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Black X'Mas Again

Yamaki/Reika
von

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Weihnachtsüberraschung

Das Restaurant war voll. Wen wunderte es. Es war der 24. Dezember, Weihnachten, und damit der perfekte Tag für ein Date. Selbst Mitsuo hatte sich dazu durchgerungen, auch wenn er die Wahl des Restaurants bereute, während er aus dem Fenster sah.

Das Metropolitan Government Building stand genau auf der anderen Seite der Straßenschlucht. Sie waren auf Höhe mit der Spitze der beiden Türme.

Natürlich war es auch Reika aufgefallen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie seinem Blick aus dem Fenster folgte. „Du kannst die Arbeit auch wirklich nie sein lassen, oder?“

Mitsuo sah sie an. Er unterdrückte ein Seufzen. „Ich habe darüber nicht nachgedacht, als ich reserviert habe.“ Das hatte er wirklich nicht. Tao hatte ihm das Restaurant empfohlen. Nicht das es eine Empfehlung brauchte. Das Girandole war japanweit bekannt. Es hatte schon Auftritte in verschiedensten Filmen, Serien, Talkshows, Anime und Manga gehabt. Es war einer dieser Orte, der in solchen fiktionalen Werken beinahe gleichbedeutend mit einem romantischen Abend zu zweit war.

Es war ein Klischee und ein wenig ärgerte es Mitsuo, doch dann wiederum konnte er es sich leisten. Und er glaubte – hoffte – dass Reika es zu schätzen wusste.

Wenn hier Filme gedreht wurden, standen die Tische viel weiter auseinander, als es in der Realität der Fall war. Wenn ein Film hier spielte, war das Paar, um das es dann fast immer ging, praktisch allein. In der Realität, vor allem am 24. Dezember, war es jedoch nicht so. Stattdessen standen die Tische nur gerade weit genug voneinander entfern, um nicht gedrängt zu wirken, und jeder einzelne von ihnen war besetzt. Mitsuo hatte vor über einem Monat reserviert.

„Du bist wieder angespannt“, stellte Reika fest. Sie sprach das „du“, wie so oft, auf diese liebevolle, aber auch etwas neckende Art, aus. Ihre Hand griff über den Tisch nach seiner, hielt diese kurz, ehe sie sie zurückzog. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.

Mitsuo schwieg. Er wusste nie, was er auf so etwas sagen sollte.

Natürlich verstand Reika es genau. Sie verdrehte leicht die Augen und setzte an, etwas zu sagen, als ein Kellner zu ihnen hinüberkam.

„Entschuldigen Sie bitte, dass sie warten mussten“, meinte er. „Wie sie sehen können, sind wir gut besucht.“

Mitsuo zwang sich zu einem steifen Lächeln. „Sicher. Kein Problem.“

Der Kellner war ein Mann um die 30, dessen Züge nicht vollkommen japanisch wirkten. Er trug dieselbe Uniform, wie alle anderen Kellner hier. Ein weißes Tuch hing über seinem Arm, in dem er auch zwei ledergebundene Menüs hielt. „Hier, die Karte.“ Er reichte ihnen die Menüs. „Darf es schon etwas zu trinken sein?“

„Eine Flasche Rotwein, bitte“, erwiderte Mitsuo. „Zwei Gläser.“

„Nur ein Glas“, warf Reika ein. „Bringen Sie mir doch bitte ein Zitronenwasser.“

Kurz wanderte der Blick des Kellners von Mitsuo zu Reika. Dann nickte er. „Sehr wohl.“ Er deutete eine Verbeugung an und machte sich dann wieder auf den Weg aus dem Speisebereich heraus.

Mitsuo warf Reika einen Blick zu. „Kein Wein?“ Normal trank sie zu gutem Essen immer Rotwein.

„Nein, heute einmal nicht“, erwiderte sie und lächelte. Sie lehnte auf ihrem Stuhl, ihre Hände lagen auf dem Tisch.

Mitsuo fiel auf, dass sie immer wieder mit dem Finger ihrer rechten Hand wippte. War sie nervös? Er war nicht gut darin, Menschen zu lesen. Selbst sie nicht. „Es ist alles in Ordnung, oder?“, fragte er vorsichtig.

„Ja, ist es.“ Wieder lächelte sie.

Er nickte. Was sollte er auch sonst tun. Er musterte seine Frau. Wie immer, wenn sie ausgingen, trug sie ein dunkles Kleid. Die Jacke, die sie dazu getragen hatte, hatte sie an der Garderobe abgegeben.

„Na, was meinst du?“, fragte sie schließlich. „Glaubst du, wir werden wieder unterbrochen?“ Ihr Blick glitt zum Fenster und zum Metropolitan hinaus.

„Ich hoffe nicht“, murmelte er. Sie spielte auf den Vorfall letztes Jahr an, als ein Wildes, das vielleicht, vielleicht aber auch nicht existiert hatte, für einige Verwirrung gesorgt hatte und sie während ihres Dates unterbrochen hatte. Beinahe hatte er bereut, dass sie die Digimon in die reale Welt zurückgelassen hatten.

Reika kicherte leise. „Ach, wenn es keine Probleme gibt, werden Sie uns schon nicht rufen.“

„Bei Yagata bin ich mir nicht sicher.“ Der junge Mann, der die Nachtschicht hatte, war neu und relativ unerfahren. Es wäre ihm weit lieber gewesen, jemanden wie Megumi in der Zentrale zu wissen. Jemand mit Erfahrung.

„Ach, er weiß mehr, als du ihm zutraust“, erwiderte Reika. Wieder griff sie nach seiner Hand. „Entspann dich.“

Er sah zu ihr. Nun konnte er sich das Seufzen nicht verkneifen. „Ja.“ Sein Blick glitt schon wieder auf den Tisch. Der Ring an ihrem Finger brachte ihn zumindest für einen Moment zum Lächeln.

Er kam sich unzulänglich vor, wenn er sah, wie Tao mit seiner Frau und seinen Kindern umging. Herzlich. Es war untypisch für einen Japaner, doch Tao war ein Chinese. Ein Chinese noch dazu, der lange Zeit in den USA gelebt hatte. Nein, ganz so wollte Mitsuo nicht sein. Doch manchmal wünschte er sich, es würde ihm leichter fallen mit Reika zu sprechen.

Wie schaffte sie es nur nicht von ihm genervt zu sein?

Dann wiederum ermahnte sie ihn oft genug. Meist jedoch wegen seiner Stimmung – und wenn sich zu viele Zigarettenstümmel und leere Kaffeetassen auf dem Wohnzimmertisch ansammelten.

„Worüber denkst du nach?“, fragte Reika. Dieselbe Frage, die sie so oft stellte, wenn sie ein Gespräch beginnen wollte.

Er räusperte sich ungeschickt. „Nichts, nur …“ Er fasste sich. „Ich hatte an Tao gedacht. Er ist mit seiner Familie doch in China.“

„Shanghai, nicht?“

„Ja, ich glaube schon“, erwiderte er.

Reika sah aus dem Fenster. „Ich würde ja auch gerne einmal wieder in den Urlaub. Wir könnten einmal wieder Ski-Fahren gehen. Irgendwo, wo es schneit.“

Mitsuo erinnerte sich noch zu gut an den letzten derartigen Urlaub. Er hatte sich zum Narren gemacht. Er war allgemein nicht gut darin, „Urlaub zu machen“. Sein Kopf hing doch immer wieder bei Hypnos und der SIGINT-Operation. Aber wenn schon bevorzugte er einen Urlaub, bei dem er sich nicht sportlich betätigen musste. Er hatte zwei linke Beine, wie sein Vater immer gesagt hatte. „Ich würde einen Urlaub in Shanghai bevorzugend.“

Ein wissendes Lächeln machte sich auf Reikas Gesicht breit. „Ja, wahrscheinlich.“ Sie seufzte. „Na ja, wahrscheinlich ist für mich Skiurlaub auch so schnell nicht drin.“

Überrascht sah Mitsuo sie an, war es doch ein glatter Widerspruch zu dem, was sie eben noch gesagt hatte. „Ach so?“

Reika räusperte sich. „Ja.“ Sie lächelte ihn an, ließ ihren Blick dann aber wieder zum Fenster gleiten.

Der Kellner kam mit einem Tablett, samt leerem Weinglas, der Flasche Rotwein und dem schmalen Glas Zitronenwasser, an dessen Rand eine Zitronenscheibe hing. „Bitte sehr.“ Schwungvoll setzte er die beiden Gläser auf den Tisch. „Die Dame“, sagte er beim Zitronen Wasser. „Der Herr.“ Er setzte das Weinglas ab. Dann öffnete er die Flasche und goss Mitsuo ein. „Haben Sie sich schon für etwas zu Essen entschieden?“

„Nein“, erwiderte Mitsuo, der seine Speisekarte bisher nicht geöffnet hatte. Nicht, dass es darin viel zu sehen gäbe. Er öffnete sie und fand eine Auswahl von vier Menüs. Zwei mit Fleisch, eins mit Fisch und eins Vegetarisch. Allesamt mit einem gewaschenen Preis.

Aber was hatte er erwartet. So ähnlich war es doch in den meisten teuren Restaurants.

Auch Reika öffnete ihre Karte und überflog die vier Menüs. „Menü 3 bitte für mich.“

„Sehr gerne.“ Der Kellner notierte es sich nicht. Wahrscheinlich merkte er es sich. Dann wandte er sich Mitsuo zu.

Eigentlich war es ihm egal. „Geben Sie mir Menü 1.“

Der Kellner nickte. „Natürlich. Es kann etwas dauern bis die Hauptspeise kommt, aber ich werde Ihnen die Suppe gleich bringen.“

„Kein Problem“, meinte Reika. Sie lächelte und nickte ihm zu.

Damit ging der Kellner wieder.

Mitsuo nickte am Wein. Es war ein trockener Merlot.

„Wie ist der Wein?“ Reika sah ihn über ihr Zitronenwasser hinweg an.

„Gut.“ Seine Stimme war vielleicht etwas zu matt. „Bist du dir sicher, dass du keinen willst. Ich kann die Flasche doch kaum selbst leeren.“

Reika lächelte. „Ja. Erst einmal keinen Alkohol für mich.“

Mitsuo musterte sie. „Ist wirklich alles okay?“

Sie nickte. Wieder griff sie nach seiner Hand und hielt sie. „Ja, es ist alles bestens.“ Sie seufzte. Kurz leckte sie sich über die Lippen, dann seufzte sie noch einmal. „Liebling.“ Sie brach ab. „Mitsuo.“ Ihr Blick suchte den seinen.

Was war los? Selbst ihm war klar, dass es etwas ernstes war, was sie ansprechen wollte. Er runzelte die Stirn. Hatte er einen Fehler gemacht? „Ja?“, fragte er vorsichtig.

Noch ein Seufzen. Normaler Weise seufzte sie nicht so häufig. Dann musterte sie ihn. „Ich hatte mit dir wegen etwas sprechen wollen.“ Sie zögerte kurz. „Die Sache ist …“ Sie schüttelte den Kopf. „Ach, ich hätte früher mit dir darüber reden sollen.“ Sie sah ihm in die Augen. „Ich bin schwanger, Mitsuo.“

Für einen Moment kam er nicht umher, sie anzustarren. Er konnte die vielen Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen, nicht in Worte fassen. Eventuell hing ihm auch der Mund für einen Moment offen. Er starrte. Nur langsam ordneten sich seine Gedanken. Einer der ersten klaren Gedanken, die ihm kamen, war die Frage, ob er sie richtig verstanden hatte.

Er brauchte, um Worte zu formen. „Schwanger?“ Er erinnerte sich daran, den Mund wieder zu schließen.

Reika nickte. „Ja. Ich …“ Sie seufzte. „Ich habe es schon vor zwei Wochen erfahren.“

Es war nicht so, als hätten sie darüber nicht geredet. Sie waren verheiratet. Natürlich hatten sie darüber geredet. Nur hatten sie sich auch geeinigt, dass sie es nicht eilig hatten. Gut, ja, es war immer eine Option gewesen, doch sie hatten es nicht geplant. Mitsuo versuchte sich vorzustellen ein Vater zu sein und er konnte es nicht. Es war nicht so, als würde ihn der Gedanke erschrecken oder abschrecken. Nur so wirklich konnte er es sich nicht vorstellen.

Er wäre ein so schlechter Vater.

„Es tut mir leid, dass ich es dir nicht vorher erzählt habe“, meinte Reika. Sie hob ihr Glas, nippte daran. „Bist du sauer?“

Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Dann öffnete er ihn erneut. Er sollte etwas sagen. „Sauer?“ Es brachte nichts ihre Worte zu wiederholen. „Nein.“ Was sollte er sonst sagen? „Ich bin nicht sauer.“ Zumindest war das ein ganzer Satz. „Nur überrascht.“

„Das habe ich mir gedacht.“ Ein mattes, nervöses Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus.

„Ja.“ Oh, was konnte er sagen? Schließlich kam er nicht umher. „Wann?“ Das war wohl die einzige vernünftige Frage.

„Anfang Juli wahrscheinlich“, erwiderte Reika.

Mitsuo nickte. Noch immer plagte ihn der Gedanke, den er nun leise aussprach: „Ich wäre ein furchtbarer Vater.“

Reika drückte seine Hand. „Das werden wir dann sehen, oder?“

Er sah sie an. Er verstand die Frage, die in diesem „oder“ mitklang. Er sah zu seiner Frau und nickte dann matt. „Wir brauchen eine andere Wohnung“, murmelte er schließlich und zwang sich zu einem matten Lächeln.

„Und du kannst nicht mehr rauchen, wenn ich im Zimmer bin“, erwiderte sie.

Mitsuo nickte. „Ja.“ Er holte tief Luft und sah sie an. Damit hatte er nicht gerechnet, jedenfalls jetzt nicht.

Schritte kamen näher, dann stand der Kellner samt Tablett und Suppentellern neben ihnen. „Die Vorspeisen.“ Er stellte die Teller ab. „Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“

Mühsam besann Mitsuo sich. Er sah den Keller an, nickte. „Ja, alles bestens.“ Sein Lächeln war steif, matt, müde. Er nickte und wartete darauf, dass der Kellner ging.

„Die Hauptspeise braucht noch etwas“, meinte der Kellner.

„Ja.“ Mitsuo nickte.

„Guten Appetit.“

Ein weiteres Nicken. Dann ging der Kellner.

Dann sah er zu Reika. „Ich werde ein furchtbarer Vater sein.“

Seine Frau jedoch lächelte. Noch einmal drückte sie seine Hand. „Das denke ich nicht.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: irish_shamrock
2017-12-17T19:53:39+00:00 17.12.2017 20:53
Hallo Alaiya,

ich muss gestehen, dass ich die beiden Protagonisten erst einmal googlen musste, weil ich sie, nach all den Jahren der Digimon-Abstinenz, nicht mehr so auf dem Schirm hatte. (ehrlich gesagt war bei mir nach "Frontier" Schluss, obwohl ich die alten Folgen und die Anfänge (!) sehr gern geschaut habe)
Großes Lob für die Assoziation des Adventskalenderthemas und des Charaktersongs bezüglich! Es wird der Geschichte ja schon auf den Leib geschrieben und dir blieb da bestimmt nicht einmal die Wahl, es anders zumachen, oder? :')
Die Situation im Restaurant ist wirklich schön dargestellt. Natürlich ist es anders, als im Film. Und natürlich sind Restaurants, Cafés ect.pp heillos überlaufen, gerade an Weihnachten und darüber hinaus.
Obschon es sich ja eher um die Antagonisten handelt, hast du sie in recht reale Umstände gezwängt. Mit Schwächen. Was sehr schön ins Geschehen passt.
Ich freue mich einfach mal für und mit Reika, auch wenn sie ihren Göttergatten mächtig kalt erwischt hat ^^ ...

Ein netter, kleiner Einblick ...
Und es hat Spaß gemacht, die Geschichte zu lesen.

Liebe Grüße,
irish C:

Antwort von:  Alaiya
17.12.2017 23:16
Hallo irish_shamrock,

Vielen Dank für deinen Kommentar :)

Yamaki war schon immer einer meiner absoluten Favoriten in Digimon Tamers (bzw. Digimon allgemein). Mag eventuell auch daran liegen, dass er der Favorit des Autors war, der bis heute in diversen Foren und auf Twitter Yamaki als Avatar nutzt. 😋

Ja, das Thema hat irgendwie geradezu danach geschrien, dass ich mir Yamaki vornehme. 😋 Ich hatte erst überlegt, ob ich direkt was zum Charaktersong mache, aber das passte nicht so ganz Timelinetechnisch, also habe ich überlegt und bin bei zwei Jahre später gelandet und einer ähnlichen Situation, wie die, die im Charaktersong beschrieben wird. (Also das Date zum Weihnachtsabend.) Und da in meiner Headcanon-Timeline Reika im dann kommenden Jahr das Kind bekommt, war es einfach zu passend. Ich hatte ohnehin immer etwas zu der Szene schreiben wollen. (Und ich komme so selten dazu die "Ich bin schwanger"-Momente aus der männlichen Sicht zu fassen. XD)

Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat!


Winterliche Grüße
Alaiya


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