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Am seidenen Faden

Der Jubiläumskrimi Lord Sesshoumarus
von

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Die Aussagen der Heiler


 

K

aum das sie allein waren, befahl der Hundeprinz nur: „Sakura.“

Sie richtete sich etwas auf, ohne freilich die Unverschämtheit oder Unklugheit zu besitzen höher als auch nur bis zu seinen Knien zu schielen, da er es hasste, wenn man die elegante Schleife um seine Hüften betrachtete, warum auch immer. Diese war stets sehr elegant geschlungen, obgleich er keinen persönlichen Diener besaß, oder eher, besitzen wollte. Was wollte er nun von ihr?

War sie unaufmerksam oder verwirrt, weil es um ihre Freundin ging? Gefühle waren nicht nur für Dämonen, sondern auch für die mindere Spezies von eindeutigem Nachteil. „Die Familie Takaeda.“

Oh. „Danke, Lord Sesshoumaru“, flüsterte sie, durchaus erleichtert über die Nachsicht. Allzu sehr sollte sie seine Geduld freilich nicht strapazieren. Hatte er nur nicht zugehört oder hoffte er noch etwas Zusätzliches zu erfahren? „Fürst Shinichi Takaeda ist mit Fürstin Aimi verheiratet. Aus dieser Ehe stammt der einzige überlebende Sohn Ito, den Euer Lordschaft ja bereits vor zwei Jahren ...“ Äh … geruhte zur Kenntnis zu nehmen? Lieber nicht. Das war eine Entscheidung und die hatte sie ihm zu überlassen. „Der Euer Lordschaft bereits vor zwei Jahren vorgestellt wurde. Lord Tamahato ist der Neffe des Fürsten, von dessen vollblütigen Bruder. Er lebt momentan am Kaiserhof.“

 

Dieser unüberlegte Narr käme folglich für den möglichen Mord nicht in Betracht. Takaeda selbst und Ito samt Fürstin auch nicht, er wusste nur zu gut wie sehr man in einem solchen Schloss unter Aufsicht irgendwelcher Neugierigen stand. Überdies war auch das Weberschloss bewacht und die Krieger hätten sich an solch doch ungewohnten Besuch bestimmt erinnert. Ein erster positiver Aspekt. Er musste sich nur um den Familienzweig im Weberschloss kümmern.

 

„Im sogenannten Weberschloss lebt der Nebenzweig der Familie. Dessen Oberhaupt, Lord Masao, hat dort das Sagen - und auch das Recht die Einkünfte der dortigen Webereien für sich zu behalten. Natürlich, bis Fürst Takaeda anders entscheidet. Lord Masao ist verwitwet und hat keine überlebenden Kinder, erlitt zusätzlich vor ungefähr neun Monaten einen Schlaganfall, der ihn wohl komplett lähmte. So rief er Lord Shigeru, seinen und des Fürsten Neffen, aus dessen Klosterlehre zurück. Shigerus Vater, Shige, war ebenfalls ein Halbbruder des Fürsten, wenngleich jünger als Lord Masao, aber er war eben der nächste lebende Anverwandte der Seitenlinie. Lord Shigeru ist unverheiratet, seine Mutter Ichigo lebt nun hier im Schloss bei der Fürstin. Ich meine mich zu erinnern, dass sie deren Halbschwester ist.“

„Das Opfer gehört auch zu der Nebenlinie.“

„In der Tat, Lord Sesshoumaru. Aber Lord Tsuyoshi war nicht der Sohn eines Halbbruders, sondern von Lady Bara, einer Halbschwester, und daher niederer im Rang als Lord Shigeru, zumal Fürst Takaeda seine Halbschwester wohl an den Aufseher der Webereien verheiratet hatte, also, unter ihrem Stand. Was sie, laut Hitomis Aussage, bis heute ärgert. Sie hoffte wohl über einen Enkel wieder aufzusteigen.“

„Tsuyoshi wurde ebenfalls nicht im Fürstenrang verheiratet.“ Nun, das war nur zu logisch, als Sohn einer Halbschwester. Es war vermutlich nett gemeint vom Fürsten, die Schwester bei sich unterzubringen und auch deren Sohn eine gehobene Anstellung zu verschaffen, als dessen Vater starb. Moment. „Mir will scheinen, im Kreise der Takaedas gab es schon immer erstaunlich viele Lücken.“

Sakura sah lieber zu Boden. „Falls Euer Lordschaft sich zu erinnern geruht: vor ungefähr zehn Jahren führte der Takaeda-Clan eine heftige Fehde.“ Bei der auch ihr Heimatdorf zerstört und ihre Eltern getötet wurden. Aber das würde ihn nicht interessieren. „Der Tod auf dem Schlachtfeld ereilte auch die Mitglieder der Fürstenfamilie. Eine anschließende Seuche tötete abermals. Der Clan verlor mehr als die Hälfte der Mitglieder durch beide Umstände.“

Das erklärte die etwas zerrupften Familienverhältnisse. „Dieser Badeunfall, von dem Hitomi sprach: Riesenbärenklau?“

Sie war erstaunt. Nicht nur, dass er sich den Namen der Angeklagten gemerkt hatte, sondern sogar den einer Pflanze über mehrere Monate. Nun, sie sollte nicht voreilig sein. Seine Lordschaft mochte sich manchmal nicht dafür interessieren, aber sein Gedächnis war tadellos. „Möglich, oder eine Pflanze mit ähnlichem Gift. So kann ich nur vermuten.“ Und Spekulationen liebte der Hundeprinz fast noch weniger als Menschen. Sollte er doch den hiesigen Heiler befragen. Minoru war schon alt, aber er wusste bestimmt, was er bei dem Zwischenfall vermutet hatte, kannte gewiss die Pflanzen, die im Umfeld des Schlosses wuchsen. Ein Rascheln vor der Tür ließ sie sich verneigen, bereits nach der Schiebetür greifend.

Prompt kam auch die Bestätigung, da Sesshoumaru längst die huschenden Schritte eines Dieners und die eines alten Mannes mit einem Gehstock vernommen hatte. „Öffne.“

„Minoru, Euer Lordschaft“, meldete der Diener wohlerzogen, erleichtert, dass er nicht den Raum betreten musste, da Sakura dort saß. Er kannte sie von früher, aber er gab zu, dass sich das Mädchen zu einer hübschen Frau entwickelt hatte. Überdies stand ihr ihre Kleidung jetzt weitaus besser als die kurzen Hemden, die sie hier getragen hatte. Und sie schien höflich genug zu sein, um in der direkten Gegenwart eines Prinzen, noch dazu einer derartigen Bestie, zu überleben. Immerhin hatte er vor zwei Jahren mit selbst mitangesehen, wie dieser Dämon einen Boten seines eigenen Vaters buchstäblich pulverisiert hatte. Ob er vielleicht Gelegenheit finden würde mit ihr zu reden? Sie wäre doch sicher begeistert zurück in dieses Schloss zu kommen, weit weg von den Monstern der Wälder. Mit dieser gewissen Vorfreude verschwand er, während sich Minoru langsam auf die Knie niederließ, seinen Stock beiseite legend, und sich verneigte, zu alt und vorsichtig, um nicht einen Prinzen ordnungsgemäß zu begrüßen, gleich, wie schwer ihm das fiel.

„Minoru.“

„Zu Diensten, Lord Sesshoumaru.“

Höflich – aber auch fähig? „Du hast den Tod Tsuyoshis für unnatürlich erklärt. Grund?“

„Da Euer Lordschaft die Dienste des berühmten Neigi gewohnt ist, bitte ich um Nachsicht meiner gewissen Unfähigkeit.“

Das ging ja schon mal gut los, dachten Hundeprinz und Heilerschülerin gleichzeitig, wenn auch die Eine besorgt, der Andere ärgerlich.

Minoru bemerkte den raschen Blick, den die hinter ihm kniende Schülerin ihm zuwarf, warnend, ja, bang. Gut, dann eben sachlich. „Das Essen der Takaeda-Herren fand, wie jede Woche seit der Rückkehr Lord Shigerus, im Zimmer des dortigen Schlossherrn statt. Lord Masao ist vollständig gelähmt und sein Diener füttert ihn in aller Regel mit spezieller Kost. Aber diese Sitte des gemeinsamen Mahles wurde auch nach seinem Schlaganfall fortgesetzt, ja, erweitert. An diesem Essen nahmen die beiden Neffen Lord Masaos teil, Shigeru und Tsuyoshi, der Verstorbene.“

„Also waren vier Männer in dem Raum.“

„Ja, Euer Lordschaft, dazu natürlich das auftragende Personal. Als ich gerufen wurde und hinzu eilte, war es bereit zu spät um Lord Tsuyoshi zu helfen. Leibkrämpfe, heftiges Erbrechen und Durchfall, dazu war das Gesicht, gerade um den Mund herum angeschwollen. Mit Verlaub, Euer Lordschaft, aber in meinem gesamten Leben habe ich nie auch nur von einer natürlichen Krankheit gehört, die das mit einem Menschen anstellt. Es wirkte auf mich wie eine Vergiftung.“

„Und wie kamst du auf den Einfall, die Ehefrau könnte ihn vergiftet haben?“

„Diese Entscheidung traf unser Herr und Fürst“, erklärte der Heiler prompt. „Allerdings aufgrund einer schlichten Tatsache: der Diener hatte Lord Masao mit überaus kleingeschnittenen Teilen der Mahlzeit gefüttert, der Kranke lebte ohne weitere Symptome. Auch Lord Shigeru war und blieb gesund, also konnte es nicht an dieser Mahlzeit gelegen haben.“

„Weil?“ Irgendetwas in diesem knappen Wort verriet die steigende Ungeduld, eine todbringende Laune.

Minoru erkannte die Zeichen und fuhr hastig fort: „Wie töricht von meiner Wenigkeit, das hat wohl niemand Euer Lordschaft mitgeteilt. Ich bitte um gnädige Vergebung. Das Essen bestand aus einem Topf Hühnersuppe, einer großen Schüssel Reis, danach eine Platte aus Gemüse und mehreren kleinen gebratenen Singvögeln, Drosseln, aus der eigenen Zucht des Fürsten.“ Sollte er auch die Schlussfolgerung sagen? Lieber erst auf Nachfrage, denn dieser Dämonenprinz betrachtete gerade so nachdenklich seine Klaue und der Heiler verspürte nicht die mindeste Lust herauszufinden, wie die sich anfühlen mochte.

Das wurde ja immer besser, dachte der erfahrene Ermittler. Reis, Suppe, eine gemeinsame Platte Gemüse. Davon konnte niemand etwas vergiften ohne alle Personen am Tisch zu erwischen. Und bei diesen kleinen Vögeln – konnte wer vorhersagen, wer welchen davon erhielt? Soweit er sich an die überaus wenigen Gelegenheiten erinnerte, bei denen er höchstselbst an so etwas teilnehmen musste, wurde das Fleisch um das Gemüse drapiert, und nur der Diener, der auftrug, konnte möglicherweise noch arrangieren vor welchem Esser welcher Vogel landete – womit freilich nicht gesagt war, dass der den auch nahm. Das gemeinsame Essen dürfte also der Hauptgrund gewesen sein, warum Fürst Takaeda die Ehefrau verdächtigte. Die Angetrauten, männlich oder weiblich, das wusste er aus mittlerweile wahrlich genügend Mordfällen, waren grundsätzlich immer die Nummer Eins auf der Liste, nicht ganz zu Unrecht. Wenn jedoch Hitomi unschuldig war, was er laut Sakuras Bitte als Arbeitshypothese nehmen sollte, so musste etwas anderes passiert sein. Das WIE dieses Todes wurde immer rätselhafter, aber er würde nicht nachgeben. Niemand führte ihn an der Nase herum.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Seine Lordschaft glaubt, das WIE sei schon schwer zu finden - das WARUm wird dann unmöglich?
Warum soll er es einfach haben.

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kerstin-san
2020-05-16T14:29:31+00:00 16.05.2020 16:29
Hallo,
 
na der Diener hat ja auch Ideen, Abgesehen davon, dass er mit seiner Einschätzung meilenweit daneben liegt, frag ich mich, wie er auf die tolle Idee kommt, dass Sakura mal eben beim Taishou kündigen, ihre Koffer packen und zurück ins Takaeda-Schloss ziehen kann. Sachen gibts...
 
Gift ist ne plauible Erklärung, aber vlt. wars auch eine allergische Reaktion? Das würde erklären, warum nur der Tote betroffen war und auch der geschwollene Mund würde passen. Nur Durchfall, Krämpfe und Erbrechen wären da vermutlich eher unübliche Symptome fürchte ich.
Allerdings hat meine schnelle Google-Recherche gerade ergeben, dass das durchaus sein könnte. Dann behalte ich das mal als zur Zeit vielversprechendste Theorie im Hinterkopf :)
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Amart
2017-01-18T13:43:33+00:00 18.01.2017 14:43
Heikle Todeaumstände. Was hat der Fürst von wenn er Hitomi bezichtigt? Nicht viel ... Schwiegermutti wird es nicht sein, wenn sie nicht übertrieben hat, um Hitomi durch versuchten Mord loszuwerden ...
Mag Sesshoumaru sehr. Kühl und schlau und bissig in Gedanken ... arme Takaedas mit Seuche und Fehde. Tödliche Zeit, sehr plastisch.


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