteren Vampire hier bekommen – logischerweise musste da seine Nummer doch dabei sein. Das würde zwar bedeuten, dass sie ihre eigene Nummer angab, aber, was sollte es. Sie konnte nicht alle Vampire persönlich aufsuchen, nicht mit dem FBI hinter sich, und dem Zeitdruck. Im Notfall würde ihr Frances doch bestimmt eine andere Nummer und Telefon besorgen können. So meinte sie: „Es sieht so aus, als ob mich hier keiner braucht im Augenblick. Kann ich meine eigenen Kontakte mal befragen?“

„Natürlich.“ Daniel lächelte etwas, sichtlich übermüdet aber nicht willens aufzugeben. „Ich lasse Sie in Ihr Hotel zurückfahren und anrufen, wenn wir Neues haben. Und Sie, Matho?“

„Ich werde nachdenken. Und recherchieren, was vor dem ersten Mord geschah. Und ein wenig schlafen.“ Der Profiler schloss kurz die Augen. „Ja, Sarah, fahren wir. Unser Gebiet ist das Denken.“

 

Im Auto erkundigte sich die Inquisitorin doch neugierig: „Matho, wie wird man eigentlich Profiler, also, in den USA“ , ergänzte sie hastig, da ihr einfiel, dass sie wohl ebenso als solche einstuft wurde.

„Man muss zuvor FBI-Agent gewesen sein, Studium der Psychologie und viel Erfahrung. Einigen wir uns auf dreizehn Jahre Ausbildung. Und in England?“

„Ähnlich“, vermutete sie. „Aber ich muss zugeben, ich bin Quereinsteiger. Vermutlich eine der wenigen, die es gibt. Ich habe gute Kontakte, gerade zu … Sekten, darum kam Interpol auf mich, als diese sogenannten Vampirmorde in Edinburgh passierten. - Wie wird man Agent? Das klingt nicht so, als ob das einfach eine Sache des: Ich-es-möchte-werden ist.“

„Nicht wirklich. Es gibt Tausende Bewerber, nur zehn Prozent kommen in die engere Auswahl. Man muss gute Noten haben, eine körperliche Fitness – und dann die ersten Monate überstehen. Das ist militärischer Drill in der Ausbildungsakademie von Quantico, kein Kontakt nach außen, harte Sitten. Viele geben da auf. Schafft man es, erhält man drei Jahre Ausbildung, die Pflicht zur Weiterbildung, die Pflicht stets körperlich fit zu sein – und die Aussicht, mit fünfundvierzig seelisch und körperlich am Ende zu sein, wenn man bis dahin überlebt hat. Ein echter Traumberuf, hm?“

„Ich fürchte fast, die seelische Belastung ist das Ärgste.“ Sarah dachte an Kenneth Cuillin. Er hatte es nicht direkt ausgesprochen, aber die toten Kinder in Edinburgh verfolgten ihn sicher noch immer.

Matho Philips warf der jungen Dame einen Blick zu. Ja, sie wusste, was das bedeutete, dachte er. Quereinsteiger oder nicht – sie hatte auch schon mehr gesehen als sie sollte. Sie war jung, kaum über Zwanzig und es gab gute Gründe, warum Profiler in aller Regel deutlich älter und erfahrener waren. Und in den blauen Augen lag etwas, das er kannte – Schatten von Erfahrungen, die mehr waren als es das äußere Alter anzeigte. Noch schien sie es verstecken zu können, aber er kannte viele Kollegen, die aufgehört hatten, ausgestiegen waren, psychisch am Ende. „Haben Sie einen Mentor?“ fragte er.

Sie sah ihn überrascht an. „Ja“, erwiderte sie dann. „Einen sehr erfahrenen Mann.“ Wombat war zehntausend endlose Jahre lang der Kadash gewesen – und sie ahnte inzwischen, was ihn das gekostet hatte.

„Gut für Sie.“ Er warf einen Blick auf ihren Fahrer, ehe er ergänzte: „Das brauchen wir alle, die wir in Abgründe blicken und uns davon nicht anziehen lassen dürfen.“

„Ich weiß.“ Sarah flüsterte es nur.

 

 
 



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