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Ungesagt

Taishiro
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Fröhliche Feiertage! (Was auch immer ihr feiert!)

Damit dann noch meine dritte Geschichte für den Fanfiction Adventskalender und dieses Mal tatsächlich eine Fanfiction (natürlich zu Digimon). :P
Ausnahmsweise schreibt Alaiya mal Boys Love - aber ich habe mich in letzter Zeit echt in dieses Pairing verschaut.

Wie immer kommen auch hier Digimon mit vor. Die Geschichte würde in der Timeline nach tri. spielen - ich bin mir nur nicht sicher, ob tri. stattgefunden hat. (Und die Pairings aus tri. werden getrost ignoriert. ;)) Es spielt jedenfalls sechs Jahre nach 02 und in derselben Timeline wie "Kalter Kaffee mit Lasagne" (hat aber sonst wenig mit der anderen Geschichte zu tun).

Viel Spaß! Komplett anzeigen

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Hitzekoller

Es hätte nicht viel schlimmer sein können!

Die heiße Saunaluft roch nach irgendwelchen Kräutern – Koushiro wusste nicht nach welchen genau und eigentlich war es ihm auch egal.

Sie waren nur zu zweit. Na ja, zu dritt. Aber Agumon schnarchte nur zufrieden auf der Bank neben Taichi. Vielleicht war es nicht sonderlich überraschend, dass sich das reptilienartige Digimon in der molligen Wärme pudelwohl fühlte. Oder eher raptorenwohl.

Und selbst Tentomon hatte ihm in Stich gelassen. „Du weißt doch, Insekten überhitzen schnell“, hatte es nur gesagt und war lieber draußen geblieben.

Die anderen? Yamato und Sora waren auf einem Date. Die Mädchen – Mimi, Miyako und Hikari – waren im Frauenbereich des Bades. Takeru... Wer wusste schon wo der Junge war? Und obwohl das ganze einmal ursprünglich Jyous Idee gewesen war, hatte er abgesagt. Mal wieder. Seit er mit dem Studium angefangen hatte, war es sehr schwer mal etwas mit ihm zu machen.

„Das ist doch wunderbar“, hatte Mimi zu ihm gemeint, während Miyako zustimmen genickt hatte. „Dann kannst du mit ihm in Ruhe reden!“

Er selbst hatte widersprochen. Na ja, zumindest hatte er widersprechen wollen. Wahrscheinlich hatte er mehr etwas darüber gestammelt, dass ein Badehaus sicher nicht der beste Ort war, um über so etwas zu sprechen. So genau wusste er aber nicht mehr, was er gesagt hatte.

„Ach, mach dir aus so etwas doch nichts“, hatte Miyako gesagt. „Was ist denn das schlimmste, was passieren könnte?“

„Ihr habt dann zumindest Zeit“, hatte derweil Mimi gemeint und ihm auf die Schulter geklopft. „Glaub mir, du wirst dich danach besser fühlen.“

Das bezweifelte Koushiro derweil.

Mimi hatte vielleicht gut reden. Sie hatte nie ein Problem gehabt, zu sagen, was sie dachte. Viel eher war es für sie ein Problem gewesen, das nicht zu tun. Seit sie in Amerika lebte, war es noch viel schlimmer. Jedenfalls kam es ihm so vor, wenn sie auf Besuch war.

Schlimmer noch: Sie hatte Miyako damit angesteckt.

Aber am Ende hatten die beiden gut reden. Sie waren jetzt seit zwei Jahren zusammen – sie mussten sich ja um so etwas keine Gedanken mehr machen. Außerdem hatte zumindest Mimi schon vorher Erfahrungen mit so etwas gemacht. Davon abgesehen, dass sie ohnehin besser darin war, mit anderen Leuten zu reden, andere Leute einzuschätzen und solche Dinge halt.

Er jedoch war anders. Es war ihm immer schon schwer gefallen, physisch mit Menschen zu reden, jedenfalls wenn er mit ihnen nicht über harte Fakten redete. Alles persönliche war zu kompliziert für den physischen Umgang. Im Internet war es einfacher...

„Hey, Koushiro!“ Taichis Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

Er sah auf. „Äh, was?“

„Alles in Ordnung?“, fragte Taichi und sah ihn an. „Du siehst nicht gut aus.“

„Ähm... Ich... Weiß nicht“, erwiderte Koushiro und wich seinem Blick aus.

„Vielleicht solltest du besser raus gehen“, schlug Taichi vor und schenkte ihm ein Lächeln.

„Ja, vielleicht ist das besser“, murmelte Koushiro und sah zu der Uhr über der Tür. „Oh.“ Er war schon fünfzehn Minuten hier drin. „Ja... Ich gehe.“ Er stand auf und zog das Handtuch um seine Hüfte enger, ehe er hinausging.

Rausgehen, das kam ihm gerade wirklich wie eine gute Idee vor. Dann müsste er nicht weiter darüber nachdenken ob er was sagte oder nicht. Besser er sagte nichts.

Immerhin wusste er, dass Taichi Sora gemocht hatte. Er würde sich kein Interesse an jemandem wie ihm haben. Also sollte er jeden Gedanken daran besser verdrängen... Es würde ihre Freundschaft nur unnötig kompliziert machen.

Er seufzte, während er zu den Duschen hinüberging.

Das war der letzte Gedanke, ehe ihm auf einmal schwindelig wurde. Er war zu sehr überhitzt, wurde ihm noch klar, ehe er den Boden unter den Füßen verlor.

Er hörte noch die vertraute Stimme Tentomons: „Koushiro-han!“ Dann wurde ihm gänzlich schwarz vor Augen.

 

Als er wieder zu sich kam, lag er noch immer auf dem steinernen Boden des Badehauses, aber jemand hatte aufgerollte Handtücher unter seinen Kopf und seine Beine gelegt, um ihn zu stabilisieren.

Er spürte auch etwas kaltes auf seiner Stirn und seinen Armen. Eis.

„Können Sie mich sehen?“, fragte ein Mann, der sich über ihn beugte. Offenbar ein Mitarbeiter des Badehauses, da er die entsprechende Kleidung trug. Vielleicht ein Mediziner?

„Ja“, erwiderte Koushiro heiser. Sein Kopf schmerzte.

„Koushiro-han?“, fragte Tentomon, das sich über ihn beugte. „Alles in Ordnung?“

„Es geht schon“, murmelte er und versuchte sich aufzusetzen, nur um festzustellen, dass ihm wieder schwarz vor Augen wurde. Er ließ seinen Kopf auf das Handtuch zurückfallen.

Erst jetzt fiel ihm auf, dass auch Taichi, Agumon, Takeru und Patamon nahebei standen und besorgt aussahen.

„Sie sollten sich besser noch eine Weile hinlegen“, meinte der Mann. „Wir haben einen Ruheraum. Ich kann sie dahin bringen.“

„Nicht nötig“, murmelte er und versuchte erneut sich aufzurichten.

„Koushiro-han, sei vernünftig“, meinte Tentomon. „Dir ist nicht gut.“

Die Situation frustrierte ihn, war ihm peinlich. „Ich...“

Da kniete sich Taichi neben ihn. „Tentomon hat Recht. Du solltest dich etwas hinlegen.“

Koushiro seufzte und sah von Taichi zu Tentomon und dann zu dem Mitarbeiter. „In Ordnung“, flüsterte er schließlich seiner Situation ergeben.

Das ganze machte alles nicht besser. Als er es endlich geschafft hatte aufzustehen und der Mitarbeiter ihm einen der Hauseigenen Yukata gegeben hatte, um seine Blöße zu bedecken, war es Taichi, der ihn stützte, während der Mitarbeiter sie zu dem Ruheraum führte.

„Vorsichtig“, sagte Taichi leise, als Koushiro wieder zu schwanken begann. „Vorsicht.“

„Ist ja schon gut“, murmelte Koushiro. Er war nur froh, dass er dank der Hitze wahrscheinlich ein ohnehin gerötetes Gesicht hatte, so dass es kaum auffallen würde, wenn seine Wangen noch etwas weiter erröteten. „Es geht schon.“

Irgendwie ging es tatsächlich. Wenngleich sie nur langsam liefen, kamen sie an dem Ruheraum, der eher etwas von einem Schwesternzimmer hatte, an, ohne dass er noch einmal umkippte. Dennoch war er mehr als froh, als er auf einem der zwei Betten hier im Zimmer lag.

„Sie sollten sich etwas ausruhen“, meinte der Mitarbeiter. „Soll ich unseren Hausarzt vorbei schicken?“

„Nein!“, versuchte Koushiro nun mit etwas mehr Energie zu protestieren. „Es geht schon... Ich ruhe mich nur etwas aus.“

Der Raum war relativ klein, bot gerade einmal genug Platz für die zwei einfachen Betten. Dafür gab es einen recht großen Erstehilfeschrank, der über einem kleinen Schreibtisch hing – wahrscheinlich der Schreibtisch für den besagten Hausarzt. Neben dem hinteren Bett, dem Bett auf den Koushiro gerade lag, war ein Fenster, vor dass eine grüne Gardine gezogen war. Von draußen war jedoch das Licht einer Laterne zu sehen, das auch durch den Stoff schien. Es war schon dunkel.

„In Ordnung“, sagte der Mitarbeiter nur – der Höflichkeit sei dank. „Ruhen Sie sich aus. Sie sollten heute nicht mehr in die Sauna oder in eins der Onsenbecken.“

„Okay“, sagte Koushiro nur. Er fühlte sich dämlich.

Der Mitarbeiter verließ den Raum, ließ ihn mit Taichi zurück, der sich auf einen Hocker neben den Bett setzte. „Was machst du denn, Koushiro?“

Koushiro antwortete nichts. Er war froh, dass sich Tentomon auf seiner anderen Seite auf den Bettrand setzte, so dass er einen Grund hatte Taichi nicht ansehen zu müssen.

„Ich hätte dich wohl früher rausschicken sollen, eh?“, meinte Taichi mit scherzhaftem Unterton.

„Es ist nicht deine Schuld“, erwiderte Koushiro. „Ich hätte selbst mehr auf mich achten müssen.“

„Hmm...“ Taichi schwieg. Dann, unerwartet, legte er die Hand auf Koushiros Stirn. „Du bist warm.“

„Das ist kaum überraschend“, kommentierte Tentomon. „Vielleicht sollte ich ein kühles Tuch besorgen...“

„Das klingt nach einer guten Idee“, stimmte Taichi zu und lächelte.

„Dann fliege ich mal.“ Tentomon spannte seine zierlichen Flügel aus und erhob sich brummend in die Luft. „Komm mit, Agumon.“

Das orange Reptil, das die ganze Zeit neben Taichi auf dem Boden gestanden war, sah versucht zu Tentomon. „Aber wieso denn?“

„Komm einfach mit“, sagte Tentomon.

Agumon zuckte mit seinen schmalen Schultern. „Okay.“ Dann trottete es hinter Tentomon her, öffnete die Tür für das Insektendigimon, ehe die beiden gingen.

Natürlich wusste Koushiro, dass Tentomon – dessen Meinung sich von der Mimis nicht großartig unterschied – ihm eine Möglichkeit geben wollte, mit Taichi allein zu sein. Aus irgendeinem Grund nahmen sie alle an, dass es das einfacher machen würde. Dummer Weise nur stimmte das nicht.

Sicher, es war auch nicht leichter, wenn andere dabei waren. Nur kam er sich dann zumindest nicht ganz so dämlich vor, wenn er schwieg – immerhin gab es dann genug andere, die reden konnten. Taichi seine Gefühle gestehen, würde er natürlich aber auch so nicht.

Die Tatsache, dass Taichi dabei noch immer nur sein Badetuch um die Hüfte trug, machte außerdem nichts besser.

„Du solltest dich wohl besser für die nächsten paar Tage schonen“, meinte Taichi, wahrscheinlich um die Stille zu brechen.

Koushiro schwieg für einen Moment. „Na ja, es ist ja nicht so, als würde ich mich generell körperlich anstrengen, nicht?“ Seine Stimme klang etwas bitterer als beabsichtigt. Wieso fühlte er sich nur so elend?

„Vielleicht solltest du dich aber auch von deinem PC fernhalten“, erwiderte Taichi in einem scherzhaftem Ton.

Darauf gab Koushiro nur ein Seufzen zur Antwort. „Vielleicht...“ Er sagte nicht mehr, sondern sah zur Gardine.

Dankbarer Weise ging keine halbe Minute später die Tür auf und bewahrte Koushiro vor etwaigen weiteren Peinlichkeiten, als Mimi, Miyako und ihre Digimon hinein kamen. Die beiden Mädchen trugen ebenfalls Yukata des Badehauses, Mimi in grün, Miyako in hellblau.

„Takeru-kun hat gesagt, dass du ohnmächtig geworden bist“, fiel Mimi direkt wieder mit der Tür ins Haus und kam zum Bett hinüber. Dann blieb sie stehen. „Ich habe nicht gestört, oder?“

„Nein!“, sagte Koushiro hastig. „Und... Ja... Ich bin ein wenig überhitzt. Nichts schlimmes.“

Mimi ließ ein leises unterdrücktes Seufzen hören. Er wusste genau warum. „Na, was machst du nur wieder?“ Sie ging zum Bett hinüber und wie auch Taichi zuvor fühlte sie ihm die Stirn. „Na ja, habe schon schlimmeres erlebt“, meinte sie dann. „Das wird schon wieder.“

„Natürlich“, sagte er. „Es ist nichts schlimmes.“

„Nur ein kleiner Hitzekoller“, kommentierte Miyako scherzhaft. „Nichts dramatisches, hmm, Izzy-kun?“

Er ließ ein Grummeln hören. Sie hatte mit diesem albernen Spitznamen angefangen, seit sie in den USA lebte. Ein echt amerikanischer Spitzname, hatte sie gemeint. Er fand ihn albern, aber das stört Miyako mittlerweile genau so wenig, wie es Mimi wohl gestört hätte. Nun, zumindest nannte Mimi ihn nicht so. Noch nicht.

„Ärger ihn nicht“, meinte Hawkmon sanft. „Man sollte einen Kranken nicht auch noch belästigen.“

Miyako lachte leise. „Ja, ja...“ Sie hatte sich wirklich sehr verändert in den letzten zwei Jahren.

„Passt ihr auf ihn auf?“, fragte Taichi. „Ich würde mir gerne was anziehen.“

„Ausgesprochen gute Idee, Taichi“, meinte Mimi und klopfte ihm wohlwollend auf die nackte Schulter.

„Du musst aufpassen, dass du dich nicht erkältest“, stimmte auch Palmon zu.

„Wir sollen dir übrigens ausrichten, dass Hikari mit Takeru-kun nach Hause geht“, meinte Miyako beiläufig. „Sie sind schon gegangen.“ Sie warf Koushiro einen Blick zu. „Ich glaube, sie wollten nicht im Weg sein.“

Taichi nickte. „Danke.“ Dann zog er das Handtuch um seine Taille enger, um sicher zu gehen, es beim Aufstehen nicht zu verlieren. Mit dem so zurecht gerückten Lendenschurz stand er schließlich auf und drehte sich um. „Ich komme nachher wieder. Soll ich dir was zu trinken mitbringen, Koushiro?“

„Ja“, erwiderte Koushiro kleinlaut. „Danke.“

Damit ging Taichi, während Mimi ihm noch immer mit hochgezogener Augenbraue hinterher sah.

„Du hast nicht mit ihm gesprochen, oder?“, fragte sie.

„Nein“, erwiderte er. „Ich will darüber auch nicht sprechen. Bitte akzeptier' das, Mimi-san.“

Sie gab ein genervtes Seufzen von sich. „Bring es hinter dich. Du wirst dich nicht besser fühlen, wenn du es weiter vor dir herschiebst.“

Koushiro drehte ihnen den Rücken zu. Sie hatten das Gespräch nicht zum ersten Mal, aber er kam nicht drum herum zu hoffen, dass es das letzte Mal war. Konnte sie es nicht endlich akzeptieren? „Ich will darüber nicht sprechen.“

„Jetzt hab dich nicht so, Koushiro.“ Nun mischte sich auch Palmon ein. „Mimi will dir nur helfen.“

„Ich weiß“, erwiderte er. „Ich bin für die Bemühung auch Dankbar, aber ich empfinde es nicht als Hilfe.“ Er wusste, dass er viel ungehaltener klang, als er es beabsichtigte. Er tat Mimi unrecht, aber er wusste auch nicht, wie er sie sonst abwimmeln konnte.

Mimi meinte es gut. Aber sie konnte es einfach nicht verstehen, konnte nicht verstehen, wie es war, er zu sein. Er war halt nicht gut darin. In gar nichts davon. Und wenn er ehrlich war, hatte Taichi auch jemand anderen verdient. Jemand, der besser für ihn geeignet war.

„Glaub mir, wenn du es sagst, fühlst du dich besser“, meinte Mimi nun noch einmal sanft und wohlwollend.

Er gab ein genervtes Schnauben von sich und setzte sich auf. „Und was habe ich dann davon?“, fuhr er sie an. „Dann hält Taichi-san mich für einen... Einen...“ Er brach ab.

„Perversen?“, half Miyako ungehalten aus, als wüsste sie genau welches Wort ihm auf der Zunge lag.

„Miyako...“, murmelte Hawkmon und legte seinen Flügel auf ihr Bein, offenbar in Angst, dass sie ihn noch weiter anfahren würde, doch sie schwieg.

Er sah die beiden an. „Tut mir leid. So war das nicht gemeint. Aber Taichi... Ich meine, er mag Sora. Er mochte Sora schon immer... Er würde nie...“ Wieder merkte er, wie seine Wangen brannten. Er hasste es, darüber zu sprechen. Es fühlte sich so falsch an. Er hatte es sich doch nie ausgesucht.

„Taichi mochte Sora mal auf diese Art“, meinte Mimi. „Aber das ist Jahre her. Sora ist mit Yamato zusammen und das hat er akzeptiert.“ Sie verschränkte die Arme. „Weißt du, als ich Miyako damals ausgefragt habe, hatte sie erst zwei Tage vorher einen Korb von Ichijouji bekommen.“

„Aber bei dir ist es anders, Mimi-san“, murmelte Koushiro und wandte den Blick ab. „Du... Du kannst einfach sagen, was du denkst. Du machst dir keine Gedanken darüber, was andere von dir denken könnten. Aber das... Ich kann das nicht.“

„Mimi war damals auch nervös, weißt du?“, meinte Palmon. „Ich kann das bezeugen.“

Noch einmal seufzte Mimi. „Koushiro. Ich sage nicht, dass du so sein musst wie ich. Aber wenn du über deine Gefühle sprechen würdest... Na ja, ich sage nur, dass dich die Reaktionen vielleicht überraschen könnten.“

Er schwieg.

„Was könnte wen überraschen?“, fragte Agumon, als es zur Tür reinkam, während Tentomon ein nasses Handtuch trug.

Koushiro seufzte. „Nichts“, murmelte er unter dem tadelnden Blick Mimis.

 

Für einen tokyoter Winter war die Luft eisig. Es hätte Koushiro nicht einmal gewundert, hätte es angefangen zu schneien – aber das kam selten vor. In den Schaufenstern der wenigen Läden, die auf ihrem Weg zur Bushaltestelle lagen, an denen sie vorbei kamen, war Weihnachtsdeko ausgehängt und aus einigen offenen Türen hörten sie verschiedene Variationen von Jingle Bells.

Mittlerweile ging es ihm etwas besser. Er konnte laufen, ohne dass ihm der Kopf schwirrte, was mehr war, als er vor zwei Stunden hätte von sich sagen können. Doch er wusste jetzt schon, dass seine Mutter ihn zuhause überfürsorglich behandeln würde, aber dafür liebte er sie auch – selbst wenn es manchmal nervte.

Eine Sache hatte sich an seiner Situation jedoch nicht verbessert.

„Du musst mich nicht nach Hause bringen“, murmelte er, während er wohl weißlich eineinhalb Schritte hinter Taichi ging.

„Jetzt hab dich nicht so“, meinte der andere und drehte sich zu ihm um. Er grinste breit, wie er es so häufig machte. „Falls du es vergessen hast: Wir sind praktisch Nachbarn.“

Koushiro seufzte und sein Atem bildete eine Wolke vor seinem Gesicht. „Ich meine, du hättest nicht warten müssen.“

„Und wer hätte dann drauf aufgepasst, dass du nicht noch einmal ohnmächtig wirst?“, fragte Tentomon mit erhobener Kralle.

Missmutig warf Koushiro ihm einen Seitenblick zu. „Was ist mit dir?“

„Ach, ich weiß immer noch nicht, wie man einen Krankenwagen ruft“, verteidigte sich das Digimon schnell.

„Tolle Ausrede“, murmelte er so leise, dass Taichi es hoffentlich nicht hörte.

„Es ist doch keine große Sache“, meinte Taichi.

Agumon, das die ganze Zeit voran gewatschelt war, blieb stehen. „Also abgesehen davon, dass ich noch immer Hunger habe“, warf es beiläufig ein.

„Wir holen schon was, wenn wir umsteigen.“ Taichi lachte und strich dem Digimon über den Kopf. „Du wirst schon nicht verhungern.“

„Ja ja“, jammerte das Digimon.

„Sei nicht so, Agumon“, meinte Tentomon.

Das Reptil seufzte. „Ich weiß. Alles andere wäre... Nicht Taichi gewesen.“

„Eben“, bestätigte Tentomon.

Sie gingen in Schweigen weiter, bis sie die Bushaltestelle erreicht hatten.

Da das Badehaus in einem der Außenbezirke lag – etwas, worauf sie sich einließen, da das Bad zumindest Digimon zuließ, was sich über viele andere Badeanstalten nicht sagen ließ – war es am einfachsten, mit den Bus nach Shibuya zu fahren, von dort mit der U-Bahn nach Minato und dann nach Odaiba fahren. Normal aßen sie in Minato beim Lotteria noch Burger – sie waren in den letzten zwei Jahren häufiger her gekommen, seit Jyou es mit seinen Brüdern entdeckt hatte.

Obwohl es noch gar nicht so spät war, schien die Gegend um die Bushaltestelle, die unter einer Straßenlaterne lag und zumindest eine überdachte Sitzgelegenheit bot.

„Setz dich“, forderte Taichi ihn auf.

Darauf erwiderte Koushiro nichts, kam aber der Aufforderung nach. Er sah auf den Boden.

„Wie fühlst du dich?“, fragte Taichi vorsichtig.

„Es geht schon wieder“, antwortete Koushiro. „Die frische Luft tut gut.“

„Dir ist auch nicht kalt, oder?“ Anders als Koushiro, der nur eine warme Winterjacke mitgenommen hatte, trug Taichi zumindest einen Schal und auch einen Mantel.

„Ich weiß es nicht“, erwiderte Koushiro. Er wusste recht genau, dass es üblich war, dass man nach einem Hitzeschlag ein gestörtes Temperaturempfinden hatte. „Aber selbst wenn... Etwas abkühlung tut mir sicher nicht schlecht.“

Nun war es Taichi, der ein Seufzen hören ließ. Er trat vor Koushiro und bevor dieser wusste, wie ihm geschah, legte Taichi seinen Schal um Koushiros Hals. „Du solltest dich nicht am selben Tag überhitzen und dann unterkühlen“, meinte er mit sanftem Lächeln. „Du zitterst.“

„Ich...“, murmelte Koushiro, als ihm bewusst wurde, dass seine Hände wirklich zitterten. Er errötete. „Danke.“

„Sora hat mir den Schal einmal geschenkt“, meinte Taichi.

„Hmm?“ Koushiro sah ihn an. Dann hob er ein Ende des Schals und sah ihn an. Der Schal sah selbstgestrickt aus, war aus grober hell beiger Wolle. Natürlich würde Taichi ihn behalten... Er seufzte. Er hatte es doch gewusst.

„Wenn du willst, kannst du ihn behalten“, meinte Taichi dann.

„Was?“ Verwirrt sah Koushiro ihn an. „Ich meine... Sora-san...“ Er suchte nach Worten.

„Wäre Sora-san dann nicht sauer?“, fragte Agumon.

Tentomon gab ein genervtes Summen von sich und landete neben Agumon. „Darum geht es hier gar nicht.“

„Was?“ Agumon sah es verwirrt an, als Tentomon es etwas abdränkte.

„Lass uns mal ein wenig dahinten hingehen“, meinte es, während Agumon sich nur verwirrt zu seinem Partner umsah.

„Aber warum denn?“

„Mach einfach.“

Noch einmal seufzte Koushiro. „Agumon hat Recht... Willst du wirklich, dass Sora-san sauer auf dich ist?“

Taichi zuckte mit den Schultern, lächelte ihn aber an. „Natürlich nicht. Aber... Weißt du, Sora ist für mich nur eine Freundin.“

Koushiro hielt inne. Warum sagte er ihm das? „W-was...?“

Für einige Sekunden sah Taichi ihn schweigend an, bis Koushiro den Blick senkte. Dann fuhr er aber fort. „Es tut mir leid“, meinte er. „Ich habe vorhin gehört, was Mimi gesagt hat. Und... Na ja... Das, was du nicht sagen willst...“

„Vergiss es einfach“, murmelte Koushiro ohne ihn anzusehen.

„Koushiro“, meinte Taichi. „Was ich sagen will ist... Mimi hat Recht.“

Das konnte nicht sein. Das konnte nicht sein, was er sagte. Koushiro wollte es nicht glauben – es musste ihn falsch verstehen. „Womit?“, fragte er mit zittriger Stimme und zwang sich Taichi anzusehen.

„Mit dem, was sie gesagt hat“, erwiderte dieser mit einem verlegenen Lächeln. „Du wärst vielleicht über Antworten überrascht.“

Koushiro starrte ihn an. Zu spät merkte er, dass sein Mund offen stand. Taichi konnte nicht meinen, was er glaubte das er meinte. „Taichi-san...“, murmelte er ganz langsam. Er wusste nicht wirklich, was er sagen sollte. Er konnte es nicht einfach sagen, oder? „Ich...“ Er setzte noch einmal an. „Ich...“ Nein, er konnte es einfach nicht sagen.

Taichi lächelte, beugte sich hinunter, strich sein Haar zur Seite und küsste ihn auf die Stirn. „Schon gut, Koushiro. Ich versteh schon.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Falls es jemanden interessiert, so möchte ich noch auf meine beiden anderen Geschichten, die ich für den Adventskalender geschrieben habe, aufmerksam machen. Zum einen [EN]counters, das ebenfalls für's 19. Türchen geschrieben wurde und ebenso das Thema Saunatag hat. Zum anderen Eisbären und Kakao, mein Jokerbeitrag für das zweite Türchen. ;)

Davon abgesehen wünsche ich noch besinnliche Feiertage. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  CharleyQueens
2017-04-13T07:29:49+00:00 13.04.2017 09:29
Und da bin ich wieder ^^ Ich mag, wie IC du Koushiro dargestellt hast. Seine Schüchternheit und Nervosität gegenüber Taichi und wie alle anderen um ihn herum versuchen, ihn aufzumuntern. Gerade Mimi und Miyako haben mir sehr gefallen. Man merkt wie eng die drei miteinander befreundet sind. Aber auch Agumom, dass einfach nichts checkt, war goldig. Eine süße FF, die ich wirklich gerne gelesen habe ^_^
LG, Queenie
Von:  Votani
2016-12-28T18:01:13+00:00 28.12.2016 19:01
Ich hab noch nie eine Taichi/Koushiro FF gelesen. Ich shippe sie auch eigentlich nicht, aber der kleine OS hat mir wirklich gefallen. Er war verdammt niedlich. Du hast die Charaktere unheimlich gut getroffen. Da kann man glatt froh sein, dass Taichi die Unterhaltung zwischen Mimi und Koushiro ueberhoert hat. Kann ja nicht sein, dass Koushiro sich weiter so quaelt. :) Auch die Digimon fand ich klasse eingebaut. Tentomon weiss eben, wann Koushiro etwas Privatsphaere braucht, waehrend Agumon mal wieder gar nichts checkt. Das einzige, was mich zwischenzeitlich verwirrt hat, war Takeru. Anfangs wusste Koushiro nicht, wo er ist, aber dann weiss Mimi von ihm, dass Koushiro ohnmaechtig geworden ist und ist dann mit Hikari gegangen. War er die ganze Zeit auch im Badehaus? Vielleicht hab ich das auch ueberlesen, bin ich mir nicht sicher. Jedenfalls ist die Geschichte sehr suess und hat das Ship echt in einem realistischen Licht dargestellt, gefaellt mir!
Antwort von:  Alaiya
28.12.2016 22:59
Danke für deinen Kommentar :3
Taishiro ist leider ein Pairing, dass im westlichen Fandom praktisch gar nicht vorkommt (was ich immer noch seltsam finde), aber im japanischen relativ stark geshippt wird. Bin auch erst durch die Japaner draufgekommen, da ich mal über einen Doujin gestolpert bin und diesen dann doch sehr niedlich fand. :)
Mir persönlich macht es immer Spaß, die Digimon in diesen Situationen mit einzubinden. Sie sind eben ein Teil der Kinder mit. :3
Was Takeru angeht:
> Erst jetzt fiel ihm auf, dass auch Taichi, Agumon, Takeru und Patamon nahebei standen und besorgt aussahen.
Er und Hikari waren die ganze Zeit dabei. :3 Also bis sie gegangen sind, um nicht im Weg zu sein.
Von:  Finvara
2016-12-24T09:44:05+00:00 24.12.2016 10:44
Awww~ wie niedlich!
Ich bin gerade nicht in der Lage einen konstruktiven Kommentar zu verfassen. Das Pairing hat mich gerade echt gecatcht. Weil die beiden so IC sind. Izzy verhält sich, wie er sich verhalten würde. So schüchtern, unsicher. Außerdem scheint er eng mit Mimi befreundet zu sei, sonst hätte er es ihr ja nicht erzählt.... oder hat sie es ihm schlicht agesehen? Dazu würde ich gerne etwas lesen. Generell freu ich mich über Mimi. Und die Digimon, die du herrlich gut getroffen hast. Gerade Tentomo hat mir sehr gut gefallen mit seinem Einfühlungsvermögen.
Beim Lesen sind mir zwei Dige aufgefallen, über die ich gestolpert bin.
>>Jemand, der besser für sie geeignet war.
Jemand, der besser für ihn geeiget war?
 
>>Für einen tokyoter Winter, war die Luft eisig.
Und ich glaube, dass da kein Komma hingehört.
 
Ansonsten einfach nur Top. Sehr zuckrig, schön zum lesen!
Und jetzt ist der Kommentar doch ein bisschen Konstruktiv geworden... hoffe ich.
Antwort von:  Alaiya
24.12.2016 10:55
Danke für den Kommentar :D

Ja, bei mir im Headcanon ist Koushiro weiter sehr eng mit Mimi befreundet - nur haben die beiden nie ein romantisches Interesse aneinander gehabt. Mimi ist eher so etwas wie eine Schwester für ihn und Miyako ist eine der wenigen Personen, die "seine Sprache" spricht. Allerdings hat er ihr es wohl auch nicht gesagt - nicht direkt - sie hat es ihm mehr aus der Nase heraus gezogen. xD" Hmm, vielleicht schreibe ich wirklich mal etwas dazu ;)
Und danke wegen der Digimon. Darum bemühe ich mich immer. Ich mag es halt doch sehr gern, wenn man solche Situationen mit Digimon hat :D

Ich korrigiere mal besser die Fehler ^^" Habe wohl heute morgen beim noch mal drübergehen die beiden übersehen.

Danke jedenfalls für den Kommentar :D
Von:  _Delacroix_
2016-12-24T09:39:14+00:00 24.12.2016 10:39
Okay, ich glaub das ist tatsächlich das erste Mal, dass ich Shonen Ai bei dir gelesen hab. Ist aber süß geworden, deine zweite Bonustür und die Sauna hast du wirklich gut mit eingebaut. Hätte ich nicht unbedingt gedacht, dass die so Digimonkompatibel ist.^^
 
Apropos Digimon, die mochte ich auch. 
Besonders Agumon, das bis zuletzt so herrlich planlos war.
Antwort von:  Alaiya
24.12.2016 10:44
Danke für den Kommentar <3

Das mit der Sauna ist wie gesagt an den zweiten tri. Film angelehnt, wo die "Kids" im Badehaus sind und wir Taito Fanservice in der Sauna bekommen. Kann ich auch anders. Muhaha. So mit Pairs, die ich tatsächlich mag xD"

Und ja. Das ist mein Headcanon mit Agumon. Es schnallt sowas nicht. Egal wie oft man es ihm erklärt.


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