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Sonnenaufgang im Westen

Aus den jungen Jahren eines Hundefürsten...
von

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Entführung

Der junge Herr des Westens ließ sich fast nachlässig neben dem Häuptling des Wolfsclans nieder, der nicht nachfragte, was bei den Falken gewesen war. Zum einen, der Fürst war lebendig und unversehrt zurückgekommen, zu zweiten traute er Ryakudatsu keinen Eidbruch zu. Das war ein Missverständnis gewesen und bereinigt.

Der Taishou sah in das Feuer: „Die Nasen deiner Wölfe sind unübertroffen.“

„Ja, Herr. Wozu benötigt Ihr sie?“ Wieder stellte Kujira fest, wie höflich der junge Herr blieb, wie sehr er Rücksicht auf den Stolz seiner Getreuen nahm.

„Jemand schickt Tauben aus meinem Schloss an Susumu. Brieftauben. Und irgendwie müssen sie zu Land gebracht werden.“

„Wir werden ihn finden. Sollen wir ihn töten?“

„Nein. Nur die Wege finden. - Kennst du einen Tomi?“

„Nein, Herr. - Vergebt. Tomi.....ein Spinnendämon, er bat uns vor langen Jahren sich hier ansiedeln zu dürfen. Für einen seiner Art war er umgänglich und schien intelligent, aber ich lehnte ab. Spinnendämonen sind unbequeme Nachbarn, da man nie weiß, auf wen sie Appetit verspüren. Er zog dann weiter, wollte zum Schloss, um Euren Vater um eine Ansiedlungsgenehmigung zu bitten.“

„Ein guter Vorwand, sich im Westen herumzutreiben. Er leitet die Spionageabteilung Susumus. Und gleich, wie fähig der Fürst ist – Tomi ist es. Ich hätte ihn gern auf meiner Seite. Oder eher – was trieb ihn zu Susumu?“ Die abgelehnte Ansiedlung? Was trieb Sumu und die anderen zu Verrat?

„Das weiß ich nicht , Herr.“

„Suche den Boten. Das ist alles, was ich will.“ Myouga wäre da sicher der bessere Ratgeber – und überdies würde er vor dem Flohgeist nie das Gesicht verlieren können. Und....aber er musste nachdenken. Susumu hatte Intrigen geschmiedet, aber Tomi war der Ausführende, und das wussten die Götter, nicht gerade unfähig darin Mitarbeiter aufzufinden und anzuwerben. Wie könnte er an ihn herankommen? Aber zunächst einmal war das Näherliegende den Westen zu schützen: „Ryakudatsu lässt seine Falken wieder über die Pässe fliegen. Sobald ihr den Taubenschmuggler kennt, gebt mir Nachricht. Und die tapferen Wölfe mögen die Grenzen des Westens sicher halten.“

„Die Wölfe und die Falken werden den Westen frei von Furcht aus dem Süden halten, dessen könnt Ihr sicher sein.“

„Gut.“ Im Osten waren die Drachen befriedet. Jetzt blieb ihm nur noch die Sache mit seiner eigenen Ehefrau – oder übersah er etwas? Sein seltsames Gefühl wurde immer drängender, zusätzlich genährt von der Tatsache, dass sich das Höllenschwert auf seinem Rücken über etwas zu freuen schien.
 

Die Prinzessin ließ ihre Lektüre sinken. Nie zuvor war es ihr so schwer gefallen zu lesen. Was wollte nun Teiko? Ihre Haushofmeisterin verneigte sich tief: „Zunai, der momentane Herr des Schlosses, hat Eurer Bitte willfahren. Ihr könnt, selbstverständlich begleitet von Wächtern, einen Spaziergang außerhalb des Schlosses unternehmen.

Einen Spaziergang? Die Prinzessin war irritiert. Hatte sie das wirklich beantragt? Was war nur mit ihr los? Sie konnte sich nicht konzentrieren und ihre Erinnerungen waren auch mehr als lückenhaft. Sorano, ihre Zofe, die schon selbst schwanger gewesen war, beteuerte ihr, das sei normal, aber es störte sie. Um sich keine Blöße zu geben, meinte sie nur: „Dann gehen wir.“ Was war nur mit ihr los? Sie verspürte keine Kopfschmerzen, nur ein ungewohntes, ja, bedrohliches Gefühl. War dies eben so, wenn man einen Welpen erwartete? War sie nur zu schwach, zu empfindlich? Machte die ungewohnte Lage eingesperrt zu sein sie so weich? Warum nur musste sie überhaupt so viel nachdenken?

Sechs Krieger und ihre beiden Kammerfrauen begleiteten sie vor das Schloss. Doch, beschloss die Prinzessin tief durchatmend, das war eine gute Idee gewesen. Auch, wenn sie hier noch immer bewacht wurde – einmal etwas anderes als die gleichen vier Wände zu sehen, tat nur gut. Langsam spazierte sie weiter, umgeben von den Kriegern.

Teiko bot ihr die Hand: „Lasst Euch ein wenig von Sorano und mir stützen, Herrin. Ihr seid das nicht gewohnt.“

Gewöhnlich hätte die Prinzessin sie dafür scharf getadelt – aber sie selbst fühlte sich ein wenig schwankend. War es in der Tat so, dass man auch nur spazierengehen verlernen konnte, wenn man es einige Wochen nicht durfte?

„Wünscht Ihr Euch dorthin in den Schatten zu setzen? Ich könnte Euch einen Tee aus dem Schloss holen. Es ist die letzte der speziellen Mischung für Euch.“

Das klang gut und so nickte die Prinzessin. Von dort war es nicht weit zu dem dichten Wald, der hier die Hügel bedeckte und ihr gefiel die vermisste Witterung nach Freiheit. Im schwebenden Schloss hatte sie stets den Wind um die Nase bekommen, im Gegensatz zu den vier Wänden hier. Vielleicht war das auch die Ursache, warum ihr Kopf so schwer war, sie sich so matt fühlte.
 

Eine Stunde später herrschte im Fürstenschloss Alarm. Ein Hundekrieger, der von einer ausgedehnten Patrouille zurückgekehrt war, hatte sieben Leichen und eine Schwerverletzte gefunden und sofort seinen Vorgesetzten informiert. Erst auf Nachfrage des momentanen Verwalters Zunai hatte er erfahren, dass die Prinzessin aus dem schwebenden Schloss wohl verschwunden war.

Der Heerführer betrachtete die sechs toten Krieger und Sorano. Teiko, die Haushofmeisterin, war zwar schwer verletzt, aber noch lebend in die Obhut der Heiler gekommen. Sie hatten wohl keine Gelegenheit zur Gegenwehr bekommen. Keiner seiner Krieger hatte auch nur sein Schwert gezogen.

„Er wird mich umbringen,“ murmelte er.

Der kleine Flohgeist neben ihm brauchte nicht zu fragen, wer. Er sprang auf Zunais Schulter: „Es ist eine Katastrophe,“ gab er zu: „Aber Ihr dürft Euren klaren Verstand nicht verlieren. Noch IST nichts verloren.“

Etwas erstaunt versuchte der Heerführer auf seine Schulter zu blicken: „Was meinst du, Myouga?“

„Es gibt zwei Möglichkeiten, was geschehen ist. Entweder ist die Prinzessin geflohen oder sie wurde entführt.“

„Teiko kam zu mir und bat mich im Auftrag ihrer Herrin um diesen Spaziergang. Ich habe ihn genehmigt, gegen den Willen des Herrn. Sie sollte eigentlich ihre Räume nicht verlassen.“

„Ja,“ gab Myouga zu, dem klar war, was das für Zunai heißen konnte: „Aber ich glaube nicht, dass die Prinzessin floh. Bedenkt, dass sie allein sechs erfahrene Krieger und ihre Zofe hätte töten müssen, dazu Teiko verletzen....“

„Das ist wahr.“ Der Heerführer dachte kurz nach: „Sie wurden überrascht. Und nur Teiko kann uns sagen, was geschehen ist. Entweder hatte die Prinzessin Hilfe bei ihrer Flucht oder sie wurde entführt. Bei ersterem hätte sie Kontakt zur Außenwelt haben müssen, was eigentlich auszuschließen ist. In letzterem Fall wäre es ein zu großer Zufall, wenn sie genau Ort und Zeit dieses Ausfluges erraten hätten. Meine Genehmigung stand ja nicht im Voraus fest.“

„Teiko.“ Myouga nickte etwas: „Es wäre durchaus möglich, dass sie verletzt wurde, um sie zu schützen. Immerhin ist sie die einzige Überlebende.“

Zunai begriff, warum sein junger Herr den so feigen kleinen Flohgeist schätzte: „Ich rufe die Krieger zusammen. Und Teiko wird mir sagen, was passiert ist. Du hast jemanden zur Hand, der den Herrn eiligst informiert?“

„Ja. - Ich dachte, Teiko sei schon lange hier im Schloss?“

„Ja. Ich hätte nie an ihrer Zuverlässigkeit gezweifelt. Immerhin war sie einst sogar die Geliebte des verstorbenen Fürsten.“

„Eiwei.“

„Myouga?“

Der Flohgeist verschränkte alle vier Arme: „Frauen, Liebe und so, das gibt leicht Komplikationen. Hat sie der verstorbene Herr womöglich im Stich gelassen?“

„Nicht, dass ich wüsste. Sicher, er wollte irgendwann nichts mehr von ihr wissen, aber dass sie dafür Verrat begehen sollte...“

„Ihr werdet es ja sehen.“ Myouga nickte erneut: „Ich werde eine befreundete Fliege bitten, den Herrn zu suchen. Sie ist schnell und ausdauernd.“

„Ich werde versuchen, meinen Fehler zumindest einigermaßen wieder gut zu machen und hoffe, dass der Taishou mir wenigstens Selbstmord gestattet.“

„Ich wünsche es Euch!“ Der kleine Flohgeist hätte um ein Haar gesagt, dass er von solchem Tod auch nichts halten würde, das aber umformuliert, um den alten Heerführer nicht noch zusätzlich zu belasten. Es wäre für den Fürsten ungemein peinlich, wenn allgemein bekannt würde, dass ihm seine Ehefrau entweder davongelaufen wäre oder aber aus dem eigenen Schloss entführt. Schon aus diesem Grund würde der junge Herr hart durchgreifen. „Bis später.“ Er sprang weg.

Zunai drehte sich um. Bis der junge Taishou hier war, musste er wissen, was geschehen war.
 

Die Prinzessin wusste für einen scheinbar endlosen Moment nicht, wo sie war, oder auch nur, wie sie lag. Langsam entsann sie sich. Teiko hatte ihr den Tee gebracht und sie ihn getrunken. Den Tee, den sie seit Tagen zu sich nahm und den ihr Vater ihr geschickt hatte. Das hatte er doch, oder? Sie versuchte sich zu orientieren. Sie lag auf dem Boden, unbekannte Witterungen stiegen ihr in die Nase.

„Oh, guten Morgen, meine Schöne,“ sagte jemand. Die Stimme war ihr unbekannt.

„Sie wird noch ein wenig betäubt sein, mein Herr und Fürst,“ meinte jemand anderer.

„Du wirst es nicht für möglich halten, Tomi, aber ich kenne meine Mixturen.“

„Vergebt, Herr.“

Mixturen? Dann war der Tee gar nicht von Vater gewesen? Aber...Susumu. Jetzt erkannte sie die Stimme. Und das bedeutete auch, dass Teiko für ihn arbeitete – und er sie hatte entführen lassen. Noch immer waren ihre Lider zu schwer zum Öffnen, aber ihr Verstand wurde immer klarer. Teiko hatte sie verraten, sie durch den Brief ihres Vaters überzeugt. Oh, dafür würde die Haushofmeisterin büßen, da war sie sicher. Mochte ihr Ehemann auch kein großer Krieger sein – niemand ließ seine eigene Frau entführen, noch dazu guter Hoffnung. Himmel, das Kind! Was wollte Susumu? Sie und das Ungeborene als Geisel gegen den Taishou verwenden? Er wusste durch Teiko und Sumu doch sicher, dass sie schwanger war. Was sollte sie nur tun? Erst einmal musste sie herausfinden, was hinter dieser Entführung steckte. Der Fürst des Südens konnte doch nicht im Ernst annehmen, dass ihr Ehemann nichts unternehmen würde. Wo war dann die Falle für diesen?

Sie öffnete die Augen und stand rasch auf: „Fürst Susumu....“

„Entschuldigt diesen etwas...rustikalen Empfang, meine Teure.“ Er lächelte etwas: „Aber ich fürchte, anders hätte ich Euch nicht herbekommen. Euer Gemahl bewacht Euch recht gut. Natürlich nicht genug.“

Er spottete. Aber, was wollte er? Am Besten wäre es wohl, wenn sie die hilflose, ahnungslose junge Frau spielen würde: „Ich verstehe nicht so ganz....“

„Ganz einfach. Ihr seid nun einmal die Erbin des lieben Kodoro. Und ich möchte Euch und damit diese Ländereien heiraten.“

„Aber – ich bin doch schon verheiratet.“ Und schwanger, aber das sollte sie um des Kindes willen nicht erwähnen. Ihr Sohn war schon so gut wie tot, wenn Susumu von ihm erfuhr. Die Ländereien – das bedeutete, konnte nur bedeuten, dass der Herr des Südens von ihr einen Erben wollte.

„Nicht mehr lange, da bin ich ganz sicher. Und seid versichert, dass Ihr in mir den besseren Vaters für Euren Sohn bekommt. - Wusstet Ihr übrigens, dass Euer Angetrauter die Falschmeldung verbreitet, dass Ihr bereits in der Hoffnung wäret? Wie voreilig.“

Genau dieses Thema wollte sie vermeiden: „Was genau wollt Ihr von mir, Fürst Susumu?“

„Wie gesagt, Ihr sollt meine Fürstin werden und meinen Sohn zur Welt bringen. Tomi, hier, und die Wachen...“

Erst jetzt bemerkte sie, dass fast zehn Dämonenkriegern an den Wänden entlang postiert waren. Fürchtete er sie so? Das wäre zwar schmeichelhaft, würde aber eine Flucht erschweren. Oder war das Angabe? Ihr Vater hatte nie Krieger im Schloss, und auch der Taishou oder ihr Schwiegervater hatten darauf verzichtet auch nur einen in oder vor ihrem Arbeitszimmer stehen zu haben. Sie tat, als ob sie erschrecke und wandte sich wieder dem Herrn des Südens zu, der abgewartet hatte und nun erst fortfuhr:

„Sie werden Euch den Trakt meiner Fürstin zeigen. Ich bin sicher, Ihr findet ihn freundlicher, als Euren weiteren Aufenthaltsort. Morgen, bei Sonnenaufgang, sagt Ihr mir, was Ihr wollt: den Kerker oder die Zimmer einer Fürstin mit Dienerinnen und allen Annehmlichkeiten. Oh, und kommt mir nicht wieder damit, dass Ihr verheiratet seid. Ich vermute bei Sonnenaufgang habt Ihr bereits die Freude zuzusehen, wie Ihr Witwe werdet. Führt sie ab.“
 

Sie fügte sich. Immerhin hatte sie sich Zeit bis zum Morgen erkauft, in der ihr nichts geschehen würde. Und Susumu vermutete sicher nicht ohne Grund, dass der Taishou zu diesem Zeitpunkt anwesend wäre. Sie müsste sich sehr irren, wenn dieser nicht einen Befreiungsversuch unternehmen würde, schon, um das eigene Gesicht zu wahren.

Tomi blickte zu ihr, als sie umringt von den schweigenden Kriegern durch das Schloss gingen: „Hier beginnt der Trakt der Fürstin.“ Er zeigte die drei, momentan leeren Räume, ehe er sie hinunter in die Keller führte. Das würde keine angenehme Nacht für die schöne Hundeprinzessin werden, dachte er, aber der Befehl, sie in den Säurekerker zu stecken, war nur zu deutlich gewesen.

Sie hob unwillkürlich etwas den Kopf, als eine schwere Tür vor ihr geöffnet wurde. In solchem Keller war sie nie zuvor gewesen und die Gerüche nach Blut, Furcht und anderem waren bislang für ihre Nase fast betäubend. Das hier jedoch...

„Geht hinein,“ sagte Tomi höflich: „Wenn ich bitten dürfte. Fürst Susumu schätzt es nicht, wenn seine Anweisungen missachtet werden und ich müsste Euch zwingen lassen.“

So trat sie in den dunklen Raum, wo beißende Luft ihren Geruchssinn erst einmal vollständig betäubte. Dann erst erkannte sie in dem Licht, das noch vom Gang hereinfiel, dass sie sich auf einer Insel inmitten einer grünen derart scharfriechenden Säure befand. Das Brett, über das sie soeben gegangen war, wurde zurückgezogen und die Tür verschlossen. Sie bemerkte, dass Bannsiegel darauf lagen. Nun, eine Flucht war in der Tat schwer. Hinzu kam, dass ein Bad in dieser Flüssigkeit wohl tödlich selbst für sie wäre. Allein der beißende Gestank machte ihr zu schaffen. Hoffentlich passierte ihrem Kind nichts. Sie erhöhte ihre Energie um zu verhindern, dass die Säurepartikel in der Luft ihrer Haut und ihr schadeten.

Als sie nach der zweiten dämonischen Energie in sich suchte, erlebte sie jedoch eine gewisse Überraschung. Nicht nur, das sie deutlicher als je zuvor zu spüren war, ihr kam es sogar vor, als antworte das neue Leben auf diese Bedrohung ebenfalls durch eine Energieerhöhung – und irgendetwas, das sie nicht definieren konnte, sie aber beruhigte. Das würde dennoch keine angenehme Nacht werden.
 

Als der Ratgeber zu seinem Fürsten zurückkehrte, um den Vollzug des Befehls zu melden, erlebte er eine Überraschung. Provinzfürst Kodoro kniete vor Fürst Susumu, letzterer war sichtlich amüsiert.

„Oh, Tomi, siehe nur, wer mitbekommen hat, wo sich seine Tochter befindet.“

Der Provinzfürst platzte förmlich mit den Fragen hinaus: „Was wollt Ihr von ihr? Sie ist doch mit dem Taishou verheiratet? Und wenn der mitbekommt, dass sie weg ist....“

„Das bringt mich doch glatt zu der Frage, wie du es mitbekommen hast, mein lieber Kodoro.“

„Ich wollte erneut Teiko einen Brief an sie geben und war auf dem Weg ins Schloss, als ich bemerkte, wie Dämonen über mich hinwegflogen. Ich erkannte Eure Krieger auf Reitdrachen – und sie.“

„Nicht möglich. Und so folgtest du tapfer ihrer Fährte in den Süden? Meinen Glückwunsch.“

Kodoro biss die Zähne zusammen: „Ihr brecht Krieg mit dem Westen vom Zaun, das ist Euch doch bewusst.“

„Natürlich.“

„Ich werde dem Taishou melden, dass sie hier ist.“

„Dann vergiss nur nicht, ihm zu sagen, dass du über Teiko einen Brief zu ihr geschmuggelt hast, einen weiteren schmuggeln wolltest und die liebe Teiko ihr auch einen Tee gab, der sie so betäubte, dass sie entführt wurde.“

„Ihr...“

„Oh, du darfst gern gehen.“

Als der Provinzfürst sichtlich wütend das Arbeitszimmer verlassen hatte, wagte Tomi etwas erstaunt zu sagen: „Vergebt, mein Fürst...Ihr lasst ihn laufen? Wenn er nun direkt zum Taishou geht und ihm sagt, dass sie hier ist...Ihr rechnet erst bei Sonnenaufgang mit ihm.“ Und erst dann würden wohl auch die Krieger der dunklen Dame aus jener anderen Welt zur Verfügung stehen.

„Schneller kann das Heer des Westens nicht hier sein, unmöglich. Und ehrlich gesagt: Kodoro wäre ein Narr zum Taishou zu gehen. Er müsste sagen, warum er auf dem Weg war – und bei dieser Kontaktsperre zuzugeben, dass er einen Brief einschmuggeln wollte, würde selbst unseren jungen, friedlichen Freund zu einer harten Strafe treiben. Nein. Kodoro wird wütend in sein schwebendes Schloss zurückkehren und abwarten, wer gewinnt. Um seiner Tochter willen wird er sich nicht einmischen.“

„Nun, ich habe keine überragende Meinung von der Intelligenz Kodoros....“ Man sollte besser vorsichtig sein das sagte ihm sein Gefühl.

„Wenn er direkt zum Taishou geht und das beichtet – das würde nur ein Masochist mit Selbstmordgedanken. Der Gute hat gerade nicht nur seine Ehefrau verloren, sondern sein Gesicht, und wenn er nicht aufpasst, ist er das Gespött des ganzen Westens, dem kein Dämon mehr folgt. Im Übrigen stelle ich fest, dass du mir widersprichst, mein lieber Ratgeber. Du solltest aufpassen. Heute bin ich guter Laune, aber beim nächsten Mal könnte ich versucht sein, die Theorie zu überprüfen, ob Spinnen auch mit fünf Beinen leben können.“

Tomi verneigte sich lieber tiefer: „Vergebt, mein Fürst.“

Der erhob sich und trat seinem Ratgeber dabei scheinbar nachlässig auf die Finger: „Wie gesagt, heute bin ich guter Stimmung. Die Prinzessin ist schön und stark, das wird mich und auch Kurai Josei freuen. Jetzt werde ich zusehen, dass ich meine Krieger vor das Schloss schicke, damit ich den Bannkreis errichten kann. Zwischen diesem und den Kriegern der anderen Welt werden der Taishou und seine Männer gefangen sitzen.“

„Euer Befehl an mich?“ Der Spinnendämon hütete sich, seinen Schmerz laut werden zu lassen. Die Aussicht, in seiner wahren Gestalt nur mehr mit fünf Beinen herumzulaufen, war nicht sonderlich aufbauend, zumal nicht gesagt war, wie die anderen entfernt werden sollten.

„Keiner, momentan. Aber bei Sonnenaufgang bringe mir die Prinzessin auf die Schlossmauer. Sie soll zusehen, wie das Westheer geschlagen wird, und ihr Angetrauter gleich dazu. Das wird sie sicher davon überzeugen, wer der Bessere ist.“

„Ja, Herr.“ Tomi wartete, bis der Fürst sein Arbeitszimmer verlassen hatte, ehe er das ebenfalls tat.
 

Es fiel Kodoro nicht schwer, den Taishou in seinen Ländereien zu finden, in denen sich dieser aufhalten sollte. Kujira, der Herr der Wölfe, verließ sofort höflich seinen Gast, als der Provinzfürst abgehetzt und schweißgebadet von einem Reitdrachen fast fiel.

Der junge Hundefürst zog etwas die Augenbrauen zusammen, erhob sich aber. Das sah nicht gut aus. Und wenn der Herr des schwebenden Schlosses, nun, sein Schwiegervater, sich so abmühte, ihm eine Botschaft zu bringen, würde es keine angenehme sein: „Was ist passiert?“ Überdies: dieser Reitdrache war nach der Art des Südens gezäumt. Kam der gerade aus dem Süden? Brachte Botschaft von Susumu?

Kodoro, der im Schloss im Süden tatsächlich einen Reitdrachen von den Dienern verlangt und bekommen hatte, warf sich nieder: „Hört mich an....Es ist etwas Schreckliches passiert! Fürst Susumu hat meine Tochter entführen lassen.“

Lüge, dachte der Inu no Taishou: eine erbärmliche Lüge. Sie saß in seinem Schloss praktisch wie eine Gefangene bewacht und schließlich war sie selbst durchaus stark. Er entsann sich ihres Streites, als ihre Energie aufgeflammt war, um sie zu schützen. Aber was sollte diese Lüge bezwecken? Er betrachtete seinen Schwiegervater buchstäblich von oben: „Du hast mit Fürst Susumu gesprochen?“

„Ja, aber er gibt sie nicht heraus...“

„Ich soll dir also glauben, dass nicht nur meine Gemahlin aus meinem Schloss entführt wird, anscheinend, ohne, dass es jemand mitbekommt, sondern auch noch du Held das bemerkt hast und höchstpersönlich zu Fürst Susumu eiltest, um sie wiederzuholen?“

„Das ist die Wahrheit, ja,“ beteuerte Kodoro mit dem Gesicht auf dem Erdboden, nur, um sich im nächsten Moment emporgerissen zu finden.

Der Taishou drückte ihn mit der Hand um seinen Hals gegen den nächsten Baum: „Mein verehrter Vater hat dich zu mild behandelt, du erbärmlicher Lügner,“ sagte er kalt.

„Herr....“ würgte der Bedrohte und starrte in eiskalte Augen: „Ich schwöre Euch, ich weiß nicht, was in Eurem Schloss geschehen ist, aber ich sah auf dem Weg dorthin....Es waren Krieger aus dem Süden auf Flugdrachen, und sie hatten sie.“

Der Hundefürst dachte kurz nach. Krieger auf solchen Wesen hatten auch Vater und ihn in den Bergen von Me überfallen. Die Zäumung und diese Geschöpfe hatte er damals nicht erkannt, erst bei dem Boten, den Susumu an den Drachenkönig sandte. Ohne den Griff zu lockern fragte er: „Du wolltest ins Schloss...?“

„Ja, Herr...bitte....“

„Dann hattest du einen Grund. Wolltest du deine Tochter sehen?“

„Das...das verwehrt mir Zunai...“

„Weiter.“

„Ich wollte wenigstens einen Brief...ob es ihr gut geht...Ja, das darf ich nicht, aber sie ist doch meine Tochter...“ Kodoro spürte etwas erleichtert, wie sich endlich die Klaue um seine Kehle entspannte, er dann zu Boden gestoßen wurde. Ängstlich sah er auf.

Ein Lächeln spielte um den Mund des Herrn der Hundedämonen und dem Provinzfürsten lief es kalt über den Rücken.

„Steh auf, Kodoro. Noch bist du nicht tot. Du wirst dich in mein Schloss begeben und dort nachsehen, was passiert ist. Zugleich richtest du Zunai oder Myouga aus, dass sie das Heer so schnell es geht zusammenrufen sollen und hier herbringen.“

„Ich...ich bin müde...“

„Danach kannst du schlafen. Falls du es gewagt haben solltest mich anzulügen, sogar länger, als dir lieb sein kann. Denn, wenn ich herausfinde, dass du gelogen hast, und meine Gemahlin weder entführt wurde, geschweige denn von Susumu, werde ich dich auf die hässlichste Art umbringen, die mir einfällt. Und ich kann mir eine Menge vorstellen. Geh.“

Als Kodoro verschwunden war, kam der Herr der Wölfe heran. Der Taishou lieferte einen Kurzbericht: „Ich bräuchte die Krieger deines Volkes und die Falken. Bis das Heer des Westens hier ist, mag es schon zu spät sein.“

„Ihr seid der Fürst.- Ihr habt ihn nicht freundlich behandelt.“

„Er muss nicht wissen, wie viel Dank ich ihm schulde.“
 

**

Welcher der beiden Fürsten setzt momentan auf die richtigen Verbündeten?

Im nächsten Kapitel gibt es denn auch: Bewegungen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  Minerva_Noctua
2012-03-20T11:21:21+00:00 20.03.2012 12:21
Susumu erliegt zum ersten Mal vollkommen einer Fehleinschätzung.
Ich mag Tomi irgendwie. Dass er eine Spinne ist, ist bezeichnend.
Wenn ich so an Sesshoumarus Mutter im Manga denke, ist diese hier um einiges sympathischer. Nicht so affektiert und theatralisch.
Langsam erwachen wohl Mutterinstinkte.
Was du noch mit der Säure anfängst, interessiert mich.

Bye

Minerva
Von:  kiji-chan
2011-05-31T00:32:50+00:00 31.05.2011 02:32
Langsam frage ich mich ernsthaft, woher die Gute ihre Inteligenz hat.
Was Korodo da abzieht grenzt wirklich an Selbstmord.

Die Prinzessin hingegen schlägt sich wacker. Und Susumu übersieht, dass sie auf das Thema Schwangerschaft nicht reagiert. Ein schwerer Fehler. Es wäre sein Anhalspunkt etwas zu bemerken, bevor es zuspät ist.

Aber Tomi finde ich irgendwie nett. Er ist auch nur ein Opfer.

Der Taishô muss jetzt schnell handeln, damit alles gut geht. Entscheidet er sich richtig...?

ncha!
Kiji
Von:  Krylia
2011-05-29T17:16:49+00:00 29.05.2011 19:16
Eiwei, in diesem Fall kann man nur von Glück reden, dass Kodoro ein solcher Trottel ist.
Aber ich fand es wirklich interessant, dass sich das Baby jetzt eindeutig bemerkbar macht. Und die Prinzessin ist ja sehr sicher, dass es ein Junge wird...
Ich drücke unseren Hunden natürlich weiterhin die Daumen!
Von:  Cistus
2011-05-27T18:33:49+00:00 27.05.2011 20:33
Wenn es etwas gibt über das Susumu stürzen wird, denn wird es sicher seine Selbstgefälligkeit sein. Wenn er seine Untergebenen nur durch Drohungen führt, denn ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis ihn ein Verbündeter in den Rücken fällt.
Die werte Prinzessin hat einen guten Trumpf ausgespielt in dem sie sich naiv gibt. Solange sie die Gegener täuschen kann hat sie einen nicht zu unterschätzenden Vorteil an ihrer Seite der sicher noch wichitg werden wird.
Mit dem Taishou wird jetzt nicht mehr gut Kirschen essen sein! Wenn man etwas tun kann um ihn in Rage zu versetzten, so hat es Susumu nun mit aller Gründlichkeit getan. Hunde die bellen, beissen nicht heißt es, nun der Taishou bellt nun bestimmt nicht mehr....

mfg
Cistus
Von: abgemeldet
2011-05-27T15:04:19+00:00 27.05.2011 17:04
Eine mir bekannte Fliege... wie geil ist das denn?^^
Hm... Susumu will Tomi also 3 Beine ausreisen? Wie fies! Der wird mir immer unsympathischer.

Die Frage ist jetzt nur, warum Teiko verschwiegen hat, dass unser Prinzesschen schwanger ist. Ob da noch jemand die Hände mit im Spiel hat? Oder ob sie es selbst nicht geglaubt hat? Hm... ich werds hoffentlich noch erfahren. Was mich aber im Moment noch mehr interessiert, ist wer siegen wird. Naja, eigentlich ist es ja klar, aber trotzdem. Vielleicht machen sie es ja wie in Troja. Also das mit dem trojanischen Pferd^^ Würde mich interessieren wie Susumu darauf reagieren würde.

Freu mich drauf mehr zu lesen.

LG
Von:  Haruko-sama
2011-05-27T15:00:01+00:00 27.05.2011 17:00
Na da weiß aber jemand, wie er Frauen behandeln muss, damit sie ihn gern haben... *Ironie vom Boden wisch*
Aber schön, dass Kodoro doch noch so etwas wie Rückgrat und Anstand besitzt und seiner Tochter hilft; wenn jetzt zusätzlich zum Heer noch Wölfe mitmischen (und sie noch vor Sonnenaufgang ankommen), hat der Taishou bessere Chancen als von Susumu erwartet.
Baby Sesshomaru bringt jetzt schon seine Vorlieben zum Ausdruck, putzig.
Mal gucken, wie erfolgreich Myouga und Zunai bei der Aufklärung der Entführung sein werden.

LG, Haruko
Von:  Teilchenzoo
2011-05-27T07:45:25+00:00 27.05.2011 09:45
HA! Ich wusste doch, Väter sollte man nicht unterschätzen. Und Kodoro hat nur zu deutlich bewiesen gekriegt, dass man mit den Fürsten des Westens nicht spaßt. Und, nicht zuletzt, Susumu sollte bedenken, dass Kodoro auch ein Fürst ist, sich beleidigt fühlen könnte und dann eben fürstlich handelt.

Süß, dass das kleine Baby seiner Mutter hilft^^. Und so erfahren wir einmal mehr, wie er zu seinem Gift kam. Ein ewiges Rätsel, dass man in jeder Geschichte auf eine neue Art lösen kann^^.

Susumu dürfte sich mächtig verrechnet haben. Die Prinzessin ist mächtig und kann vor allem auch gut zaubern, Kodoro ist eben nicht so ein jämmerlicher Wurm, sondern immer noch ein Herrscher mit eben dessen Würde, der Taishou kein Schwächling und vor allem nicht langsam. Tja, nur gut für uns.

Also, macht diesen Schleimsack fertig!!!!

Und haut Teiko auch mal weg, wobei ... hm. SIE wusste doch, dass die Prinzessin wirklich in anderen umständen ist? Ein Rest Loyalität? Noch jemand, der sein eigenes Spiel spielt?

Lg neko
Von:  yamina-chan
2011-05-26T14:40:43+00:00 26.05.2011 16:40
Welcher Fürst auf die richtigen Verbündeten setzt? Der Taisho, das versteht sich von selbst.
Susumu wird in der Tat immer nerviger. Das kann ja noch heiter werden mit ihm, aber ich habe vollstes vertrauen in den Westen.
Amüsant finde ich auch, das wir wohl erfahren wie Sesshomaru zu seinen 'speziellen' Fähigkeiten gekommen ist. ^^


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