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Die Kindheit eines Wolfs

Hogwarts 1971 - 1978
von

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1.XVII.Unverhofftes Widersehen

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1.Akt: Kapitel XVII: Unverhofftes Widersehen

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Remus saß in einem roten Ledersessel vor einem prasselnden Feuer im Kamin der Gryffindor-Gemeinschaftsraumes. Er nahm einen Schluck seines heißen Tees. Nachdem er die Tasse auf dem Tisch neben ihm abgestellt hatte, kuschelte er sich wieder in die Decke und schloss seine Augen. Er war müde und fühlte sich schlapp. Sein ganzer Körper war ausgezehrt. Das Einzige, was er wollte, war Schlaf, auch wenn er eigentlich schon genug davon gehabt hatte. Nach Vollmond war er in einem Bett im Krankenflügel aufgewacht. Es war Donnerstag abends gewesen. Madame Pomfrey hatte ihn aus der Heulenden Hütte abholt, war er nicht von allein zurückgekommen. Die Krankenschwester hatte ihn gut gepflegt und am nächsten Morgen - vor circa zwei Stunden - entlassen. Sie hatte ihm noch einen Trank mitgegeben, den er mit etwas Tee zu sich nehmen sollte, damit er schnell wieder zu Kräften kam. Er wäre heute gern wieder zum Unterricht gegangen, aber Madame Promfrey hatte es ihm verboten. Er musste sich schonen, hatte sie gesagt. Wäre nicht Freitag, dann hätte sie ihn gar nicht erst entlassen. So stand immerhin das Wochenende für ihn zum Ausruhen vor der Tür. Remus dachte an Sirius und die anderen, die sich gerade mit Professor Flitwick die Zeit vertrieben. Er dachte an den Strafaufsatz, den er eigentlich gestern hätte abgeben müssen, verdrängte diese Grübelei aber schnell. Er war zu müde um auch nur ein Wort zu schreiben. Sicher konnte er noch nicht einmal eine Feder gescheit in der Hand halten, konnte er sich ja selbst nur schwer auf den Beinen halten. Bei nächster Gelegenheit - so nahm er sich vor - würde er in der Bibliothek nach einem Zauber suchen, womit man mitschreiben konnte ohne selbst zu schreiben. Eine selbst schreibende Feder oder so etwas in der Richtung hatte er in einem Laden noch nicht gefunden. Aber vielleicht gab es ja einen passenden Spruch.

Sein Magen knurrte. Seit der Verwandlung vorgestern Nacht war es das erste Mal, dass er wieder ein wenig Hunger verspürte. Auf der Krankenstation hatte ihm die Krankenschwester zwar etwas gebracht, doch war er wieder eingeschlafen, bevor er wirklich etwas hatte zu sich nehmen können. Er öffnete seine Augen und sah zur Uhr. Es war kurz nach halb Zwölf. In einer halben Stunde begann das Mittagessen. Und dann wären die anderen auch mit Zauberkunst fertig.

Er trank seinen Tee aus, legte die Decke zusammen und stand auf. Zwar war er etwas wacklig auf den Beinen, doch ging es ihm einigermaßen gut. Er verließ den Gryffindorturm und ging hinunter in die Große Halle. Sie war noch leer. Weder Schüler noch Lehrer waren zu sehen. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass er noch eine gute viertel Stunde warten musste, bis er jemanden zu sehen bekam. Er ließ sich an seinem Haustisch nieder und stützte seinen Kopf auf seine Hände. Er war müde. Sehr müde. Aber auch hungrig. Er befand sich in einem Zustand, der irgendwo zwischen Wachen und Schlafen lag, trug die Stille in diesem riesigen Raum nicht gerade dazu bei ihn munter zu machen.
 

Punkt Zwölf deckten sich die Tische wie von Zauberhand. Remus, der es geschafft hatte nicht einzunicken, tat sich zwei Schöpfkellen Suppe auf den Teller. Heute wollte er es zunächst bei leichtverdaulicher Kost belassen.

Es dauerte nicht lang und die Schüler strömten in die Halle. Zu den Ersten zählten auch James und die anderen beiden. Sirius' Gesicht hellte sich auf, als er den Erstklässler sah.

"Remus!", rief er freudig und ging mit den anderen beiden im Schlepptau zu ihm und ließ sich bei ihm nieder. "Wie geht es dir? Besser?"

Remus nickte leicht.

"Ja. Danke der Nachfrage."

"Wann hat dich Pomfrey rausgelassen?", fragte James, der sich schon einen Berg an Essen auf den Teller geladen hatte.

"Heute morgen. Eigentlich wollte ich ja zum Unterricht kommen, aber sie hat gesagt, dass sie mir die Hölle heiß macht, wenn ich gehe, weil ich noch nicht wirklich gesund bin."

Er lächelte schwach.

"Ich bin nur wegen was zu Essen runtergekommen, wenn ich ehrlich bin."

Sirius lächelte.

"Das ist wenigstens ein Zeichen, dass es dir besser geht. Weißt du, eigentlich wollten wir dich besuchen, aber Poppy hat es uns verboten. Hat gemeint du schläfst."

"Poppy?", fragte der Brünette stirnrunzeld. "Wieso Poppy?"

"Ach, weißt du", begann der junge Black und grinste. "Hab ich zufällig aufgeschnappt, als Dumbledore nach dir gesehen hat."

"Professor Dumbledore war da?"

Der Schwarzhaarige nickte.

"Ja. Frag mich nicht wieso. Vielleicht Kontrollgang oder so", meinte er lachend. "Jedenfalls hat er Pomfrey Poppy genannt. Deshalb."

Remus erwiderte das Lächeln leicht und aß seine Suppe weiter. Er sah zum Lehrertisch und erblickte den Direktor, der gerade mit Professor McGonagall sprach. Der alte Zauberer hatte ihn also aufgesucht? Sicherlich hatte er sich um ihn gesorgt. Immerhin war er für seinen Schützling - solang dieser in Hogwarts war - verantwortlich. Remus runzelte leicht die Stirn. Bei den letzten beiden Vollmonden hatte er sich allerdings auch nicht blicken lassen. Wieso also diesmal?

,Vielleicht hat er sich ja wirklich einfach nur Sorgen gemacht', dachte er und schob die groben Mutmaßungen beiseite.

Ja, so musste es sein. Immerhin war er nicht von allein ins Schloss zurückgekehrt. Madame Pomfrey hatte ihn sicherlich erst davon in Kenntnis gesetzt, bevor sie ihn abholen gegangen war. Daher hatte er sich später auch nach Remus' Befinden erkundet.

"Da fällt mir ein", begann er und sah seine Freunde an. "Könntet ihr mir vielleicht eure Aufzeichnungen geben? Ich würde sie gern abschreiben."

Er war recht verdutzt, als er anstatt einer Antwort nur das Grinsen seiner Freunde zu Gesicht bekam. Was sollte das? Wieso sahen sie ihn so an? Hatte er irgendetwas Falsches gesagt?

"Was-"

"Daran haben wir doch schon gedacht", unterbrach ihn Sirius und feixte noch immer.

"Wir haben für dich mitgeschrieben. Ist alles oben im Turm", meinte James und lächelte.

"Und deinen Strafaufsatz haben wir für dich auch schon gestern abgegeben", fügte Peter rasch hinzu.

"Meinen... Aber ich hab doch noch nicht ein Wort geschrieben."

"Das wissen wir", begann Sirius und die anderen beiden beendeten den Satz synchron, "aber nicht Flitwick."

Die Farbe wich aus Remus' Gesicht. Hatte er da gerade eben etwa richtig verstanden? Hatten die drei etwa wirklich...?

"Das habt ihr nicht getan", murmelte er.

"Doch", erwiderte James in beruhigendem Ton. "Keine Bange. Er wird es nicht mitbekommen. Wie haben die Feder so verhext, dass es wie deine Handschrift aussieht. Also mach dir da mal keine Gedanken."

Der Braunschopf seufzte leise und gab sich geschlagen. Es hatte ja doch keinen Sinn. Drei gegen einen war unfair. Außerdem, wieso sollte er sich eigentlich beschweren? Sie hatten ihm geholfen. Eigentlich sollte er ihnen einfach nur dankbar sein.

"Ihr seid einfach unmöglich", brummte er.

Doch er verriet sich selbst, huschte ein Grinsen über seine Züge. Dieses blieb von den Gryffindors nicht unbemerkt und auch sie begannen zu schmunzeln. Plötzlich hörte Remus jemanden seinen Namen rufen. Er sah sich um und erspähte einen Rotschopf, der gerade auf ihn zu kam. Am Eingang der Halle standen Severus und Andromeda, die ihm - Severus mehr oder weniger, eher weniger - muntere Blicke zuwarfen, sich dann jedoch zu ihren Haustischen begaben. Lily ließ sich neben dem jungen Lupin nieder und sah ihn freudig, gleichzeitig aber auch besorgt an.

"Remus! Geht's dir besser? Du bist immer noch blass. Wieso hast du nicht gesagt, dass du krank bist? Ich hab mir Sorgen gemacht. Ich-"

"Lily", unterbrach er sie und lächelte. "Mir geht es wieder gut. Glaub mir. Alles in Ordnung. Bitte beruhige dich, ja? Bitte."

Sie seufzte leise und nickte leicht.

"Entschuldige. Es ist nur - wir haben uns wirklich Sorgen gemacht. Andromeda, Severus und ich. Erst bist du nicht beim Frühstück und dann auch nicht beim Unterricht."

"Jetzt bin ich ja wieder da", meinte er lächelnd.

Der Rotfuchs konnte nicht anders und lächelte ebenfalls.

"Ja, ich sehe es."

Sie begann zu essen, sah nach einigen Augenblicken jedoch wieder auf.

"Hast du was dagegen, wenn wir uns heute Abend noch mal wegen der Deko zusammensetzen? Ich würde das Ganze auch gern bald mal ausprobieren. Theoretisch ist immer noch etwas Anderes als praktisch. Außerdem müssen wir uns bald mal mit den anderen treffen um alles fertig zu machen. Ich glaube die letzten ein bis zwei Wochen würden dafür zu stressig werden. Oder was meinst du?"

"Da stimme ich dir zu, aber wärest du auch mit morgen Abend zufrieden?", fragte er und sah sie bittend an. "Ich glaube nicht, dass ich heute etwas Vernünftiges zustande bekommen. Außerdem würde ich mir gerne das ansehen, was ich verpasst habe - unterrichtsmäßig."

"Natürlich. Reicht voll und ganz", meinte sie mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, dass so manches Jungen- beziehungsweise Männerherz höher schlugen ließ.

Der Spross der Lupins dankte ihr für ihr Verständnis. Heute hatte er wirklich keinen Bedarf irgendetwas zu tun. Gut - zum Unterricht würde er gern gehen, aber zu nichts weiter. Ihm taten noch immer alle Knochen weh und er war froh, wenn er wieder oben im Gryffindor-Gemeinschaftsraum war, eine weitere Tasse Tee trinken konnte und sich einfach nur vor dem gemütlichen Feuer, welches im Kamin loderte, vor sich hindösen und einfach nur entspannen konnte. Nach dem Mittagessen folgte für die Erstklässler ohnehin lediglich noch eine einzige Stunde Kräuterkunde. Zwar mochte er das Fach, doch freiwillig brachten ihn keine zehn Irrwichte hinaus in die eisige Kälte, die sie hinter sich bringen mussten, wenn sie zum Gewächshaus gehen wollten - oder besser sollten.
 

"Und? Was meinst du?", fragte Lily und lehnte sich in dem Ledersessel zurück.

Remus betrachtete sich das Konzept.

"Ich finde es nicht schlecht. Aber ob das auch praktisch so funktioniert..."

Er sah sie skeptisch an. Lily lächelte nur sanft und nickte leicht.

"Ich weiß was du meinst, aber mit den richtigen Zaubersprüchen müsste es eigentlich klappen. Ich war heute Morgen in der Bibliothek und hab gesucht."

Sie legte ein paar Notizzettel auf den Tisch.

"Die hier müssten uns eigentlich weiterhelfen. Wir müssen sie nur noch etwas miteinander abstimmen und dann können wir das Ganze ausprobieren."

"Du bist wirklich auf alles vorbereitet", schmunzelte der Braunschopf und erhielt als Antwort ein leichtes Lachen seitens der Rothaarigen.

"Muss ich doch, wenn du krank bist."

Der Jüngere schmollte leicht.

"Ich hab mich doch schon entschuldigt. Tut mir ja leid."

Wieder erntete er nur ein sanftes Lachen. Belustigte grüne Augen funkelten ihn an.

"Das war ein Scherz, Remus. Wenn du krank bist, dann bist du eben krank. Und? Davon geht die Welt nicht unter. Und jetzt schau nicht so. Lass uns lieber weiterarbeiten. Ich würde das Ganze nachher gern ausprobieren."

"Nachher?", fragte ihr Gegenüber stirnrunzelnd.

"Nach dem Abendessen."

"Aber das geht doch in einer halben Stunde los."

"Um so schneller sollten wir weiterarbeiten. Außerdem kommen die anderen auch. Wir wollten das mal alles durchspielen."

"Und wieso ausgerechnet heute noch?"

"Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen", tadelte Lily, lachte dann jedoch wieder.

Remus grummelte leicht, konnte sich das Grinsen allerdings nicht verkneifen. Lily wusste wie sie sich durchsetzen konnte. Oder wusste er einfach nicht wie man auf seiner Meinung beharrte?

In diesem Moment schwang das Porträt, welches den Eingang zum Gryffindorturm versperrte, zur Seite und einige Gestalten betraten den Raum. Remus lächelte als er ein paar völlig verschneite, ihm bekannte Erstklässler sah. James klopfte den Schnee von seinem Umhang, während Sirius durch seine schwarzen Haare wuschelte und die Flocken so aus diesen verbannte. Seine Haarpracht glitzerte in verschiedenen Tönen, brach sich das Licht, welches den Gemeinschaftsraum erhellte, in den Wassertropfen des geschmolzenen Eises. Peter tapste hinter den beiden her. Er hatte seinen Mantel bereits ausgezogen und schüttelte ihn aus. Dabei traf der Schnee andere Schüler, die sich darüber aufregten und den jungen Pettigrew böse anfunkelten. Dieser lief rot an und zog den Kopf ein wenig ein. Er schloss schnell zu den Schwarzschöpfen auf.

"Ihr seht ja ziemlich fertig aus", meinte Remus lächelnd.

James grinste.

"Ja, fertig, aber es hat sich gelohnt."

"Ach, und weshalb?"

Auch Sirius grinste.

"Weil wir uns gerade eben eine Begleitung für den Ball organisiert haben."

Lily runzelte die Stirn.

"Und deshalb seht ihr so aus? Wie habt ihr es denn angestellt? Wer hat sich denn erbarmt?"

Der Spross der Potters warf ihr einen abwertenden Blick zu.

"Es hat sich niemand erbarmt. Eher im Gegenteil. Sie haben sich uns an den Hals geworfen."

Die Lippen der Erstklässlerin zuckten leicht in den Mundwinkeln.

"Ach, und wer sind die Glücklichen?"

"Ein paar Hufflepuffs."

Lily antwortete nicht mehr. Sie lächelte nur leicht und hüllte sich in Schweigen. Doch für James schien es schon Antwort genug zu sein. Er wandte sich von ihr ab und ging Richtung Treppe, die hinauf zu den Jungenschlafsälen führte. Sirius warf Remus und Lily einen entschuldigenden Blick zu, bevor er und Peter dem jungen Potter hinterher gingen. Als die drei verschwunden waren seufzte der Rotfuchs schwer.

"Ich kann es nicht", murmelte sie. "Ich kann zu diesem Kerl einfach nicht nett sein. Das geht nicht."

Sie sah den Erstklässler im Sessel neben ihr an.

"Es tut mir leid Remus. Eigentlich wollte ich wirklich nicht schon wieder so... sagen wir mal unausstehlich zu ihm sein. Aber ich konnte einfach nicht anders..."

Der Angesprochene lächelte nur mild.

"Schon okay. Ich weiß ja, dass du es wenigsten versuchst, aber James ist ja auch nicht der Einfachste."

Ein Seufzer entrann seiner Kehle.

"Wie dem auch sei - lass uns was essen gehen, ja? Er beruhigt sich schon wieder, also mach dir darüber mal keine Gedanken."

"Hm... Ja, ist gut", meinte Lily etwas zögernd, lächelte dann jedoch. "Warte hier, ich bin gleich wieder da."

Sie räumte die Sachen, welche sie beide auf dem Tisch verstreut hatten, zusammen und schaffte sie hinauf in ihren Schlafsaal. Wenig später kehrte sie lediglich mit ein paar kleinen Notizzetteln zurück, die sie wie versprochen später ausprobieren würden. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Großen Halle.
 

Das Abendessen verlief recht ruhig und gesittet. Kurz nach Acht war die Halle fast leer. Am Ravenclaw-Tisch saßen Remus und die anderen, welche sich über die Dekoration des Weihnachtsballes Gedanken machten. Am Lehrertisch war nur noch Dumbledore zu sehen, der sich mit Professor McGonagall und Redwing unterhielt. Sonst war der Saal leer. Für die Erst- bis Drittklässler herrschte bereits Ausgangssperre, welche jedoch nicht für die Planer des Balles galt. Allerdings mussten sie sich zur allgemeinen Sperrstunde - zehn Uhr um genau zu sein - ebenfalls in ihre Häuser zurückgezogen haben.

Remus und Lily brüteten über einen ihrer Sprüche.

"Ob der so funktioniert... Ich weiß nicht, Remus..."

Dieser lächelte nur.

"Lass es uns ausprobieren. Dann werden wir ja sehen."

"Und was, wenn er uns ganz misslingt?"

"Dann haben wir immer noch die anderen, die uns helfen, nicht?"

Andromeda hatte zugehört und grinste.

"Natürlich. Auf uns könnt ihr euch verlassen. Außerdem sind ja auch noch ein paar Lehrer da, wenn es total schief geht."

Die Rothaarige kräuselte die Lippen.

"Zu freundlich..."

"Aber immer doch. Und jetzt zeigt doch mal, was ihr euch ausgedacht habt."

Die beiden Gryffindors warfen sich fragende Blicke zu, wussten sie nicht, wer von ihnen beiden es am besten probierte.

"Mach du nur", meinte Lily und lächelte.

Remus nickte. Er zückte seinen Zauberstab und konzentrierte sich. Leise murmelte er den Spruch und schwenkte den Stab. Er erleuchtete den Raum und als das Licht verblasste, war das Schloss verschwunden. Er und die anderen waren von einem undurchdringbarem schwarz umgeben. Auch die Kerzen, die in der Luft schwebten mochten diese nicht zu erhellen. Der junge Lupin seufzte schwer und wandte sich zu Lily um.

"Ich hab doch gesagt, dass es nicht funktioniert."

"Aber immerhin etwas. Du musst es nur noch ein wenig ausbessern. Dann klappt es schon. Außerdem haben wir ja noch genügend Zeit, um die ganze Sache ausgiebig zu testen und vorzubereiten."

Andromeda grinste.

"Naja, aber wenn das Endergebnis schlussendlich doch so aussieht, dann muss ich mir mit der Beleuchtung ziemlich viel Mühe geben. Sonst tappen wir sprichwörtlich alle im Dunkeln."

Remus wollte etwas darauf erwidern, als plötzlich eine laute Stimme im nicht mehr vorhandenen Raum ertönte

"Mr.Lupin", begann der Direktor, der sich zusammen mit den beiden Professorinnen näherte.

Er lächelte seinen Schützling an.

"Waren Sie das?"

Ein leichtes Kopfnicken folgte auf die Frage hin.

"Ja Sir. Es war allerdings keine Absicht. Der Spruch ist noch nicht so ganz... ausgereift. Lily und ich testen noch."

Der alte Zauberer schmunzelte.

"Verstehe. Nun", er hob seinen Arm und machte eine kleine Handbewegung, kurz darauf tauchte die Halle wieder in ihrem ursprünglichen Zustand auf, "dann sollten Sie noch etwas daran arbeiten. Aber ich denke bis es soweit ist, werden Sie beide es schaffen."

Er warf einen Blick in die Runde.

"Ich wünsche euch viel Glück und ich hoffe, dass es ein gelungenes Weihnachten wird. Weihnachten ist eines der schönsten Feste im Jahr. - Bleibt aber bitte nicht mehr allzu lang wach. Ihr wisst ja, der Schlaf vor Mitternacht ist der gesündeste. Und ausgeschlafene Schüler sind mir lieber als übernächtigte. Also, gute Nacht."

Er verabschiedete sich mit einem kurzen Kopfnicken von seinen Schützlingen und verließ den Saal. Auch Redwing und McGonagall machten sich nach ein paar wenigen Worten auf den Weg.

"Okay, also wo waren wir?", fragte Andromeda und grinste breit.

Als Remus dieses sah, sank seine Laune ein wenig. Er wusste, dass die Ravenclaw solang nicht ruhen würde, bis sie ein halbwegs akzeptables Ergebnis vorzuweisen hatten. Immerhin war sie für die Beleuchtung zuständig. Und solang die beiden Erstklässler aus Gryffindor es nicht geschafft hatten die Halle in ihren Endzustand zu versetzen, konnte sie auch nicht mit ihrem Teil der Arbeit beginnen. Somit würde es eine lange Nacht werden. Er war sich sicher, dass sie die vorgegebene Zeit zur Ausgangssperre mit Leichtigkeit überziehen würden.
 

Völlig fertig lies Remus sich auf sein Bett fallen. Er stöhnte leise. Endlich - Endlich hatten sie es geschafft. Nach knapp zwei Wochen Arbeit hatten Lily und er es endlich geschafft und den Spruch bewältigt. Und es hatte sich gelohnt. Es hatte wirklich atemberaubend ausgesehen. Andromeda und die anderen waren völlig aus dem Häuschen gewesen. Der Ball konnte nur gelingen. Oder zumindest an der Dekoration sollte er nicht scheitern.

Der Braunschopf rollte sich auf den Rücken und starrte in das Dunkel. Es war schon spät. Die anderen waren allerdings noch nicht zurück. Bis zwei Uhr morgens hatten sie zusammen mit den Hufflepuffs noch Astronomie. Er war froh, dass er und Lily aufgrund der Vorbereitungen nicht kommen mussten. Es war wirklich ein Segen. Immerhin hatten sie erst weit nach Mitternacht die Große Halle verlassen. Als er und Lily nach oben gegangen waren, hatte auch sie wie erschlagen gewirkt und ihre Augen nur noch schwer aufhalten können. Allerdings hatte sie genau wie er ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen gehabt, das die ganzen Strapazen vergessen machte. Sein eigenes Lächeln wurde ein wenig breiter, als er an Lily dachte. Sie war ihm freudestrahlend um den Hals gefallen, als es ihnen endlich gelungen war. Er mochte jedoch nicht zu sagen, weshalb sie so überglücklich gewesen war. Weil sie mit ihrer Arbeit fertig waren, weil sie sich endlich eine Pause gönnen konnten, weil sie sich nun überlegen konnte, welches Kleid sie tragen solle - in den letzten Tagen redete sie nur noch davon, ob nun mit ihm, Andromeda, Severus oder jemand anderem - oder weil sie sich auf den Ball freute. Vielleicht auch alles zusammen. Er schmunzelte und fuhr sich seufzend durch's Haar. Er war ebenfalls erleichtert. Heute war wirklich ein anstrengender Tag gewesen. Als erstes hatten Avery und die Slytherins es wie immer nicht lassen können auf ihm und den anderen herumzuhaken - wodurch sie alle nur knapp einer Strafarbeit und Punktabzug entgangen waren - danach hatte er Novis' Launen ertragen müssen - in letzter Zeit wirkte dieser immer häufiger verstimmt - und anschließend hatte er sich in Geschichte zusammennehmen müssen, dass er nicht einschlief. Nach der Mittagspause hatten sie noch zwei Stunden Kräuterkunde gehabt, in denen sie Alraunen umgetopft hatten. Für Sirius, James und ihn hatte der Unterricht schnell geendet, hatte Peter vergessen seine Ohrenschützer aufzusetzen, sodass sie ihn auf die Krankenstation bringen mussten. Vor dem Abendessen hatte er mit Severus noch ein wenig für den Ball geübt. Er musste zugeben, dass sie inzwischen keine so schlecht Figur mehr abgaben. Remus war sich sicher, dass sie sich beim Ball nicht mehr blamieren würden und Severus - so glaubte er zu wissen - dachte dies mit Bestimmtheit auch. Nach dem Tanzunterricht hatten sie sich sputen müssen, um in die Große Halle zu kommen. Das Essen war bereits in vollem Gange gewesen. Die Stimmung war mal wieder äußerst gut gewesen. Viele Schüler hatten sich über den anstehenden Ball unterhalten. In drei Tagen, am kommenden Samstag - der 18.Dezember - begannen immerhin die Weihnachtsferien. Langsam mussten sich die Schüler wirklich entscheiden, ob sie heimfuhren oder nicht. Aber soviel der Spross der Lupins mitbekommen hatte, würde der Großteil wohl im Schloss verweilen. Sie wollten sich das Spektakel an Weihnachten anscheinend nicht entgehen lassen. Ihm waren Zweifel aufgekommen, ob sie die anderen vielleicht enttäuschen würde, aber nachdem Lily und ihm der Zauber gelungen war, hatte er alle Bedenken verworfen. Ja - es würde schon alles mehr oder weniger schief gehen.

Leise gähnte er. Sein Blick wanderte zur Uhr. Es war kurz vor zwei Uhr morgens. Die anderen würden wohl bald kommen. Er überlegte, ob er nicht vielleicht noch schnell duschen und sich umziehen sollte, doch eine bleierne Müdigkeit hielt ihn zurück. Er konnte kaum noch mehr die Augenlider öffnen, so erschöpft war er. Er bemerkte, wie seine Gedanken immer mehr stockten. Nein. Duschen konnte er auch noch morgen. Und so schlimm war es ja auch wieder nicht, wenn er einmal in seinen Klamotten schlief. Davon ging die Welt auch nicht unter. Er kuschelte sich in sein Kissen und seufzte leise. Wie er sein weiches Himmelsbett doch liebte. Nach wenigen Sekunden war Remus auch schon mit einem seligen Lächeln auf den Lippen ins Land der träume hinüber geglitten.
 

"Hast du die Hausaufgaben gemacht?", fragte Lily und gähnte leicht.

Remus schüttelte leicht den Kopf.

"Nein. Ich hatte nicht wirklich Zeit dafür. Aber ich denke nicht, dass sie uns den Kopf abreißen wird. Immerhin weiß sie ja, dass wir mit dem Ball beschäftigt waren."

Die junge Evans nickte leicht.

"Ja, du hast wohl Recht."

Sie lächelte.

"Soviel Verständnis wird sie wohl haben."

Gemeinsam betraten die beiden den Unterrichtsraum und nahmen an einem Tisch vor Severus Platz. Dieser las gerade im Lehrbuch.

"Severus?", fragte Lily, als sie ihre Sachen ausgepackt hatte.

"Hm?"

Er sah auf.

"Ja?"

"Remus und ich waren mit den Vorbereitungen für den Ball beschäftigt. Kannst du uns vielleicht sagen, um was es in der Hausaufgabe ging? Wir haben sie beide nicht gemacht."

"Es ging um Doxys. Wie sie aussehen, wo man sie findet und so."

Er suchte das Pergamentstück mit seinen Aufzeichnungen heraus und reichte es Lily.

"Ihr könnt es euch ja durchlesen."

"Vielen dank Severus", erwiderte sie mit einem herzlichen Lächeln.

"Nicht der Rede wert, aber lasst es nicht zur Gewohnheit werden."

"Werden wir nicht", antwortete nun Remus. "Nochmals danke."

Er und Lily überflogen die Notizen kurz. Allzu viel war es wirklich nicht. Als sie fertig waren, wollte Remus Severus den Zettel zurückgeben, als er innehielt. Verwundert sah er Richtung Tür. Sah er da etwa richtig? In der Tür stand Professor Redwings Mann, nicht die Professorin. Remus runzelte die Stirn. Was trieb ihn hierher? Und wo war seine Lehrerin? Mr. Redwing schloss die Tür hinter sich und ging auf den Lehrertisch zu. Die Schüler sahen ihn dabei mit neugierigen oder auch misstrauischen - ab und an auch etwas ängstlichen, war er nicht gerade der Vertrauenserweckendste - Blicken an.

"Wer ist denn das?", fragte Lily leise.

"Mr. Redwing", erwiderte Remus.

Der Rotschopf wandte sich dem Jüngeren zu.

"Woher weißt du das?"

"Peter, James, Sirius und ich hatten schon das Vergnügen mit ihm."

"Und wann?"

Doch diese Frage beantwortete der Gryffindor nicht mehr, ergriff der in schwarz Gekleidete das Wort.

"Wenn ich mich vorstellen darf? Mein Name ist Vladimir Redwing. Meine Frau wird euch in nächster Zeit nicht unterrichten können. Ich werde sie solang vertreten."

Eine Slytherin hob die Hand. Der neue Lehrer nickte ihr leicht zu, als Zeichen, dass sie sprechen konnte.

"Und wo ist Professor Redwing?"

"Sie ist für den Direktor unterwegs."

"Und weshalb?", fragte nun Rosier.

"Normalerweise stellt der Lehrer die Fragen und nicht der Schüler, oder?", gab der schwarzhaarige Mann ein wenig säuerlich zurück. "Lasst uns mit dem Unterricht anfangen. Wenn ich richtig informiert bin, dann solltet ihr bis heute das Thema Doxys ausarbeiten. Also, darf ich bitten?"

Sein Blick glitt durch den Raum. Bei Remus blieb er stehen.

"Sie vielleicht Mr. Lupin?"

Der Angesprochene schluckte leicht. Das fing ja gut an. Er ordnete seine Gedanken. Gut, was hatte noch mal alles bei Severus gestanden? Er wusste, dass er diese Stunde nur schwer überstehen würde.
 

"Bist ja ganz schön ins Schwitzen gekommen", meinte Sirius grinsend und nahm einen Schluck von seinem Kirschsaft.

Der Spross der Lupins seufzte leise.

"Ich hatte wirklich Glück. Ich hab schon gedacht, dass er mich gar nicht mehr in Ruhe lässt."

"Woher wusstest du das eigentlich alles?", fragte James, der ein Stück Brot kaute. "Der Großteil stand gar nicht im Lehrbuch. Und ich dachte, dass du die Hausaufgaben nicht gemacht hast."

"Nicht?", fragte Remus und sah seinen Gegenüber verwundert an, während er ein wenig Tee trank.

Der Schwarzschopf musterte Remus ein wenig skeptisch.

"Was soll denn das schon wieder heißen? Hast du dir das ganze etwa aus den Fingern gesogen? Du musst den Text doch gelesen haben oder woher wusstest du das alles."

"Naja...", gab Remus ein wenig zurückhaltend und mit mulmigem Gefühl in der Magengegend zurück, wusste er, dass James die Antwort nicht gefallen würde, "Ich hab mir Severus' Notizen durchgelesen und das gesagt, was mir eingefallen ist."

Bei der Erwähnung des Namen des Slytherin verfinsterte sich die Miene James' ein wenig, aber er sagte nichts.

"Wie steht's eigentlich mit dem Ball?", fragte Sirius ablenkend, damit die Stimmung nicht ganz auf Null fiel. "Wie weit seid ihr denn?"

"Eigentlich soweit fertig", erwiderte der Braunschopf. "Lily und ich zumindest. Andromeda ist auch schon ziemlich weit. Und die anderen... Weiß nicht so genau. Aber ich glaube die auch."

Er lächelte leicht.

"Ich denke mal, dass wir den Ball schon irgendwie zum Laufen bekommen. Das wird schon. Ich bin recht zuversichtlich. Lily und ich wollten am Wochenende noch mal alles durchgehen. Eigentlich dürfte es soweit keine Probleme mehr geben."

"Und wie wird die Deko aussehen?", fragte Peter interessiert und nippte an seinem Getränk.

"Das verrate ich nicht", meinte Remus grinsend. "Hab ich doch schon mal gesagt. Das wird eine Überraschung. Ihr werdet schon sehen."

"Und einen Anhaltspunkt gibst du uns auch nicht?", fragte der junge Black.

"Nein."

"Auch keinen kleinen? Auch nicht, wenn wir dich ganz lieb darum bitten?", wollte nun James wissen, der sich anscheinend wieder beruhigt hatte.

"Nein, auch dann nicht. Gebt auf. Von mir erfahrt ihr kein sterbends Wörtchen", lachte er, "und von den anderen auch nicht. Glaubt mir."

Der junge Potter begann leicht zu schmollen.

"Das ist gemein."

"Ist es gar nicht", meinte Remus nur und trank etwas von seinem Saft.

"Natürlich ist es das. Vor seinen Freunden hat man keine Geheimnisse. Nicht wahr Sirius?"

James sah auffordernd zu dem Angesprochenen, welcher seinen Freund natürlich nicht im Stich ließ und zustimmend nickte.

"Das stimmt. So etwas gehört sich nicht. Freunde haben keine Geheimnisse voreinander."

"Siehst du", meinte der andere Schwarzhaarige und funkelte den Spross der Lupins herausfordernd an. "Also: raus mit der Sprache. Raus mit allem, was du uns verheimlichst."

Er grinste den Braunschopf an ohne zu wissen, was er für eine Lawine der Gefühle bei diesem mit so einem einfachen - nicht überdachten, ahnungslosen - Satz bei ihm auslöste. Remus' Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürrt. Er sollte ihnen alles sagen, was er ihnen verheimlichte? Nein, das ging nicht. Das ging nun wirklich nicht. Gut - sicher hatte James damit nur das Schulfest gemeint, aber was, wenn er vielleicht doch eine Ahnung hatte, wieso der junge Lupin monatlich des Nachts verschwand? Vielleicht war der Satz ja absichtlich so gewählt. Vielleicht wollte er ihn so zu einem Geständnis - nein, vielmehr einer Beichte zwingen? Remus schluckte schwer. Aber er konnte doch unmöglich - hier vor alles Augen und Ohren - zugeben, dass er ein Werwolf war. Nein, das konnte er nicht. Wenn er das tat, dann würden spätestens morgen früh die ersten Eulen eintreffen und seinen Schulverweis mit den transportierten Briefen fordern. Nein, er konnte es James nicht sagen. Aber was sollte er dann tun? Er hatte völlig die Fassung verloren und leichter Schweiß war ihm ausgebrochen. Er bekam gar nicht mit, dass ihn seine drei Freunde verwundert und gleichzeitig besorgt ansahen.

"Remus?", fragte Sirius. "Geht's dir nicht gut?"

Der Braunschopf wurde aus seinen Gedanken gerissen und sah nun ein wenig verstört und verwirrt in die blauen Augen.

"Was?", entfuhr es ihm leise.

"Tut mir leid", meinte James. "Ich wusste nicht, dass dich meine Frage so aus der Fassung bringt."

Er lächelte.

"Ich versteh schon, dass du uns nicht sagen willst, was ihr genau für das Schulfest geplant habt. Tut mir leid. Vergiss einfach meine Frage. Aber deswegen musst du nicht gleich so ins Schwitzen geraten."

Remus sah den Braunäugigen noch immer verwundert an, nickte jedoch leicht. Natürlich, der Weihnachtsball. Wie hatte er auch nur so dumm sein können und annehmen können, dass James oder die anderen etwas von seinem Geheimnis wussten? Bis jetzt hatte er sich nicht allzu auffällig benommen und alles war gut gegangen. Sehr viel Verdacht dürfte er noch nicht geweckt haben. Er lächelte leicht.

"Entschuldige, aber die anderen haben mir eingebläut nichts zu sagen. Du weißt ja wie Mädchen sind. Geheimniskrämerei und so. Wenn ich nur ein Wort zuviel verliere, dann darf ich mich schon mal auf eine gehörige Standpauke gefasst machen."

James und Sirius lachten und nickten leicht.

"Ja, so sind die Mädchen", meinte Sirius und grinste über das ganze Gesicht.

"Wie sind wir?", fragte jemand hinter ihm.

Er wandte sich um und sah in ein Paar Augen giftigen Grüns.

"Oh, Lily..."

Er grinste leicht.

"Abend. Auch schon da?"

Sie sah ihn skeptisch an und nahm dann neben ihm Platz.

"Im Gegensatz zu anderen, müssen manche Leute lernen."

Der junge Black strich sich auf arrogante Art und Weise eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah herablassend auf Lily herab.

"Tja, manche Leute haben es eben nicht so nötig zu lernen, wie andere."

Ihre Blicke trafen sich. Für einen Moment hörte Remus die Luft zwischen den beiden regelrecht knistern, doch dann brachen beide in herzhaftes Lachen aus, welches ihn sofort beruhigte. Für kurze Zeit war sein Herz stehen geblieben, hatten ihn Sirius' Worte recht heftig getroffen. So hatte er den Schwarzhaarigen noch nie sprechen gehört. Doch glücklicherweise war das ganze nur Spaß gewesen und Lily hatte diesen auch so verstanden, denn sie wusste: wer Schläge austeilte, der musste auch einstecken können.
 

Das Abendessen verlief recht ruhig. Remus verlies die Tafel schon eher, musste er sich bis zum morgigen Tag noch gute zehn Seiten des Geschichtsbuches zu Gemüte führen. Es würde wohl ein öder Abend werden und er selbst war nicht gerade sehr erpicht darauf sich Geschehnisse vor über zweitausend Jahren zu merken. Gut, es konnte durchaus interessant sein, hatte man einen Lehrer, der das ganze spannend darstellte, aber bei seinem Professor war Hopfen und Malz bereits verloren.

Er hatte gerade die große Halle verlassen, als ihn jemand rief. Er wandte sich um und sah Lily auf ihn zukommen.

"Du willst wirklich schon in den Turm?", fragte sie und lächelte sanft.

Zur Antwort nickte er leicht.

"Ja, eigentlich schon. Warum fragst du?"

"Naja..."

Sie wippte leicht nach vorn und zurück, wusste sie nicht genau, wo sie anfangen sollte.

"Ich... Eigentlich wollte ich noch mal runter an den See. Aber allein ist das langweilig. Kommst du vielleicht noch mal mit?"

Sie sah ihn bittend an. Einen Moment lang war er irritiert und fragte sich, weshalb Lily so spät noch nach draußen wollte. Und wieso ausgerechnet mit ihm.

"Ich... ähm... Eigentlich wollte ich ja noch-"

"-lesen. Ich weiß. Ach, bitte, Remus!"

Als sie ihn mit einem durchdringenden Hundeblick ansah, brach sein letzter Widerstand. Er seufzte leise und nickte.

"Einverstanden. Ich komm mit."

Ihr Gesicht hellte sich auf und der Rotfuchs begann regelrecht zu strahlen.

"Danke Remus! Du bist der Beste."

,Nein, nur der, der am leichtesten Rumzukriegen ist', dachte er resignierend.
 

Gemeinsam hatten sich die beiden Erstklässler auf den Weg gemacht und liefen nun am Ufer des zugefrorenen Sees entlang. Lily hatte sich bei Remus eingehakt und an ihn gedrückt, war es hier draußen unsagbar kalt und fror sie stark. Sie lächelte zufrieden vor sich hin und ging stumm mit - dem im Gesicht feuerrot angelaufenen - Remus weiter. Diesem war durch den engen Kontakt recht warm geworden und sein Puls hatte sich ein wenig erhöht. Es wunderte ihn, dass Lily eine solche Wirkung auf ihn hatte. Gut, sie war schön - sehr schön - aber sie war seine Freundin. Wie auch Andromeda. Auch bei der Schwarzhaarigen hatte er des Öfteren Schmetterlinge im Bauch, sogar noch stärker, als jetzt bei Lily. Andere Male war alles normal. Er hatte sich schon öfters den Kopf darüber zerbrochen, die Gedanken jedoch immer wieder beiseite geschoben. Doch nun, da die junge Evans und er in trauter Zweisamkeit das Ufer - in schon recht starker Dunkelheit - entlang schlenderten, kamen diese Hirngespinste wieder in ihm hoch. War da vielleicht mehr als nur Freundschaft? Empfand er mehr für die beiden Mädchen, als er dachte? Andererseits - so zweifelte er - war es schon seltsam. Solche Gefühle konnte er schlecht für zwei Mädchen auf einmal empfinden. Das war falsch. Das war einfach... Er wusste es nicht zu beschreiben. Nein, es konnte unmöglich sein, dass er mehr für die beiden empfand. Sicher bildete er es sich nur ein. Gut, bis jetzt hatte er sich noch in niemanden verliebt, aber dass er sich mit einem Mal in zwei weibliche Wesen... Nein, das war ausgeschlossen. Und wenn doch, dann war das alles nur vorübergehend. Immerhin waren sie alle noch Kinder. Für so etwas hatte er auch später noch Zeit. Ein Lächeln stahl sich auf seine Züge. Ja, es waren einfach nur freundschaftliche Gefühle. Bei Severus und Sirius empfand er ja auch ähnlich und in die beiden würde er sich nie verlieben. Da war er sicher.

Bei diesem Gedanken lachte er leicht.

Nein. In einen Jungen würde er sich niemals verlieben. Das war ausgeschlossen. So verquer war er nun wirklich nicht.

"Wieso lachst du?", fragte Lily plötzlich und sah ihn mit ihren großen, grünen Augen an.

Er schüttelte nur leicht den Kopf und lächelte.

"Nur ein Gedanke. Mehr nicht."

"Ach so...", erwiderte der Rotschopf nachdenklich und schenkte ihm ein sanftes Lächeln.

Remus ließ seinen Blick über den See gleiten. Die Eisschicht, welche ihn bedeckte, hatte ihn nun fast vollständig vereist. Der Winter war noch lang. Ob er ganz zufrieren würde? Noch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, spürte er ein leichtes Zittern. Er sah zu Lily.

"Ist dir sehr kalt?"

Sie schüttelte den Kopf.

"Nein, nur ein wenig."

"Sollen wir zurückgehen?", fragte er fast schon mütterlich. "Sonst wirst du noch krank."

Die Gryffindor lachte leicht und verneinte abermals.

"Ist schon in Ordnung. Ich will noch nicht zurück."

"...Wie du willst...", seufzte er leise. "Aber sag mir eins. Wieso wolltest du mit mir spazieren gehen? Jetzt?"

Sie grinste ihn an.

"Dir kann man nichts vormachen, hm?" Als Remus ihr keine Antwort gab, fuhr sie fort: "Ich wollte mit dir wegen dem Ball sprechen."

"Und weswegen?"

"Ich habe zwei Kleider zur Auswahl und weiß nicht, welches ich von beiden nehmen soll."

Der Jüngere blieb abrupt stehen und sah seine Begleiterin ungläubig an.

"Und deswegen die Umstände?"

Sie war irritiert, hatte sie nicht mit einer solche - geschockten - Reaktion gerechnet.

"Naja, ich wollte nicht im Gemeinschaftsraum drüber reden. Das bekommt sonst gleich jeder mit. Ich möchte die anderen überraschen."

"Entschuldige, aber ich verstehe immer noch nicht..."

"So schwer ist das doch nicht", meinte sie ein wenig resignierend, schien sie sich zu wundern, dass Remus nicht wusste, worauf sie hinaus wollte. "Wir gehen zusammen zum Ball und ich möchte, dass unsere Sachen so gut wie möglich zusammen passen."

"Und weiter?"

"Naja, ich will bleibenden Eindruck hinterlassen."

"Und für wen? Oder bei wem?"

"Remus", stöhnte sie leise. "So schwer ist das wirklich nicht."

Sie funkelte ihn an.

"Bei James und den Slyhterins natürlich."

"Bei J- Aber wieso denn?"

Sie wandte sich von ihm ab, ging ein paar Schritte weiter und drehte sich dann zu dem jungen Lupin um und lächelte.

"Um James mal zu zeigen, dass er nicht der Größte der ganzen Schule ist. Er bildet sich doch so gern was auf sich ein und ich habe mir gedacht, wenn er sieht, dass es ein Paar gibt, dass besser aussieht, als er und seine Begleitung, dann steigt er vielleicht endlich mal von seinem hohen Ross. Und bei den Slytherins ist das so ähnlich. Die denken doch auch, dass alles, was nicht reinblütig ist, Abschaum ist. Denen will ich auch endlich Mal das Gegenteil beweisen. Zumindest Avery und den anderen. Eigentlich macht es mir ja nichts aus, wenn sie über uns herziehen, da ich weiß, dass es dummes Gewäsch ist, aber bei so einem Ereignis kann ich einfach nicht anders. Deshalb. Deshalb wollte ich mit dir drüber sprechen."

Als sie endete, sah sie ihren Gegenüber erwartungsvoll an. Einige Zeit blieb es ruhig, bis Remus nicht anders konnte als zu Grinsen und kopfschüttelnd weiter zu gehen. Verwundert blickte sie ihm nach.

"Warum grinst du? Was hab ich denn gesagt? Was war lustig?"

Er schüttelte nochmals den Kopf.

"Nichts, Lily. Nichts. Ich dachte nur nicht, dass es dich so auf die Palme bringt."

Er sah zu ihr zurück und lächelte nun.

"Lass uns das morgen alles besprechen. Mir ist das heute zu spät. Aber wenn du unbedingt willst, dann mache ich gern mit. Avery treibt mich manchmal auch zur Weißglut und wenn du ihm ein Schnippchen schlagen willst, dann sag ich nicht nein. Aber jetzt lass uns gehen. Wir müssen in den Gemeinschaftsraum. Es ist schon spät."

Der Nachwuchs der Evans' nickte rasch und schloss auf. Sie schmiegte sich wieder an ihn, war ihr noch immer kalt. Doch nun ging es ihr besser, hatte sie es endlich los geworden. Gut, es war nur eine kleine Nichtigkeit gewesen, aber diese Art von Dingen konnte manchmal sehr erdrückend sein.

Remus konnte sein Lächeln noch immer nicht verbannen. Es ging einfach nicht. Es amüsierte ihn, über was Lily nachdachte. Über solche Dinge würde er aller Wahrscheinlichkeit nie im Traum nachdenken. Noch eine kleine Gemeinsamkeit, die die beiden teilten. War er sich überlegte, über welche Angelegenheiten er sich ab und an den Kopf zerbrach, dann musste Lily diese als ebenso überflüssig erachten.

Seine Gedanken gerieten ins Stocken, als er seltsamer, unnatürlicher Laut an sein Ohr drang. Seine Schritte wurden langsamer und schließlich blieb er stehen. Er kannte das Geräusch. Wann hatte er es zuletzt gehört? War es nicht... Seine Augen weiteten sich. Ja natürlich. An seinem Geburtstag. Kurz bevor er ins Schloss zurückgekehrt war und über das blutüberströmte Mädchen gestolpert war. Er ignorierte Lilys Fragen und ging auf einen kahlen Baum am Ufer zu. Das Schluchzen wurde lauter. Und da sah er sie. Die kleine schmächtige Gestalt, welche nahezu durchsichtig war und leicht blau schimmerte. Ihr Haar wehte im Wind. Sie hatte ihr Gesicht in den Händen vergraben und schluchzte herzzerreißend.

"Elena", hauchte er leise und blieb ungläubig stehen.

Ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Lily war ihm nachgegangen und sah interessiert auf das fremde Mädchen.

"Wer oder was ist das?", wisperte sie leise.

Noch bevor Remus ihr antworten konnte, hatte sich das geisterhafte Wesen erschrocken zu beiden umgedreht. Ihr Blick glitt von dem einen Gryffindor zum anderen. Rasch wischte sie sich ihre Tränen fort, auch wenn der Spross der Lupins stark bezweifelte, dass dies etwas brachte. Soweit er in Erinnerung hatte, waren Elenas Berührungen sehr nass und sehr unangenehm gewesen. Ob sie so die Tränen wegwischen konnte? Er glaubte nicht. Stumm sahen sie sich mehrere Augenblicke an, bis die rothaarige Gryffindor schließlich auf das Mädchen zuging.

"Lily! Nicht!", rief Remus warnend. "Sie ist-"

"-ein kleines Mädchen, das weint", meinte Lily verständnislos und ging weiter.

Remus fluchte innerlich. Wieso wollte die Erstklässlerin nicht hören? Er wusste es schließlich besser. Als er dieses Geschöpf das erste Mal gesehen hatte, hatte sie auch geweint und schließlich war sie über ihn hergefallen, hatte es sich nur im letzten Moment anders überlegt und war verschwunden. Nun gut. Vielleicht würde sie es heute nicht tun. Immerhin waren sie zu zweit.

"Wieso weinst du?", fragte Lily sanft und ließ sich neben der Gestalt in die Hocke sinken. "Und wieso sitzt du hier im Schnee? Ist dir nicht kalt? Willst du meinen Umhang?"

Elena schüttelte den Kopf.

"Mir ist nicht kalt", meinte sie mit leise Stimme.

Remus blieb hinter Lily stehen und sah auf die Kreatur hinab.

"Was machst du hier, Elena?", fragte er in nüchternem Ton.

Lily sah zu ihm auf.

"Du kennst sie?"

Er nickte leicht.

"Ja. - Das letzte Mal hat sie auch geweint und ist dann über mich hergefallen."

Die junge Evans runzelte die Stirn und sah zu Elena.

"Was meint er damit?"

Das kleine Mädchen senkte den Blick.

"Das war keine Absicht", antwortete sie mit piepsiger Stimme. "Es tut mir leid, Remus."

"Was bist du?", fragte dieser und versuchte sich nicht von ihr rühren zu lassen, obwohl sie eine wirklich mitleidserweckende Erscheinung bot. "Bist du ein Geist? Oder ein Wassermensch? Oder was bist du?"

Sie schüttelte leicht den Kopf.

"Ich bin kein Geist. Und ein Wassermensch bin ich auch nicht..."

"Kein Wassermensch?"

Remus wusste nicht mehr genau, was er denken sollte.

"Aber in einem der Bücher, welches ich gelesen habe, da war ein Bild von dir. Erklär mir das."

Sie zuckte mit den Schultern und sah zu ihm auf. Ihre Augen waren mit silbernen Tränen gefüllt.

"Ich weiß nicht... Aber ich bin kein Wassermensch."

"Und was dann?"

"Das... Das geht dich nichts an."

Er wollte etwas erwidern, doch Lily warf ihm nur einen warnenden Blick zu, bevor sie sich an die Kleine wandte.

"Wieso weinst du?"

Elena warf ihr einen kurzen Seitenblick zu, ehe sie zu Boden sah.

"Er ist weg. Und er kommt nicht mehr wieder."

Die Erstklässlerin sah das Mädchen verwundert an. Auch ein fragender Blick zu Remus, der nur mit den Schultern zucken konnte, half ihr nicht weiter.

"Wer ist weg?", fragte sie mit sanfter Stimme. "Sagst du uns das?"

Elena schluchzte leise.

"Das ist alles meine Schuld. Und jetzt hassen sie mich noch mehr. Sie meinen, wenn ich nie geboren worden wäre, dann wäre das alles nie passiert. Sie..."

Die blauschimmernde Gestalt erstarrte, als ein gröllendes Geräusch die Gegend erfüllte. Hörte man genau hin, dann konnte man mit sehr viel Fantasie Elenas Namen heraus hören. Sie sprang auf und sah die beiden Schüler gehetzt an.

"Ihr müsst gehen! Wenn sie mich mit euch sehen, dann... Verschwindet! Sonst bekomme ich gewaltigen Ärger. Und ihr werdet euren nächsten Geburtstag nicht mehr erleben."

Die beiden Gryffindors sahen sich verdutzt an. Was sollte das Ganze? Von wem sprach sie? Als sie sich wieder Elena zuwenden wollten, war diese wie vom Erdboden verschluckt.

"Was-", sagte Lily leise, beendete die Frage jedoch nicht.

"So ging es mir das letzte Mal auch schon", meinte Remus noch immer stark verwirrt. "Vielleicht ist es doch besser, wenn wir gehen. Ich hab so ein ungutes Gefühl bei der Sache."

Lily nickte nur zustimmend.

"Ja, du hast recht. Es ist wirklich besser..."

Remus warf noch einmal einen Blick zum See. Dieses Mädchen war ihm wirklich äußerst suspekt. Von Mal zu Mal mehr. Er schüttelte die Gedanken ab und wandte sich um. Gemeinsam mit dem Sprössling der Evans' ging er zum Schloss zurück. Sie kamen zu der Übereinkunft das Alles für sich zu behalten, würde ihnen so oder so niemand glauben. Und solang sie nicht wussten wer oder was Elena war und was mit ihr genau nicht stimmte, solang würden sie kein Wort über sie verlieren. Es war besser so. Sowohl für sie beide, als auch für Elena.
 

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1.Akt, Kap. XVII - Ende

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  _-NanayA-_
2005-08-28T16:38:52+00:00 28.08.2005 18:38
Xd Diese FF find isch klasse.
Hab alles an einem Tag gelesen ^-^
Das mit Elena ist auch spannend,da man echt raten muss,was sie zu der geschichte beiträgt!
Bei dieser FF gefällt es mir ausgesprochen gut,das man hier genau nachfühlen kann,wie sich eine Person fühlt bzw. in welcher emotionalen Position sie sich befindet ^-^
Außerdem bin ich ein fanatischer RemusxSirius/SiriusxRemus Fan *------*
Die zwei Stellen,die im Bad,wo er ihn im Arm hat oder in dem anderen Kapitel,wo er ihn ebenfalls im Arm hat,dat fand ich ja sowas von süß,vorallem fand ich das gut ausgeschrieben!
Könntest du,wenn es möglich wäre noch mehr solche Stellen einbringen ?
Dat fänd ich klasse ^---^
Und da ich jetzt auch jedes neue Kapitel lesen werde =3 *schnurr*,könntest du mir da vielleicht per ENS schreiben,wann ein neues Kap kommt ?
*auf Knie geht*
Bitttöööööö ^-^
Freu mich schon aufs nächste Kap*-*

Bis denne:

Kurahi-Nurani-SLYN
Von: abgemeldet
2005-08-01T16:47:03+00:00 01.08.2005 18:47
Ich frag mich ernsthaft was Elena ist... Sehr geheimnissvoll das ganze...
Das Lily mit Remus rausgegangen ist, nur wegen dem Kleid hat mich echt zum lachen gebracht. Vor allem, als Remus das gehört hat...
Freu mich schon auf's nächste Pitel und Lily ihr Kleid ^^
Bis dann.
Selen
Von: abgemeldet
2005-07-14T14:23:58+00:00 14.07.2005 16:23
Elena hätte ich fast vergessen. Na ja, bin mal gespannt wie es weiter geht. Auf die Deko bin ich ja mal gespannt, sowieso freue ich mich auf den Ball.
Schade das Severus so wenig vorkam. Die Tanzübung fand ich das letzte Mal so lustig.
Wie immer freue ich mich auf das nächste Kapitel.

Gaia00


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