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Sonnenaufgang im Westen

Aus den jungen Jahren eines Hundefürsten...
von

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Wolfstreue

Ja, ich habe die Wölfe gespoilert. So etwas ist mir noch nie untergekommen. Tja, jeder schusselt mal:
 

8. Wolfstreue
 

Nur wenige Zeit später ließ sich Zunai, der Heerführer der westlichen Länder, erneut bei seinem jungen Fürsten melden. Als er vor diesem kniete, sah er zu Boden.

„Was ist?“ erkundigte sich der Taishou, der wusste, dass ihn niemand ungefragt ansprechen durfte

„Die vier Spione sind tot. Zuvor fragten wir sie nach den Namen der anderen, aber, wie Ihr bereits vermutet habt, kannten sie sich nicht einmal untereinander. Myouga versucht nun über seine Beziehungen herauszufinden, wer Nachricht in den Süden senden will. Kleine Geister sind unauffälliger bei derartigen Überwachungen.“ Und er vermutete mittlerweile, dass dies durchaus ein Grund war, warum der junge Herr den so feigen Flohgeist schätzte: „Ich habe einige Wolfskrieger ausgewählt, die die südliche Grenze überwachen sollen. Sie stammen aus einem Stamm dort und der offizielle Vorwand ist ein Heimatbesuch. Kujira, der Häuptling, war Euren Vater und ist nun sicher auch Euch treu ergeben, so dass man ihn auch ins Vertrauen ziehen könnte.“

„Nein. Je weniger Leute von meinen....Schwierigkeiten wissen, desto besser. Allerdings hast du mich auf eine Idee gebracht. Ich selbst werde mit den Kriegern gehen. Sie wissen, worauf sie achten sollen?“

„Ja. Und Ihr könnt Euch auf ihre Verschwiegenheit verlassen. Wollt Ihr selbst mit Kujira sprechen und seine Treuebekundung entgegen nehmen?“

„Er war bislang ebenso wenig hier wie Ryakudatsu, der Herr der Falken. Und sie erhielten beide die Mitteilung von Vaters Tod.“

„Ich verstehe. Soll ich das Heer unauffällig zusammenrufen?“

„Das könnte sinnvoll sein – aber wir wissen nicht, was der gute Susumu noch so alles an Ärger aus dem Ärmel zieht. Du kannst mich nicht mit dem Heer begleiten. Erstens könnte das Kujira und Ryakudatsu verärgern, als sichtbarer Beweis, dass ich ihnen nicht traue, zum anderen wäre in einem solchen Fall der Norden des Landes vollkommen ungeschützt.“

„Selbstverständlich, mein Herr.“ Zunai war zufrieden, dass die Ausbildung des jungen Fürsten nicht nur Strategie beinhaltet hatte, sondern dieser sie auch umsetzte. In der Tat, sein alter Freund hatte da einen klugen Sohn in die Welt gesetzt, was man bei dessen schöner aber durchaus dümmlicher Mutter nicht hatte erwarten können. Aber der verstorbene Fürst war eben davon ausgegangen, dass Frauen möglichst schön und möglichst simpel sein sollten, um keinen Ärger zu beschwören. Danach hatte er anscheinend ja auch seine Schwiegertochter ausgewählt.

„Gut. Ich breche dann unverzüglich mit den Wolfskriegern auf. Es wäre eine nette Abwechslung, wenn ich einmal einen Zug machen könnte, ohne dass Susumu mir zuvorkommt.“ Der junge Hundefürst erhob sich: „Du bist mir für die Sicherheit aller hier verantwortlich. Sollte dir Myouga weitere Spione mitteilen können, lass sie beobachten.“

„Nicht töten?“

„Noch nicht.“ Der Inu no Taishou legte sich die Scheide mit dem Höllenschwert darin um und band sie fest: „Erst müssen wir sichergehen, dass wir dann auch alle haben – und, dass wir wissen, wie die Verständigung mit Susumu oder eher diesem Tomi ablief. Jemand muss den Boten spielen.“

„Ja, mein Fürst.“
 

In den dunklen, ausgedehnten Wäldern am Fuß der hohen Berge, die die westlichen Ländereien vom Süden trennten, lebte ein großes Wolfsrudel, dessen Dämonenkrieger sich allesamt durch Tapferkeit auszeichneten. Der junge Hundefürst, der sich begleitet von fünfundzwanzig dieser Krieger Kujira und damit dem Hauptsitz des Rudels näherte, hoffte, dass sich hier nichts durch den Tod seines Vaters geändert hätte und nun Susumu hier das Sagen hatte. Allerdings hatte ihn sein schmerzliches Erlebnis bei Shigatsus Drachenclan gelehrt, dass es manchmal weitaus besser war, persönlich aufzutauchen, nicht unbedingt für ihn selbst, aber den Westen. Fürst zu sein war eben nicht einfach, das hatte ihm sein Vater oft genug gepredigt.

Er hob etwas den Kopf, als ihm Wolfswitterung in die Nase stieg, die nicht von seinen Begleitern stammte. Natürlich wurde solch ein Rudel überwacht, in aller Regel von Dämonenkriegern und den sie begleitenden tierischen Verwandten. Vermutlich wusste Kujira bereits von der Rückkehr seiner Rudelmitglieder – und dem Besuch durch den Fürsten.

Dies entsprach den Tatsachen. Als sie eine weite Lichtung vor einer geschützten Grotte erreichten, war dort bereits der gesamte Wolfsclan versammelt. Der Taishou bemerkte, dass ihm einige neugierige Blicke galten, ehe sich die Verwandtschaft nur über den Besuch ihrer Mitglieder freute. Sie waren alle gesund und am Leben, das war wichtig.

Und da kam ja auch Kujira. Der junge Hundefürst kannte den alten Wolf von einigen offiziellen Gelegenheiten. Tatsächlich war das Rudeloberhaupt offenbar von seinem Besuch in Kenntnis gesetzt worden, denn Kujira wäre kaum so töricht, in seiner eigenen Höhle stets mit einer derart schweren Rüstung herumzulaufen. Sie war sicher wertvoll, künstlerisch und diente als Schutz. Die einzelnen Plättchen bedeckten Arme und den Oberkörper bis zum Knie, boten aber gute Deckung selbst gegen scharfe Schwerter, wie auch die nicht nur als Dekoration angebrachten Fellteile.

Sollte es doch Ärger geben?

Aber der schwarzhaarige Wolf breitete die Arme aus: „Welch eine überaus erfreuliche Überraschung, mein Herr und Fürst. Ich muss zugeben, dass ich nicht damit gerechnet hatte, dass Ihr persönlich kommt.“ Er neigte den Kopf.

Das klang eigentlich nicht nach jemandem, der den Treueschwur bislang unterlassen hatte. Der junge Taishou beschloss behutsam zu sein: „Der Stamm der Wölfe stand stets treu zu meinem verstorbenen Vater und mir. Wieso sollte diese gegenseitige Freundschaft nicht weiter andauern.“

„Natürlich. Kommt nur, ich zeige ihn Euch.“ Kujira lächelte stolz.

Der Hundefürst folgte ihm etwas irritiert in die Grotte, die bei weitem nicht so ungemütlich war, wie sie von außen schien. Und in der hintersten, wärmsten und geschütztesten Ecke, lag eine junge Wolfsfrau mit einem kleinen Kind auf Fellen, richtete sich aber eilig auf und verneigte sich etwas vor dem Herrn der westlichen Länder, ehe sie das Baby seinem Vater gab.

Kujira zeigte seinen Sohn mit deutlichem Stolz: „Kiba, so habe ich ihn genannt. Endlich, nach so vielen Jahren, habe ich einen Erben.“

„Er ist ein starker Welpe und wird Euch und seiner Mutter gewiss viel Freude machen,“ erwiderte der Taishou höflich. War der Kleine etwa der Grund, warum der Häuptling bislang nicht zu ihm gekommen war, ihm Treue geschworen hatte? Verständlich, aber warum hatte der nicht einfach einen Boten geschickt, der das erklärt...?

Weil er es hatte, erkannte der junge Fürst dann. Kujira hatte so getan, als ob er nicht mit seinem Besuch gerechnet hatte, aber ihm mitgeteilt hatte, dass er einen Erben habe. Was war da geschehen? Das musste er unter vier Augen mit dem alten Wolf besprechen, ebenso auch nur auf diese Art den Treueschwur entgegennehmen. Wölfe waren ein stolzes Volk. „Ich wünsche Euch einen zweiten Sohn.“

„Danke.“ Der alte Wolf gab den Welpen seiner Mutter zurück: „Den werde ich dann Kouga nennen, nach meinem Vater. Kiba war ja der ihre, ein tapferer Dämonenkrieger.“

„Wie jeder aus Eurem Clan. - Ihr werdet gewiss einen Ort haben, an dem wir reden können, ohne Mutter und Kind zu belästigen.“

Der Wolfshäuptling nickte, durchaus angetan von der Höflichkeit, die der Jüngere trotz seiner ranghohen Stellung ihm bewies. Das war der neue Fürst der westlichen Länder und er hätte ebenso gut vor aller Ohren eine Unterhaltung beginnen können. Kujira war lebenserfahren genug, um zu wissen, dass der junge Taishou diese Reise nicht unternommen hatte, um einen Welpen zu betrachten. „Natürlich, kommt.“

So saßen die beiden nur kurz darauf in einer kleinen Grotte abseits. Dämoninnen hatten rasch Decken und Felle gebracht, Becher mit Wasser hingestellt, ein Feuer angezündet.

Nun sah Kujira zu Boden. Was wollte der Hundefürst hier? Immerhin war er allein gekommen, das war eindeutig keine kriegerische Handlung. Wollte er den offiziell versäumten Treueschwur so nachholen? Er hatte ihm doch geschrieben, ihn seiner Treue versichert....

Der Taishou blickte in das Feuer: „Ich entnahm Euren Worten, Kujira, dass Ihr einen Boten mit der erfreulichen Nachricht zu mir geschickt habt, und ich vermute ebenso, dass dieser Brief auch Euer Beileid zum Tode meines verehrten Vaters enthielt.“

Der Wolf hob ruckartig den Kopf: „Ihr vermutet? Soll das bedeuten, dass Ihr diesen Brief nie erhalten habt? - Natürlich. Darum kamt Ihr her, um nach dem Rechten zu sehen.“

„Ich nahm an, dass Euch nur ein wichtiger Grund von Euren Pflichten fernhalten könnte. Es ist keine Neugier, wenn ich frage, wem Ihr den Brief anvertrautet.“

Der alte Dämon betrachtete seinen Nachbarn so gut er es konnte, ohne unhöflich zu werden. Schließlich starrte man keinen Fürsten an. Und trotz seiner Jugend war der das nun einmal. Der neue Taishou besaß nicht gerade den Ruf eines mörderischen Kriegers, aber das Schwert auf seinem Rücken war das Höllenschwert und er schien es gut im Griff zu haben. Auf gute Ausbildung und auch politischen Instinkt deutete die Tatsache, dass er trotz der scheinbaren Unhöflichkeit, ja, Treulosigkeit nicht gleich zu härteren Mittel gegriffen hatte, sondern erst einmal persönlich sich ein Bild machen wollte. „Einem Falken. - Ich möchte Euch bei dieser Gelegenheit nicht nur meiner Treue versichern sondern auch der meines gesamten Clans.“

„Danke. Ich hätte nie daran gezweifelt, Kujira. Nun, womöglich hat den Boten ein...Unfall ereilt.“

„Meine oberen Nachbarn erschienen mir stets treu zum Westen.“

„Meinem Vater und mir ebenso. Aber der neue Herr des Südens scheint ein äußerst weitgehendes Interesse am Westen zu haben.“

„Fürst Susumu? Ich weiß von ihm nicht viel, nur dass er sehr schnell sehr hoch stieg. Und das ist meist nicht gut. Soll ich meine Krieger anweisen, die Grenze mit den Falken zu kontrollieren?“

„Nicht mit den Falken. Da ist ein verschwundener Brief, der euch leicht verdächtig hätte machen können.“ Nachdem er offiziell die Treuebekundung erhalten hatte, änderte der junge Fürst die Anrede – höflich bleibend, aber dennoch Distanz zeigend.

„Ich verstehe.“ Der Wolfshäuptling dachte kurz nach, ehe er sagte. „Darf ich meine Meinung äußern, Taishou?“

Die Anrede als militärischer Führer deutete an, dass es auch um derartige Dinge gehen würde: „Sprich. Du hast weitaus mehr Erfahrung als ich.“

Kujira neigte den Kopf. Nur ein weiser Mann erkannte seine eigenen Grenzen. Und ein Erwachsener. Trotz seiner jungen Jahre schien der neue Fürst ein intelligenter Bursche zu sein. „Ryakudatsu, der Herr der Falken, ist sicher so alt wie ich selbst. Nie in all den Jahren bezweifelte ich seine Treue zu Eurem verstorbenen Vater, unserem Fürsten. Der Clan bewachte die Felsen und Pässe nach Süden stets. Das sollte auch Fürst Susumu bekannt sein. Wenn er den Westen erobern will, muss er zunächst die Augen der Falken täuschen – und die Nase der Wölfe.“

„Du hast jedoch keine Botschaft von ihm erhalten?“

„Nein. Aber wenn der Brief verschwand, könnte es mich und meinen Clan in Euren Augen verdächtig machen, Euer Augenmerk auf uns lenken. Damit wärt Ihr nicht nur mit uns und einer möglichen Strafexpedition beschäftigt, sondern würdet auch nicht auf die Falken achten. Wie erwähnt: ich halte Ryakudatsu für einen Ehrenmann und er würde den Schwur gegenüber dem Herrn des Westens nicht brechen. Aber....“

„Ich verstehe.“ Das gleiche Schema, dachte der Taishou: kleine Feuer, die aufmerksam machen und ablenken – nur, wo soll der Hauptschlag erfolgen? Was nur hatte Susumu in den wenigen Jahren, seit er Fürst geworden war, direkt unter Vaters feiner Nase angestellt? Vater war ein Krieger gewesen, offen und ehrlich, manchmal auch grausam, wenn es notwendig war. Ränke und Hinterlist hatte er nie angewandt – und wohl auch nicht damit gerechnet, dass es jemand anderer tun würde. Und jetzt stand er selbst da, unerfahren, wie er war, inmitten eines trügerischen Netzes. Wem konnte er vertrauen, wem bedingt. Eine der intelligentesten Personen wäre seine Frau - nur, konnte er ihr trauen? Und sei es auch nur um ihres gemeinsamen Sohnes willen? Sie war zur Heirat gezwungen gewesen, durchaus ein Grund ihn zu hassen, auch, wenn er glaubte, freundlich zu ihr gewesen zu sein. Sie war zu selbstbeherrscht, um ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Und da war auch die Tatsache, dass Sumu ihre Zofe gewesen war – Zufall? Fürst Susumus Plan?

Der Wolfsdämon zuckte ein wenig die Schultern: „Jede Generation möchte etwas verändern, das ist auch bei uns so. Ich nehme an, auch Ihr wollt einige Dinge anders handhaben als Euer Vater und so ist es wohl auch bei den Falken. Wenn allerdings der Änderungswillen soweit geht, sich an fremde Fürsten zu wenden...“

„Du bist ein weiser Mann, Kujira. Ich werde mit Ryakudatsu sprechen – falls er überhaupt noch am Leben ist.“

„Ich hörte nichts anderes, aber anscheinend hörte ich vieles nicht. Seid Ihr sicher, allein dorthin gehen zu wollen? Sicher, Ihr tragt...ES, aber...“

„Ich war auch allein bei den Drachen und König Shigatsu.“

Der Häuptling nickte etwas: „Ihr habt überlebt, also kam es zu Verhandlungen. Über die Drachen wird Fürst Susumu keinen Einfluss gewinnen.“

„Er versuchte es bereits.“ Der junge Hundefürst stellte fest, dass er versucht war, sich vertrauensvoll an Kujira zu wenden, noch mehr, als er es schon tat. Aber das durfte er nicht. Es wäre fatal, wenn die Gefolgsleute den Eindruck bekämen, er sei schwach. Dass er nicht als großer Kämpfer galt, war ihm klar, aber erstens hatte ihn kaum jemand wirklich im Duell gesehen und zum anderen hatte er seinen Schwerpunkt auf Schwertmagie gelegt, um das Höllenschwert wirklich beherrschen zu können. Überdies wollte er eine Möglichkeit zu finden, um es endgültig zu versiegeln. Falls sich ihm jemand in den Weg stellte, würde der sehen, was er davon hatte. Bislang hatte er alle Zweikämpfe gewonnen – und es gab durchaus einen guten Grund, warum die Verlierer davon nichts erzählt hatten: sie waren tot.

„Also werden die Drachen Euch helfen,“ schloss der Wolfsdämon respektvoll. Jeder wusste schließlich, dass Verhandlungen mit Drachen lebensgefährlich waren. So jung der Fürst auch war – er war sicher der würdige Sohn seines Vaters. „Ich werde die Grenze bewachen lassen.“

„Unauffällig. Weder die Falken noch Sususmus Spione sollen etwas mitbekommen.“

„Wie Ihr wünscht, mein Herr. - Darf ich Euch noch einen Führer zum Horst der Falken mitgeben?“

„Ja.“ Das würde schneller gehen, als ihn selbst zu suchen.

„Entschuldigt mich.“ Kujira erhob sich und ging zum Grotteneingang: „Schickt Miharu zu mir. Sofort.“

Als er wieder Platz nahm, erkundigte sich der Taishou etwas interessiert: „Miharu?“

„Ja. Ein Mädchen – und unter unseren Kämpferinnen eine der besten. Sie kennt die Berge seit Jahren und auch die Wächter der Falken kennen sie.“

Nur kurz darauf kam eine junge, dunkelhaarige Frau, die man unter Menschen um die Zwanzig geschätzt hätte. Sie trug einen schmalen, mit Fell besetzten Brustpanzer, darunter die gewöhnliche grüne und braune Kleidung der Wölfe. Sie verneigte sich kurz vor ihrem Häuptling, damit anzeigend, dass sie nicht wusste, wer der Gast war.

Kujira warf einen raschen Blick seitwärts. Unhöflichkeit gegen den Fürsten konnte durchaus schon einmal tödlich enden: „Vergebt, Herr,“ bat er daher eilig: „Ich darf Euch Miharu vorstellen. Sie wird Euch zum Falkenhorst bringen.“

Diese hatte aus der Anrede erkannt, dass das kein gewöhnlicher Besuch war und kniete eilig nieder. Ein Hundedämon, natürlich. Das war sicher ein Mitglied der Fürstenfamilie – oder gar der neue Fürst selbst? Der sollte recht jung sein.....Niedlich sah er ja aus, aber diesen Gedanken unterdrückte sie sofort wieder.

„Schon gut.“ Der Taishou stand auf: „Ich danke für die Gastfreundschaft der Wölfe und wünsche euch gute Jagd und eine ruhige Zeit. - Komm, Miharu.“

Als die beiden verschwunden waren, stand Kujira auf. Das mit der Grenzüberwachung sollte er besser gleich in die Wege leiten. Er hatte nur wenig Gerüchte aus dem Süden über Fürst Susumu gehört, aber die hatten ihm nicht gefallen. Nichts blieb in dieser Zeit, wie es immer gewesen war und er hoffte, dass der junge Taishou das in den Griff bekommen würde. Allein diese zunehmende Menschenplage in den Wäldern....
 

Miharu ging voran, nachdem ihr der Fürst gewinkt hatte. Natürlich, wie hatte sie ihn einfach so übersehen können, ärgerte sie sich. Allein diese beiden weißen Fellboas, die neben seinem Schwert über seinen Rücken fielen, zeigten schon den Rang an. Hoffentlich hielt er sie jetzt nicht für dumm oder zumindest tollpatschig. Sie war eine der besten Kriegerinnen unter den Wölfen. Was er wohl beim Falkenclan wollte? Vermutlich das Gleiche wie bei ihnen. Sich vorstellen. Das war sehr entgegenkommend, immerhin hätte er ja auch alle Clanführer und sonstigen Untergebene einfach vorladen können. Jetzt entsann sie sich, dass sie gehört hatte, der Erbprinz sei kein Kämpfer, sondern eher ein Bücherwurm. Nun, das ließ sich herausfinden. Fast unmerklich steigerte sie das Tempo immer weiter. Es wäre unklug gewesen, den Herrn zu blamieren, also achtete sie darauf, wie er ihr folgte, aber es schien ihm nicht im Mindesten etwas auszumachen. Dann blieb sie stehen:

„Vergebt, Herr, begann sie höflich: „Ihr wollt direkt zum Horst der Falken?“

„Ja.“

Er sah so freundlich aus, so jung – aber er war in keiner Weise außer Atem und sein Blick glitt, während er so vor ihr stand, wachsam über die Berghänge. „Dann gibt es nun zwei Wege. Der eine führt im Zickzack dort empor...und der andere ist eine mehr oder weniger steile Felswand. Das ist der schnellere Weg.“

„So nimm ihn. Die Wächter der Falken haben uns sowieso bereits bemerkt.“

Natürlich, hätte sie um ein Haar erwidert. Sie sollte sich zusammenreißen. Das war der Herr der westlichen Gebiete, ein Dämonenfürst, gleich, wie nett er zu sein schien. Wenn er ihr den Kopf wegen Unhöflichkeit abschlug, war das nur sein Recht – und Onkel Kujira und den Clan hätte sie gleich dazu blamiert. „Wie Ihr wünscht.“ Miharu wandte sich um. Sie hatte den alten Fürsten nie getroffen. Ob der auch diese seltsame Augenfarbe besessen hatte? Besaßen alle Hunde diese eigenartige Mischung aus gelb und braun? Sie sollte lieber aufpassen, ermahnte sie sich, als sie den Schrei eines Falken über sich hörte. Sie winkte und deutete auf die steile Felswand vor ihnen:

„Besuch für Ryakudatsu, den Herrn der Falken,“ rief sie und wandte sich zu ihrem Begleiter: „Soll ich auch erwähnen, wer Ihr seid?“

„Ist das nötig?“ fragte der Taishou prompt, während er den Falken über sich kreisen sah: „Sie sollten zumindest das Schwert erkennen.“

„Natürlich,“ erwiderte Miharu eilig. Das sagenhafte Höllenschwert, das nur ein Hundedämon einer bestimmten Blutlinie zu beherrschen vermochte. Ja, davon hatte wohl jeder im Westen gehört – und vielleicht auch darüber hinaus.

Der Falke flog empor zu dem steilen Gebirgskamm, wo der Horst seines Clans lag. Die Wolfskriegerin jagte mit eleganten Sprüngen die Felswand empor, gefolgt vom Taishou, der oben ein wenig erstaunt stehen blieb.

Von unten unsichtbar lag hier eine von Felsen umringte geschützte Mulde, die mit jeder Menge Ästen und anderem pflanzlichen Material ausgepolstert worden war. Hier lagen die Eier des Clans, bebrütet von mehreren Falkenweibchen in ihrer Vogelform, bewacht von den Kriegern in Menschenform. Sie trugen keine Haare auf dem Kopf, wie er das auch bei Sumu und anderen gesehen hatte, sondern Federn in weißen und braunen Tönen. Und alle beobachteten ihn genau. So meinte er in Richtung auf einen Falkenmann mit einer silbernen Kette mit rundem Anhänger: „Ich freue mich, Ryakudatsu, den Herrn der Falken, kennenzulernen.“

Dieser, der wie ein Menschenmann um die Fünfzig wirkte, neigte etwas den Kopf: „Da Ihr Euch die Mühe gemacht habt, herzukommen, Herr der westlichen Länder, sollte ich wohl gleichzeitig mein Beileid zum Tode Eures Vaters und meinen Glückwunsch zu Eurem Amtsantritt bekunden.“

Keine Anrede als Taishou oder Fürst, geschweige denn eine Unterwerfung, dachte der Neuankömmling, ehe er höflich antwortete: „Danke, Ryakudatsu. Es ist allerdings ein bedauerlicher Grund, der mich Euch aufsuchen lässt.“

Ein jüngerer Falkendämon, sichtlich der Sohn des Clanchefs warf etwas den Kopf zurück: „Ach ja? Moniert Ihr etwa, dass mein Vater sich nicht zu Euch bequemt hat, um sich Euch zu unterwerfen?“

„Ruhig, Ryura,“ sagte der Herr der Falken: „Es ziemt sich nicht, einen Gast zu beleidigen. - Dann erklärt, welcher Grund Euch herführt.“

„Gern. - Miharu, danke für das Herführen. Du kannst gehen.“

Die Wolfskriegerin gehorchte, wenn auch mit einem unguten Gefühl. Solch eine latent feindselige Stimmung war sie von den Falken nicht gewohnt. Was hatten diese denn gegen den Fürsten? Zumal er ja erst kurz im Amt war?

Der Taishou wartete, bis sie die Felswand hinuntersprang, ehe er ruhig sagte: „Ein Mitglied Eures Clans ist tot. Sumu.“

„Ein Unfall?“

Er behielt den Clanführer genau im Blick: „Ich ließ sie hinrichten.“

Alle männlichen Falken legten unverzüglich die Hände an die Schwertgriffe.
 

**

Die Eigenschaft, mit der Tür ins Haus zu fallen, hat er eindeutig weitervererbt.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  Minerva_Noctua
2012-03-18T21:44:16+00:00 18.03.2012 22:44
Also nun die Wölfe.
Ein gutes Kapitel:)
Nur die Rechtschreibfehler bzw. Satzstellung stört hier und da.

Bye

Minerva
Von: abgemeldet
2011-05-25T20:24:31+00:00 25.05.2011 22:24
Das sich Wolf und Hund mal verstehen können, ist ja was ganz was Neues ;)

Die Falken scheinen ihn wirklich nicht grad nett zu finden. Wenn man schon sieht, wie das Kind einen Herrscher anspricht. Weiß es von zu Hause wahrscheinlich nicht besser... bin schon gespannt, ob jetzt dann ein Kampf mit Sumus Gefährten oder so kommt und natürlich wie die Falken auf ihren Verrat reagieren.

Ich kanns kaum erwarten, bis ich mal was von dem Kind der beiden lesen darf :)

LG
Von:  Krylia
2011-05-09T14:21:35+00:00 09.05.2011 16:21
Tjaaa, gemütlich kann man die Stimmung dort nun wirklich nicht nennen. Bin ja mal gespannt, wie die Falken auf Sumus Verrat reagieren.
Aber wenigstens haben sich die Wölfe als treue Untergebene erwiesen.
Von:  Teilchenzoo
2011-05-07T10:33:07+00:00 07.05.2011 12:33
Gleich sein nächster Satz dürfte die Falken in mittelgroße Bedrängnis bringen: "Sie wurde als Spionin Susumus entlarvt."
Tja, was nun? Rausreden dürfte nach der offen zur Schau getragenen Feindseligkeit nichts mehr bringen, neuen Fürsten dort einsetzen auch nicht. Was tun mit diesem Gebiet? Abfallen lassen ist zu riskant.

Die Wölfe werden in Zukunft einiges mehr zu tun bekommen. Diese Grenze ist nicht mehr sicher. Aber wenigstens ist der Wolfsclan noch loyal.

Lg neko
Von:  Cistus
2011-05-06T17:34:09+00:00 06.05.2011 19:34
Von psychologischen Standpunkt aus gesehen hat der junge Taishou einen klugen Zug gemacht! Indem er so unvermutet und unverblümt mit der Tür ins Haus gefallen ist, gibt er seinem Gegenüber keine Chance sich vorzubereiten! Dessen erste Reaktion dürfte Rückschlüsse auf dessen Intentionen zulassen, die der wahren Natur entsprechen, da sie emotional und nicht rational ist.

Der Taishou sucht Leute denen er vertrauen kann. Der alte Wolf hat auf mich einen anständigen Eindruck gemacht, aber die Entscheidung des Taishou lieber Übervorsichtig zu sein ist sicher ein guter Ratschlag.

mfg
Cistus
Von:  Haruko-sama
2011-05-06T14:29:59+00:00 06.05.2011 16:29
Ein Fürstentum für etwas mehr Taktgefühl... Viel Spaß beim Rausreden bleibt mir da nur zu wünschen. Bei den Wölfen lief ja alles soweit ganz gut; und Kougas Art (so rüpelig wie er auch sein kann) hat ja schon angedeutet, dass sein Vater ein anständiger Kerl ist. Aber die Falken... Erst Sumus Spionage, dann anscheinend Briefe verschwinden lassen, da wird der arme Taishou noch gut zu tun haben.

LG, Haruko
Von:  kiji-chan
2011-05-06T09:11:05+00:00 06.05.2011 11:11
Sehr diplomatisch der Gute. Teilweise ist das ein ehrliches Lob, teilweise Ironie.
Die Wölfchen hat er sehr elegant gelöst.
Aber was er da bei den Falken anrichtet ist *hust*

Er ist jung, macht Fehler. Natürlich und er ist der Papa von Inuyasha. Man merkt, woher der Junge seine Manieren hat XD

wuff.
Bin gespannt auf das nächste Kapitel. Ob Sumu einen Gefährten hatte, mit dem er sich jetzt duelieren darf?
Er hätte die Falken auch besuchen können, ohne sie gleich zu provozieren...

ncha!
Kiji
Von:  Lothiril
2011-05-05T18:38:36+00:00 05.05.2011 20:38
Danke für ein wunderschönes Kapitel. :)
Die Wölfe sind wohl ein sehr sympathisches Völkchen. Es ist schön, Verbündeten zu begegnen.
Spannend wird's jetzt mit den Falken, da cliffhangerst du ja mal wieder fleißig... ^^
Nachdem der gute Taishou die Drachen überstanden hat, wird er wohl auch irgendwie mit den Falken fertig werden.
... ich freue mich auf den Tag, an dem er Vertrauen und Unterstützung bei seiner Frau sucht. Irgendwann muss das ja kommen, sonst platzt er. :)
Liebe Grüße,
Lothiril
Von:  yamina-chan
2011-05-05T17:57:10+00:00 05.05.2011 19:57
Ja, ich habe die Wölfe gespoilert.
Hu? Wie, was? Ich hab keinen Spoiler bemerkt oO
Aber gut.
Der Besuch bei den Wölfen scheint ja recht erfolgreich gewesen zu sein, nun heißt es abwarten wie sich der Besuch bei den Falken entwickeln wird. Angespannt ist die Lage in jedem Fall.


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