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Gloria Mundi

Der Ruhm der Welt
von

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Gelangweilte

Gloria Mundi - der Ruhm der Welt II

by Lail, April 2004
 

"Du hast WAS?!"
 

"Dies hier ist nicht der Himmel mit seinen endlosen Korridoren, also brülle er nicht so!", erklang eine lethargische Stimme die, obwohl sie wenig durchsetzungsfähig erschien, dennoch für kurzzeitige Ruhe sorgte.
 

"Danke, Lahatiel..." Ksiel, immer noch im Körper des Schutzengels, nickte anerkennend in Richtung des feingliedrigen Engels, der mit übereinander geschlagenen Beinen auf einem Vorsprung vor der lichtarmen Höhle hockte, den Kopf auf eine Hand gestützt, und sich selbst in einem verzierten, detailreichen Handspiegel betrachtete.
 

Auf die Danksagung hin gähnte dieser nur und winkte ab, zog es vor, sein puppengleiches Gesicht weiter im Spiegel zu betrachten. "Oh, danke er mir nicht, Ksiel, ich hätte mit Freuden zugesehen, wie er ihm das Genick bricht, allerdings sollten sie vorher in die eigenen Körper zurückkehren..." Mit einem Seufzen fuhr er sich durch das lange, goldblonde Haar, zögerte noch einen Moment, bis er sich schließlich von seinem Spiegelbild losriss, und stand auf. Mit hämischem Lächeln bedachte er die Streitenden. "So macht es Sinn, nicht wahr?" Er betrat die Höhle, beschritt stolzierend einen Halbkreis um Ksiel und Lukiel.
 

"Ja, gib mir meinen Körper zurück!"
 

"Du hast hier gar nichts zu melden!", fuhr Ksiel sein Gegenüber barsch an.
 

Die stahlblauen Augen des hoch gewachsenen Engels funkelten, dennoch leuchteten sie unwirklich, ließen das gesamte Wesen unecht erscheinen.

"Gib mir meinen Körper zurück!", wiederholte Ksiels rauchige Stimme fordernd, zwei weiße Schwingen klappten sich aus, der Engel stob vorwärts, auf Lukiel zu, doch bevor er ihn erreichte, wurde er festgehalten. Natürlich war es Lukiel, der auf Ksiel zugestürmt und nun festgehalten wurde, doch für einen Zuschauer, der nicht wusste, dass die beiden Engel die Körper getauscht hatten, hätte es eben so ausgesehen.
 

Im nächsten Augenblick hallte ein gläsernes Lachen aus einer anderen Ecke der Höhle. "Tihihi, lasse er ihn doch los, Shaftiel! Lasse er uns sehen, was passiert!"
 

"Makkiel!", fuhr Ksiel den ankommenden Engel knurrend an. Dieser erhob nur die eine Hand zum Siegeszeichen und grinste.
 

"Mache er sich nicht über mich lustig!", bemerkte Lahatiel, der im Kontrast zu der an sich empörten Beschwerde, weiterhin sehr langsam und gelangweilt sprach, als ginge ihn das alles rein gar nichts an.
 

"Ladies...", wandte der Engel, der Lukiel festhielt, ein, bemüht, nicht zu grinsen.
 

"Ksiel! Du hast mir versprochen, auf ihn aufzupassen!", meldete sich Lukiel nun wieder zu Wort, wand sich in dem Griff des größeren Engels - erfolglos.
 

"Hey, ich bin kein Schutzengel", beharrte Ksiel und hob beschwichtigend die Hände.
 

"Das SOLLTEST du aber sein!"
 

"Könnten sie bitte wieder tauschen? Sie verwirren mich! Ich bekomme Kopfschmerzen!", gähnte Lahatiel.
 

"Dieser Körper verwirrt mich!", klagte Lukiel.
 

"Stört dich mein drittes Bein?" Ksiel schlug mit Unschuldsmiene die Augenlieder nieder.
 

"Leiht mir jemand ein Messer?", fragte Lukiel in die Runde.
 

"WAG DICH!" Ksiel wollte vorschießen, doch Makkiel und Lahatiel, in den plötzlich Leben kam, waren sofort zur Stelle und hielten ihn fest.
 

"Was ist denn hier los?", mischte sich eine Stimme, dunkel wie ein Donnergrollen, ein.
 

Ksiel gab seine Gegenwehr auf, woraufhin Makkiel und Lahatiel ihn losließen und sich in Richtung der Stimme, zum Höhleneingang, drehten.
 

"Ah, der Chef... schon zurück, Dumah?", erkundigte sich Makkiel mit einem wissenden Lächeln.
 

Von dem Ankömmling kam nur ein drohendes Knurren. Der Engel war von imposanter Gestalt, mit kantigen Gesichtszügen, dunkelroten Augen und pechschwarzem, kurzem, zerzaustem Haar. Das schwarze Flügelpaar nur nachlässig angeklappt, schritt er breitschulterig und -beinig auf die anderen Engel zu und stellte sich demonstrativ zwischen Ksiel und Lukiel.
 

Für einen Augenblick herrschte gespanntes Schweigen.
 

"Luzifers Bälle werden auch nur noch dekadenter, nicht interessanter...", fällte Dumah Antwort gebend ein ernüchterndes Urteil und durchbrach die Stille.
 

"Außerdem hat er sich mit Rahab angelegt...", ergänzte eine sehr weiche, helle Stimme.
 

Dumah verzog das Gesicht. "Hrrrr, Puriel!", knurrte er Zähne knirschend und funkelte verärgert über seine Schulter.
 

Ein weiter Engel, etwas klein geraten, ganz in Weiß, mit hellbraunen Locken, und strahlend grünen Augen trat neben Dumah hervor, ein ausgeglichenes Lächeln auf den Lippen. Mit Unschuldsmiene tauschte er einen Blick mit dem ihn überragenden Anführer der Strafengel, dann kicherte er vergnügt und floh mit raschen Trippelschritten vor Dumahs bösem Blick hinter Lahatiels Rücken.
 

"Fehlt nur noch Chitriel, dann wären wir alle mal wieder beisammen", kommentierte Ksiel amüsiert. Sein Blick wanderte von Strafengel zu Strafengel. "Sag schon, Makkiel, wo hast du ihn angebunden?"
 

Makkiel grinste katzengleich und hüllte sich in Schweigen.
 

"Würden sie nun bitte wieder tauschen?", erinnerte Lahatiel, der sich in der Zwischenzeit wieder seinem Spiegelbild zugewandt hatte.
 

"Shaftiel, bringe er ihn zum Schweigen...", kommentierte Ksiel und verdrehte die Augen.
 

"Ich stimme ihm aber zu!", erklärte Lukiel und versuchte abermals, Shaftiel, dem Engel, der ihn hielt, zu entkommen.
 

Dumahs Flügel richteten sich in einem Ruck auf, das dabei entstehende Geräusch rief die Aufmerksamkeit der anderen Engel zur Räson. Wieder war es still. Dumah hatte die Augen geschlossen und wartete.

Dann atmete er durch.

"Tauscht", fiel es simpel von seinen Lippen, dann wandte er sich ab und schritt wieder zum Vorsprung am Ausgang der Höhle.
 

Keiner rührte sich, bis Dumah seine Schwingen wieder ausgebreitet und in die Lüfte entschwunden war.
 

Shaftiel ließ Lukiel los. "Lahatiel, hast du nicht noch etwas zu tun?", fragte er mit erhobenen Augenbrauen.
 

Der Angesprochene sah überrascht auf. "Oh, ja, dem ist so. Die Tore bewachen sich nicht von selbst." Er neigte sein Haupt und ließ seine Flügel auflockernd kurzzeitig auf und nieder schlagen. "Danke, dass du mich daran erinnert hast." Ein Lächeln schlich über Lahatiels Lippen, dann verschwanden er und Shaftiel gemeinsam aus der Höhle.
 

Makkiel grinste und schüttelte den Kopf. "Ja, die Arbeit..." Er fasste sich auf theatralische Weise an die Stirn. "Hach, ich werde Chitriel suchen gehen..." Und so verließ auch er den Ort des Geschehens.
 

Puriel faltete die Hände. "Tauscht", wiederholte er ruhig.
 

Lukiel ging auf Ksiel zu. "Dafür wirst du mir noch büßen", schwor er mit Ksiels Stimme und sah im Grunde sich selbst mit zornigen Augen an.
 

Ksiel hob die Augenbrauen. "Büßen? Oh, ich halte nicht viel von Buße, weißt du...", meinte er und genoss es, das Lukiel es mit ansehen und anhören musste. "So wütend? Das ist eine Sünde..."
 

"Ksiel...", wandte Puriel nachdrücklich und bestimmt ein.
 

Lukiels Augen verengten sich. "Gib mir einfach meinen Körper wieder, ja?"
 

Ein triumphierendes Lächeln schmückte Lukiels Lippen - es war das Letzte, was Ksiel tat, bevor die Auras der beiden Engelskörper aufleuchteten, verschmolzen, heller wurden und sich dann wieder trennten und wieder unsichtbar wurden.
 

Puriel nickte zufrieden. "Gut. Komm, Lukiel, ich bringe dich zurück." Er hielt dem Engel einladend seine rechte Hand entgegen.
 

Lukiel und Ksiel standen sich immer noch gegen über, jeder musterte den anderen mit Argwohn.
 

Puriel räusperte sich und seine Stimme wurde fester.
 

Ksiel sah wie alarmiert auf, ärgerte sich dann aber über seine Schreckhaftigkeit. Lukiel hatte die stille Auseinandersetzung nun gewonnen - zumindest würde er das so sehen, ahnte er doch nichts davon, was für ein unheilvolles Zeichen es war, wenn der kleine Engel ernster wurde.
 

Doch, dass sich Lukiel in Siegessicherheit wog, hatte Vorteile, denn er ging nun auf Puriels Einladung ein, zumindest insofern, dass er zu ihm trat und sich aufbruchsbereit zeigte, was Puriel wiederum sehr zu beruhigen schien.
 

Kurz darauf verließen die beiden die Höhle und Ksiel blieb allein zurück.
 

Er fühlte sich seltsam. Sein Kopf erschien ihm so voll, dennoch fasste er keinen einzigen, klaren Gedanken. Er war sich eigentlich sicher, gar nicht bewusst zu denken, vielmehr glaubte er, dass da etwas war, an das er unbedingt denken sollte, was ihm allerdings entfallen war. Ziellos und verwirrt ging er in der Höhle auf und ab, lehnte sich schließlich mit dem Rücken an die kalte Felswand, legte den Kopf in den Nacken und seufzte.

Eine Weile lauschte er der Stille.

Allmählich wurde er sich bewusst, wie viel angenehmer es doch war, im eigenen Körper zu sein. Alles stimmte wieder. Er hob den Kopf wieder, senkte ihn dann leicht nach vorne und betrachtete seine Hände. Seine eigenen Hände.

Er stieß sich wieder von der Wand ab, ging wieder umher, setzte bewusst Fuß vor Fuß und genoss das Gefühl, zu gehen. Auch begann er mit einem Mal, zu summen. Erst leise, dann lauter - nur, um seine Stimme, seine eigene Stimme in seinen eigenen Ohren zu hören. Er setzte weiter Fuß vor Fuß, ging im Kreis umher, bis er keinen Drang mehr verspürte, weiterzumachen. Also blieb er stehen und atmete einmal tief durch.

Dann lächelte er zufrieden.

Alles war wieder gut.
 

***
 

Du hast mich verraten. Lukiel... was hast du dir dabei gedacht? Dachtest du wirklich, du könntest so einfach zurückkommen und dich vor mir verstecken? Glaubst du, ich könnte so einfach vergessen?

Du hast also Angst vor mir? Dann hab wenigstens den Mut, mir das zu sagen. Ein Ding der Unmöglichkeit, ich weiß - nicht nur für Engel, Lukiel, nicht nur für Engel...

Es geht mir gut. Den Umständen entsprechend.

Es ist seltsam... wenn ein Herz stirbt.

Erst tut es weh. Sehr weh. Man glaubt, zu zerspringen. Alles reißt an einem. Die Gefühle zerren an Herz und Seele, vernebeln den Geist. Und man kann nichts tun... Tausend Nadeln stechen ein Herz, tausend Klingen durchbohren es. Aber nicht, dass es auf einmal zerreißt. Nein, so etwas zieht sich hin... quälend langsam. Schmerz brennt durch den Körper, brennt alles aus. Wie ein ätzendes Gift.

... ich fühle mich leer. Sehr leer sogar. Schön, wenn man vor Augen gehalten bekommt, wie leer man sich fühlt, wenn man verlassen, betrogen und benutzt wurde. Wie ausgesaugt.

Wieso falle ich eigentlich nicht in mich zusammen? In mir ist doch nichts mehr, dass meinen Körper daran hintern könnte... zumindest spüre ich nichts.

Eigentlich müsste mir kalt sein. Aber mein Blut pocht heiß unter der Haut...

Seltsam, wie sehr ich mir bewusst bin, dass ich lebe, obwohl ich mich so tot fühle. Fast lästig, dieses Gefühl von Lebendigkeit.

Ja, wenn ich darüber nachdenke, habe ich sogar Hunger. Aber ich will keinen Hunger haben. Und ich habe einen starken Willen...

Lukiel... du bist also wieder da... ich bin nicht mehr allein... oder?

Eigentlich ist doch alles gut...

Nein, nichts ist gut. Alles, was passiert ist... All die Dinge, die du mir gesagt hast. Das hast nicht du gesagt. Das war er...

Ich hasse dich dafür, Lukiel. Weißt du das? Ahnst du das? Spürst du das? Kannst du es spüren? Kannst du es fühlen, du Engel?

Nein... sicher nicht... was solltest du fühlen? Hauptsache, ich lebe und habe eine reine Seele. Damit ich in den Himmel komme...

Soll ich dir was sagen, Lukiel? Du kannst mich mal...

Ja, das würde ich mir wirklich wünschen - verrückt, oder?

Du hast mir weh getan... das war wirklich nicht nett von dir. Du hast meine Welt zerbrochen - und doch hat ist Welt, seitdem sie in Scherben liegt, plötzlich so überschaubar für mich.

Alles scheint mir nun klarer...

Du willst mich retten, Lukiel? Willst du mich jetzt wieder beschützen? Meine Seele bewahren?

Nein, du bist zu spät... wenn ich eine Seele gehabt habe, dann hast du sie zerstört. Und das weißt du, nicht wahr, Lukiel?

Kannst du dich noch daran erinnern, wie wir... nein, es war Ksiel... Ich habe mit Ksiel über den Tod gesprochen. Zumindest habe ich es versucht - er wollte mir nicht antworten. Jetzt weiß, ich warum. Es war eine Frage an dich, Lukiel.

Ich war nie sehr gläubig... das müsstest du wissen. Ich war auch geschockt, als ich dich sah. Es war irgendwie umwerfend - es machte mir Angst, aber faszinierte mich. Ich wollte dich so vieles fragen. Ich habe Ksiel sehr vieles gefragt. Aber ich wollte Antworten von dir.

Engel können nicht lieben. Das hat Ksiel zumindest gesagt. Und ich glaube ihm. Warum? Weil ich keine andere Antwort habe. Und du zeigst dich nicht. Was muss denn noch passieren, damit du mit mir redest?

Weißt du, was ich in deinen Augen gesehen habe? Als Ksiel in deinem Körper war? Seine Seele. Glaube ich. Was ich gesehen habe?

Langeweile. Gleichgültigkeit. Emotionslosigkeit. Kälte. Reserviertheit. Aggression.

Ist es so trostlos dort, wo er ist? Er tut mir Leid.

Bestimmt ist er auch ganz alleine. So wie ich.

Ich bin müde, Lukiel. Ich werde schlafen gehen. Aber ich werde nicht mehr aufwachen.

Natürlich erzähle ich dir das nicht. Du würdest bestimmt versuchen, mich aufzuhalten.

Eigentlich eine schöne Vorstellung. Aber ich will das nicht. Ich will nicht, dass du mir nur dann beistehst, wenn ich dich erpresse.

Du sollst leiden, Lukiel. Für das, was du mir angetan hast. Ich sterbe. Und du leidest.

Heißt es nicht, Selbstmörder kämen nicht in den Himmel?

Das ist meine Rache, Lukiel. Dafür, dass du mich belogen und allein gelassen hast.

... ich habe dich geliebt, weißt du...? Und was hast du getan?

Ksiel hat mich geküsst. Und nicht nur einmal. Und nicht nur förmlich. Ich wünschte, du hättest das getan. Vielleicht tust du es, wenn ich tot daliege?

Das klingt alles so lächerlich... was tu ich hier?

Ksiel... Ksiel ist in der Hölle... und ich will zu ihm. Alles wird leichter, wenn ich...

Ich habe mein Leben sowieso nie gemocht...

Ich bin dumm, Lukiel. Ich tue gerade etwas sehr dummes.

Und du hast mich noch nicht aufgehalten... gut...

... halte mich nicht auf... bleib weg...

Sieh mich nicht an... fass mich nicht an...

Niemals.

Ich liebe dich. Immer noch... trotzdem hasse ich dich... du liebloser Engel...

... vielleicht magst du mich ja ein bisschen...

Dann wirst du mir vergeben.

Vergiss mich nicht...

Hm... ...
 

Ich bin mir sicher, du wirst mich niemals vergessen...
 

***



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-04-20T18:09:43+00:00 20.04.2004 20:09
Schreib weiter!!! Die Story ist...ich weiß nicht...irgendwie verwirrend und doch verständlich. Sie ist sehr interessant geschrieben. Man muss viel zwischen den Zeilen lesen, finde ich, und das gefällt mir besonders gut. Also scheib schnell weiter.

mel

PS.: Könntest du mir Bescheid sagen, wenn's weiter geht?


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