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Genpuku - Tag der Erwachsenen

Eine FF zu dem WB "Was geschah davor"
von

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Heimatlos

Glossar:

Oji-san = Onkel
 

Unbeholfen stolpert die junge Frau durch das unwegsame Unterholz des Waldes. Sie atmet schwer und ihr Gesicht ist bleich. Sie hat Schmerzen und ist so erschöpft wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Warmes Blut rinnt ihr das Bein hinab und ihr ist ein wenig schummerig zumute. Trotzdem presst sie das kleine Bündel in ihren Armen an sich, als ginge es um ihr Leben.

Gelegentlich blickt sie kurz über die Schulter zurück; helle Flammen lodern in die pechschwarze Nacht hinauf. Kein Mond heute. Nicht einmal die Sterne wollen sich zeigen. Izayoi strauchelt weiter. Sie bemerkt kaum die Tränen, die ihr in stillen Rinnsalen über das Gesicht laufen. Ihre Gefühle sind zu sehr in Aufruhr. Gerade hat sie die Liebe ihres Lebens verloren und dieser Verlust hinterlässt ein schmerzhaftes Loch in ihrem Herzen. Doch im gleichen Zug hat sie eine neue Liebe erhalten und diese gilt es nun um jeden Preis zu schützen.

Behutsam blickt sie auf das winzige Kind in ihren Armen herab und ein wenig der verloren gegangenen Wärme kehrt zurück. Was macht es schon, dass dieses Kind bereits einen beträchtlichen, weißen Haarschopf hat und dazu zwei niedliche, kleine Öhrchen die allerdings nichts mit Menschenohren gemein haben, sondern zweifelsfrei auf den Vater des Kindes hinweisen?

Izayoi schluckt schwer. Gleich bei diesem Gedanken will sich die Kälte ihr Herz zurückerobern. Ein neuer Schwall Tränen läuft über ihre Wange. Er ist tot. Ihr Liebster ist von ihr gegangen und hat sie alleine zurückgelassen. Wäre da nicht das winzige Baby in ihren Armen, sie wäre ihm vermutlich bereitwillig gefolgt. Aber so war sein letzter Wunsch, dass sie leben soll; sie und das Kind.

Doch wie soll das gehen? Alles was sie je besaß, ist den Flammen zum Opfer gefallen. Takemaru, der General des Schlosses hat es niedergebrannt bei dem Versuch, ihren Liebsten aufzuhalten und zu töten. Ihn, einen Daiyoukai, den Herrn der Hunde des Westens. Letztlich ist es ihm gelungen, jedoch zu welchem Preis?

Noch immer erschöpft von der anstrengenden Geburt und den darauf folgenden Ereignissen, torkelt die junge Frau weiter und plötzlich endet das Unterholz und ein Weg ist zu erkennen. Völlig erschöpft knicken Izayoi die Knie ein und sie kommt am Rande des Pfades zu sitzen. Nur einen kleinen Augenblick Pause, einen winzigen Moment um Kraft zu schöpfen.

Kraftlos lässt sie sich an den kühlen Stamm eines Baumes sinken und bemüht sich, die Lider offenzuhalten. Wenn sie sich jetzt gestattet die Augen zu schließen, wird sie den Schlaf, der sich ihrer bemächtigt, nicht länger verdrängen können, und sie darf nicht riskieren zu schlafen, solange noch Soldaten unterwegs sind.

Doch plötzlich bemerkt sie einige Fackeln in der Ferne die sich langsam auf sie zu bewegen. Rasch will sie sich wieder erheben, doch ihre Beine versagen den Dienst. Erschöpft und ängstlich sitzt sie einfach nur da und erwartet die herankommende Gruppe.

Langsam kommen die Personen näher. Einige von ihren reiten hinter einer kleinen Anzahl an Fußsoldaten. Izayois Augen weiten sich. Es sind tatsächlich Soldaten aus ihrem Heimatschloss. Ihr Herz schlägt bis zum Hals. Nun ist alles aus!

Doch dann trennt sich ein Reiter von den anderen und lenkt sein Pferd zu ihr hinüber. „Izayoi?“, fragt er überrascht.

Beim Klang der vertrauten Stimme blickt das Mädchen auf. „Oji-san!“

Das Pferd des Mannes in der vornehmen Rüstung tänzelt leicht. „Was tust du hier?“, fragt er nun verwundert, jedoch auch misstrauisch, „Wir glaubten dich bereits tot. Das gesamte Anwesen ist niedergebrannt.“

Hier sieht Izayoi Hoffnung aufkeimen. Rasch begibt sie sich vor ihm auf die Knie herab und senkt den Blick: „Ich konnte im letzten Moment entkommen, Oji-san!“

„Und der Mononoke?“, kommt die strenge Rückfrage.

Izayois Stimme zittert vor Selbstbeherrschung: „Er starb bei dem Brand.“

Für einen Augenblick scheint der Mann angestrengt zu überlegen. Doch plötzlich ertönt ein leises Wimmern aus dem Arm des Mädchens und das Pferd des Mannes beginnt wieder unruhig zu tänzeln. „Was war das?“, kommt die scharfe Frage. Sofort kommen zwei Soldaten herzu. Einer packt Izayoi und zieht sie hoch, der andere entreißt ihr grob das Bündel in ihrem Arm.

„Nein!“, schreit Izayoi verzweifelt, „Lasst ihn mir!“

Der stattliche Mann auf dem Pferd beugt sich finster ein Stück zu ihr hinab. „Es ist das Kind eines Youkai!“, ruft er erbost, „Es darf nicht am Leben bleiben!“

Doch nun reißt sich die junge Frau mit einem wilden Aufbäumen los und stürzt ihrem Onkel zu Füßen. „Bitte, Oji-san!“, fleht sie, „Bitte lasst ihn mir! Ich werde alles tun, was Ihr verlangt, doch bitte verschont ihn! Aber wir haben keine Bleibe mehr. Bitte lasst uns bei Euch wohnen. Ich werde ihn gut erziehen. Ich verspreche, er wird keine Probleme machen!“ So tief wie sie es vermag, presst sie sich auf den Boden und ihr Körper wird nun von Schluchzen und von Erschöpfung geschüttelt. Unaufhaltsam laufen ihre Tränen in den Sand.

Einen langen Moment scheint der Mann zu zögern. Doch dann nickt er seinem Soldaten kurz zu und dieser gibt das Kind wieder an sie zurück. Grenzenlos erleichtert schließt sie den kleinen Jungen in ihre Arme.

„In Ordnung!“, meint der stattliche Krieger ernst, „Ich werde Euch mitnehmen und ihr könnt bei mir wohnen. Aber wenn ich nur einmal eine Beschwerde zu hören bekomme, von anderen oder von euch, dann müsst ihr sehen wie ihr alleine zurechtkommt!“

Erleichtert verneigt sich Izayoi vor ihrem Onkel. „Habt Dank, Oji-san! Es wird keine Beschwerden geben, das verspreche ich!“

Mit einem Nicken weist der Mann einen Soldaten an, die junge Frau zu sich aufs Pferd zu nehmen. Dann setzt sich die Gruppe wieder in Bewegung. Müde lehnt Izayoi am Brustpanzer des Mannes. Ihr fallen letztlich doch die Augen zu, nicht jedoch, ehe sie ihr Kind unter ihren Kimono gesteckt hat, damit es nicht hinabfällt. Es wird keine leichte Zeit werden, denkt sie noch, nicht für mich und sicher nicht für dich, aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun um dich zu beschützen, mein kleiner Inu Yasha!“

Hanyou

Glossar:

Hanyou = Halbdämon

Yasei = wild (Tier)

Youji = Kleinkind

Yukata = Alltagskleidung
 

Vorsichtig späht Inu Yasha um die Ecke des Hauses. Nervös blickt er über den großen Innenhof des Anwesens. Es ist niemand zu sehen. Erleichtert atmet er auf. Ein Glück! Rasch schultert er den Reissack und packt den Korb mit dem Gemüse fester. Einmal noch holt er tief Luft und dann wagt er sich hinaus auf den Platz.

Mit raschen Schritten beeilt der Junge sich den weitläufigen Hof zu überqueren. Seine Ohren sind dabei aufmerksam aufgerichtet und in seinem Magen bildet sich ein beklemmender Druck. Dabei hofft er, dass seine Schritte nicht allzu gehetzt aussehen. Hier und da steht jemand vor seiner Wohnung, doch die meisten sind mit anderen Dingen beschäftigt. Niemand scheint ihm Beachtung zu schenken, das erleichtert ihn ungemein. Nur noch ein paar Hütten, dann hat er den Hof überquert und kann wieder zwischen den Gebäuden verschwinden.

Gerade biegt er um die letzte Ecke und seine Schritte verlangsamen sich unwillkürlich. Vor ihm ist eine Gruppe Jungen aufgetaucht. Der Größte unter ihnen hat ihn bemerkt und hebt den Kopf. „Hey Hanyou!“, ein hämisches Grinsen legt sich um seine Mundwinkel. Nun blicken auch die anderen hoch und ihre Mienen hellen sich auf.

Zögernd bleibt Inu Yasha stehen. Die Jugendlichen versperren ihm den Weg, natürlich wieder mal angeführt von seinem Vetter Hisao, dem Enkel seines Großonkels. Ein Kloß bildet sich in seiner Kehle und es läuft ihm kalt den Rücken herunter. Nicht schon wieder! Er beißt sich auf die Lippen und versucht den Blick der anderen zu meiden. Dann atmet er noch einmal tief durch und setzt sich wieder in Bewegung.

Ohne aufzublicken will er schon zwischen ihnen hindurch, doch einige der Größeren stellen sich ihm in den Weg während die anderen ihn einkreisen. Nun tritt sein Vetter auf ihn zu. „Wohin willst du denn so eilig?“, fragt er gehässig.

Inu Yasha senkt den Kopf. „Lass mich durch, Hisao!“, nuschelt er und will sich an ihm vorbeidrängeln, doch wieder versperren die anderen ihm den Weg.

„Bleib doch noch etwas!“, meint ein anderer hinter ihm.

„Ja, wir haben da noch ein paar Fragen an dich, Inu Yasei“, ruft wieder ein anderer böswillig.

Inu Yashas Hand packt den Griff des Korbes fester und presst die Lippen zusammen. Er weiß was als Nächstes kommt.

Nun baut sich einer von denen, die ihm den Weg versperrt haben, vor ihm auf und grinst ihn boshaft an: „Sag doch mal, wie ist dein Vater gleich noch gestorben? Du warst doch dabei. War's die Tollwut?“ Die Umstehenden fangen an zu lachen und einer von den Jüngeren beginnt Schaumbläschen mit seiner Spucke zu machen und sich dann mit verdrehten Augen und zuckenden Bewegungen auf dem Boden zu wälzen. Dabei stößt er theatralisch röchelnde Geräusche aus. Das Gelächter nimmt zu.

Inu Yasha ist knallrot angelaufen, doch er gibt keinen Ton von sich. Nun schiebt Hisao den anderen beiseite und tritt auf Inu Yasha zu. Er überragt ihn fast um eine halbe Kopfgröße. Verächtlich blickt er auf den Hanyou hinab: „Mussten sie ihn erschlagen, oder ist er elendig von selbst verreckt?“

Starr schaut Inu Yasha zu Boden, doch noch immer sagt er kein Wort. Seine Knöchel knacken hörbar. Als er keine Antwort erhält, verfinstert sich Hisaos Miene. Er gibt Inu Yasha einen leichten Stoß gegen die Brust: „Hey, Inu Yasei! Ich rede mit dir! Antworte mir gefälligst!“ Noch immer kommt keine Reaktion von dem Hanyou.

„Vielleicht kann er nicht“, mutmaßt ein anderer hämisch, „Vielleicht kann er nur bellen.“ Ein lautes triumphierendes Gebelle und Geheule erhebt sich nun um den Jungen mit den Hundeohren, doch der schweigt weiter. Aber er zittert am ganzen Körper.

Nun hebt Hisao die Hand und das Gekläffe verstummt wieder. Scharf behält er Inu Yasha im Auge. „Du heulst doch wohl nicht etwa, Inu Youji, oder? Nun hebt der Angesprochene den Kopf und funkelt ihn bitterböse an, doch er schweigt weiter. Ganz dicht kommt Hisao an sein Gesicht heran. „Was denn?“, meint er provokant, „Willst du mir was sagen, Inu Youji?“ Wieder gibt er ihm einen Stoß, diesmal etwas stärker.

Inu Yasha fletscht die Zähne. In seinem Gesicht steht brodelnder Zorn. Wütend schleudert er Sack und Korb zu Boden, dass das Gemüse nur so herausfliegt. Hisao grinst triumphierend. „Du willst also kämpfen, ja?“, winkt er ihn zu sich, „Na, komm schon! Trau dich!“

Die Umstehenden beginnen eifrig durcheinander zureden: „Vorsicht, Hisao, bestimmt will er dich auffressen!“

„Lass dir von dem Köter nichts gefallen!“

„Verpass ihm eine Abreibung die er nicht mehr vergisst!“

Unschlüssig, aber vor Wut bebend steht Inu Yasha da. Heftig atmet er ein und aus. Um ihn her wird das Geschrei immer lauter. Warum können sie nicht einfach still sein? Warum können sie nicht einfach alle für immer verschwinden? „Hört auf damit!“, quetscht er verbissen hervor, doch niemand beachtet es.

Und im nächsten Moment fliegt bereits der erste Stein und trifft Inu Yasha am Arm. Ruckartig fährt er herum, doch er sieht nichts außer schreienden und lachenden Halbstarken. Wieder fliegt ein Stein herbei und diesmal trifft er ihn am Kopf. Reflexartig greift er sich an die Schläfe. Er spürt warmes Blut in seiner Handfläche. Der Stein hatte eine scharfe Kante. Ein weiterer Stein trifft ihn und noch einer. Schützend hebt Inu Yasha die Arme und schirmt sein Gesicht vor dem folgenden Trommelfeuer ab.

Die Steine schmerzen, jedoch nicht so sehr wie ihre Worte es tun. Es fühlt sich einfach so entsetzlich erniedrigend an und es quält ihn, dass er nichts dagegen machen kann. Immer dieses Lachen, diese Schimpfnamen, diese Provokationen, es will einfach kein Ende nehmen. Und alles nur, weil er nun mal ist wie er ist. Als ob er daran etwas ändern könnte; nicht dass er es sich nicht schon unzählige Male gewünscht hätte.

Doch plötzlich ertönt eine ernste Stimme: „Genug jetzt! Es wird Zeit für den Unterricht!“ Das Lachen und das Geschrei verstummen und der Steinregen hat aufgehört. Vorsichtig blickt Inu Yasha unter seinen Armen hervor.

Eine Hand packt ihn grob vorne an seinem blauen Yukata. Grimmig funkelt Hisao ihn an: „Ich rate dir eines, Hanyou: Wehe du lässt dich heute Abend bei der Zeremonie blicken! Ein Schwächling wie du hat da doch sowieso nichts verloren. Also halt dich gefälligst fern! Oder glaubst du im Ernst, dass Noburo-sama dich einführen wird. Vergiss das lieber gleich!“ Mit diesen Worten lässt er ihn los und wendet sich zum Gehen. Mit missgünstigen Blicken trollen sich die Kinder und folgen dem stattlichen Mann in der blauen Robe, der sie gerufen hat. Dieser wirft dem Hanyou einen finsteren Blick zu und dreht sich mitleidslos weg. Dann folgt er den Kindern um die nächste Häuserecke.

Stille kehrt wieder auf dem Platz ein. Es dauert eine Weile bis Inu Yasha zu zittern aufhört. Schließlich bückt er sich langsam und beginnt das verstreute Gemüse einzusammeln. Dabei blickt er an sich herunter. Sein Yukata ist verschmutzt und einige Blutflecken sind darauf. Na toll, auch das noch!

Er schultert den Reissack, klemmt sich den Gemüsekorb unter den Arm und schlendert mit hängendem Kopf heim.

Identität

Glossar:

Daimyou = Lehnsherr

Genpuku = Zeremonie zur Volljährigkeit
 

Das Haus in dem er wohnt, liegt ein wenig abseits. Es ist nicht gerade groß, aber es ist gut gepflegt und nicht so baufällig, wie manches andere auf dem Anwesen. Natürlich ist es kein Vergleich zu dem Gebäude in dem sein Großonkel, der Daimyou, wohnt. Er bekommt ihn nur sehr selten zu Gesicht, doch das ist ihm nur recht so. Schon allein deshalb ist er froh, dass das Haus, in dem er mit seiner Mutter wohnt, ein wenig außerhalb der Siedlung liegt.

Leise steigt er die Holzstufen zur Haustür hinauf und so geräuschlos wie möglich öffnet er sie und drückt sich hinein. Vorsichtig sieht er sich um. Seine Mutter muss in einem der anderen Räume beschäftigt sein. Dann schleicht er behutsam hinüber zur Küche, legt Reis und Gemüsekorb neben die Feuerstelle, schiebt die Tür zum Garten auf und verschwindet hinter dem Haus.

Kurz darauf öffnet sich die Tür zum Kochbereich erneut und eine Frau in einem grünen Yukata schaut hinein. „Inu Yasha?“ Ihr Blick fällt auf die Lebensmittel. Sie seufzt leicht. Dann durchquert sie die Küche und öffnet die Tür zum Garten.

Dort auf dem kleinen Hinterhof befindet sich ein Brunnen für Trinkwasser und wenn sie an der Veranda entlangblickt, sieht sie an dem kleinen Fluss hinter dem Haus, ihren Sohn sitzen. Er hat ihr den Rücken zugewandt, hockt mit bloßem Oberkörper am flachen Flussufer und scheint mit irgendetwas beschäftigt zu sein.

Langsam tritt sie an ihn heran. Ein Blick über seine schmalen Schultern sagt ihm, dass er dabei ist, sein Gewand zu reinigen. Ihr Herz wird schwer. Behutsam hockt sie sich hinter ihm nieder. Inu Yashas Kopf sinkt noch ein Stück tiefer. Izayoi ist unschlüssig. Sie kann sich ungefähr denken was passiert ist, doch sie weiß nicht recht, wie sie ihren Sohn darauf ansprechen soll. Behutsam streckt sie die Hand aus um ihn zu trösten, doch sie entschließt sich anders.

Stattdessen fragt sie: „Haben sie dir an der Ausgabestelle nicht mehr Gemüse geben wollen?“

„Der Korb ist mir aus der Hand gefallen und das meiste war dreckig“, nuschelt der Junge kaum hörbar.

Izayoi seufzt erneut. „Das macht doch nichts“, meint sie beruhigend, „Wir werden trotzdem satt werden. Morgen kann ich ja wieder gehen.“

„Nein!“, kommt es sofort von dem Jungen vor ihr, „Ich kann das schon.“ Daraufhin verstärkt er sein Bemühen, seinen Kragen sauberzubekommen.

Die Frau zögert kurz, dann erwidert sie: „Aber ab morgen nicht mehr. Du wirst morgen fünfzehn und damit volljährig. Botengänge sind keine Aufgabe mehr für einen Mann.“

Einen Moment lang hält der Junge inne. Dann sagt er leise: „Ich geh nicht hin.“

Überrascht hebt Izayoi den Kopf. „Nicht? Aber das Genpuku ist eine wichtige Zeremonie für dich. Ich habe schon dein Gewand dafür herausgelegt. Ich habe es damals von deinem Vater erhalten. Ich bin sicher er würde wollen, dass du es jetzt trägst.“

Ein missmutiges Schnaufen ist zu hören, dann dreht der Hanyou sich von seiner Mutter weg. Das Säubern seines Yukata hat er inzwischen aufgegeben. „Die wollen mich doch da gar nicht haben“, sagt er bitter, „Dieser elende Mönch hasst mich. Der lässt mich niemals teilnehmen.“

Izayois Gesicht wird ernst: „Das hat nicht er zu entscheiden.“

„Er weigert sich doch auch, mir Unterricht zu geben“, schnaubt Inu Yasha ärgerlich.

„Aber das Genpuku kann er dir nicht verwehren. Du hast das gleiche Recht darauf wie die anderen auch. Alle Jungen in deinem Alter werden mit fünfzehn in die Erwachsenenwelt aufgenommen und bei dir ist das nicht anders.“

„Ich bin aber anders!“, schreit Inu Yasha zornig auf. Wütend drischt er mit der Faust auf die Wasseroberfläche ein, dass die Tropfen nur so spritzen. Grimmig starrt er auf die Klauen an seinen Fingern. „Ich bin völlig anders als die anderen! Und das wird sich niemals ändern. Sie werden mich niemals anders behandeln als ein Monstrum!“

Nun legt sich Traurigkeit auf das Gesicht der Frau. „Du bist kein Monstrum“, stellt sie leise klar. Sanft gehen ihre Finger zu der Schramme an seiner Schläfe, sie ist schon wieder beinah verheilt, aber man sieht das verschmierte Blut noch. Doch kaum berührt sie ihn, fegt seine Hand die ihre entschieden beiseite und er rückt ein Stück von ihr ab. So hockt er nur am Flussufer, hat die Arme um die Knie geschlungen und starrt mit bitterer Miene in die trägen Fluten.

„Dein Vater war auch kein Monstrum“, fügt sie behutsam hinzu, „Er hatte mehr Herz und guten Willen als ich den meisten Leuten hier zuspreche. Deinen Großonkel vielleicht ausgenommen.“

Inu Yasha schnauft verächtlich auf. „Wenn er nett wäre, warum lässt er das alles dann zu?“

Izayoi ist sich klar, dass diese wenigen Worte mehr von dem Frust ihres Sohnes ausdrücken, als vermutlich ersichtlich. Und sie weiß, es ist nicht leicht, es ihm verständlich zu machen. Sie hat es schon oft versucht, doch das ist ihrem Sohn natürlich keine Hilfe.

„Du weißt warum“, sagt sie, „Er hat uns aufgenommen als niemand sonst uns eine Unterkunft gewähren wollte. Und hier leben wir im Verhältnis zu vielen anderen gar nicht so schlecht. Wir haben ein Dach über dem Kopf und immer genug zu Essen und das verdanken wir deinem Großonkel. Wir sind auf sein Wohlwollen angewiesen. Deshalb müssen wir uns immer vorbildlich verhalten, sonst könnte er beschließen uns fortzuschicken.“

„Warum gehen wir dann nicht gleich?“, kommt es bitter. Der Junge vor ihr zittert leicht.

Betrübt lässt die Frau den Kopf hängen. Sanft legt sie ihm die Hand auf die Schulter „Es wird sich alles irgendwann fügen. Hab Geduld, Inu Yasha!“

Mit einem Ruck stößt der Hanyou ihre Hand mit der Schulter beiseite und springt auf. Mit bleichem Gesicht funkelt er sie an. „Ich hasse diesen Namen!“, schreit er, „Warum musste er mich so nennen? Er erinnert alle doch nur daran, dass ich anders bin. Ich kann mich anstrengen wie ich will, sie hassen mich trotzdem und das nur wegen Ihm! Wenn ich könnte, würde ich den Namen sofort loswerden, aber sie lassen mich ja nicht zur Zeremonie. Und selbst wenn, sie würden mich auch nicht akzeptieren, wenn ich einen Erwachsenennamen hätte.“ Wild funkelt er seine Mutter an.

„Ständig hacken sie nur auf mir rum, beschimpfen mich und schmeißen Steine nach mir und ich muss mir das alles gefallen lassen, obwohl ich sie ohne Probleme in Stücke reißen könnte. Verdient hätten sie es! Aber so etwas tun ja nur Youkais und keine Menschen, also benehme ich mich wie ein Mensch, doch ich bin keiner! Aber ein Youkai bin ich auch nicht. Und ich bin auch zu alt um ein Kind zu sein, aber ohne das Genpuku bin ich auch kein Erwachsener. Was bin ich eigentlich? Was?“

Vor Wut bebend steht der Inu Yasha da, doch es ist nicht nur der Frust der ihn zittern lässt, sondern auch die schreckliche Hilflosigkeit. Izayoi blickt ihn an. Sie ist bleich geworden und sie muss schwer schlucken. Sie versteht seinen Schmerz mit jeder Faser ihres Körpers, doch sie kann leider niemanden zwingen, ihren Sohn zu tolerieren. Eine Träne läuft über ihre Wange. „Inu Yasha...“, flüstert sie traurig.

„Hör auf, mich so zu nennen!“, schreit er und dann dreht er sich um, springt mit einem Satz über den Fluss und verschwindet im Wald dahinter.

Izayoi springt auf: „Inu Yasha!“, ruft sie ihm besorgt nach, doch er achtet nicht auf sie. „Sei aber heute Abend rechtzeitig vor der Dämmerung zu Hause.“ Sie weiß, er hört sie vermutlich nicht mehr, aber sie hofft zumindest, dass er selbst daran denkt.

Schweren Herzens wischt sie sich über das Gesicht und wendet sich dann wieder dem Haus zu. Das leichte Plätschern hinter ihrem Rücken jedoch bemerkt sie nicht.

Verwandlung

Glossar:

Ojii-san = Großvater
 

Mit aller Kraft drischt Inu Yasha auf einen Bambusstamm ein. Ein wütendes Knurren dringt aus seiner Kehle, als er ihn in zwei Teile teilt. Mit gezückten Klauen wendet er sich dem nächsten zu. Er stellt sich vor, dass sich dort Hisaos Kopf befindet. Mit einem heftigen Schlag spaltet er das Holz und es verschafft ihm Befriedigung. Die anderen stehen auch noch um ihn herum. Mit einem Grollen in der Kehle beginnt Inu Yasha das umstehende Riesengras in dem abgelegenen Bambushein in kleine Stücke zu zerfetzen. Immer wilder und härter schlägt er zu und je heftiger er dabei atmen muss, um so befreiender ist es.

Das hier ist sein wahres Ich. Diese unbändige Kraft, die er niemals einsetzen darf, weil es die Leute verschrecken und dafür sorgen würde, dass man ihn und seine Mutter aus der Siedlung vertreiben würde.

Erneut schlägt Inu Yasha zu. Das ist so ungerecht! Er kann doch nichts für seine Kraft, oder für seine Reißzähne und Klauen. Und trotzdem verachten und schikanieren sie ihn. Was hat er ihnen denn je getan? Wenn er könnte wie er wollte, dann würden sie nicht mehr so gemein zu ihm sein, aber für seine Mutter reißt er sich zusammen.

Schwer atmend hält er inne. Er schluckt schwer, doch der Kloß in seinem Hals will nicht weggehen. Er spürt die Feuchtigkeit in seinen Augen aufsteigen doch gewaltsam ringt er sie nieder. Nein, er wird nicht weinen. Die Genugtuung gibt er ihnen nicht. Auf einmal kommt er sich wieder schrecklich klein und verlassen vor. Warum muss gerade er einen Youkai zum Vater haben? Womit hat er das verdient?

Die Schatten senken sich langsam und der Abend neigt sich herab. Er blickt zum Himmel. Mit gemischten Gefühlen nimmt er es zur Kenntnis. Heute ist es wieder soweit. Der einzige Tag im Monat an dem er wirklich ein Mensch ist, und zugleich der Tag im Monat den er am meisten hasst. Nicht nur weil er ihn noch wehrloser macht als er ohnehin schon ist und er sich die ganze Nacht im Haus verstecken muss, sondern auch, weil er ihn einmal mehr daran erinnert, wie sehr anders als die anderen er ist. In dieser Nacht fühlt er sich nie wirklich ganz wie er selbst und trotzdem wünscht er sich jedes Mal, dass die Verwandlung vielleicht diesmal doch von Dauer ist. Aber sie ist es nie, und diese Tatsache ist immer wieder aufs Neue schwer zu verkraften.

Zerknirscht macht er sich auf den Heimweg. Heute muss er den Umweg durch das Dorf nehmen, denn wenn er am Fluss angekommen ist, wird er schon nicht mehr drüberspringen können.

Schließlich hat er die Brücke erreicht. Bei den Häusern gehen bereits die Lampen an. Nun muss er sich beeilen. Doch genau in diesem Moment sieht er einige Leute vorbeigehen und duckt sich. So wie es aussieht, sind sie alle auf dem Weg zum Schrein, wo die Zeremonie stattfinden soll. Inu Yashas Miene verfinstert sich. Er wäre ohnehin nicht dabeigewesen, nicht heute. Seine Mutter ist immer so sehr darauf bedacht, dass niemand erfährt, wann der Tag seiner Schwäche ist, warum besteht sie nur darauf, dass der heutige Tag eine Ausnahme darstellt?

Nervös betrachtet er den Himmel. Bis zur Dämmerung ist es nicht mehr lange hin und noch immer laufen Leute an der anderen Seite der Brücke vorbei. Soll er es riskieren? Schließlich kann ihm niemand verbieten durch die Siedlung zu laufen und je länger er zögert, um so größer ist die Gefahr, dass ihn jemand in einem ungünstigen Augenblick sieht.

Einen Moment zögert er noch, doch dann trifft er eine Entscheidung und läuft los. Mit flinken Schritten drückt er sich an den Hütten entlang, immer bemüht, tunlichst ihm Schatten zu bleiben. Schon spürt er die Verwandlung die durch seinen Körper geht und ihm wird unwillkürlich ganz heiß dabei wenn er nur daran denkt, dass jemand ihn so sehen könnte.

Ein wenig bange ist ihm auch zumute. Hoffentlich ist seine Mutter ihm nicht böse, dass er sie vorhin so angeschrien hat. Ein bisschen tut es ihm schon leid, wenn er auch jedes Wort so gemeint hat, wie er es sagte. Hastig eilt er weiter.

Doch auf einmal werden seine Schritte langsamer und schließlich bleibt er ein wenig unschlüssig stehen. Zögernd blickt er sich um. Und wenn seine Mutter recht hat? Wenn sie ihm das Genpuku nicht verwehren dürfen? Hat er dann vielleicht endlich die Gelegenheit seinen verhassten Kindernamen loszuwerden und einen Erwachsenennamen zu erhalten? Vielleicht würden sie ihn in dieser Gestalt sogar akzeptieren. War die Vorsicht seiner Mutter all die Jahre vielleicht unnötig?

Nein, er schüttelt demonstrativ den Kopf. Nur mein Äußeres allein genügt ihnen sicher nicht. Sie wissen was ich bin und schon deshalb hassen sie mich. Aber vielleicht könnten sie meine Anwesenheit dort in dieser Gestalt ein bisschen besser ertragen. Schließlich brauchen sie dann kleine Angst haben, dass ich sie verletzten könnte, oder was immer sie sich zusammenreimen.

Sein Herz pocht heftig bei dem Gedanken. Soll er es wirklich riskieren? Vielleicht... ja, wirklich vielleicht könnte der heutige Abend doch ganz erträglich werden. Und noch während er überlegt, stellt er fest, dass ihm sein Genpuku doch wichtig ist. Schon lange hat er sich diesen Tag herbeigewünscht, zum einen um seinen Namen gegen einen besseren tauschen zu können und zum anderen, weil er es wissen muss! Wenn er offiziell in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen wird, dann müssen sie ihn einfach anerkennen! Dann können sie nicht länger mit ihm umspringen wie sie wollen. Dann hat auch er Rechte! Vielleicht kümmern sich die anderen auch dann nicht sonderlich darum, aber er muss es zumindest für sich selbst wissen. Sonst wird er niemals die Gewissheit haben, ob er es verdient zu leben. Er muss es wissen, er muss einfach! Und er wird zu dieser Zeremonie gehen, ganz gleich was passiert!

So fest entschlossen setzt er sich wieder in Bewegung. Er muss nach Hause und seine Erwachsenenkleidung anziehen, das Gewand seines Vaters. Ihm entgeht jedoch ein aufmerksames Augenpaar, das ihm folgt und die dazugehörende Person hebt interessiert die Brauen.

Mit einer leichten Handbewegung winkt Hisao seinen Freund Izuru zu sich und deutet auf die forteilende Gestalt. „Was hältst du davon, Izuru?“, fragt er.

Izuru kneift die Augen zusammen. „Ist das Inu Yasha?“, murmelt er unsicher, „Irgendwie sieht er anders aus, aber ich glaub er ist es. Liegt vermutlich an der Dunkelheit.“

Hisao stemmt die Hände in die Seite. Er trägt einen teuren, kunstvoll bestickten Haori und einen dunklen Hakama. „Ich möchte zu gerne wissen, was der hier verloren hat. Ich hab ihm doch gewarnt, herzukommen.“ Er überlegt kurz, dann meint er: „Hol Yoshio und die anderen. Dem Kerl verpassen wir einen Denkzettel, den er nicht mehr so schnell vergisst.“

Izuru zögert: „Bist du sicher? Die Zeremonie beginnt gleich.“

Doch Hisao winkt ab: „Ach, wir haben noch jede Menge Zeit. Es sind doch noch längst nicht alle da, Ojii-san auch noch nicht. Ehe er nicht da ist, fangen die nicht an. Ich will nur mal wissen wo er hin will.“

„Na, wenn du meinst“, zuckt Izuru die Schultern, „Ich sag den anderen Bescheid.“ Dann macht er sich auf die Suche nach seinen Kameraden.

Menschlich

Glossar:

Haha = Mutter

Getas = Holzsandalen
 

Gerade biegt Inu Yasha um die letzte Häuserecke und schon sieht er sein Zuhause vor sich. Ein wenige verwundert legt er die Stirn in Falten. Warum brennen die Lampen nicht? Unsicher tritt er näher. Ist seine Mutter vielleicht nicht da? Etwas beunruhigt schiebt er die Haustür auf. Auch hier drinnen sieht er kein Licht.

„Haha, bist du zu hause? Ich bin zurück!“, doch er erhält keine Antwort. Unbeholfen tapst er über den dunklen Flur. Dabei muss er aufpassen, dass er sich nirgends den Fuß stößt. Als Mensch sind seine Sinne wirklich sehr eingeschränkt. Schließlich hat er die Tür zur Küche erreicht und öffnet sie. Auch hier ist niemand. Nicht mal von draußen dringt ein wenig Licht hinein. Wie auch, der Mond ist heute ja nicht zu sehen.

Behutsam kratzt Inu Yasha ein wenig in der Feuerstelle und tatsächlich findet er noch etwas Glut unter der Asche. Rasch nimmt er einige Laternen von der Wand und zündet sie an. Der Raum wird nun zumindest ein bisschen erleuchtet. Aber dann fällt sein Blick neben die Feuerstelle und er erstarrt. Dort liegt noch immer das Gemüse und der Reissack, ebenso wie er ihn vorhin dort abgestellt hat.

Unwillkürlich wird ihm heiß und kalt. Seine Mutter hat nicht gekocht. Sie hat noch nicht einmal die Lebensmittel weggeräumt. Warum denn das? Und wo mag sie nur sein? Eine namenlose Furcht beschleicht ihn und seine Hände beginnen leicht zu zittern. „Haha?“, ruft er erneut, doch die Stimme hat kaum Kraft.

Mit klopfendem Herzen ergreift er nun eine der Laternen und einer dunklen Ahnung folgend, schiebt er die Tür zum Garten auf und tritt hinaus. Mit zitternden Fingern hebt er die Lampe höher und bemüht sich in der pechschwarzen Finsternis, etwas zu erkennen. Das Licht reicht kaum bis hinab zum Flussufer, doch das genügt bereits. Dort unten im Sand des Flussbettes liegt jemand.

Inu Yasha läuft es eisig den Rücken herunter und im ersten Moment ist er wie erstarrt. Doch dann springt er vorwärts und so schnell er kann, läuft er hinab zu der reglosen Gestalt die dort am Boden liegt.

Hastig kniet er neben der Frau nieder und mit einem verzweifelten Ruck, dreht er ihr Gesicht aus dem Wasser heraus. Das totenbleiche Gesicht seiner Mutter starrt ihn aus leblosen Augen an und der Junge vergisst für einen Augenblick zu atmen. Sein Gesicht bekommt nun eine Farbe, die der der Frau um nichts nachsteht und ein schreckliches Zittern bemächtigt sich seines Körpers, während er sie aus weit geöffneten Augen anstarrt.

„Mami...?“, das Wort ist nur noch ein zaghaftes Hauchen und in diesem Moment scheint es die vergangenen Zehn Jahre nicht gegeben zu haben. Völlig verstört blickt der junge Hanyou auf den toten Körper der Frau, die er einmal Mutter genannt hat. Wie in Trance schaut er sie an und ein eigenartiges Rauschen schwillt in seinen Ohren an. Fast hat er das Gefühl, die Besinnung zu verlieren.

Verzweifelt und hilflos stubst er die Leiche an. „Mami, was...?“ Nein, er kann es nicht glauben, er will es nicht wahrhaben! Das kann unmöglich sein! Sie kann einfach nicht tot sein! Sie darf nicht! Vor Fassungslosigkeit schlotternd legt er die Hand auf ihr Gesicht, es ist nass und eiskalt. Und ein unendlich tiefer Abgrund scheint sich unter seinen Füßen aufzutun. Er senkt den Kopf, presst die Augen zusammen und ein gequälter Verzweiflungsschrei quetscht sich aus seiner Kehle.

„Bei allen Göttern! Er hat sie umgebracht!“, der ängstliche Ruf reißt ihn unvermittelt aus seinen Gedanken. Verwirrt blickt er in die Richtung aus der er gekommen ist. Dort neben dem Haus stehen mehrere Jungen in ihren Zeremoniengewändern, mit Fackeln in den Händen und starren ihn entsetzt an.

Er kennt sie alle. Doch im Augenblick weiß er einfach nicht wie er reagieren soll. Es ist schon schwer genug, überhaupt die Situation zu erfassen. Seine Mutter ist tot. Tot! Und sie halten ihn für den Täter? Wenn er Herr seiner Sinne wäre, dann würde er behaupten, es wäre absurd. Doch das ist er nicht. Er steht noch viel zu sehr unter Schock, um einen vernünftigen Gedanken fassen zu können.

Die Jungen haben da weitaus weniger Probleme. Langsam und vorsichtig kommen sie näher, die Fackeln erhoben, doch Inu Yasha blickt ihnen nur mit ausdrucksloser Miene entgegen. Hisao ist der erste der sich auf gut zwei Schritt an ihn heranwagt. Flüchtig fällt sein Blick auf die Leiche.

„Sie hat überall Bisswunden!“, ruft er den anderen zu, die zucken erschrocken zusammen. Ein wenig irritiert blickt der hochgewachsene Junge auf den Schwarzhaarigen hinunter, doch dann verfinstert sich sein Gesicht und er zischt: „Was hast du Monster mit ihr gemacht? Brauchst dich gar nicht verstellen. Wir erkennen dich auch in dieser Gestalt, Dämon!“

Noch immer dringt das Geschehen nicht zu Inu Yasha durch. Er sitzt nur da mit weit aufgerissenen Augen und bringt keinen Laut heraus. Die Worte haben keine Bedeutung für ihn.

Aufgebracht kommt Hisao einen Schritt näher und streckt bedrohlich die Fackel nach ihm aus.„Seine eigene Mutter töten, was bist du nur für ein Tier!“, mit diesen Worten verpasst er dem Hanyou einen heftigen Tritt in die Rippen. Inu Yasha stöhnt auf. Der Tritt hat ihn aus seiner Starre gerissen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hält er sich die Seite und springt rasch auf die Füße. Gehetzt sieht er sich um. Er will nur noch weg von hier. Doch Hisao ist das nicht entgangen. „Passt bloß auf! Er will abhauen!“

Als wäre das das Stichwort gewesen, dreht sich Inu Yasha mit panischem Blick um und völlig kopflos springt er in den Fluss hinter sich. Hinter seinem Rücken hört er: „Lasst ihn nicht entwischen! Akira, sag Noburo Bescheid! Die anderen folgen ihm! Das Schwein wird büßen für das was es getan hat.“

So schnell es ihm irgend möglich ist, kämpft sich Inu Yasha schwimmend und watend durch den brusttiefen Fluss, wohl wissend, dass die anderen die Verfolgung aufgenommen haben. Schließlich erreicht er keuchend das andere Ufer. Das Adrenalin peitscht durch seine Adern und mit triefend nasser Kleidung setzt er sich in Bewegung und hastet in den Wald hinein, als ginge es um sein Leben. So wie es aussieht, tut es das womöglich auch. Er wagt kaum einen Gedanken daran verschwenden, was wohl passiert, wenn sie ihn erwischen.

Er läuft was seine Lungen hergeben, doch er ist längst nicht so schnell wie er es in seiner gewöhnlichen Gestalt wäre und die anderen haben bereits das andere Ufer erreicht und die Verfolgung aufgenommen. Die meisten von ihnen sind größer als er und vermutlich auch erheblich schneller. Zumindest erwecken die immer näher kommenden Rufe diesen Eindruck. Sehen kann er nichts, denn noch immer ist es stockfinstere Nacht und so sieht er nicht einmal wohin er läuft.

Der Boden unter seinen Füßen ist steinig und uneben. Als Hanyou stört ihn das nicht weiter, weshalb er dann gerne auf Schuhe verzichtet, doch in seiner menschlichen Form vermisst er die Fußbekleidung doch schmählich. Nicht zum ersten Mal tritt er auf irgendeinen spitzen Stein und das verlangsamt seinen Lauf noch zunehmend. Auch hier sind seine Verfolger mit ihren Getas klar im Vorteil.

Inzwischen ist er völlig außer Puste und sein Atem rasselt vor Luftmangel, aber er darf auf keinen Fall anhalten! Doch gerade als er das denkt, durchzuckt ein rasender Schmerz seinen rechten Fuß und mit einem Aufschrei stürzt er zu Boden. Irgendetwas schneidet ihm in die Wange und in die Handflächen mit denen er sich abzustützen versucht, und auf einmal dämmert ihm, wo er sich befindet. Er muss unbewusst den Weg zu seinem Bambushein eingeschlagen haben und hier liegen noch immer die scharfen Splitter von vorhin. Einer von ihnen hat sich äußerst schmerzhaft durch seinen Fuß gebohrt und in der Dunkelheit spürt er eine warme, glitschige Flüssigkeit die von seiner Fußsohle herabläuft und ihm die Hände verschmiert.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht krümmt der Junge sich auf dem Boden. Verdammt, tut das weh! In seiner Menschengestalt hat er sich nie zuvor so verletzt, und ihm war nie klar wie schmerzhaft das ist.

Doch nun haben die anderen ihn eingeholt und sogleich keuchend eingekreist. Es sind sieben kräftige, junge Männer und mit drei Fackeln beleuchten sie jetzt den gestürzten Flüchtling.

„Hier ist Schluss!“, schnauft Hisao außer Atem. Boshaft starren die Umstehenden Inu Yasha an. Ängstlich blickt dieser zu ihnen hoch. Was geschieht jetzt? In seiner Panik packt er den langen Splitter in seinem Fuß und zieht ihn mit einem Ruck heraus. Ein Schmerzensschrei entfährt ihm und die Umstehenden weichen unwillkürlich ein Stück zurück. Doch Hisao funkelt seine Kameraden entschlossen an: „Na los, steht nicht so rum! Packt ihn!“

Sofort will Inu Yasha aufspringen, doch kaum tritt er auf seinen verwundeten Fuß auf, knickt ihm das Bein wieder weg und er zieht scharf die Luft ein. Die Jungen scheinen das als Fauchen gedeutet zu haben und ebenfalls berauscht vom Adrenalin, stürzen sie sich nun auf Inu Yasha, zwei größere Jungen packen ihn an den Armen und halten ihn grimmig fest.

Nun kommt Hisao wieder auf den Hanyou zu. Angewidert betrachtet er ihn. „Der letzte Abschaum!“, spuckt er abfällig aus, „ Ein wildes Tier und ein Mörder!“

„Ich war das nicht!“, schreit Inu Yasha jetzt außer sich. Langsam hat er seine Sprache wiedergefunden.

Doch der hochgewachsene Junge packt nur seine blutverschmierte Hand und reißt sie hoch: „Und was ist das hier, du Ungeheuer? Hast sie wohl mit deinen eigenen Klauen aufgeschlitzt, was? Wolltest du ihr Blut trinken, damit du menschlicher aussiehst?“

Inu Yasha schwinden fast die Sinne bei diesen Worten. Das ist doch Wahnsinn! An so etwas nur zu denken, lässt ihn beinah brechen. Nie im Leben hätte er das fertig gebracht. Aber sein Vetter braucht wohl irgendeinen Schuldigen. Der elende Mistkerl!

Mit aller Kraft rammt er Hisao das Knie in die Leiste. Der junge Mann flucht auf und krümmt sich zusammen. Doch dann schließlich richtet er sich wieder auf und schaut Inu Yasha kalt an. „Du Bastard, dass hast du nicht umsonst getan!“ Mit Schwung rammt er dem Hanyou den Ellenbogen in die Magengrube. Inu Yasha ächzt laut auf. Doch schon trifft ihn eine harte Faust mitten im Gesicht. Wieder und wieder gehen die Schläge auf ihn nieder und an dem trockenen Knacken und dem Blutschwall der ihm ins Gesicht schießt, merkt er gleich, dass seine Nase gebrochen ist.

Der verletze Hanyou stöhnt und spuckt einen Schwall Blut aus. Kraftlos hängt er im festen Griff der beiden Jungen. Schließlich lässt Hisao von ihm ab. Hasserfüllt starrt er Inu Yasha an. Er atmet schwer. Dann blickt er sich hastig um. „Yoshio, Izuru, bringt ihn da rüber. Wir machen jetzt kurzen Prozess mit ihm.“

„Aber Hisao“, versucht einer der Jungen jetzt zögerlich einzuwenden, „Das reicht doch langsam. Sieh ihn dir doch an, der ist fertig,.“

Ich entscheide wann der fertig ist!“, schreit der junge Mann zornig, „Und nun schafft ihn hier rüber!“ Gehorsam befolgen die Jungen die Anweisung. „Kinta, dein Obi!“, befiehlt Hisao grimmig.

„Hisao, ich...!“

„Her damit, verdammt!“

Zögernd überreicht der Angesprochene seinen Gürtel. Mit einem Messer beginnt Hisao jetzt damit, ihn in vier lange Streifen zu schneiden. Dabei ignoriert er den Protest des Besitzers. Nur wenige Minuten später hat die Gruppe Inu Yasha an vier abgebrochenen Bambusstämmen ausgestreckt auf dem Boden festgebunden. Der Hanyou schnappt nach Luft, seine Nase ist zugeschwollen und über seinem linken Auge macht sich ein dickes Veilchen breit. Unter sich spürt er die abgebrochenen Stängel der Bambusgräser, die sich in seinen Rücken bohren. Die Fesseln schnüren ihm unangenehm das Blut ab und sein rechter Fuß pocht heftig vor Schmerzen.

Aber am schlimmsten ist es, all diese hasserfüllten und angewiderten Gesichter zu sehen die um ihn herumstehen und sich genüsslich an seinem Elend weiden. Erneut versucht er die Tränen niederzukämpfen. Er ist erschöpft, ihm ist kalt und er hat Schmerzen. Und er ist seinen Peinigern auf Leib und Leben ausgeliefert. Was werden sie nun mit ihm tun? Bei dem Gedanken wird ihm so übel, dass er würgen muss und die nackte Furcht kriecht ihm über den Rücken. Verächtliches Lachen ertönt um ihn her. Er will diese boshaften Gesichter nicht mehr sehen, doch er wagt es nicht, die Augen zu schließen.

„Was habt ihr mit mir vor?“, kommt die bange Frage zwischen den geschwollenen Lippen hervor.

Nun neigt sich Hisao zu ihm herunter: „Das werde ich dir sagen, Missgeburt! Wir werden dich hier lassen und behaupten, du wärst uns entkommen und längst auf und davon. Niemand wird nach dir suchen.“ Inu Yashas Augen weiten sich angsterfüllt. „Aber keine Sorge, du wirst nicht lange hier liegen. Bambus kann bis zu einem Schritt am Tag wachsen. Die Stümpfe unter dir werden sich ganz langsam durch dich hindurchbohren und wenn du Glück hast, dauert es nicht all zulange bis du stirbst.“ Inu Yashas Gesicht verliert jede Farbe. Panisch zerrt er an seinen Fesseln, doch sie geben kein bisschen nach. Die Jungen lachen. Und je mehr er versucht sich zu befreien, um so lauter lachen sie. Der Hanyou schreit, flucht und bettelt, doch die Jungen sind erbarmungslos.

Schließlich gibt Inu Yasha erschöpft auf. Grenzenlose Verzweiflung überkommt ihn, und Angst. Schreckliche Angst. Resigniert hängt er in seinen Fesseln und lässt den Kopf nach hinten sinken. Müde schließt er die Augen. Da, plötzlich spürt er es, die warme Flüssigkeit mit dem leicht stechenden Geruch auf seinem Gesicht und auf seinem Körper die durch seine Kleidung dringt und seine Demütigung perfekt macht. Nicht auch das noch!

Hämisches Lachen ist um ihn her zu hören, doch er wagt nicht länger, ihren hasserfüllten Blicken zu begegnen. Sollen sie ihn doch endlich alleine lassen. Alleine mit seinem Kummer, seinem Schmerz und seiner grenzenlosen Hoffnungslosigkeit. Bitte, lass es endlich vorbei sein!

Schließlich verschwindet das Lachen zusammen mit dem Licht der Fackeln in der Ferne und dann ist irgendwann kein Laut mehr zu hören. Langsam öffnet Inu Yasha die Augen. Er blickt hinauf zum Himmel, doch weder Mond noch Sterne sind zu sehen. Es ist völlig finster. Ebenso sieht es in seinem Herzen aus. Alles in ihm scheint abgestorben und kalt zu sein. Da ist nichts mehr. Alles was je in ihm lebendig war, ist tot und er hofft nur noch, dass der Bambus heute schnell wächst.

Da plötzlich trifft ihn ein leichter Schlag im Gesicht und dann noch einer und dann beginnt die Flüssigkeit über seine Wangen zu laufen. Immer mehr und mehr Tropfen fallen herab und dann öffnet der Himmel seine Schleusen und der Regen prasselt nur so auf ihn hernieder. Innerhalb kürzester Zeit ist er wieder völlig durchnässt und plötzlich mischt sich in das Rauschen und Trommeln des Regens ein lautes Heulen und Schluchzen, als der gepeinigte und völlig verzweifelte Junge unter Weinkrämpfen versucht seiner grenzenlosen Trauer Ausdruck zu verleihen. Doch so laut die Schreie des Leides auch sind, auch sie verhallen ungehört.

Macht

Unablässig fällt der Regen. Inu Yasha bemerkt es kaum. Er ist wie betäubt. Lange hat er geweint und sich ganz seinem Kummer ergeben. Dann hat er eine ganze Weile um Hilfe gerufen, obwohl er wusste, dass niemand ihm helfen würde, selbst wenn man ihn hörte. Dann ist er heiser geworden und daraufhin einfach verstummt. Nun starrt er mit großen Augen hinauf in die Nacht, nass, frierend, schmerzgepeinigt und allein mit seinen Gedanken.

So vieles geht ihm durch den Sinn und in der quälenden Stille der Nacht haben seine Gedanken eine erschreckende Lautstärke. Das Verstreichen der Zeit spürt er nur daran, dass der schmerzhafte Druck in seinem Rücken immer unerträglicher wird. Immer wieder schießen Hisaos Worte wie ein Mantra durch seinen Kopf. Wird er durch die Bambuspflanzen tatsächlich bei lebendigem Leibe aufgespießt? Der Horror der ihn bei dem Gedanken überfällt, ist nicht in Worte zu fassen.

Hätte er die Stämme vorhin doch bloß nicht niedergeschlagen. Dann wäre er nicht aufgehalten worden und würde jetzt nicht Gefahr laufen, dadurch sein Leben zu verlieren. Wäre er doch nur nicht so überstürzt weggelaufen. Der Angriff auf seine Mutter muss kurz nach seinem Aufbruch geschehen sein. Er hätte sie beschützen können, er hätte es müssen! Wer oder was kann das bloß gewesen sein? Wer hat seine Mutter getötet? Wenn Inu Yasha noch Tränen hätte, würden sie jetzt erneut in ihm hochsteigen, doch so bleibt ihm nur ein unkontrolliertes Zittern bei dem Gedanken, das den Schmerz in seinen Gliedern und seinem Rücken nur noch stärker werden lässt.

Wann ist diese schreckliche Nacht endlich vorbei und vor allem, was wird er danach tun, vorausgesetzt, die Bambusstäbe bringen ihn nicht um bevor er seine wahre Gestalt wieder hat? Die Frage lässt ihm keine Ruhe, aber seine Gedanken drehen sich nur immer wieder im Kreis.

Da plötzlich nimmt er in einiger Entfernung das Licht einer Laterne wahr. Flüchtige Hoffnung keimt in ihm auf. Schwach hebt er den Kopf, zum Rufen fehlt ihm schon die Kraft. Das Licht nähert sich ihm und schließlich erkennt er die Person die da auf ihn zukommt. Es ist der Mönch Noburo mit einer Laterne und einem Schirm. Schließlich hat er ihn erreicht und mit ernster Miene schaut er auf ihn herab.

„Bitte!“, wispert Inu Yasha schwach, „Bitte, Noburo-sama, helft mir! Macht mich los!“

Der Mönch seufzt ein wenig, dann stellt er die Lampe ab. „Izuru hat mir erzählt was geschehen ist und wo ich dich finde. Vermutlich hat er ein schlechtes Gewissen bekommen.“

„Sie wollten mich umbringen!“, krächzt Inu Yasha hilflos.

„Ja, ich weiß“, antwortet der Mönch und beginnt in seinem Gewand etwas zu suchen.

„Sie behaupten, ich hätte meine Mutter getötet, aber ich war es nicht, das müsst Ihr mir glauben!“, Inu Yashas Stimme driftet in die höheren Lagen ab und nun treten ihm doch wieder Tränen in die Augen.

„Das weiß ich auch“, bestätigt der Mönch ruhig, „Ich habe ihren Leichnam untersucht. Die Spuren weisen nicht auf dich hin. Törichte Kinder! Erkennen nicht mal das in ihrem Übermut.“ Offenbar hat der Mönch nun gefunden was er gesucht hat und hält nun einen Zettel und einen Pinsel in seinen Händen.

Ein ganz mulmiges Gefühl beschleicht Inu Yasha nun. „Was tut Ihr da?“, fragt er beunruhigt, als er sieht, dass der Mönch irgendetwas auf das Papier schreibt, „Bitte, macht mich los! Ihr habt doch selbst gesagt, dass ich es nicht wahr.“

Nun blickt der kräftige Mann in der Mönchsrobe auf und sein Blick ist kühl. Wortlos beugt er sich zu Inu Yasha herab und befestigt den Zettel auf seiner Brust.

Panik steigt in Inu Yasha auf. Eine dunkle Ahnung befällt ihn. „Was ist das?“

„Ein Bannzettel“, erklärt der Mann emotionslos, „Er wird verhindern, dass du dich befreien kannst, sobald du deine Hanyoukräfte zurück hast. Glaub mir, es ist für alle besser so. Ohne deine Mutter hättest du ohnehin keine Ruhe hier gefunden.“

Nein!“, schreit Inu Yasha entsetzt, „Bitte, macht mich los! Ich gehe weg! Ich verspreche es!“

„Ich verhandele nicht mit Dämonen“, stellt der Mönch klar und dann wendet er sich zum Gehen.

Völlig außer sich beginnt Inu Yasha an seinen Fesseln zu reißen, doch das fügt ihm nur weitere Schmerzen zu. Ihm wird klar, dass das nun sein Ende bedeutet. Nun kann er jegliche Hoffnung begraben.

Wartet!“, schreit er dem verschwindenden Mann hinterher, „Sag mir wenigstens wie meine Mutter gestorben ist! Ich muss es wissen!“

Noch einmal dreht sich der Mann um: „Damit du deinen Frieden findest. Es warten vermutlich einige dämonische Blutegel, die sie angefallen und ausgesaugt haben. Für gewöhnlich werden sie durch Blut im Wasser angelockt. Wer weiß, was sie da wollten.“ Damit dreht er sich um und verschwindet in der Nacht.

Wie versteinert hängt Inu Yasha da. Blut ihm Wasser? Bei allen Göttern! Kam es so, weil ich meinen Yukata dort gewaschen habe? Ich habe sie getötet! Und dieser Gedanke ist der einzige, zu dem er noch fähig ist.

Hitze und Kälte

Glossar:

Shinigami = Totengötter
 

Die Stunden vergehen. Der Regen hat aufgehört und der neue Tag ist angebrochen. Inu Yasha hat kaum gemerkt wie er sich zurückverwandelt hat. Zwei halbherzige Versuche hat er unternommen um sich zu befreien, doch der Mönch hat nicht gelogen, als er von dem Bannsiegel sprach. Nun liegt er apathisch auf dem Rücken und spürt wie die abgeschlagenen Stämme unter ihm sich langsam und stetig in seinen Körper graben. Es ist nicht ganz so schmerzhaft wie er angenommen hatte, aber es tut noch immer höllisch weh. Trotzdem verzieht er keine Miene. Wozu jetzt noch kämpfen?

Allmählich senkt sich der Abend wieder herab. Durch Unterleib und Brust bahnen sich unaufhaltsam die Bambusstengel ihren Weg und langsam fällt ihm auch das Atmen schwer. Ein schwaches Wimmern von Zeit zu Zeit ist das einzige Geräusch, das er von sich gibt. Sein Körper ist ein einziger Schmerz und auf seiner Seele liegt Finsternis. Bitte, lass es endlich enden!

Doch auf einmal bemerkt er vor dem dunkler werdenden Abendhimmel eine Gestalt. Lautlos ist sie dort aufgetaucht. Mühsam hebt Inu Yasha die Lider. Obwohl die Person dort keinerlei Lampen bei sich trägt, schimmert sie doch eigenartig unnatürlich in der Dunkelheit. Ist er bereits tot? Kommen die Shinigami um ihn zu holen?

Regungslos steht die hochgewachsene Person da. Inu Yasha kennt sie nicht. „Wer bist du?“, flüstert er kaum hörbar. Nun kommt Bewegung in die seltsame Gestalt und mit geschmeidigen Schritten tritt sie näher.

„Jämmerlich!“, murmelt der fremde, junge Mann mit den langen, weißen Haaren und den kostbaren Gewändern. Dann beugt er sich herab, greift nach dem Bannzettel und im selben Moment leuchtet der Zettel einmal hell auf und zerfällt dann unwiederbringlich zu Asche. Im selben Augenblick erscheint es Inu Yasha, als ob eine tonnenschwere Last von seinem Körper abfällt. Doch noch ehe er reagieren kann, hat der Fremde schon seine Fesseln gelöst, ihn vorne am Gewand gepackt und ein wenig unsanft ein Stück entfernt wieder abgelegt.

Steif und geschunden bemüht der Hanyou sich aufzurichten. Noch immer schmerzt sein ganzer Körper und er muss heftig husten. Die tiefen Wunden in seinem Leib beginnen nun unschön zu bluten, und trotzdem empfindet er Erleichterung nicht länger dort aufgespießt zu liegen. Verwirrt blickt er zu dem Fremden hoch. „Wer bist du?“, wiederholt er seine Frage. Nun erst fallen ihm die goldenen Augen des Mannes auf. Sie sind genau wie seine eigenen. Was hat das zu bedeuten?

Der Unbekannte strafft sich: „Mein Name ist Sesshomaru. Ich bin dein Halbbruder.“ Man bekommt den Eindruck, dass er das 'Halb-' besonders betont.

Inu Yasha braucht eine Weile um diese Information zu verarbeiten. Sein Halbbruder? Bedeutet das, dies ist ebenfalls ein Sohn seines Vaters? Seines Youkai-Vaters? Übernatürlich sieht er in der Tat aus, doch was kann einer wie er gerade jetzt von ihm wollen? Er beschließt zu fragen: „Was willst du von mir?“

„Von dir? Gar nichts!“, kommt die missmutige Antwort, „Ich hörte Gerüchte, dass deine Mutter von einigen niederen Dämonen getötet worden wäre und wollte mir Gewissheit verschaffen.“

Bei diesen Worten schießt Inu Yasha unwillkürlich das Blut ins Gesicht und kalte Wut kriecht in ihm hoch. „Ja, sie ist wirklich tot!“, schreit er röchelnd, „Ich haben es gesehen, du elender Mistkerl! Jetzt kannst du gerne wieder verschwinden!“

Sesshomaru hebt ein wenig irritiert die Brauen, doch dann antwortet er ruhig: „Du missverstehst mich. Ich wollte überprüfen ob es stimmt. So etwas ist nicht zu entschuldigen. Sie war die... Gefährtin meines Vaters“, er zögert kurz bei dem Wort, „Niemand darf Hand an sie legen, oder an ihre Kinder“, fügt er noch hinzu.

Nun beginnt Inu Yasha wieder zu zittern. Dann springt er mit einem Aufschrei auf und will sich auf seinen Halbbruder stürzen. „Niemand?“, schreit er, „Sie hätten mich fast umgebracht! Wie kann so etwas sein, wenn niemand 'Hand an mich legen darf'? Zählt das etwa nicht, verfluchter Youkai?“ Wütend schlägt er mit seinen Klauen nach dem jungen Mann vor ihm, der jedoch jedes Mal nur geschickt aus dem Weg geht.

„Ich bin hier, oder etwa nicht?“, kommt die leicht verwunderte Erwiderung von dem hochgewachsenen Youkai.

„Ja, jetzt!“, schreit Inu Yasha außer sich. Noch immer versucht er seine Wut an seinem Halbbruder abzureagieren, obwohl sich ihm durch den Schmerz und den Blutverlust zunehmend die Sinne trüben. „Sie quälen und schikanieren mich schon seit ich denken kann, und nie hat das einen von euch Youkai auch nur gestört! Musste meine Mutter erst sterben, damit ihr etwas unternehmt? Wo wart ihr all die Jahre davor? Warum habt ihr uns nicht beschützt? Warum nicht?“ Mit jedem Wort verliert Inu Yasha mehr an Kraft und schließlich knicken ihm einfach die Knie weg und er bricht in hilfloses Schluchzen aus.

Schweigend blickt Sesshomaru auf den weinenden Jungen hinab. Es ist nicht zu erkennen was er denkt. „Mein Vater verlor sein Leben, bei dem Versuch, deine Mutter und dich zu retten. Ist das nicht Anteilnahme genug?“

Hasserfüllt blickt Inu Yasha auf: „Hätte es ihn nicht gegeben, dann hätten wir das Problem gar nicht. Ich wäre lieber tot, als mein Leben lang der Sohn eines Youkai zu sein. Hätte er mich doch nur sterben lassen damals!“

Nun wird Sesshomarus Miene ernst. „Ist das wirklich dein Wunsch?“, fragt er frostig. Langsam hebt er seine schlanke, klauenbewehrte Hand.

Doch nun zögert Inu Yasha. Er erkennt, dass es dem Fremden durchaus ernst mit der Frage ist. Diesem Sesshomaru scheint nicht zu gefallen, wie er sich über ihren Vater äußert. Kann es sein, dass er den Tod ihres Vaters bedauert?

Aber Youkai sind Monster! Sie sind grausam und empfinden nichts außer Freude am Töten. Alle sagen das. Nur seine Mutter nicht. Sie hat ihm immer wieder klar machen wollen, wie gütig Youkai sein können, doch er wollte ihr nie glauben. Sie sagte, der letzte Wunsch seines Vaters sei es gewesen, dass sie beide überleben. Er war bereit das mit seinem Leben zu bezahlen. Welches Monster würde so handeln?

Einen langen Augenblick sagt Inu Yasha nichts, doch dann schüttelt er langsam den Kopf. Sesshomaru lässt die Hand sinken. „Gut! Es wäre bedauerlich wenn ich das Gesetz brechen müsste.“ Dann wendet er sich zum Gehen: „Ich werde der Angelegenheit nachgehen. Das ist meine Aufgabe, aber rechne nicht mit Sympathie, Hanyou!“ Dann setzt er sich in Bewegung.

Hilflos schaut Inu Yasha ihm nach. „Warte!“, ruft er verzweifelt, „Was soll ich denn jetzt machen?“

Einmal dreht Sesshomaru sich noch um: „Das ist nicht meine Aufgabe“, stellt er klar, „Aber ich rate dir, dich nicht noch einmal bannen zu lassen!“, und dann verschwindet er zwischen den Bäumen.

Ratlos steht Inu Yasha da. Zu viel geht ihm noch im Kopf herum. Seine Wunden schmerzen noch immer, aber er spürt wie sie nun, ohne Bannsiegel, langsam beginnen zu heilen. Was also soll er nun tun? Soll er fortgehen? Nein! Grimmig ballt er eine Faust. Das wäre zu einfach. Nun da seine Mutter tot ist, wird er ohnehin nicht bleiben können, aber er wird nicht gehen, ohne mit einigen Leuten abzurechnen.

Er hat seinen Vater immer gehasst und alles was er von ihm hatte. Er wusste zwar immer, dass jener sein Leben gab, um sie zu beide zu retten, doch erst heute begreift er, dass auch Er viel zu verlieren hatte und es ihm dennoch das Opfer wert war. Sein Vater gab sein Leben um ihn zu retten und die Menschen die ihn jahrelang kennen, wollten ihn töten um einen Tod zu rächen, für den er nicht verantwortlich ist. Muss er da noch überlegen, welcher Seite er den Vorrang gibt? Muss er länger überlegen, wer er ist? Nein! Er hat seine Entscheidung getroffen und nun wird es Zeit zurückzugehen!

Youkai

Glossar:

Suikan = jap. Obergewand

Sashinuki = jap. Beinbekleidung
 

Leise öffnet Inu Yasha die Tür seines Zuhauses. Zumindest war es das einmal. Nun ist es leer und kalt. Nach dieser Nacht wird er nie wieder hier wohnen. Nach dieser Nacht wird nichts mehr sein wie es war! Mit bitterer Miene betritt er das Zimmer seiner Mutter. Dort drüben hängt ihr kostbarer Kimono den sie nur zu besonderen Anlässen herausholt. Sie wird ihn nie wieder tragen.

Unwillkürlich füllen sich seine Augen erneut mit Tränen. Zu frisch noch ist der Verlust. Doch dann fasst er sich wieder. Auf der anderen Seite des Raumes hängt das Gewand seines Vaters; ein roter Suikan samt gleichfarbigem Sashinuki. Er wird es tragen wenn er die anderen aufsucht. Es ist nur angemessen.

Behutsam, um seine Verletzungen zu schonen, kleidet er sich ein. Die Blutungen sind bereits zum erliegen gekommen. Er sollte trotzdem etwas suchen, um das Blut zu entfernen, damit das Gewand nicht beschmutzt wird. Suchend blickt er sich um. Und nun fällt ihm auf, was ihm bisher entgangen ist. Das Zimmer ist unordentlich. Nein, eher ungewohnt eingerichtet. Überall stehen Päckchen und gefüllte Säcke herum. Und plötzlich begreift er.

Sie hat gepackt! Sie wollte mit ihm fortgehen, vermutlich direkt nach seinem Genpuku. Deshalb war es nicht wichtig, wer von seiner Schwäche erfährt. Inu Yashas Gesicht verliert alle Farbe. Ein gepresster Wutschrei entfährt ihm und er krampft die Fäuste so fest zusammen, dass es blutet. Hätte er das nur früher gewusst, dann wäre das alles nicht passiert! Es kostet ihn alle Kraft, sich aufrecht zu halten. Wie viele Schicksalsschläge muss er heute noch verkraften? Vernehmlich atmet er ein und aus. Doch schließlich rafft er sich wieder auf und verlässt das Haus. Er wird nur noch einmal zurückkehren.
 

Erneut in seinen besten Haori samt Hakama gekleidet, befindet sich Hisao auf dem Weg zum Schrein. Auf Grund der gestrigen Ereignisse, wurde das Genpuku verschoben. Nun halten einige Frauen für die Nichte seines Großvaters Totenwache, der Hanyou ist vermutlich auch bereits tot und damit kann die Zeremonie nun ungehindert stattfinden.

Gerade wollte er noch Izuru abholen, doch der wollte nicht mitgehen. Faselte was von „es noch nicht wert sein.“ Dieser Schwächling! Er macht sich noch immer Vorwürfe, wegen des Hanyous. Der Bastard hat es herausgefordert. Er hat nur bekommen, was solche wie er verdienen. Wen soll es schon kümmern, ob nun er es war, der seine Mutter umgebracht hat oder nicht? Früher oder später hätte man ihn ja doch erledigt. Warum also nicht die Gelegenheit beim Schopf packen? Als zukünftiger Daimyou muss man eben manchmal schwere Entscheidungen treffen.

Mit sich zufrieden durchquert Hisao die schwach beleuchtete Passage zwischen zwei Häusern. Doch plötzlich stutzt er. Dort vorne steht jemand und versperrt ihm den Weg. Er kann nicht erkennen, wer es ist, aber im Dunkeln wirkt seine Kleidung ziemlich ungewöhnlich.

Regungslos steht die Gestalt da und macht keine Anstalten, aus dem Weg zu gehen. Sie blickt zu ihm herüber auch wenn er ihr Gesicht im Schatten nicht erkennt. Ein wenig mulmig wird es Hisao zumute, doch er zeigt seine Furcht nicht. „Wer ist da?“, fragt er laut.

„Hallo, Hisao!“, kommt die tödlich kalte Stimme vom Ende der Passage und der junge Mann wird blass. Mit aufgerissenen Augen starrt er zu dem anderen in die Dunkelheit. „Das gibt’s nicht!“, murmelt er kaum hörbar, „Du müsstest tot sein!“

„Was du nicht sagst“, mit diesen Worten kommt die Gestalt geschmeidig auf ihn zu und Hisao läuft es eisig den Rücken herunter. Sofort wendet er sich herum und will flüchten, doch nur eine Sekunde später packt ihn eine klauenbewehrte Hand am Kragen, schleudert ihn gegen die Hauswand und hält ihn dort fest. Hisaos Puls rast. Nun sieht er direkt vor sich zwei goldfunkelnde Augen, die ihm allen Hass entgegenschleudern zu dem sie nur in der Lage sind.

„Was.. was willst du?“, fragt der junge Mann ängstlich.

Inu Yasha hebt seine andere Hand und lässt die Knöchel knacken. „Ich bin sicher das weißt du, Dreckskerl! Du hättest mich eiskalt krepieren lassen, nicht wahr? Wird Zeit, dass ich mich mal revanchiere.“

„Bi... bitte!“, Hisao bekommt es jetzt ernsthaft mit der Angst zu tun, „Ich tue alles was du willst, aber lass mich leben!“

Inu Yasha lächelt schaurig: „Alles?“

„Alles! Aber bitte verschone mich!“

„Also schön!“, kommt es finster von dem Hanyou, „Zieh deine Sachen aus!“

Hisao starrt ihn mit fassungslosem Blick an.

Na los!“, zischt Inu Yasha wütend.

Mit zittrigen Fingern beginnt Hisao die Knoten seines Hakamas zu lösen und seinen Haori auszuziehen.

„Weiter!“, befiehlt der Hanyou kalt.

Mit bleichem Gesicht entledigt sich der junge Mann sämtlicher seiner Kleider und schließlich steht er nackt und frierend in der Gasse, notdürftig seine Blöße bedeckend. „Reicht das? Kann... kann ich jetzt gehen?“, fragt er kleinlaut.

„Ob das reicht?“, kommt es verächtlich von Inu Yasha, „Das glaubst du doch wohl selbst nicht!“ Mit einem raschen Griff hebt er die Kleidungsstücke auf.

„Was hast du jetzt vor?“, fragt Hisao ängstlich.

Inu Yashas Miene ist tödlich berechnend. „Ich werde die Sachen verbrennen. Denn wenn man deine zerfetzte Leiche doch irgendwann findet, dann könnte man dich vielleicht an deiner Kleidung erkennen. So muss ich nicht Gefahr laufen, dass du irgendwann mal ein anständiges Begräbnis bekommst.“

Ein ängstlicher Schrei entfährt Hisao und dann knicken ihm zitternd die Knie weg. „Nein bitte!“, fleht er, „Tu das nicht! Ich will kein böser Geist werden!“

„Aber das bist du doch schon längst“, entgegnet Inu Yasha bitter.

„Es tut mir leid!“, heult Hisao, „Ich schwöre ich werde dich nie wieder schikanieren oder nur schlecht über dich reden. Ich schwöre es bei meiner Ehre!“

„Welche Ehre?“, meint Inu Yasha verächtlich, „Du besitzt doch gar keine Ehre.“ Und dann holt er blitzschnell mit seiner Klaue aus. Seine Zähne sind grimmig gefletscht und sein Blick ist tödlich.

Vor Panik zitternd schreit Hisao auf. Dies ist sein Ende, das weiß er. Und er weiß, er hat es verdient. Irgendwann musste es wohl soweit kommen. Und diese Erkenntnis setzt ihm so stark zu, dass er sich würgend vor seine Füße erbricht. Gleich werden ihn die Klauen des Hanyous in Stücke reißen, er kann es praktisch schon spüren.

Doch nichts geschieht. Zittrig wagt Hisao es, aufzuschauen. Vor ihm ist Inu Yasha in die Hocke gegangen und blickt ihm ernst in die Augen. „Du dachtest wirklich, ich tue es, nicht wahr? Du dachtest wirklich, ich bring dich um.“ Es ist eine Feststellung. Verdattert starrt Hisao ihn an. Inu Yasha schüttelt leicht den Kopf: „Ich bin nicht wie du!“

Dann erhebt er sich wieder: „Ich wollte immer nur ein Mensch sein. Aber wenn Mensch sein, heißt, wie du zu sein, dann bin ich lieber ein Youkai!“ Er wendet sich zum Gehen. „Ich werde von hier verschwinden, aber vorher wirst du noch etwas für mich tun!“ Hisao starrt ihn regungslos an.

Noch einmal blickt Inu Yasha sich um: „Du wirst den anderen etwas von mir ausrichten und zwar wortwörtlich, sonst muss ich noch einmal zurückkommen! Sag ihnen, ich scheiße auf ihr Genpuku! Ich brauche eure Anerkennung nicht länger! Ich weiß wer ich bin und ich brauche keinen neuen Namen. Mein Name ist Inu Yasha und ich werde ihn mit Stolz tragen! Und ich verdanke es euch, dass ich von nun an alles daran setzen werde, ein wahrer Youkai zu werden, denn kein Youkai könnte schlimmer sein, als Menschen wie ihr! Lebt damit!“

Mit diesen Worten klemmt sich Inu Yasha Hisaos Kleidung unter den Arm und mit einem schnellen Sprung ist er aus dem Gesichtsfeld des nackten, verängstigten Jungen verschwunden.

Pflicht

Noburo sitzt in seiner Kammer und meditiert. So manches geht ihm im Kopf herum. In den letzten Tagen ist viel passiert. Zuerst wurde die Nichte des Daimyou von einigen niederen Dämonen getötet und ihr Sohn von der Dorfjugend gefesselt und zum Sterben zurückgelassen. Man kann nicht wirklich behaupten, dass das sehr erwachsen gewesen wäre. Nun ja, letztlich entscheidet ja nicht er darüber, wer am Genpuku teilnimmt.

Dieses Mal hat die Veranstaltung für viel Aufregung gesorgt, als der Enkel des Daimyou nackt und hysterisch bei der Zeremonie erschien und ihnen die Botschaft dieses Hanyous ausrichtete. Drei Männer mussten ihn niederringen, da er immerzu schrie, Er würde ihn umbringen, wenn er seine Nachricht nicht überbrächte.

Noburo seufzt leicht. Vielleicht hätte er den Jungen gleich läutern sollen, statt ihn nur zu bannen. Wer hätte gedacht, dass der Knabe diesen starken Bann abschütteln könnte. Aber er war ja schon immer zu freundlich gewesen, zu dem kleinen Halbblut. Er hat den Daimyou mehrfach gewarnt, dass der Junge für Unruhe sorgen würde. So wie noch am selben Abend, als er die Frauen der Totenwache beinah zu Tode erschreckte und den Leichnam seiner Mutter stahl. Oder als man das Haus der beiden herrichten wollte und nichts fehlte, bis auf den kostbaren Kimono, den der Daimyou aus Anstand seiner Nichte geschenkt hatte. Vermutlich versucht er ihn zu Geld zu machen. Das Gewand hat sicher den Wert eines kleinen Anwesens. Vielleicht sollte er ihn doch noch einmal aufspüren und endgültig zur Strecke bringen. Wesen wie er gehören nicht in diese Welt.

Doch plötzlich hebt der Mönch den Kopf. Eine dämonische Aura nähert sich ihm, das spürt er. Rasch erhebt er sich und macht sich bereit, dem Feind zu begegnen. Jetzt sieht er jemanden vor der Tür stehen. Eine schlanke Hand schiebt die Papiertür auf. Noburo fasst seinen Stab fester. Vor ihm steht ein hochgewachsener Mann in kostbaren Gewändern. Sein Gesicht ist ebenmäßig und ausdruckslos. Klare, goldene Augen mustern ihn.

„Du warst es, der den Hanyou gebannt hat, nicht wahr?“, fragt der Fremde mit ruhiger Stimme.

Noburo strafft sich: „Ganz recht, Dämon! Und mit dir werde ich das selbe tun! Mach dich bereit, deinem Schöpfer zu begegnen!“

Doch der Fremde zeigt keinerlei Gemütsregung. „Was die Kinder ihm antaten, hätte ihm nicht dauerhaft geschadet“, sagt er, „Doch gebannt, wäre es sein Ende gewesen. Das kann ich nicht tolerieren.“

Doch der Mönch geht nicht weiter darauf ein. Rasch hebt er seinen Stab und schickt mehrere Bannzettel in Richtung des Fremden auf den Weg. Doch kaum treffen sie auf ihm auf, verglühen sie augenblicklich zu Asche. Noburos Augen weiten sich erschrocken.

„Jämmerlich!“, sagt Sesshomaru herablassend und dann funkelt kurz etwas Wildes in seinen Augen auf und unmittelbar darauf geht eine tödliche Klaue nieder.

Kurz darauf, verlässt der schlanke Youkai lautlos das Gebäude, hebt sich in die Luft und ist kurz darauf schon nicht mehr zu sehen, während ein dünnes, dunkles Rinnsal im fahlen Licht des Sichelmondes unter der Tür hindurch über die Veranda hinab in den nächtlichen Staub tropft.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  Yommy
2012-08-16T18:41:31+00:00 16.08.2012 20:41
Wow alles sehr schön fesselnd geschrieben :)
Echt interesant,w as du alles mit eingebaut hast.
Und ich bin froh, dass du inu nicht schon als kind/halbstarken mit dem gewand des feuerrattenhaares beshcrieben hast (nicht so wie im anime, wo man dann denkt, dass der kimono mitgewachsen sein muss xD)

kritik hab ich auch noch anzumerken und zwar ist mir nicht bekannt, dass pflanzen an der selben stelle weiterwachsen wo sie abgebrochen wurden... also mein glücksbambus bildet dann immer seitentriebe aus und zwar an den internodien und ansonsten wächst ein bambus in die breite wegen der wachstumsschicht des kambiums unter der borke (wobei bei nem gras bin ich mir nicht so sicher, ob man das so bezeichnet) und dann anden wurzeln... das mit dem aufspießen ist ein bisschen fragwürdig xD wenns doch geht, belehre mich bitte eines besseren.

jedenfalls sehr coole story :D



Von:  KiaraKitsune
2012-07-15T11:25:54+00:00 15.07.2012 13:25
So, hier kommt das re-Kommi, jedoch erst mal nur zu den ersten beiden Kapitel, ich werde aber weiterlesen. ^^

Mir gefällt dein Schreibstil, es ist selten, dass jemand in der Gegenwart schreibt ohne in die Vergangenheit abzudriften.

Die Story an sich wirkt auch sehr Interessant und mit jedem Kapitel möchte man mehr lesen.
Selbst wenn man den Anime und den Manga geschaut hat, konnte man sich nie vorstellen wie sehr InuYasha wirklich gelitten haben muss.
Das bringst du hier sehr schön rüber.

Zu kritisieren habe ich irgendwie nichts, da ich nicht wüsste was man da besser machen könnte. ^^"

Tut mir Leid, dass es kein all zu langes Kommi ist und die Kritik auch eher dürftig ist, aber ich finde halt nichts, was man kritisieren könnte. ^^"
✖✐✖
Von:  Shizana
2011-06-24T16:00:09+00:00 24.06.2011 18:00
Endlich bin ich dazu gekommen, dein neues Kapitel zu lesen. Und ich habe wie immer nichts auszusetzen.
Ich habe eigentlich keine Lust auf Kommentare ála "wie schön, toll, cool, schreib schnell weiter", weil sie schlichtweg auf Dauer nerven, ganz gleich wie schön sie sind und wie nett sie gemeint sein sollten. Außerdem hoffe ich, dass du selbst weißt, wie gut dir dieses FF gelungen ist und was du alles zum Ausdruck bringst mit deinem Schreibstil. Daher sollte das auch das größte und ehrlichste Kompliment sein, was man dir machen kann. Dir gelingt es einwandfrei, deinen Lesern etwas zu vermitteln und sie mitzureißen.

Das FF steht aktuell bei 50% abgeschlossen, obwohl das Kapitel schon arg nach einem Abschluss klang. Ich bin gespannt, was du noch dazu veröffentlichen wirst.


mata ne
Von:  JaneG
2011-06-18T05:53:40+00:00 18.06.2011 07:53
die Story ist wirklich klasse, gerade das letzte Kapitel mit Sesshoumaru und Inuyasha fand ich wirklich gelungen, die Beiden kommen genau richtig rüber.
Liebe Grüße
Von:  Shizana
2011-06-17T00:53:42+00:00 17.06.2011 02:53
Wieder einmal sehr schön geschrieben. Ich habe absolut nichts auszusetzen und die paar kleinen Unaufmerksamkeitsfehler finde ich nicht erwähnenswert.
Wieder ist dir das Kapitel mit allem Drum und Dran sehr gut gelungen, sodass ich es natürlich wieder mit Spaß gelesen habe. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen wird.

Schön, wenn ich auch mal keine konstruktive Kritik abgeben muss. ;)

mata ne
Von:  Shizana
2011-06-10T11:57:34+00:00 10.06.2011 13:57
Wuha! Da fange ich gerade an, dieses FF zu lesen und schon wird ein weiteres Kapitel hochgeladen - das hat mich sehr gefreut!

Normalerweise mache ich mir als FF-Leser mehr und mehr den Ruf, dass ich immer konstruktive Kritik hinterlasse. Ich habe normalerweise immer etwas zu meckern und kann hier und da Punkte aufzeigen, die man besser machen könnte.
Auch bei diesem FF habe ich es versucht - aber nichts gefunden, was ich kritisieren könnte. Das ist schon fast demütigend! *lach*

Das FF hat mich persönlich vom ersten Kapitel an ergriffen und mitgenommen. Zugegeben, die Gegenwartsform für etwas Vergangenes zu verwenden ist etwas ungewöhnlich, aber es stellt die Geschehnisse etwas näher dar. Daher finde ich es erstaunlicherweise viel mehr positiv als negativ!
Im Grunde ist alles in diesem FF authentisch, man kann als Leser alles gut miterleben und nachempfinden. Das finde ich persönlich immer sehr wichtig in FFs und auch anderweitigen Geschichten.
Die Einfälle sind sehr gut und wurden bisher super umgesetzt. Ich persönlich bin sehr gespannt, was du dem armen Inu Yasha noch alles antun wirst und wie du ihn dann allmählich in die Richtung schubst, aus der man ihn schließlich im Anime/Manga selbst kennenlernt.
(Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich doch sehr hoffe, dass du dieses Ziel mit deinem Ff anstrebst! Ich würde es bedauern, wenn du keinen Anschluss zur "Gegenwart" schaffen würdest.)

Was mich anbelangt: Ich bin von diesem FF bisher sehr angetan und werde es auch definitiv weiterverfolgen! Es stimmt einfach alles, auch der eigene Schreibstil. Ich habe sehr viel Freude daran, es zu lesen und mit unserem Hundedämon zu leiden.


mata ne
Von:  Carcajou
2011-03-16T22:29:56+00:00 16.03.2011 23:29
Irgendwie tut es jetzt schon weh, das zu lesen.
Man weiß ja, das es InuYasha als Kind nicht einfach hatte, aber so begreift man mal, wie schlimm es gewesen sein muss... er ist ja scheinbar völlig hilf- und schutzlos.
Und derjenige, der die anderen Kinder gerufen hat, hat sie ja nicht mal für ihr verhalten ermahnt- er hat lediglich nüchtern darauf hingewiesen, das der Unterricht weitergeht, so nach dem Motto: kommt Kinder, das Spiel ist beendet.

und nun diese Zeremonie?
ich befürchte,da s es da noch richtig dicke kommt...
lg,
Carcajou
Von:  Vanilla_Coffee
2011-03-15T16:28:55+00:00 15.03.2011 17:28
Oh man der arme Inu Yasha T_T
Kinder können aber auch echt grausam sein.
Aber ich muss sagen, dass ich diesen Schreibstil nicht so wirklich mag^^ Vergangenheits Form würde wohl doch besser sein für die FF^^ Schließlich spielt es ja auch in der Vergangenheit.

LG Mila-chan


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