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Assoziatives Schreiben

à ma manière
von

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Satz 17: Geräusch

Geräusch
 

Am Morgen, jedesmal, weckte mich ein sonderbarer Lärm, halb Industrie, halb Musik, ein Geräusch, das ich mir nicht erklären konnte, nicht laut, aber rasend wie Grillen, metallisch, monoton, es mußte eine Mechanik sein, aber ich erriet sie nicht, und später, wenn wir zum Frühstück ins Dorf gingen, war es verstummt, nichts zu sehen.

Immer wieder gab es Phasen meines Lebens in denen ich versuchte, mich mit dieser seltsamen Begebenheit zu beschäftigen, herauszufinden, was es damit auf sich hatte, doch mein Engagement trug keine Früchte. So wurde es Teil meines Lebens. Gehört einfach dazu, wie das tägliche Waschen oder das Abendessen.

Auch nach meinem Umzug in die Stadt konnte ich es weiterhin jeden Morgen hören, bevor der Lärm alles andere überdeckte, bevor meine Gedanken zu Wichtigerem abschweiften.

Ich sprach nie darüber, zuerst aus Angst, man könnte mich für verrückt halten, später aus Gleichgültigkeit.

Wichtigere Dinge erforderten meine Aufmerksamkeit. Zuerst war es die Schule, später das Studium, dann war es die Arbeit. Zu tun gab es immer genug.
 

Bis zu dem einen Tag, an dem das Geräusch verstummte.
 

Ich wurde nicht vorgewarnt, es kam einfach so, ohne, dass ich es hätte beeinflussen können. Vollkommen meiner Einwrikung entzogen, tat das Schicksal das, was es tun musste.
 

Der Tag begann mit einem Spaziergang. Nicht, dass ich dies aus Jux und Tollerei getan hätte, aber die Kinder und der Hund brauchten Bewegung, meine Frau wollte mit unseren Söhnen Kastanien sammeln gehen. Die herbstliche Luft war durchdrungen von Sonnenstrahlen, die einen kitzelten, aber die Luft nicht mehr zu erhitzen vermochten.

Und so lies ich mich schnell überreden aus der Stadt zu fahren, in die Natur einzutauchen. Es wäre gelogen, wenn ich behauptet hätte, ich hätte es nur für die Kinder getan.

Bald waren die geflochtenen Körbe randvoll mit braunen Kastanien und den letzten Blumen, die noch schnell vor Einbrauch des Winters geblüht hatten. Ich hatte die Ahnung, dass ich das Gesammelte schon bald als geschmackvolle Dekoration in der Wohnung vorfinden würde. Doch dazu sollte es niemals kommen.
 

Nebel zog auf, es wurde kalt und unangenehm feucht. Zeit, den Heimweg anzutreten, die Kinder nachhause zu bringen, ihnen eine Tasse Heiße Schokolade zu machen und das Abendessen vorzubereiten.
 

Es war ein LKW, der diese Pläne durchkreuzte indem er im aufkommenden Nebel die Leitplanke durchbrach, sich querstellte und so drei Menschen in den Tod riss, einen verstümmelte und vier weitere schwer verletzte.
 

Ich war alleine, als ich wieder zu mir kam. Ich lebte, doch es war alles still. Kein Geräusch. Und auf einmal wusste ich, warum kein Ton an mein Ohr drang. Mein Herz war verstummt.



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