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Drachenjagd

Die Himmelsgöttin
von

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Izara

Sie erreichten die Felsen bei Einbruch der Dunkelheit. Von Nahem wirkten sie noch spitzer und gewaltiger.

"Kannst du klettern?", fragte Devon und blickte auf die steile Felswand hinauf.

Izara nickte.

"Auf etwa zwei Drittel befindet sich eine Höhle. König Juras' Bruder hat sich dort viel aufgehalten, wenn er eine Auszeit von Raj benötigte. Glaubst du, du schaffst es, so weit zu klettern?"

"Mir bleibt wohl keine andere Wahl", Izara lächelte gequält.

Devon verlor keine Zeit und machte den Anfang, Izara folgte seinem Beispiel. Sie hielt sich an den König. Immer wieder machte dieser eine Pause, sah zu Izara hinunter, fragte sie nach ihrem Befinden und nahm so viel Rücksicht wie man beim Klettern nehmen konnte. Izara konnte ihm nur schwer folgen. Die Dunkelheit war nicht gerade ihr Freund und die vielen eckigen Steine, die lose im Felsen steckten, machten die Bergsteigertour zu einer gefährlichen Angelegenheit. Frustriert kniff sie die Augen zusammen. Ihre Arme taten weh, sie atmete schwer und fragte sich, wann endlich diese verdammte Höhle auftauchte.

"Wenn ich dich tragen soll-"

"Nein, nein", rief Izara und zog sich ein Stück nach oben, "ich schaff das!" In Wahrheit bezweifelte sie, bis zum Ende durchzuhalten. Doch wie sah die Alternative aus? Dass Devon sie auf seinem Rücken weiterzog? Ein angeschlagener Drachen mit einer mehr als besorgniserregenden Rückenverletzung? Nie im Leben würde sie sich auf seinen geschundenen Rücken stützen und einen auf schwache, weinerliche Drachenprinzessin machen. Sie biss die Zähne zusammen, schmeckte das Blut auf ihren Lippen und kletterte weiter. Etwas Nasses klatschte auf ihre Nase. Izara sah in den schwarzen Himmel. Ein zweiter Tropfen folgte, und auf einmal prasselte der Regen über ihre Gesichter als müsste er all seine Reserven auf einmal verbrauchen. Schnaubend krallte sich Izara an der nächsten Kante fest. Das Gestein wurde matschiger, ihre Beine begannen zu rutschen und am liebsten hätte Izara einen lauten Fluch ausgestoßen. Ihre zittrigen Arme waren auch keine Hilfe, sie geriet immer weiter aus dem Rhythmus, und zu allem Übel ging es jetzt auch noch seitwärts weiter.  

"Wir sind gleich da", hörte sie Devon über sich rufen. Izara hatte keine Ahnung, wie weit er von ihr entfernt war, aber seine Stimme klang zwischen dem Regen dumpf und Meilen entfernt. Izara antworte nicht. Vermutlich wollte er sie nur aufbauen, aber Izara war nicht in Stimmung für Halbwahrheiten.

Sie schaute nach oben, erblickte ein paar Stiefel, oder zumindest etwas, das nach Devons Schuhen aussah. So weit weg, dachte sie und hasste ihren Körper, der überhaupt keine Ahnung hatte, was es hieß, wirklich zu klettern. Das Drachenschloss zu erklimmen war dagegen ein Klacks. Warum hatte man sie auch in Watte einpacken müssen?!

Die nächste Kante gegriffen, spürte sie etwas Glitschiges. Der Stein entglitt ihren Fingern, sie rutschte aus und riss die Augen auf. Eine feste Hand packte sie am Handgelenk, Izara schaute zu ihrem Retter. Ihre Beine baumelten in der Luft, als Devon sie nach oben hievte. Er war jetzt auf ihrer Höhe, er musste zurückgeklettert sein, anders konnte sie sich nicht erklären, dass er wieder neben ihr war.  

"D-danke", keuchte sie, den Schrecken noch nicht ganz überwunden. »Ein Drache, der Angst zu fallen hat« - das durfte sie keinem erzählen.

Devon sah sie fest an. Gleich würde er sie wieder fragen, ob er sie nicht doch tragen sollte, da war sich Izara sicher.  

"Ich schaff' das", sagte sie. Der König sah sie streng an. Izara meinte, ein Seufzen gehört zu haben. Zumindest wandte er sich ab und begann weiter zu klettern. Langsam, damit Izara ihm folgen konnte.  

"Dort", er zeigte auf eine Erhöhung, nur wenige Kletterzüge von ihnen entfernt. Das Ziel vor Augen sammelte Izara all ihre Kräfte und zog sich nach oben. Devon hockte als erster am Höhleneingang, er streckte die Hand aus und half Izara, hineinzuklettern. Izara selbst musste erst einmal tief Luft holen. Schweißperlen vermischten sich mit dem kalten, rauen Regen, dass Devon sie weiter ins Innere lotste.

"Ich werde mich um das Feuer kümmern", sagte er und richtete sich auf. Izara musste ein Schmunzeln unterdrücken. Sie wusste nicht, wieso, aber dass er Feuer machte, wirkte auf sie so surreal und...menschlich, dass es schon wieder lustig war.

"Wir müssen unsere Kleider trocken bekommen, eine Lungenentzündung können wir uns nicht leisten." Er schnippte mit den Fingern und entließ ein Dutzend kleine, leuchtende Bälle, die sich an der Decke verteilten und für das nötige Licht sorgten.

"Ja", murmelte Izara, die sich neugierig umschaute. Sie hatte nicht viele Höhlen gesehen - eigentlich war das sogar erst ihre dritte -, aber dieser Unterschlupf hatte weder mit dem miefenden Loch aus Kandio noch mit der Behausung eines Bären etwas gemein. Es war warm und gemütlich. Ein Teil der Höhle war mit Moos bedeckt und Izara war sich sicher, dass es dort mit Absicht wuchs und regelmäßig gepflegt wurde. Es gab einen aus Steinen gehauenen Springbrunnen, der mit den Wänden verbunden war und per Hebel frisches Regenwasser in einer Schale plätschern ließ. Feuerholz stapelte sich zu genüge neben einer Feuerstelle, die mehr einem Kamin glich und der Höhle einen Hauch von Zuhause verlieh.

"Die Höhle ist einer unserer Stützpunkte", sagte Devon, als er Izaras leuchtenden Augen verfolgte. Geschickt entzündete er ein Feuer, nachdem er das Holz ordentlich drapiert hatte, und tauchte die Höhle in noch mehr Wärme und Gemütlichkeit ein.  

"Späher kümmern sich regelmäßig um die Instandhaltung - für Notfälle wie diese."  

Sie nickte und schaute dem Springbrunnen beim Plätschern zu. So etwas kannte sie nur aus den Nachbarhäusern ihrer Heimatstadt. Einige wohlhabende Familien hatten sich diese Spielerei in ihre Vorgärten gestellt. Izara gefiel, wie aus den steinernen Fischmündern das Wasser schoss und rhythmisch in die Schale floss, während die Schale das Ganze durch eine Art Rohr weiterfließen ließ. Sie folgte dem Rohr, das letztendlich in der Steinwand auf der gegenüberliegenden Seite endete und von dort das Wasser zurück nach draußen beorderte.

"Wir müssen die Kleider zum Trocknen aufhängen", sagte Devon.

"Hm, ja", entgegnete Izara. Kleider aufhängen - natürlich.

Moment...

Was?!

Sie wirbelte herum. Der Drachenkönig war gerade dabei, seinen triefenden Mantel abzustreifen. Izara rutschte das Herz bis in ihre Unterkleider. Das Hemd über den Kopf gestülpt erwiderte er ihren irritierten und scheuen - besonders scheuen! - Blick.

Er schien zu begreifen, atmete tief ein und ließ die Hände in der Luft kreisen.

"Warte kurz." Weißes Licht entstand dort, wo Devon mit den Händen herum wirbelte. Das Licht nahm Gestalt an, wurde dunkler, dichter. Am Ende sah es wie eine blau-weiß schimmernde Tagesdecke aus, und genau das sollte es wohl auch sein.

"Kann ich mich darin einwickeln?", fragte Izara und zeigte auf das Ding, das Devon wie ein kostbares Stück Stoff in den Händen hielt.

"Das ist das einzige, das ich anzubieten habe", entgegnete er fast schon entschuldigend.

Langsam kam sie auf ihn zu. Skeptisch beäugte sie das Kunstwerk.

"Und das ist auch...blickdicht genug?"  

"Für einen Himmelsdrachen, ja."

Na, dann konnte sie ja nur hoffen, dass ihr Menschenblut nicht dazwischenfunkte.

Sie nahm die Decke entgegen. Tatsächlich fühlte es sich wie eine Seidendecke an und wärmte, sobald es ihre Fingerspitzen berührte. Das Licht übertrug sich auf Izaras Haut, dass das Leuchten wie eine zweite Schicht darüber lag. Und überhaupt nicht so transparent, wie Izara befürchtet hatte. So funktionierte das also. Izara zog sich zurück, während Devon mit dem Rücken zu ihr gewandt am Feuer hockte und Izaras improvisierte Verbände von seinem Rücken entfernte. Ihr Blick huschte zu dem Drachenkönig, seinem breiten Kreuz und der tiefen Narbe, die von einem eisblauen Faden zusammengehalten wurde. Die Wunde sah furchtbar aus. Nicht mehr lebensbedrohlich, aber furchtbar. Sie sah auf die blasse Haut, auf denen weitere, deutlich ältere Narben wie böse Erinnerungen ruhten. Gerade empfand sie eine Mischung aus Schmerz und Bewunderung. Devons Narben zeugten von einem unausweichlichen Schicksal. Jede Wunde stand für ein Opfer, das er für sein Volk geleistet hatte. Abrupt wandte sie sich ab. Devons Augen konnte sie nicht sehen, und doch spürte sie seinen Blick, als durchbohrte er sie bis zum Kern ihrer Seele. Sie fühlte sich ertappt. Schnell begann Izara, ihre Kleider abzustreifen. Sie waren vollkommen durchnässt und kalt, überall war sie mit Gänsehaut übersät. Mit einem Schwung legte sie sich die Decke um, wickelte sich einmal in die leuchtende Kraft des Drachenkönigs ein, die sie wie einen Mantel einhüllte.

Tapsig (die Schuhe hatte sie sorgfältig neben das Moosbett gelegt) kehrte sie zur Feuerstelle zurück. Die Kleider hing sie über die Steine, dessen Spitzen aus der Wand wie Haken herausragten. Dann setzte sie sich hin. Ihr Gesicht war überreif. Die Beine angewinkelt, zog sie die Knie dicht an ihr Kinn und konzentrierte sich auf das Flackern zu ihrer Linken.
 

Sie wusste, der König hatte sie schon einmal so gesehen - vermutlich hatte er sogar noch mehr gesehen -, aber allein daran zu denken, war zu viel für das junge Weibchen.
 

Den Kopf auf die Knie gestützt, fiel das feuchte Haar über ihren Körper, bedeckte das Gesicht so weit, dass er ihre Hitze nicht sehen konnte. Mit aller Macht unterdrückte sie die innersten Gedanken, die Triebe, die sie seit ihrer Erweckung nicht einen Tag in Ruhe gelassen und durch seine Präsenz für noch mehr Wirbel gesorgt hatten. Devons Anwesenheit machte es nicht besser. Sein nackter Rücken machte es nicht besser, und dass er die Arme vor der Brust verschränkte und jeder Muskel seines Oberarmes angespannt wurde...nein, das machte es überhaupt nicht besser! Es machte etwas mit ihr. Machte etwas mit ihrem Körper, das sie so nicht von sich kannte. Reiß dich zusammen, zischte sie sich an.



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