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place for us

we can see the future and the dreams it's made of
von

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Plötzlicher Aufbruch

»Alter, das kann doch nicht dein Ernst sein!«
 

»Seh ich aus, als würde ich scherzen?«
 

»Nein. Du siehst nie aus, als würdest du scherzen.«
 

»Dann frag nicht so dumm!«

Es ist nicht so, als hätte ich nicht schon immer gewusst, dass Moritz ein elender, humorloser, stocksteifer Besen ist, aber dass er mir in solch einer Situation auch noch vorwirft, dumm zu sein, das ist jawohl die Höhe! Ich hab schließlich nicht aus dem Nichts heraus die wahnwitzige Vermutung angestellt, dass sein Zwillingsbruder Manuel – mein bester Freund seit Sandkastenzeiten – entführt wurde. Was lächerlich ist. Manuel ist viel zu nett, als dass irgendwer ihn entführen würde. Ein rationaler Teil meines Gehirns sagt mir, dass das für gewöhnlich kein Ausschlusskriterium für Entführer darstellt, aber hey, wenn man am Rande des Hyperventilierens steht, weil man seinen besten Freund seit zwei Tagen nicht erreichen kann, dann sind die Gedankengänge eben nicht allzu eloquent.
 

»Ich hoffe, du wirst nicht ohnmächtig. Ich warte nicht drauf, bis du wieder wach bist«, sagt Moritz und ich würde ihm am liebsten die bescheuerte, gerahmte Brille von der Nase schlagen. So ein Hornochse. Ich atme tief durch und straffe meine Schultern. Moritz sieht genauso aus wie Manuel, mit Ausnahme zweier Leberflecken, die Moritz auf der rechten Wange hat. Aber seine schwarzen Haare, die unglaublich hellen Augen, die gerade Nase und die hohen Wangenknochen, selbst die Lücke zwischen den Schneidezähnen und die leicht abstehenden Ohren, das alles sieht vollkommen identisch aus. Als Kind hab ich immer gedacht, dass die beiden Superhelden-Doppelgänger sind. Gut, ganz falsch ist das nicht, aber ich hab mich zumindest schnell von der Idee distanziert, dass Moritz es irgendwann mal zu etwas Heroischem bringen würde. Mit vier Jahren habe ich beschlossen, dass ich ihn nicht mochte, weil er mir auf den Kopf zusagte, dass mein Kaninchen Löffel – und hey, mit vier darf man seine Hasen bescheuert nennen – wahrscheinlich bald tot sein würde.
 

Daraufhin hab ich geweint und meine Mama hat Moritz‘ Mama angerufen und seitdem durfte er nicht mehr bei mir zu Hause spielen, sondern nur noch Manuel. Moritz war immer schon komisch, verschlossen, still, ja, richtiggehend creepy manchmal. Ich konnte nie wirklich feststellen, woran das lag, aber seine Gegenwart ist mir immer noch oft unangenehm. Manuel hingegen ist nett, aufgeschlossen, witzig… und der beste Lügner aller Zeiten. Mit acht musste er mir versprechen, dass er mich niemals anlügen würde und wir haben es mit einer Blutsbruderschaft besiegelt. Also, eigentlich war es eine Traubensaftbruderschaft aus bunten Plastikbechern, aber die Bedeutung war dieselbe. Wenn ich sage, dass er ein guter Lügner ist, dann meine ich nicht einfach nur gut. Dann meine ich, er kann Leuten erzählen, dass der Himmel eigentlich grün ist und sie würden ihm glauben. Es ist eine Art Superheldenkraft und sie hat uns schon oft den Arsch gerettet. Wir haben endlose Schulstunden geschwänzt, ganz ohne in Schwierigkeiten zu kommen, weil Manuel immer eine Geschichte parat hatte.
 

»Oliver wäre fast ertrunken.«
 

»Eine Meute wilder Hunde hat uns quer durchs Industriegebiet gejagt.«
 

»Mein Vater hat sich in einen Werwolf verwandelt und uns als Geiseln gehalten, wir konnten entkommen und deswegen ist er jetzt auf der Flucht.«
 

Ja, ich meine diese Art von Lügen. Diese Lügen, die kein Lehrer jemals einem Schüler glauben würde, weil sie natürlich großer Schwachsinn sind. Aber Manuel kann jeden alles glauben machen. Nun ja, fast jeden. Moritz nicht. Vielleicht fand ich ihn deswegen immer schon komisch, weil er sich nicht von Manuel um den Finger wickeln lässt. Niemals. Er durchschaut alle seine Lügen und zieht dann immer nur eine Augenbraue hinter seinen Brillengläsern hoch, wenn Manuel es doch mal versucht.

»Es macht mit dir einfach keinen Spaß, Mo!«, hat er dann immer lachend gesagt und Moritz auf die Schulter geklopft. Moritz hat nie gelächelt oder mit gelacht, wenn das vorkam. Ich glaub, ich hab ihn noch nie lächeln sehen. Er hat nicht mal triumphierend gelächelt, als seine Vorhersage mit meinem Kaninchen tatsächlich wahr geworden ist. Komischer Typ.
 

»–liver? Oliver!«
 

Ich werde unsanft geschüttelt und so aus meinen Gedanken gerissen. Ungnädig sehe ich den ernsten jungen Mann vor mir an und frage mich, womit ich so einen Stress verdient habe. Es reicht ja nicht, dass ich momentan total in der Luft hänge, weil ich nicht weiß, was ich mit meiner Zukunft anstellen soll, oder dass meine Freundin vor zwei Wochen mit mir Schluss gemacht hat, nein. Jetzt muss ich mich auch noch mit Moritz rumschlagen und es ist nicht völlig unwahrscheinlich, dass Manu entführt wurde. Scheiße.
 

Scheiße, scheiße, scheiße.
 

»Schrei nicht so!«
 

»Ich hab nicht geschrien! Aber du warst in Gedanken scheinbar auf dem Mond.«
 

»Ja, weil ich ein armes Würstchen bin!«
 

Moritz sieht mich so eisig an, dass ich unweigerlich das Gefühl habe, ein paar Zentimeter zu schrumpfen. Diese hellgrauen Augen sind aber auch gruselig. Die von Manu fand ich einfach immer beeindruckend, aber wenn Moritz mich so anschaut, dann sieht es aus, als würde er in meinen Kopf reingucken und das gefällt mir gar nicht. Der Typ ist einfach nicht normal.
 

»Ich fahre. Mach, was du willst«, verkündet Moritz und dreht sich auf dem Absatz um, um einfach davon zu rauschen. Ich brauche ein paar Sekunden, bis mein Gehirn aufholt, dann sprinte ich ihm hinterher, die Treppe des Hausflurs hinunter, die zu Moritz‘ und Manuels kleiner Wohnung führt. Die beiden wohnen zusammen. Ich werd nie begreifen, wie Manu es mit so einem Mitbewohner aushält, aber da die beiden mittlerweile die einzige Familie sind, die sie noch haben, kann ich es auch ein wenig nachvollziehen. Wenn es nach mir ginge, würde ich auch gern bei meinen Eltern ausziehen, aber dazu braucht man eben Geld. Das ich nicht habe. Weil ich nichts tue mit meinem Leben. Was ich mir auch jeden Tag ungefähr viermal anhören darf, weswegen ich dringend ausziehen will. Man kann sehen, dass es ein Teufelskreis ist. Und die Sache mit dem armen Würstchen war nicht übertrieben! Wenn auch eventuell etwas unangemessen angesichts der Tatsache, dass Manu vielleicht entführt wurde und ich andere Sorgen haben sollte als meine eigenen.
 

»Fahren? Wohin denn?«, rufe ich ihm hinterher, aber ich kriege keine Antwort und eigentlich brauche ich auch keine. Wenn man seit der Kindergartenzeit mit jemandem befreundet ist, der eine Art Superheldenkraft hat, dann gewöhnt man sich an einiges. Auch daran, dass der beste Freund und sein Zwillingsbruder telepathisch miteinander kommunizieren können. Da ich so gut wie nie mit beiden in einem Raum bin, kriege ich davon nur wenig mit. Manu lässt es auch nicht wirklich raushängen, wenn wir miteinander Playstation zocken oder auf dem Bolzplatz sind oder ins Kino gehen. Er sitzt nicht da und sieht plötzlich abwesend aus und verkündet mir dann, was Moritz grad denkt. Er ist so dran gewöhnt doppelt so viele Gedanken im Kopf zu haben als ein normaler Mensch, dass es selten als Thema in Gesprächen aufkommt. Meist äußert sich das durch ein Augenverdrehen an einer komischen Stelle, oder an ein Lachen in einem merkwürdigen Moment. Die Vorstellung, wen anders in meinem Kopf zu haben, fand ich immer schon seltsam und beunruhigend, aber Manu hat mir mal erklärt, dass man die Verbindung auch problemlos schließen kann. Wenn er also mit jemandem ein Date hat und es zu gewissen Tätigkeiten kommt, dann wird Moritz einfach aus seinem Kopf ausgesperrt. Immerhin das.
 

Jedenfalls ist es klar, dass ich ohne Moritz keine Chance habe, Manu zu finden. Und zur Polizei zu gehen und zu verkünden, dass sie doch bitte da und dort nach Manu suchen sollen, weil sein telepathisch mit ihm verbundener Zwillingsbruder weiß, dass er sich dort befindet, würde vermutlich nur dazu führen, dass jegliche Ermittlung eingestellt wird.

»Ich weiß nicht, was los ist, ich krieg immer nur Fetzen«, murmelt Moritz vor sich hin, als ich ihn eingeholt habe und wir gemeinsam aus dem Treppenhaus hinaus in den bereits unangenehm kalten Herbst treten. Alles ist orange und gelb und rot vor grauem Hintergrund, der Wind pfeift gnadenlos zwischen Häusereinfahrten hindurch und es wird bereits viel zu früh dunkel für meinen Geschmack. Ich bin doch eher ein Sommerkind.
 

Moritz macht keinerlei Anstalten, auf mich zu warten, als er auf den kleinen blauen Skoda zumarschiert, der ein paar Meter weiter die Straße runter parkt, und ich muss rennen, um ihn einzuholen und mich hastig auf den Beifahrersitz zu schwingen. Moritz sieht nicht begeistert aus, aber er widerspricht auch nicht oder wirft mich aus seinem Auto. Ich kann es nicht fassen, dass wir das wirklich tun. Einfach losfahren.

»Was meinst du mit Fetzen?«, frage ich, während ich mich mit fahrigen Fingern anschnalle und Moritz den Wagen startet. Manu und Moritz teilen sich das Auto, aber ich hab Moritz noch nie damit fahren sehen. Mir war nicht klar, dass er es überhaupt kann. Aber gut, letztendlich weiß ich eigentlich gar nichts über Moritz, weil Manu nicht von ihm erzählt, da er ganz genau weiß, dass ich Moritz nicht leiden kann.
 

»Gedankenfetzen«, entgegnet Moritz knapp ohne mich anzuschauen.
 

Ich frage nicht weiter nach, da diese ganze Telepathiesache doch recht gruselig ist.

Uns wehen dutzende Herbstblätter gegen die Windschutzscheibe, während es die Straße herunter geht. Drei Uhr nachmittags. Lange wird es nicht mehr hell bleiben und mir wird klar, dass wir nichts eingepackt haben.

»Wir müssen noch mal bei mir anhalten! Ich muss Sachen packen!«, verkünde ich nach drei Biegungen und eisernem Schweigen. Moritz verdreht die Augen.

»Ich hab keine Zeit für sowas«, verkündet er. »Ich hab mein ganzes Zeug im Auto.«

Empört starre ich ihn von der Seite an. Er hat all seinen Scheiß bereits gepackt und wäre garantiert ohne mich losgefahren, wenn ich nicht bei ihm an der Tür geklingelt hätte, um zu sehen, wieso Manu sich seit zwei Tagen nicht gemeldet hat. Ich meine, ich weiß ja, dass er momentan total besessen von seiner neuen Flamme Lisanne ist, die er in einem Chatroom kennen gelernt hat, aber das ist doch kein Grund, auf keine einzige SMS zu antworten!
 

»Aber wer weiß, wie lang wir unterwegs sind! Ich brauch eine Zahnbürste und was zum Wechseln!«
 

»Wir können dir an irgendeiner Tanke eine Zahnbürste kaufen.«
 

Moritz ist unerbittlich. Ich weiß nicht so richtig, worauf ich mich eingelassen habe, als ich in dieses Auto gestiegen bin, aber es ist auch absolut ausgeschlossen, dass ich nicht losfahre, um nach Manu zu suchen. Vielleicht ist es ja auch was ganz Harmloses. Er hat sich womöglich mit ein paar Freunden zum Pokern verabredet und ist irgendwie versumpft. Seit zwei Tagen. Kann ja mal passieren. Ich schließe die Augen, massiere mir die Schläfen und hoffe, dass die Sache mit der telepathischen Verbindung gut genug funktioniert, um Manu aufzuspüren. Als das Auto abrupt hält, blinzele ich verwirrt und sehe hoch zu dem Haus, in dem meine Eltern ihre Wohnung haben.
 

»Ich hab’s mir anders überlegt. Du hast zehn Minuten, dann fahr ich«, erklärt Moritz mir und ich bin kurz verwirrt, dann sauer, dann falle ich beinahe aus dem Auto und sprinte die Treppen hoch in den zweiten Stock. Zweimal verfehle ich vor lauter Hektik das Schlüsselloch und ich bin sehr dankbar, dass meine Eltern beide berufstätig und deswegen mittags nicht zu Hause sind. Ich krakele einen vagen Zettel, auf dem ich Bescheid gebe, dass ich für ein paar Tage spontan unterwegs bin und eile dann in mein winziges Zimmer, um dort eine Reisetasche unter dem Bett hervor zu zerren und Dinge hinein zu schmeißen. Klamotten, Waschzeug, ein Handtuch, meine alte Taschenlampe und mein Handyladekabel. Außerdem entführe ich den Autoatlas meines Vaters, eine Wolldecke meiner Mutter, und plündere unsere Speisekammer, sodass ich letztendlich voll bepackt und schwer atmend mit einer ziemlich schweren Tasche wieder die Treppe hinunter stolpere. So schnell hab ich noch nie gepackt. Zum ersten Mal bin ich sicher, irgendwas vergessen zu haben. Kein Wunder.
 

»Sieht aus, als hättest du einen mehrwöchigen Campingtrip geplant«, meint Moritz trocken, als ich mein Zeug auf der Rückbank verstaut habe und wieder neben ihm sitze. Ich betrachte ihn säuerlich von der Seite und verschränke die Arme. So ein Vollpfosten. Wenigstens bin ich auf alles vorbereitet.

»Woher weißt du überhaupt wo ich wohne?«, frage ich bissig und krame nach meinem MP3-Player in meiner Hosentasche. Wenn ich schon auf so engem Raum mit Moritz hocken muss, kann ich wenigstens bemüht sein, mich in meinem Kopf in eine andere Welt zu katapultieren. Da er ohnehin nicht mit mir redet, ist es auch egal. Dann gibt es wenigstens kein anstrengendes Schweigen. Pah. Sein Problem.

»Ich teil mir einen Kopf mit deinem besten Kumpel. Was glaubst du denn, was ich nicht über dich weiß?«, kommt die vor Sarkasmus triefende Antwort zurück und ich schnappe einen Augenblick nach Luft. So habe ich die Sache tatsächlich noch nie betrachtet.
 

»Soll das heißen, dass alles, was ich Manu je erzählt hab, auch in deinem Kopf drin war?«, frage ich und meine Stimme ist eindeutig eine Oktave höher als sonst. Scheiße. Meine Gedanken rasen ziellos umher und ich denke daran, wie ich Manu gebeichtet hab, dass ich die ersten paar Male beim Sex mit Sonja damals immer viel zu früh gekommen bin. Solche Dinge sollte jemand, den ich nicht mag, wirklich nicht über mich wissen!

»Ja, so gut wie alles«, erklärt Moritz nüchtern, als wäre es überhaupt keine große Sache. Ich starre ihn mehrere Sekunden lang an, aber er gibt mir nicht die Genugtuung, noch irgendwie weiter auf dieses Thema einzugehen, sondern blickt stur geradeaus und schaltet das Radio an. Ich verziehe das Gesicht und stopfe mir nun doch endlich die Stöpsel meines MP3-Players in die Ohren, um mich statt von Charts mit System of a Down beschallen zu lassen.
 

Ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Alles, was ich wollte, war bei Manu zu klopfen und ihn scherzhaft zu fragen, ob er sich schon vor Sehnsucht die Augen nach seiner neuen Flamme ausgeweint hat, weil sie so weit von ihm entfernt ist. Wo genau sie lebt, weiß ich nicht, aber Manu hat so ein Ding für… ausgefallenere Liebschaften. Er hat sich schon in eine Stripperin verknallt – es hat ganze drei Wochen gehalten –, in eine zwanzig Jahre ältere Nachbarin, die weggezogen ist, nachdem sie mit ihm geschlafen hat und dann doch beschloss, dass sie mit ihrem Mann glücklicher ist als mit Manu, und jetzt ist Lisanne seine neuste »Liebe«. Ob Lisanne sehnsüchtig auf seine nächste E-Mail oder die nächste Skype-Session wartet, vergebens, weil Manu seit zwei Tagen verschwunden ist? Ohne eine Nachricht zu hinterlassen?
 

Ich wage einen Seitenblick auf Moritz. Seine Stirn ist gerunzelt und er stiert auf die Straße vor sich, als würde er erwarten, jeden Moment ein Reh vor sich zu sehen. Ich hab keine Ahnung, wo es hingeht, aber was soll ich machen? Ich will weder mit Moritz reden, noch kann ich leugnen, dass ich ohne ihn total hilflos wäre. Was echt bescheuert ist. Je länger ich ihn betrachte, desto klarer wird mir, dass er zuhört. Nicht dem Radio, nicht dem Wind, der draußen ums Auto pfeift und hin und wieder am Wagen rüttelt, nein. Manus Gedanken. Er lauscht auf Manus Gedanken in seinem Kopf. Wie ein Spürhund. Mir kriecht eine Gänsehaut die Arme hoch und ich schlucke, ehe ich den Blick abwende. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie es ist, einen anderen Menschen mit in meinem Kopf zu haben. Aber ich nehme an, man gewöhnt sich irgendwann dran. Zumindest sagt Manu das immer. Er zuckt mit den Schultern und sagt, dass er es meistens vergisst, dass Mo – wie er seinen Bruder nennt – überhaupt da ist. Mo ist ein toller Spitzname, aber ich weigere mich, ihn zu verwenden. Spitznamen sind für Leute, die man gut leiden kann.
 

Ich klappe den Sonnenschutz herunter, nur um irgendwas zu tun, und schaue in den kleinen Spiegel. Meine braunen Augen sehen müde aus. Ich sollte mir vielleicht mal wieder die Haare kürzer schneiden. Die übrigens auch braun sind. Genauso wie all die Leberflecken in meinem Gesicht und auf dem Rest meines Körpers. Ich sehe ziemlich langweilig aus, im Gegensatz zu Manu und – wie ich es ja nun mal bei eineiigen Zwillingen nicht weg reden kann – Moritz. Als ich merke, dass Moritz mich nun doch beobachtet, klappe ich den Spiegel wieder hoch und starre verlegen und mit roten Wangen nach vorn. Wir haben die Stadt mittlerweile verlassen und befinden uns auf der Autobahn. Es ist mitten in der Woche und Manu kann es sich mit seinen doch eher miesen Leistungen im Jurastudium nicht wirklich leisten, zu verschwinden. Also, so funktioniert es natürlich nicht, wenn man potentiell entführt wird. Aber gut. Je öfter ich darüber nachdenke, dass Manu entführt worden sein soll, desto ungläubiger werde ich darüber. Wieso sollte irgendwer Manu entführen? Er sieht gut aus und ist nett, ok. Aber es ist nicht so, als könnte man für ihn irgendwo ein Lösegeld verlangen. Die beiden haben von ihren Eltern zwar geerbt, aber das weiß eigentlich auch keiner und soweit ich informiert bin, waren es auch echt keine Unsummen an Knete, die die beiden bekommen haben. Sie haben die Wohnung geerbt und das Zweitauto – also das, mit dem sich seine Eltern nicht zu Tode gefahren haben – und jeder ein paar tausend Euro.
 

Ich höre Moritz‘ gedämpfte Stimme durch die Klänge von »Chop Suey« hindurch und ziehe gnädigerweise meine Stöpsel aus den Ohren. Meine Musik wird von Adele ersetzt.

»Ich sagte, du siehst aus, als hättest du dir das Gehirn verknotet«, informiert Moritz mich und ich grummele leise.

»Ich denk nur drüber nach, was ein Grund wäre, Manu zu entführen«, gebe ich zurück und denke darüber nach, ob ich den MP3-Player ausschalten soll, wenn Moritz sich womöglich mit mir unterhalten will.

»Und? Ist dir die zündende Idee gekommen?«, will er wissen. Ich schnaube.

»Nein. Ich hab grad drüber nachgedacht, dass man bei euch auch nichts erpressen kann. Also… keine Ahnung.«
 

Moritz zieht die Augenbraue hoch, die ich sehen kann.

»Nichts erpressen?«, erkundigt er sich. Ich zucke mit den Schultern.

»Naja, die Wohnung ist echt nicht so luxuriös und die paar tausend Euro, die ihr jeder gekriegt habt… scheint mir irgendwie unwahrscheinlich zu sein.«

Moritz schweigt eine ziemlich lange Zeit und ich finde, er sollte es mir hoch anrechnen, dass ich nicht schon längst meine Stöpsel wieder reingesteckt habe. Immerhin halte ich das komplette Lied durch, das grad läuft!

»Ein paar tausend, was?«, sagt er schließlich und schüttelt den Kopf. Ein flaues Gefühl beschleicht mich.
 

»Hat er mir erzählt«, erkläre ich trotzig und verschränke wieder die Arme vor der Brust. Draußen fliegen andere Autos, Landschaft und Leitplanken an uns vorbei. In meinen Ohren pocht es dumpf.

»Dann hat er gelogen«, ist Moritz‘ schlichte Antwort. Mein Herz rutscht mir in die Hose. Das kann nicht sein. Manu würde mich nicht anlügen. Er hat es mir versprochen. Über einen Becher Traubensaft, verdammt! Das würde er doch nicht einfach über den Haufen schmeißen…

»Hat er nicht«, gebe ich also zurück. Ich höre selber, wie kindisch das klingt. Aber trotzdem. Ich habe Manu immer vertraut und bin fest davon ausgegangen, dass er sich an das Versprechen von damals halten würde.

»Wenn du das meinst«, meint Moritz leise und sagt dann einfach nichts mehr. Ich köchele stumm vor mich hin und ringe mit mir. Nach zwei Minuten Stille und nichtssagenden Radiogelaber gebe ich schließlich nach.
 

»Also schön! Wie viel soll es denn angeblich sein?«, motze ich ungehalten. Moritz schweigt erneut eine recht lange Zeit.

»Du weißt schon, was unsere Eltern so beruflich gemacht haben, oder?«, erkundigt er sich und sein herablassender Ton macht mich beinahe wahnsinnig. Klar, ich weiß alles über Manu!

»Ich weiß, dass sie beide auch was mit Recht gemacht haben«, sage ich also so ruhig und gelassen wir möglich. Deswegen studiert Manu überhaupt Jura. Ich würde mich mit dem Mist ja nicht rumschlagen, aber er hat irgendwas erzählt von wegen in die Fußstapfen seiner Eltern treten.

»Unsere Mutter war Bundesanwältin und unser Vater politischer Berater am Bundesgerichtshof… Wir haben beide mehrere Millionen geerbt.«
 

Mir bleibt die Spucke weg. Wie konnte er mir das nicht… wieso zum Teufel…?

»Falls es dich beruhigt, ich hab es auch niemandem erzählt«, sagt Moritz, als wäre es eine total triviale Information. Als hätte er mir nur gesagt, dass die Lieblingsfarbe meines besten Freundes eben nicht blau sondern rot wäre. Was zum Henker?

»Du hast ja auch keine Freunde«, pampe ich ihn an und bereue es sofort. Am liebsten würde ich mir auf die Zunge beißen. Gut, ich kann den Kerl nicht leiden. Deswegen muss ich ja nicht gleich so unter die Gürtellinie gehen… Moritz‘ Gesichtsausdruck ist wie versteinert.

»Das ist richtig«, sagt er leise und ich möchte gerne meinen Kopf aufs Armaturenbrett hauen. Mann, Oli!
 

»Das hab ich nicht so gemeint«, knirsche ich reuevoll. Moritz wirft mir einen Blick zu.

»Doch, hast du. Und es stimmt ja auch«, entgegnet er. Ich will ihm eigentlich gern sagen, dass es mir Leid tut, aber er dreht in diesem Moment das Radio auf volle Lautstärke und mir ist klar, dass unser Gespräch erst mal beendet ist.

Erste Kontaktaufnahmen

Ich fasse es nicht, dass Manu mich angelogen hat. Mein Gehirn kann an fast nichts anderes denken, einmal abgesehen davon, dass mein bester Freund verschwunden ist. Moritz spricht mehrere Stunden nicht mehr mit mir und ich weiß auch nicht, was ich zu ihm sagen soll. Da ich ihn nicht mag hab ich mir nie Gedanken darüber gemacht, worüber ich mit ihm reden könnte, wenn wir mal allein miteinander sind. Das kam eigentlich nie in Frage. Ich kann trotzdem nicht wirklich umhin, Moritz dauernd anzustarren, eben weil er Manu so ähnlich sieht und dann wieder doch nicht. Ich meine, ja, es ist fast dasselbe Gesicht, aber der Ausdruck ist so anders. Seine Mimik, das Funkeln, das seinen Augen fehlt… Irgendwie frage ich mich ja schon, wieso Moritz so geworden ist, wenn sein Zwilling sich so ganz anders entwickelt hat. Aber das frage ich ihn nicht. Da wir uns nicht mögen. Alles Mist.
 

Ich beobachte, wie Moritz immer wieder das Gesicht konzentriert verzieht und leicht den Kopf schüttelt und nachdem er das drei Stunden lang immer wieder gemacht hat, wird es mir zu bunt.

»Was hörst du denn da nun in deinem Kopf?«, will ich wissen. Ich bin ein Nervenbündel und es wäre nett, wenn Moritz darauf Rücksicht nehmen würde. Es wurde schließlich nicht nur sein Zwillingsbruder verschleppt, sondern auch mein bester Freund.

»Nichts Richtiges. Keine Ahnung, was los ist. Ich glaub, vielleicht wird die Verbindung schlechter, je weiter wir auseinander sind«, meint Moritz ohne mich auch nur einmal kurz anzusehen. Ob er immer noch drüber nachdenkt, was ich vorhin zu ihm gesagt habe? Ich bin so ein Trottel.
 

»Aber wir sollten doch schon näher dran sein, oder? Müsste es dann nicht besser werden?«, will ich wissen. Mir wird plötzlich schlecht. Wir sind einfach so losgefahren. Vielleicht hätten wir doch die Polizei einschalten sollen. Aber eine Vermisstenanzeige kann man erst nach einer bestimmten Zeit aufgeben, glaub ich. Ich weiß es einfach nicht. Manu ist weg.

»Du siehst grün aus«, sagt Moritz misstrauisch. Ich hab keine Ahnung, wie er das sehen kann ohne mich anzuschauen, aber ich nicke und presse mir die Hand auf den Mund. Ehe ich es mich versehe, hat Moritz auf dem Standstreifen gehalten, ich reiße die Tür auf und stolpere raus in die kühle Herbstluft und übergebe mich heftig über die Leitplanke ins Gras. Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße. Manu ist weg. Wie kann er weg sein? Er war noch nie weg. Manu ist immer da. Ich meine, klar, manchmal verschwindet er zu seiner neusten Flamme, aber nur über Nacht und er prahlt vorher darüber. Bei mir. Lauthals.
 

Unweigerlich denke ich darüber nach, wie oft er vielleicht schon über eine seiner Eroberungen gelogen hat. Ich meine, er hat versprochen, mich nie anzulügen, aber vielleicht hab ich dieses Versprechen ja ernster genommen als er? Wenn er mir diese Sache mit seinen Eltern verschwiegen hat… Womöglich vertraut er mir ja nicht? Aber warum? Ich hab ihm nie einen Grund gegeben, mir nicht zu vertrauen.

»Alles ok?«, ertönt eine leise Stimme neben mir. Ich wische mir mit dem Handrücken über den Mund und spucke auf den Boden.

»Geht so«, sage ich matt und atme einige Male tief durch. Mir wird eine Flasche Wasser hingehalten. Ich sehe auf zu Moritz, aber er starrt hoch in den grauen Himmel. Wer weiß, vielleicht wird ihm übel, wenn er Leute kotzen sieht. Könnte ich gut nachvollziehen.
 

»Willst du Zähne putzen?«
 

»Auf dem Standstreifen?«
 

Er zuckt mit den Schultern und ich seufze, nicke und fange an in meinen Sachen nach der Zahnbürste zu kramen. Ich will gar nicht wissen, was die Leute denken, die an uns vorbei fahren. Keine Ahnung, ob wir hier für so einen Mist halten dürfen, aber ich will nur ungern mit dem Geschmack von Erbrochenem im Mund weiter über die Autobahn rasen.

Ein paar Minuten später sitzen wir wieder im Auto und Moritz hat dankenswerterweise die Musik leiser gedreht.

»Sollen wir uns mit dem Fahren eigentlich abwechseln?«, frage ich irgendwann. Moritz schüttelt den Kopf.

»Dann muss ich dir ja dauernd sagen, wohin du fahren sollst«, gibt er zurück. Auch wieder wahr. In diesem Fall ist es, als hätte Moritz ein eingebautes Navi im Gehirn. Schon praktisch. Oh Gott… Manu ist weg.
 

»Aber wir sollten bald mal Pause machen«, fügt Moritz hinzu und ich nicke nur matt. Ist wahrscheinlich gut. Allerdings weiß ich nicht, ob ich was essen sollte. Am Ende müssen wir alle halbe Stunde auf einem Standstreifen halten, damit ich mich übergeben kann. Widerlich.

»Wir können einfach mal den nächsten Rastplatz anfahren«, schlage ich vor. Ich glaube, der nächste müsste bald kommen. Irgendwie hoffe ich, dass wir bald mal von der Autobahn runterfahren können. All das Grau bekommt mir irgendwie nicht. Nicht, dass wir hier nicht auch Landschaft links und rechts hätten, aber irgendwie ist alles besonders trostlos. Der Herbst hat mit Wiesen und Feldern kaum was am Hut. Ein paar Bäume wären nett.
 

Es dauert nur noch eine Viertelstunde, bis wir an den nächsten Rastplatz kommen. Moritz parkt und steigt aus. Es gibt eine ziemlich schäbig aussehende Raststätte, wo man wahrscheinlich Currywurst, Bier und wässrigen Kaffee kaufen kann. Aber was soll’s. Ich folge Moritz widerwillig in Richtung Raststätte.

»Willst du was essen?«

All dieses Schweigen macht mich doch etwas nervös. Es ist ätzend mit jemandem unterwegs zu sein, wenn man sich nicht leiden kann.

»Ja, ich denk schon. Willst du auch was?«, fragt Moritz. Mir fällt auf, dass er auch ganz anders redet als Manu. Manu redet überschwänglich und benutzt dabei viel seine Arme und Hände und er lacht viel dabei. Er ist ein ziemlich guter Erzähler. Moritz bewegt sich kaum beim Sprechen und er spricht auch nicht so lebendig. Vielleicht kommt das, weil er generell viel weniger mit anderen Menschen redet.
 

Als wir die Raststätte betreten, bin ich erst verwirrt, weil ich Moritz‘ Verhalten so merkwürdig finde, aber mir erst nicht bewusst ist, was daran so komisch ist. Aber dann wird mir klar, dass er niemanden ansieht und total starr geradeaus stiert, als würde er tot umfallen, wenn er mit irgendwem Augenkontakt aufnimmt. Seine hellgrauen Augen sehen aus wie leere Tunnel. Es ist ein wenig gruselig. Ich mustere die Menschen hier in diesem schäbigen Laden. Es gibt ein paar Tische mit Stühlen, bei denen die Farbe abgeplatzt ist und einige Regale mit anderen Lebensmitteln, die alle haltlos überteuert sind. Hinter der Kasse steht ein ziemlich junger, hübscher Kerl mit blonden, langen Haaren und einer Brille und grinst uns an, als wir uns ihm nähern.
 

Mein Blick fällt auf Moritz und jetzt sieht er so aus, als würde er sich gleich übergeben. So dreckig ist es hier drin nun auch wieder nicht. Wer weiß, vielleicht hat er ja einen sehr starken Ordnungstick? Aber diese Reaktion scheint mir doch recht übertrieben zu sein. Ich beschließe, Moritz einfach zu ignorieren und bestelle mir ein Hotdog. Moritz bringt mit sehr gepresster Stimme hervor, dass er gern eine Currywurst mit Pommes hätte und dreht sich dann weg. Als wäre der Kerl hinter der Kasse giftig oder eklig. Okay. Kein Problem. Man kann sich mit Moritz also nicht so gut in der Öffentlichkeit zeigen.
 

»Und, wohin fahrt ihr so?«, will der Typ hinter der Kasse wissen. Ich zögere.
 

»Wir besuchen einen Freund«, sage ich vage und der Kerl nickt. Und ehe ich es mich versehe, bin ich in ein Gespräch verwickelt, während Moritz‘ Pommes in der Fritteuse stecken. Der Kassierer heißt Lars und mag dieselbe Musik wie ich und ich lerne gerne neue Leute kennen, deswegen ist Moritz‘ Verhalten mir wirklich sehr unverständlich. Tatsächlich gibt Lars mir am Ende der Unterhaltung seine Handynummer und sagt, ich kann ihn gern anrufen, um ihm die Zeit hier auf dieser Raststätte zu vertreiben. Tatsächlich stelle ich es mir sehr langweilig vor, hier so abseits von allem zu stehen. Aber gut. Lars reicht Moritz seine Currywurst mit Pommes.

»Danke«, sagt Moritz knapp und verschwindet dann so schnell, dass ich für ihn mit bezahlen muss.
 

»Wow. Dein Kumpel ist komisch«, sagt Lars und reicht mir sein Wechselgeld. Ich nicke finster.

»Ja, er hat einen schlechten Tag. Nimm’s ihm nicht übel«, gebe ich zurück. Lars schmunzelt und mustert mich.

»Seid ihr zusammen?«, will er wissen. Ich starre ihn etwa zehn Sekunden lang schweigend an, bis er anfängt zu lachen und sich Tränen aus den Augen zu wischen, weil er so amüsiert ist.

»Hätte ja sein können«, meint er glucksend.

»Nein. Nein, eigentlich nicht. Er ist nicht so der Typ für… Beziehungen«, sage ich matt und versuche mir vorzustellen, wie Moritz jemals eine Beziehung haben könnte. Ich scheitere kläglich. Tja. Allerdings kann ich es bei mir selber auch nicht vorstellen, seit ich nicht mehr mit Lena zusammen bin. Herrje, an sie hab ich die letzten Stunden überhaupt nicht gedacht.
 

Ich nehme mein Hotdog entgegen und zahle unser Essen.

»Ja, wirkte ein bisschen so. Aber gut. Das heißt, du bist zu haben?«, erkundigt sich Lars weiter und ich blinzele kurz verwirrt, dann laufe ich rot an und fahre mir durch die Haare.

»Weiß nicht. Bin grad erst zwei Wochen raus aus meiner letzten Beziehung«, gebe ich zu und frage mich, ob ich tatsächlich gerade angebaggert werde. Ich wurde noch nie von einem Mann angegraben. Einfach so. An einer Raststätte.

»Oh, das tut mir Leid«, sagt Lars hastig und hebt abwehrend die Hände, aber ich winke ab.

»Ist schon ok, denk ich. Es lief echt nicht mehr so gut«, antworte ich beruhigend und es stimmt. Es ist irgendwie ok. Aber gestern war es noch dramatisch und ich habe im Selbstmitleid gebadet. Manu wirft mir immer vor, dass ich allzu sehr zu Selbstmitleid neige. Wahrscheinlich hat er Recht.
 

»Ah, na gut. Also… ich würde mich freuen, wenn du anrufst«, sagt Lars noch mal und grinst breit. Er sieht schon irgendwie gut aus. Bislang hab ich mir noch nie so recht Gedanken drüber gemacht, ob Männer auch in Frage kommen. Also… manchmal schau ich schon einen an und denke mir ‚Wow‘. Aber das muss ja nichts heißen. Keine Ahnung. Vielleicht geht in meinem Fall probieren über studieren? Ich kann mir darüber den Kopf zerbrechen, wenn ich Manu gefunden habe.
 

»Ok. Dann mach’s mal gut«, sage ich schief lächelnd und hebe noch mal die Hand zum Abschied. Krass. Ich wurde angebaggert und hab es zuerst gar nicht gemerkt.

»Guten Appetit«, sage ich etwas schnippisch zu Moritz, nachdem ich mich neben ihn gesetzt habe und feststellen darf, dass er seine Currywurst schon halb aufgegessen hat. Er sitzt am Steuer und starrt geradeaus.

»Danke.«
 

»Das war ziemlich unhöflich«, erkläre ich Moritz und beiße in mein Hotdog. Er dreht den Kopf und schaut mich an. Diese Augen sind wirklich unglaublich. Alter Schwede.

»Ich weiß«, meint er schlicht und ich blinzele verwirrt. Okay. Nett.

»Hast du Angst vor Menschen?«, erkundige ich mich. Er verengt die Augen zu Schlitzen und mustert mich eingehend, so als würde er versuchen herauszufinden, ob ich das ernst meine. Aber da ich nicht lache und auch sonst nicht sonderlich amüsiert wirke, kommt er offenbar zu dem Ergebnis, dass ich die Frage ernst meine.

»Nein, nicht wirklich. Manchmal vielleicht.«

Er zieht die Schultern hoch, als würde er versuchen, sich in ein Schneckenhaus zurückzuziehen. Ich kann ihn wirklich nicht leiden. Zumindest bin ich bemüht. Aber ich merke auch, dass ich irgendwie neugierig bin, weil Moritz so rätselhaft ist.
 

»Und vor Lars hattest du Angst?«, hake ich weiter nach und mir fallen ein paar Röstzwiebeln in den Schoß. Hotdogs sind schwierig zu essen. Es ist eine Kunst nicht zu kleckern.

»Wieso willst du das wissen?«, gibt Moritz abwehrend zurück und stochert mit seiner Plastikgabel in seinen Pommes herum.

»Man kann ja mal fragen…«, antworte ich resigniert.

»Du hast dich sonst auch nicht für mich interessiert«, sagt Moritz sachlich und ich kann ihm da natürlich nur Recht geben. Aber da musste ich auch nicht mehrere Stunden mit ihm in einem Auto verbringen.

»Du hast auch nie so gewirkt, als hättest du Interesse daran, dass jemand Interesse an dir zeigt«, entgegne ich mit vollem Mund und verliere eine Gurkenscheibe. Hotdogs, Mann. Eine Kunst für sich.
 

»Na, dann verdiene ich es eben nicht, dass man sich mit mir beschäftigt«, erklärt Moritz ruhig und es klingt so, als wäre das vollkommen in Ordnung so. Aber ich kriege schon wieder ein schlechtes Gewissen, wie vorhin, als ich diese blöde Sache mit den Freunden gesagt habe. Scheiße.

»Ich hole es eben jetzt nach«, mampfe ich und tue so, als hätte sich mein Inneres gerade nicht peinlich berührt zusammen gezogen.

»Ach so?«

Moritz sieht wirklich überrascht aus. Nicht sarkastisch. Einfach nur erstaunt. Oh Gott. Ob er eigentlich immer darauf wartet, dass Leute sich mal die Mühe machen, mit ihm zu reden? Ich bin der schlechteste Mensch auf der Welt.
 

»Naja, wenn du nichts dagegen hast. Du kannst mir die Sache mit der Angst vor Menschen erklären, wenn du willst«, meine ich ein wenig unsicher. Vielleicht ist das als Einstiegsthema ein wenig krass. Moritz schweigt solange, dass ich mir fast sicher bin, dass keine Antwort kommt und er einfach darauf verzichtet, auf meinen Gesprächsvorschlag einzugehen.

»Ich glaub nicht, dass du das wissen willst. Es ist schwierig«, sagt er schließlich leise. Ich habe mein Hotdog aufgegessen und wische meine Finger und meinen Mund an einer Papierserviette ab.

»Und ich denke… dass du es irgendwann in den nächsten Tagen sowieso selber rausfinden wirst. Dieser Typ hat dir doch seine Nummer gegeben, oder?«, will er wissen. Ich werde erneut rot und nicke.

»Ja, hat er. Er heißt übrigens Lars«, erkläre ich. Moritz nickt und schluckt. Dann isst er schweigend seine Currywurst auf, bevor er wieder spricht.

»Und du wirst ihn anrufen?«, hakt er weiter nach.
 

»Ja, womöglich schon.«
 

»Ich wusste nicht, dass du Männer magst.«
 

»Ich auch nicht. Mal sehen. Vielleicht mag ich sie nicht. Vielleicht schon.«
 

Es ist ja beruhigend zu wissen, dass Moritz nicht alles von mir weiß. Schlimm genug, dass er die ganze Zeit im Kopf meines besten Kumpels steckt und fast alles mitbekommt, was ich ihm jemals erzählt habe. Unweigerlich erinnere ich mich daran, dass Manu mich angelogen hat, aber ich schiebe den Gedanken beiseite. Wenn wir ihn finden, werde ich noch genug Zeit haben, mit ihm darüber zu reden.

»Ok. Also… wenn du ihn anrufst, dann… Dann können wir ja noch mal drüber reden«, murmelt Moritz kaum hörbar und steigt aus, um seinen Müll zu entsorgen. Ich beobachte ihn, wie er mit steifen Schritten den Parkplatz überquert. Ein sehr merkwürdiger Kerl. Wer weiß, was diese Reise noch so bringt. Was auch immer es sein mag, ich hoffe, dass Manu am anderen Ende unversehrt auf uns wartet.
 

*
 

Zu meiner recht großen Enttäuschung – was mich selbst überrascht – kommt auch in den nächsten Stunden nicht wirklich ein Gespräch zustande. Moritz hört weiterhin Radio und nach einer Stunde, in der ich darauf warte, dass er mit mir redet, gebe ich schließlich auf und schiebe mir wieder die Stöpsel meines MP3-Players in die Ohren und lausche meiner eigenen Musik. Immerhin ist die Stille jetzt nicht mehr ganz so unangenehm wie vorher, auch wenn ich immer noch keine Ahnung habe, was genau Moritz gemeint haben könnte, als er sagte, wir könnten noch mal über das Thema reden, nachdem ich Lars angerufen habe. Die Lösung ist einfach: Ich sollte Lars so schnell wie möglich anrufen, um anschließend mit Moritz zu sprechen. Aber ich will auch nicht zu aufdringlich sein, also beschließe ich, bei Lars anzurufen, nachdem wir die Nacht irgendwo verbracht haben.
 

Gott sei Dank fahren wir kurz nach unserem Raststättenbesuch von der Autobahn herunter und ich bekomme meine Landschaft mit herbstlichen Bäumen und zerzaustem Himmel und einer Menge Vogelschwärme, die über unseren Köpfen gen Süden ziehen. Gegen neun fängt es an zu regnen und Moritz verkündet, dass er im Regen nicht gut sehen kann, also halten wir auf dem nächstbesten Parkplatz und Moritz fängt an, die Rückbank des Autos umzuklappen, damit wir im Auto schlafen können. Was für ein Abenteuer. Morgen werde ich garantiert Rückenschmerzen haben.
 

Der Regen prasselt heftig aufs Autodach und ich rolle mich unter meiner mitgebrachten Wolldecke zusammen, aber so richtig warm ist es darunter auch nicht. Alles Mist. Moritz hat natürlich einen Schlafsack dabei. Ich bin neidisch und versuche nicht allzu sehr zu zittern.

»Dir ist kalt«, stellt Moritz mit müder Stimme fest. Mir war nicht klar, wie wahnsinnig unbequem es in so einem Auto sein kann. Aber was tu ich nicht alles für Manus Wohlergehen.

»Ziemlich, ja«, gebe ich zu. Moritz seufzt und öffnet den Reißverschluss seines Schlafsacks.
 

»Rutsch ran«, befiehlt er kurzum und mir klappt die Kinnlade herunter.
 

»Was? Nein!«
 

»Willst du weiter frieren?«
 

»Nein!«
 

»Dann rutsch ran, meine Güte! Ich beiße nicht!«
 

Ich schnaufe empört und ringe mit mir. Aber schließlich gebe ich doch nach und krieche, eingewickelt in meine Decke, näher zu Moritz herüber, bis ich so nah dran bin, dass ich seine Körperwärme spüren kann. Er wirft seinen Schlafsack über mich und kommt noch näher und dann liegen wir plötzlich ganz dicht aneinander gepresst unter seinem Schlafsack und meiner Decke und auch, wenn es mir wahnsinnig peinlich ist, ist es gleich sehr viel wärmer und ich kann nicht umhin wohlig zu seufzen.
 

»Das ist komisch«, sagt Moritz schließlich leise.
 

»Was?«
 

»Körperkontakt.«
 

Ich blinzele. Ach ja. Ich nehme an, dass Moritz mal abgesehen von Manu nie wirklich dazu kommt, Menschen anzufassen.

»Komisch schlecht oder komisch gut?«, will ich wissen.
 

»Komisch«, kommt prompt die wenig hilfreiche Antwort und ich muss lachen.
 

»Also, sag mir, wenn du dich entschieden hast«, meine ich und zögere einen Moment, ehe ich mein Gesicht irgendwo gegen seine Schulter drücke. Ich mag Körperkontakt. Es ist merkwürdig mit Moritz, weil wir uns eigentlich nicht mögen, aber es fühlt sich so an, als würde sich diese Abneigung, die in Kindertagen wurzelt, langsam aber sicher auflösen. Die Wege des Lebens sind unergründlich.
 

Ich spüre, wie ich langsam wegdämmere, während das Prasseln des Regens mich in den Schlaf singt. Es ist ein schönes Geräusch. Draußen tobt der Herbstwind und ich kuschele mit Moritz. Die Welt ist ein abgefahrener Ort.

»Komisch gut«, kommt es sehr, sehr leise aus der Dunkelheit und ich kann nicht umhin breit zu grinsen, während ich langsam in den Schlaf hinübergleite.

Mos Geheimnis

Als ich aufwache, ist es warm und wahnsinnig unbequem und die Scheiben sind komplett beschlagen. Mir tut so ziemlich alles weh und ich bin mir nicht sicher, wie ich überhaupt schlafen konnte bei all dem Schmerz in meinem Rücken. Mist. Ich setze mich auf und mir rutscht der Schlafsack von den Schultern. Es ist klirrend kalt im Auto und ich wische mit meinen Fingern über die beschlagene Scheibe. Draußen ist es sehr neblig und immer noch grau. Meine Güte, ich wünsche mir den Sommer zurück.
 

Ein leises Seufzen bringt mich dazu, hinunter zu Moritz zu schauen, der immer noch schläft. Er liegt auf der Seite in seinem dicken Pulli, die schwarzen Haare fallen ihm ins Gesicht und er hat den Mund leicht geöffnet. Jetzt sieht er wirklich ganz genauso aus wie Manu. Auch wenn Manus Mund sicherlich noch weiter geöffnet wäre und er garantiert laut schnarchen würde. Aber wenn er schläft, fehlt Moritz dieser versteinerte Gesichtsausdruck. Er sieht richtig friedlich aus. Unweigerlich denke ich an gestern und an die letzten Worte, die ich gehört habe, bevor ich eingeschlafen bin. Mein Gesicht wird ein wenig heiß und ich krieche über die umgeklappte Rückbank zur Autotür, entriegele sie, und steige aus.
 

Feuchte, kalte Luft schlägt mir entgegen und ich schaudere, aber ich muss wirklich dringend aufs Klo und ein bisschen Bewegung ist für meinen geschundenen Rücken vermutlich auch nicht allzu schlecht. Es ist noch nicht ganz hell und außer unserem Auto steht nur noch ein anderes auf dem Parkplatz. Ich fasse es nicht, dass mir das passiert. Es sind so viele Dinge in meinem Kopf, dass mein Gehirn schmerzt. Ich denke dauernd an Manu und hoffe, dass es ihm gut geht, aber ich bin auch leicht beruhigt, weil ich weiß, dass Moritz Bescheid wüsste, wenn ihm was Schlimmes passiert. Ich denke an Lena und an Lars und daran, dass Moritz jetzt plötzlich doch kein Arschloch ist. Obwohl ich ihm das mit meinem Kaninchen immer noch nicht verzeihen kann. Ich bin erleichtert, dass meine Eltern mich noch nicht mit Anrufen bombardieren, weil ich einfach so verschwunden bin. Vielleicht hoffen sie, dass ich überraschenderweise mit einem tollen Job und großartigen Zukunftsaussichten zurückkomme.
 

Toiletten auf Parkplätzen sind eine Gefahr für Menschen, die vor lauter Ekel Herpes kriegen. Ich gehöre Gott sei Dank nicht zu diesen Menschen, aber diese Toilette hätte mich beinahe auch infiziert, soviel steht fest. Nächstes Mal pinkle ich einfach ins Grüne. Pfui Teufel.

Fröstelnd und verspannt mache ich mich auf den Weg zurück zum Auto. Moritz ist mittlerweile auch wach und reibt sich müde die Augen. Er sieht total verschlafen und… irgendwie niedlich aus. Herrje.

»Du warst weg«, nuschelt Moritz anklagend und ich betrachte seine wild abstehenden, schwarzen Haare und die Schlaffalten auf seiner rechten Wange.

»Musste dringend meine Blase leeren. Ich kann das Klo hier nicht empfehlen, du solltest besser ins Grüne pinkeln«, gebe ich zurück und verziehe angewidert das Gesicht bei der Erinnerung.
 

»Du bist pingelig bei Sauberkeit… aber trotzdem unordentlich«, kommt es verschlafen zurück und ich beobachte, wie Moritz seinen Schlafsack langsam auf der ausgeklappten Rückbank zusammenrollt, wundersamerweise ohne sich dabei auch nur einmal den Kopf zu stoßen.

»Was?«, gebe ich verwirrt zurück. Dann fällt mir ein, dass Moritz ja in Manus Kopf wohnt. Mist.

»Du weißt also wirklich alles über mich?«, hake ich misstrauisch nach und ernte einen verschlafenen Blick, der offenkundig fragt, ob ich bescheuert bin. Ich möchte sauer deswegen sein, aber Moritz sieht aus wie ein müder Dreijähriger und ich spüre meine Empörung schwinden.

»Das meiste, denk ich«, antwortet Moritz und zuckt mit den Schultern, als wäre es keine große Sache.

»Gib ein paar Beispiele«, fordere ich gegen besseres Wissen und sehe zu, wie Moritz seinen Schlafsack verstaut und dann langsam aus dem Auto gekrochen kommt. Er schaudert in der kalten Luft.
 

»Du hast dir mit zwölf das Bein gebrochen, als du versucht hast, eine Katze von einem Baum zu retten. Deine Lieblingsfarbe ist rot, du stehst auf Frauen mit kleinen Brüsten und schönen Zähnen, hast aber selber Angst vorm Zahnarzt. Du versteckst deine Pornos hinter deinen Sportklamotten im Kleiderschrank–«
 

»Ok, ok! Danke! Das reicht«, unterbreche ich Moritz mit flammenden Wangen und Ohren und fahre mir verlegen durch die Haare. Das gibt es doch nicht. Es ist, als wäre er Manu. Als hätte er das alles miterlebt, oder von mir erzählt bekommen.

»Wieso hast du dir das überhaupt alles gemerkt? Da müssen doch Infos über hundert Leute in Manus Kopf sein«, brumme ich verstört und ziehe mir meine Jacke über. Einen Kaffee werden wir hier wohl kaum bekommen, dafür müssten wir zum nächsten Rastplatz fahren. Wir putzen schweigend nebeneinander Zähne und essen etwas von dem Kram, den wir mitgenommen haben. Ich esse mehrere Müsliriegel, Moritz kramt abgepackte Muffins aus seinem Rucksack und verspeist zwei davon. Während wir frühstücken, wird es heller, auch wenn man nicht wirklich davon sprechen kann, dass die Sonne aufgeht. Es ist diesig und grau und ich seufze innerlich, weil diese Art von Wetter immer meine Stimmung drückt. Wenigstens tupfen die herbstlichen Bäume ein klein wenig Farbe in die Landschaft, auch wenn die meisten davon eher braun als bunt sind. Auf Fotos sieht der Herbst immer besser aus, als er in Wirklichkeit ist.
 

»Weiß nicht. Du bist halt mehr in Manus Kopf als andere Leute«, meint Moritz ausweichend und zieht schon wieder seine Schultern hoch. Wie eine Schildkröte, die in ihren Panzer kriechen will. Ob er das wohl oft macht, wenn er mit Manu irgendwo allein ist? Soweit ich weiß, hat Moritz wirklich kaum zu anderen Leuten Kontakt. All der plötzliche Umgang mit mir muss sehr ungewohnt für ihn sein. Dabei denke ich eigentlich immer, dass ich ein recht umgänglicher Mensch bin. Naja, wenn man mich nicht grad als Vierjährigen traumatisiert hat.

»Hast du irgendwas Neues gehört?«, frage ich, um das Thema zu wechseln, und wedele vage in Richtung von Moritz‘ Kopf. Er richtet sich gerade auf, schließt die Augen und runzelt die Stirn konzentriert. Es ist, als würde er versuchen, einen Radiosender rein zu bekommen, von dem er momentan nur unverständliches Rauschen empfängt.

»Nein. Nicht so wirklich. Aber wir sind näher dran«, erklärt er mir und seine grauen Augen klappen auf.
 

Dass Manu gut aussieht, weiß ich ja. Aber über Moritz hab ich so noch nie nachgedacht. Wenn ich Leute nicht mag, dann sehen sie für mich meistens auch nicht gut aus. Jetzt stelle ich zum ersten Mal fest, dass Moritz schon… hübsch ist. Ich sollte wirklich aufhören, ihn immerzu mit Manu zu vergleichen, aber das ist bei Zwillingen einfach sehr schwierig.

Nach unserem spärlichen Frühstück setzen wir uns ins Auto, Moritz stellt das Radio an und ich sehe erneut davon ab, meinen MP3-Player anzumachen, und wir fahren los. Die Tatsache, dass Moritz so ruhig ist, seit wir unterwegs sind, beruhigt mich, was meine Sorgen um Manu angeht.

»Wann… äh… wirst du diesen Typen anrufen?«, fragt Moritz irgendwann aus heiterem Himmel und ich hatte schon wieder ganz vergessen, dass ich das ja beizeiten tun wollte, um endlich Moritz das Mysterium zu lüften.
 

»Ich könnte es jetzt mal versuchen«, schlage ich vor und mustere Moritz von der Seite. Wenn meine Augen mich nicht täuschen, wird er blass und schluckt.

»Dann fahr ich ran«, sagt er leise.
 

»Was? Wieso? Du sollst ja nicht telefonieren«, gebe ich verwirrt zurück, aber Moritz biegt in den erstbesten Feldweg, der von der Landstraße abgeht, ein und hält dann.

»Ruf an«, sagt er, ohne eine weitere Erklärung abzuwarten und ich schüttele verständnislos den Kopf, ehe ich die Nummer in meinem Telefonbuch heraussuche und den grünen Hörer auf meinem Display drücke. Es klingelt und ich bin tatsächlich etwas aufgeregt. Oli, du Horst! Reiß dich zusammen!

»Hallo?«
 

Huch. Das ist nicht Lars‘ Stimme. Das war ziemlich eindeutig eine junge Frau.
 

»Ähm, hi! Hier ist Oli. Ich wollte eigentlich mit Lars sprechen?«, antworte ich fragend und spiele mir nervös in den Haaren herum. Zu meinem großen Entsetzen kommt vom anderen Ende ein Schluchzen.

»Tut mir Leid! Vielleicht hab ich mich auch verwählt!«, rufe ich hastig gegen das Schluchzen an und bin schon drauf und dran wieder aufzulegen, als…

»Lars ist gestern Nacht auf dem Heimweg überfahren worden.«
 

Ich blinzele. Mein Herz setzt ein paar Schläge aus und stolpert dann weiter, mein Magen zieht sich zusammen.
 

»Was?«, gebe ich dusselig zurück.
 

»Er ist schon auf dem Weg ins Krankenhaus ge… ge…«
 

Gestorben.

Ich lasse das Handy sinken und drehe den Kopf. Moritz starrt geradeaus, als wäre dieser beknackte Feldweg unglaublich spannend. Mein Finger drückt den roten Hörer und ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, aber ich weiß nicht, was.
 

»Der Hase stirbt bald.«
 

Ich sehe den schwarzhaarigen Vierjährigen vor mir stehen, die Augen groß und grau und gar nicht bösartig. Tatsächlich ist das meine frühste Erinnerung. Das war mir nie so wirklich klar. Aber die erste Erinnerung meines Lebens ist von Moritz, wie er vor mir steht und auf meinen Hasen zeigt und mir sagt, dass er bald sterben wird. Und dann war das Kaninchen kurze Zeit später tot.
 

»Du…«
 

Meine Stimme ist heiser und sackt ab und ich muss schlucken und erneut ansetzen.
 

»Du wusstest, dass das passiert«, bringe ich schließlich hervor und in meinen Ohren rauscht es. Ich hab mich immer gefragt, ob Moritz auch irgendwas kann. So wie sein Zwilling. Ich dachte immer, wenn die beiden telepathisch kommunizieren können und Manu was Aufregendes kann, dann muss Moritz auch irgendwas können. Aber ich hab Manu nie gefragt und er hat es mir nie erzählt.
 

Moritz dreht den Kopf sehr langsam und schaut mich an. Schon wieder hat er die Schultern hochgezogen. Auch das hat er als Kind schon gemacht.

»Manu kann lügen und du kannst… sehen… scheiße…«

Ich reiße die Autotür auf, stolpere zwei Schritte und übergebe mich erneut. Mitten auf einen Acker. Diesmal steigt Moritz nicht aus, um mir Wasser zu reichen und zu fragen, ob ich mir die Zähne putzen möchte. Als ich mich wieder zum Auto umdrehe, hat er seinen Kopf aufs Lenkrad gelegt und atmet schwer. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Alles in meinem Gehirn dreht sich im Kreis und ich komme mit diesem neuen Stück Wahrheit nicht klar. Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße. Lars ist tot. Der Typ, mit dem ich gestern noch geredet hab, ist gestorben. Und Moritz wusste das vorher.
 

»Du hättest es ihm sagen sollen. Du hättest irgendwas machen sollen«, sage ich zittrig, während ich zum zweiten Mal heute meine Zahnbürste hervorkrame. Moritz sieht nicht auf, als er antwortet.

»Hilft nichts. Glaubst du, ich hätte das nicht schon versucht?«
 

Scheiße.
 

»Gott, tut mir Leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich… scheiße, Mann«, stammele ich und kriege die Zahnpasta kaum aufgeschraubt, weil meine Finger so beben.

»Immerhin glaubst du«, murmelt Moritz und bin froh, dass ich die Zahnbürste im Mund habe und so nicht antworten muss. Stimmt. Andere Leute… die würden das nicht glauben. Ich glaube es nur, weil ich Manu kenne, seit wir gemeinsam im Kindergarten waren. Ich spucke auf den Boden und suche fahrig nach dem Wasser.

»Haben eure Eltern…?«
 

Die Frage ist noch nicht komplett heraus, da wird mir klar, dass Moritz es auch bei seinen Eltern vorher gewusst haben muss. Oh Gott. Er kann Manu nichts davon erzählt haben, der war vollkommen geschockt und fassungslos.

»Nein. Haben sie nicht. Mit dem Kind stimmt was nicht, haben sie immer gesagt. Ich hab mehr Therapeuten gesehen, als ich zählen kann. Bis ich kapiert hab, dass ich einfach nicht drüber reden darf. Dass das mein Geheimnis bleiben muss. Und dann haben sie mich in Frieden gelassen und von Manu haben sie ja nie was gemerkt. Der musste nie zu irgendeinem Therapeuten…«
 

Ich lege mich auf die Rückbank, nachdem ich nur noch Zahnpasta im Mund schmecke und starre an die Wagendecke. Kein Wunder, dass Moritz Angst vor Menschen hat, dass er keine Freunde hat, dass er als Kind schon komisch war. Was für ein krasser Vertrauensbruch das sein muss, wenn man als kleines Kind seinen Eltern erzählt, dass man irgendwie anders ist, und die schicken einen zum Therapeuten, weil sie dir nicht glauben. Ich meine, ja, irgendwie kann ich das verstehen. Aber wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, sich damit zu beschäftigen, dann hätten sie ja gemerkt, dass Moritz sich das nicht ausdenkt. So wie ich gerade.
 

Und Manu… Manu hatte es immer so einfach. Seine Lügen haben ihm immer alles leichter gemacht. Da wäre ich auch der besser gelaunte Zwilling.

»Wir sollten weiterfahren. Du kannst ja erst mal liegen bleiben«, sagt Moritz leise und ich schlucke. Aber ich kann nichts sagen, also bleibe ich einfach liegen, während Moritz die Beifahrertür zuzieht und den Wagen erneut startet. Vermutlich ist das illegal. Aber gut, mir wurde gerade am Telefon gesagt, dass ein Typ, den ich gestern noch gesehen habe, tot ist und dass der Kerl, mit dem ich unterwegs bin, das vorher gewusst hat. Scheiße.
 

Mein Gehirn ist ein einziges Knäuel und wenn ich vorher schon zu viele Sachen im Kopf hatte, dann wurde das jetzt alles überspült von den neusten Entwicklungen dieser überstürzten Reise. Manu, Lena, meine Eltern, die Zukunft, Manu, Manu…

Ich wollte eigentlich mit Moritz darüber sprechen. Über alles. Weil ich neugierig war. Aber jetzt weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll und ich habe das Gefühl, dass sich das auch nicht ändern wird. Vielleicht kann ich auch ein paar Fragen stellen. Allerdings bin ich nicht sicher, ob ich diese Dinge überhaupt wissen will. Ich meine, ich hab grad eben gekotzt, als ich von Moritz‘ Fähigkeit erfahren hab. Alles an Einzelheiten könnte dazu führen, dass ich einfach ins Koma falle, weil mein Gehirn durch Informationen überladen wurde.
 

»Wann hast du aufgehört mit deinen Eltern drüber zu reden?«, frage ich leise. Ich hab die Augen geschlossen und hoffe, dass mir auf diese Art vom Fahren nicht schlecht wird. Meine Güte. Mir war nie klar, was für einen nervösen Magen ich habe.

»Mit neun. Ich glaube, sie waren sehr dankbar dafür und haben es als Phase abgetan. Aber so richtig vergessen haben sie das nie. Ich weiß noch, wie sie mich schief angeschaut haben, als unsere Großeltern gestorben sind. Als hätten sie drauf gewartet, dass ich irgendwas dazu sage. Sowas wie ‚Ich hab’s vorher gewusst.‘. Ich meine… ich hab es vorher gewusst. Aber ich hab es keinem gesagt. Manu weiß zwar, was ich kann, aber ich hab auch mit ihm nie wieder wirklich drüber geredet. Was ja auch gewissermaßen egal ist, da er sowieso in meinem Kopf drin steckt, aber ich bin sehr viel besser als er, ihn auszusperren. Seine Gedanken sind leicht zu lesen wie ein Buch. Bei mir fällt ihm das nicht so leicht…«
 

Ich glaube, ich hab Moritz noch nie so viel an einem Stück reden gehört. Vielleicht ist er ja erleichtert, dass er mal darüber reden kann? Es läuft keine Musik im Auto und die einzigen Geräusche sind die des Wagens und das Rauschen des Windes draußen. Mein Handy vibriert, aber ich ignoriere es geflissentlich. Wahrscheinlich sind es meine Eltern, die sich bei mir beklagen, dass ich mich noch nicht gemeldet habe.

»War Manu sauer, dass du… dass du ihm das mit euren Eltern nicht gesagt hast?«, frage ich unsicher. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie ich reagieren würde. Will man so etwas vorher wissen? Ist es leichter, wenn man eine Woche vorher Bescheid weiß? Keine Ahnung. Ich musste mich bislang noch nie von jemandem, der mir wichtig war, verabschieden. Außer von meinem Kaninchen – und seien wir ehrlich, das ist nicht wirklich vergleichbar.
 

»Ja, war er. Er war auch schon damals sauer, als das mit unseren Großeltern war. Aber andererseits hat er sich auch nie großartig die Mühe gemacht, mit mir über diese Sache zu reden. Er hat zu viel mit sich selbst und seiner tollen Fähigkeit zu tun.«

Moritz klingt sehr bitter. Mein erster Impuls ist es, Manu zu verteidigen. Allerdings sagt eine rationale Stimme in meinem Kopf, dass Moritz es einfach hundert Mal beschissener in seinem Leben hat als Manu, und dass er durchaus das Recht dazu hat, bitter zu sein.

»Manu ist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Aber… manchmal hasse ich ihn richtig«, murmelt Moritz so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann. Ich schlucke und beiße mir auf die Unterlippe. Manu ist auch der wichtigste Mensch in meinem Leben. Irgendwie hab ich jetzt Angst davor, ihn wiederzusehen, nach all dem Zeug, das ich erfahren hab. Die Lüge über seine Eltern und das Erbe, mal abgesehen von den anderen Lügen, die er mir womöglich erzählt hat… Die Sache mit Moritz…
 

»Ist es ok, wenn ich dich Mo nenne?«
 

Manchmal redet mein Mund, ohne sich vorher mit meinem Gehirn abzusprechen. Es folgt eine ziemlich lange Stille und ich frage mich, ob das wohl ‚Nein‘ bedeutet.

»Obwohl du mich nicht leiden kannst?«

Mein Magen verknotet sich ein wenig und ich zwinge mich, sehr ruhig zu atmen, um nicht das Auto vollzusauen.

»Eventuell habe ich meine Urteil revidiert«, sage ich bemüht würdevoll. Erneute Stille.
 

»Eventuell?«
 

»Vielleicht auch nicht nur eventuell. Ich hab mich wie der letzte Arsch verhalten. Tut mir echt leid«, sage ich reuevoll und wage es nicht, einen Blick in Richtung Fahrersitz zu werfen. Wer weiß, ob Moritz jetzt total sauer aussieht, oder angewidert, oder…
 

»Ok. Dann kannst du mich Mo nennen.«
 

Klingt er… erleichtert? Ich weiß nicht. Ich hab so selten mit Mo geredet, dass ich es nicht so richtig einordnen kann, wie er sich gerade fühlt. Mein Herz legt jedenfalls einen Zahn zu und ich schlucke verlegen. Plötzlich, oder vielleicht auch nicht plötzlich, ist alles zwischen Mo und mir sehr, sehr anders als vorher, und ich hab mich noch nicht entschieden, wie ich damit umgehen will. Aber wer weiß, wie lange unsere Reise noch dauert. Währenddessen kann ich mir überlegen, was genau das zwischen mir und Mo geworden ist.

Abrupte Umkehr

Weil ich ein Armleuchter bin und nicht weiß, was ich noch weiter sagen soll, schweigen Mo und ich eine ganze weitere Stunde lang, in der ich auf der Rückbank liege und die beige Decke des Wagens anstarre, als stünden dort die Antworten auf all meine Fragen.

Ich will gerade noch weitere Entschuldigungen für alles anfügen, was ich jemals gesagt, getan und gedacht habe, nur um noch etwas zu sagen, als wir sehr ruckartig halten und ich beinahe in die Spalte zwischen der umgeklappten Sitzbank und den vorderen Sitzen kullere.
 

»Lisanne«, sagt Mo und dreht sich auf dem Sitz zu mir um. Ich starre ihn an.
 

»Was? Was hat die damit zu tun? Die wird Manu ja wohl kaum entführt haben!«
 

»Ist das seine neuste Flamme?«, will Mo verwirrt wissen und ich nicke. Verständlich, dass Mo den Überblick verliert. Manu ist wirklich fleißig, was all seine Liebschaften angeht. Ich beobachte, wie Mo sich mit der rechten Hand übers Gesicht fährt und dann finster zu mir herunter blickt.
 

»Ich bring ihn um, wenn ich ihn in die Finger kriege«, erklärt er mit Grabesmiene, sodass ich es ihm beinahe abkaufe. Was zum Teufel ist denn los? Ich rappele mich auf, um mich in eine würdevollere Position zu bringen. Halb zwischen den Sitzen und der Rückbank zu hängen scheint mir für eine ernste Unterhaltung angebrachter zu sein. Also, ich meine… theoretisch könnte sie Manu natürlich zu sich gelockt und ihn dann überwältigt haben, weil sie rausgekriegt hat, dass er viel Knete besitzt. Andererseits wüsste ich auch nicht, wieso er Lisanne davon erzählt haben sollte, wenn er es vor mir geheim gehalten hat. Mal ganz abgesehen davon, dass er sich aus so ziemlich jeder Situation raus lügen kann, in die er gerät. Aber wenn sie ihn geknebelt hätte…
 

»Er scheint wohl vergessen zu haben zu erwähnen, dass er Lisanne kurzfristig besuchen fährt«, knirscht Mo und er sieht wirklich sehr wütend aus. Ganz blass und mit zusammengepressten Lippen. Und es dauert ein paar Sekunden, bis die Information in meinem Gehirn verarbeitet wird, dass das alles überhaupt nicht nötig gewesen wäre. Dass ich mir tagelang umsonst Sorgen gemacht habe. Weil Manu vergessen hat uns zu erzählen, dass er Lisanne besuchen fährt. Das kann doch nicht wahr sein. Ich öffne und schließe meinen Mund wie ein Fisch und bleibe dabei genauso stumm, weil ich keine Ahnung habe, was ich vor lauter Empörung sagen soll.
 

»Hrghmpf!«, bringe ich schließlich wenig geistreich hervor und sehe garantiert genauso fassungslos aus, wie ich mich fühle. Mo starrt mich an. Und dann, ganz plötzlich, fängt er an zu lachen. Erst leise und kaum hörbar, sodass nur sein Körper bebt, während er sich die Finger auf den Mund presst und ich einen entsetzten Moment lang glaube, dass er vielleicht weint. Aber nein. Das Geräusch ist ungewohnt und es klingt ganz so, als hätte es noch nicht oft die Gelegenheit dazu gehabt, sich in der Welt auszubreiten. Wow. Mo lacht.
 

»Was ist so lustig? Ich bringe ihn um, ich schwör es dir! Hoffentlich ist der Sex schlecht und ihre Wohnung mit Ratten verseucht!«, fluche ich vor mich hin und Mo lacht weiter leise vor sich hin. Ich möchte weiter sauer auf Manu sein, weil ich es einfach nicht fassen kann, was er mir und Mo angetan hat. Aber klar, die beiden waren noch nie so weit voneinander entfernt und wussten nicht, dass die Verbindung dann abbrechen würde. Vielleicht dachte sich Manu einfach, dass Mo es schon wissen würde, wenn er losfährt. Alter Schwede, ich glaub, mein Hamster bohnert.
 

»Dein Gesichtsausdruck«, erklärt Mo weiterhin matt glucksend und sein ganzes Gesicht strahlt, als wäre auf einmal alle Last von seinen Schultern genommen worden. Gut, ich meine, ihm ist grad klar geworden, dass sein Zwilling nicht in Lebensgefahr schwebt, das ist sicher eine Erleichterung. Aber zum Lachen finde ich die Situation trotzdem nicht. Ich bin stinksauer! Auch wenn ich zugegebenermaßen angesichts von Mos lachendem Gesicht und funkelnden Augen spüre, wie die Wut langsam aus mir weicht wie aus einem löchrigen Ballon.
 

»Ich hab dich noch nie lachen gesehen«, informiere ich Mo völlig aus dem Nichts heraus, obwohl ich mich eigentlich noch ein wenig mehr über Manu empören wollte. Mos Lachen friert ein wenig ein und dann kriecht ein heller Rotton in seine Wangen und er räuspert sich verlegen.

»Klingt es sehr komisch?«, will er wissen. Ich schmunzele.

»Nein, klingt ziemlich gut«, gebe ich zu und der Rotton wird noch etwas dunkler. Huch! Ich habe Mo in Verlegenheit gebracht. Den unnahbaren, schweigsamen, verschlossenen Mo. Beinahe bin ich ein wenig stolz und beinahe vergesse ich, dass Manu nicht entführt wurde.
 

»Also, du hast jetzt mitgekriegt, dass er bei Lisanne ist? Das heißt, wir sind nah genug dran, damit du ihn wieder hören kannst«, sage ich nachdenklich und Mo nickt, immer noch rot im Gesicht.

»Sollen wir weiterfahren und ihm die Party versauen?«, frage ich und bin mir nicht sicher, wie meine eigene Antwort auf diese Frage lautet. Mo sieht aus, als müsste er sehr lange darüber nachgrübeln und es dauert eine ganze Weile, bis er antwortet.

»Nein. Nein, ich denke nicht. Ich werd ihn noch ordentlich verfluchen und er fällt hoffentlich vor lauter Schock aus dem Bett. Ich meine… wenn er gemerkt hat, dass unsere Verbindung abbricht, dann hätte er ja mal anrufen können, um Bescheid zu sagen. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll«, meint Mo und ich bin eindeutig noch nicht dran gewöhnt, so normal mit ihm zu reden, weil ich ihn anstarre wie ein Auto. Er bemerkt es und wird noch ein wenig dunkler im Gesicht.
 

»Was ist los?«, will er wissen. Ich zucke mit den Schultern und muss schief grinsen. Wow. Vorhin hab ich noch wegen Lars gekotzt und jetzt finde ich Mos rotes Gesicht irgendwie niedlich. Vielleicht mache ich noch eine zweite Pubertät durch und meine Hormone spielen komplett verrückt. Gibt es sowas wie verfrühte Wechseljahre? Ich räuspere mich peinlich berührt.

»Es ist nur alles so ungewohnt«, sage ich und wedele undeutlich mit den Händen herum, als würde das irgendwie erklären, was ich meine. Aber womöglich ist Mo, weil er die Gedanken eines Menschen lesen kann, gut darin, solche wirren Gedankengänge zu entschlüsseln, denn er nickt.
 

»Das stimmt.«
 

Er schweigt einen Moment und kaut auf seiner Unterlippe herum. Dann…

»Aber ehrlich gesagt auch wieder nicht. Also, ich weiß ja, wie es ist, mit dir Zeit zu verbringen. Nur nicht so direkt«, erklärt er und seine Stimme wird gegen Ende immer leiser, bis er schließlich auf seine Knie schaut. Ich habe so noch nie darüber nachgedacht. Manu verbringt am meisten Zeit mit mir, da er trotz seiner allgemeinen Beliebtheit eigentlich kaum enge Freunde hat. Mo verbringt mit Manu am meisten Zeit und umgibt sich sonst nicht wirklich mit Menschen. Und Mo wohnt in Manus Kopf. Was im Umkehrschluss heißt, dass Mo mich neben Manu so gut kennt, wie sonst keiner auf dieser Welt und dass er eigentlich fast immer, wenn Manu und ich Zeit miteinander verbringen, auch dabei ist.
 

Ich schlucke und versuche die Tragweite dieser Tatsachen sacken zu lassen. Der aberwitzige Gedanke, dass ich für Mo das bin, was einem Freund am nächsten kommt – und sei es nur einseitig – schnürt mir die Kehle zu, weil ich mich jahrelang ihm gegenüber wie der letzte Arsch verhalten habe. Mist, Mist, Mist. Oli, du bist so ein Armleuchter.

»Steig aus«, sage ich und krabbele über die Rückbank zur hinteren Autotür. Mo sieht verwirrt aus, folgt aber meiner Aufforderung und öffnet die Fahrertür. Wir stehen am Rand einer schlecht betonierten Straße, die zwischen einer flachen Landschaft aus brach liegenden Feldern liegt, wie eine schwere, graue Schlange. Um uns herum ist Nieselregen, matschige Herbstblätter, ein dick verhangener und tonnenschwerer Himmel und ich umrunde das Auto und stapfe auf den verwirrt dreinblickenden Mo zu.
 

»Tut mir wirklich leid«, sage ich und schaue in seine grauen Augen, die aus irgendeinem Grund bei weitem nicht so trist aussehen wie der Himmel über uns. Mo blinzelt verwundert.

»Alles, meine ich«, füge ich hinzu und fröstele. Ich bin nicht besonders gut darin, meine Gefühle auszudrücken, und die Vorstellung, Mo zu unterbreiten, dass ich gerade eine Erleuchtung bezüglich seines Soziallebens hatte, liegt mir sehr, sehr fern.

»Ok«, meint Mo sehr leise und zieht schon wieder seinen Kopf zwischen seine Schultern. Ich atme die kalte, feuchte Herbstluft tief an, dann falle ich nach vorn und umarme Mo mitten im Nieselregen.
 

Er steht für mehrere Herzschläge ganz still da und ich frage mich peinlich berührt, ob ich schon jemals gesehen habe, wie Mo und Manu sich umarmt haben, aber ich glaube nicht. Vielleicht machen sie das im Geheimen. Immerhin sind sie sehr eng miteinander. Gerade, als ich mich frage, ob diese ganze Umarmungssache vielleicht eine blöde Idee war, hebt Mo seine Arme und legt sie vorsichtig um meine Schultern, als hätte er Angst, dass er mich zerbrechen könnte. Ein Gedanke, bei dem ich ein bisschen wahnsinnig grinsen muss.
 

Ich drücke ihn fester und werde ziemlich übermütig. Immerhin wurde Manu nicht entführt und abgesehen davon, dass er ein Horst ist, ist alles auf einmal sehr viel mehr in Ordnung, als es noch vor zwei, drei Tagen war. Mo drückt zurück. Ich hole mir mit großer Wahrscheinlichkeit eine Erkältung, weil mir unheimlich heiß ist, während ich in kalter Luft nur mit einem Pulli herumstehe. Aber was macht das schon.

»Es ist ja schon ziemlich ungerecht«, nuschele ich gegen Mos Pullover und hoffe, dass er seine Verbindung zu Manu brav blockiert, damit Manu nicht mitbekommt, wie ich mich hier an seinem Zwillingsbruder festklammere.
 

»Was?«, murmelt Mo leise und ich stelle fest, dass er eindeutig so umarmt wie jemand, der nicht viele Umarmungen verteilt. Ich bin ein sehr körperlicher Mensch, wie Manu oftmals zu seinem Leidwesen feststellen muss. Immerhin, das fand Lena gut an mir. Aber nicht gut genug, als dass sie bei mir geblieben wäre. Jetzt, wo ich hier stehe, macht mir das allerdings nichts mehr. Es ist doch komisch, wie eine so abgefahrene Aktion wie ein Roadtrip zur Rettung des besten Freundes die Perspektive auf Dinge ziemlich stark verschieben kann.

»Dass du alles über mich weißt und ich gar nichts über dich«, erkläre ich verlegen und löse mich behutsam von Mo. Er steht vor mir und wankt kaum merklich, als wäre ihm ein wenig schwindelig.
 

»Ah. Das. Naja, es gibt über mich ja auch nicht so viel zu wissen«, gibt er unsicher zurück und schaut drein, als wäre er sich nicht im Klaren darüber, was er mit sich anfangen soll.

»Das halte ich für ein Gerücht«, entgegne ich und frage mich, wie ich Mo noch vor ein paar Tagen blöd finden konnte. Die Welt ist ein seltsamer Ort.

»Aber bevor wir darauf zurückkommen, sollten wir ein telepathisches Telegramm an Manu schicken«, füge ich hinzu und klettere ins Auto, diesmal auf den Beifahrersitz. Ich angele nach meiner Reisetasche und krame eine Dose Ravioli und Plastikgabeln hervor. Ein Hoch auf Dosen mit Verschluss, für die man keinen Dosenöffner braucht!
 

»Ok. Was willst du ihm sagen?«, fragt Mo und beobachtet mit einem leicht entgeisterten Gesichtsausdruck, wie ich mir eine kalte Ravioli in den Mund schiebe. Sein Blick entgeht mir nicht und ich halte ihm fragend ebenfalls eine Plastikgabel hin.

»Kalte Ravioli?«, gibt er zweifelnd zurück und ich nicke inbrünstig. Er piekst eine der gefüllten Nudeln auf seine Plastikgabel und einen Augenblick später schaue ich ihm erwartungsvoll beim Kauen zu. Mo verzieht das Gesicht.

»Banause!«, rufe ich und mache demonstrativ begeisterte Geräusche, während ich die nächste Ravioli esse. Mos Mundwinkel zucken und dann muss er lachen, weil ich mir mit Tomatensoße in den Schoß kleckere. Toll.
 

»Also«, meine ich, nachdem ich mich von der Zurückweisung meines köstlichen Mahls erholt habe, »sag ihm Folgendes: Manu, du hirnverbrannter Lackaffe, glaub ja nicht, dass ich in den nächsten fünf Monaten meine Heizdecke oder meine Wii mit dir teile! Außerdem solltest du dankbar sein, wenn ich dir bei der nächsten Übernachtung nicht den Kopf rasiere und mit Edding einen Penis ins Gesicht male!«

Mo guckt mich an, als wäre ich ein Alien. Dann presst er amüsiert die Lippen aufeinander, schließt die Augen und sieht aus, als müsste er sich arg konzentrieren, um seinen Zwilling mit seinen Gedanken zu erreichen. Ich hoffe, dass Mo meine Worte ganz genau übermittelt und Manu das als ernsthafte Drohung empfindet. Der Typ ist total verrückt nach meiner Heizdecke! Allerdings kann er sich bei seinem millionenschweren Konto auch eine eigene leisten. Unweigerlich verfinstert sich mein Gesichtsausdruck bei dem Gedanken daran, dass Manu mich angelogen hat. Ich seh schon, sobald er wieder von Lisanne zurück kommt, haben wir eine Menge zu besprechen. Vielleicht sollte ich Mo mit zu unserer Besprechung einladen, weil der weiß, wenn Manu lügt. Herrje. Ich hoffe, meine Freundschaft mit Manu wird jetzt nicht auf ewig von Paranoia bestimmt sein, das wäre in der Tat sehr anstrengend.
 

»Ich glaube, er ist eventuell gerade aus dem Bett gefallen«, informiert Mo mich und ich meine, einen schelmischen Unterton in seiner Stimme zu hören. Ich lache dreckig vor mich hin und klopfe mir zufrieden auf den Oberschenkel.

»Wie schön! Dann können wir uns ja auf den Rückweg machen und während ich meine Ravioli aufesse, erzählst du mir von dir«, meine ich und schnalle mich an. Mo mustert mich ein paar Wimpernschläge aus dem Augenwinkel, dann folgt er meiner Aufforderung und startet das Auto. Wir wenden mitten auf der Straße und ich fasse es nicht, dass mir immer noch alles weh tut, ich wahnsinnigen Hunger hab, sauer auf Manu bin und mich trotzdem so gut fühle. Mein Handy vibriert und ich klemme meine Raviolidose zwischen meine Beine.
 

»Kleinen Moment!«, sage ich entschuldigend zu Mo und stelle seufzend fest, dass meine Eltern nun doch versuchen, mich anzurufen. Ein paar Tage war ich in einer Luftblase, wo es keine Eltern gibt, die auf konkrete Zukunftspläne pochen.
 

»Hallo Ma«, sage ich und hoffe, dass mein gut gelaunter Ton sie besänftigt.
 

»Oliver. Wann gedenkst du, nach Hause zu kommen?«
 

Oh. Sie nennt mich nur Oliver, wenn sie sauer ist. Prost Mahlzeit.
 

»Ich bin schon wieder auf dem Rückweg. Der kurze Ausflug war sehr fruchtbar«, sage ich und tue so, als würde ich nicht merken, dass sie sauer auf mich ist und als wäre es völlig legitim mit einer vagen Erklärung für ein paar Tage zu verschwinden, ohne sich zwischendurch zu melden.
 

»Tatsächlich? Inwiefern, wenn ich fragen darf?«, will sie kühl wissen und ich räuspere mich. Die Wahrheit würde nicht helfen, deswegen wage ich die Flucht nach vorn und improvisiere das Einzige, was meine Mutter besänftigen kann.

»Ich bin jetzt doch recht sicher, dass ich Informatik studieren möchte.«

Nicht, dass ich mir nicht schon vorher Gedanken darüber gemacht habe. Aber da es kein konkreter Plan war, wollte ich ihn meinen Eltern nicht erzählen. Jetzt brauche ich etwas, um meine Mutter zu besänftigen. Und wenn ich ehrlich bin, hat all das Nichtstun und Nichtwissen mich schon auch ziemlich wahnsinnig gemacht. Wer weiß, ob ich mich jetzt total in die Scheiße reite, indem ich diese großspurige Ansage mache, aber wenigstens lassen meine Eltern mich dann erst einmal in Ruhe.
 

»Ach, tatsächlich?«, entgegnet meine Mutter und sie klingt erstaunt. Schon hab ich sie überlistet und sie hat vor lauter Begeisterung vergessen, sauer auf mich zu sein! Ich bin ein Genie. »Und wie kommt es plötzlich dazu?«

Ich erkläre ausschweifend den nicht wirklich vorhandenen Selbstfindungsprozess, den ich in den letzten Tagen durchgemacht habe und stelle fest, dass ich beinahe Manu Konkurrenz mache. Meine Mutter jedenfalls scheint sehr gerührt zu sein und fragt schlussendlich nur noch einmal nach, wann genau ich denn komme und ab wann sie mich wieder zum Mittagessen einplanen soll. Vielleicht sollte ich statt Informatiker doch Vertreter werden. Wer weiß, was ich Leuten noch alles andrehen könnte.
 

»Informatik?«, erkundigt sich Mo leicht schmunzelnd bei mir, nachdem ich erleichtert aufgeregt habe. Katastrophe abgewendet! Noch mehr Drama und Gefühlschaos hätte ich wirklich nicht ertragen.

»Ja, Informatik. Ich denk schon länger drüber nach und hab mich um eine endgültige Entscheidung gedrückt. Wenn es mir nicht gefällt, kann ich den Studiengang ja noch wechseln«, sage ich schulterzuckend und fahre damit fort, meine kalten Ravioli zu verspeisen.

»Und dann wirst du später Computerspiele programmieren?«, fragt Mo weiter und ich bin kurz erstaunt darüber, dass er weiß, dass ich das cool fände, bis mir die ganze Telepathiesache wieder einfällt. Es ist komisch, wie man diese abgefahrenen Dinge manchmal immer noch vergessen kann.
 

»Hey, so haben wir nicht gewettet! Du solltest Sachen über dich erzählen, du weißt ja sowieso schon alles über mich«, empöre ich mich und Mo sieht tatsächlich ein wenig schuldbewusst aus, so als hätte er wirklich absichtlich versucht, von sich selbst abzulenken. Ich schiebe mir eine weitere Ravioli in den Mund und betrachte Mo abwartend kauend, während ihm schon wieder Röte in die Wangen schießt. Ok, scheiß drauf, er kann meine Gedanken ja nicht lesen: Er ist verdammt niedlich, wenn er rot anläuft. Ich räuspere mich, um vor mir selbst ein kleines Maß an Seriosität zu bewahren.

»Ich weiß nicht, was ich erzählen soll«, erklärt Mo und er klingt ein bisschen kläglich. Ich habe Mitleid mit ihm und grübele kurz.

»Also schön. Wir können mit ein paar einfachen Quizfragen zum Einstieg anfangen. Was ist deine Lieblingsfarbe?«
 

»Hellblau.«
 

»Wieso?«
 

»Äh… weil ich den Himmel gern anschaue?«
 

»Ok. Lieblingsessen?«
 

»Kartoffelpuffer mit Apfelmus.«
 

»Lieblingsband oder Musiker?«
 

»Cat Stevens.«
 

»Wenn du ein Superheld wärst und dir eine übernatürliche Kraft aussuchen könntest, welche würdest du nehmen?«
 

Diesmal denkt Mo lange nach. Ich meine, er hat ja eigentlich schon zwei ziemlich abgefahrene Fähigkeiten, aber mir gefällt die Frage trotzdem.
 

»Alle Sprachen der Welt sprechen wäre ziemlich super. Oder heilen? Ich weiß nicht… fliegen ist sicher auch nicht schlecht…«
 

Ich lausche Mos Überlegungen und frage mich, ob Manu mittlerweile wieder aus seinem Kopf verschwunden ist. Ein paar Tage unterwegs ins Nirgendwo und ich fühle mich wie ein ganz neuer Mensch. Es war wirklich eine krasse Achterbahnfahrt, diese ganze Aktion. Mit einem leichten Ziehen im Magen denke ich an Lars und daran, dass man offenbar nichts tun kann, um Leute vor ihrem eigenen Tod zu bewahren. Mo macht das schon ein Leben lang mit und ich frage ihn nach seinem Lieblingsessen. Aber gut, man muss klein anfangen, auch wenn er mich mit großer Wahrscheinlichkeit fast so in- und auswendig kennt wie Manu.
 

Mo einigt sich schließlich mit sich selbst auf Heilungskräfte, was mir direkt wieder einen kleinen Stich versetzt, weil ich glaube mir vorstellen zu können, wieso er sie gewählt hat. Manus Antwort auf die Frage wäre vermutlich wahlweise »Ich brauch nicht noch eine Superheldenkraft, ich hab ja schon eine.« oder aber sowas wie »Pheromone, Alter!«. Manu ist mein bester Freund und das wird sich nicht ändern, aber es lässt sich nicht leugnen, dass er ein egozentrischer Saftsack ist. Nicht, dass er das nicht selber weiß – oder, dass ich es ihm noch nie gesagt hätte – aber im Vergleich zu Mo und seiner altruistischen Ader fällt es einem direkt noch mehr auf.

»Ok. Auf was für Menschen stehst du?«, frage ich unverfroren und immer noch in dieser merkwürdigen Stimmung, wo ich erschöpft, sauer auf Manu, verspannt, müde und gleichzeitig total zufrieden bin. Vielleicht sollte ich, sobald ich zu Hause angekommen bin, Lena eine SMS schreiben und mich bei ihr für die dramatischen Szenen im Zuge ihres Schlussmachens entschuldigen. Ich bin der König des Dramas, soviel steht fest.
 

Mo ist so dunkelrot im Gesicht, dass ich einen Augenblick lang Angst habe, dass er erstickt und wir einen Autounfall bauen.

»Wieso ist das wichtig?«, fragt er mit leicht krächzender Stimme. Dumpf frage ich mich, wie mir früher niemals auffallen konnte, dass Mo gar kein so unnahbarer Klotz, sondern einfach nur wahnsinnig schüchtern und den Umgang mit Leuten nicht gewohnt ist? Ja, ich kenn die Antwort. Weil ich nachtragend wegen meines toten Kaninchens war. Wenn ich mir das jetzt vor Augen halte, scheint es besonders lächerlich zu sein. Ich muss mich noch mindestens dreihundert Mal bei Mo entschuldigen, dafür, dass ich so ein Horst war.
 

»Weil du auch weißt, auf was für Leute ich so stehe. Ausgleichende Gerechtigkeit!«
 

»Aber ich wusste bis vor kurzem auch noch nicht, dass du vielleicht Männer gut findest!«
 

»Das wusste ich selber auch nicht! Deswegen kann ich dir noch nicht sagen, was für Männer ich vielleicht gut finde!«
 

»Ich hab keinen bestimmten Typ«, murmelt Mo ergeben und starrt sehr konzentriert geradeaus, ohne zu blinzeln. Ich mustere ihn amüsiert.

»Ich höre da ein Aber«, stichele ich und bin doch sehr gespannt, was als nächstes kommt. Mo holt tief Luft und linst für einen Wimpernschlag zu mir herüber.

»Es gibt kein Aber«, nuschelt Mo und wenn er noch leiser wird, verstehe ich ihn bald nicht mehr. Vielleicht sollte ich ihn nicht so bedrängen, aber meine Neugierde ist eindeutig geweckt und ich beobachte interessiert, wie Mo sich am Steuer windet.

»Es macht mir nichts, wenn du auf Männer stehst«, informiere ich ihn probehalber. Mo kaut nervös auf seiner Unterlippe herum.

»Ich weiß noch nicht, ob ich Frauen auch mag«, sagt er schließlich. Ich nicke. Wie bei mir, nur andersrum. Manu ist sehr hetero, das steht zumindest fest. So hetero, wie man nur sein kann. Ich frage mich kurz, wie er darauf reagieren wird, wenn ich irgendwann tatsächlich eine Begeisterung für einen Mann entwickeln sollte…

»Weil ich bislang erst einmal verliebt war. Also, in einen Mann«, fügt Mo hinzu.
 

Ich grinse zufrieden.
 

»Cool. Wer ist der Kerl? Kenn ich ihn?«
 

»Schon.«
 

»Ist es Marc? Der sieht ja schon ziemlich gut aus. Oder irgendwas ganz Abgefahrenes? Euer Postbote womöglich? Oder was Geheimes? Dein ehemaliger Deutschlehrer?«
 

Mo schnaubt entrüstet und ich glaube, ich habe mit meinen wilden Vermutungen die angespannte Atmosphäre etwas aufgelockert. Helau!

»Also, es ist schon geheim. Aber nicht auf dieser Deutschlehrer-Ebene«, erklärt Mo und ich beobachte, wie er erneut seinen Kopf einzieht. Vielleicht kaufe ich ihm eine kleine Stoffschildkröte, wenn wir wieder daheim sind. Ich schiebe mir meine allerletzte Ravioli in den Mund und bedauere, dass die Dose schon leer ist. Aber ich glaube, ich habe noch eine Packung Salzstangen hinten in meiner Reisetasche…
 

»Nun rück schon raus!«, quengele ich und denke darüber nach, wie ich meine leere Dose am besten entsorgen kann, ohne Tomatensoße überall im Auto zu verteilen.
 

»Versprich mir, dass du nicht aus dem fahrenden Wagen springst«, verlangt Mo. Ach herrje! Wie schlimm kann die Enthüllung denn sein?

»Versprochen«, entgegne ich und lege mir zur Untermalung meiner Worte die Hand aufs Herz, was Mos Mundwinkel zum Zucken bringt.

»Ok…«, murmelt Mo und holt tief Luft.
 

»Also, wer ist er?«
 

Ich halte auf keinen Fall vor Aufregung die Luft an. Würd ich nie tun.
 

»Du.«

Freudige Aussichten

Ich springe nicht aus dem fahrenden Auto. Aber ich lasse die Dose fallen und saue meine Hose und einen Teil des Beifahrersitzes mit Tomatensoße ein.

»Shit, Shit«, rufe ich erschrocken und sammele die Dose vom Boden auf, um sie kurzerhand in eine leere Plastiktüte zu stopfen, wo sie nicht noch mehr Schaden anrichten kann. Dann krame ich mit hämmerndem Herzen nach Tempos, um meine Hose und den Sitz halbwegs sauber zu bekommen. Ach du Scheiße. Das macht alles, was ich jemals über Mo gedacht und zu ihm gesagt habe noch tausend Mal schlimmer. Aber Oli, flüstert eine Stimme in mir, wieso wundert dich das überhaupt? Wenn du der einzige Mensch bist, zu dem Mo indirekt dauernd Kontakt hat, abgesehen von seinem Bruder, in wen sollte er sich dann sonst verlieben?
 

»Ich zahle die Reinigung«, wimmere ich kläglich und betrachte die rote Katastrophe. Es sieht aus, als wäre ich auf dem Beifahrersitz in einen Kampf um mein Leben verwickelt gewesen.

»Ich bin Millionär«, erinnert Mo mich mit matter Stimme und ich mache ein undeutliches Geräusch, das Verzweiflung bei gleichzeitigem Amüsement ausdrücken könnte. Ich bin mir selber nicht sicher. Mein Herz sprengt eventuell gleich meinen Brustkorb und es ist plötzlich schwer zu atmen. Mir hat noch nie jemand eine Liebeserklärung gemacht. Man hat sich irgendwie drauf geeinigt, dass man sich gegenseitig gut findet und dann hatte man das, was allgemein als Beziehung anerkannt ist und dann hat man sich natürlich auch mal Dinge gesagt wie ‚Ich liebe dich‘, auch wenn sie vielleicht nicht so gemeint waren – einfach, weil man nicht wirklich wusste, was diese Worte überhaupt bedeuten und weil es dazu gehört.
 

»Tut mir Leid?«, sagt Mo unsicher und ich hebe den Kopf, um ihn anzuschauen. Diesmal bin ich garantiert genauso rot im Gesicht wie er und ich weiß nicht, was ich sagen soll, also wedele ich ein wenig mit den Händen in der Luft herum, um Mo irgendwie klar zu machen, dass er sich nicht bei mir entschuldigen muss. Mo lächelt ein kleines bisschen angesichts meiner Unbeholfenheit und räuspert sich.

»Möchtest du sonst noch was wissen?«, erkundigt er sich. Ich bin sehr dankbar für den gebotenen Fluchtweg und bis zur nächsten Raststätte löchere ich Mo mit Fragen über seine Lieblingstiere, seine Meinung zu neonfarbenen Klamotten, seine politische Gesinnung und seine Bereitschaft, in Zukunft mit mir ein paar Runden Mario Kart zu spielen.
 

Ich besorge diesmal Essen für uns beide, während Mo aufs Klo geht, damit die Chancen minimiert werden, dass wir jemand Nettes treffen, der morgen tot sein könnte. Wir essen schlechten Kartoffelsalat mit Bockwürstchen und Ketchup und vertreten uns eine Weile lang die Beine in der traurigen Landschaft rund um den Rastplatz. Es wird immer kälter und vielleicht fängt es bald an zu schneien. Das wäre auf jeden Fall besser als Nieselregen, Nebel und diese scheußlich feuchte Luft. Sommer, wo bist du? Komm zurück zu mir!

»Willst du dich zum Sommersemester an Unis bewerben?«, fragt Mo mich, während wir durch matschige Blätter stapfen.
 

»Weiß nicht. Ich muss erst mal schauen, an welchen Unis man ab dem Sommersemester studieren kann. Aber vielleicht warte ich auch noch und jobbe ein bisschen, bevor es losgeht. Jetzt, wo ich meinen Eltern gesagt hab, dass ich einen Plan habe, werden sie mich wohl in Ruhe lassen«, gebe ich zurück und hebe einen Ast auf, um damit auf dem Boden vor uns herum zu stochern.

»Und wie weit willst du weg?«, fragt Mo weiter und mustert mich von der Seite. Ich spüre, wie mir die Hitze erneut ins Gesicht steigt, als mir klar wird, wieso Mo das fragt. Ich hüstele leise vor mich hin.

»Keine Ahnung. Ich würd schon lieber hier irgendwo in der Nähe bleiben. Aber mit meinem verkorksten Abischnitt muss ich zusehen, welche Uni mich überhaupt nehmen will«, antworte ich schulterzuckend. Oh Gott, ich plane meine Zukunft. Wer hätte je gedacht, dass ich das tatsächlich mal tun würde.
 

»Ich glaub, der NC für Informatik ist nicht so hoch«, meint Mo und beobachtet, wie ich formlose Kringel in den Matsch male.

»Irgendwer wird mich mit meinem Dreier-Abi schon nehmen«, sage ich zuversichtlich und schleudere den Stock zwischen die Bäume.

»Wie ist es eigentlich ohne Manu im Kopf?«, will ich wissen, während wir uns langsam auf den Weg zurück zum Auto machen. Das Wetter lädt nicht wirklich zu ausgedehnten Spaziergängen ein. Mir graut es schon, noch eine Nacht im Wagen zu schlafen, aber Mo braucht eine Pause vom Fahren und ich denke mal, dass dieser Rastplatz wohl unsere Nachtstätte werden wird. Vielleicht kaufe ich mir gleich noch eine wässrige, heiße Schokolade.
 

»Sehr ungewohnt. Ziemlich still. Aber eigentlich nicht übel«, sagt Mo nachdenklich und sieht aus, als würde er in sich hinein lauschen, um bewusst zu ertasten, wie sich seine eigenen Gedanken ohne die von Manu anfühlen.

»Wer weiß, wenn er nach Berlin oder Hamburg oder so gehen will, um seinen Master zu machen, dann sind wir ja vielleicht bald dauerhaft getrennt voneinander. Dann muss ich mich dran gewöhnen«, sagt Mo. Ob er Angst davor hat, dass Manu weggeht? Vermutlich. Ich hätte echt Schiss an seiner Stelle.

»Andererseits kannst du dann so viele Pornos schauen und Sex haben, wie du willst, ohne dass du dich beobachtet fühlen musst«, gebe ich zu bedenken und Mo hüstelt leise und fährt sich verlegen mit der Hand übers Gesicht.
 

»Das ist eine Art, die Dinge zu betrachten«, sagt Mo matt und ich gluckse heiter. Ich schaue Mo von der Seite an. Im Gegensatz zu mir sieht er wirklich alles andere als gewöhnlich aus. Ich bin ein grauer, unscheinbarer Herbsttag und Mo ist… wirklich ein hübscher Kerl.

»Ich dachte immer, dass du mich auch nicht leiden kannst«, erkläre ich aus heiterem Himmel heraus und Mo dreht den Kopf zu mir herum. Es wird schon wieder dunkel, dabei ist es erst Nachmittag. Argh, Winter und Herbst sind so scheußlich!

»Selbstschutz, denk ich«, meint Mo peinlich berührt und ich nicke. Das verstehe ich. Immerhin war ich ein Arsch. Einem Arsch gegenüber will man schließlich nicht zugeben, dass man ihn mag.
 

»Hast du…«, ich breche ab und fahre mir verlegen durch die Haare. Mein Herz hämmert schon wieder. Was für eine blöde Idee, Oli. Manchmal solltest du einfach die Schnauze halten, oder zumindest erst denken, bevor du was sagst.

»Hab ich was?«, will Mo wissen, als wir das Auto wieder erreichen. Ich trete gegen einen Stein und betrachte den Boden ausgesprochen interessiert.

»Schon gut. War ‘ne blöde Frage«, sage ich hastig und fange an im Auto nach meinem Geldbeutel zu wühlen, in der Hoffnung, dass Mo nicht weiter nachfragt.
 

»Sag schon«, sagt Mo und stupst meinen Schuh mit seinem an. Wieso musste das passieren, dass ich erst meine sexuelle Orientierung überdenke und dann anfange, Mo gut zu finden? Innerhalb weniger Tage! Das ist doch ungerecht!

»Nein, nein. Wirklich. Es war blöd!«
 

»Ich musste vorhin auch blöde Sachen sagen!«
 

Touché. Ich fluche unterdrückt, stopfe mein Portemonnaie in meine Jackentasche und tauche wieder aus dem Auto auf. Mit flammenden Ohren sehe ich Mo an und versuche nicht auf seinen Mund zu starren.

»Hast du schon mal wen geküsst?«

Mo blinzelt.
 

»Nein.«
 

»Würdest du gern mal wen küssen?«
 

»Kommt drauf an, wen.«
 

Ich schlucke. Mo und ich starren uns einige Sekunden lang schweigend an, dann haue ich Mo auf die Schulter und sage viel zu überschwänglich:

»Ok, alles klar! Ich hol mir mal ‘ne heiße Schokolade!«

Ganz groß, Oli. Du bist wirklich, ganz eindeutig, der größte Besen, den die Welt jemals gesehen hat. Mist. Ich hätte mir auch genauso gut ein Schild umhängen können, auf dem steht: »Ich bin schon neugierig, was diese neuste Entwicklung meiner Interessen angeht und außerdem siehst du ziemlich gut aus und ich denke darüber nach, wie es wäre, dich zu küssen. Haha.«
 

Die Schokolade schmeckt scheußlich und Mo und ich verbringen den Rest des Nachmittags mit Lesen, Radio hören und »Ich sehe was, was du nicht siehst«-Spielen, was auf diesem tristen und grauen Rastplatz nicht sonderlich fruchtbar ist.

»Wenn wir jetzt schon versuchen zu schlafen und dann früh wieder aufwachen, können wir einfach früher losfahren«, sagt Mo nachdenklich und wirft einen Blick aus dem Autofenster. Dieser Rastplatz hat viel an uns verdient, dafür, dass das Essen und die heiße Schokolade so mies sind.

»Ich glaube, ich sterbe, wenn ich noch ein paar Stunden auf dieser Rückbank schlafen muss«, klage ich weinerlich und folge Mos Blick.
 

»Der Himmel ist nicht mehr bewölkt!«, rufe ich begeistert und springe im nächsten Moment aus dem Auto, als hätte ich noch nie etwas Besseres gesehen als die fünf Sterne, die man von hier aus erahnen kann. Mo folgt mir fröstelnd.

»Ich weiß was Besseres als Schlafen«, sage ich enthusiastisch und zerre die Wolldecke und den Schlafsack aus dem Wagen heraus. Mo blinzelt verwirrt und beobachtet, wie ich auf die Motorhaube klettere.

»Los, komm hoch!«, sage ich und klopfe neben mich. Mo sieht aus, als wäre er sich nicht sicher, ob ich wahnsinnig geworden bin. Aber schließlich folgt er meiner Aufforderung und wir wickeln uns in die Decke und den Schlafsack und ich starre zufrieden hoch in den klaren Nachthimmel. Es ist schweinekalt und ich habe eindeutig schon beeindruckendere Ausblicke gehabt, aber in diesem Moment ist es das allerbeste, den sichelförmigen Mond und ein paar Sterne sehen zu können.
 

»Was wirst du als erstes machen, wenn wir wieder zu Hause sind?«, will Mo wissen. Wir sitzen sehr dicht beieinander, weil wir mittlerweile gelernt haben, dass es zu zweit unter zwei Decken wärmer ist als allein unter einer. Meine Schulter schmiegt sich dicht an Mos Oberarm und ich spüre deutlich seine Körperwärme im starken Kontrast zum kalten Metall der Motorhaube unter uns.

»Heiß duschen. Und dann lege ich mich für fünf Tage in mein gemütliches Bett und male mir in allen Einzelheiten aus, wie ich mich an Manu rächen könnte«, gebe ich zurück und Mo gluckst leise.

»Klingt nach einem guten Plan«, meint er.
 

»Und du?«, gebe ich gespannt zurück und versuche, irgendein Sternbild zu erkennen, aber meistens finde ich nur den Gürtel von Herkules und den kleinen Wagen. Ein Trauerspiel.

»Duschen klingt super. Und was richtig Gutes essen wäre auch gut. Und ansonsten freue ich mich schon drauf, mit dir Mario Kart zu spielen«, sagt Mo und beim letzten Teil des Satzes klingt seine Stimme sehr unsicher, als wüsste er nicht genau, ob die Sachen, die wir auf dieser kleinen Reise beredet haben, noch gelten, sobald wir wieder zu Hause ankommen. Ich grinse breit und drehe ihm meinen Kopf zu.

»Warte nur, ich werd dich ordentlich abzocken!«, entgegne ich und ich sehe die Erleichterung auf Mos Gesicht.
 

»Und… ähm…«, setzt er erneut an und es ist zwar ziemlich dunkel – trotz der dreckigen Straßenlaternen, die auf dem Parkplatz verteilt stehen – aber ich sehe, wie Mo ein weiteres Mal knallrot anläuft. »War das mit dem Küssen vorhin eigentlich ein indirektes Angebot?«

Mein Herz stolpert und meine Handinnenflächen werden feucht. Oh Shit.

»Oh… äh… weiß nicht? Willst du? Also, ich meine… Ach, scheiße!«, stammele ich vor mich her und beschließe auf halbem Weg meiner peinlichen Pseudoantwort, dass jetzt schon so viel passiert ist in den letzten Tagen, dass ich auch aufs Ganze gehen kann. Also beuge ich mich vor und drücke meine Lippen auf Mos Mund.
 

Der Winkel ist eher ungünstig und Mo macht ein absolut witziges, überraschtes und leicht panisches Geräusch, was mich dazu bringt, gegen seine Lippen zu kichern, während mein Herz eindeutig ein kleines bisschen explodiert.

»Ok, das kann ich besser«, nuschele ich einen halben Zentimeter von seinem Mund entfernt. Mo sagt nichts, sondern gibt lediglich einen krächzenden Laut von sich. Ich hole einmal tief Luft, rutsche ein wenig auf der Motorhaube herum und lege meinen Kopf schief, um Mo diesmal richtig zu küssen.
 

Sein Mund ist weich und nachgiebig und ich ziehe meine Hände aus unserer Deckenhöhle hervor, um Mos Gesicht anzufassen und diesmal gibt er ein Geräusch von sich, das in meinem Magen ein Feuerwerk auslöst. Oh Gott. Ich bewege meine Lippen tastend gegen seine und nach einigen Schrecksekunden erwidert Mo den Kuss. Es ist ein unbeholfener, vorsichtiger Kuss, aber heilige Scheiße, wird mir heiß dabei. Als wir uns voneinander lösen und ich Mo anschaue, sehen seine Augen glasig aus und sein Mund steht leicht offen.

»Ok«, sage ich heiser und lasse meine Hände sinken. »Damit ist es bewiesen. Ich finde Männer auch gut.«

Mo lacht nervös und berührt mit zwei Fingern seine Lippen, als könnte er es noch gar nicht fassen.
 

»Wäre das also was, was du noch mal machen würdest?«, fragt Mo und mein Herz schlägt einen Salto.
 

»Definitiv«, gebe ich zurück und grinse schief. Mo lächelt ganz klein und ich kann nicht so richtig fassen, was mit meinem Leben passiert ist. Wow.
 

»Dann… freu ich mich da auch drauf. Wahrscheinlich noch mehr als auf Mario Kart.«
 

Ich muss lachen und boxe ihm gegen die Schulter. Dann schaue ich wieder hoch in den Himmel. Aber Mo hat durchaus Recht. Es ist absolut unerwartet, aber jetzt, wo es passiert ist, freue ich mich darauf auch am allermeisten.



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Kommentare zu dieser Fanfic (33)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  aschenneller
2014-11-17T12:18:21+00:00 17.11.2014 13:18
Einfach nur toll!!!! Hätte gerne noch mehr von Oli und Mo gelesen!!! ;)
Alles Liebe
Christina
Von:  jaiko
2014-06-25T10:28:49+00:00 25.06.2014 12:28
Ich habe in der Nacht wertvolle Stunden meines Schlafes dafür geopfert, weil ich nicht aufhören konnte zu lesen.

Die Geschichte ist einfach wunderbar!
Ich habe zunächst gedacht, dass Mo eventuell eine Art Autist sein könnte. Ich war doch sehr überrascht, was dann der tatsächliche Grund für sein zurückhaltendes Verhalten war, was dann doch wieder Sinn ergeben hat, da der Manu ja auch eine 'Superkraft' besitzt.

Zugegeben, ich war erst etwas skeptisch, was die Telepathie-Nummer angeht, aber es war auch das, was mich letztendlich dazu bewegt hat, die Geschichte zu lesen.
Was mir eventuell gefehlt hat, wäre wieso Manu und Mo diese Kräfte haben und sonst scheinbar kein anderer.
Sonst hast du es gut gemacht und du hast mich auch vollkommen überzeugt, dass die Zwillings-Telepathie nicht nur ein einfaches Klischee ist. Besonders mochte ich den Witz daran, als Mo Manu die Nachricht von Oli 'geschickt' hat und vor allem wie du das mit eingebracht hast, dass Moritz so viel von Oli weiß und Oli nichts über Moritz.

Was mich noch neugierig gemacht hat, war in wie weit Manu den Oli in manchen Sachen angelogen hat. Ihre Freundschaft und das Vertrauen, das Oli in Manu hat, hat sich dadurch sicher verändert. Generell die Geschichte mit den Geheimnissen, die durch Manu auch Mo weiß und die Beziehungen unter den dreien ist sehr spannend.

Ich habe es sehr genossen, deine Geschichte zu lesen, auch weil ich mich in gewisser Hinsicht mit beiden Jungs identifizieren konnte.

Danke dir, für ein ganz spezielles, aufregendes und Herz erwärmendes Leseerlebnis. :)

Von:  MaiRaike
2014-05-02T21:28:51+00:00 02.05.2014 23:28
Oooooh!!!

Ich habe diese Geschichte gerade erst entdeckt. Wie Schokoladeneis-mit-bunten -Streuseln-Toll!!!
Ich habe mich in die Beiden verliebt und bin sehr trauig, dass die Geschichte schon zu Ende ist. Aber das Ende ist wunderschön, das versöhnt mich ein wenig...

Danke für die vielen tollen Geschichten an denen du uns teilhaben lässt!
Von:  Deedochan
2014-02-26T22:42:38+00:00 26.02.2014 23:42
Awwwwww! <3 <3 <3
Ich bin auch verliebt :P Ganz schrecklich! Und zwar in beide und die Geschichte! Schade, dass sie hier schon zu Ende ist =( Ich würde gerne mehr über die beiden lesen.

Danke auf alle Fälle! :D

glg
Deedochan
Von:  minyard
2014-02-21T18:13:38+00:00 21.02.2014 19:13
Irgendwie habe ich durch Animexx' tolle (*hust*) neue persönliche Startseite das neue Kapitel verpasst. Aber da ich's nicht abwarten konnte, dachte ich mir heute, ich schaue mal auf deinem Profil / in deinen Fanfictions nach - und siehe da: Ein neues, letztes (; _ ;) Kapitel. (Ich will auch Mario Kart und andere Dinge... auf die Mo sich noch mehr freut. *grinsgrins*)

Eigentlich wollte ich nur kurz eine Liebeserklärung an Mo dalassen. Aber dann fand ich das irgendwie Oli gegenüber ungerecht, weil ich ihn auch wirklich ganz großartig finde - und mich so wunderbar mit ihm identifizieren kann. <3 Also ist das hier eine Liebeserklärung an alle beide (am liebsten hab' ich sie natürlich zusammen).
Und eine Liebeserklärung an dich, weil du dir da mal wieder was ganz Wunderbares ausgedacht hast. (Vor allem mit dem kleinen Touch Fantasy, ganz toll!) Und wegen all der tollen Bauchkribbel- und Spannungsgefühle. Und wegen des tollen Endes. (Und ich wäre wirklich neugierig, wie Manu auf diese ganz neuen Entwicklungen reagiert, vielleicht kannst du das in die Mario Kart-Geschichte einbauen? :'D)
Jedenfalls fühle ich mich jetzt wieder ganz flauschig und zuckerwattrig und warte sehnsuchtsvoll auf mehr Geschichten von dir.
<3

Deine minyard
Von: abgemeldet
2014-02-16T15:43:10+00:00 16.02.2014 16:43
Uh, während ich Klausuren geschrieben und mich von meinen Fails diesbezüglich erholt habe, hast du schon das letzte Kapitel hochgeladen. Damn xD
Und ich glaube, viel will ich dazu auch gar nicht mehr sagen. Es ist einfach so wunder, wundervoll. Die beiden haben hier einen großartigen Abschluss mit den Küssen und man spürt regelrecht, wie bei einem selbst ebenfalls die Schmetterlinge im Bauch kribbeln. Ich grins schon wieder ganz dämlich vor mich hin :D

Ich hoffe, ich kriege irgendwann noch Mario Kart zu sehen. Ich scheine ja nicht die einzige zu sein, die darauf hofft. Bitte mit rainbow boulevard. Danach können sie sich ja gegenseitig trösten...

Zum Abschluss möchte ich nochmal danke sagen. Ehrlich. Das war mein tollstes Wichteln bisher dank dir. Ich liebe die Geschichte. Danke T__T
Von: abgemeldet
2014-02-15T21:36:17+00:00 15.02.2014 22:36
*sfz* Und schonwieder was von dir zuende.
Ich muss ehrlich sagen,als ich die Beschreibung zu "place for us" gelesen habe,war ich erst richtig skeptisch und dachte mir so:"Mh,vielleicht ist das ausnahmsweise mal nichts für dich.",ABER ich habe mich geirrt.Wie immer.
Glaub,das wurde sogar schonmal hier in nem Kommentar geschrieben..auf jeden Fall war ich nach den ersten 5 Sätzen wieder total im Geschehen drinnen (bzw. hab mich so gefühlt :P) und nach gefuhlten 5 Sekunden auch am Ende.Dabei saß ich sicher viel länger an den Kapiteln.
Besonders toll fand ich ja die Entwicklung von Mo.Zuerst fand ich den ja RICHTIG unsympathisch und dann war der aufeinmal so ein "Oh-Gott-der-ist-so-knuffig-ich-will-ihn-in-den-Arm-nehmen-und-nie-wieder-loslassen"-Charakter /D.
Whatever,ich kann eh keine vernünftige Kritik geben,war wie immer unglaublich geil.10/10 ;)
Von:  Seto
2014-02-15T20:09:05+00:00 15.02.2014 21:09
ohgottohgottohgottohgott! Ich bin verliebt in Mo!!!
Aber wieso ist es schon zu ende ;A; Ich mag noch viel mehr von den beiden süßen lesen auch wenn das Ende passend ist TAT

So eine schöne süße FF, Danke schön :)
Und ich freue mich natürlich schon auf die nächste.
Von: abgemeldet
2014-02-15T18:22:16+00:00 15.02.2014 19:22
Aaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhh!!!!

Ähm, was gibt es sonst noch zu sagen... ???? Okay, also es ist unglaublich, wie du jedes Mal die Lesenden (zumindest mich) so total schnell und komplett in die Welt deines Hauptcharakters ziehst. Ich weiß nicht, wie du es machst, aber das ist echt ein tolles Talent, bzw. eine tolle Fähigkeit :)

Ähm, und, und...die beiden sind adorable ^^ Mo ist echt lieb. Ich frage mich, ob sich jede/r das Geräusch (bzw. die Geräusche), das Mo macht anders vorstellt?? Eigentlich sollten wir es alle aufnehmen und vergleichen XD

Und natürlich: aaaaaaaaaaahhhhhhhhhh!!!

(argh, ich bin so unglaublich awkward...)
Von:  SessyFuchs
2014-02-15T18:14:56+00:00 15.02.2014 19:14
Olli kann nicht essen. In jedem Kapitel kleckert er rum. Ich glaub er müsste mit einem dieser Plastiklätzchen mit Auffangschale rumlaufen. Nun ja, die Ravioli kann man ja verstehen, die hat er aus schock fallen gelassen, aber er kann eindeutig auch ohne Schock nicht essen.

Aber aber aber awwwww *-*Dieser Kuss oder besser gesagt die Küsse (weil der erste ja nicht sonderlich gut geklappt hat)
Das ist so verdammt niedlich und ich quietsche schon wieder wie eine rostige Türangel.


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