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Existenzbericht

von

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Kapitel 2: Warte!


 

Vor Leas Augen erstreckte sich ein schneebedecktes Tal, in dem ein blendend weißes Labyrinth die Landschaft dominierte. Verschlungene Wege führten an eisigen Wänden entlang, bis zu einem hochaufragenden Turm, der die Mitte markierte. Ganz weit oben entdeckte Lea ein helles Blitzen, das sich regelmäßig wiederholte. Sie benötigte nicht erst Sergeys Einschätzung, um ahnen zu können, dass die störenden Signale, die das neue Gebiet erschaffen hatten und aufrecht erhielten, von dort kamen.

Von ihrer erhöhten Lage sah es gar nicht kompliziert aus, diesen Turm zu erreichen, besonders wenn sie sich vorstellte, diesen Fixpunkt selbst im Labyrinth stets im Auge behalten zu können.

Sie fühlte sich bereit für das Kommende, deswegen wandte sie sich an ihre Begleiter – oder zumindest an die leeren Stellen, wo die beiden hätten stehen sollen. Sie riss die Augen auf, während sie sich im Kreis drehte und dabei mehrmals umsah. »Warte! Warte!«

Niemand antwortete auf ihre Rufe.

Waren sie in der Höhle zurückgeblieben?

Sie drehte sich um, ging auf die Öffnung zu – und lief geradewegs gegen den Fels. Sie stieß einen lautlosen Schmerzenslaut aus und wich zurück. Noch immer sah sie den schwarzen Eingang vor sich, doch auch als sie mit der Hand danach griff, berührte sie lediglich schroffe Felsen, die sie nicht sehen konnte. Es gab also kein Zurück, keine Möglichkeit, herauszufinden, was mit den anderen beiden geschehen war. Sie öffnete ihre Karte – oder versuchte es zumindest, denn diese weigerte sich beharrlich, was ihr damit auch die Möglichkeit zur Teleportation nahm. In anderen Worten: Sie war hier gefangen.

Sie seufzte leise, frustriert, ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Warte?«

War sie doch geradewegs wieder in eine Falle gelaufen? Hatte sie sich zu sicher gefühlt? War doch noch jemand hinter ihr her, obwohl es dafür keinen Grund mehr gab?

Sergey unterbrach sie in ihren Gedanken: »Keine Sorge.«

Hastig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, dann betrachtete sie sein Fenster. Er lächelte zuversichtlich. »Buggy und Apollo sind ebenfalls hier. Anscheinend sind die beiden nur zu einer anderen Stelle transportiert worden.«

»Warum?«

»Das … weiß ich auch nicht. Aber ich gehe davon aus, dass ihr euch spätestens am Turm wiedertreffen werdet. Jedenfalls scheinen mehrere Wege im Labyrinth dort hinzuführen, und die beiden sind an einem passenden Eingang.«

Lea runzelte die Stirn. Also müsste sie sich allein durch diesen eisigen Irrgarten schlagen, während Apollo und Buggy zusammen unterwegs waren. Wenigstens müsste sie sich dann keine Sorgen machen, dass einer der beiden einen Fehler machte, sie hielten sich bestimmt gegenseitig in Schach.

»Ich werde aufpassen, dass keinem von euch etwas passiert«, versprach Sergey. »Denn ehrlich gesagt habe ich ein ungutes Gefühl bei diesem Labyrinth.«

Ein solches wie hier hatte sie noch nie gesehen, sie kannte lediglich die Dungeons des Spiels, die man nicht zwingend als Labyrinth bezeichnen konnte, dafür waren sie oft zu geradlinig, dafür aber mit Rätseln gefüllt. Deswegen verstand sie nicht, was Sergeys Problem war.

»Warum?«, fragte sie.

»In manchen Labyrinthen dieser Art gibt es oft ein großes Monster – oder tödliche Fallen.«

Ersteres war kein Problem für sie, letzteres schon eher. Ihr wurde eiskalt, während sie Sergey fassungslos anstarrte.

Er winkte sofort ab. »Oh, für dich dürfte es in Ordnung sein. Denk daran, du bist ein Avatar, normalerweise solltest du einfach respawnen, wenn etwas geschieht.«

Aber was war in ihrem Leben schon normal? Deswegen wollten seine Worte ihr keinen rechten Trost spenden. Doch wenn es ihr nicht möglich war, umzukehren, blieb ihr auch nichts anderes übrig, als einfach weiterzugehen und das Labyrinth zu erkunden.

Sie nickte also.

»Gut.« Sergey sah kurz zur Seite, als betrachte er etwas auf einem anderen Bildschirm. »Während du zum Eingang gehst, werde ich Apollo und Buggy kontaktieren, in Ordnung?«

Das gefiel ihr schon wesentlich besser. Sie nickte lächelnd.

»Dann tun wir beide unser Bestes«, sagte er. »Bis gleich.«

Sein Fenster verschwand wieder und ließ Lea allein zurück.

Sie sah nach unten. Da sie auf einer hohen Klippe stand und nicht einmal der Boden unter den hohen Tannen zu erkennen war, konnte sie nicht einfach hinunterspringen; vermutlich würde sie hier oben einfach respawnen. Deswegen wandte sie sich zur Seite und folgte dem Weg, auch wenn das bedeutete, dass es länger dauerte, bis sie am Eingang war. Doch bis dahin hatte Sergey hoffentlich Kontakt zu Apollo und Buggy aufgenommen und konnte ihr gute Nachrichten bringen. Mit diesem Gedanken schienen ihre Schritte nur umso leichter zu werden, während sie sich dem Eislabyrinth näherte.

 

»Also, Graskopf, ist es wirklich wahr, dass die Kleine dich dreimal in einem Duell besiegt hat?«

Apollo würdigte diese Frage nicht einmal mit einer Antwort. Stattdessen sah er stur geradeaus, ganz darauf konzentriert, dem schmalen Weg zum Irrgarten zu folgen.

»Mann, du redest wohl nicht gern, was?«

»Jedenfalls nicht über so etwas«, erwiderte Apollo endlich.

»Okay, dann wechsel ich das Thema.« Buggy blickte für einen Moment in den Himmel, wo die unterschiedlichsten Farbtöne flimmerten als wäre eine Grafikkarte kurzerhand durchgeschmort. »Wo ist eigentlich dein großer Freund? Hat der heute keine Zeit?«

Apollo rümpfte die Nase. »Joern ist beschäftigt, das kommt manchmal vor.«

»Und dann spielst du allein?«

»Du spielst doch auch allein, oder? Was macht das so verwunderlich?«

Buggy lachte. »Ich erzähle mir meine Witze auch gern selbst, aber du wirkst nicht wie jemand, der nur für sich selbst seine Reden schwingt.«

Apollo schenkte ihm einen genervten Seitenblick. »Ich schwinge keine Reden. Ich tauche nur in die Spielwelt ein. Solltest du auch einmal versuchen, Triblader.«

»Nah, das hört sich eher langweilig an.«

Ehe Apollo ihm darauf etwas erwidern konnte (vermutlich in der Art, dass es mit dieser Einstellung seltsam sei, sich in einer Gilde zu befinden, die dafür gedacht war, die Lore des Spiels besser zu durchschauen), öffnete sich plötzlich Sergeys Fenster vor ihnen. Sie hielten beide sofort inne.

»Es scheint euch gutzugehen«, kommentierte Sergey, »wenn ihr euch so streiten könnt.«

»Das war doch kein Streit«, sagte Buggy. »Wir haben uns nur unterhalten.«

Sergeys gerunzelte Stirn verriet seinen Zweifel, doch er sagte nichts mehr dazu. Schon deswegen, weil Apollo das Wort ergriff: »Wo ist Spheromancer Lea?«

»Sie ist auch in diesem Gebiet, nur an einem anderen Eingang.«

»Wie konnten wir getrennt werden?«, fragte Apollo weiter.

»Da bin ich mir nicht sicher.« Sergey seufzte. »Möglicherweise war nur ein Befehl fehlerhaft, in diesem instabilen Gebiet kann man sich da nicht sicher sein. Wichtig ist nur, dass es euch allen gut geht. Außerdem bin ich sicher, dass ihr euch am Turm in der Mitte wieder treffen könnt.«

Buggy und Apollo sahen zu dem Gebäude hinüber. Sie waren nicht mehr weit vom Eingang des Labyrinths entfernt, also dürfte es auch nicht lange dauern, bis sie Lea wiedersahen.

»Werdet ihr mit diesem Irrgarten allein fertig?«

Apollo nickte. Buggy tat es ihm nach und schmunzelte dabei. »Wir können doch einfach dem Turm folgen, wenn wir erst mal drin sind. Notfalls klettern wir über die Wände.«

»So funktioniert das aber nicht«, sagte Apollo empört. »Du musst dich an die Regeln halten.«

»In einem Gebiet, das es gar nicht geben dürfte?«

Sergey schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Währenddessen diskutierten die beiden bereits darüber, ob in einem solchen Areal cheaten erlaubt sein konnte oder nicht.

»Jedenfalls«, unterbrach Sergey die beiden, »kehre ich dann mal zu Lea zurück. Versucht einfach, keine Schwierigkeiten zu machen, okay?«

Buggy salutierte spöttisch. »Verstanden, Boss.«

Apollo rollte mit den Augen. Sergey deutete ein Kopfschütteln an. »Bis später.«

Sein Fenster verschwand wieder, als könne er es gar nicht erwarten, von hier fortzukommen. Das war unbegreiflich für Buggy, der sich köstlich amüsierte. »Also, Graskopf, was denkst du, in welche Richtung biegen die meisten Leute zuerst in einem Labyrinth ab?«

Er sah auf die Stelle, wo Apollo gerade noch gestanden hatte, nur um festzustellen, dass er nicht mehr dort war. Tatsächlich war er schon weitergegangen, ohne Rücksicht auf ihn. Wie unhöflich!

Buggy setzte ihm mit großen Schritten nach. »Hey, jetzt warte doch mal!«

Doch Apollo lief immer weiter, er sah nicht einmal zu ihm zurück oder wurde auch nur ein bisschen langsamer.

»Ach, Junge, du bist echt eine Spaßbremse – also tritt doch einmal auf deine Bremse, nyahahaha!«

Ganz sicher war Buggy sich nicht, doch Apollo schien sogar noch schneller zu werden. Darum machte er sich aber auch keine weiteren Gedanken, während er sich weiterhin bemühte, den anderen einzuholen, um nicht in dieser – bislang monsterfreien – Gegend zurückgelassen zu werden.

 

Auch am Eingang zum Labyrinth war Lea noch auf keine Feinde gestoßen. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – stand sie nun davor und blickte mit einem unguten Gefühl darauf. Die in der Sonne glänzenden, makellosen Eiswände wirkten unschuldig genug, aber in einer solchen Gegend konnte sie sich nie sicher genug sein. Nur wenige Schritte nach dem Eingang machte der Weg eine scharfe Kurve, so dass sie nicht weiter hineinsehen konnte.

Sergey kam ihr deswegen als Ablenkung wie gerufen. »Ah, du bist noch nicht reingegangen?«

Sie schüttelte mit dem Kopf und ließ die Schultern hängen, dabei warf sie ihm einen entnervten Blick zu. Zu ihrem Glück verstand er sie auch diesmal: »Ich denke auch, dass es besser ist, wenn wir zusammen reingehen. Dann ist die Gefahr vielleicht geringer, dass die Verbindung zwischen uns abbricht.«

Lea nickte, wartete einen kurzen Moment, damit deutlich wurde, dass sie das Thema wechseln wollte, dann stellte sie ihre Frage: »Wie?«

»Hm? Ah, wie es den anderen beiden geht? Sie sind lebhaft, wie immer. Um die beiden musst du dir jedenfalls keine Sorgen machen.«

Sie atmete auf. Wenn sie Buggy und Apollo – oder besser: deren Avatare – in Gefahr gebracht hätte, wäre das für sie unverzeihlich gewesen. Da sie hier gut angekommen waren, dürften sie auch weiterhin keine Probleme bekommen.

»Also.« Sergey schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Wollen wir reingehen?«

Ihr blieb keine andere Wahl, sie nickte.

Sie betrat das Labyrinth. Schon nach wenigen Schritten ragten die Wände zu beiden Seiten von ihr auf, verwehrten ihr die Sicht auf das meiste des Turms; lediglich die Spitze war noch sichtbar. Nachdem sie um die Ecke gebogen war und auch den Ausgang nicht mehr sehen konnte, erfüllte eine seltsame Furcht ihr Inneres. Obwohl sie so oft schon in Dungeons gewesen war, die auf ihre eigene Art und Weise bedrückend waren, hatte es nie einen Grund gegeben, auch nur nervös zu sein – schließlich waren sie Teil der Spielewelt, also nicht zu gefährlich. Doch das hier war neu, anders, hier herrschten möglicherweise keine Regeln.

Als wolle ihre Umgebung sie darin bestätigen, flackerten manche der Bereiche der Wände für einen kurzen Moment. Rein aus Interesse hätte sie diese Stellen gern berührt, aber gleichzeitig fürchtete sie sich davor, dass irgendetwas mit ihr geschah, wenn sie das tat. Im Gegensatz zu den anderen konnte sie sich nicht einen neuen Avatar erstellen, falls dieser korrumpieren sollte oder sonst irgendwie beschädigt wurde.

Um diesem Verlangen zu entkommen rannte sie los, einfach den Weg entlang, zwischen den Wänden hindurch, die manchmal näherzukommen schienen, in einer stummen Drohung, sie zu zerquetschen, falls sie langsamer wurde. Aber das musste sie sich einfach einbilden.

Schlitternd nahm sie die Kurven, sah immer wieder zum Turm hinauf, um sicherzugehen, dass sie sich nicht davon entfernte, wenn sie sich an den Kreuzungen entscheiden musste. Sie war zufrieden, als sie feststellte, dass sie sich ihm unaufhörlich näherte und sie damit bald am Ziel wäre. Derart mit Euphorie gefüllt, dachte sie nicht einmal darüber nach, wie eigenartig es war, dass es keinerlei Monster oder andere Hindernisse gab – als sie plötzlich wieder Sergeys Stimme hörte: »Warte, Lea!«

Sie bremste ab, doch ihr eigener Schwung trug sie bis zur nächsten Wand, da der Weg wieder eine Biegung machte. Schmerzhaft prallte sie mit der Schulter dagegen.

Mit gerunzelter Stirn betrachtete sie Sergeys Fenster. Er schien konzentriert, weswegen er ihren Blick nicht einmal bemerkte.

»Warum?!«, fragte sie schließlich, deutlich genervt.

Dank des Spielsystems schmerzte ihre Schulter wenigstens nicht wirklich, doch sie wollte weitergehen, um diesen Turm zu erreichen.

Endlich schien er sie wieder wahrzunehmen, er räusperte sich. »Oh, tut mir leid. Ich habe nur festgestellt, dass auf dem nächsten Teil der Strecke etwas nicht stimmt.«

Lea sah den Weg hinunter, aber sie entdeckte keinen Unterschied zu dem, den sie bislang hinter sich gebracht hatte. Die Eiswände standen auf beiden Seiten, sonst war da nichts.

»Wir haben vorhin doch über Fallen gesprochen, du erinnerst dich? Auf dem kommenden Abschnitt gibt es wirklich welche. Denke ich. Ich kann es nicht richtig einordnen.«

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihn finster an.

»Hör zu …« Er seufzte zerknirscht. »Sei einfach vorsichtig, okay?«

Nachdem sie genickt hatte, verschwand sein Fenster wieder.

Lea betrachtete den Gang genauer. Der Boden sah normal aus, die linke Wand flackerte leicht, während die rechte kleine Einkerbungen in regelmäßigen Abständen aufwies. Auf den anderen Oberflächen war ihr das bislang nicht begegnet, Sergey musste recht haben.

Sie zielte einen Ball – oder VRP, wie Sergey es bevorzugte –, so dass er parallel zu diesen Kratzern fliegen würde. Dann schleuderte sie den Ball – doch er kam nicht weit. Speere schossen aus der linken Wand hervor, zerschlugen das Projektil und trieben die Kerben noch tiefer, ehe sie sich wieder zurückzogen.

Lea ließ die Schultern sinken. »Warum?«

Normalerweise wäre sie einfach daran vorbeigerannt, doch die Speere waren derart schnell, dass sie nicht glaubte, das schaffen zu können – und aufgespießt werden wollte sie auch nicht. Selbst wenn sie dann direkt hier wieder respawnte (wovon sie hier immer noch nicht überzeugt war), käme sie so nicht weiter.

Ein weiterer Blick zeigte ihr, dass die Falle nur eine einzige Höhe zu bedienen schien. Das machte ihr das alles einfacher, und es erfüllte sie mit neuer Zuversicht.

Auf allen Vieren kroch sie unter den Einkerbungen hindurch, dankte im Stillen Sergey für seine Aufmerksamkeit, obwohl sie ihn so genervt angesehen hatte.

Nach wenigen Metern war sie den Einkerbungen entkommen, doch ehe sie aufstand, prüfte sie noch einmal eingehend die Wände und auch den Boden auf weitere Unebenheiten. Erst als sie überzeugt war, dass keine weitere Gefahr lauerte, richtete sie sich wieder auf. Sie atmete auf.

»Sei weiter vorsichtig«, sagte Sergey, diesmal ohne ein Fenster zu öffnen. »Es kann sein, dass sich weitere Fallen auf dem letzten Stück verstecken. Vielleicht war der problemlose Anfang nur eine Methode, um dich in Sicherheit zu wiegen.«

Sie nickte, dann lief sie langsam weiter, dabei behielt sie immer einen kritischen Blick auf ihrer Umgebung. Doch alles sah wieder so normal aus wie zuvor.

Der Weg knickte nach rechts ab, was auch die Richtung war, in der ihr Ziel lag. Davor hielt sie allerdings inne und beugte nur den Oberkörper vor, damit sie um die Ecke sehen konnte. Doch auch hier sah alles normal aus. Keine flackernden Wände, keine Einkerbungen. Am Ende diesen Weges entdeckte sie dafür endlich, dass das Labyrinth endete: es mündete in einen großen Bereich, der direkt vor dem Turm lag. Sie musste also nur noch hier durch und es sah sicher aus.

»Ich kann nichts feststellen«, sagte auch Sergey. »Halt trotzdem die Augen offen.«

Etwas anderes hatte sie ohnehin nicht vor.

Sie ging um die Ecke, tat einen weiteren Schritt – und spürte, wie der Boden unter ihr ein wenig nachgab. Sofort verharrte sie regungslos. Ein Blick nach unten verriet, dass plötzlich eine Metallplatte unter ihrem Fuß erschienen war, und genau diese Platte hatte sich durch ihr eigentlich kaum vorhandenes Gewicht gesenkt.

Hinter ihr aktivierte sich eine Maschine, die zuvor ganz sicher nicht dagewesen war; so viel konnte sie sagen, als sie herumfuhr und das Konstrukt betrachtete, das aus dem Nichts erschienen war. Wofür genau es diente, wusste sie nicht, doch dass eine Rampe direkt auf sie zeigte verhieß bestimmt nichts Gutes.

»Oh-oh«, sagte Sergey. »Das sieht nicht gut aus.«

Die Maschine begann gefährlich zu wackeln, als etwas auf die Rampe geladen wurde. Es war rund, mit bläulichen Schuppen, mehr konnte Lea nicht erkennen, da es auf sie zuzurollen begann, erst langsam, aber immer mehr Fahrt aufnehmend.

»Lauf!«, rief Sergey.

Lea fuhr herum und rannte. Hinter ihr rumpelte das Ding die Rampe hinunter, vor ihr kam der Turm immer näher. Sie behielt ihr Ziel fest im Blick, um sich nicht darum kümmern zu müssen, was hinter ihr war. Sie musste nur schnell genug sein, selbst wenn der Boden unter ihr derart heftig bebte wie in diesem Moment. Ihre Füße drohten unter ihr wegzurutschen, lediglich ihre Entschlossenheit – und etwas Glück – verhinderten ihren Sturz.

Hinter ihr näherte sich die Kugel unaufhaltsam. Nur noch wenige Meter und von ihr bliebe nichts übrig.

Da endlich erreichte sie die offene Fläche. Sofort wich sie mit einem Wirbeln zur Seite aus – und nur um absolut sicherzugehen wirbelte sie ein weiteres Mal.

Nur den Bruchteil einer Sekunde später walzte die Kugel an ihr vorbei und stoppte erst, als sie mit voller Wucht gegen den Turm traf. Ein letztes Mal bebte die Erde, doch diesmal erlaubte Leas fester Stand ihr, dagegenzuhalten.

Sie wollte gerade erleichtert aufatmen, weil sie diese Bedrohung überstanden hatte – da bewegte sich dieses Ding wieder, genauer gesagt, sah es aus als falte es sich auseinander.

Mit aufgerissenen Augen starrte Lea es an, auch Sergey kommentierte das mit eine ungläubigen »Was soll das nun werden?«.

Das erste, was deutlich erkennbar wurde, waren zwei mit Krallen bewehrte Klauen am Ende von kräftig aussehenden Armen. Dann kam ein zweites Set dazu, ein bisschen fleischiger, fürs Springen geeignet, das mussten die Hinterbeine sein. Ein langer Schwanz peitschte den Boden, als er endlich frei war. Und mit einem markerschütterndem Schrei präsentierte das Wesen seinen kantigen Kopf, komplett mit zwei Reihen rasiermesserscharfer Zähne, die wie das Eis im Sonnenlicht glitzerten.

»So ein Monster habe ich noch nirgends gesehen«, sagte Sergey. »Aber keine Sorge, ich bin da, falls es außer Kontrolle gerät.«

Lea stellte sich in Position, bereit zu kämpfen.

Doch ehe es zu einem ersten Angriff kam, erklangen Schritte – im nächsten Moment standen Buggy und Apollo an ihrer Seite.

»Spheromancer Lea! Es sieht aus, als wären wir gerade rechtzeitig gekommen.«

Buggy stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Das nenne ich mal eine riesige Eidechse.«

Apollo schnaubte. »Mach dich lieber zum Kampf bereit!«

»Ja ja ja.«

Die Bestie schrie noch einmal, doch diesmal erschien es Lea wesentlich weniger laut, weniger bedrohlich, denn sie war nicht mehr allein. Sie war hier mit ihren Freunden, und das bedeutete, dass sie niemals verlieren würde – nicht einmal gegen dieses unbekannte Wesen, das genau in diesem Moment auf sie zustürmte.
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Platan
2020-12-04T00:47:06+00:00 04.12.2020 01:47
*wird rum Super Saiyajin Igöll*
Oder, um es mit den Worten von einigen Möwen zu sagen, die heiß auf Fisch sind: Meins, meins, meins, meins!
Kian: Warte?! D:<
Ferris: Warum ihr Sprachmodul jetzt auch kaputt ist? Also-, Moment, seit wann verstehe ICH dich so gut?! o_Ô;

> Sie benötigte nicht erst Sergeys Einschätzung, um ahnen zu können, dass die störenden Signale, die das neue Gebiet erschaffen hatten und aufrecht erhielten, von dort kamen.
Etwa wegen den Blitzen? Immer diese gemeinen Vorurteile gegen Blitze!!!11elf DX
Vane: Es ist von einem hellen Blitzen die Rede. Nicht vom schlechtem Wetter.
Ferris: War das jetzt der Versuch, lustig zu sein? :,D
Vane: Ich übe noch, okay? ಠ_ಠ

> während sie sich im Kreis drehte und dabei mehrmals umsah. »Warte! Warte!«
Lea ist sooo niedlich! Q///Q ♥

> Sie drehte sich um, ging auf die Öffnung zu – und lief geradewegs gegen den Fels.
Feria: Silent Hill!
Ferris: Nur ohne Nebel! =O
Feria: Jetzt muss Alo erst mal darüber meckern, dass ich einen Vergleich zu einem anderen Spiel gezogen habe, statt ihr zu sagen, wie ich ihre FF finde. XD

> Sie seufzte leise, frustriert, ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Warte?«
Wenn man bedenkt, was Lea alles hinter sich hat, kann ich gut verstehen, dass sie direkt so emotional reagiert. Armes Schätzchen. TT___TT

> sie hielten sich bestimmt gegenseitig in Schach.
Buggy: Du bist das Schach und ich das Matt! Nyahahaha!
Apollo: ...

> »Ich werde aufpassen, dass keinem von euch etwas passiert«, versprach Sergey. »Denn ehrlich gesagt habe ich ein ungutes Gefühl bei diesem Labyrinth.«
Ich finde es ja richtig amüsant an Sergey, dass er eigentlich sehr viel Ahnung von Technik und dem ganzen Kram hat, aber solche Dinge irgendwie nie vorher richtig zu bedenken scheint. Das macht ihn als Charakter aber auch so schön real und greifbar. :3
Außerdem spricht das auch dafür, dass er viel Vertrauen in Leas Fähigkeiten hat.

> »In manchen Labyrinthen dieser Art gibt es oft ein großes Monster – oder tödliche Fallen.«
Erinnert mich gerade an HoH, als Hyruhi und Mimi das erste Mal den Tempel erreichen. Hyruhi meint ja dann auch, dass er kein gutes Gefühl dabei hat. Auf Mimis Frage nach dem Warum, antwortet er dann auch damit, dass es Fallen geben könnte. XD

> »Also, Graskopf, ist es wirklich wahr, dass die Kleine dich dreimal in einem Duell besiegt hat?«
Ich liebe es, dass du es für die FF so gewählt hast, dass Lea ihn tatsächlich jedes Mal geschlagen hat. XD

> »Und dann spielst du allein?«
»Du spielst doch auch allein, oder? Was macht das so verwunderlich?«

Apollo ist schlagfertig. XD

> (vermutlich in der Art, dass es mit dieser Einstellung seltsam sei, sich in einer Gilde zu befinden, die dafür gedacht war, die Lore des Spiels besser zu durchschauen)
Ich hab da vorher noch nie so drüber nachgedacht ... aber Apollo hat recht. O___O
Und das bringt mich zu der Frage: Warum ist Apollo noch nicht in dieser Gilde? Die ist doch wie geschaffen für ihn!

> »Das war doch kein Streit«, sagte Buggy. »Wir haben uns nur unterhalten.«
Da muss ich Buggy recht geben, Streit sieht etwas anders aus. :,D
Aber wahrscheinlich erlebt Sergey nur selten, wie sich jemand streitet, dass das für ihn bereits wie einer wirkt. Das wäre dann wieder irgendwie ein nettes Detail an ihm.

> Wie unhöflich!
Diese Anmerkung, und das von Buggy! Made my Day. XDDD

> »Ach, Junge, du bist echt eine Spaßbremse – also tritt doch einmal auf deine Bremse, nyahahaha!«
*kugelt sich vor lachen*
x'DD
Vane: ... Ich muss mein bisheriges Verständnis von Humor wohl nochmal komplett erneuern.

Dieser Abschnitt mit Buggy und Apollo ist echt mein persönliches Highlight an der ganzen FF. ♥♥♥
Ich könnte den beiden stundenlang dabei zuschauen, wie sie einfach zusammen abhängen. Wie Buggy dauernd dämliche Witze macht und Apollo damit total abnervt. Beste Kombi ever! :D

> »Also.« Sergey schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Wollen wir reingehen?«
Wie lieb er immer mit Lea umgeht! So schön! Q///Q *gerührt*

> Im Gegensatz zu den anderen konnte sie sich nicht einen neuen Avatar erstellen, falls dieser korrumpieren sollte oder sonst irgendwie beschädigt wurde.
Dieser Gedanke ist echt beängstigend. So gesehen lebt Lea im Grunde gefährlich, genauso wie wir in der echten Welt. Wenn man irgendetwas mit CrossWorlds passiert, ist das gleichzeitig ihr Ende.

> Sie zielte einen Ball – oder VRP, wie Sergey es bevorzugte –
Feria: Bälle! =D
Ferris: Ich mag Bälle. ( ¬‿¬)

> Da endlich erreichte sie die offene Fläche. Sofort wich sie mit einem Wirbeln zur Seite aus – und nur um absolut sicherzugehen wirbelte sie ein weiteres Mal.
Wohooo! Ich freu mich, dass du sogar dieses Dashen eingebaut hast. X3
Ich liebe diese Spielmechanik ja. Ich dashe den Großteil des Spiels meistens nur vorwärst, statt normal zu laufen. XD
Ferris: Wusch, wusch, wusch!

Der letzte Absatz ist so ein schöner Abschluss für das Kapitel. ♥
Antwort von:  Flordelis
04.12.2020 13:04
Danke hierfür~. <3

> Ferris: Warum ihr Sprachmodul jetzt auch kaputt ist? Also-, Moment, seit wann verstehe ICH dich so gut?! o_Ô;
Bahnt sich hier ein neues/altes Shipping an? XD

> Vane: Ich übe noch, okay? ಠ_ಠ
Awwwwwwwwwwwwwwww~. X3

> Feria: Jetzt muss Alo erst mal darüber meckern, dass ich einen Vergleich zu einem anderen Spiel gezogen habe, statt ihr zu sagen, wie ich ihre FF finde. XD
Alo: Boooooo!
Faren: Oder Alo sagt dir, dass sie beim Schreiben auch an "Hier war ein Loch. Jetzt ist es weg." gedacht hat. XD
Alo: (b^_^)b

> Buggy: Du bist das Schach und ich das Matt! Nyahahaha!
XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD

> Ich finde es ja richtig amüsant an Sergey, dass er eigentlich sehr viel Ahnung von Technik und dem ganzen Kram hat, aber solche Dinge irgendwie nie vorher richtig zu bedenken scheint.
Ich hatte auch ein bisschen den Eindruck, dass Sergey immer nur für den Moment dachte, statt groß vorauszublicken. Vielleicht lag das im Spiel auch daran, dass er nicht wirklich wusste, wo die Reise hinführen würde - und noch weniger, dass er sich mit Lea anfreunden würde. Aber anyway, so kam es mir jedenfalls vor. ... Und alles, was ich durch DbD von Programmierern mitbekommen habe, ist, dass man nur "Okay, läuft ... irgendwie, machen wir was anderes =D" denkt. :,D

> Ich liebe es, dass du es für die FF so gewählt hast, dass Lea ihn tatsächlich jedes Mal geschlagen hat. XD
Das war einfach das lustigste Ergebnis. XD

> Warum ist Apollo noch nicht in dieser Gilde? Die ist doch wie geschaffen für ihn!
Mein Headcanon ist ja, dass Apollo und Joern der Gilde beigetreten sind, nachdem sie den Turm gestürmt haben. UND DA BLEIB ICH BEI!
Und warum Buggy drin ist: ... wahrscheinlich hat eines der anderen Mitglieder ihn mit reingezogen. :,D

> Beste Kombi ever! :D
Ich bin so glücklich, dass die beiden so toll rauskamen am Ende. Aber sie sind einfach so super. :,D

> Wenn man irgendetwas mit CrossWorlds passiert, ist das gleichzeitig ihr Ende.
Deswegen hoffe ich, dass CrossWorlds ein Langzeitprojekt ist - immerhin war das ja auch viel Aufwand: einen fremden Planeten besiedeln, mit einer eigenen Infrastruktur ausstatten ... ja, das ist hoffentlich für sehr lange Zeit geplant.

> Ferris: Ich mag Bälle. ( ¬‿¬)
Faren: Hrhrhrhrhrhrhr~

> Ich freu mich, dass du sogar dieses Dashen eingebaut hast. X3
Ja natürlich, das gehört doch dazu. X3

> Der letzte Absatz ist so ein schöner Abschluss für das Kapitel. ♥
Dankeschön. X3


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