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Clouds darken the sky

Zwischen den Fronten
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Harleydays

"Willkommen zu den Harleydays! Laute Motoren, heiße Maschinen and a lot of fun! Was ihr hier zu sehen bekommt, ist einmalig! Besucht sie, besucht uns hier in..."
 

Gelangweilt schaltete er durch die unzähligen Fernsehsendungen und hoffte darauf, nicht doch irgendwann an dieser Eintönigkeit zu sterben. Wie er solche Tage hasste. Tage, an denen wirklich gar nichts passierte, hier im Anwesen.

Und das war oft der Fall - wenn er es genau nahm, dann hasste er jeden Tag.

Wirklich jeden, denn sie waren alle gleich gestrickt.

Sein Leben wurde von Regeln, Vorschriften und Pflichten bestimmt, denen er nicht zu entkommen wagte.

Ein solcher Versuch würde ihm nur noch mehr Ärger einhandeln und ihn noch mehr in seinen so oder so schon beschränkten Möglichkeiten einzwängen. Nein, das wollte er dann doch nicht riskieren - auch wenn er allen Grund dazu hatte.
 

Roxas war wirklich der Typ Mensch, den man als "Gefangener" abstempeln konnte.

Er war fast nie draußen, obwohl er es gerne wäre. Er wäre gerne in den Wäldern oder in der Stadt.

Er würde gerne etwas erleben und mit Freunden durch die Straßen ziehen. Doch er durfte nicht.

Zumal hatte er auch gar keine Freunde. Jedenfalls nicht in seinem Alter.

Seine Eltern erlaubten es einfach nicht. Zu behütet war er aufgewachsen; demnach hatte er kaum Vertrauen in sich selbst; gerade weil ihm alles, was eine Gefahr darstellen könnte, verboten wurde.

So auch das Ausgehen in die Stadt oder Unternehmungen alleine... selbst der Umgang mit Anderen die sein Alter hatten, war in den Augen seiner Mutter eine "Gefahr für seine Erziehung".
 

Immer war Jemand dort, der auf ihn aufpaßte, immer da war und... ihn nervte.

Ja, mittlerweile nervte es ihn gewaltig, das man ihm immer alles hinterher räumte, obwohl er das doch auch selbst machen konnte. Er war schließlich schon 15 Jahre alt.

Doch selbst das durfte er nicht. Roxas könnte sich ja "die Hände schmutzig machen".

Für solche Aufgaben gab es doch Personal... Als wenn ihn ein wenig Dreck an den Händen umbringen würde...!
 

Ein tiefer Seufzer entfleuchte ihm, während er die Fernbedienung nahm und die Reportage über Motorräder aus schaltete, um sich nach hinten auf das Ledersofa in seinem Zimmer fallen zu lassen. Schlaf wäre jetzt echt nicht schlecht... dann wäre der Tag wenigstens schneller vorbei und er könnte sich vor de-

An seiner Zimmertür klopfte es.

Grummeld lugte Roxas über die Lehne.
 

"Herein!" knurrte er, nach einer kurzen Pause schwang die Tür vorsichtig auf.
 

"Roxas? Deine Aufgaben warten..."

Eine junge Dame betrat galant das Zimmer, mit einer schwarzen Tasche in der Hand. Sie war blauäugig und langes, weiß blondes Haar schenkte ihr zusammen mit ihrem blassen Teint, ein zerbrechliches Äußeres. Roxas seufzte und versuchte seine schlechte Laune mit einem ansatzweisem Lächeln zu überspielen - seine Aupair konnte schließlich nichts für seine Lage. Im Gegenteil, sie war die Einzige, der er hier vertrauen konnte.
 

"Marianne... muß das sein? Kannst du einmal deine Pflicht nicht ganz so ernst nehmen?" fragte der Blonde dennoch ein wenig genervt nach, richtete sich auf und wartete bis sie das große Zimmer durchquert hatte.
 

"Nun ja... ich kann deinen Eltern schlecht den Gehorsam verweigern..."

Das Mädchen mit Namen Marianne kam nun leichtfüßig um das Sofa getapst und lächelte ihn an entschuldigend an.
 

Es stimmte.

Roxas kam aus gutem Hause - und aus einem wirklich gutem.

Schon von klein auf hatte er alles, wofür andere ihr Leben lang schuften mußten und Marianne war sein Kindermädchen.
 

Oft hätte er darauf verzichten können. Anfangs, in seinen ersten Lebensjahren, war es einfach nur göttlich, alles zu bekommen was man wollte. Ein großes Zimmer, haufenweise Spielzeug und Süßigkeiten, Klamotten, et cetera pp... doch nun wünschte er sich immer öfter, ein normales Leben zu führen.

Eine stink normale Wohnung zum Beispiel.

Schon oft hörte er seine Mutter schimpfen, wenn sie durch die Straßen gefahren wurden.

"Dieses Viertel ist so widerlich... sieh dir nur diese Wohnungen an, Schatz! Sei froh, das du nie in einem solchem Loch leben mußt!" waren ihre Worte. Dabei empfand ihr Junge es gar nicht als "Loch".

Es war ein ganz normales, durchschnittliches Wohnviertel, das sie ab und zu durchquerten.

Aber seine Eltern fanden sowieso alles, was nicht mindestens ihren Stand hatte, als minderbemittelt oder widerlich.

Sie fühlten sich als etwas Besseres und schätzten Arbeiter oder normale Leute kaum, wenn überhaupt.

Roxas wünschte sich ein einfacheres Leben.

Denn nun wurde immer mehr von ihm verlangt. Den ganzen Tag nichts weiter tun als Lernen und sich somit auf das spätere Leben vorbereiten. Wirklich, die letzten zwei Jahre tat er fast nichts anderes als lernen.

Andere gingen bei achtundzwanzig Grad im Schatten raus, an die See oder an den Eisladen in der Einkaufspassage.

Roxas mußte in seinem Zimmer hocken und lernen.

"Damit mal etwas besseres aus dir wird" tönte sein Vater jeden zweiten Abend, wenn sie miteinander telefonierten.

Seine Eltern waren meist nur für drei Monate wirklich zu Hause. Zu sehr waren sie mit ihrer Arbeit im Ausland beschäftigt um möglichst noch mehr Gewinn davon zu tragen.

Und auch deshalb wünschte er sich ein einfacheres Leben... er war allein und meist war nur Marianne bei ihm.

Ja, dieses Leben konnte man als widerlich beschreiben, nicht das normaler Leute! Diese schätzten einander noch und respektierten jemanden so, wie er war...
 

"Roxas...? Hey!"
 

Roxas schreckte aus seinen Gedanken. Marianne stand noch immer vor ihm und hielt seine schwarze Schultasche in ihren zarten Händen. Er nahm sie mit einem leisen "Danke..." und schickte Marianne fort. Sie sah noch einmal über ihre Schulter, dachte einen kurzen Augenblick daran, Roxas anzusprechen und zu fragen ob sie vielleicht etwas für ihn tun konnte, doch sie zog es lieber vor, ihn erst einmal alleine zu lassen.
 

Minuten lang starrte er an seine Zimmerdecke, welche mit hellblauen Akzenten versehen war. Wie gerne würde er jetzt hinaus gehen, den Wind auf der Haut spüren... und einfach mal etwas tun, was ihm so vehement verwehrt wurde.
 

Nie durfte er alleine das Haus verlassen. Genau genommen, hatte Roxas keinerlei Ahnung von der Welt jenseits der Mauern, die um ihr Anwesen gebaut waren. Sicher, Allgemeinbildung besaß er; aber Menschenkenntnis?

Richtige soziale Bindungen und Kontakte? Wie sollte er sich jemals dort draußen zurecht finden, wenn er nie hinaus durfte um seine eigenen Erfahrungen zu machen...?
 

Seufzend richtete sich sein Blick auf seine Schultasche. Es ist deine Pflicht! hallte es in seinem Kopf.

Roxas verzog das Gesicht.

Unbändige Wut schoss plötzlich in seine Glieder - der Junge griff sich wutentbrannt die Tasche und pfefferte sie ohne nachzudenken in die nächste Ecke - gegen eine Zierpflanze die auch sofort mit einem lautem Gepolter umfiel.

Verdattert starrte er auf sein Werk, die Wut war augenblicklich verraucht.
 

"Super gemacht, Roxy..." lobte er sich ironischer Weise selbst. Innerlich zählte er bis zehn... die Tür schwang erneut auf.

"Roxas? Was war denn das für ein Geräusch?"
 

Aufgeregt wollte Marianne schon in das Zimmer treten, doch...
 

"VERSCHWINDE AUS MEINEM ZIMMER, MARIANNE!"

Tränen standen ihm in den Augen, sein Kopf war hochrot und er zitterte. Das Dienstmädchen wich erschrocken zurück.

So hatte sie den jungen Hausherrn noch nie erlebt. "Roxas...?" brachte sie mit leiser, vorsichtiger Stimme heraus.

Angesprochener schaute zu Boden. Tränen befleckten den roten Teppich und färbten ihn dunkler, blutrot.
 

"RAUS!!" schrie er in seiner Rage, wies sie in Richtung Tür. Wenn sie jetzt nicht parierte...

Marianne starrte ihn mit geschockten Augen an. Dann nickte sie sachte und ging schnellen Schritts wieder aus dem Zimmer im ersten Stock, zurück blieb ein Haufen Elend.

Man lies ihn wieder alleine. Doch diesmal war es sein Wunsch gewesen. Noch immer am gesamten Körper zitternd sackte Roxas auf dem Sofa zusammen, lies seinen Tränen freien Lauf. Es war einfach nicht gerecht...

Es wollte kein Ende nehmen. Immer wieder mußte er an sein verhaßtes Leben denken.

Wie sie ihn alle verhätschelten, bloß weil sie ihn verloren hatten...
 

Apathisch zu Boden blickend griff Roxas neben die rechte Lehne. Dort stand ein Bilderrahmen, der Einzige in diesem Zimmer. Langsam und stockend führte er sich dieses alte Foto vor Augen. Auf diesem war er mit seinen Eltern. Damals war er fünf Jahre alt gewesen. Ein Junge hatte einen Arm um ihn gelegt. Lächelnd.

Es war sein Bruder, der vor sechs Jahren fort gegangen war. Warum wußten seine Eltern bis heute nicht.

Doch Roxas wußte es. Und es würde sein Geheimnis bleiben. Sollten seine Eltern doch im dunklen tappen! Sein Bruder war alles für ihn gewesen, und darum...
 

Nun befleckten seine Tränen auch das milchige Glas des Bilderrahmens. Wenn Roxas so darüber nachdachte... eigentlich war sein Bruder Schuld daran das er so behandelt wurde, wie er nie behandelt werden wollte - wie etwas Besseres.

Seine Eltern kümmerten sich umso mehr um ihn, als ihr ältester Sohn verschwand, einfach davon lief.

Und gerade das war der Fehler...
 

Sein Innerstes zeriss an den Schmerzen der Vergangenheit, an dieser Nacht die sein Leben so gravierend ändern sollte.

Immer wieder hallten diese kalten Worte in seinen Ohren wieder, diese Worte, welche seinem Bruder gehörten:
 

Ich hasse euch! Euch alle! Verreckt doch!
 

Er nahm sich das Messer. Seine Mutter flehte, schrie ihn an, er solle das nicht tun. Das Weiß wurde in Rot getaucht.

Tränen mischten sich mit Blut... ein letzter, trauriger und doch haßerfüllter Blick auf ihn, Roxas... er sprang aus dem Fenster, war fort und mit ihm die Hoffnung auf Freiheit in seinem Leben...
 

Es lag mehr dahinter, das wußte Roxas. Seine Familie hatte so manches Geheimnis - wenn auch nur eines davon durchsickern würde, an die Öffentlichkeit kommen würde, wäre es aus.

Sein älterer Bruder hatte die Lügen nicht mehr ausgehalten, doch das war nicht alles...noch längst nicht...

"...alles..."
 

Ein letztes Mal schluchzte Roxas, ehe das Bild wieder seinen Platz einnahm. Lange besah er sich noch die Gesichter seiner "Familie". Er sah ihnen nicht ähnlich... diese Gesichter waren verlogen, falsch, täuschend.

Roxas griff wieder zur Fernbedienung und schaltete ein.
 

Noch immer lief diese Reportage über die "Harleydays" welche über das Wochenende in seiner Stadt waren.

Roxas mochte solche Gestalten nicht. Die Motoradfahrer waren ihm zu düster, die Motoren ihrer Maschinen zu laut.

Und doch weckten diese Bilder sein Interesse. Motorräder hatten ihn nie begeistert.
 

Doch eines viel ihm sofort ins Auge.

Wie farbenfroh eine solche Maschine sein konnte, merkte Roxas erst jetzt. Der Reporter stellte gerade ein solches Modell vor. Eines, das Roxas wirklich gefiel.
 

Es war rot, doch wenn man genau hinsah, erkannte man das der Lack in der Sonne glitzerte, sich wie tausend Kristalle in der Sonne brach und dem eigentlichem Rot einen Schimmer von orange und gelb verpaßte, je nach dem wie die Sonne stand. Der Besitzer erklärte gerade, das dies eine Sonderanfertigung war, eine Rarärität.

Und wie stolz er auf sein Leben als Motorradfahrer war.

Gebannt starrte der Junge auf das Motorrad in Hintergrund, auf den Teil einer Welt, die er nie zu Gesicht bekam und nie zu Gesicht bekommen würde.
 

"Es ist wunderschön..."
 

Nichts hörte er, sah nur noch die in der Sonne glänzenden, chromfarbenden Teile, den zum Sitz hin verjüngten Tank... und das Logo.
 

"Harley Davidson..."
 

Seine Laune war mit einem Schlag nicht mehr auf dem Nullpunkt. Roxas' Herz raste, wenn er daran dachte, ein Motorrad aus der Nähe zu sehen... auch das hatte er noch nie. Er wußte nicht, wie groß diese Fortbewegungsmittel waren oder wie sie überhaupt aussahen, wie viele verschiedene Arten es gab...
 

Überlegend schluckte er.

Sollte er es wirklich wagen und zu dieser Veranstaltung gehen...? Roxas drehte sich um und schaute auf die Uhr - es war halb zwei. Einandhalb Stunden hatte er, bis man, regulär, wieder nach ihm sah. Doch es würde ein schweres Unterfangen werden, unentdeckt aus dem Haus zu kommen. Überall waren Kameras, auch in seinem Zimmer. Zu einer blickte er hoch, sah wie sich das Objektiv drehte, näher heran zoomte. Sicherheitsleute waren wirklich neugierig...

Sich wegdrehend dachte er nach.

Weitere fünf Minuten strichen dahin, und er kam schließlich zu dem Schluß, das es egal war ob er gesehen wurde oder nicht - er hätte wenigstens die Welt dort draußen gesehen!
 

Der Junge stand auf, tappte zur Balkontür. Draußen angekommen sah er sich genau um. Vor seinem Fenster stand eine Zierkirsche, die gerade in voller Blüte stand. Wenn Roxas es richtig anstellte, dann könnte er...

Noch einmal atmete der Blonde tief ein und aus. Kurz verschwand er wieder in seinem Zimmer, um einen kleinen Rucksack zu holen. Schnell sammelte er ein paar Dinge zusammen - nicht zuletzt den Schlüssel für das Außentor, den er sich durch einen kleinen Trick hatte machen lassen. Als er den kleinen Silbernen ins Licht hielt mußte er schmunzeln - irgendwann war es soweit und heute war der Tag gekommen, an dem dieser Schlüssel zum Einsatz kam!

Roxas hatte ihn im "toten Winkel" seines Zimmers versteckt - ein Ort, den die Kameras nicht erreichten und somit wußte noch keiner, das Roxas einen solchen Schlüssel besaß.
 

"Spätestens wenn ich aus dem Tor raus bin, wissen sie es..."

Ein letzter Blick galt der Kamera, dann stürzte Roxas zum Balkon, hielt sofort nach einem geeigneten Ast ausschau, um nach unten zu gelangen - dort, wo ihn nur noch Mauern von der Freiheit trennten.
 


 

AN: So, das erste Kapitel von Clouds darken the sky liegt jetzt hinter euch. Ich hoffe, es hat euch gefallen und neugierig gemacht!

Ja, viel zu sagen habe ich eigentlich nicht...^^ Viel Spaß beim Weiterlesen vielleicht noch xD

Also dann, bis zum nächsten Kapitel!

Escape to freedom

Sein Körper zitterte.

"Was hab ich mir dabei nur gedacht? Ich bin doch nicht Schwindelfrei..." Kreideweiß war er geworden, als er sich auf das Geländer seines Balkons gewagt hatte, um an einen nahe liegenden Ast der Zierkirsche zu kommen. Roxas hatte unwillkürlich nach unten gesehen.

Sicher, es war "nur" der erste Stock - aber trotzdem verdammt hoch, mindestens vier, vielleicht fünf Meter.

Roxas wollte schon kehrt machen und die ganze Sache in den Wind schießen. Aber seine Beine wollten weder rückwärts noch vorwärts gehen. Die Lage in der er sich befand, war wirklich nicht gerade die rosigste und wenn man wie er unter Höhenangst litt, erst recht nicht. Entweder machte er kehrt oder aber er nahm sich (s)ein Herz - welches inzwischen in die Weiten seiner Hose gerutscht war - und wagte einen kleinen Satz nach vorne um den Ast zu erwischen.

"Ooohh...ich bin so blöd..." wimmerte Roxas schon fast, schielte noch einmal nach unten.
 

Plötzlich erfüllte lautes Gebell die Stille im Vorgarten - die Wachhunde.

Der Junge erschrak so dermaßen, das er vorne über kippte und drohte zu fallen.

"Uwaaah!" Mehr aus Reflex als aus einer Reaktion fuchtelte er wie wild in der Luft um irgend etwas zu erwischen, was Halt gab. In seinem Fall war es der Baum, welchen er sowieso zu fassen bekommen wollte. Die schweißgebadeten Hände hielten nun seinen Körper in der Luft - Roxas hatte es geschafft, wenn auch nicht ganz freiwillig.
 

Noch vollkommen verschreckt, gar nicht realisierend was gerade passiert war, zog er sich aufwärts; nach dem dritten Anlauf klappte es auch und er konnte sich erleichtert gegen den Stamm lehnen. Das Herz des Jungen raste noch immer, als er sich endlich umsah; das mulmige Gefühl war mit einem Mal weniger geworden, jedoch noch nicht gänzlich verschwunden. Als Roxas vorsichtig nach unten stierte, erkannte er die Übeltäter welche vor der Zierkirsche saßen und freudig mit dem Schweif wedelten.

Roxas verdrehte die Augen, lächelte dann aber. "Doge, Cooper! Ihr könnt mich doch nicht so erschrecken! Los, geht wieder in eure Hütten!" meinte Roxas, doch die beiden Huskyrüden wollten nicht hören - zu vernarrt waren sie in den jungen Hausherrn.

Dieser kannte die Beiden schon, als sie noch Welpen waren, denn es war der Wunsch von Roxas Doge und Cooper aus dem Tierheim zu holen. Zuerst war sein Vater strickt dagegen, solche "Promenadenmischungen" zu kaufen oder gar ins Haus zu lassen. Damals war es das erste Mal, das Roxas sich wirklich gegen den Willen seiner Eltern durchgesetzt hatte. Es gab einen heftigen Streit - doch der beste Beweis für den Ausgang dieses Konflikts waren die Huskys, welche nun im Garten ihr Quartier hatten...
 

Eine ganze Weile scheute der Blonde sich davor, nur einen Muskel zu bewegen. Aber bald mußte er einsehen, das er wohl oder übel von dem Baum kommen mußte; viel zu viel Zeit hatte er schon durch einfaches herum sitzen verschwendet. Eine halbe Stunde war sicherlich schon um und so blieben ihm nur noch, wenn man den Weg mit ein berechnete, 45 Minuten.

Seufzend lugte Roxas abermals nach unten, dort wo immer noch Doge und Cooper zu ihm hinauf blickten und den Kopf schief legten. "O...okay...ganz l...langsam..." mahnte er sich selbst, als Roxas sacht nach vorne rutschte. Zögerlich stellte er den ersten Fuß auf einen Ast, welcher unmittelbar unter dem war, auf dem er sich nun befand.
 

Als Roxas Halt gefunden hatte, kam der Zweite dazu.

Wenigstens war es nicht mehr ganz so hoch... Darauf bedacht, nicht einen falschen Schritt zu machen, sah er sich nach einem weiteren Ast um. Schließlich, nach geschlagenen fünf Minuten, hatte er endlich wieder festen, sichern Boden unter den noch wackligen Beinen.

Viel Zeit um sich darüber zu freuen blieb Roxas nicht denn er mußte sich sofort auf den Weg zum Haupttor machen, um nicht doch noch entdeckt zu werden. Doge und Cooper sahen ihm winselnd nach.
 

Vorsichtig kroch er durch die Büsche, konzentrierte sich auf die Kameras, die sich immer mal wieder drehten - in den Momenten, in denen sie ihn nicht erfassen konnten stürzte Roxas los zum nächsten Versteck. Dies war eine der wenigen Sicherheitslücken; in dem Garten gab es Orte an denen sich wirklich Jeder vor den scharfen "Augen" der Kameras verstecken konnte und Roxas kannte sie alle. "Einen Vorteil hat es ja...man kennt alles, selbst die Schwächen". In all den Jahren, in denen Roxas festgehalten wurde, konnte er das riesige Grundstücke genauestens unter die Lupe nehmen und auch hier so manches Geheimnis entdecken. Welche er natürlich für sich behielt. Genau für einen solchen Tag, an dem er sich trauen würde auszubrechen, wie ein Vogel im Käfig der die Freiheit sucht...
 

Schweiß rann ihm an der Schläfe hinab. Sein Herz raste, fühlte sich so an, als wenn es gleich aus ihm hinausspringen würde. Das nächste Stück bis zum Tor müßte er binnen Sekunden zurücklegen, ansonsten würde er sich schneller in seinem Zimmer wieder finden, als ihm lieb war.

"Jetzt!!" schoß es Roxas durch den Kopf, als sich die Kamera, die ihm am nächsten war, drehte. So schnell ihn seine Beine trugen rannte Roxas zum Tor. Hektisch kramte er den Schlüssel aus seiner Hosentasche, tippte ein paar Zahlen in das Feld neben dem Schloß ein - es war zusätzlich elektronisch mit einem Zahlencode gesichert. Ein lautes Piepsen signalisierte Roxas, das das Tor nun offen war. Ein Satz und er war draußen.

Mit einem Scheppern rastete jenes Tor wieder ein und der Junge lehnte sich erschöpft gegen dieses.

Er hatte es tatsächlich fertig gebracht!
 

Verwirrt und doch neugierig schlenderte Roxas durch die Gassen der Stadt, durch jenes Viertel, das seine Mutter als widerlich bezeichnet hatte. "Es sieht friedlich aus..." murmelte er und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Fast schon geistesabwesend schaute er auf seine Digitaluhr - und bekam einen solchen Schock, das er laut aufschrie. Die Uhr zeige 14:32 an. Es war bereits nach halb drei und um drei wurde wieder nach ihm gesehen!

Ehe Roxas wußte was er tat rannte er ziellos umher, vollkommen panisch. Würde er sein Ziel doch nicht mehr erreichen?

Gerade, als er schon aufgeben wollte, kam ihm eine Idee.

Wieso benutzte er nicht den Linienbus? Wieder etwas Hoffnung schöpfend peste Roxas über die Hauptstraße zu der gegenüberliegenden Bushaltestelle, welche er eben entdeckt hatte. Die Nummer eines der drei Busse, welche von dort aus fuhren, kannte er. Schnell warf er einen Blick auf den Plan. "Zwei Minuten noch...da hab ich ja Glück gehabt!"

Diese Zwei Minuten vergingen wie im Flug; der Junge stieg ein, kaufte sich eine Fahrkarte und fragte gleich nach, wie er am besten zu den "Harleydays" kam. Der Busfahrer schenkte ihm einen verwirrten Blick, erklärte Roxas dann aber, das er nur drei Stationen mit dem Bus fahren konnte, ansonsten würde er nicht mehr dorthin kommen. "Es gibt dort in der Nähe ein Taxiunternehmen. Von der Haltestelle aus fährst du am besten mit dem Taxi."

Roxas nickte.
 

Gedankenverloren stand er an eine Scheibe gelehnt. "Wie es wohl werden wird? Ich habe Angst vor diesen Gestalten dort...eigentlich bin ich ja nur los um dieses Motorrad zu sehen..."

Seufzend wanderte der Blick zu seiner Rechten, dort wo in einem kleinem Drahtkasten Informationsblätter aushingen. Es wäre nicht weiter interessant gewesen, wenn nicht ein kleines Wort seine Aufmerksamkeit erweckt hätte. Neugierig nahm er sich eines der dünnen Flugblätter, doch ehe Roxas einen Blick auf seinen Fund werfen konnte mußte er aussteigen. Der Bus ihr mit einem Dröhnen davon. Nun wanderte Roxas' Blick wieder auf das Blatt in seinen Händen. Offenbar war es der Plan für ein Programm - das Programm der Harleydays. Unter den unzähligen Punkten war eine Adresse aufgeführt. Wieder huschte ein Lächeln über seinen Mund. Wenn er die einem Taxifahrer zeigen würde, dann käme schnell dort hin. Also machte sich Roxas auf den Weg, ein Taxi ausfindig zu machen. Das es inzwischen viertel vor drei war, interessierte ihn nicht mehr. Er würde so oder so Ärger bekommen.

Und nun wollte Roxas seinen ersten Tag allein in der Stadt auch so lange wie möglich genießen, so lange, bis sie ihn wieder finden und einsperren würden.

Dann hätte er wenigstens etwas, woran er sich gerne erinnerte...
 

Es klopfte an der Fensterscheibe. Genervt wurde diese hinunter gefahren. "Was willst du?" brummte es hinter dieser. Roxas erschrak. Mit einem solchen Ton hatte er nicht gerechnet.

"Ehm...entschuldigen sie die Störung, aber...könnten sie mich... hier hin bringen?" Zögernd hielt er das Flugblatt dem Taxifahrer entgegen. Es war ein Mann mittleren Alters mit langem, schwarzem Haar, welches er zu einem dürftigen Pferdeschwanz gebunden hatte. Kurz schenkte er dem Jungen einen Blick, nahm das Blatt und musterte es. Nach einer Weile verdrehte er seine Augen, lies den Kopf auf seinen Arm fallen, der auf dem Lenkrad ruhte.

Roxas stutzte, was hatte er denn? Wieder gab es ein Brummen. "Ja ja, kann ich. Los steig' ein!" meinte der Taxifahrer dann, gab Roxas das Flugblatt zurück und wies ihn nach hinten. Als sich die Wagentür schloß und Roxas sich angeschnallt hatte, fuhr er los.
 

Lange Zeit war es still; Roxas gefiel das irgendwie nicht und er verkrampfte nervös seine Finger. Sollte er vielleicht ein Gespräch anfangen? Oder war es keine gute Idee?

Der Mann schien ja keine gute Laune zu haben und zudem wußte Roxas auch gar nicht, über was er denn hätte reden können...

"Sag mal Kleiner...warum willst du zu den Harleydays?" fragte der Taxifahrer urplötzlich als sie an einer roten Ampel hielten. "I...ich?" fragte Roxas überrascht und zeigte leicht auf sich.

"Ist hier sonst noch Jemand, mit dem ich mich unterhalten könnte, Junge?" wurde grimmig geantwortet. "N...nein, also ich...ich wollte mir das mal ansehen..." antwortete Roxas schließlich schüchtern. Er war vollkommen mit der Situation überfordert; noch nie zuvor hatte er sich mit einem vollkommen fremden Menschen über etwas unterhalten.
 

"Einfach so?" Der Fahrer griff nach dem Rückspiegel und richtete ihn etwas mehr nach Roxas aus, so das er den Jungen besser sehen konnte. "Ja..."

"Hrm. Fahren deine Eltern Motorrad?" Der Blonde schaute auf. Die ganze bisherige Zeit über hatte er nicht einmal hoch gesehen sondern nur auf den Boden. Roxas hatte Angst davor, Anderen direkt in die Augen zu sehen.

"Nein...sie...sie halten das für primitiv und unsinnig...ihrer Meinung nach fahren nur schlechte Menschen Motorrad..."

Der Taxifahrer zog eine Braue hoch. Dann schnaubte er. "Haben sie denn schon mal Bekanntschaft mit einem Motorradfahrer gemacht um das beurteilen zu können?" fragte er. Seine Stimme hatte etwas Seltsames an sich. Roxas hätte beinahe nicht geantwortet. Er schüttelte nur den Kopf. Seine Eltern würden sich nie mit solchen Leuten abgeben und ließen das auch bei ihm niemals zu.

Wieder war es still.
 

An einer sehr belebten und vollen Straße, Roxas fragte sich ob das immer so war, hielten sie schließlich an. Den Rest der Fahrt hatte er kein Wort mehr mit dem Erwachsenen gewechselt.

Dieser drehte sich nun zu ihm um und musterte Roxas. Er begriff nach einer Weile, was der Fahrer nun wollte. "Ah, ehm....Moment..." Nervös kramte Roxas in seinem Rucksack nach dem Portemonaie. "G...geht's auch mit Kreditkarte?" In seiner Eile, schnell von zu Hause weg zukommen, hatte Roxas kein Bargeld mitgenommen; das bißchen Kleingeld was er noch zufällig in der Tasche hatte war für die Busfahrkarte drauf gegangen - Gott sei Dank hatte der Busfahrer nicht gemerkt das er älter als 14 war!

"Kreditkarte?"

Eifriges Nicken. "Du hast deine eigene Kreditkarte, Kleiner?" fragte der Taxifahrer, während er diese durch das Lesegerät zog. "Ja, hab ich..."

"Hier." Roxas wurde der Bon unter die Nase gehalten, dazu einen Stift zum unterschreiben. Ein mulmiges Gefühl konnte der Junge nicht unterdrücken, als er unterschrieb und das Schriftstück zurückgab.
 

"Okay...Roxas. Dann wünsche ich dir noch viel Spaß...!"

Gerade, als Roxas aussteigen wollte, wurde er zurückgehalten. "Genieße es und mach' dir dein eigenes Bild, Kleiner!" Wieder nickte er, doch diesmal lächelte er ganz leicht.

Wer dieser Mann wohl war?
 

"Wooow!" Lange Zeit war das die einzige Äußerung, die Roxas machte. Er stand nun mitten auf einer Straße. Auf einer VOLLEN Straße. Über ihm war eine große Plane angebracht auf der unverkennbar "Harleydays" stand. Zögernd machte er sich auf den Weg. So viele Menschen hatte er selten gesehen, noch nicht einmal auf den Galapartys seiner Eltern, bei denen er immer anwesend sein mußte. Und überall waren Motorräder.

Überall, wohin das Auge reichte. Und dementsprechend auch deren Besitzer; Verkäufer, Händler, normale Bürger und sogar der ein oder andere Stuntman, der auf einer Maschine die tollsten Kunstücke vollführte. Gebannt blieb Roxas stehen und drängelte sich durch die Reihen der Zuschauer. Seine Angst gegenüber der Fahrer oder der vielen Menschen war wie weggeblasen - zu groß war seine Begeisterung.
 

"Wie macht der das nur...?" So etwas hatte er noch nie gesehen, es war für ihn so neu, so unglaublich. Der Stuntman war für ihn eine Art Übermensch. Roxas' Augen strahlten, als dieser gerade auf dem Lenker der Maschine einen Handstand machte.

Während das Motorrad fuhr.

Der Blonde schaute zu, bis die Vorstellung unterbrochen wurde. Erst dann merkte er wieder, wie viele Leute hier waren, und wie seltsam manche aussahen. Die Angst, welche doch eigentlich vollkommen unbegründet war, kroch wieder in ihm hoch. Doch er kannte es ja nicht, so viele Fremde um sich zu haben und das machte Roxas Angst. Dennoch ging er weiter. Er wollte es wenigstens einmal aus der Ferne sehen. Das Motorrad, welches er in der Reportage gesehen hatte - diese Farben und die "Gestalt" hatten ihn so verzaubert, er MUSSTE es sehen!

Seine Neugierde war einfach stärker als jedes andere Gefühl.
 

Nach einer geschlagenen Stunde, es war zehn nach vier, gab er es auf. Es gab hier wirklich zu viele Maschinen. Roxas hatte sich sogar dazu durch gerungen, einen der Fahrer zu fragen, wo er diese Maschine finden könnte. Dieser lachte darauf laut Hals und und schlug Roxas ein paar Mal freundschaftlich auf die Schulter.
 

"Kleiner, hast du dich hier schon mal genau umgesehen?

Hier gibt es hunderte von roten Motorrädern, auf die deine Beschreibung passen könnte.

Am besten, du gibst es auf nach einer Bestimmten zu suchen und genießt die Veranstaltung!"

Seufzend ließ er sich auf einer Wiese nieder und betrachtete den Wolken verhangenen Himmel.

Es würde wohl bald regnen... Roxas war erschöpft von der langen Suche und enttäuscht noch dazu; er würde nie wieder eine solche Gelegenheit bekommen.
 

"Warum verfolgt mich andauernd das Pech?"

So versank er wieder in Depressionen und Selbstzweifeln.
 

Erst ein unglaublich lautes Geräusch ließ ihn aus seinen Gedanken hoch schrecken. Roxas wäre beinahe das Herz stehen geblieben, so plötzlich kam dieses...ja, was war es? Zögernd sah er sich um und entdeckte etwas weiter hinter sich einen jungen Mann, welcher sich bereits eifrig für dieses laute Geräusch entschuldigte; es stammte wohl von dem Verstärker, der neben ihm stand.

Er war an eine große Musikanlage angeschlossen.
 

"Oh, uhm....'tschuldigung Leute! Bin an den Lautstärkeregler gekommen...hehe..." meinte der Besitzer der Anlage, während er sich verlegen am Kopf kratzte. Abermals seufzend wollte Roxas sich wieder umdrehen - hielt aber schlagartig inne. Da stand es. Das Motorrad, welches er so lange erfolglos gesucht hatte! Es stand unmittelbar neben diesem seltsamen Kauz, zusammen mit sechs weiteren. Ohne wirklich darüber nachzudenken, was er tat, stand Roxas wie von der Hornisse gestochen auf und rannte zu der Maschine. "Das ist es!" hauchte er und war kurz davor, es zu berühren...
 

"Heyhey! Was soll das denn werden, Kurzer?" Roxas hielt erschrocken inne, als ihm bewußt wurde, was er gerade gemacht hätte - es gehörte sich doch nicht! Zögerlich schaute er zu seiner Rechten. Dort stand, mit verschränkten Armen, dieser komische Kerl. "Du kannst sie doch nicht einfach berühren! Schon gar nicht ohne zu fragen!" Der junge Mann trat nun an Roxas' Seite. Er war gut zwei Köpfe größer als Roxas, hatte schulterlanges, dunkelblondes Haar und leuchtende blaue Augen. Zudem trug er einen langen, schwarzen Mantel.
 

"Ähm...es tut mir Leid...entschuldigen Sie vielmals...wissen Sie, i...ich habe hier so lange nach diesem Motorrad gesucht und nun war ich froh, es gefunden zu haben..." Wieder blickte der Kleinere zu Boden, nun hob er seinen Kopf und schaute den vermeintlichen Besitzer schuldig an. "Ach so? Wo hast du sie denn gesehen?" fragte er Roxas und strich sanft über den Tank. "Im Fernsehen...da war..." Abrupt wurde er unterbrochen.
 

"Ahhh! Jetzt kapier' ich! So läuft der Hase. Schickes Teil, oder?" Zwinkernd wurde Roxas angelächelt. "Ist...ist es Ihr Motorrad?" fragte dieser nun schüchtern.
 

Ein leichtes Lachen folgte. "Nein nein, es ist nicht meine Maschine, sie gehört meinem Freund.

Er is' nur gerade nicht da. Und du kannst mal aufhören so förmlich zu sein!" Der Größere von beiden zeigte auf sich. "Mein Name is' Demyx. Und du bist..."
 

"Äh...m... ich heiße Roxas." Demyx stutzte. "Du hast aber einen seltenen Namen!"

Der Angesprochene wurde schlagartig rot und schaute wieder zu Boden. Seine neue, nicht ganz freiwillige Bekanntschaft musterte ihn, dann ließ sie sich auf dem Sitz des von Roxas angehimmelten Motorrads nieder. "Was macht ein Junge wie du hier? Ich kann mir echt nicht vorstellen, das du nur wegen ihr..." er zeigte auf die Maschine, "...hier bist. Du hast doch bestimmt was besseres zu tun, als hier rum zu kurven!" Roxas mußte erneut seufzen. "Doch. Ich bin nur gekommen, um es zu sehen... ich hab nämlich noch nie zuvor ein Motorrad in Echt gesehen!" antwortete er wahrheitsgemäß und hoffte, das dieser Demyx wenigstens so viel Rückrad besaß, ihn nun nicht auszulachen.

Stille. Man hörte nur die Geräuschkulisse der anderen Besucher und ab und zu laute Motoren. "Du...siehst zum ersten Mal ein Motorrad von nahem? Hab ich das richtig verstanden?"

Noch bevor Roxas antworten konnte, wurde nach ihm gerufen.

"Sir! Roxas, hier seid Ihr! Gott sei Dank!" Roxas erstarrte.

Ihm wurde eiskalt, seine Augen weiteten sich und er war nicht mehr fähig sich zu rühren.

Diese Stimme gefiel ihm gar nicht. Sein Ausflug würde jäh beendet sein...
 

AN: Dies war nun das zweite Kapitel. Es ist zwar schleppend und langweilig geworden, doch ich verspreche, das es sich bessern wird, sobald es richtig losgeht ;) Ich muß erstmal ein "Fundament" schaffen um die Story aufblühen zu lassen! Ich hoffe, das es euch ein wenig gefallen hat - Demyx kam ja schon mal vor XD

Bis zum nächsten Kapitel und nochmals Danke fürs Lesen, Sinister-Sundown!

I promise!

"Wer is'n das?" Demyx schaute verwirrt zwischen Roxas und den Gestalten, es waren insgesamt fünf und zwei Hunde, hin und her. "Sir! Wir dachten schon Euch sei etwas zugestoßen, als ihr nicht in Eurem Zimmer wart!" Die zwei Rüden stürzten nach vorne, sprangen freudig um Roxas herum, welcher noch immer seinen Rücken zu den Sicherheitsleuten gedreht hatte. Er konnte nicht glauben, das sie tatsächlich hier waren und dann auch noch Doge und Copper benutzt hatten nur um ihn zu finden.

Sonst würden die Hunde versauern, wenn sich Roxas und Marianne nicht um die Beiden kümmern würden!
 

Er zitterte. Er wollte nicht zurück. Nie mehr - aber es blieb ihm keine andere Wahl. Sie würden ihn so lange verfolgen bis er wieder in seinem Gefängnis aus leeren, weißen Wänden war...

"Hey, Kleiner? Hallo...? Noch bei uns?" Demyx wedelte mit der Hand vor dem Gesicht des geschocktem Jungen. Erst jetzt fand dieser wieder zurück in das Hier und Jetzt.

Aber nun wandte einer der schwarz gekleideten Männer, welche den jungen "Edelherr" suchten, zu Demyx. "Wer sind Sie? Haben sie etwas mit dem Verschwinden des jungen Herren zu tun?" Forsch trat er ein paar Schritte vor - anscheinend dachte er wirklich, das Demyx etwas mit der Sache zu tun hatte; dabei war dies alles allein auf Roxas' Mist gewachsen. "Heyhey! Ruhig Blut, ja? Ich hab den Kurzen hier eben erst kennen gelehrt! Ich weiß noch nicht mal wo er herkommt oder wer er überhaupt ist!" verteidigte sich der Biker sofort, hob beschwichtigend die Hände, er wollte keinen Ärger machen zumal er dann Schwierigkeiten mit seinem Chef bekommen würde.

Er wollte doch nur wissen, was zum Teufel hier los war!
 

Traurig seufzend drehte Roxas den Kopf zu Demyx. "Es war schön deine Bekanntschaft zu machen, aber ich muß jetzt gehen. Wir werden uns nie wieder sehen... danke, das ich es mir anschauen durfte! Das war der schönste Tag in meinem Leben...!" erklärte der kleinere Blonde mit resignierter, schwacher Stimme, wandte sich zum gehen während seine Hunde freudig um ihn herum trabten, immer wieder an ihm hoch sprangen -

sie verstanden die Trauer ihres Herrchens nicht und wollten ihn anscheinend aufmuntern.

In den Sekunden, in denen seine Beine ihn über den grünen Teppich trugen, wurde Roxas immer wütender. Er war wütend auf sich, auf die Situation bei sich zu Hause und vor allem auf seine Eltern - wenn sie wieder da sein würden, wäre der Zeitpunkt gekommen, an dem er explodieren würde...!
 

Als der Junge seinen Verfolgern gegenüber stand, richtete er langsam den Blick vom Boden auf Tai, denjenigen, der mit aller höchster Wahrscheinlichkeit für die Suchaktion verantwortlich war. "Er hat nichts damit zu tun Tai und ich wünsche, das du ihn sofort in Ruhe läßt und dich entschuldigst!" zischte Roxas schroff, funkelte Tai vielsagend an und doch schüttelte dieser den Kopf. "Es tut mir Leid Roxas aber bei solchen Leuten..."
 

Tai warf einen skeptischen und zugleich verächtlichen Blick auf den jungen Mann, der noch immer leicht verwirrt guckend neben dem Motorrad seines Freundes stand. "Du... du entschuldigst dich sofort!" Roxas wurde lauter als er eigentlich wollte. Das konnte doch nicht Tais Ernst sein!

"Dann was? Roxas, Ihre Eltern haben mich damit beauftragt, auf Euch auf zu passen und das nehme ich auch ernst! Wir gehen jetzt!" waren die letzten Worte, die Tai an den Sohn seines Chefs richtete, ehe Roxas gepackt und regelrecht weg geschleift wurde - er wehrte sich nicht. Es würde doch eh nichts bringen... So warf er einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf das Zweirad, welches er so... lieb gewonnen hatte. Es war einfach wunderschön gewesen und er übertrieb nicht, wenn er sagte das dieser Tag sein schönster gewesen war.
 

Total überfordert mit dem, was er dort gerade gesehen hatte, ließ Demyx sich wieder auf den Ledersitz fallen. Ein komischer blonder Junge, ein paar durchgeknallte schwarz gekleidete Typen und diese verdammten Hunde, die mit ihren Krallen fast den Lack beschädigt hatten...besser konnte es ja nicht mehr kommen! Und dabei war er gerade eine Stunde hier. "Meine Fresse, was sind dieses Jahr nur für Gestalten unterwegs?"
 

'Es war der schönste Tag in seinem Leben gewesen'. Dieser Satz ging dem Musiker nicht mehr aus dem Kopf und er fragte sich wirklich, warum Roxas das gesagt hatte... war sein Leben so schlimm?!

Ein tiefes Seufzen ertönte, Demyx schaute auf seine Uhr und hätte direkt wieder Seufzen können.

"Bin ich hier eigentlich der Depp vom Land?! Wo bleiben die Anderen? Ich wollte noch ne' Runde drehen, bevor es wieder anfängt zu pieseln..." Genervt lehnte er sich auf dem fremden Motorrad zurück und starrte in den milchigen, grauen Himmel. Konnte nicht einmal die Sonne scheinen? Es war schließlich Frühling und Motorrad fahren machte bei gutem Wetter erst so richtig Spaß!
 

Eine ganze Weile verharrte er so, bis er fast vor Schreck von dem Motorrad gefallen wäre, als es in der Brusttasche seines Mantels vibrierte. Fluchend kramte Demyx sein Handy hervor, stierte auf die Nummer.
 

"Sag' mal, hast du einen am Sender? Du wolltest doch schon längst wieder zurück sein, Blödmichel!" zeterte der Blonde ungehalten los, wartete gar nicht erst das der Anrufer sich zu Wort meldete. Unruhig und auf eine Erklärung wartend, stapfte Demyx zwischen den sechs Maschinen, die in seiner Nähe standen, zu seiner eigenen hindurch. Sie war in einem dunklem Metallicblau gehalten.

Der Ledersitz war stark gewölbt und stand weiter über als bei anderen Maschinen. Lenker, Speichen und Motor waren glänzend verchromt, wobei der Rest an silbernen Teilen eher matt gehalten war. Demyx liebte seine Maschine.

Seine Mimik war durchgehend ernst und zudem stocksauer, hin und wieder grummelte der Hobbymusiker ein "hmhm...".
 

"Was soll das denn jetzt heißen?" Demyx klemmte sich sein Handy zwischen die Schulter um besser in seiner Satteltasche, die am Ende des Sitzes befestigt war, wühlen zu können. "Du hast wieder einen Job bekommen? Ich dachte du wolltest bis nächsten Monat... wie? So kurzfristig? Hatte Diddy noch was gut bei dir? Oh, uhm... WAS?!"

Erschrocken ließ er die Handschuhe fallen, welche er gerade mühselig aus der Satteltasche gekramt hatte. "Nene mein Lieber, das kannst du schön selber machen! Was?" Die Stimme am anderen Ende wurde etwas impulsiver, den Blonden beeindruckte das aber nur mäßig. "Du kannst deinen Allerwertesten schön wieder hier her bewegen und sie selber nach Hause fahren! Wie sollte ich das bitte machen? Ich muß meine doch auch trocken nach Hause bringen! Oder frag' Xemnas, mir egal aber ich nicht!" protestierte Demyx vehement, bückte sich und hob seine schwarzen Handschuhe auf - wieder ein Grund zum fluchen. Dreckige, nasse Handschuhe. Super!
 

"Ja, du mich auch! Komm her oder sie bleibt hier stehen! Hmhm...ja, meinetwegen..." Grummelnd legte Demyx auf. Jetzt mußte er wieder warten...
 


 

Geknickt und wieder zu Boden blickend, ließ sich Roxas in sein Zimmer bugsieren. Den gesamten Weg, vom Tor bis hinter seine Zimmertür, ließ man den Jungen nicht aus den Augen, packte ihn sogar grob am Arm damit Roxas auch nicht fliehen konnte. Wer wußte denn, was in seinem kleinen Kopf neuer Dings vorging? Darüber machte sich Tai schon länger Gedanken, er bekam hier schließlich als Verantwortlicher für die Sicherheit des Anwesens, alles mit - von Morgens bis Abends, 365 Tage im Jahr.

Eigentlich könnte es ihm egal sein, was dieses Gör' trieb... aber es schien wieder einmal mehr dahinter zu liegen.
 

"Roxas!" Marianne kam die Treppe hinauf gestolpert. Der Gerufene würdigte sie keines Blickes. Er war es einfach Lied geworden, ihn erwartete doch immer wieder dieselbe Leier.

"Roxas! Wo...wo waren Sie?" Ungehalten nahm die junge Engländerin Roxas in den Arm, als sie über den langen Flur zu ihm gefunden hatte. Ihr war es egal ob die Umstehenden dies sahen oder nicht. Sie war einfach froh, das er wieder da war. Ohne ihn fehlte einfach etwas in diesem riesigen Haus. Roxas war einfach derjenige, dem sie hier am meisten vertraute, derjenige der ihr damals anvertraut wurde...damals in dieser schwarzen Zeit...
 

Marianne kannte Roxas sehr gut, aber selbst sie verstand den Blonden nicht mehr. Schon seit einer ganzen Weile, seit Monaten konnte sie das Verhalten von ihrem Schützling nicht mehr interpretieren. "Marianne? Kannst du auf ihn Acht geben? Ich habe noch etwas wichtiges zu klären!"
 

Tais Stimme hatte einen warnenden, scharfen Unterton angenommen und seine Augen musterten nochmals den Kleinen, welcher noch immer teilnahmslos auf den Boden starrte. Ein kurzer Wink mit der Hand und die anderen vier Sicherheitsleute folgten ihm ins Untergeschoß um wieder ihrer geregelten Arbeit nachzugehen. Der Chef der vier warf einen letzten Blick auf die schneeweiße Treppe, bevor er mit einem Schnauben davon ging.
 

"Lass mich bitte alleine."

"Erst wenn du mir gesagt hast, was mit dir los ist! Du bist noch nie zuvor alleine weg gewesen!" Marianne versuchte so ruhig wie nur irgend möglich mit ihm zu reden, obwohl sie sehr aufgebracht war. Roxas saß mit dem Rücken zu ihr,den Kopf träge an die Rückenlehne der Couch gelehnt. "Roxas!" Die Ex-Aupair wurde langsam ungeduldig mit ihm. Sonst war sie ebenso förmlich wie das restliche Personal doch Marianne konnte sich die Freiheit heraus nehmen, normal mit Roxas zu sprechen. Dies tat sie allerdings nur, wenn sie ein ernstes Wort mit dem Jugendlichen zu reden hatte.
 

"DAS IST ES JA!" platzte es plötzlich aus Roxas heraus. Er war aufgesprungen und sah Marianne an. Sein Gesicht war ganz verzerrt vor Wut. "Weißt du wie es ist, nie raus zu dürfen? Wenn Andere spielen gehen und sich mit ihren FREUNDEN treffen, hocke ich hinter meinem Schreibtisch und prügel' mir binomische Formeln in den Schädel!" rief Roxas, stapfte unruhig auf und ab. Noch nie war er ihr gegenüber so laut geworden. Noch keinem gegenüber.
 

"Es ist einfach nicht gerecht, verstehst du das Marianne? Ich möchte doch auch einfach mal raus können! Aber meine Eltern denken ja mir könnte etwas zustoßen sobald ich eine Straße nur ansehe..." meinte der Blonde sarkastisch und ließ sich wieder auf das Sofa plumsen. Er war völlig fertig mit der Welt, strich sich mit beiden Händen über das Gesicht. Wie gerne wäre er noch bei diesem Demyx geblieben...er schien ganz nett zu sein.
 

Marianne stand noch einige Minuten ruhig neben ihm, dann gesellte sie sich seufzend zu ihm.

"Roxas... du weißt, das ich in dem Punkt zu dir stehe und dir gerne erlauben würde, aus diesem Haus zu gehen aber ich kann mich nicht über den... Befehl deiner Eltern hinwegsetzen. Ich habe hier schlicht und ergreifend zu wenig zu sagen..." Was hätte sie ihm noch sagen, erklären können? Es gab dort nichts mehr. Roxas wußte genau, wie sie zu ihm stand und wie sie über die Methoden seiner Eltern dachte. Manchmal fragte sich Marianne wirklich, wie sie ihren Sohn so behandeln konnten; fast wie ein Gefangener in einem Gefängnis...

Aber die Engländerin fand das heutige Handeln des Jüngsten seiner Familie wirklich zu überstürzt und vor allem plötzlich. Niemand wußte, wo er war und was genau geschehen war. Roxas hatte das Haus noch nie alleine verlassen und wenn nur unter strenger Bewachung.

Wären Doge und Cooper nicht gewesen...
 

Ohne ein weiteres Wort oder eine Geste nahm sie Roxas in den Arm und strich ihm über den Rücken. Eine Weile war es still, doch dann hörte man jemanden bitterlich weinen.

"Shhh... lass es ruhig raus...ich bin da..." flüsterte Marianne, während sie den Jungen in ihren Armen sanft hin und her wiegte. Es war wirklich grausam... wenn man die ganze Wahrheit kannte.

Lange Zeit verweilten die Beiden so, Roxas weinte sich aus und sie tröstete - wie schon so oft wenn der Junge einfach unter seinem Schicksal zusammenbrach. Bis es klopfte.
 

Erschrocken wich Roxas zurück wischte sich hastig die noch nicht versiegten Tränen von dem erröteten Gesicht.

"H...herein!" meinte er noch recht leise, schielte kurz zu Marianne. Sie lächelte gezwungen und doch wehleidig. Dann stand sie auf. "Soll ich gehen?" fragte sie. Verneinendes Schütteln des Kopfes. In diesem Augenblick stand Tai schon im Türrahmen, mit dem Telefon in der Hand.

Roxas Augen weiteten sich kurz - hatte er etwa schon seine Eltern kontaktiert?
 

"Roxas...", Tai schaute kurz auf das Telefon, "...ich habe deinen Eltern noch nicht von deinem Ausflug berichtet. Aber nur weil ich keinen von Beiden zur Zeit erreiche.

Sie werden noch davon zu hören bekommen!"

Der Schwarzhaarige ging sachten Schritts auf den Sohn seines Chefs zu. "Was ich dir eigentlich sagen wollte... du weißt, das du um sieben unten zu sein hast, oder? Heute kommen viele wichtige Persönlichkeiten..."

Ein leichtes Nicken.
 

"...und ich habe kurzer Hand einen Bodyguard engagiert, der dich den ganzen Abend überwachen wird, damit du nicht auf dumme Gedanken kommst", endete der Sicherheitsmann seine Erzählung, wartete auf die Reaktion von Roxas. Diese kam auch promt. "Was?! Aber...wieso? Sonst brauchte ich doch auch keinen Aufpasser! Ich bin 15, Tai!"

Wieder war Roxas aufgesprungen und sah seinen Gegenüber entsetzt an. Was sollte das?!
 

Tai schüttelte leicht den Kopf. "Ja, das merke ich. Roxas, du bist 15 und benimmst dich noch so verantwortungslos! Ich weiß zwar nicht, warum du neuer Dings so widerspenstig und ungehorsam bist...aber ich habe dir nur zu deiner Sicherheit einen Aufpasser besorgt! Vielleicht kommst du dann wieder zur Vernunft..." Tai wandte sich wieder ab. Für ihn war die Sache hier erledigt. Die Ex-Aupair starrte Tai verständnislos an. "Aber Tai! Das geht doch wirklich zu weit! Wir haben doch..." sie schaute kurz auf den Jungen neben ihr, "...genug Leute im Haus, die auf Roxas aufpassen können!"
 

Sie sprach diese Worte recht vorsichtig aus.

Der Angesprochene seufzte tief. "Das weiß ich selbst, Marianne. Heute Mittag haben ein paar dieser Leute geschlafen und es wurde erst nicht bemerkt, das Roxas sich entfernt hat. Dieser Fehler darf sich nicht wiederholen und darum habe ich gleich extra Jemanden angestellt.

Natürlich nur für diesen Abend."
 

Nun wollte er wirklich gehen. Es machte ihn sauer das seinen Leuten ein solcher Fehler in all den Jahren, die sie schon für diese wohlhabende Familie arbeiteten, unterlaufen war.
 

Roxas stand da. Das konnte nicht wahr sein... "Tai...ist es wenigstens einer, den ich vielleicht noch kenne? Wenn ich schon eingesperrt werde, will ich denjenigen auch kennen!" meinte er leise mit einem wütendem Unterton. Es wurde immer schlimmer...was sollte er nur machen?
 

Bevor er die Tür öffnete, schaute Tai noch über seine Schulter. "Ich muss dich enttäuschen - diesmal kenne ich den Kerl selbst nicht. Derjenige, der eigentlich dafür vorgesehen war mußte kurzfristig absagen und hat uns gleich Jemanden empfohlen."

Tai schnaubte. Hoffentlich machte der seinen Job ordentlich!
 

Die Zimmertür schloß sich.

Ein Fluchen war zu hören. "Was denkt der sich?!" Er wußte, das es nichts brachte, sich darüber aufzuregen und doch tat er es. Marianne seufzte. "Soll ich nochmal mit ihm reden?"

Er schnaubte. "Das bringt doch eh nichts, Tai ist zu stur..." Resigniert ließ Roxas sich wieder auf seine Couch fallen. Marianne beobachtete ihn noch eine Weile, dann ging sie. Es hatte keinen Sinn mehr, mit Roxas zu reden - jedenfalls nicht in den nächsten zwei Stunden.
 

"Roxas! He, Kleiner!" Klopfen. Dumpfes Klopfen weckte ihn damals. Verschlafen tapste der Fünfjährige durch das dunkle Zimmer. "W...wer ist da?"

"Ich bin's Roxas! Am Fenster, Kleiner!" Nun hatte er die Stimme erkannt. Schnell rannte Roxas zu dem großem Fenster in seinem damaligem Zimmer und nahm die dunklen Vorhänge zurück. "Bruder!" pfiepste er vor Freude als er die Gestalt, welche auf dem Balkon hockte, sah. "Shhh...leise, ja?" Wäre das Glas nicht zwischen ihnen gewesen, hätte der draußen Hockende die kleine Hand seines Bruder berühren können. "Ich wollte dich sehen, Roxas. Hör' mir jetzt ganz gut zu, ja? Ich hol dich hier raus, das verspreche ich dir! Irgendwann hole ich dich hier raus, es dauert nicht mehr lange!"

"Ist das war?" fragte der Jüngere unsicher. Er hatte große Angst.

"Ja. Ich lass dich nicht alleine! Guck, das haben wir uns doch versprochen, oder Kleiner?" Langsam nahm er seine Hand und ließ den kleinen Finger abstehen. Er lächelte. "Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen!" setzte der Ältere hinzu und rückte näher an die abgesicherte Fensterscheibe. Roxas tat es ihm gleich - Tränen bildeten sich in seinen großen Kulleraugen. "Versprochen!"

"Ja...auf ewig, Roxas..." Die Gestalt erhob sich langsam, schenkte Roxas einen letzten, traurigen und doch Haß erfüllten Blick. Er war fort und mit ihm die Hoffnung...
 

"Roxas?" Es klopfte.

Aus seinem Traum aufschreckend sah sich Roxas um.

Für einen Moment war ihm so, als wenn er hier gewesen war...

"Ja?!" rief er genervt - was war jetzt schon wieder?

"Komm runter, der Bodyguard ist da. Fünf Minuten hast du!" hörte er Tais Stimme, dann schwere Schritte, die bald darauf verstummten. Sich den Schlaf aus den Augen reibend, schaute der Blonde auf seinen Wecker. Es war halb sieben. "Na super..." war sein Kommentar zu dieser Uhrzeit. Müßig stand der Junge auf, reckte sich und tapste aus seinem Zimmer in das gegenüberliegende Bad. Wie dieser Typ wohl war? Obwohl, es konnte ihm auch egal sein...es war ja, laut Tai, nur ein Abend und somit eine kurze unbedeutende Zeit. Zwei Tage und dieses Zusammentreffen zwischen ihm verwöhnten Kerl und diesem Begleitschutz war vergessen.
 

Ein wenig später hörte man, wie sich Roxas lustlos die Treppen hinab quälte. Er schaute auf. Irgend etwas in der, wie sollte es anders sein, weißen Empfangshalle stach ihm sofort ins Auge. "Roxas! Da bist du ja. Schau, er wird für die nächsten Stunden bei dir sein und auf dich aufpassen." Tai machte ein kurze Handbewegung, trat ein Stück bei Seite.

Roxas starrte fragend auf die Person, welche er nun in voller Größe betrachten konnte:
 

Es war ein noch recht junger Mann mit wildem, feuerrotem Haar. Er war auch ziemlich groß, soweit Roxas es beurteilen konnte. Nur sah überhaupt nicht nach Bodyguard aus. Eher wie ein Straßenschläger oder so. Dieser Kerl war eher schmächtig; alle Bodyguards, die Roxas bisher kennenlernen durfte waren richtige Schränke gewesen... und der sollte ihn schützen können?

Tai wandte sich von Roxas ab und sprach dessen neuen Aufpasser an.

"Das ist Roxas. Auf ihn sollen Sie diesen Abend aufpassen und ich verlange, das Sie dies gewissenhaft und anständig erledigen!"

Warnend hob Tai den Finger, ein letzter mahnender Blick untermalte diese Geste, bevor er die Schutzperson mit ihrem neuen Leibwächter alleine ließ.
 

Nun seufzte dieser. Das war er also... Babysitten, na super!

Er schaute zu dem Jungen auf, musterte ihn kurz. Dann erhob er seine Stimme. "Willste da Wurzeln schlagen? Komm runter, Kleiner. Roxas war dein Name?" Der Angesprochene stutzte leicht. Der klang aber nicht gerade fröhlich...eher genervt. Da hatten sie ja schon mal was gemeinsam. Langsam ging der Blonde die restlichen Treppen runter, blieb mit einigem Abstand vor dem Kerl mit der seltsamen Haarfarbe stehen.

Und stierte ihn an.

Sein Gegenüber zog fragend eine Braue hoch. Dann schüttelte er leicht den Kopf. "Also...Roxas. Damit wir eins gleich klarstellen: Ich lass mich von nem' Halbstarken wie dir nicht rum kommandieren. Versuch es gar nicht erst. Ich mach hier meinen Job und gut ist. Und noch was. Nenn' mich Axel, klar soweit?"
 

"Äh...wie?" Roxas war überrumpelt worden. Sowas hatte er noch nie erlebt! Ein Bodyguard, der sich nicht wie einer benimmt und ihn zurecht weist! Ihn!

Axel rollte genervt mit den Augen. Das konnte ja heiter werden...
 

AN: Kapitel drei ist nun auch beendet... sie werden immer länger! Hat es euch ein wenig gefallen? Ich ziehe alles in die Länge, ich weiß... tut mir Leid!^^° Nun haben sie sich schon mal getroffen...es wird bald weitergehen! Ich habe noch viel vor und es gibt ja auch noch viel zu lüften... freue mich, wenn ihr es gelesen hab und vielleicht ein Feedback da lasst! MFG, Sinister-Sundown

Enjoyable evening?

Wartend stand Tai an den Kühlschrank gelehnt. Es war viertel vor sieben, also noch genug Zeit, um Roxas' Eltern zu kontaktieren und dann die Gäste zu empfangen. Dieser Abend, besser gesagt die kleine Feier, war rein geschäftlich. Die Besitzer des Anwesens konnten aus jenen geschäftlichen Gründen selbst nicht rechtzeitig anwesend sein und so hatten sie Tai die Verantwortung übertragen. Und dieser nahm seine Aufgabe bitter ernst. Er war schon so lange in den Diensten von Roxas Vater; er hatte dessen bedingungsloses Vertrauen schon seit einigen Jahre gewonnen.

Ein leicht verschmilztes Lächeln breitete sich auf den Lippen des Sicherheitsmanns aus, als er dem Freizeichen lauschte, bis schließlich abgenommen wurde.
 

"Tai? Guten Abend..."

"Ihnen ebenfalls einen guten Abend, Sir." Tai stieß sich von dem überdimensionalen Kühlschrank ab und fing an, ruhelos in der Küche auf und ab zu tigern.

"Was ist? Sind die Gäste schon eingetroffen?" Es war eine rauhe Männerstimme, welche sich gerade mit ihm unterhielt, ziemlich heiser und irgendwie gespenstisch. "Nein, aber ich habe ihnen etwas zu berichten...es geht um Roxas."

Kurz war es still.
 

"Und das wäre? Hat er sich noch nicht an der Akademie angemeldet?" Desinteresse. Diese Worte klangen nicht nach einem Vater, sondern nach einer Aufsichtsperson welche sich eigentlich gar nicht mit dem Jungen, über den gesprochen wurde, auseinander setzten wollte.

Tai schüttelte den Kopf und befeuchtete leicht nervös seine Lippen. Kein guter Zeitpunkt für eine Beichte, das sie die Aufsichtspflicht vernachlässigt hatten, aber dem Sicherheitsmann blieb leider keine andere Wahl.

Roxas' Vater schien gerade ziemlich schlechte Laune zu haben - ob es am dem ständigen Streß lag?

"Ihr Junge ist heute Mittag aus unserer Obhut entkommen und ist auf eigene Faust nach "draußen" gegangen. Wir konnten ihn wieder einsammeln, ab-"

"Grund Gütiger! Das darf nicht dein Ernst sein, Tai! Wie ist es dazu gekommen?! Ich verlange eine Erklärung!" Nun war der Ältere am anderen Ende hellhörig wie ein Fuchs auf der Jagd. Man erkannte sofort an seiner Stimme und der Gemütsschwankung, das Tai sich auf etwas gefaßt machen konnte, wenn er keine plausible Erklärung für das Geschehene hatte.
 

"Meine Männer haben gepfuscht. Sie haben sich...von ihrem Sohn an der Nase herumführen lassen", antwortete Tai mit ruhiger Stimme, die Worte mit Bedacht und der Wahrheit entsprechend gewählt; doch dies war wohl nicht im Sinne des Hausherrn. "Unsinn! Das ist doch banal, meine Männer lassen sich nicht von einem Kind austricksen! Solche Sicherheitslücken gibt es in meinem Haus nicht! Und vor allem würde Roxas nie..."

Aus dem Hintergrund hörte der Angestellte eine Frauenstimme, welche nun aufgebracht fragte, was passiert sei. Tai erkannte sie als die Stimme von Roxas' Mutter wieder.

Innerlich seufzte er und zählte von 30 abwärts.

Bald wurde die Stimme lauter und schwupps - hatte der Gute die gnädige Frau am Apparat.
 

"Tai! Stimmt das? Ist Roxas tatsächlich nach "draußen" gegangen ohne Begleitung?", fragte die Mutter des Jungen hektisch und aufgebracht. Ruhiges ausatmen, ein kurzer Blick auf die Uhr.

"Ja, Ma'am. Allerdings. Ab-"

"TAI! Ist ihm etwas passiert? Hat er sich verletzt? Geht es meinem kleinem Roxy gut?!"

Sofort war sie laut geworden. Wenn es um Roxas ging, wurde die Millardärin zu einer Furie. Ihr Sohn war ihr ein und alles. Nun warf sie Tai alles Mögliche an den Kopf, was hätte alles passieren können und wie er Bauerntrampel das nur hatte geschehen lassen können.

Als sie sich schließlich wieder beruhigte - sie hatte nicht einmal Luft geholt und mußte dies nun nachholen -

sprach der junge Mann mit Engelszungen auf die wütende, aufgebrachte Frau am anderen Ende ein.

"Miss...es ist nicht das Geringste geschehen, Roxas ist wieder wohl behalten zu Hause. Wir haben ihn binnen kürzester Zeit aufgelesen und in Sicherheit gebracht." Das dieses "binnen kürzester Zeit" sich über fast zwei Stunden hinweg zog, wurde sorgsam verschwiegen. Schließlich wollte er die nächsten 37 Jahre auch in diesem Haus tätig sein.

"Ich will mit meinem Jungen sprechen, sofort!" brachte Roxas' Mutter noch immer leicht hysterisch hervor.

Tai blieb stehen. "Sofort, Ma'am, es dauert nur einen Augenblick." Langsam entfernte Tai das Telefon von seinem Ohr, es rauschte kurz, dann seufzte er und ignorierte die aufgebrachten Stimmen, welche er selbst durch den Hörer genau verstand. Wieder stritten sie.
 

Roxas fühlte sich irgendwie überhaupt nicht wohl. Die ersten Gäste waren eingetroffen, alle samt hohe Tiere.

Und alle kamen sie zu ihm und unterbreiteten ihm, was für ein fabelhafter, fleißiger junger Mann er doch sei - diesem jungen Mann kam bei jedem dieser vollgeschleimten Worte die Galle hoch.

In Wahrheit interessierten sich die Meisten doch nur für ihn, weil er der Sohn eines reichen Geschäftsmannes war. Da ließ sich doch gut schleimen. Nun gut, da waren einige, die ganz ok waren und die Roxas auch kannte,aber langsam beschlich ihn das Gefühl das diese wenigen Leute auch nur aus dem gleichen Grund nett zu ihm waren.
 

Und dann war da auch noch er.

Er, der ihn mit seinem Blick zu durchbohren schien. Der Junge traute sich gar nicht, einen Blick über die Schulter zu werfen. Könnte ja sein, das dieser Axel einen Basiliskenblick drauf hatte.

"Sir Roxas! Wie geht es ihnen?" Die Nächste. Und mit was für einen Klunker um den Hals! Axel konnte nur unauffällig den Kopf schütteln. Empfand nur er es so, oder ging noch jemandem dieses Geheuchel auf den Senkel?

"Mir geht es blendend, Danke der Nachfrage, Frau Steinfeld..." antwortete Roxas, machte den Diener und lächelte - allerdings gezwungen was die Empfängerin dieses Lächelns aber nicht im geringsten merkte.

Sie erwiderte, wuschelte Roxas durch die eh schon wirren Haare und entfernte sich.
 

Der Blonde stieß einen Seufzer aus, ließ die Schultern hängen und wandte sich ab.

Er konnte froh sein, wenn sie ihn nun in Ruhe ließen...

"Nervig oder?"

Roxas schaute auf; beinahe hätte er seinen Personenschutz vergessen. Dieser schaute ihn nicht an, sondern ließ seinen Blick abermals über die wachsende Menge schweifen. Seine grünen Augen fixierten wirklich alles, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Roxas schaute seinen Bodyguard fragend an. "Na, diese begüterten Leute, die nur zu dir angeschleimt kommen um beiden deinen Eltern zu landen" meinte Axel in einem monotonem Tonfall; auch jetzt schenkte er Roxas nicht einen Blick.

"Ähm...nun ja..." stotterte er leise. Noch nie war Jemand der gleichen Meinung, zumindest hatte Roxas dies nie mit bekommen.
 

"Ist doch so oder nicht, Kleiner?" Jetzt wandte dieser Axel sein Augenmerk auf den jungen Hausherrn.

Der schluckte und nickte kaum merkbar. Noch bevor Roxas richtig antworten, geschweige denn sich in einen leereren Raum verziehen konnte, wurde nach ihm gerufen. Tai drängte sich, unter mehrmaligem "Entschuldigen Sie vielmals" und "Guten Abend" an den Anwesenden vorbei, in den Händen den schneeweißen Telefonhörer.

Roxas schluckte abermals, ließ den Kopf kurz hängen, nur um von Tais dröhnender Stimme nicht erschlagen zu werden.

"Roxas, hier bist du." Der Sicherheitsmann sah sich kurz um. "Deine Mutter will sofort mit dir sprechen." Schnell reichte er den Höhrer weiter, schenkte dem bedrückt schauenden Jungen ihm gegenüber noch einen ernsten Blick. Diesen wandte er dann auf seinen Aufpasser. Leider mußte sich Tai dann abwenden, auch wenn er noch gern ein Wort mit Axel gewechselt hätte. Seine Aufmerksamkeit galt nun der wartenden Menge.

Roxas sah ihm nach, schaute auf den Höhrer, dann tappte er geknickt in Richtung Flur, dort wo es um einiges ruhiger war.

Axel folgte ihm ohne ein Wort.

"Mutter...?" In diesen Sekunden rauschte ein Gedanke durch seinen Kopf - ob Tai ihr schon von seinem Ausflug berichtet hatte? "Roxy? Oh, mein Junge, gut hörst du dich an! Dir ist nichts passiert..."

Stille.
 

"Roxas. Was in Gottes Namen hast du dir dabei gedacht? Dir hätte alles Mögliche passieren können!", äußerte seine Mutter erbost, sie sprach so laut, das es einem Schrei fast gleich kam.

Frage erledigt. Sie wußte Bescheid. Und damit hatte sich Roxas' zweite Frage auch erledigt; aus der Schlinge ziehen war nicht mehr möglich, die Konsequenzen würden morgen auf ihn zukommen und das knüppeldick.

"Junge, was haben wir falsch gemacht, das du einfach so etwas...so etwas machst?!" Seiner Mutter fehlten schon die Worte, so überrumpelt und empört war sie über die Neuigkeit, das ihr Jüngster etwas allein und ohne Aufsicht unternommen hatte.
 

Ironie und Sarkasmus breiteten sich in der Truhe, die Roxas sein Gehirn schimpfte, aus. Neben all dem Zorn und der Wut die er auf seine Eltern hatte, fanden diese noch reichlich Platz.

"Warum wohl? Warum denkst du, bin ich fort gegangen? Weil ihr mir alle Freiheit nehmt! Genau wie ihm!" Das hätte der Blonde ihr jetzt zu gerne an den Kopf geworfen. Doch er machte es nicht.

Erstens würde es die Situation nicht bessern und zweitens war dieser Axel da und Roxas wollte nicht, das er etwas von seinen Problemen mitbekam. Es ging ihm, in ordinärer Sprache gesagt, einen verdammten Scheißdreck an, was sich hier in diesem großem Haus alles abspielte.

Er sagte einfach nichts.

Ebenso ignorierte er den einschneidenden Blick, welcher von Axel kam. Was ging in diesen Momenten in seinem Kopf vor? Obwohl, es könnte Roxas auch egal sein. Genauso wie es egal sein konnte, ob er seiner Mutter etwas an den Kopf warf, was sich Jahre in seiner Truhe versteckt hatte.

Langsam sammelte er sich um das Gezeter, von wegen "Roxy, du hättest überfahren oder gekidnappt werden können" zu unterbrechen.
 

"Mutter. Hör mir bitte zu."

"...es hätte...bitte? Hast du etwas gesagt, Schätzchen?" erklang nun die plötzlich fragende Stimme am anderen Ende.

Roxas biß sich auf die Unterlippe.
 

Axel musterte ihn, oder eher die Situation. Es schien Probleme zu geben und laut der Furie am anderen Ende - er hatte jedes noch so kleine Wort verstanden weil diese Frau so laut gewesen war - hatte Roxas einen Ausflug unternommen. Doch die Problematik die dahinter steckte konnte er nicht verstehen aber es ging ihn ja auch nichts an. Er war nur das Personal. Hier hatte er nichts zu sagen, nur seinen Job zu machen.

Dennoch interessierte es ihn irgendwie. Was war daran schlimm, wenn ein Junge in seinem Alter alleine in die Stadt ging? Und vor allem übertrieb die Alte maßlos. Gekidnappt...

Der Bodyguard schüttelte den Kopf und starrte weiterhin Roxas' Rücken an.
 

"Ich möchte, das du mir zuhörst, Mutter. Bitte..." wiederholte Roxas erneut, stellte sich auf eine Diskussion ein - es war Zeit den goldenen Käfig mit all seiner Schönheit zu zerstören.
 

Wieder war es still, dann hörte er wie seine Mutter Luft holte. "Was hast du auf dem Herzen, Roxas?" erkundigte sie sich mit ruhiger Stimme. Er war sich sicher, das sie bald nicht mehr so ruhig sein würde.

Auch er holte noch einmal tief Luft und begann, nervös von einem Bein auf das andere zu springen.

"Ich habe eine Frage. Was ist so schlimm daran, wenn ich mal alleine raus gehe?"

Sein Blick wanderte zu Axel. Mit diesem wollte Roxas aussagen "vergiss, was du hörst", doch es gelang ihm nicht.

Nun sah der Rothaarige nämlich so aus, als wenn er erst recht dem Gespräch lauschen würde.

Doch dem war nicht so. Axel wußte, das es ihn nichts anging und im Übrigen würde er den Inhalt sowieso wieder vergessen, aber überhören konnte er es nicht; vor allem wenn diese Frau weiterhin so laut war.
 

"Roxas...es ist einfach gefährlich und ich will nicht, das dir etwas passiert! Reicht dir das?" war die leise Antwort.

Nein, tut es nicht. Das war ihre Standard-Ausrede. Aber Roxas hatte diese Frage auch erst zweimal gestellt. Wenn es um dieses Thema ging, wurde seine Mutter immer leise. Wie ein Mäuschen.

"Mutter - andere Jungen in meinem Alter gehen doch auch nach Lust und Lau..."

"ROXAS! Ich habe keine Lust auf Diskussionen! Du bist nicht wie andere, du bist mein Sohn! Dir darf nichts zustoßen, dir....er..."

Nun stammelte sie, kam von ihrer anfänglichen lauten Stimme wieder auf das leise Mäuschen zurück.

Erinnerungen kamen in ihr hoch, das wußte er auch so ohne ihren geschockten Gesichtsausdruck zu sehen, welchen sie nun an den Tag legte.

Denn es war wie bei Roxas. Auch in ihm wallte nun eine Welle an Erinnerungen auf. Er...

Der Junge zitterte, begann erneut zu begreifen, warum er leiden mußte.
 

Die wachsamen Augen kehrten sich von den Kameras in den Ecken des Flurs ab und musterten Roxas' bebenden Körper.

Langsam aber sicher wurde es interessant.

Aus dem anliegenden Zimmer hörte er Tai; er unterhielt sich gerade mit der Menge über irgend etwas ökologisches. Sonst war es still. Das Knarren einer Tür konnte vernommen werden.

"WARUM ICH?! HAST DU DICH SCHON MAL GEFRAGT WARUM ER FORT IST?!" donnerte Roxas urplötzlich los. Tränen flossen, tiefe Röte die mit Zorn zu begründen war, zierte sein Gesicht.
 

Es war egal.

Alles war unwichtig geworden.

Axel zuckte zusammen. Holla. Da war jemanden der Kragen gehörig geplatzt. "Roxas?! Schrei mich nicht an, hörst du! Das..."

"Du verstehst nichts. Ihr versteht nichts. NICHTS!" unterbrach ihr Junge sie nochmals lautstark, beendete das Gespräch jäh und pfefferte den Höhrer fort.

Leider in Axels Richtung.

"Woah!" stieß dieser überrascht aus als der Gegenstand seinem Oberkörper gefährlich nahe kam. Der Bodyguard fing das Telefon noch auf, es wäre ihm aber beinahe aus der Hand gepflutscht. Sichtlich verdattert schaute Axel zu dem Jungen welchen er schützen sollte. Er schaute zu Boden, dunkelrote Flecken auf dem roten Läufer verrieten, das er weinte. Was war da nur los?!
 

"Hmpf..." Kurz blickte er auf das Telefon in seinen Händen, dann auf den leise schlurzenden Jungen. Irgendwie kam er sich gerade vollkommen überflüssig vor. Sprachlos war er auch.

Wer wäre es nicht nach so einem Auftritt? Grummelnd und die Augen verdrehend schritt Axel langsam auf Roxas zu. "Hey, Kurzer. Hör auf zu flennen und benimm dich wie ein Mann!" sagte er in einem Ton, welcher leicht genervt klang. Axel haßte Heulsusen. Besonders heulende Männer; oder in dem Fall Jungen. Erstens, weil sie zu nichts zu gebrauchen waren und zweitens...
 

Roxas schaute mit leicht verzerrtem Gesicht ihn das seines Gegenübers.

Was wußte dieser Straßenschläger schon von seinem Leiden? Nichts. Genau wie seine verlogenen Eltern.

Sein Bodyguard reichte ihm das Telefon. "Pass auf wohin du wirfst, wenn du schon ausrastest." meinte er nur und richtete sich auf, nachdem Roxas es zögerlich entgegen genommen hatte.

Der Typ war mehr als seltsam. Zu diesem Schluß kam der Blonde nach einer Weile; seine Tränen waren versiegt. Noch nie hatte sich ein Bodyguard so verhalten wie dieser hier. Die meisten waren die ganze Zeit stumm und konzentrierten sich nur auf ihn oder verdächtige Personen, oder aber sie guckten nur grimmig drein und wenn man sie ansprach brummten sie wie ein Braunbär, dem man den Honig vor der Nase wegstahl. Ja, das beschrieb es treffend. Solche Leute, die sich eigentlich nicht im geringsten für einen interessierten oder einen beachteten, nannte Roxas laut Volksmund "Arschloch". Weil sie nicht den Menschen, sondern nur den verdammten Job sahen.

Roxas mochte keinen Personenschutz.

Einmal deswegen und weil es sein verhaßtes Gefühl verstärkte: Er war nichts Besseres! Er war ein Junge und nicht Zeus!
 

Axel schielte flüchtig auf seine Schutzperson. Er war froh, das er nicht mehr weinte - wie gesagt mochte er keine Heulsusen. Und das war noch milde ausgedrückt. Nein, es war noch etwas anderes was ihn dazu geleitet hatte, den Jungen wenigstens ein wenig zu beruhigen.

Axel wußte, das Roxas schon zu viele Tränen vergossen haben mußte und total ausgetrocknet war. Was dort bis eben seine Wangen passierte, war Wut. Unbändige Wut auf etwas. Der junge Mann hatte einen sechsten Sinn für Emotionen. Zwar setzte dieser nur selten ein, aber wenn dieser Sinn ihm sagte "Junge, der weint nicht aus Trauer, sondern weil ihn etwas verfolgt und eigentlich will er keine Tränen mehr vergießen" dann war es auch so. Roxas sollte, wollte nicht mehr weinen und er hatte nur nachgeholfen, mit simplen Worten aus seinen eigenen Prinzipien.

Außerdem, wenn jemand sehen würde, das der wehrte Herr weinte, wäre womöglich die Kacke am dampfen gewesen.
 

Roxas starrte Axel noch immer fragend an, so als wenn etwas Unglaubliches geschehen war.

'Drrrt, Drrrt'.

Etwas vibrierte in der Tasche, welche zu Axels langem, schwarzem Mantel gehörte. "Warum hab ich's nicht gleich ausgestellt?" fragte er sich, als der Rotschopf sein Handy hervorholte. Die Nummer. Der Hohlkopf wußte doch, das er bei der Arbeit war! Er nahm genervt ab.

"Man, du weißt doch, das ich bei der Arbeit bin! Ruf morgen oder so an!" zischte Axel knurrend, legte einfach wieder auf, klappte das Handy zu und schon war es wieder in seinem Mantel verschwunden.

"Sorry!" meinte er zu Roxas.

Der starrte ihn nach wie vor an. Super.

Noch etwas, was ihm auf den Senkel ging. Hatte er was im Gesicht oder warum glotzte der wie ein Auto ohne Licht?

'Drrt, Drrt'.
 

Himmel, Ar*** und Zwirn! Das konnte doch nicht wahr sein! Nein, diesmal würde er sicher NICHT abnehmen. 'Drrt, Drrt'.

Sollte der sich doch schwarz klingeln...

Roxas stutzte. Er hatte wieder in die Realität gefunden. "Ehm..." Er schaute sich kurz um. "Sie...können ruhig rann gehen, merkt doch eh keiner..." sagte er leise, wieder leicht zu Boden blickend.

Privatgespräche auf der Arbeit waren in diesem Job verboten - doch wer sollte das schon bemerken? Tai bestimmt nicht.

Axel zog die eine Augenbraue hoch, musterte Roxas kurz - es klingelte immer noch - dann seufzte er schließlich und rang sich zu einem hoffentlich kurzem Gespräch mit seinem Kameraden ab.

"Ja?! Was is' los? Du weißt genau, das ich..."

Er wurde stumm.
 

"Aku? Ehm...ja. Der Spiegel is im Arsch.

Du hattest sie in der Eile doch nur an den Straßenrand gestellt und son' paar Gören sind dann mit ihren Fahrrädern gerade dran vorbei geschrammt. Xemnas hat's gesehen..."

Wie hypnotisiert lauschte Axel den Worten seines Freundes. Nie und nimmer. Und wenn doch kamen die in Teufels Küche, soviel stand fest. "WAS? MEIN BABY?!" platzte es aus ihm heraus -

Roxas erschrak derartig, das er nach hinten taumelte und fast gegen eine teure Vase gefallen wäre. Was war nun kaputt?

Axel fehlten die Worte, so baff oder eher wütend war er.

"Aku? Biste noch dran?" erklang die Stimme am anderen Ende.

"JA verdammt, bin ich! Waren das Gören aus der Nachbarschaft?" entgegnete Axel gereizt, tigerte auf und ab.

Konnten die nicht aufpassen? Das Teil war teuer und vor allem hätte sonstwas zu Bruch gehen können!

So zornig war er seit einer Woche nicht mehr gewesen. Axel hatte Mühe, nicht das gesamte Haus zusammen zu pöbeln. Stattdessen begnügte er sich mit bösen Blicken die teils auf Roxas gerichtet waren, aber nicht gegen ihn. Und mit ständigem "Mistkrabben" Gefluche.
 

Nach dein paar Minuten legte er schließlich gereizt auf, wollte sein Handy schon auf den Boden pfeffern, ließ es aber als er den verwirrten Blick von Roxas auf sich bemerkte.

"Privat, okay?!" antwortete Axel erbost, wandte den Blick ab. Der Junge schaute ihn noch an, seufzte dann leise.
 

Der Rest des Abends verlief ruhig. Axel ließ nicht mehr mit sich reden, schaute nur noch grimmig drein und wenn man mit ihm reden wollte, und das wollte Roxas nun irgendwie gerne da er sich auch ziemlich langweilte, dann brummte Axel wie ein Braunbär dem man den Honig vor der Nase wegschnappte.

So entpuppte sich der vermeintlich besondere Personenschutz als ein genauso großes Arschloch wie alle bisherigen.
 

AN: Das vierte Kapitel. Ich bin wieder mehr auf Roxas Beziehung mit seinen Eltern und ein bißchen auf seine Vergangenheit eingegangen. Ich hoffe, das es euch gefallen hat! Langsam komme ich an eine Stelle, an der es interessant wird, laut Planung^^ Wie gefällt euch "Clouds darken the sky" bis jetzt? Es ist zwar noch nicht viel passiert, aber ich würde es trotzdem gerne wissen! Vielen Dank an alle Kommischreiber und Favo-Nehmer!

Bis zum nächsten Mal. Sinister-Sundown

The barrelhouse

Als Axel an diesem Morgen aufwachte, wußte er sofort das es einer dieser verfluchten "nichts klappt" Tage werden könnte.

Gestern Abend um halb zehn war er zu Hause gewesen - zuvor hatte er sich noch ein Bild von dem Schaden an seiner geliebten Maschine gemacht.

Er war glatt abgebrochen worden. Und dabei stand seine Maschine schon am Rand der Straße; in der Eile hatte er sie nicht wie üblich auf den Hof stellen können. Dazu war er zu kurzfristig beauftragt worden und da Axel zuvor noch unterwegs gewesenen war, mußte er sich leider sputen.

Und nun hatte ihm irgend so ein verlaustes Gör' den Spiegel an seinem linken Lenker abgebrochen...
 

Er hatte sich noch den ganzen Abend und die halbe Nacht darüber aufgeregt.

Nun stand der Bodyguard schlaftrunken im Bad und putzte lustlos seine Zähne.

Erst ein Klopfen am Türrahmen holte Axel aus seinen Gedanken.

Grummelnd drehte er sich um, richtete die noch recht kleinen Augen auf den Mann, der nun in der Tür stand und sich lässig an den Rahmen lehnte.

"Wolltest du heute noch zur Werkstatt?" fragte er. Der Gefragte sah ihn kurz an, drehte sich dann um, spie den Schaum der Zahnpasta aus und wischte sich den Mund ab.
 

Sein Gesprächspartner war ein groß gewachsener Mann, ungefär Mitte dreißig. Er hatte längeres graues, fast schon silbern glänzendes Haar. Seine Haut war dunkler und er hatte stechende, goldene Augen, welche verschlafen blickten.

Dieser Mann war Axel engste Bezugsperson; sein Ziehvater Xemnas.

Er war von ihm adoptiert worden, als er gerade fünf Jahre jung war. An sein früheres Leben hatte er keinerlei Erinnerungen.

Er konnte sich nicht einmal an das Gesicht seiner Mutter erinnern. Dort in seinem Kopf war nichts.

Nichts aus vergangenen Tagen. Als wenn man alles verbrannt hatte um zu verhindern, das er etwas lüftete. Wie ein Geheimnis.
 

"Keine Ahnung... wenn ich Glück hab, komm ich heute noch dazu." antwortete Axel schließlich, ging an Xemnas vorbei, der ihm mit den Augen folgte. "Was hast du heute denn noch vor?"

Xemnas stieß sich von dem Türrahmen ab und folgte seinem Adoptivsohn in das angrenzende Wohnzimmer. Dieser stand gerade vor dem Couchtisch, den abgebrochenen Spiegel in der Hand.

Grummelnd begutachtete er ihn abermals und man sah Axel an, das er sich schon wieder darüber aufregen könnte.

Sein Motorrad war sein Ein und Alles. Erstens, weil er schon immer von einer solchen Maschine geträumt hatte und zweitens, weil er mit den, meist lauten, Zweirädern aufgewachsen war.

Daher regte es ihn immer tierisch auf, wenn etwas damit nicht in Ordnung war, sei es auch nur eine Kleinigkeit.
 

Sein "Vater" konnte dies nur zum Teil nachvollziehen; klar, ihn ärgerte es auch, wenn etwas mit seiner Maschine nicht so war wie es sein sollte, aber tagelang darüber aufregen und dabei ein Gesicht ziehen wie sieben Tage Regenwetter konnte er nicht. Dazu war das Leben seiner Meinung nach zu Schade.
 

"Ich muß noch zu Xaldin. Seine Suzuki spinnt... das Übliche halt. Demy wollte auch noch was von mir..." brummte Axel schließlich als Antwort für Xemnas Frage, sah ihn genervt an und verschwand mit dem Spiegel in Richtung seines Zimmers.

"Denk' dran heute Abend da zu sein!" rief Xemnas ihm noch hinterher, ehe die Tür zuknallte.

Die Augen verdrehend ließ er sich auf das Sofa fallen. "Wie oft hab ich ihm gesagt er soll die Türen nicht so zuknallen..."
 

Nervös ging Roxas in seinem Zimmer auf und ab. Die Vorhänge waren zugezogen, und ließen die warmen Strahlen der Sonne nicht durch. Er knabberte an seinem Daumennagel, Verzweiflung zeichnete die Züge seines Gesichtes.

Da konnte er sich ja auf etwas gefaßt machen! Wie sollte er das nur erklären? Er hatte doch schon alles versucht. Selbst, wenn er seinen Eltern die Wahrheit sagte - es würde nichts nützen.

Man biß auf Granit. Sie waren zu stur und wollten nichts von der Realität wissen. Besonders seine Mutter nicht.

Wütend und mit den Nerven am Ende schmiß sich Roxas auf das Sofa, ließ den Kopf hängen. Er war abgehauen. Alleine.

Und seine Eltern hatten noch vor ihrer Rückkehr davon erfahren. Hieß doppelten Ärger, weil sich sein Vater wieder denken wird, er erlaube sich neuer Dings alles, wenn sie nicht da waren. Super.

Was durfte er sich schon erlauben? N-I-C-H-T-S.
 

Resigniert seufzend, und sich seelisch schon auf schlimmeres als Gebrüll und einen Besuch beim Psychologen - und das meinte Roxas ernst - einstellend, ging er schließlich aus seinem Zimmer, die Wendeltreppe hinunter und war sogleich froh auf niemanden zu treffen. Gerade, als er in die Küche flitzen wollte um etwas zu frühstücken, ließ ihn das Geräusch eines sich drehenden Schlüssels im Schloß der monströsen Haustür inne halten. Ein Gefühl von Panik beschlich ihn, obwohl er wußte, das seine Eltern ganz bestimmt länger bräuchten, um von ihrer Reise zurück zu kehren.

Als sich die Tür schließlich einen Spalt weit öffnete und die zierliche Gestalt Mariannes eintrat, viel dem jungen Hausherrn ein tonnenschwerer Stein vom Herzen. Da hatte er noch einmal Glück gehabt.

Sein Kindermädchen zog sich die Schuhe aus, in ihrer Hand hielt sie zwei Hundeleinen. Roxas lächelte leicht und ging ein paar Schritte in ihre Richtung. "Marianne! Waren Doge und Cooper auch brav?" entwich es ihm.
 

Marianne sah erschrocken auf; sie hatte ihn noch nicht bemerkt. Als sie Roxas schließlich sah, entspannten sich ihre Gesichtszüge und sie atmete tief aus. "Es geht schon besser. Offenbar mögen sie mich nicht so."

Sie lächelte, hing die Leinen an die Gadrobe zu ihrer Rechten und schlich förmlich auf dem rotem Teppich zu ihrem blonden Schützling. "Hast du gut geschlafen?" fragte sie dann. Ihr Gegenüber schüttelte nur den Kopf.
 

"Also nicht." Marianne schüttelte den Kopf. "Du machst dir zu viele Gedanken, Roxas..." meinte sie, und streichelte ihm durch das wirre Haar. Ja, es mochte sein, das er sich zu viele Gedanken machte...vielleicht war das auch nicht gut für ihn, aber... "Aber was soll ich sagen, wenn Mutter und Vater nach Hause kommen? Sie werden toben wie die Wilden!" gab Roxas entrüstet zurück, sah Marianne wirklich verzweifelt an.
 

Sie gab es nicht gerne zu; aber da hatte er doch selber Schuld, auch wenn sie sein Verlangen nach Freiheit verstehen konnte. Sie war sich sicher das er, sobald er volljährig war, dieses Haus verlassen würde.

Wenn er bis dahin nicht schon in der Akademie war, in die er seit einem Monat gehen sollte. Angemeldet hatte er sich nicht. Wieso sollte er hier weg? Es war doch alles in Ordnung. Er hatte gute Noten, und das im Überfluß. Warum also zusätzlich auf eine Akademie gehen? Roxas besuchte doch schon die beste Schule in der Gegend.
 

"Ich werde bei dir sein..." flüsterte Marianne nach einer Weile und umarmte den Jungen einfach. Dieser wurde sofort rot und wollte sich lösen. "L...lass das!! Das ist peinlich..." Seine Aupair kicherte nur vergnügt, drückte ihn noch fester und ließ dann erst ab.

Roxas war röter als der Teppich, auf dem sie standen. Er hatte es nicht so mit Umarmungen. Meist wurde er nervös, knallrot wie jetzt und es war ihm unangenehm, weil er es einfach nicht gewohnt war.

Nie war jemand wirklich für ihn da, nur Marianne, die lange Zeit die Mutterolle übernahm.

Doch nun ging ihm ihre Fürsorge langsam auf den Senkel. Er schottete sich ab. Machte sein Innerstes zu, so das niemand wirklich an ihn kam. Und das spürte sie. Marianne hatte Angst. Angst, den Roxas zu verlieren, den sie so mochte. Den sie all die Jahre, die sie nun schon in diesem für sie noch immer fremden Land war, kannte.
 

Ihr war alles Recht, damit sie ihn wieder aus diesem schwarzem Loch holen konnte, in dem er zu versinken drohte. Und das alles nur wegen zweier Personen, die eigentlich für ihn da sein sollten. Die ihm Aufmerksamkeit schenken sollten, nicht materielle Dinge wie Geld oder einen Fernseher. Es war so ein alt daher gelaufenes Muster... erkannten sie nicht, was ihr Sohn wirklich brauchte...?
 

Roxas seufzte. "Wollen wir frühstücken? Ich habe keine Lust, dies mit Tai zu tun..."

Tai kam immer etwas später dazu, meist wenn die anderen schon fast fertig waren. Dann bombardierte er Roxas mit Fragen und Aufgaben, die an dem jeweiligen Tag anfielen. So begann sein Morgen gleich mit schlechter Laune und das wollte er sich nicht antun. Leisen Schritts ging er wieder seinen Weg in Richtung Küche.

Marianne sah ihm nach, bis auch sie sich in Bewegung setzte.

Am Türrahmen blieb Roxas jedoch stehen. "Danke, Marianne."

"Gern..."
 


 

Er hasste es zu warten.

Genauso wie er es hasste, wenn es nach Regen aussah und schwüle, stickige Luft seine Lungen füllte. Oh ja, er hasste es...

"Sei mal so um halb elf da...", äffte Axel seinen Freund nach. Gut. Nun war er hier vor der Wohnung dieses Freundes und stand sich die Beine in den Bauch. Und es war bereits viertel vor elf.

Nun ärgerte er sich wirklich, das er mal wieder über pünktlich da gewesen war. Er wußte doch, das Demyx immer zu spät kam, egal was anlag. Diese Eigenschaft hatte schon öfters für Diskussionen, ins Besondere mit ihrem Chef, geführt. Er kam immer wieder heil davon, aber Axel schwor sich das Demyx das nächste Mal, und das war heute, den Bogen überspannt hatte. Der Rotschopf würde sich rächen und zwar fürchterlich...spätestens heute Abend...
 

Grummelnd trommelte Axel auf seinem Oberarm herum, wartete weiterhin - und dann, wie durch ein Wunder, tat sich die Wohnungstür auf, Demyx hastete hinaus und knallte zu allem Überfluß noch mit seinem gereizten Freund zusammen.
 

"Autsch...he, Aku...Sorry, hat wieder...eh...Aku?" stammelte der Blonde zuletzt, brach jedoch ab als er den Mörderblick Axels sah. Da hieß es Klappe zu oder Affe tot. In diesem Fall war Demyx der Affe. Und er hatte die Klappe zu halten.

"Wieso höre ich eigentlich immer wieder auf dich und komme pünktlich?!" herrschte Axel den Jüngeren an, verpaßte ihm einen Hieb auf den Hinterkopf, wandte sich ab und stieg die Treppen des zweiten Stocks hinunter.

"Kommst du heute noch, oder was?

Ich habe noch andere Dinge zu erledigen als auf dich zu warten!" rief Axel durch das Treppenhaus, als er an der Haustür stand und Demyx noch nicht in Sicht war.

"Jaja, sorry okay?!" wurde grummelnd erwidert, der Gerufene machte sich dann aber schleunigst daran seinem Freund zu folgen.
 

Dieser seufzte hörbar, trat hinaus und ging zu dem Parkplatz, auf dem sein Motorrad einen Platz gefunden hatte.

Auch der Musiker huschte auf den Parkplatz an ihm vorbei, denn ganz am Ende stand sein eigenes Zweirad.

Nach einer kurzen Inspizierung schwang er sich auf den stark gewölbten Sitz, nahm den Seitenständer zurück und begann damit, vorsichtig seine Maschine aus dem Parkraum zu schieben.

Danach stellte er es wieder ab, um sich Handschuhe und ein Halstuch umzubinden; schließlich wollte er keine Lungenentzündung oder einen steifen Hals bekommen.

Zuletzt stellte er sein Baby wieder auf, steckte den Schlüssel ins Zündschloss, drehte ihn zwei Mal und gab Gas -

nach ein paar Anläufen sprang der Motor schließlich an. Er warf einen kurzen Blick zu Axel, welcher gerade im Inbegriff war, loszufahren; er mußte zwar vorsichtiger sein mit nur einem Spiegel, aber es ging. Also Helm auf, Stiefel auf die Fußrasten und ab ging die Post!
 

Einige Umstehende erschraken oder sahen sich um, als die beiden aus der Ausfahrt kamen und sich mit lautem Getöse in den Verkehr eingliederten. Axels erstes Ziel war natürlich der Besuch bei einem seiner Kumpanen der Sensing Nobodies; Xaldin.

Der 'Arme' hatte mal wieder Probleme mit seiner Suzuki. Der Motor gab nicht gerade typische Geräusche von sich.

Also hatte er den Sohn seines Freundes um Hilfe gebeten, wie die anderen Male auch. Xaldin gab seine Maschine nur an Leute denen er bedingungslos vertraute und dazu gehörten die Mechaniker der nähst gelegenen Werkstatt zu ihrem Glück nicht.
 

Er konnte nämlich wahnsinnig gut Mosern, fand überall einen Makel und war sowieso der Meinung, mehr von Technik zu verstehen als jeder andere - und trotzdem schaffte er es nicht, sich selbst um das Problem zu kümmern.

"Keine Zeit!" war meistens sein Argument.

Dabei hatte man nach Meinung des Bodyguards immer Zeit, besonders für seine Leidenschaft und seine Kumpanen. Die Sensing Nobodies bestanden zur Zeit aus 12 Mitgliedern, die einfach Spaß am fahren hatten. Xemnas gründete diese Gruppierung vor vielen Jahren.

Die Meisten kannte er schon vorher, andere sind später dazu gekommen. Zu diesen gehörte auch Demyx mit dem Axel sich schneller angefreundet hatte als ihm lieb war und das in einer Schlägerei. Kaum zu glauben, das sie nun gute Freunde waren, wo sie sich zu Demyx' Anfangszeit bei den Sensing Nobodies nur in den Haaren hatten.
 

Die Motoren der beiden Maschinen jaulten, als sie über die Hauptstraße fuhren und nach einigen Minuten auf eine Schnellstraße gelangten. Axel spürte den Wind auf seiner kühlen Haut, als er schneller wurde. Wie er ihm ins Gesicht peitschte und dieses fast taub machte.

Er liebte dieses Gefühl. Wenn der Motor aufheulte, Kraft und zugleich Geschwindigkeit ausstrahlte... es war das Gefühl von Freiheit. Wenn er auf seinem Motorrad saß, dann konnte ihm keiner das Wasser reichen. Er fühlte sich wie der Herr der Welt, frei und ungebunden wie ein Vogel der seine Schwingen ausbreitete um den Himmel zu berühren. Von allem losgelöst, weit weg von Streß, Sorgen und Problemen...
 

"Free Angle..."
 

Marianne seufzte. Schon zum wiederholtem Male schaute sie durch das Fenster in der Küche. Es sah sehr nach Regen aus, vielleicht gewitterte es später sogar. Mehrere Stunden waren nun schon vergangen, die große Standuhr hatte vor wenigen Augenblicken zur vollen Stunde geschlagen -

es war jetzt sechs Uhr.

Die junge Frau schob den Vorhang wieder zurück und wandte sich um. Seit einer halben Stunde schritt Roxas auf und ab und machte Marianne damit fast wahnsinnig.

Seine Eltern hatten vorhin angerufen. Es gab Probleme am Flughafen und sie würden etwas später kommen.

Das machte ihren Jungen nur noch nervöser. Jedes mal wenn er nun eine Tür klacken hörte, und sei es nur eine Zimmertür, sah er panisch in Richtung des Geräusches und wartete auf den Henker, in Form seiner Eltern.

Solche Angst konnte nicht normal und vor allem nicht gesund sein.

Immer wieder fragte sich das Kindermädchen, wie es soweit zwischen Roxas und dessen Erziehungsberechtigten kommen konnte. Sie wußte es - und doch hatte sie das Gefühl rein gar nichts zu wissen...

Ruhig ging sie zu Roxas, der den Rücken ihr zugewendet hatte.
 

"Beruhige di-" setzte sie an, fasste ihn an seiner Schulter, schreckte aber sofort leicht zusammen.

Roxas fuhr herum, zitterte. Seine Augen waren die Angst selbst.

Fahrig ausatmend trat der Junge ein paar Schritte zurück. "B...bitte Marianne....mach das nicht nochmal, das verkrafte ich jetzt nicht..." stammelte Roxas.
 

Er hatte panische Angst. Er war es ja gewohnt, schonungslos zurechtgewiesen und angeschrien zu werden, wenn er etwas getan hatte was seiner Mutter oder seinem Vater nicht in den Kram passte; aber er war nie fortgelaufen.

Roxas mochte sich nicht mal im entferntesten ausmalen, was sie nun mit ihm machen würden.

Marianne wollte ihren Schützling gerade mit ein paar guten Worten zur Ruhe bringen, als beide Schritte auf dem Gang vernahmen. Stockend sah sich Roxas um und erblickte zu seinem Leidwesen Tai. Er war ihm immer unsympathischer geworden, Dank seiner neuesten Methoden.

Der Sicherheitsmann lehnte seinen Arm kurz an den Türrahmen. "Sie sind gerade auf den Hof gefahren" meinte er nur, lächelte leicht, drehte sich um und ging davon um seine Arbeitgeber angemessen zu begrüßen - das für den Jüngsten im Haus gerade eine Welt zusammenbrach, interessierte ihn herzlich wenig.

Er sollte seine Strafe schon noch bekommen.
 

Vollkommen überfallen senkte Roxas den Blick. Sein Herz raste und er wurde sogar ein wenig blaß um die Nase. Erst Mariannes warme Hand holte ihn zurück. "Wir gehen gemeinsam!" sagte sie leise und lächelte. Roxas starrte sie kurz an, nickte dann aber bestätigend. Langsam wollte er sich in Bewegung setzen, doch eine herrische Stimme ließ den Jungen zusammenfahren.
 

"ROXAS, KOMM SOFORT HER!" wurde von der großen Empfangshalle zu ihm herüber gebrüllt; diese Stimme gehörte eindeutig seinem Vater. Schluckend tappte Roxas nach vorne, dicht gefolgt von Marianne.
 

"Ich kann nicht glauben das er einfach so fort gegangen sein soll!"

"Wenn er hier ist, werde ich ihn danach fragen und zurecht weisen."

Stechende und müde Augen wanderten zu Tai, welcher an der Wand neben dem Hausherrn stand.
 

"Du bist genauso Schuld daran, sollte es wirklich stimmen. Was in Gottes Namen ist dort schief gelaufen, Tai?!" setze der ältere Herr schroff hinzu, während er sich aus seinem schwarzen Anzug schälte. Er hatte kurz rasiertes, schwarzes Haar, war blass und von mittlerer Größe.

Sein Angestellter nickte bestätigend; für das was seine Belegschaft, für die er zuständig war, verbockt hatte mußte er nun gerade stehen. "Es tut mir Leid Sir, aber genaueres kann ich noch nicht sagen. Es ist noch nicht klar, wie ihr Sohn an dem Haupttor vorbei kommen konnte."
 

Nun schaltete sich auch Roxas Mutter in das Gespräch ein.

"Deine verfluchte Affenbande hat gepfuscht und meinem Roxas hätte alles mögliche ohne Begleitung passieren können!

Wenn du nicht bald dafür sorgst, das etwas derartiges nicht wieder passieren kann, VERGESSE ICH MICH NOCH!" äußerte sie am Ende laut und hysterisch. Sie war mit den Nerven vollkommen am Ende. Ihr helles, blondes Haar war zerzaust und nicht wie sonst auch absolut sorgfältig.

Die Augenlider lagen schwer auf den azurblauen Augen und doch sah man dieser Frau an, das sie jeden Moment explodieren könnte. Und dieser Moment schien gekommen zu sein, als ihr Sohn zögernd eintrat.
 

"ROXAS!" gellten beide Elternteile wie aus einem Mund; dessen Mutter stürzte auf ihn zu und packte ihn an den Schultern.

"Stimmt das? Warst du draußen? Alleine?" überfiel sie ihn ohne Umschweife.

Eine Zeit lang hörte man nichts und Marianne, die neben Roxas stand, wollte schon etwas erwidern...

Dann ertönte ein immer lauter werdendes Schlurzen.

Verdammt.
 

Er wollte doch nicht mehr weinen! Wie war das noch möglich? Er mußte doch schon vollkommen ausgetrocknet sein!

Tausende hatte er schon vergossen - Roxas war es derartig Leid geworden. Es hatte ihm nie etwas gebracht, außer dem ständigen, heuchlerischen Trösten, welches eher einem Vertrösten gleich kam.

Ruckartig schaute er nun auf, riß sich grob aus dem Griff seiner verwirrt schauenden Mutter. Sie war wirklich verwirrt!
 

"IHR SEID SCHULD! WEGEN EUCH BIN ICH GEGANGEN!!" platze es aus dem Jungen heraus. Er hatte keine Macht mehr über seinen Verstand oder das was er sagte.

Eigentlich wollte er nicht dermaßen die Fassung verlieren. Doch etwas in ihm schrie auf, zwang ihn dazu, zu explodieren und etwas zu unternehmen. Ganz gleich was für Konsequenzen es mit sich brachte, dieses Etwas wollte das er sich endlich ganz und gar auflehnte.

Geschockt wurde er von den Umstehenden angesehen. Ungläubig starrten sie auf seinen bebenden Körper, ehe sich der erste "traute" etwas zu sagen.
 

"Roxas... was meinst du damit? Was sollen wir getan haben, das du einfach so-" fragte sein Vater, wurde aber jäh unterbrochen.

"DAS FRAGT IHR NOCH? IHR SEID SO UNMENSCHLICH, IHR-"
 

Der Schall übertönte jeden anderen Laut, selbst das überraschte aufjapsen Mariannes. Abrupt wurde sein Kopf zur Seite geschlagen, das Blut schoß ihm ins Gesicht und seine Wange rötete sich augenblicklich. Perplex starrte Roxas an die Wand, als seine Mutter ihm eine kräftige Ohrfeige verpasst hatte.

"Wage es nicht noch einmal, in einem solchen Ton mit uns zu reden, Roxas!" Ihre Stimme bebte, war fast schrill und verriet das sie die Fassung komplett verloren hatte.

Marianne starrte die Gattin ihres Chefs an. Noch nie hatte einer der beiden die Hand erhoben. So schlecht die Erziehungsmethoden aus ihrer Sicht auch waren; beide hatten sich praktisch geschworen, Roxas nie zu schlagen. Doch dieses Gebot war nun gebrochen worden.
 

Noch immer war er wie erstarrt.

Wie....was war geschehen? Hatte seine Mutter ihn gerade wirklich geschlagen? Hatte sie gerade wirklich... die Hand gegen ihr eigen Fleisch und Blut erhoben?

Stockend führte Roxas seinen Blick wieder auf die Gestalt seiner Mutter. Sie sah geschockt aus, ihre Hand, welche noch immer in der Luft war, zitterte. Dann keuchte sie.

Niemand konnte etwas sagen. Zu bizarr war die Szene, die sich ihnen bot. Selbst die Wut des Vaters auf seinen Sohn ebbte durch den regelrechten Schock ab. Was war in seine Frau gefahren? Das war nie ihn ihrem Sinn gewesen...
 

Wie aus Reflex setzten sich plötzlich seine Beine in Bewegung und hasteten die Treppen hinauf in sein Zimmer. Heiße Tränen benetzten sein gerötetes Gesicht. Er konnte nicht glauben was gerade passiert war.

Sie hatte ihn geschlagen... hatte sie damit vielleicht etwas ausdrücken wollen? Hass vielleicht...?

Roxas schlug seine Zimmertür auf, knallte sie sofort wieder zu. Ohne darüber nachzudenken, was er tat, nahm er erneut den kleinen Schlüssel aus seinem Versteck. Auf die Kameras achtete er nicht.

Rasch durchquerte er sein Zimmer.

Dann stieß Roxas erneut die Balkontüren auf, um erneut seinen Weg nach draußen zu nehmen. Diesmal ging es fast wie von selbst. Vielleicht war er zu geschockt, aber Roxas vergaß ganz und gar seine Höhenangst.

Fast in Windeseile kletterte er die Zierkirsche hinab und rannte durch den Garten. Das er dabei von den Kameras aufgenommen wurde, interessierte ihn nicht. Etwas leitete ihn.

Er wollte nur noch fort. Fort von hier, diesem verhasstem Ort.
 

Eine metallerne Stimme riß Tai aus seiner Fassungslosigkeit. Schnell führte er seine Linke zu seinem Ohr. "Ja...?" flüsterte er; einer seiner Männer nahm per Ohrstecker Kontakt zu ihm auf.

"Wir haben Roxas im Garten gesichtet...er will anscheinend zum Haupttor!" erklärte man ihm, ihm Hintergrund wurde bereits getuschelt und beraten, ob sie auch ohne Einverständnis handeln sollten um Roxas wieder "einzufangen".

"Was...?! Schon wieder?" erfuhr es Tai leise, er drehte sich um und sprach weiter.

"Aber er kommt nicht raus, oder? Behaltet ihn ja im Auge, habt ihr verstanden?!" Er brach den Kontakt ab, ohne auf eine Antwort zu warten, was hier sicher von Vorteil gewesen wäre. Nun wußten seine Männer nämlich, wie Roxas entkommen konnte.
 

Tai dachte nicht lange darüber nach - er würde sofort handeln, aber er durfte nicht ohne die Zusage seiner Arbeitgeber handeln. Eine Weile wartete er; weder sein Chef, noch dessen Frau rührten sich.

"Sir...Roxas ist wieder im Inbegriff, den Hof zu verlassen. Wenn wir uns beeilen, können wir ihn noch schnappen, bevor er in die Stadt gelangt..." meinte Tai nun und trat an den Hausherrn heran.

Dieser beachtete ihn erst nicht.

Langsam trat er an seine Frau. "Cassandra...was ist in dich gefahren? Hast du dich in deiner Sorge ganz vergessen...?" sprach er sie an, legte vorsichtig eine Hand auf die zierliche Schulter.

Sie erschrak. Ihr fast leerer Blick richtete sich auf ihren Mann, welcher besorgt und verwirrt schaute.
 

"I...ich...er hat gesagt...ich..."

Stammelnd ging Roxas Mutter in die Knie. Erst jetzt realisierte sie wirklich, was sie getan hatte. Es war wie in Trance geschehen, als sie diese Worte aus dem Mund ihres Sohnes hörte, legte sich ein Schalter in ihrem Kopf um und sie handelte ohne nachzudenken. Nun bereute sie es...
 

Es grollte bereits, als Roxas planlos durch die Straßen rannte.

Der Himmel kündigte Regen an, schwere Wolken verdunkelten den Himmel.

Hin und wieder sah er sich um, versuchte sich zurecht zu finden, doch er war viel zu aufgelöst um zu registrieren wo er wirklich war.

"Warum...warum hat sie mich geschlagen? Habe ich wirklich etwas so schreckliches getan? Hasst sie mich vielleicht? Hat sie es schon damals getan? Ertrug sie mich nicht mehr...?"

Solche und viele andere Gedanken huschten durch seinen Verstand, verunsicherten den Jungen zusehends. Was sollte er nun machen? Wenn dem so war, dann konnte er doch unmöglich zurück!

Sie würden ihn nur noch mehr foltern...

Roxas blieb stehen. Warum dachte er noch an seine Eltern? Er war doch gerade wegen ihnen geflohen! Warum dachte er daran, zurückzugehen, wenn auch nur für einen kurzen Moment...?

Er war aus seinem Gefängnis erneut entkommen, das war es, was nun zählte.

Noch ein letztes Mal schlurzend wischte sich der Blonde die Tränen aus dem Gesicht und ging langsam weiter. Wo sollte der nun hin? Sie würden ihn sicherlich suchen. Aber diesmal würde er nicht zurück kommen. Nie mehr.

Es war vorbei, sein Leben hinter weißen Mauern!
 


 


 

Grinsend sah Axel zu dem großem, mit Licht untermalten Schild auf. Irgendwie freute er sich schon auf diesen Abend; endlich wieder mit allen zusammen einen trinken!

"Demy, beweg deinen Arsch her!" rief er seinen blonden Kumpanen zu sich, welcher anscheinend noch auf dem Parkplatz zu gange war. Demyx streckte sich, als er auf den Rotschopf zu kam.

"Es sind noch nicht alle hier. Ich habe bis jetzt nur vier entdeckt..." meinte er und nickte kurz in die Richtung, aus der er kam.

Damit meinte er die Motorräder, die er gerade gesehen hatte. Sie gehörten alle Mitgliedern der Sensing Nobodies. Aber es waren zur Zeit nur vier, Axels Maschine nicht mit einbezogen. Demyx war zu Fuß gekommen, seine Wohnung war nicht weit von hier entfernt.
 

"Also, woll'n wir?" fragte Axel belustigt, und sah noch einmal auf das Schild der Bar, in der sie sich heute mit allen treffen wollten. Demyx nickte, auch er freute sich schon sehr darauf, die anderen zu sehen.

Gerade, als Axel die Tür zum "Thirsty Devil" öffnen wollte, ließ ihn ein Motorengeräusch inne halten. "Na, wer kommt den da angeeiert..." war sein Kommentar, als er Xaldin mit seiner Suzuki einparken sah.

Lächelnd ging er zu ihm herüber.
 

"Hey... schnurrt sie wieder?" fragte er, nun nahm seinem Freund den Helm ab. Xaldin sah zu ihm auf und klopfte ihm auf die Schulter. "Einwandfrei, Axe."

Damit stieg er ab und die beiden umarmten sich freundschaftlich zur Begrüßung - eine Art Ritual, wenn man sich unter den Fahrern der Sensing Nobodies sah.

"Hey Xal, ich bin auch noch da!" meldete sich Demyx frech zu Wort und streckte dem Älteren den Zunge heraus.

Dieser führte nur seinen Daumen zum Hals und ließ ihn über seine Kehle fahren, während er ein gurgelndes Geräusch von sich gab.

"Wer hat dich denn mitgeschleppt, Kleiner?" erkundigte er sich nun leicht grinsend und zurrte sein Haargummi zurecht, damit ihm die langen, schwarzen Haare nicht ins Gesicht fielen.

"Frag' deinen Mechaniker!" antwortete Demyx grinsend und machte die Tür auf.

Die beiden folgten ihm, wobei Xaldin und Demyx sich noch einmal begrüßten.

Stickige Luft kam ihnen entgegen, Zigarettenrauch verschleierte einem sofort die Sicht. Hier fühlte man sich gleich irgendwie zu Hause. Laute Musik ließ den Boden vibrieren, an der überfüllten Bar lachten sich mehrere Gestalten die Kehle aus dem Hals und stachelten sich gegenseitig dazu an, mehr zu trinken als man vertrug.

Ein paar Umstehende grüßten die drei neuen Besucher, andere begutachteten sie mit Skepsis.
 

"Man...wie lange waren wir nicht mehr hier?" Demyx drängelte sich an einem bulligen Mann vorbei, welcher ihn schief und so, als ob er sich gleich auf ihn stürzen würde, ansah.

"Keinen blassen Schimmer...viel zu lange wenn du mich fragst... da ist der Rest!" antwortete Axel beiläufig und zeigte auf eine ziemlich abgelegene Sitzecke in der Nähe der Bar.

Dort saßen, wie von Demyx vermutet, vier Personen: Xemnas am Rand, neben ihm eine junge Frau mit kurzen blonden Haaren. Gegenüber dieser saß jemand mit längeren blauen Haaren, ungefär in dem selben Alter wie Xemnas. Daneben saß ebenfalls jemand mit langen Haaren und einer Augenklappe.

"Da seid ihr ja endlich...schon mal was von Pünktlichkeit gehört?" witzelte der Mann mit der Augenklappe und nahm einen großzügigen Schluck aus seinen Glas. Sein Name war Xigbar.
 

"Du bist doch selbst erst vor 10 Minuten angekommen, Xiggy! Nun makier' hier nicht den Oberen!" fuhr ihm die blonde Schönheit neben Xemnas nun ziemlich schroff ins Wort. Axel schüttelte den Kopf und begann, seine Kumpanen zu begrüßen. Dann setzte er sich dazu und bestellte drei Bier.

"Wann kommen die anderen?" fragte er nun, als sich Demyx zu ihm gesellte und Larxene, der Blonden, zu zwinkerte.

Sie streckte ihm die Zunge heraus und zeigte ihm den Vogel.

Xemnas sah dem genervt zu, bis er schließlich einen Blick auf das Display seines Handys warf.

"Lexaeus und Marluxia kommen noch... der Rest mußte absagen."

Seufzend lehnte sich Xaldin zurück und beobachtete das Treiben in der Bar. "Was war nun wieder? Wenn du sagst, alle müssen kommen, dann haben sie doch auch hier anzutanzen, oder?

Da kommt man schon hierher um seine Kumpels nach langer Zeit wieder vollständig zu sehen, und dann fehlen wieder welche!" grummelte er, gesellte sich zu Demyx und sah seinen Superior an. Dieser seufzte.

"Xal, wenns nicht geht geht's nicht. Da kann ich dann auch nichts machen, okay..." antwortete er und stellte sein Glas ab.

"Wenn deine Alte sich den Fuß bricht und du mit ihr zum Doc mußt, kann ich doch auch nicht verlangen, das du deinen Arsch herbewegst, oder?"

"Erinnere mich bloß nicht an meine Alte! Die hätte ich gestern würgen können, echt..."

"Wieder zoff, oder was?" setzte Demyx hinzu und stieß ihm in die Seite, wofür er gleich einen Schlag auf den Hinterkopf kassierte.
 

"Ihr habt echt zu viel gesoffen, Leute..."
 


 


 

Der Regen hatte seine Haut taub werden lassen. Roxas wußte nicht, wie lange er nun schon in der Stadt unterwegs war, aber er wollte nur noch eins: irgendwo hin, wo es trocken war und er nicht mehr fror. Doch wo sollte er Zuflucht finden? Er kannte hier schließlich niemanden. Sonst wäre es einfach gewesen.
 

"Warum verfolgt mich dauernd das Pech...?" fragte er sich selbst, während er sich den Regen vergebens aus dem Gesicht wischte. Seine Haare hingen schlaff an seinem Gesicht herunter, die Kleidung war bis auf die letzte Faser durchnäßt.

Kraftlos kam er an einer Kneipe vorbei. Zögernd sah Roxas auf das Schild; die laute Musik hörte man selbst durch das Rauschen des Regens noch deutlich.

Der Junge saß sich kurz um.

Sollte er hinein gehen? Dort war es bestimmt warm...

"Besser als nichts..." schoß es ihm durch den Kopf, als er nach einer Weile des Überlegens die schwere Tür einen Spalt breit öffnete und hindurch schlüpfte.

Roxas keuchte, als die stickige Luft seine Lungen füllte. Kurz hustete er, sah sich dann ein wenig ängstlich um. So viele Menschen! Er bekam eine Gänsehaut als sich einige Blicke auf ihn hefteten. Die meisten sahen ganz und gar nicht freundlich aus... Aus Angst wollte Roxas schon wieder das Weite suchen, doch bevor er die Tür wieder aufziehen konnte, wurde er an der Schulter gepackt und groß herum gedreht.
 

"Was sucht son' Stöpsel wie du'n hier?!" wurde er gefragt, der beißende Geruch von Alkohol stieg ihm in die Nase.

Der Gefragte konnte nicht antworten. Er war viel zu verschreckt.

Der Mann, der ihn angesprochen hatte, grummelte und zog Roxas ohne Vorwarnung zur Bar, setzte ihn auf einen der Hocker und musterte den Jungen. Wenn seine Sinne nicht schon so von dem Alkohol benebelt worden wären, hätte er gesehen, wie geschockt Roxas aussah.
 

"Kannsu' nich lesen, Kleine? Da am Eingan' is ein Schild ' für Minderjährige nur mit Begleitun' Zutritt'!"

Kleine?! Er war doch kein Mädchen! Oder sah er etwa so aus?!

"Ähm...Mister...ich äh..." versuchte er das Mißverständnis zu klären, jedoch wurde er von zwei anderen Männern zum Schweigen gebracht -

sie waren mindestens genauso abgefüllt wie die Glatze, die Roxas hier her gesetzt hatte.

"Weissu, wir sin' gar nich so üble Kerle... mit uns kann man richtich Spaß hab'n!" sagte der eine und legte Roxas seinen Arm um die Schulter. Sofort fühlte er sich wahnsinnig unwohl in seiner Haut und versuchte weiter weg zu rücken.

"Kommt mir nicht näher...warum bin ich hier rein gegangen?! Ich hätte doch wissen sollen... Oh Gott, ich bin so doof-" dachte er sich panisch, brach aber ab.

Der zweite leckte ihm über die Wange!

"Soll ich dir was schönes zeigen, Kleines?!" lallte er in seinem Rausch und grinste schief; auch dieser hielt Roxas für ein Mädchen...
 

Grummelnd sah Xigbar in sein leeres Glas. "Axel? Kannst du losgehen und mir mal noch ein Bier besorgen!? Büdde..." schnorrte er und sah Axel mit erwartungsvollen Augen an. Zuerst wollte Axel nicht den Besorger spielen, aber da in seinem eigenen Glas gähnende Leere herrschte, entschloß er sich, doch zur Bar zu gehen und für Xigbar mit zu bestellen. Also erhob er sich kurzer Hand, nahm die beiden Gläser und tappte zur Bar.

Axel drängelte sich durch die Menschenmengen hindurch und wollte gerade nach dem Barkeeper rufen, als ihn eine verängstigt klingende Stimme innehalten ließ. Verwundert stellte er die Gläser ab -

den Jungen kannte er doch!
 

AN: Puh, endlich fertig! Entschuldigt bitte, das es so lange gedauert hat, aber ich stecke momentan noch im Prüfungstress (ab nächste Woche Mittwoch nicht mehr :). Wie hat es euch gefallen? Es ist diesmal besonders lang geworden, was es eigentlich nicht sollte... naja. Nun gehts ja los... mal sehen, wie Roxas da wieder raus kommt! *grins*

Über ehrliches Feedback würde ich mich sehr freuen! (ich glaube nämlich, das ich immer ziemlich um den heißen Brei rede oder ist es in Ordnung, so wie es ist?). Bis zum nächsten Mal und Danke für eure Kommentare, Sinister-Sundown

Salvations, deals and surprises

Ihm lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, als er gegen den Pfeiler bei der Bar gedrückt wurde. Der Junge zitterte am gesamten Leib - so etwas hatte er noch nie erlebt und kam auch nicht im entferntesten auf die Idee, sich zu wehren.

Er war im wahrsten Sinne des Wortes überfordert. Nicht nur, das es für ihn sichtlich unangenehm war, Fremden so nah zu sein, nein, die ganze Atmosphäre machte ihm irgendwie Angst.

In dem Moment, in dem der Erste ihm mit seinen sabbernden Lippen gefährlich nahe kam, verfluchte Roxas den Regen der ihn dazu getrieben hatte, überhaupt daran zu denken, einen Fuß in diese Bar zu setzen.

"La...lassen Sie das! I...ich bin kein Mädchen!" stammelte Roxas viel zu leise, als das ihn jemand hören konnte, allein durch die laute Musik.

Und es würde sicher auch keiner kommen und ihm helfen. Der Barkeeper war mit ausschenken beschäftigt, die Umstehenden waren selbst zu besoffen um noch etwas mit zu bekommen, es war ihnen egal oder aber die brachten nicht die nötige Zivilcourage auf um einem Jungen, der hier eigentlich nichts zu suchen hatte, zu helfen.
 

"Komm schon! Hab disch nisch so, Kleines!" entgegnete er, Roxas Worte zum Thema Mädchen hatte er wohl nicht gehört oder aber perfekt ignoriert.
 

"Wraaah!" japste Roxas' Belästigter plötzlich, als er an seinem Pferdeschwanz unsanft nach hinten gezogen wurde und sein Kopf nun stark im Nacken lag. Er sah in zwei zornige grüne Augen.

"Lass die Finger von dem Kleinen, Knackfuß!" zischte Axel gereizt - ihn regte es auf, das niemand etwas unternommen hatte.

Der Motorradfahrer packte den leicht Knurrenden fester am Schopf und zog ihn mit einem kräftigen Ruck so weit nach hinten, das dieser den Boden küßte. Dabei trat er einen Schritt bei Seite.

Abwertend schaute er noch einmal auf den am Boden Liegenden, ehe Axel sein Augenmerk auf den vollkommen geschockten Roxas richtete. Der Junge realisierte erst jetzt, wer ihm da eigentlich aus dieser mißlichen Lage holen wollte: Das war doch dieser Axel von gestern!

Aber bevor es zu irgendwelchen Worten kommen konnte, bildete sich um Roxas "Retter" eine kleine Schar betrunkener Barbesucher, die es wohl nicht gerne sahen, wenn man ihren Kollegen das morsche Laminat grüßen ließ. Unter ihnen waren auch die Glatze und seine beiden Kumpanen, welche von Roxas vorerst abgelassen hatten.
 

Axel sah sich kurz um, schnaubte dann nur.

"Nur in der Gruppe stark, was? Na dann kommt doch her! Kieferbruch gibt's heute umsonst!" feixte er. Alle Mal würde er es mit einem Haufen unzurechnungsfähiger Leute aufnehmen -

doch eigentlich er wollte keinen Ärger machen. Das führte oft nur zum Rauswurf, und das wollte er seinen Freunden nicht antun. Aber den Jungen, was immer ihn gerade hierher geführt hatte, konnte er ebenfalls schlecht alleine lassen. Zudem steckte Axel bereits mitten im Geschehen, denn von außen hallten nun laute Rufe zu den Kontrahenten.

"Schlägerei!" hieß es.
 

Einen Moment später schnappte sich Axel wortlos Roxas und drängte sich durch die Reihen. Kurzzeitig herrschte Verwirrung, raunen fuhr durch die Reihen; doch bald darauf schallten laute Rufe der Empörung über dieses schlichte Handeln wieder, der Rotschopf wurde ausgebuht und als feige hingestellt, dabei wollte er nur das Schlimmste vermeiden. Verletzte.

Es ging ihm wortwörtlich am Arsch vorbei was der Mob von seinem Verhalten hielt.
 

Roxas sah verwirrt zwischen Axel und der brüllenden Menge hin und her - was sollte das? Wollte er ihm wirklich helfen oder wollte er nur...

"Eh...ähm...waah!" erfuhr es den Jungen, denn einer der Typen stürzte torkelnd auf sie zu; Axel sah es nicht denn er war mit dem Rücken zu dem Angreifer gewandt.

Roxas kniff die Augen zu, es wurde ausgeholt -

Axel schnappte sich ohne hinzusehen die Hand des Betrunkenen, drehte sich, packte seinen Gegner dann unter dem Arm, ging leicht in die Hocke und schleuderte ihn einfach über seine Schulter in die Menge.

Viele tobten wild auseinander und andere kreischten vor Schreck, nicht zu letzt der Leidtragende selbst, welcher nun stöhnend auf dem Boden lag und sich den Kopf hielt.

Ohne sich weiter darum zu kümmern und im Geheimen hoffend, das er mit dieser Aktion nicht schon übertrieben hatte, zog Axel Roxas weiter hinter sich her. Der Kleine mußte erstmal außer Sichtweite.

Dieser war einfach nur verwirrt und zudem noch immer überfordert.

Nachdem Axel ein wenig Remmidemmi veranstaltet hatte, war es ruhiger. Niemand traute sich, noch einmal an ihn, geschweige denn Roxas heran.
 

"Weiß jemand, was da gerade los war?"

"Deinen Jungen kann man echt nicht von der Leine lassen wenn man mal einen Saufen geht!"

"Jetzt haltet die Klappe. Warten wir, bis er wieder hier ist."

Xemnas lehnte sich zurück und versuchte seinen Sohn ausfindig zu machen. In der Menge, dem Zigarettenrauch und der lauten Musik war das gar nicht mal so leicht. Die Bar konnte man zwar von dort aus sehen, aber...
 

"Jungs, Mädels, ich hab jemanden mitgebracht. Keine Fragen, denn ich muß selbst mal mit dem Kurzen sprechen." Axel zog einen Stuhl vom Nachbartisch an die Sitzecke und bugsieren Roxas ziemlich grob auf diesen.

Dann setzte er sich daneben und sah den Jungen, welcher inzwischen sichtlich verlegen zu Boden starrte, erwartungsvoll und zugleich ein wenig wütend an.

"Was suchst du hier?"

Keine Antwort.

Zehn Augenpaare richteten sich skeptisch und ebenso fragend auf den Minderjährigen, den Axel urplötzlich, so schien es ihnen, hervor gezaubert hatte. Xemnas gefiel das gar nicht. Ein Minderjähriger zwischen ein paar Motorradfahrern in einem Lokal kam nie gut an. Vielleicht führte das noch zu unangenehmen Fragen und Problemen... und überhaupt, was hatte er mit diesem Jungen zu schaffen?
 

"Ah?"

Vier der Augenpaare weiteten sich plötzlich. "Den Knirps kenn' ich doch!!" riefen Demyx und Xaldin wie aus einem Mund und zeigten über den Tisch hinweg auf Roxas.

Erschrocken schaute er auf, seine blauen Augen huschten hektisch zwischen den beiden Gesichtern hin und her, bis er schließlich einordnen konnte woher er die Gesichter kannte. Eines war ihm besonders in Erinnerung geblieben.

Zögernd zeigte er auf Xaldin.

"Sie..Sie sind doch der Taxifahrer von neulich!"

Perplex starrte Xaldin auf Roxas.

"Du fährst Taxi?!" stellte Demyx mit verblüfften, gaffenden Gesichtsausdruck fest, kassierte jedoch abermals einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf. Der hatte gesessen.

"Schnauze!" keifte Xaldin und ließ sich wieder auf seinen Platz nieder. Das es ihm peinlich war, konnte er kaum verstecken - schließlich sollte nie jemand von seinem Nebenjob etwas spitz kriegen.

Nun hatte Roxas wirklich die volle Aufmerksamkeit der Sensing Nobodies, besonders die von Xemnas; er und die Mitglieder zogen es aber erst einmal vor zuzuhören, wie Axel es ihnen gesagt hatte.

Es war aber nicht in Roxas' Sinne und er hätte sich am liebsten verdünnisiert. So viele fragende Gesichter, die auch noch so unheimlichen Gestalten gehörten...

Ein Schnippsen vor Roxas' Gesicht holte ihn wieder zurück.

Axel saß nun mit verschränkten Armen da und musterte ihn.

Dann setzte der Bodyguard wieder zu seiner Frage an.

"Was machst du hier, Roxas?"
 

Er hörte seinen Namen. Leicht schielte er weg.

"I...ich wollte aus dem Regen raus..." flüsterte er, traute sich einfach nicht den Mund richtig aufzumachen.

"Kurzer, sprich lauter sonst versteh' ich dich nicht!" knurrte Axel sichtlich gereizt.

Roxas richtete seine trüben Augen nun wieder ganz auf seinen Gesprächspartner, schluckte kurz. Er bekam eine Gänsehaut, wenn er daran dachte wie viele ihm nun zuhörten, wie viele ihn mit ihren Blicken durchbohrten, und wie viele ihm am liebsten verschleppt hätten wäre Axel nicht da gewesen.

"Ich wollte aus dem Regen raus." sagte der Junge nochmals, aber nun in einer Lautstärke, welche den Umständen entsprechend angemessen war.

Axel zog skeptisch eine Braue hoch.

"Kleiner, das nehm' ich dir nicht ab..." knurrte der Ältere und zog leicht an Roxas' Arm, so das dieser ihm direkt in die Augen sehen mußte, "...die bei dir zu Hause würden dich doch niemals allein raus lassen!"

Bei diesen Worten zuckte Roxas leicht zusammen. Sie entsprachen voll und ganz der Wahrheit, und dabei kannte Axel seine Familie und die vollen Umstände die bei ihm herrschten nicht einmal.
 

Seine Blicke wanderten hin und her. Nun stellte Xemnas geräuschvoll sein Glas ab, so das Axel es bemerken mußte und ihn ansah.

Auch der Rest wurde nun langsam ungeduldig; zumal auch kein Außenstehender sich einfach zu ihnen gesellen durfte - es war ein privates Treffen, nur für Mitglieder und da hatte niemand anderes etwas zu suchen, ob nun Verwandter oder bester Freund.

"Axel, sag mir was hier los ist und woher du den Bengel kennst!" meinte der Superior bestimmt, stützte die Ellenbogen auf dem Holztisch ab, legte seine Hände übereinander und ließ sie schließlich vor seinem Gesicht ruhen.

Die Augen seines Ziehsohnes verengten sich zu Schlitzen, er musterte ihn und gab dann schließlich einen Seufzer von sich.

Axel fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, richtete seinen Blick noch einmal auf Roxas, dann wieder auf die Mitglieder der Sensing Nobodies.

"Ihr wißt doch, das ich gestern kurzfristig noch einen Auftrag bekommen hatte."

Einstimmiges Nicken.

Xaldin schielte kurz zu Roxas, brummte.

Der Bodyguard zeigte mit dem Daumen auf den Kleinen.

"...ich sollte auf ihn aufpassen. Daher kenn' ich den Kurzen. Aber was hier los ist weiß ich nicht. Noch nicht." antwortete er schließlich.

"Dann soll der Bengel endlich mit der Sprache rausrücken und sich wieder verziehen, verdammt! Der hat hier nix verloren!"

Roxas blickte sich erschrocken um. Da war aber jemand wirklich nicht erfreut ihn hier zu sehen. Nun gut, er wußte ja das er hier eigentlich nichts verloren hatte, gerade nach der Aktion mit der Glatze und seinen Freunden. Aber... wo sollte er hin? Zurück in Teufels Küche wollte er ganz sicher nicht!
 

"Ruhe da, Saix... ich will erst wissen, was ihn wirklich hierher geführt hat. Danach kann man ihn immer noch rausschmeißen..." wies Xemnas den Mann mit den längeren, blauen Haaren zurecht. Dieser Saix warf seinem Boss einen kurzen, bissigen Blick zu, eher er sich schnaubend wieder seinem Getränk widmete.

Schön und gut, Axel kannte ihn weil er seine Schutzperson gewesen war, aber warum war der Junge wirklich hier? Das er Zuflucht vor dem Regen gesucht hatte wäre noch nicht einmal als Notlüge durchgegangen.

Nun meldete sich Demyx zu Wort.
 

"Hey, Rox...sag doch warum du hier bist. Reißt dir doch keiner den Kopf ab!" versuchte er Roxas dazu zu bewegen, endlich die Wahrheit zu sprechen. Doch er wurde wieder unterbrochen.

"Wer weiß...vielleicht reißt ihm ja doch einer die Birne ab!?" meinte Xigbar grinsend und amüsierte sich nur noch mehr, als Roxas ihn verängstigt ansah - hatte der Junge denn keine Menschenkenntnis? Es war doch nur ein Scherz um ihn auf die Palme zu bringen! Ein Seufzen ertönte, und Roxas sah, wie sich die einige Frau am Tisch zu ihm vorbeugte.

"Mensch Kurzer, das war doch nur ein Scherz! Mach doch nicht gleich so ein Gesicht! Der Alte da drüben ist zwar manchmal etwas senil und schräg, aber eigentlich ist er aus nehm prima Holz geschnitzt!" meinte Larxene lächelnd und lehnte sich zurück.

"Aber vom feinsten, nicht Oldie?", wurde kommentiert - und der gesamte Tisch, mit Ausnahme zweiter Personen, brach in schallendes Gelächter aus. Als sich diese kurze Einlage schlechten Humors gelegt hatte, war es wieder still und abermals warteten sie auf die wahrheitsgemäße Antwort von Roxas. Dieser schwieg noch eine Weile, bis er merkte, wie Axel ungeduldig mit dem Fuß wippte - Kinder!
 

"... ich...ich bin von zu Hause weggelaufen..." brachte der Junge schließlich hervor, hoffte inständig das nun keine allzu unangenehmen Fragen kommen würden. Doch das könnte er sich wohl getrost abschminken.

Axel stieß einen Pfiff aus und musterte Roxas genau - sein sechster Sinn hatte wieder zugeschlagen.

"Haste es nun nicht mehr ausgehalten? Oder ist etwas passiert?" harkte er nach. Es interessierte Axel irgendwie, denn seit er die Situation, die bei diesen Herrschaften zu gegen war, halbwegs mit bekommen hatte konnte er sich gut vorstellen, das selbst dem bravsten Hosenscheißer irgendwann der Kragen platzt.

Und bei Roxas wäre es definitiv bald so gekommen.

Da war er sich bereits sicher gewesen, aber den Gedanken daran hatte Axel schnell wieder verworfen, schließlich mußte er nur darauf Acht geben, das Roxas nichts geschah und er keine Ausflüge unternahm. Was danach passierte brauchte ihn nicht mehr zu kümmern - er war ja nur für einen Abend beauftragt worden. Mehr nicht.
 

"Axel...sag mal, was war eigentlich los da? Hatte der Junge Grund zum abhauen oder wie versteh' ich das jetzt...?" fragte Xaldin, sah kurz zu Roxas. Er mochte noch immer nicht antworten und anscheinend fand er das abgelaufene Laminat interessanter als ihre Gesichter, denn er starrte nun zu Boden. Und das ziemlich geschockt, so wie es Xaldin beurteilen konnte. Also mußte dort wirklich die Kacke am dampfen gewesen sein.

Allerdings wäre es nur verständlich wenn der Junge nicht antworten würde - sie waren Fremde und sahen zugegeben nicht gerade vertrauen erweckend aus mit ihren langen schwarzen Mänteln.
 

Xemnas' Ziehsohn seufzte laut, lehnte sich zurück und lugte zur Decke. Da fragten sie ihn Dinge!

Er war da doch nicht Vollzeitbeschäftigt, zum Kuckuck! Er kannte den Jungen erst seit gestern und schon dachten sie, er wüßte alles... aber es war nicht das erste Mal, das seine Leute ihn so dermaßen löcherten wenn es um seinen Job ging. Doch er hatte absolute Schweigepflicht.

"Jungs, wie oft habe ich euch gesagt, das ich die Klappe zu halten habe? Ich darf nix sagen, kapiert? Da müßte Roxas schon selbst was dazu sagen." entgegnete Axel abermals und hoffte wieder rum, das sie es diesmal verstanden hatten.

Als Bestätigung bekam er ein gemurmeltes 'schon gut' zu hören. Auch Xemnas konnte nur den Kopf schütteln.

Er atmete tief aus, ehe der Superior wieder das Wort erhob.

"Axel, bring den Jungen zurück. Seine Eltern werden sich Sorgen machen und nachher haben wir die Scheiße am Hals weil er bei uns saß" meinte Xemnas bestimmt und ohne Umschweife. Ihm war es egal das Roxas womöglich zugehört hatte; er war sowieso schon ziemlich genervt weil zwei Mitglieder noch fehlten, damit die Runde komplett war und sie endlich zum entscheidenden Teil ihres Treffens kommen konnten.
 

Roxas schaute auf.

Zurück? Er sollte zurück? Nachdem ihn seine Mutter geschlagen hatte und nachdem er einfach fort gelaufen war? Nein! Lieber blieb er hier oder schlich im Regen durch die Stadt, aber zurück bringen konnte ihn keiner!

"Ich gehe nicht zurück."

Xemnas stutzte.

Axel schielte verwundert auf seine ehemalige Schutzperson, welche Xemnas nun mit festem Blick ansah. Dieser feste Blick schwand aber schnell wieder, als er nochmals fragte warum Roxas denn abgehauen sei, wenn er anscheinend um jeden Preis nicht zurück wollte.

Roxas verkrampfte nervös seine Finger und biß sich auf die Unterlippe. Er konnte es ihnen doch nicht sagen! Er kannte diese Leute nicht einmal, aber wenn er es genau nahm, kannte er niemanden außerhalb der Mauern seines zu Hauses.

Aber wem sollte er sich sonst anvertrauen? Marianne fiel weg da sie bei seinen Eltern war. Roxas hatte das Bedürfnis es jemandem zu sagen. Er wußte nicht genau warum, denn sonst schleppte er wirklich all seine Sorgen mit sich, bis Marianne ihn schließlich zur Rede stellte.

Der Junge wollte etwas neues dazulernen, aus sich heraus kommen und endlich seine eigenen Erfahrungen machen. Das war der zweite Grund, weshalb er seine goldenen Fesseln sprengte, auch wenn es noch nicht vorbei war.
 

"... meine Mutter hat mich geschlagen."
 

Man hörte ein Lachen. Es klang tausend Mal lauter und deutlicher in Roxas' Ohren.

Ein Glas zerschellte auf dem Boden.

'Verzeihung' wurde gewispert.
 

Demyx sah Roxas verblüfft an. Man hatte ihn geschlagen. Noch dazu seine Mutter. Klar war es ein Unding und alle mal nicht zu rechtfertigen, egal was das Kind getan hatte, aber das er dann gleich fort lief? Stimmte dort vielleicht etwas ganz und gar nicht? Der junge Fahrer hatte ja mit bekommen, was für ein Wirbel gemacht wurde, wenn der Junge nicht da war. Er schien aus einer reichen Familie zu kommen...
 

"Hat sie dich schon einmal geschlagen?"

Der Angesprochene wandte die Augen wieder zu Axel. Sein Blick war in diesem Moment undefinierbar. Er strahlte so viel aus. So vieles, was Roxas nicht kannte. Nicht zuletzt war dort ein Hauch...Desinteresse.

Nun schluckte er hart und schüttelte den Kopf. "Nein...hat sie nicht. Aber ich will nicht zurück. Nicht in dieses Haus. Ich war viel zu lange dort eingesperrt..."

Der Rest des Satzes war nun mehr ein wispern, Roxas schaute wieder betrübt zu Boden. Sie würden ihm nun jegliche Freiheit nehmen wenn er zurückkehrte, da war er sich sicher.

Stille herrschte in der Gruppe.

Axel beugte sich schließlich murmelnd nach vorne und legte seine Hand auf die Schulter des Jungen.

"Also gut Kurzer. Ich kenne die genauen Umstände bei dir zu Hause nicht, aber nachdem was ich gestern mit bekommen habe, geht's da nicht normal zu... du kannst erstmal hier bei uns bleiben..." Axel schielte hoch zu Xemnas; dieser schnaubte und nickte dann um sein Einverständnis zu geben, "...aber morgen bring ich dich wieder zurück!" endete er mit ernstem Gesicht. Es ging nicht, das Roxas einfach weg lief und sich nicht mehr melden wollte. Da konnten die Eltern noch so verrückt sein! Roxas starrte ihn an. Eine ganze Weile tat er dies, ehe er stumm nickte - hatte er denn eine Wahl? Nein. Die hatte er nie gehabt. Er kannte nichts, wo er hätte Zuflucht finden können.

Nur das Haus, welches einem Gefängnis gleich kam. Und aufnehmen würde ihn sicher niemand.

Larxene streckte sich ausgiebig und gähnte.
 

"Dann ist das ja endlich vom Tisch... wo bleiben eigentlich Marlu und Lex?" fragte sie beiläufig und sah in die Runde. Schulterzucken der anderen, nur Xemnas sah abermals auf seine Handyuhr. "Wenn dann kommen sie gleich oder gar nicht. Ich krieg' noch ne' Krise..." grummelte er, ließ sein Handy unsanft auf den Tisch gleiten und schenkte sich Bier nach.

Roxas fand es irgendwie faszinierend. Da war jemand wie er, es wurde kurz über ihn geredet und dann war das Thema auch schon gegessen; es wurde fast so getan, als wenn er nicht da wäre.
 

In diesem Moment machte Roxas seine erste Erfahrung in dieser Welt: Passivität. Sonst wurde ihm immer von jedem Außenstehenden, die Bodyguards und seine Eltern einmal ausgeschlossen, Aufmerksamkeit förmlich hinterher geschmissen. Jeder schleimte, machte überschwengliche Komplimente und setzte zur Krönung manchmal noch ein Geschenk oben drauf.

Hier kümmerte man sich nicht wirklich um Roxas.

Er war einfach da und das war auch alles. Man schenkte ihm teils lächelnde Blicke, so wie Demyx, aber mehr auch nicht. Erst, als Xaldin ihn fragte, ob er etwas trinken mochte, fühlte Roxas sich wenigstens ein wenig dazugehörig, nicht wie das fünfte Rad am Wagen.

"Äh...ehm..." gerade wollte Roxas nach einem Glas Wasser fragen, als dem Jungen und seinen neuen Bekanntschaften auffiel, das es ruhiger um sie geworden war. Verwirrt sah sich Axel um, stand schließlich auf um den Stimmungstöter ausfindig zu machen. Auch Saix erhob sich knurrend. Wenn er etwas nicht leiden konnte, dann waren es ungebetene Gäste an einem Abend mit seinen Freunden. Und da die meisten ihre Unterhaltungen eingestellt hatten, konnte das nur zwei Dinge als Ursache haben: Entweder es fand eine Stippvisite der Polizei statt oder aber irgendwelche Unbekannten betraten die Bar. Wobei Saix eher auf letzteres tippte.
 

"Oha...sag mal, Kurzer, wie hieß der Typ mit den schwarzen Haaren nochmal?" fragte Axel, während seine Augen etwas fixierten. Roxas sah ihn mit irritiertem Gesicht an.

Was sollte die Frage?

"Ähm...Tai...aber warum fragen Sie?" stellte Roxas die Gegenfrage und hätte sich sogleich ohrfeigen können für seine eigene Dummheit. Wenn Axel schon so fragte, konnte das ja nur bedeuten, das...
 

"Dieser Tai ist hier. Er scheint dich zu suchen."

Stille.
 

AN: Das sechste Kapitel ist wieder etwas kürzer, aber ich hoffe, das es euch gefallen hat. Wahrscheinlich verwirrt das Verhalten von Axel und seinen Leuten, oder? Das hat einen/ mehrere Gründe, die sich nach und nach ergeben werden.

Axel scheint ja nicht viel von Roxas zu halten. Ob und wann es sich zwischen den beiden entspannen wird? Das müsst ihr schon selbst erfahren :) Vielen lieben Dank fürs lesen! Ihr seid klasse!

MFG, Sinister-Sundown

Bare lie

Der Sicherheitsmann sah sich kurz mit einem flüchtigem Blick in der Bar um, die er gerade mit drei weiteren Männern in schwarz betreten hatte.

Rauch stieg ihm in die Lunge, aber es störte ihn nicht.

Er war selbst Raucher. Jedoch störten ihn die kleinen Augen der Barbesucher, die sich auf ihn und seine Leute hefteten.

Tai wußte schon, warum er Sicherheitsmann geworden war, und das nach sieben Jahren Polizei.
 

"Seht euch genau um. Ich will, das alles durchsucht wird. Wenn jemand Roxas gesehen hat, bringt den Kerl sofort zu mir!" machte Tai die Anweisung, seine Männer nickten und schwärmten aus. Das verwirrte und teils murrende Tuscheln ignorierte er größtenteils. Es galt, den Jungen um jeden noch so hohen Preis zu finden!

Wenn Roxas nicht bei Sonnenaufgang wohlbehalten wieder zu Hause war, müßte Tai durch die Hölle gehen -

und aus Erfahrung wußte er, wie die Methoden reicher Leute aussahen.
 

Roxas keuchte überrascht auf, als Axel von drei schnüffelnden Bodyguards erzählte, die sich hier umsahen und absolut jeden nach einer Person fragten. Sogar mit Foto.

Und dieser Jemand schien kein anderer zu sein, als Roxas, welcher sich nun ganz klein machte.

Auf keinen Fall würde er JETZT mit Tai mitgehen!

Er wußte zwar, das er morgen von Axel höchst persönlich wieder in die Höhle des Löwen geschickt wurde, aber...

"Er darf mich nicht finden...er darf mich bloß nicht finden! Bitte!" Roxas war aufgestanden, zog an Axels Ärmel.

Langsam wanderte dessen Blick von den ungebetenen Besuchern zu dem Jungen.

Seine Augen waren panisch, strahlten große Angst aus.

Axel hatte schon viele Menschen gesehen, die vor Angst kaum ansprechbar und am Rande der Verzweiflung waren.

Doch in den blauen Augen dieses Menschen lag noch etwas anderes, was den Bodyguard dazu veranlasste, sich seufzend zu seinen Leuten zu drehen.
 

"Leute, wir müssen den Kurzen hier verstecken" meinte er kurz und knapp, riß Roxas Hand grob von seinem Ärmel. Er mußte sich ja nicht gleich an ihn klammern vor Schiß. Axel mochte es nicht, wenn man wie eine Klette an ihm hing.

Saix riß die Augen auf.

"Axel, der Junge hat nix mit uns am Hut! Wegen dem werden wir und doch nicht in Scheiße reiten!

Die Knackfüße da hinten sehn' nicht gerade so aus, als wenn die Leute wie uns laufen lassen ohne uns aus zuziehen!" zischte er und donnerte fast mit seiner Hand auf den Tisch.

Er besann sich noch, ehe er die Aufmerksamkeit von Tais Leuten schneller als ihm lieb war, auf die kleine Gruppe Motorradfahrer lenkte.

Demyx sah zwischen seinen beiden Kumpanen hin und her. Er hielt es für besser, sich raus zu halten. Zumal er auch noch nicht lange genug bei den Sensing Nobodies war um in solchen Situationen mit zu reden.

Wenn es jedoch nach dem Hobbymusiker gehen würde, hätte er sich zu Axel und Roxas gesellt - denn der Junge tat ihm sichtlich Leid.

Larxene kümmerte das alles weniger; die Entscheidung lag nämlich eigentlich nicht bei Axel, sondern bei dessen Adoptivater, welcher Axel die ganze Zeit musterte.

Saix brauchte er nicht anzusehen, ebenso wenig wie Xigbar und Xaldin. Deren Meinung stand fest: Roxas ausliefern um sich unnötigen Ärger zu ersparen. Der Junge gehörte einfach nicht zu ihnen, Punkt.
 

Aber eines brachte den Superior doch zum nachdenken.

Lange Zeit besah er sich den verängstigten Roxas; Saix und seinen Sohn, die sich inzwischen flüsternd in den Haaren lagen, ignorierte er.

Schließlich setzte Xemnas sich auf, Tai und seine Leute waren schon nah bei ihnen und wenn nicht bald etwas unternommen wurde, würden sie den Blonden entdecken.

"Demyx, Xaldin! Hoch mit euren Ärschen, wird's bald? Klappt die Bank hoch" befahl er, erntete verwirrte Blicke von seinen Schäfchen. Sich ansehend, standen die Angesprochenen auf. Als sie die Bank hoch klappten, fiel der Groschen: In der dieser war ein Hohlraum. Es war eng, aber mit etwas Glück konnte Roxas sich hinein quetschen.

Saix und die, die seiner Meinung waren murrten nur und dachten sich ihren Teil zu der Entscheidung ihres Oberhauptes.

Roxas sah Xemnas verwirrt an.

"Sie helfen mir...?" fragte er noch recht ungläubig, wurde bereits von Axel zur Bank geschleift und rein gesetzt, nachdem er verstanden und Demyx eine leere Wiskeyflasche hervor gezaubert hatte.

Xemnas antwortete nicht und behielt die Besucher im Auge. Er könnte auch später sich noch auf ein sinnloses Gespräch einlassen.
 

"Wir holen dich raus, wenn die Typen sich verpisst haben!" flüsterte Demyx noch, als er vorsichtig die Bank wieder zuklappte und sich langsam mit Xaldin wieder auf diese setzte - hoffentlich verreckte der Lütte da drinne nicht!
 

Tai wurde hellhörig, als einer der Barbesucher, ein glatzköpfiger, lallender Mann bestätigte einen Jungen mit kurzen blonden Haaren gesehen zu haben. Hier, in dem Siff des Thristy Devils.

Tai klopfte demjenigen dankend auf die Schulter, als dieser auch noch auf eine kleine Gruppe Leute zeigte. Dort soll der Junge zusetzt gesichtet worden sein.

Als er sich mit schweren Schritten näherte, sprang ihm sofort ein bekanntes Gesicht in das Blickfeld.

Was suchte ein Bodyguard bei solchen Leuten?

Das alte Laminat knarrte, als er schließlich bei besagter Sitzecke ankam. Sieben Augenpaare hefteten sich auf Tai, durchbohrten ihn und stellten zugleich die Frage, was er hier zu suchen habe.

"Guten Abend."

Saix murrte und nippte an seinem Bier.

Der sollte sich verziehen, verdammt nochmal! Alles nur wegen einer minderjährigen Mistgöre!

Axel drehte sich zu ihrem Besucher um. "Tai, wenn ich mich richtig erinnere?" meinte er, leerte sein Glas, stellte es ab und schielte ihm in die Augen.

Der Rest schwieg für das erste. Axel schien diesen Tai zu kennen und darum brauchten sie sich nicht erst einbringen, wenn es nicht nötig war.

"Ja."

Angesprochener verschränkte die Arme, ließ seine kleinen, skeptisch blickenden Augen durch die Reihe wandern.

"Ich suche Roxas. Sie erinnern sich? Er ist aus unserer Obhut entkommen. Und wissen Sie...", Tai lehnte sich auf die Kante des Tisches und sah Axel direkt an, "...er soll hier gesichtet worden sein. Bei ihnen. Also frage ich mich...wo er nun ist." raunte der Sicherheitsmann. Er wollte nicht lange rumfackeln, denn dafür hatte er gewiß nicht die Zeit, ebenso wenig wie auf ein Gespräch mit seinem gestrigen Angestellten.

Dieser ehemalige Angestellte lehnte sich nun zurück. "Keine Ahnung. Meine Aufsichtspflicht endete bereits gestern. Selbst wenn Roxas hier gewesen wäre, würde es mich nicht kümmern." antwortete Axel; es entsprach zum Teil der Wahrheit.

Er würde hoch pokern müssen, um Roxas zu decken. In diesem Moment fragte sich Axel, warum er den Jungen wirklich deckte. War es dieser Haß, der Zorn in dessen Augen gewesen?
 

Tai musterte abermals den Bodyguard, ehe er leicht grinsend in seiner Manteltasche kramte und eine Packung "Camel" Zigaretten hervorholte.

"Nun...ich denke nicht, das Lügen Ihnen und ihren Kumpanen gut bekommt. Ich weiß, das Sir Roxas hier war. An diesem Tisch." Der Mann mit den schwarzen Haaren ließ sein Feuerzeug wieder in die Manteltasche gleiten, nach dem er sich eine der filterlosen Zigaretten angesteckt hatte.

Tai stieß genüßlich den Rauch aus, vernebelte Xaldin damit die Sicht.

Wenn er dürfte, würde er Tai dafür die Fresse polieren. Aber die scharfen Blicke seitens Xemnas zwangen ihn dazu, das Kribbeln in seinen Fäusten zu unterdrücken.
 

"Wer hat behauptet das ich Lüge? Ich habe bereits gesagt, das es mich nicht kümmern würde, wenn der Kurze hier gewesen wäre." wiederholte Axel.

"In meiner Freizeit kann ich machen, was ich will. Ebenso wie meine Leute. Und wenn Roxas hier war, kann er doch schon längst wieder das Weite gesucht haben" endete Axel nun, rief einen der Kellner zu sich.

Wenn Tai mit seinen Arschkriechern nicht bald den Ausgang fand, würde Roxas wirklich noch ersticken.

Und dann wäre die Kacke am dampfen gewesen.
 

Tai stellte sich wieder auf. Der Kellner kam und Axel bestellte sich ein weiteres Bier.

So, als wenn keine Konservation statt gefunden hätte.

Ignorieren war die beste Methode, um ungebetene Gäste zum Teufel zu jagen.

"Er wurde gesehen. Von dem Kerl dort drüben." Der Sicherheitsmann zeigte schlicht auf die Glatze, beharrte darauf, das Roxas wirklich hier war. Jene Glatze versuchte gerade ein vernünftiges Gespräch mit einem von Tais Männern aufzubauen - was sich als extrem schwierig gestaltete, da selbst Stehen sich als beinahe unmögliches Unterfangen entpuppte.
 

Xemnas Ziehsohn folgte dem kurzen Fingerzeig, konnte sich sogleich ein Knurren nicht verkneifen.

Es würde noch Tote geben, das stand fest.

"Sieh dir den Saufkopf doch an. Der kann doch keinen Jungen von unserer Schnalle da unterscheiden!" sagte er, zeigte auf die grimmig guckende Blondine neben ihrem Boss.

Larxene sah Axel giftig an. Für das "Schalle" bekam er sicher noch eins zwischen die Beine. Und wenn er danach keinen mehr hoch bekam, war es sein Problem.

Sie verfluchte Axel ein weiteres Mal, als dieser Tai auch noch auf sie schaute, sie musterte.

Insgeheim betete wohl in zwischen jeder der Sensing Nobodies, das sie endlich verschwinden würden...
 

Die Tür flog auf.

Draußen goß es noch immer wie aus Kübeln. Petrus hatte schlechte Laune.

Schwere Stiefel bahnten sich den Weg durch die verruchte Bar. Leise Musik drang an das Ohr des Neuankömmlings, Blicke stierten wie immer auf alles, was sich bewegte.

Tai von oben bis unten musternd trat ein weiteres Mitglied an den Tisch, klopfte ein paar Mal auf die hölzerne Tischplatte um mit dieser Geste alle zu begrüßen.

Xemnas griff sich die durchnäßte Hand des Mannes, drückte sie fest.

"Willkommen daheim, Mar. Wo ist Lex?"

"Der hat noch zu viel intus."

Ein fieses Grinsen formte sich auf den schmalen Lippen, ehe sich der Sensing Nobody dazu herab ließ, seine stechenden Augen auf Tai zu heften, welcher herabsehend auf das weitere Mitglied dieser Gruppierung blickte.

"Was ist das denn für ein Knilch? Hat Xiggy den irgendwo ausgegraben?" spottete er sogleich. Respekt kannte er nicht wirklich - bei ihm mußte man sich den hart erarbeiten.
 

Xemnas erhob nun seine rauhe Stimme. "Ein...sagen wir ehemaliger Auftraggeber von Axel. Ich bin sicher, das er gerade vor hatte, zu gehen." sagte der Superior kühl.

Innerlich kochte Tai. So etwas dreistes hatte er selten erlebt. Aber gut. Was sollte man von solchen Gestalten auch erwarten? Gesellschaftlich angemessenes Verhalten sicher nicht.

Also gab er sich vorerst geschlagen; sein Instinkt sagte ihm, das er mindestens Axel wiedersehen würde und das bald.
 

"Also gut. Ich merke, das ich hier nicht erwünscht zu sein scheine. Zumal Master Roxas nicht hier zu sein scheint." Er wandte sich abermals an Axel. "Doch ich wünsche, das die Hausherrn sofort benachrichtigt werden, sollte ihr Sohn wieder auftauchen. Die Nummer sollten sie noch haben." Mit diesen Worten drückte Tai provokativ seine auf gerauchte Zigarette an der Tischplatte aus, ließ den Glimmstängel dort liegen.

Schließlich trommelte er seine drei Leute zusammen und verließ die Bar wieder.

Stille herrschte, ehe die Musik wieder aufgedreht wurde, um die zerstörte Stimmung wieder aufzubauen.
 

Auf den nassen Straßen angekommen, fluchte der Sicherheitsmann lauthals. Man hatte ihn tatsächlich zum Narren gehalten - dabei wußte er genau, das sie Roxas versteckt hielten. Er hatte den Jungen gesehen.

"Verflucht..."

Er wartete durch den Regen zu ihrem Wagen, die drei Bodyguard folgten ihrem Vorgesetzten stumm.

Tai hatte seine Gründe, weshalb er nicht gleich ausgepackt und Roxas mitgenommen hatte.

Oh ja, er hatte Gründe.

Sollte der Junge doch da bleiben.

Früher oder später mußte er zurück. Es waren die Geduldigsten, die den Sieg einholen würden...

"Der frühe Vogel fängt den Wurm, kleine Mistkrabbe..." sagte er gedanklich zu sich selbst, warf den Motor an um wieder zum Anwesen zu fahren...
 

"Also; hätte einer von euch Idioten die Güte mir zu erklären, was ein Außenstehender an unserem Stammtisch zu suchen hatte?"

"Beruhig dich erstmal. Demyx, hol den Kleinen mal da raus, sonst erstickt der da unten noch."

Der junge Biker stand auf, animierte auch Xaldin dazu, und öffnete die Bank.

Roxas richtete sich hustend auf. Er war bestimmt voller Staub.

Xaldin reichte dem Jungen die Hand, half ihm aus diesem Loch und nachdem Demyx sein Versteck wieder unkenntlich gemacht hatte, setzten sie den noch neben sich stehenden Roxas zwischen sich.

Axel hatte ihrem Schmuggelstück ein Glas Wasser besorgt, was dieser auch mehr als dankend annahm, nachdem seine Lungen sich wieder beruhigt hatten.

"Danke..."

"Lass stecken Kurzer." Xaldin klopfte ihm auf die Schulter, warum auch immer. Irgendwie konnte er nun langsam nachvollziehen, warum er weggelaufen war.

Wenn man soviel Trubel um ihn machte - mit Sicherheitsmännern und Bodyguards - dann konnte es bei denen zu Hause nicht ganz normal ablaufen. Er wäre sicher auch längst weggelaufen.
 

Roxas nahm einen Schluck.

Noch immer fühlte er sich dort nicht richtig wohl, er spürte die Blicke auf sich, von welchen manche aussagten "verzieh dich, Außenseiter." Und das war noch milde ausgedrückt.

Allein der Blick dieses Mannes namens Saix sprach Bände.

Roxas gehörte nicht in diese Gruppe, weshalb Saix absolut nicht nachvollziehen konnte, das sie ihn versteckt hatten.

Wenn Xemnas und Axel nicht da gewesen wären, hätte er den Jungen vom nächsten Balkon baumeln lassen.

Doch der Superior schien nun doch einige Fragen an ihren Gast zu haben. Aber vielleicht richtete er die lieber später erst an ihn. Oder gleich an seinen Sohn.

Axel hatte ebenso einige Fragen. Dieser sah 'seine' Schutzperson vorerst nur seufzend an. Der Junge konnte einem wirklich Leid tun. Er würde ihn erst ausquetschen, wenn sie alleine waren.
 

"Wer ist der Giftzwerg da, Xemnas?"

Roxas' Augen sahen von dem Glas auf.

Ihm gegenüber stand ein neues Gesicht.

Etwa einer derer, die noch dazu kommen wollten?

Er musterte schüchtern blickend den Mann mit ebenfalls längeren Haaren. Diese waren in einem dunklem, rosanen Ton gehalten. Er trug eine dunkelblaue Regenjacke, an der ein Button mit dem Logo der Sensing Nobodies befestigt war.

Der Neuankömmling zog eine Braue hoch.

"Was schaust du so, Junge?"

Roxas wandte den Blick sofort ab.

"Verzeihen Sie..."
 

"Lass ihn, Mar. Er hat dich nur angesehen, weil du vorhin noch nicht bei uns warst. Was Vater sicher nicht gut heißen wird." klärte Axel auf.

Demyx schaute zu Roxas. "Also, Rox. Ich darf dich doch Rox nennen, oder?

Das da, das ist der gute Marluxia. Marluxia, das hier ist Roxas, unsere neue Bekanntschaft." Demyx zog Roxas zu sich und

wuselte ihm durch das Haar. Dem Jungen lief ein Schauer über den Rücken, wie jedes Mal, wenn er Demyx oder einem anderen so nah kam... es war ihm irgendwie...unangenehm.

Sonst hatte er das Gefühl nur bei absolut Fremden Personen.
 

Marluxia hob den Kopf leicht und schätzte den Jungen sich gegenüber ein.

"Und was sucht der hier?" fragte der schließlich, setzte sich auf die Tischkante.

Beschämt schaute Roxas zur Seite.

Da war es schon wieder. Diese Passivität, das Gefühl, nicht dazugehörig und somit das fünfte Rad am Wagen zu sein.

Es war genau das Gegenteil von dem, was er sonst gewöhnt war.

Resigniert seufzend setzte Xemnas, mit kleiner Unterstützung von Axel, zu einer langen Erklärung an.

Als beide geendet hatten, zeigte die Uhr gerade 21:33 an.

So lange war er also schon hier.

Und es würde sicher noch ein längerer Abend werden, denn nun erwarteten alle, auch Marluxia, eine Erklärung der Umstände bei Roxas im Haus.

Sozusagen als "Dank" für die Hilfe.
 

Der Blonde wußte nicht Recht, ob er das wirklich tun sollte. Da gab es so viel zu erzählen und er war sich absolut sicher, das er bis zum nächsten Morgen für alles brauchen würde - da hatte weder er selbst, noch seine neuen Bekanntschaften Lust dazu. Das wußte er bereits.

Außerdem ging es diese Leute doch überhaupt nichts an. Seine Vergangenheit und Gegenwart war zu bizarr und verworren.

Lange schwieg Roxas. Er würde auf keinen Fall alles preisgeben; dennoch merkte er das unbändiges Verlangen in sich, seinen Zorn und Schmerz jemand vollkommen neues anzuvertrauen. Marianne kannte das alles zu genüge und wenn er ehrlich war ging ihm ihre Reaktion auf alles sehr auf die Nerven.

Ständiges Trösten und angebliches Verständnis, mehr nicht. Was wußten andere von seinem Leid, wenn sie nicht in seiner Haut steckten?
 

"Ich... es...es tut mir Leid. Ich kann nichts sagen. Es..."

Roxas schluckte hart, hatte mit sich zu kämpfen.

Bilder rauschten in seinem Innersten vorbei, Worte hallten wieder.
 

"Ich hasse euch! Verreckt doch alle!"
 

Er mußte sich schütteln, sah nun zu Boden, nur um zu verstecken, wie gebrochen und schwach er doch war.

Wie alles in ihm in Scherben lag und er sich schon aber tausend Male daran geschnitten hatte.

Wieviel Blut seine Seele befleckte.
 

"Kleiner?" Axel legte den Kopf schief.

Tränen zerschellten auf Roxas' Handrücken.

Warum mußte er noch immer Tränen vergießen?

Er hatte keine Kraft mehr, und das wußte er selbst bestimmt ganz genau.

Axel verstand es einfach nicht. Jemand der so ausgelaugt war mußte doch irgendwann ganz stumpf vor Leid geworden sein.

Roxas nicht.

Er mußte es immer noch ausleben, das Gefühl der Hilflosigkeit wenn man Tränen vergoß.

"Hey Roxas... was ist denn?" Demyx neigte sich nach vorne, um einen Blick auf das Gesicht des Jungen, der neben ihm saß, zu erhaschen. Wieso heulte er nun?

War es so schlimm über seine Vergangenheit zu reden...?
 

"Lasst ihn in Ruhe. Der Junge scheint schon genug durchgemacht zu haben. Es ist sowieso dreist, nach seinen Familienverhältnissen und der Situation zu Hause zu fragen, ihr Ochsen."

Larxene warf einen viel sagenden Blick in die Runde.

Zwei seufzten, der Rest, mit Ausnahme von Saix, nickte schließlich zustimmend.

"Der soll endlich wieder da hin kriechen, wo er hergekommen ist! Er hat hier nichts verloren, kapiert ihr das nicht?" grummelte dieser abermals und sah Roxas mit kleinen Augen an.

"Wir haben schließlich noch was zu klären!"

"Die Ausfahrt nächsten Monat?"

"Haltet mal die Schnauze!"
 

Xemnas knallte sein Glas auf den Tisch.

Das, was hier gerade ab lief, konnte man ja schon fast als unsozial abstempeln! Und unsozial waren er uns seine Leute eigentlich nicht. Denn so etwas konnte Xemnas auf den Tod nicht ab.

Klar, in gewisser Weise hatte Saix vollkommen Recht aber was sollten sie machen? Sie konnten den Jungen nicht wieder rauswerfen, allein weil es schon so spät war.

"Erstens...", begann er mit sichtlich gereizter Stimme, "... sollte sich der Junge erstmal wieder sammeln bevor man ihm wieder etwas vorwirft oder anschnauzt...", damit sah er ins Besondere Saix an, welcher mit den Augen rollend Ruhe gab, "zweitens will ich jetzt keine Fragen mehr an ihn hören, die etwas mit seiner Familie zu tun haben, denn es geht uns wirklich nichts an! Axel wird ihn morgen zurückbringen und dann ist die Sache gegessen."

"Und drittens wird die Besprechung heute flach fallen.

Es sind zu wenige da um zu regeln, wie es nächsten Monat laufen soll."

Mit diesen Worten lehnte er sich wieder zurück -

dieser Abend war so gut wie gelaufen.
 

Demyx seufzte und sein Blick wanderte wieder zu Roxas.

Dieser sah irgendwie leicht teilnahmslos aus. Noch immer kämpfte er krampfhaft mit den Tränen.

Anscheinend wollte er sich keine Blöße vor ihnen geben.

"Verklemm' dich doch nicht so. Ist okay Kurzer" versuchte er Roxas nun zu beruhigen und strich ihm sogar über den leicht bebenden Rücken.
 

Es tat einfach weh. Salz wurde ungewollt in die Wunden gestreut.

Eine ganze Weile brauchte Roxas noch um sich wieder zu fangen. Er fühlte sich sehr beschämt, wollte am liebsten im Boden versinken. Es kam ihm daher auch gerade Recht, das Axel die Frage in den Raum warf, woher Demyx Roxas eigentlich kannte.

Ein freundliches Lächeln legte sich auf die Lippen von Axels Freund, er zog Roxas wieder an sich.

"Rox wollte sich deine Harley ansehen. Er hatte sie nämlich in der Reportage gesehen als Xemnas mal ein paar Takte dazu sagen sollte."

Nun war Axel wirklich überrascht.

Damit hätte er jetzt nicht gerechnet, das der Junge wegen seiner Harley Davidson ausgebückst war. Der Freebiker hatte ja von Tai gewisse Informationen erhalten, weshalb er nun so kurzfristig dort den Bodyguard spielen sollte.

Da sah man mal, wie alles zusammen lief.

Auch der Blonde war sichtlich überrascht von diese Enthüllung. Dann gehörte dieses wunderschöne Motorrad seinem Ex-Bodyguard...?
 

"Ach ne... und deshalb bist du ausgebückst Roxas? Du weißt schon, was ich meine, oder?" stellte Axel nun die Frage an den Jungen. Roxas hob den Kopf, schluckte.

Jetzt bitte nicht lachen.

"Ja...also...das war so..."

Sich am Kopf kratzend begann er, zu erzählen das er noch nie ein Motorrad in echt und voller Größe gesehen hatte, das ihn dieses eine Bike so fasziniert hatte - das er es einfach sehen mußte.

So erfuhren Demyx und der Rest der Truppe auch gleich den Grund für sein Handeln.
 

Seine Erzählung sorgte für den ein oder anderen Lacher. Besonders Xaldin, den Roxas ja als grimmigen Taxifahrer kennengelernt hatte, schien ihn langsam sympathisch zu finden.

Auch Roxas Nervosität gegenüber der Motorradfahrer wich nun schneller, als ihm lieb war.

Zuletzt fühlte er sich auf seinem Platz zwischen Demyx und Xaldin richtig wohl.

Selbst Axel hatte seine anfänglich genervte und grimmige Miene abgelegt. Es wurde zunehmend lustiger; auch wegen der Tatsache, das immer mehr Alkohol ins Spiel kam.

Jedoch wurde sorgsam darauf geachtet, das Roxas nichts davon trank!
 

"Sach mal Kurzer, willst du Axels Maschine mal seh'n? Also so richtig mit Probesitzen und so?" fragte Xigbar nach einer weiteren Runde Bier - Gott, konnte der Bechern!

"Naja...also...gerne aber..." Roxas sah zwischen Axel und dem Fenster in Xemnas' Rücken hin und her. Es goß noch immer wie aus Eimern - der Regen schlug brutal gegen die Fensterscheibe.
 

"...aber es pisst draußen noch immer. Heißt im Klartext das daraus nichts wird. Zu dunkel ist es auch, Xiggy" brachte Axel den Satz des Jungen zu Ende, grinste aber.

Irgendwie freute es ihn, das Roxas wegen seinem Baby abgehauen war. Schließlich war diese Maschine eine Sonderanfertigung, ein Exemplar das es nur einmal auf der Welt gab.

Also mußte man sich das gute Stück doch mal ansehen, oder? Verdammt, war er stolz auf sein Bike.

Er prahlte gern. Und das durfte er sogar.
 

"Sou Jungs und Derns, ich glaub ich verzieh mich jetzt mal nach Hause..." Demyx streckte sich ausgiebig; es war bereits kurz vor 23:00 Uhr, eigentlich noch recht früh zum gehen.

"Och Mensch, Demdem...jetz sei doch nicht so...bleib noch..." fing Xigbar an zu betteln. Ein "Nein" wurde hier selten akzeptiert doch der Musiker hatte heute auch noch einen Gast bei sich.

Roxas sollte die Nacht bei ihm verbringen, da er am nächsten von hier wohnte und als einziger mit Marluxia zusammen noch wirklich nüchtern war.

Ihm zu liebe hatte er nichts außer einem Bier angerührt - er ahnte schon, das der Kleine an ihm "hängen" blieb.

Aber er hatte auch kein Problem damit.
 

Demyx und auch Roxas erhoben sich langsam und drängten sich aus ihrer Ecke.

Als Roxas an Axel vorbei kam, klopfte dieser ihm auf die Schulter, mit einem leisen "bis morgen".

Er nickte leicht.

"Wie kommt ihr eigentlich nach Hause? So besoffen wie ihr seid könnt ihr kaum fahren." Demyx nahm sich seine Weste und schaute fragend in die Runde. Taxi vielleicht...?

"Marlu ist mit dem Auto hier... der hatte kein Bock im strömenden Regen mit dem Motorrad zu fahren..." antwortete Xemnas und fuhr sich durch das silbergraue Haar.

Marluxia seufzte und sah Demyx grinsend an.

"Keine Bange, ich bring die schon heil nach Hause. Tommy schließt die Räder weg, dann können sie morgen abgeholt werden."

Tommy war der Barbesitzer. Er kannte die Sensing Nobodies gut und hatte schon oft angeboten, gegen ein kleines Taschengeld die Motorräder bis zum nächsten Tag zu verwahren, wenn mal wieder über den Durst getrunken wurde.

Über solche Beziehungen konnte man sich wirklich glücklich schätzen.
 

Demyx winkte lächelnd ab, packte Roxas am Arm und steuerte nach dem Verabschieden die Tür an.

Gegröle aus der Ecke begleitete die Beiden, bis sie schließlich im Regen standen.
 

"Shit man...sowas nennt sich Frühling..."

Der junge Fahrer blickte auf Roxas hinab, dieser seufzte und nickte.

Selbst das Wetter mochte ihn nicht.

"Dann mal Abflug oder Rox?"

Wieder ein Nicken, diesmal mit einem leichten Lächeln.

Vielleicht würde es ja doch noch Frühling?
 

AN: Ja, also...vielleicht hat dieses Kapitel einige Fragen aufgeworfen, vor allem über Tai. Denke ich mal. Und ich muss mich auch entschuldigen, das es so lange mit der Fortsetzung gedauert hat - ich war im Urlaub XD

Das Kapi ist wieder etwas länger geworden als beabsichtigt. Nun...im nächsten Kapitel wird höchst wahrscheinlich ein...kleiner Schock kommen? Vielleicht...hehe. Das habe ich leider nicht mehr rein bekommen, aber gut.

Hoffe, das es euch nicht gelangweilt hat!

Bis zum nächsten Mal und vielen lieben Dank für eure Kommentare!

MFG, Sinister-Sundown

At the first blush...?

Er hatte eindeutig noch zu lange wach gelegen.

Als Demyx am nächsten Morgen mit einem heißen Kakao ins Wohnzimmer kam und Roxas vor lauter Gähnen den Mund gar nicht mehr zu bekam, fragte sich der Sensing Nobody wirklich, ob Roxas vielleicht erst vor ein paar Stunden eingeschlafen war. Er räumte den kleinen Couchtisch vor Roxas etwas frei und stellte ihm den Kakao vor die Nase.

"Wenigstens ein wenig geschlafen?" wurde gefragt.

Angesprochener rieb sich die noch leicht roten Augen, nickte dann.

Er war wirklich noch nicht richtig wach.
 

"Dann ist ja gut. Trink mal deinen Kakao, bevor er kalt wird" meinte Demyx und ließ sich auf einem Sitzkissen nieder.

Roxas fuhr sich durch das Haar, gähnte abermals und griff schließlich mit einem leisem Danke nach der Tasse.

Er verschluckte sich fast. Der Kakao war wirklich brütend heiß.

Endlich eine heiße Schokolade, die den Namen auch wirklich verdiente...
 

Demyx musterte den Jungen. Er hielt es für angebracht, ein Gespräch anzufangen. Aber vielleicht erst, wenn sein Gast richtig wach war. Denn Roxas interessierte ihn auf eine Art und Weise schon.

Solche Jungen wie ihn kannte er nur aus den Dramaserien im Fernsehen. Der Musiker fragte sich, wie es wirklich bei ihm ab lief. Ob er auch auf ein Internat ging und nur für ein paar Wochen oder Tage hier war zum Beispiel.

Doch wenn er es erfahren wollte, müßte Roxas das wohl von selbst erzählen.

"Hm..."
 

Roxas indessen sah sich langsam in dem kleinem Raum um.

Gestern Abend hatte er nicht mehr die Gelegenheit, denn er war wirklich müde gewesen, obwohl er erst nicht einschlafen konnte und Lust sich umzusehen oder Fragen zu stellen hatte er nicht, zumal es auch nicht gerade höflich gewesen wäre. Schließlich nahm Demyx ihn einfach so für eine Nacht auf.

Niemand seiner Freunde hatte ihm diesen Vorschlag unterbreitet, es kam von ihm aus. Also besser nicht fragen und lieber froh sein, nicht in einer Gasse oder unter dem Vordach einer Bushaltestelle schlafen zu müssen.

Nun im Hellem viel ihm auf, das es im wahrsten Sinne des Wortes wie Hempels unterm Sofa aussah.

Überall lag etwas herum; von Socken und leeren Chipstüten bis hin zu ominösen Zeitschriften - war auf der einen eine nackte Frau...?

Wenn sein Zimmer so aussehen würde... Gott, daran mochte er gar nicht erst denken. Aber er hatte auch Haushälterinnen, die sich um die Ordnung kümmerten.
 

"Sorry für die Unordnung...ich gehöre eher zu den faulen Tieren."

Demyx sah sich kurz um, fuhr sich durch das dunkelblonde Haar und blickte entschuldigend drein.

Roxas sah auf, hielt seine Tasse fest umklammert.

"Oh...nein, nein... macht nichts... ich bin doch auch eher....ein Überraschungsgast...!" entgegnete er; Roxas wollte auf keinen Fall, das Demyx verlegen wurde oder dergleichen.

Auch wenn das hier schon ins Extreme paßte.
 

"Ehm...mögen S...magst du Musik?" fragte er nach einer weiteren Zeit des Schweigens. Roxas hatte in dem Zimmer viele CD's, Poster von Bands uns Musikinstrumenten ausmachen können. Sogar eine Gitarre stand hinten in der Ecke.

Demyx sah ihn mit großen Augen an, dann lachte er.

"Ja, klar! Hast du letztens nicht den Verstärker und die Anlage auf dem Platz gesehen? Musik ist mein Leben, Baby!" antwortete er frech zwinkernd.

Roxas dachte an das Wochenende zurück. An den Tag, an dem er Demyx das erste Mal gesehen hatte.

Ja, dort war doch auch dieser ohrenbetäubende Lärm gewesen.

Schließlich nickte er.
 

Ein breites Grinsen wurde dem Jungen geschenkt, der Hobbymusiker stand auf, ging zu der Halterung seiner Gitarre und nahm diese heraus. Dann setzte er sich wieder zu Roxas, aber diesmal mit auf das Sofa.

"Die hier hat mein Großvater mir geschenkt. Er war Sitarrist.

Aber mich haben diese Instrumente nie wirklich angesprochen, also ne' Sitar. Also hat er mir eine Gitarre in die Hand gedrückt. Und von da an..." Er klopfte auf das massive Holz.

"...konnte ich nicht mehr die Finger davon lassen."

Roxas hörte ihm gespannt zu. Er durfte nie Gitarre spielen, nur Klavier.

Eigentlich würde er sogar gerne mal jemandem auf die Finger gucken, jemanden spielen sehen...

Als wenn Demyx Gedanken lesen könnte, setzte er die Fingerkuppen seiner linken Hand an die Seiten, stimmte diese kurz nach und begann, mit einem langsameren Stück, welches er immer schneller werden ließ.
 

Die Musik war feurig, hatte eine Atmosphäre, die Roxas nicht mit dem Klavier imitieren konnte.

Er hörte gespannt zu, Die Finger seines Sitznachbarns bewegten sich so schnell, das er ihm kaum folgen konnte.

Demyx kam langsam zum Ende.

"Täräääh!" meinte er Spaßes halber, grinste dabei breit und wuselte Roxas durch das vom Schlaf noch krause Haar. Dieser zuckte kurz unter Demyx' Hand zusammen.

Die Gitarre wurde wieder an ihren Platz gestellt und er fing an, für sich und Roxas Frühstück zu machen.

Es war bereits später Morgen, Axel sollte auch bald aufkreuzen und da wollte Demyx Roxas nicht hungrig aus der Wohnung gehen lassen.
 

Axel war genervt.

Sogar ziemlich. Erst darüber, das er nun zu Fuß zum Thirsty Devil musste, weil seine Maschine noch da stand und dann regte sich der Bodyguard auch noch über einen Anruf in aller Herrgotts Frühe auf.

Und wer war dran? Der gute Tai.

Axel hatte wirklich nicht die leiseste Ahnung, woher dieser Idiot seine Handynummer hatte. Und wenn Diddy sie ihm durchgegeben hatte, dann Gnade ihm Gott!

Nach einer halben Ewigkeit stand er schließlich vor den noch geschlossenen Toren des Lokals von gestern.

Er umging die großen Pfützen weitestgehend und stahl sich zum Hintereingang.

Grummelnd klingelte er an der für Personal vorgesehen Tür.

Zwei Minuten mußte Axel warten, bis ihm eine Kellnerin aufmachte. Nach einer kurzen Erklärung reichte sie ihm den Schlüssel zu den Garagen.

Das Tor ratterte nach oben, Rost bröckelte von den Seiten.
 

"Himmel Ar*** und Zwirn... welche Intelligenzbestie hat die so ineinander gestellt?!" mußte der junge Mann sogleich fluchen, als er seine und die Maschinen seiner Kumpels dort im Zwielicht stehen sah. Sie waren so ungeordnet und absolut planlos hingestellt worden, das Axel erst zwei andere hinaus schieben mußte, um an seine eigene zu kommen.

Wie er so was liebte. Demnächst würde er sich selbst um die Unterbringung kümmern.

Oder aufhören zu trinken.

Seufzend trat er in die Garage und schob erst die Suzuki Intruder 300 von Xaldin nach draußen, gefolgt von Saix' Maschine.

Tief ausatmend drängte er sich vorbei zu seiner Harley, stieg vorsichtig auf und schob sie rückwärts aus der Garage. Im Stehen hätte es Probleme gegeben -

die Maschine war schließlich über hundert Kilo schwer.

Bereits mit den Nerven ziemlich am Ende, wollte er gerade Saix' Motorrad zurück stellen, als dieser um die Ecke kam.

Axel brauchte ihn nicht direkt ansehen um zu wissen, das er schlechte Laune hatte.

"Guten Morgen Saix."

"Halt bloß die Klappe!" fauchte dieser.

Saix trat an Axels Seite und ließ einen prüfenden Blick über seine Maschine wandern.

Der Rotschopf stieg ab und stellte sie auf ihren Ständer, wandte sich sogleich seiner eigenen zu.

In einem solchen Zustand, nämlich wenn Saix unter einem Kater litt, war mit ihm erst Recht nicht gut Kirschen essen.

Also ließ man ihn rum grummeln und seine Zigaretten rauchen.

Das war das Beste.
 

Der Fahrer überprüfte kurz den Inhalt seines Helms, welcher an dem Lenke baumelte. Handschuhe und Halstuch waren noch dort, also konnte er sich gleich auf den Weg zu Demyx machen.

Ratternd schloss sich das Garagentor wieder, Axel brachte den Schlüssel wieder zurück und fuhr kurz danach los.

Saix war schon vor ein paar Minuten mit lautem Getöse weggefahren.
 

Während Axel den kurzen Weg zu seinem besten Freund antrat, machte er sich abermals Gedanken über Roxas.

Der Junge war wirklich mehr als seltsam.

Manchmal kam es ihm so vor, als wenn Roxas keinen eigenen Willen hatte und in Gesellschaft vollkommen dicht machte, niemanden wirklich an sich heran ließ.

Axel hatte gestern die meiste Zeit damit verbracht, ihn zu beobachten - darin war er schließlich besonders gut - um Roxas ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen.

Bei ihrem ersten Treffen konnte er das nicht richtig tätigen; weil er sich auf eventuelle Verbrecher und Attentäter konzentrieren mußte. Roxas hatte er natürlich auch genau im Auge gehabt, aber eher nur oberflächlich.

Außerdem erschienen ihm die Reaktionen des Jungen an diesem Abend nicht als "natürlich".

Der Ausraster am Telefon zum Beispiel.

Er paßte absolut nicht in das perfekte Bild, welches Roxas bilden sollte.

Seine Mutter ließ ihn das auch spüren, soweit Axel das Gespräch verfolgen konnte.

Was für eine Furie.
 

Jedenfalls war dem Motorradfahrer etwas aufgefallen.

Roxas wirkte ausgesprochen nervös, als man ihn berührte. Sogar sehr, mehr noch, als er es gestern eh' schon war.

Er versuchte mehrmals die Berührungen so schnell wie möglich zu unterbinden.

Was aber besonders auffällig für Axels geschulte Augen war, bei Frauen reagierte Roxas nicht ganz so heftig.

Als die Kellnerin ihm aus Nettigkeit ein Handtuch um die Schultern legte oder ihn einfach mal neckte, sie kannte die Sensing Nobodies schon Jahre, war der Junge deutlich ruhiger.
 

"Komischer Bengel..." nuschelte Axel, fuhr auf den Parkplatz des Mietshauses, stellte seine Harley Davidson ab und steuerte jenes Haus an. Vielleicht bekam er ja was aus dem Kleinen heraus. Mußte sein Alter ja nicht spitz kriegen.

Und hoffentlich gab es jetzt kein Theater. Was Axel stark befürchtete.
 

"Axe ist da! Du kannst dir die Schuhe schon mal anziehen, Kurzer.

Er haßt es nämlich zu warten, weißt du?" ermahnte Demyx seinen Besucher, als er den lauten Motor schon von weitem gehört hatte.

Roxas sah ihn an und nickte schlicht.

Er stand auf, ging in den Flur und kramte seine Schuhe aus dem Haufen, welcher sich neben der Tür befand. Beim Zubinden blickte er öfters kurz zu Demyx.

Er hatte es noch immer nicht geschafft, sich etwas über zuziehen. Noch immer war er oben ohne.

Den Kopf schüttelnd wandte Roxas den Blick ab und widmete sich wieder seinen Schuhen.

Warum schaute er andere Leute an? Noch dazu heimlich?
 

Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, klingelte es an der Haustür.

Demyx sprang über sein Sofa und öffnete breit grinsend die Tür. "Mornin' Alter!"

Axel erwiderte, begrüßte Demyx mit einem kräftigen Handschlag.

Sein Blick wanderte zu dem am Rand stehenden Roxas. Sah verpennt aus, der Gute.

"Und was mit dir? Gut geschlafen, Kleiner? Hat Demy auch nichts schweinisches veranstaltet?" witzelte er, grinste dabei schelmisch. Demyx boxte ihm dafür freundschaftlich in die Seite.
 

Roxas sah zu Axel auf.

Er nickte abermals und versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen.

In seiner Magengegend hatte sich alles zusammengezogen, als er hörte, das Axel da sei.

Für ihn hieß es dann nämlich Abschied nehmen.

Zurück in sein Gefängnis.

Er hatte Spaß gehabt. Es war zwar zu Anfang sichtlich unangenehm gewesen, er war nervös und hatte Angst.

Dennoch war es für Roxas eine wunderbare Erfahrung gewesen, in einem Lokal zu sitzen und sich mit Menschen über alltägliches zu unterhalten - wobei er eher gelauscht hatte.
 

"Na also... wollen wir dann?" fragte Axel, sah kurz zu Demyx.

Er nickte einfach.

Roxas seufzte kaum hörbar.

"Ja...wir...können uns auf den Weg machen..." meinte er leise als Antwort auf diese Frage.

Alles sträubte sich. Er wollte nicht, mit keiner Faser seines Körpers.

Doch er mußte, Roxas war sich sicher das Axel nicht mit sich reden ließ.
 

Axel blickte auf Roxas herab. Schien doch kein Theater zu geben.

Aber er hatte sofort gemerkt, das der Junge nicht wollte.

Da konnte er auch nichts machen. Mitkommen oder auf der Straße bleiben und irgendwann gefunden werden...

"Ihr wollt zu Fuß, oder?"

Der Bodyguard war in Gedanken versunken gewesen, blinzelte nun benommen als Demyx ihn ansprach.

"Hn? ... Ja, klar. Ich kann ihn schlecht hinten mitnehmen. Mein Spiegel ist schließlich kaputt und passende Kleidung haste ja auch nicht da oder? Roxas würde sich was mit den Nieren einfangen ohne Nierengurt!" erwiderte Axel leicht schroff und zeigte mit der Hand auf einen dünnen, breiten Gurt, der auf einer Kommode lag.

Es war Demyx' Nierengurt.
 

"Ja ja, schon gut. Ich habe nur noch mal nachgefragt" seufzte Axels bester Freund und verschränkte die Arme.

"Ja ja heißt leck' mich am Arsch!" meinte Axel, als er sich aus seiner Motorradjacke schälte, den Gurt ablegte und die Jacke ohne das Innenfutter wieder überstreifte.

Er griff sich wortlos den Jungen.

"Hab mal ein Auge auf mein Baby, klar?" sagte er, bevor die Tür hinter ihnen zu schlug.

Roxas schaute verdattert auf diese; er hatte sich nicht mal richtig bedankt.
 

Sie passierten gerade eine der ruhigeren Alleen und ließen die Geräuschkulisse der Hauptstraße hinter sich.

Es war still zwischen beiden.

Wieder gefiel es Roxas nicht. Aber vielleicht war es auch besser so.

Er wußte nicht, was er mit Axel hätte bereden sollen und außerdem fühlte er sich in seiner Nähe nicht wirklich wohl.

Einen gewissen Abstand hielt er ein, auch wenn Axel inzwischen kein Fremder mehr war.

Bizarr war wohl das richtige Wort für sein Verhalten.

Und das fand auch sein Begleiter.

Es nervte ihn irgendwie. Irgendwie mußte man Roxas doch zum reden bringen -

aber er würde sicher nicht mit einem Gespräch anfangen, der Junge mußte schon selbst aus sich heraus kommen.

Sonst würde er wohl nie lernen, wie es auf den Straßen und im Leben wirklich war.
 

Jener Junge schluckte nun schwer, als ob ihn etwas fiel Überwindung kosten würde.

Gestern, selbst heute Morgen war es einfacher gewesen, etwas über die Lippen zu bekommen auch wenn es zittrig oder gestottert war. Warum hatte er auch so große Angst, mit "Fremden" zu reden? Bei Demyx ging es doch auch, warum also nicht bei Axel?

Roxas kam sich so kindisch vor, gerade weil er diesen Mann doch nun kannte.

Jedenfalls ein bißchen.

Roxas schaute nun auf das Gesicht des Bodyguards, welches im Profil zu betrachten war.
 

"...Axel? Ich ähm... ich habe mich noch gar nicht bei Ihnen bedankt. Für Ihre Hilfe gestern..."

Axels Augen wanderten schräg nach unten, um Roxas in dessen sehen zu können.

Das er das noch erleben durfte.

Der Junge konnte sich ja bedanken und vor allem, von sich aus ihn ansprechen!

"Schon gut Kleiner. Ich bin froh, das ich überhaupt noch ein Danke von dir zu hören kriege!" entgegnete Axel ein wenig sauer. Bedanken konnte man sich doch alle mal!

Roxas zuckte bei diesen Worten wieder zusammen, wurde erneut nervös.

"Verzeih...ich hatte es gestern...also...ich..."

Schon wieder stotterte er sich einen zusammen. Roxas wäre liebend gerne im Boden versunken.

Und dann auch noch dieses unangenehme Gefühl, das ihn beschlich...
 

"...lass mich raten, du hast es vergessen, weil gestern so viel auf einmal los war. Weil dir die ganze Situation neu war und weil du vermutlich zum ersten "frei" warst?" fragte Axel nun ruhiger und blieb stehen.

Angesprochener stand einen halben Meter von ihm entfernt und starrte den Weg entlang.

Seine Augen waren weit aufgerissen.

Roxas senkte den Blick.

"Ja...! Ich...war frei. Wirklich frei..." hauchte er tonlos, begann zu zittern.

Lagen sein Geist und seine Gefühle so offen wie ein Buch? Das jeder Einblick hatte?

Er wäre am liebsten zusammengebrochen, mitten auf dem Pflasterstein. Es war einfach nicht fair. Es war rau, kalt und trostlos wie der Boden unter ihm - das Leben, welches er leben mußte.
 

Roxas spürte eine Hand auf seiner Schulter ruhen. Sie war warm, aber ebenso rau.

"Kleiner... lass dir dein Leben nicht versauen.

Du mußt dir nicht ständig etwas vorschreiben lassen. Es ist schließlich dein Leben, und du hast nur eins, klar?

Mach was daraus, egal wie schwer es dir fallen wird und wie lange du dafür brauchst.

Wenn du so weitermachst wirst du später nur Probleme haben. Setzt dich vielleicht mit deinen Eltern zusammen und versuch ne' Regelung oder so etwas in der Art zu finden..."

Axel hatte sich leicht zu ihm herunter gebeugt um mit Roxas auf Augenhöhe zu stehen.

Jetzt mußte er mal etwas dazu sagen.
 

"Hörst du? Lass es dir nicht kaputt machen. Du bist kein Tier, das man einfach weg sperren kann."

Nun erhob er sich wieder.

Ebenso wie Roxas' Kopf. Lange Zeit sah er ihn schweigend an, ließ sich diese Worte genau durch den Kopf gehen. Er wußte irgendwie, das Axel aus Erfahrung sprach.

Eine Stimme in seinem Inneren sagte es ihm.

Doch wie sollte er das schaffen? Und überhaupt, ihm stand noch eine gehörige Standpauke bevor...!

Axel erwiderte den Blick, grinste dann und gab Roxas einen kleinen Klaps auf den Hinterkopf.

Als dieser aufjapste und seinen ehemaligen Aufpasser verwirrt an stierte, lachte Axel einfach.
 

"Jetzt mach dir nicht andauernd einen Kopf um jeden Scheiß! Dafür ist dir deine Zeit doch sicher zu Schade..." meinte er und ging mit Händen in den Hosentaschen weiter, "...und für dein Problem mit dem Ausflug lassen wir uns schon noch was einfallen. Also komm jetzt!" sagte Axel bestimmt, schritt weiter voran.

Roxas folgte ihm stumm, seine Gedanken kreisten weiter um diese Worte.

Hatte er Recht...?
 

Marianne horchte auf. War das eben nicht die Haustür...?

Einen kurzen Moment überlegte die einstige Aupair noch, ehe sie einen Schritt schneller ging, um ihre gegenwärtige Aufgabe schnell zu erfüllen. Vielleicht war es ja jemand wichtiges, wie zum Beispiel die Hausherrin oder Tai mit seinen Männern.
 

Roxas seufzte laut, als eine der Bediensteten die große Tür schloß und ihm zum dritten Mal in Folge unterbreitete, wie froh sie doch sei, das er endlich wieder wohlbehalten zu Hause war.

Genau das hatte er so vermißt...Passivität war hier doch verlockend.

Axel musterte skeptisch die ältere Dame, als sie los ging um Roxas Eltern zu kontaktieren.

Gleichzeitig fragte er sich, ob es in diesem Haus für jeden Mist einen Angestellten gab und ob man hier überhaupt etwas alleine machen durfte.
 

"Jetzt bin ich also wieder hier..." Roxas drehte sich zu Axel.

Schon wieder hieß es Abschied nehmen. Dabei hatte er sich gerade an seine Nähe gewöhnt...

"...noch einmal Danke für alles. Und für das Herbr-"
 

"Roxas?! Oh mein Gott, du bist wieder hier! Welcome home, my dear!" ertönte es vom oberen Treppenabsatz.

Marianne stand dort, ihre Augen strahlten vor Freude - ihr Roxas war wieder da!

Und es ging ihm gut!

Sie schien die Treppen förmlich hinab zu schweben -

Axel hatte Schwierigkeiten, seine Klappe oben zu behalten und sie nicht anzustarren.

Gott, wer war denn das Mädel?
 

"Kurzer...wer ist denn die Hübsche da...?" zischte er Roxas zu, nachdem er sich so unauffällig wie möglich zu ihm herunter gebeugt hatte. Roxas schaute ihn nur verwundert an, dann wieder Marianne, welche fast bei ihnen war.

"...das ist mein Kindermädchen, Marianne... warum fragen Sie?"

Axel nickte leicht, schien nur noch Augen für die junge Engländerin zu haben.

"Marianne...hast du's gut Alter..." erwiderte Axel leicht neben sich, starrte die Blonde nun doch an.

So eine schöne Frau hatte er noch nie gesehen - Holla die Waldfee!

Da sah doch jede andere alt gegen aus!
 

"Roxas!" wiederholte eben jene Frau und umarmte Roxas so herzhaft, das dieser leicht nach hinten taumelte.

Er freute sich ebenfalls sie wiederzusehen; das mußte er trotz allem zugeben.

"...Marianne...du erdrückst mich noch..." meinte er und schob sie sanft von sich.

Sie löste sich und strich eine Freudesträne aus ihrem blassem Gesicht.

"Wo warst du nur...?" wisperte sie und kam nicht drum rum, ihren Schützling abermals kurz zu drücken.

Es war eine der schlimmsten Nächte ihres Lebens gewesen.

Nicht zu wissen, wo Roxas war...
 

Der Motorradfahrer hatte indessen andere Probleme.

Problem Nummer eins: Axel hatte sich wohl gerade in das Kindermädchen dieses verwöhnten Balgs verguckt und zweitens: diese Frau mit der Engels gleichen Stimme stand auch noch in unmittelbarer Nähe zu ihm.

Verdammt, warum kribbelte es überall und warum wurde ihm ganz warm?

Gut okay. Diese Marianne war eine Frau, wie er sie sich immer gewünscht hatte - aber wieso war sie als Kindermädchen in einem solchem Haus angestellt?! So eine Schönheit hatte doch etwas besseres verdient...

Er war sich nicht sicher über das, was gerade in diesen Sekunden in ihm vorging. Hatte er sich wirklich verschossen?

Eigentlich glaubte Axel nicht an diese schnulzige "Liebe auf den ersten Blick"...
 

"Nanu?"

Marianne richtete ihre blauen Augen interessiert auf Roxas' Begleitung.

Sie legte den Kopf leicht schief. "Wer sind denn Sie...?" richtete sie ihre Frage an Axel.

Er stand fast schon stocksteif da, als er antwortete.

Gott sei Dank stotterte er nicht so wie Roxas!
 

"Ich? Ja, ich hab den Jungen hier nach Hause gebracht...", er klopfte Roxas kräftig auf den Rücken und grinste breit, als wenn das die Selbstverständlichkeit überhaupt wäre, "...ist mir gestern so in die Arme gelaufen und da es schon so spät war, hab ich ihn bei mir gelassen. Hab vorgestern auch auf ihn aufgepaßt...!" meinte Axel schon fast stolz auf sich.

Roxas starrte ihn wie ein Auto ohne Licht an.

Was erzählte er denn da? Hatte Axel noch einen im Tee?

Er war doch gestern bei Demyx und nicht bei ihm gewesen...?
 

Marianne kaufte ihm diese halbwegs wahre Geschichte ab. Sie lächelte warm und verbeugte sich.

"Vielen Dank für Ihre Hilfe!" sagte sie.

Ihre Augen musterten Axel abermals. Irgendwie gefiel ihr der Kerl. Ja, er gefiel ihr auf Anhieb.

Er schien sehr nett zu sein, wenn er Roxas sogar nach Hause brachte.

Auch sie konnte nicht richtig beschreiben, was gerade in ihr vorging.

Vielleicht bekam sie es ja noch heraus...?
 

Eine Weile sahen sie sich noch schweigend an - Roxas verstand einfach nicht was da los war -

bis Marianne schließlich tief seufzte, kurz die Augen schloß und zu Roxas sah.

"Wollen wir ins Wohnzimmer? Tai und deine Mutter werden sicher bald wieder hier sein.

Sie suchen dich noch, weißt du... es wäre besser, wenn wir nicht hier herumstehen."

Angesprochener schaute auf, nickte dann mit leicht trübem Blick.

Roxas wandte sich wieder zu Axel.

"...vielleicht...sehen wir uns ja irgendwann wieder...!" sagte er; in seiner Stimme lag ein Hauch von Hoffnung.

Er würde Axel wirklich gerne wiedersehen.

Axels Grinsen war zu einem leichten Lächeln geworden, als Marianne sich bei ihm bedankt hatte.

"...sicher. Irgendwann, Kurzer."
 

Erneutes Seufzen, Marianne verabschiedete sich nun auch von Axel und beide wandten sich ab. Die drei standen noch in der Empfangshalle, also brauchte der Bodyguard nicht noch zur Tür gebracht werden.

Einige Momente sah er den beiden, besonders Marianne, nach.

"Dreh dich um...! Dreh dich um Kleine, bitte...!" dachte Axel sich im Stillem -

und sie tat es. Als wenn sie Axels kleinen Gedankengang gehört hätte, Marianne drehte sich noch einmal zu ihm um, sah ihn fragend und leicht verwirrt an.

Doch in ihren Augen war noch mehr zu lesen; bis sie schließlich verschwunden war.
 

Axel schluckte und trat aus der Tür.

Sie fiel ins Schloß.

Ein Freudenschrei hallte über den Hof.

"Jau! Sie hat mich angesehn'!" jubelte er, so glücklich war Axel über diese kleine Geste Mariannes -

er wollte sie wiedersehen, koste es was es wolle. Dieser Blick von ihr; Axel war sich sicher, das es ihr genau so ergangen war wie ihm. Er hoffte es inständig. Denn sie war wirklich sein Typ.

Und Klarheit über das, was in ihm vorging bekam er wohl erst, wenn der Motorradfahrer sie wirklich wieder sah...
 

AN: Puah! Das achte Kapitel ist auch fertig! Und bestimmt gab es noch mehr Verwirrung, oder?

Um euch zu beruhigen: Es wird Shonenai, keine Sorge... nur wann ist die Frage! ;)

Die Stelle, an der Axel mal ein Wörtchen mit Roxas redet war gar nicht so leicht zu schreiben, auch wenn sie nur so kurz war, ebenso die Szene mit Marianne und Axel... nun ja. Ich hoffe wie immer, das es euch gefallen hat!

Liebe Grüße, Sinister-Sundown.

Welcome back, Axel!

"Wo...ist Vater denn?"

Roxas ließ sich tief seufzend auf das große Sofa im Wohnzimmer fallen.

Warum hatte ihn Axel bloß wieder her gebracht? Und warum hatte er gelogen, als Marianne gefragt hatte, wer er sei?

Nun gut, das er auf ihn aufgepaßt hatte stimmte ja, aber...
 

"Dein Vater ist wieder geschäftlich unterwegs... er wollte eigentlich erst fliegen, wenn du wieder zu Hause bist.

Aber es ließ sich nicht mehr verschieben. Heute morgen um vier ist er los" antwortete Marianne, als sie Roxas einen heißen Tee einschenkte. Sie fand es absolut daneben von ihrem Chef.

Ja... daneben war noch harmlos ausgedrückt. Sein Sohn war fort, und anstatt alles abzusagen und ihn zu suchen überließ er es seiner Frau und Tai. Die Hausherrin, Cassandra, war sowieso vollkommen fertig mit den Nerven.

Sie gab sich die Schuld daran, das Roxas fortgelaufen war.

Und da hatte sie nicht mal Unrecht.

Sie hatte zum Teil Schuld; die andere Hälfte trug ihr Mann.

Wenn sie nicht so ignorant wären und Cassandra ihren Sohn nicht geschlagen hätte...

"So viel 'hätte' und 'wenn'..." jagte es Marianne durch den Kopf. Sie ließ sich neben Roxas nieder.

Sie konnte wohl als einzige in diesem Haus nachvollziehen, warum Roxas fort gegangen war. Trotzdem war sie froh, das er wieder da war. Ohne ihn fehlte einfach etwas... vielleicht wäre ihm ja auch wirklich etwas passiert; was Marianne aber ausschloß. Dieser Axel war ja da gewesen...
 

"Sag mal Roxas...", Angesprochener schaute gelangweilt auf und unterbrach sein Trübsal blasen für einen Moment, "...dieser Axel - war das der Bodyguard, den Tai arrangiert hatte?" Mariannes Stimme hatte etwas Seltsames an sich, das merkte Roxas sofort. Langsam nickte der Junge.

"Warum fragst du ?" setzte er noch hinterher. Vielleicht würde sie ihm erzählen, was eben in der Empfangshalle los war.

Sie und auch Axel hatten sich komisch verhalten.

Sein ehemaliger Begleitschutz wurde zum Lügenbold, bekam den Mund nicht mehr zu als er Marianne sah und war irgendwie nicht mehr ganz da gewesen. Und Marianne...

Seine Aupair hatte Axel nachgeschaut. Mit einem fast schon verträumten Blick.

Das machte sie eigentlich nicht, nachdem sie sich von jemandem verabschiedet hatte. Also, was zum Geier war da los...?
 

"Oh...warum ich frage...einfach so, weißt du. Ich war ja dem ganzen Abend anderweitig beschäftigt..." antwortete Marianne und hob abwehrend die Hände, so als wenn Roxas nicht weiter bohren sollte.

Da hatte sie aber falsch gedacht.

Nicht mit Roxas - sonst bohrte sie immer solange nach, bis er ihr alles erzählte und nun würde es mal anders herum laufen!

"Marianne? Warum hast du ihn denn so komisch angesehen...?" kam er gleich auf den Punkt, der ihn stutzen ließ.

Es war ja wohl mehr als seltsam und auffällig gewesen.

Das Kindermädchen seufzte tief. Da hatte sie den Salat.

Wie sollte sie das denn erklären? Sie wußte doch selbst nicht, was ihr da durch Kopf und Glieder schoss, als sie Axel in seine...leuchtenden Augen sah. Dieses seltsame Gefühl, die Hitze und der Schauer über dem Rücken, das Kribbeln - man würde es wohl als "Schmetterlinge im Bauch" oder einfach "Liebe" bezeichnen.

Doch war es das wirklich...?

"I don't know..." begann sie mit gesenktem Blick...
 


 

Dieser Morgen war mit Abstand einer der schönsten und zugleich verwirrendsten gewesen.

Noch nie war er zwischen etwas so hin und her gerissen gewesen -

zumindest konnte sich Axel an nichts erinnern.

Unweigerlich mußte er daran denken, das seine Vergangenheit ein großes Rätsel war...

Er schüttelte benommen den Kopf, als Demyx ihn zum zweiten Mal fragte, was denn nun sei.

"Du wolltest mir doch was erzählen oder nicht?" fragte er und setzte sich einfach auf den Sattel von Axels Maschine.

Sein bester Freund sah ihn noch einen Moment an, ehe er checkte, was Demyx von ihm wissen wollte.
 

"Oh...ja klar."

Axel grinste. "Als ich den Kleinen nach Hause gebracht hatte...alter Schwede..."

Kurz dachte er an Marianne zurück, wäre sogar fast wieder in Gedanken versunken wenn er nicht den fragenden Blick auf sich bemerkt hätte.

"Sein Kindermädchen. Marianne. Meine Fresse, so'n Mädel ist mir noch nie unter die Linse gekommen!" unterbreitete Xemnas' Ziehsohn dem Musiker. Demyx zog eine Braue hoch.

"Okay. Ein Kindermädchen. Und?"

Axel entgleisten die Gesichtszüge. "Was und?! Die ist....die ist unglaublich, Demy!" meinte er, stieß einen Pfiff aus.

Er würde nun glatt zugeben, sich eventuell verschossen zu haben.
 

Nun starrte Demyx ihn an.

"Aku...wenn es das ist, was ich denke das es das ist - dann wünsche ich mir das es das nicht ist, Alter!" redete er konfus und verschränkte die Arme, musterte Axel genau.

Gott, der Kerl hatte gerade die letzte Beziehung beendet!

Was neues anzufangen wäre ja jetzt die Höhe!

Der sollte mal abschalten von den ganzen Weibern!

"Was denn? Die müßtest du mal sehen! Dann würdest du mich verstehen!" verteidigte sich Axel und scheuchte Demyx von dem Sitz runter. Wenn der eine Ahnung Hätte! Marianne war unglaublich schön in seinen Augen. Und er war sich sicher, das es in ihrem Inneren genauso aussah. Wenn sie sich solche Sorgen um Roxas machte, mußte sie ein gutes Herz haben.

Axel zog sich den Helm und die Handschuhe über.

Sein Freund sah ihn mit den Augen rollend an.

"Meinst du nicht das das mit Sylena gereicht hat? Diese Furie hast du doch gerade hinter dir!" meinte Demyx; ihm lag das Wohl von Axel schon am Herzen.

Sicher, ganz zu Anfang konnten sich die beiden nicht riechen, aber das war längst vorbei und der junge Fahrer sah es als seine Aufgabe an, Axel vor noch mehr Enttäuschung zu wahren.
 

"Erinnere mich nicht an Sylena! Die kann mir gestohlen bleiben! Und jetzt geh' mal aus dem Weg!" zischte Axel nun bissig und schob sein Bike vor, um besser aus der Ausfahrt zu kommen.

Es war doch seine Sache, was er nun tat! Klar, Demyx konnte sich Sorgen machen wie er wollte -

aber er konnte selbst nichts dagegen machen. Marianne, das Kindermädchen des Knirpses ging ihm nicht mehr aus dem Schädel. Was ihn aber noch mehr wurmte: Wie sollte er sie wiedersehen? Besonders nach der Sache gestern Abend?

Dieser Tai würde ihn sicher wegscheuchen, wenn er einfach mal vorbei käme...

"Meine Fresse, was denk' ich mir da...?" fragte sich Axel in Gedanken, während er sich auf dem Sitz niederließ, den Schlüssel ins Zündschloss steckte und den Motor startete.

Er warf Demyx noch einen Blick zu, dann gab er Gas und fuhr von der Auffahrt.

Endlich wieder frei sein...

Demyx sah ihm nach, Wind fuhr durch seine Haare.

"Ich hoffe nur, das du dich da nicht in irgendwas rein reitest..."

Seufzend wand er sich um.
 


 

Roxas sah Marianne genau in die Augen.

Okay, erstmal wirre Gedanken sammeln, das mußte er nun tun. Sie hatte ihm gerade alles erzählt, was ihr gestern durch den Kopf ging, als sie Axel gesehen hatte.

Und das war ziemlich, nein sehr verwirrend. Wenn Roxas es richtig verstand, dann...mochte Marianne Axel.

Aber wie konnte das nach einem solch kurzen Treffen möglich sein?

War sie vielleicht überarbeitet?

Eine Weile sah er sie noch an.

Ihm kam das spanisch vor, das sie nach so einem kurzem Treffen so etwas sagen konnte...

"Ich glaube ich mag ihn"... Es ging nicht!

Und doch.

Da war etwas. Etwas, was alles in seinem Verstand auf den Kopf stellte.

Und nicht wegen Mariannes Worten.

Nein. Wegen Axel...
 

"Marianne...was meinst du damit? Du sagtest das du ihn magst -

aber wie kann das sein? Ihr habt euch doch nur kurz gesehen!" wiederholte Roxas seinen Gedanken nun laut.

Der Junge hatte das Bedürfnis, es zu wissen.

Er wußte selbst nicht warum; aber etwas sagte ihm, das es wichtig war über so etwas Bescheid zu wissen.

Etwas in ihm wollte wissen, wie es möglich sein konnte, das man... so schnell Vertrauen zu einer Person aufbauen konnte.

Denn "ich mag ihn" war doch auch "ich vertraue ihm", oder nicht?

Roxas wußte es nicht.

Er hatte nie jemanden wirkliches Vertrauen geschenkt -

nur Marianne und seinem verschollenem Bruder, weshalb er auch nicht wirklich sagen konnte wann man jemanden wirkliches, echtes Vertrauen schenkte -

denn seines wurde oft genug gebrochen und mißbraucht.

Und das bereits in jungen Jahren.

Sein Kindermädchen schaute ihn nun etwas verwirrt an, so also ob sie nicht wußte ob sie antworten sollte oder nicht.

Lange sah sie Roxas einfach nur an und spielte nervös mit einem Zipfel ihres Rocks; dann seufzte die junge Frau tief.

Ein warmes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.
 

"Weißt du Roxas... es gibt Dinge, die man nicht so einfach erklären kann. Die in keinem noch so dicken Buch stehen.

Und die Liebe-"

Sie brach abrupt ab und schlug sich fassungslos über ihre eigenen Worte die Hand vor den Mund.

Was sagte sie da? Liebe? Liebe?!

Nein, sie konnte den Kerl doch nicht schon...

Ihre Augen huschten verwirrt umher. Sie wußte, das so etwas durchaus möglich war, aber...

Gerade sie mußte es treffen?

Marianne nahm die Hand von ihrem Gesicht, ließ sie auf ihren Schoß sinken und dachte nach.

Roxas vergaß sie vollkommen.

Wenn es wirklich so war, dann hatte sie ein Problem. Sie würde diesen Axel sicher nicht wiedersehen und er würde sie von ihrer Aufgabe ablenken und das würde auch wieder zu Problemen führen.

"Liebe" und Job waren zusammen gepackt noch nie ihre Sache gewesen. Sie schaffte es einfach nicht, es unter einen Hut zu bringen, ohne sich in Probleme und peinliche Situationen zu bringen.

Es hatte sie schon einmal ihre wirklich gut bezahlte Arbeit in England gekostet.

Und sie brauchte das Geld unbedingt; aus familiären Gründen.

Darum war sie auch hierhergekommen. Um abzuschalten und eine neue Erfahrung zu machen, nämlich als Aupair.

Und nun hatte sie eine Arbeit gefunden, die ihr Spaß bereitete - und praktisch einen kleinen Bruder.
 

"Marianne? Was hast du denn auf einmal? Was meinst du mit Liebe? Ich meine... du kannst Axel doch nicht..."

Noch bevor Roxas seinen Satz richtig stellen konnte, ging die große Flügeltür auf und eine ziemlich abgehetzte Frau trat ein.

Cassandra war abermals den Tränen nahe, als sie ihren Sohn dort sitzen sah.

Auch wenn er sie geschockt ansah, es war egal, Hauptsache es ging ihm gut. Das war alles, was in diesen Sekunden für die Hausherrin zählte.
 

"Roxas!" brachte sie atemlos hervor und stolperte wortwörtlich nach vorne.

Angesprochener starrte sie nur an - er hatte Angst.

Angst, erneut geschlagen zu werden. Für ihn war seine Mutter längst ein Symbol der Angst.

Sie hatte Angst, er hatte Angst - dann war das Bild doch perfekt!

Sie war der Meinung, ihm könnte schon etwas passieren wenn er mit Marianne, und das kam schon sehr selten vor, aus dem Haus ging. Wenn überhaupt durfte er nur mit Begleitung raus und das dann auch nicht nicht für lange.

"Fehlt nur noch, das ich mir nicht mal mehr einen Apfel schälen darf...könnte mir ja sonstwas abhacken..." dachte Roxas sarkastisch, und ihm lief ein Schauer über den Rücken als seine Mutter ihn in den Arm nahm.

Sie weinte, zitterte am ganzen Leib - und war sichtlich erschrocken, als Roxas sie von sich drückte.
 

Er wollte diese Berührungen nicht, schon gar nicht von ihr.

Emotionslos schaute der Junge zur Seite. Allein diese kleine Geste sagte bereits "fass mich unter keinen Umständen an!".

Und wenn doch, so schwor sich Roxas, würde er sich wieder verziehen.

Er wollte einfach nur noch alleine sein, seine Ruhe haben und über das nachdenken, was schon seit heute morgen in seinem Kopf herum geisterte...

"R...Roxas...du kannst doch nicht...ich habe..." stammelte Cassandra. Sie starrte auf ihren Sohn, welcher sie gerade abgewiesen hatte. Sie wollte doch nur noch einmal mit ihm reden. Ihm erklären, was los war...

Erst jetzt wurde ihr wahrscheinlich zum ersten Mal klar, was sie die ganzen Jahre getan hatte - doch aus irgendeinem Grund verschloß sie den Gedanken, etwas mit dieser mehr als übertriebenen Liebe falsch gemacht zu haben, schnell wieder in eine Kiste, weit im dunkelsten Winkel ihres Verstandes.

Nein. Diesmal hatte sie sicher nichts falsch gemacht! Nicht noch einmal... oder doch? Warum zweifelte sie nun...?

Cassandra bemerkte den tadelnden Blick von Marianne auf sich; sie schien sehr sauer zu sein und eindeutig war sie auf Roxas' Seite.
 

Schließlich seufzte Cassandra tief, fuhr sich mit der Hand über das bleiche Gesicht.

Langsam ließ sie sich neben Roxas nieder; auf den weiteren Versuch ihn zu berühren reagierte ihr Sohn empfindlich. Er schlug ihre Hand bei Seite und rückte von ihr weg, näher zu Marianne. Warum war er nur so...aufmüpfig? Noch nie war das so gewesen wie jetzt. Und auch Roxas verstand es nicht ganz -

woher nahm er nur plötzlich den Mut, sich zu wehren?

Lag es vielleicht an den Worten eines Mannes der, ganz im Gegensatz zu Roxas, Lebenserfahrung hatte?

Lag es an diesem Motorradfahrer?
 

"Roxas... ich bitte dich, höre mir wenigstens noch ein mal zu! Ich...bitte, ich...es...es tut mir so entsetzlich Leid!" Die letzten Worte gingen in einem Wimmern unter, die Hausherrin konnte ihre Tränen einfach nicht mehr zurückhalten. Abermals tropften Tränen auf den roten Teppich, welcher fast überall im Haus zu finden war - doch diesmal stammten sie nicht von Roxas.

Nein, diesmal stammten sie von einer Frau.

Einer Frau, die von Sorge geblendet war; so sehr, das sie alles was wirklich wichtig war, alles was man Realität nannte, nicht sah. Und dafür hasste sie ihr Sohn mittlerweile. Ja, Roxas konnte es wirklich Hass nennen.

Anders könnte er dieses betäubende Gefühl, welches sich durch seine Adern schlich nicht nennen.
 

Und ihre Worte waren ihm egal.

Sie wären so oder so in ein paar Tagen wieder nichtig und alles würde erneut in das alte Muster laufen.

Verstand sie denn nicht, das sie ihn nicht vor allen Gefahren dieser Welt schützen konnte?

Cassandra tupfte sich mit einem Stofftaschentuch dürftig die Tränen von den Wangen, schniefte und blickte Roxas an, welcher den Blick von ihr gewandt hatte. Und wenn sie einfach zu erzählen begann?

Er würde sie doch hören und vielleicht auch... mit ihr reden...?

Fahrig atmete die Frau aus, biß sich noch einmal auf die Unterlippe ehe sie in ihren wirren Gedanken nach den passenden Worten suchte. Sie schluckte, ehe sie nach einer weiteren stillen Minute ihre Stimme hob:
 

"...als du sagtest...wir seien...un...unmenschlich-" fing sie an, aber stockte sofort. Eine sorgsam verschlossene Erinnerung wurde für diesen kurzen Moment wieder frei. Sie hatte diesen Satz schon einmal gehört. Denselben, den Roxas gestern noch zu ihr gesagt hatte.
 

"Ihr seid so unmenschlich..."
 

Sie hatte ihn schon einmal gehört. Damals, vor gut zehn Jahren... damals, an dem Abend an dem sich alles änderte - für sie und auch für Roxas...
 


 

"Ihr lügt! Ihr lügt doch, verdammt noch mal!

Vater, sag das das nicht wahr ist, bitte!"

Draußen vor den Toren des Anwesens braute sich bereits ein Gewitter zusammen.

Es war Hochsommer, schwüle Luft tränkte die Atmosphäre. Ganz leise krabbelte er zum Geländer der Wendeltreppe, darauf bedacht stehts im Schatten zu sein, so das man ihn nicht entdeckte. Eigentlich hätte der Kleine schon längst schlafen sollen; es war schließlich schon fast elf Uhr. Aber er konnte nicht schlafen, es war zu laut.

Drei Stimmen diskutierten nun schon eine ganze Weile unten in der Empfangshalle. Er verstand nicht viel - aber es mußte etwas Schlimmes sein, wenn es seinen geliebten Bruder so in Rage brachte.

Seine Augen glitzerten bereits vor Angst.
 

"Es...bitte versteh' doch, wir wollten es dir doch sagen aber es war...es war noch zu früh! Denke doch auch an deinen Bruder! Es wäre ein Schock für ihn und er ist doch noch so klein!" Verzweifelt versuchte sie damals, ihren Ältesten zu beruhigen. Das der Jüngere oben am Geländer hockte und lauschte, bekam sie nicht mit.

Warum um Gottes Willen mußte der Ältere es auch auf solchem Wege erfahren?

Warum? Es hatte alles zerstört. Die Idylle, die Cassandra sich so mühsam aufgebaut hatte, nach dem sie beinahe alles verloren hatte...

Ihr Sohn tobte, war wütend und konnte nicht glauben, was er gerade durch Zufall erfahren hatte.

"Ihr seid so unmenschlich!" rief er...
 


 

Cassandra atmete fahrig aus und verdrängte schnell diese schmerzende Erinnerung.

Abermals sah sie zu Roxas.

"...als du das sagtest...ich...ich konnte mich nicht mehr beherrschen...es...es hat sich ein Schalter in meinem Kopf umgelegt und...! Ich wollte diese Worte nicht noch einmal hören...nicht auch noch von dir..." wisperte die Frau. In diesen Momenten glich sie eher einem Gespenst. Sie war sehr blass, ihre Augen gerötet, das Gesicht vom weinen verzerrt.

Auch zitterte sie leicht. Das alles ging ihr sehr an die Nieren, auch weil diese Ereignisse an die Vergangenheit erinnerten.

Roxas würdigte sie keines Blickes.

Sollte sie sich doch diesmal an ihm die Zähne ausbeißen und auf Granit stoßen!

Lieber sah er sich den Boden an.

"Pech" meinte er schlicht, die Stimme mehr ein Hauchen welche erst kräftiger wurde, als er den Kloß in seinem Hals herunter schluckte.

Marianne blieb stumm.
 

"...denke doch lieber darüber nach, warum ich weggelaufen bin, anstatt die Hand gegen mich zu erheben.

Du nimmst mir doch alles! Du und Vater, ihr nehmt mir doch meine gesamte Kindheit und selbst das reicht euch nicht! Ihr nehmt mir förmlich die Freiheit! Nie darf ich raus und mich mit anderen treffen! Nie darf ich alleine etwas unternehmen! Wie soll ich mich denn jemals in der Welt da draußen zurechtfinden, wenn ich nie meine eigenen Erfahrungen machen darf?

Wenn ich nie eine Chance dazu habe?

Soll ich dir mal was sagen, 'Mutter'? Diese beiden Tage an denen ich fort war, waren die schönsten meines verdammten Lebens! Ich war nicht eingesperrt wie in einem Gefängnis, ich durfte hin gehen, wo ich wollte und ich durfte mit anderen in Kontakt treten! Ich durfte Leben!"
 

Roxas hatte seine Hände in seine Hose gekrallt, während er sprach. Seine Stimme war brüchig, aber jedes noch so kleine Wort war verständlich. Und er fühlte sich um Lasten erleichtert.

Nie durfte er so mit seiner Mutter reden.

Immer wurde alles, was dieses Thema betraf unterbunden.

Doch nun, nun durfte er es endlich in Worte fassen, das was ihn schon Jahre beschäftigte.

Noch immer sah er nicht in die glasigen Augen seiner Mutter.

Sie hatte die Luft angehalten, starrte den Jungen an.

Ihre Augen huschten umher und ihr Geist versuchte das, was sie gerade gehört hatte zu verarbeiten, einzuordnen und zu verstehen.

Ganze Minuten war es still; Marianne schaute immer wieder zwischen den beiden hin und her, zupfte nervös an ihrem Rock.

Es mußte doch etwas geschehen!
 

"...es...tut mir Leid."

Cassandra stand auf. Sie starrte zu der großen Flügeltür, schluckte und faltete die Hände ineinander.

Sie verstand die Leiden ihres Sohnes. Sie hatte sie schon immer verstanden, tief in ihrem Inneren.

Und tief aus diesem Inneren drang auch immer wieder diese Stimme hervor, die sagte: "Beschütze ihn, lass ihn nicht heraus!"

Die Hausherrin hatte ihr stehts folge geleistet, weil sie es für richtig hielt - und weil sie ihre Angst damit stillen wollte.

Nie durfte die Wahrheit über ihre Vergangenheit ans Licht kommen...!

Doch nun... vielleicht war es ja nicht falsch, wenn sie...

"Bitte warte hier, Roxas. Nur einen Moment...!" sagte sie, ihre Stimme war noch leicht verzerrt.

Dann ging sie. Die Tür schloß sich und hinter ihr blieb ein verwirrter Roxas und eine ebenso verwirrte Marianne zurück.

"Hm..."

Marianne blinzelte, und schaute schließlich zu Roxas.

Nach Ewigkeiten hatte er wieder aufgeschaut. Nun starrte er, wie seine Mutter zuvor, auf die Tür.

In seinem Kopf mußte unendlich viel passiert sein.

Er hatte ihr endlich die Meinung gesagt. Vielleicht hatte es sogar Wirkung gezeigt.

Sie war stolz auf Roxas. Endlich hatte er es geschafft. Und es war richtig gewesen!
 

"Du hast genau das Richtige getan, Roxas" meinte sie vorsichtig.

Angesprochener schaute langsam auf sie, blickte ihr lange in die blauen Augen.

Dann seufzte er. "Ich hoffe nur, das ich es nicht vielleicht doch bereuen werde...! Ich habe schon so viel bereuen müssen, wenn es um meine "Freiheit" ging..." meinte der Junge noch etwas atemlos.

Auch er konnte noch nicht fassen, das er es tatsächlich geschafft hatte den Mut dafür aufzubringen.

Er wagte gar nicht daran zu denken, wer daran Schuld sein könnte...

Roxas fing plötzlich an, nervös mit den Fingern zu spielen. In seinem Kopf jagten die verschiedensten Gedanken und Ereignisse durcheinander.

Und alle hatten sie etwas mit dem rothaarigen Bodyguard zu tun.

Der Junge konnte sich denken, warum ihm Axel nicht mehr so leicht aus dem Kopf ging; schließlich war er eine Person, die ihn als erste Außenstehende wahrgenommen hatte und nicht nur die Aufgabe gesehen hatte, ihn zu beschützen.

Lange hatte er nach anderen Wörtern gesucht, um das was er fühlte, als er dort zwischen den ganzen Fahrern saß zu beschreiben.

Doch er fand nur zwei Gegensätze: Geborgenheit und Unwohl...
 

Die Tür ging auf.

Marianne blickte auf die eingetretene Person, während Roxas es wieder vor zog, den Boden zu betrachten.

Auch ohne auf den Besucher zu schauen, wußte er, das es seine Mutter war - mit Tai im Schlepptau.

Was dieser nun mit der ganzen Sache zu tun hatte, wußte der Junge nicht. Es war ihm auch egal.

Roxas merkte, wie sich seine Mutter wieder neben ihm niederließ, doch diesmal vermied er es von ihr zu rutschen, da Tai nun auch anwesend war.

Der stand nun ihm gegenüber und nur der Glastisch trennte sie. Der Junge spürte ein seltsames Unbehagen, seit der Sicherheitsmann dort war. Sein Blick hatte schon länger etwas durchbohrendes angenommen.

Wenn Roxas es übertrieben und kitschig ausdrücken würde, "wie die Augen eines Dämons".
 

"Roxas...bitte schau mich an, oder wenigstens nicht mehr den Boden. Ich...möchte dir einen Vorschlag unterbreiten, mein Sohn". Erneut versuchte Cassandra zu Roxas vorzudringen. Sie wollte versuchen, es für beide Seiten angenehmer zu gestalten, hatte eine Idee mit der sie sogar zufrieden sein könnte. Wenn alles glatt lief und sie es nach ihren Vorstellungen formen konnte.

Vielleicht war Roxas ja bereit zu kooperieren? Vielleicht war er zufrieden mit dieser "Lösung"?

Auf jeden Fall wollte sie es versuchen.

Wieder verstrichen ein paar Momente, ehe Roxas tatsächlich den Blick auf Cassandra richtete.

Sie mußte erneut schlucken, denn das was sie dort in diesen blauen Augen sah, versetzte ihrem Herzen einen Stich: Hass.

Roxas hatte sich an ein paar Simple Worte erinnert.

An die von Axel.
 

Seiner Meinung nach sollte er mit seinen Eltern reden und nicht auf stur stellen. Inständig hoffte er, das es etwas brachte und es kein Fehler war, nun auf zuschauen.

Die Hausherrin mußte sich ziemlich zusammenreißen, um die Sprache wieder zu finden.

"Wie du siehst habe ich hier die Personal Listen...", sie deutete auf die Zettel, welche sie dabei hatte, "... es sind die des Sicherheitspersonals. Genauer gesagt stehen auf diesen drei Zetteln alle Namen der Bodyguards, die wir je beschäftigt haben." Kurz wandte sie den Blick auf ihren Sohn, wollte sehen ob er schon jetzt Interesse zeigte.

Roxas' Mimik hatte sich tatsächlich geändert; aber sie zeigte nun Verwirrung.

Ebenso wie die von Marianne und Tai.

Auch er wußte nicht, was die Hausherrin vor hatte.

Er sollte nur mitkommen. Dabei war er gerade erst von der Suche zurückgekehrt...

Innerlich fluchte er. Tai wußte genau, wo Roxas gewesen war - bei einem dieser Gossenkinder!

Der Junge machte nichts als Ärger...!

Tai verzog ärgerlich das Gesicht, fing sich aber sofort wieder.

Unangenehme Fragen waren das Letzte, was er nun gebrauchen könnte.
 

Roxas schnaubte, schielte auf die besagten Zettel.

"Und was habe ich nun mit damit zu tun...?" fragte er monoton.

Er malte sich in diesen Momenten alles mögliche aus; verschärfte rund-um-die-Uhr Bewachung, vielleicht ein Zahlenschloss an seiner Tür oder vielleicht wurde auch die Kinder-Sicherung an seinem Fenster wieder angebracht...?

Roxas würde es sicher in ein paar Minuten erfahren und sein Leben erneut verfluchen.

Langsam war die Akademie, die Schule die er schon längst besuchen sollte, keine schlechte Option mehr. Vielleicht war ihm dort ja wohler...
 

Cassandra räusperte sich, brachte ein gequältes Lächeln über die vollen Lippen.

"Also... wenn du es so sehr wünscht, etwas unternehmen zu können, dann werde ich es dir gewähren...", bei dem Ertönen dieser Worte wurden Roxas' Augen groß und er sog überrascht die Luft ein, "...aber nur... mit professioneller Betreuung" setzte Cassandra hinzu und deutete abermals auf die Listen in ihrer Hand. Sie durfte einfach nicht zulassen, das er etwas alleine in der Stadt machte. Es gab zu viele Rückstände der Vergangenheit auf diesen rauhen Straßen, das Risiko, das ihr Sohn hinter Dinge kam die für die Ewigkeit unter Verschluß gehalten sollten...war zu groß.

Nein. Es mußte jemand dabei sein.

Jemand, dem man vertrauen konnte.

Gerade, weil sie aus sehr wichtigen Gründen ihrem Mann folgen mußte... es war mindestens genau so dringend, wie das Wohl ihres Jüngsten. Cassandra würde gerne denjenigen dann noch einmal selbst unter die Lupe nehmen, um zu entscheiden ob es die Richtige Betreuung für ihren Sohn war, aber sie hatte dafür sicher keine Zeit mehr.

Tai würde sie diese Aufgabe erledigen lassen.

Es war wirklich von großer Wichtigkeit, das derjenige auf alles in Roxas Umgebung achten konnte, wenn sie gemeinsam aus dem Haus gehen würden...
 

Für Roxas war es so klar gewesen. Es lag auf der Hand, das es dort einen Harken gab.

Nämlich der Begleitschutz - aber was er nun damit genau zu tun hatte, wußte Roxas nicht.

Wie auch? Aber nachfragen würde Roxas bestimmt nicht. Nein, er würde nur sprechen, wenn es absolut nötig war.

"Wäre ja auch zu schön gewesen..." dachte sich der Junge im Stillen.

Er blickte seine Mutter weiterhin scharf an; sie wartete anscheinend darauf, das er etwas dazu sagte.

Wenn das wirklich der Fall war, konnte sie lange darauf warten und als Marianne die Situation richtig interpretierte, räusperte sie sich vernehmlich. Vielsagend blickte sie Roxas' Mutter in die Augen, schielte kurz zu den Zetteln.

"Sagen sie ihm, was sie vorhaben!" schien sie damit ausdrücken zu wollen.

Cassandra verstand.

Sie biß sich auf die Unterlippe und fuhr fort.
 

"...ich hatte gedacht... also; wenn schon ein Begleiter... dann auch jemanden, den du gut in Erinnerung hast."

Mit diesen Worten legte sie ihrem Sohn die Listen mit den Namen der Bodyguards auf den Schoß.

Roxas sollte entscheiden, wen er als Begleiter haben wollte.

Vielleicht wäre er dann wenigstens ein wenig zufriedener.

Sie wußte nur zu gut, das Roxas am liebsten ganz alleine los gehen würde, um diese "gefährliche" Welt dort zu erkunden.

Aber nicht mit ihr.

Es war zu seinem und zu dem Wohl der ganzen Familie.

Ein wenig perplex schaute der Blonde auf die Listen, über hundert Namen die er sich nun durchsehen sollte -

nun war er sich wirklich sicher, das seine Mutter nicht mehr ganz klar im Kopf war.

Er kannte doch die Namen seiner ehemaligen Bodyguards nicht auswendig! Geschweige denn, das er diesen dann auch ein Gesicht zuordnen könnte...!

Verwirrt huschten seine Augen zwischen den Zeilen hin und her, suchten aber nicht nach jemanden.

Was sollte das...?
 

Plötzlich schnappte Roxas leicht nach Luft.

Na schön. Er durfte sich jemanden aussuchen, also würde er das auch tun.

So begann der Junge, die drei Zettel nach einem Namen, einem ganz bestimmten Namen zu durchforsten.

Es war jeweils der volle Name, das Alter und das Datum aufgelistet, an dem die jeweilige Person ihren Dienst aufgenommen, bzw. beendet hatte. Doch für den Jungen war nur das Datum des Einstiegs wichtig, damit er die von ihm bevorzugte Person auch finden konnte: Axel.

Der Axel, mit dem er schon mehr erlebt hatte, als mit sonst einem Personenschutz.

Dieser Bodyguard war am 7. diese Monats bei ihnen angefangen und hatte an diesem Tag auch aufgehört.

Es sollte nicht schwierig sein, durch die penibel geordneten Listen den richtigen Namen zu finden.

Aber egal, was Roxas machte, egal wie oft er die Zeilen mit dem Zeigefinger absuchte - er fand nirgends dieses Datum. Nirgends Axels Namen.

Das konnte doch nicht sein!
 

"Axel... ich finde seinen Namen nicht."

Tai schaute auf. Sein Blick traf den von Roxas.

Der Junge wußte genau, an wen er sich zu wenden hatte; aber Tai würde nicht antworten.

Er wußte, warum dieser Name nicht auf der Liste stand. Weil er ihn nicht nachgetragen hatte, wie es eigentlich seine Aufgabe gewesen war. Tai hatte seine Gründe, und die würde er sicher nicht preisgeben!

"Nun... einfach aus dem Grunde, weil er nur für einen Abend im Einsatz war" antwortete Tai schlicht.

Dabei ließ er Roxas nicht aus den Augen.

Cassandra hatte diesen kleinen Dialog verfolgt, ebenso wie Marianne.

Beide verstanden nicht.
 

Auch, wenn dieser Bodyguard nur für einen Abend angestellt gewesen war, so mußte sein Name dort stehen.

Warum hatte Tai ihn also weggelassen?

"Roxas... willst du denn gerade diesen...?" harkte die Hausherrin nach, ihr Blick wanderte dabei zu Tai - und sie war nicht gerade erfreut. Doch der Sicherheitsmann verzog keine Miene.

Marianne spielte noch nervöser mit ihrem Rock.

Die ehemalige Aupair konnte sich vage vorstellen, warum Roxas gerade Axel haben wollte.

Aber wie sollte das mit ihr und ihm werden?

Sie war ja noch total verwirrt von diesem kurzen Treffen...!
 

Roxas schaute abermals auf die Listen.

"Ja. Entweder er oder gar keiner."

In diesen Worten schwang noch etwas anderes mit. Wenn Roxas keinen Begleitschutz bekäme, hieße das für seine Mutter, das er keinen Ausgang erlaubt bekommen würde; das wiederum würde höchst wahrscheinlich dazu führen, das Roxas abermals ausbüchsen würde.

Was ihm aber sicherlich kein weiteres Mal gelingen würde. Nun kannten Tai und sein Personal Roxas' kleines Geheimnis.

Den Schlüssel würde man noch in Verwahrung nehmen, am besten sogar einschmelzen.

Seine Mutter musterte ihn noch eine Weile, dann seufzte sie.

Cassandra stand auf und nahm die Listen wieder an sich.

"Tai? Ich will, das sie diesen Bodyguard kontaktieren! Noch heute! Und ich dulde kein 'nein!'. Von beiden Seiten nicht.

Sagen sie ihm, das er für ein bis zwei tage die Woche hier arbeiten wird. Und nun machen sie, das sie in die Hufe kommen!" befahl sie, schaute noch einmal auf Roxas, welcher sie nun wieder ansah.
 

Seine Mimik hatte sich wieder gelockert.

Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen der Mutter, sie wollte ihrem Sohn schon durch die Haare fahren, hielt dann aber inne und zog die Hand wieder zurück.

Sie ging, Tai folgte ihr.

Erst, als sich die Tür schloß und die Schritte verstummten, traute sich Roxas, wieder zu atmen.

Er hatte vor Aufregung glatt die Luft angehalten.
 

"Ich glaube nicht, das sie das macht! Da ist etwas faul!"

Ruckartig wandte sich Roxas zu Marianne.

Er wollte sie etwas fragen, stoppte aber.

Marianne saß da, vollkommen in Gedanken. Sie schien noch nicht einmal mit bekommen zu haben, das seine Mutter und Tai gegangen waren. Roxas mußte er seinen Moment überlegen, bis er schließlich auf die Idee kam, das sie sich wegen Axel den Kopf zerbrach. Unweigerlich dachte der Junge an das Gespräch zurück, das die beiden geführt hatten, bevor seine Mutter hereingeplatzt kam. Sie sagte, sie wüßte nicht genau, was sich dort durch ihre Glieder stahl, als sie Axel sah.

Es war beängstigend und doch unglaublich schön gewesen. Vertraut ebenfalls.

Ein Kribbeln, wie tausend Ameisen, die einem über den Rücken wanderten.

Doch Roxas konnte das einfach nicht verstehen.

Wie konnte sie behaupten, das sie Axel mochte, wenn sie ihn nur kurz gesehen und mit ihm gesprochen hatte?
 

Das ging doch gar nicht!

Auch der Bodyguard hatte sich seltsam verhalten. Wenn Roxas es nicht besser wüßte, würde er sagen, das Axel gerade zu hypnotisiert gewesen war, als er Marianne die Treppen runter kommen sah.

"Verstehe einer die Erwachsenen..." dachte er sich, seufzte.

"Du denkst wieder an Axel, wegen vorhin, oder?" fragte Roxas nun ohne Umschweife.

Sein Kindermädchen registrierte erst einige Sekunden später, das sie angesprochen worden war.

Zögernd schaute die junge Frau auf.
 

Ja, sie machte sich wieder Gedanken um diesen fremden Kerl.

Er ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder ertappte sie sich selbst dabei, wie sie die ersten Eindrücke und Bilder von Axel zurück ins Gedächtnis rief.

Wie sie sich an die Stimme erinnerte. Marianne seufzte tief, massierte danach ihre Schläfe.

Dann nickte sie.

Roxas verdrehte die Augen. Wenn dieses Vorhaben wirklich funktionieren sollte, was der Junge stark bezweifelte, dann konnte es sicher turbulent und ziemlich heiter mit den beiden werden!
 


 


 

Als Axel den Wohnungsschlüßel umdrehte und durch die Tür trat, summte er leise vor sich hin.

Er ließ die Tür ins Schloß fallen, hängte seinen Helm samt Handschuhen an einen Harken und zog sich die Schuhe aus.

Nun war er wieder bester Laune.

Die Fahrt mit seiner Maschine hatte ihn nach der kurzen Diskussion mit Demyx wieder entspannt. Und er hatte für einen Moment an etwas anderes denken können.

Denn nun hingen seine Gedanken wieder an einen Namen: Marianne.

Axel schnaubte leicht lächelnd. Er sollte erstmal wieder einen ganz klaren Kopf bekommen und sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Später konnte er immer noch an das Kindermädchen denken, und sich eventuell darüber Gedanken machen, wie er sie wiedersehen konnte.

Der Bodyguard wollte gerade sein Handy aus der Motorradjacke fischen, als ihm ein beißender Geruch in die Nase stieg.

Er verzog das Gesicht und machte seine mit der freien Hand die Wohnzimmertür auf. Also, entweder hatte er neuer Dings etwas an den Augen, oder aber sein Ziehvater saß gerade tatsächlich auf dem Sofa und rauchte.

Axel zog verwundert eine Braue hoch und wedelte mit der Hand, um den Rauch zu vertreiben.
 

"Seit wann rauchst du wieder?" fragte er und trat in das Zimmer.

Xemnas schielte zu seinem Ziehsohn, brummte dann aber nur und nahm stattdessen noch einen Zug von der Zigarette.

Seit über drei Jahren hatte er keine Zigarette mehr angerührt, warum fing er also wieder damit an...?

Axel kam das mehr als spanisch vor. Normalerweise zog sein Vater immer alles durch, was er anfing.

Er musterte Xemnas und setzte erneut zu der Frage an.

War es so schwierig eine Antwort zu geben?

Abermals sagte der Superior der Sensing Nobodies kein Wort, sondern nahm lustlos sein Handy, suchte etwas in dem Speicher und warf es Axel zu. Dieser fing es überrascht auf, warf noch einen fragenden Blick auf Xemnas, machte sich dann aber daran die SMS vor seinen Augen zu lesen.

Während er die knappen Zeilen überflog, wurden seine Augen groß vor Unglauben.

Das der es noch einmal wagte, sich zu melden...!
 

"...morgen um 20:00 Uhr...heilige Scheiße, was will der denn von dir?

Ich dachte diese "Sache" hättest du längst geklärt?" meinte Axel und las sich die SMS noch einmal durch. Als Absender war ein 'Unbekannt' zu lesen und doch wußte er sowie Xemnas, von wem die Nachricht stammen mußte.

Man konnte sagen das es ein alter Bekannter war mit dem die Sensing Nobodies, ins Besondere Xemnas, schon viel zu tun hatten. Der Harken an der ganzen Sache war allerdings, das beide Seiten sich nicht riechen konnten.

Und nun wurde anscheinend wieder Streit angezettelt.

Xemnas schnaubte.

"Das dachte ich auch. Aber dieses Arsch will wohl nix kapieren. Und wenn ich nicht komme hauen sie garantiert auf den Putz. Und du weißt, wozu's das letztes Mal geführt hat!" sagte er gereizt und drückte seine Flappe mit Zeigefinger und Daumen aus. Schon lange war er nicht mehr so wütend gewesen.

Diese kleine Nachricht, die ihn aufforderte sich am nächsten Abend mit dieser verhassten Person zu treffen, hatte Xemnas den ganzen Tag versaut; was dazu führte das er sich irgendwie beruhigen mußte - da kamen ihm die Zigaretten gerade recht.
 

Axel legte das Handy wieder auf den Tisch.

Er konnte sich absolut nicht erklären, was diese Leute damit bezweckten. Sie hatten schon vor einem Jahr mit ihnen abgerechnet und waren damals notgedrungen zu einem Waffenstillstand gekommen, welcher auch bis heute anhielt.

Wie gesagt, bis heute.

Anscheinend wollten sie...

Der junge Fahrer hielt in seinem Gedankengang inne. Sein Handy klingelte.

Seufzend wandte sich Axel um und ging in den Flur zu seiner Jacke. Als er auf das Display schaute, knurrte er.

"Unbekannter Teilnehmer..." murmelte er. Kurz starrte er noch auf das vibrierende Gerät; wenn das wieder dieser Nervsack Tai war, konnte der sich auf etwas gefasst machen! Mit verärgerte Mimik nahm Axel schließlich ab.

"Ja?!" fragte er schroff, machte die Tür zu.

Stille herrschte.
 

"Ich dachte mir schon, das Sie genervt sein würden. Schließlich rufe ich sie heute schon das zweite Mal an."

Mit dem Fuß auf und ab wippend, und ebenfalls nicht bei bester Laune, stand Tai in einem dunklem Flur im Keller des Anwesens. Hinter ihm baute sich eine Metalltür auf -

und hinter dieser fanden sich wiederum ein paar Männer des Sicherheitspersonals. Sie überwachten die Kameras, das gesamte Gelände und natürlich auch das Anwesen.

Tai war absolut dagegen, gerade diesen Kerl für diese Aufgabe einzuspannen.

Er konnte Lügner nicht ausstehen.

Vielleicht würde es auch noch zu unangenehmen Situationen zwischen ihm und diesem Axel kommen, aber Tai konnte sich nicht gegen das Wort von Roxas' Mutter stellen.

Am anderen Ende konnte Tai ein Grummeln vernehmen.

"Und was gibt mir die Ehre, Sie ein weiteres Mal heute zu hören, Tai?" knurrte Axel.

Angesprochener schloß kurz die Augen.
 

"Ich will es kurz machen, da wir beide anscheinend nicht gerade bester Laune sind und ich nicht unnötig Zeit verlieren will, da ich noch so einiges auf dem Zettel habe.

Die Hausherrin und auch Roxas wünschen Sie als Bodyguard in diesem Haus. Für jeweils ein bis zwei Tage die Woche. Ihre Aufgabe wird es wieder sein, auf Roxas Acht zu geben.

Nehmen Sie an oder nicht?

Falls ja, wird ihnen der genaue Hintergrund dieser Entscheidung und der ganze Kleinkram vor Ort erläutert."

Tai massierte sich die Schläfe, er mußte ruhig bleiben.

Also ging er auf und ab, wartete auf eine Antwort. Die auch nach längerem Warten nicht zu kommen schien.
 

Axel war gerade vollkommen überrumpelt worden.

Er sollte also wieder als Bodyguard in diesem Haus arbeiten?! Zweimal die Woche?

Waren die noch ganz dicht?!

Was sollte das werden?

Gestern stand er doch noch mit Tai auf Kriegsfuß und nun wurde er von ihm angerufen "hey, arbeite für uns!"

Da war doch was nicht normal... vor allem, Axel nahm nie eine Arbeit an die länger als eine Woche dauerte - jedenfalls nicht in ein und demselben Haus.

Er könnte sich ja langweilen...

"Moment mal. Wieso wieder so verdammt plötzlich? Und warum ich? Ihr habt doch sicher hunderte zur Auswahl!" fragte Axel ziemlich schroff. Er verlangte eine Antwort.

Dann würde er es sich noch einmal überlegen...
 

"Wie gesagt werden die Hintergründe dieser Entscheidung noch erläutert, sollten Sie zusagen. Was Ihre Frage bezüglich der Wahl angeht... Roxas wünschte es. Er meinte, das nur Sie in Frage kommen würden, Axel."

"Wage du es noch einmal meinen Namen in den Mund zu nehmen und ich komm und helf' dir gleich!"

Das hätte Axel jetzt am liebsten gesagt, aber er behielt es für sich. Denn nun war er vollkommen verwirrt. Der Kleine wollte also unbedingt ihn als Beschützer...? Er dachte darüber nach.

Langsam konnte sich Axel ein Bild machen. Er schien Roxas ja gut in Erinnerung geblieben zu sein, weshalb der Junge ihn auch haben wollte. Es wunderte ihn sowieso, das Roxas anscheinend die Entscheidung treffen durfte. Nach allem, was er bis jetzt mit bekommen hatte, war das nicht jeden Tag der Fall...

Axel überlegte nun ernsthaft. Vielleicht sollte er es einfach mal wagen, zumal die Bezahlung gar nicht mal so schlecht für einen Abend gewesen war. Rechnete er es also hoch-

Ihm kam plötzlich wieder ein Name in den Sinn. Ein verdammter Name, der alles über den Haufen warf.

Gott, war er blöd gewesen! Damit wäre doch auch sein eines Problem gelöst...!
 

"Also...das Sie keine Antwort geben, nehme ich an, das Sie den Vorschlag abl-"

"Ich nehm' an. Ich nehm' AN, verdammt nochmal!" antwortete Axel nun etwas lauter, als er wollte.

Er konnte sie wiedersehen. Dieses Mädchen. Marianne...! Holla die Waldfee!

Ein verschmilstes Lächeln stahl sich nun auf seine Lippen.

Vielleicht... wäre das ja seine Chance, und er könnte sich darüber klar werden, was ihn heute Morgen noch so verwirrt hatte! "Wann soll ich anfangen...?" fragte Axel.

Tai hätte ihn am liebsten angefaucht. Jetzt hatte dieser verdammte Hund doch angenommen!

Das war nicht akzeptabel - er mußte etwas tun. Aber nicht jetzt.

Und nicht am Telefon.

Er würde Axel schon noch dazu bringen, wieder das Weite zu suchen; ansonsten stand er womöglich noch im Weg...

Der Sicherheitsmann hatte sowieso ein ungutes Gefühl bei diesem Kerl. Schon von Anfang an.

Tai seufzte.
 

"Am besten kommen sie morgen am Nachmittag vorbei, damit wir alles klären können. Wann ist egal, Hauptsache am Nachmittag. Näheres über die Arbeitszeiten weiß ich nämlich auch noch nicht" antwortete Tai, grinste dabei.

Wenn er am Nachmittag kam, konnte Tai sich sicher sein, das die Hausherrin nicht mehr da war.

Und dann hatte er das Anwesen in der Hand.

Ihm wurde schließlich die Verantwortung übertragen, wenn keiner der beiden Besitzer da waren...
 

Axel stimmte zu.

Das Gespräch wurde dann auch jäh beendet. Er würde Marianne wiedersehen können...

Ein paar Minuten schaute der Motorradfahrer noch auf das Display, ehe er sich um wandte, um Xemnas von seiner neuen Arbeit in Kenntnis zu setzen.

Auf ein Neues!
 


 

AN: Hui... das bisher längste Kapitel ist auch zu Ende... also, irgendwie mag ich lange Kapitel. In letzter Zeit bin ich auch sehr produktiv, was diese FF angeht...

Liegt entweder daran, das ich viel umschreibe und aus einer kleinen Sache eine Eigenstory mache, oder aber daran, das man sich so schön austoben kann... jetzt ist Axel also wieder da~ha. Naja, noch nicht, aber bald ;)

Man sehen, wie das wird! Und was mit Marianne und ihm nun los ist...hehehe. Jar, hoffe das es net langweilig war; höchstwahrscheinlich wird das nächste Kapitel auch lang (hab ja schon vorrausgeplant>.>´) und mal sehen... vielleicht gehe ich auch mehr auf die Sensing Nobodies ein...?

Ihr werdet es erleben! An dieser Stelle möchte ich mich nochmal bei allen bedanken für 20+ Kommentare! Das hätte ich ehrlich nicht gedacht... gerade bei so einer Idee nicht...irgendwie.... aber ich freue mich, wenn euch die Story gefällt!

Also, bis zum nächsten Mal!

MFG, Sinister-Sundown

Tiny little secrets...

Es war mitten in der Nacht, als Roxas sich auf dem Fußboden seines Zimmers niederließ, den Kopf kraftlos gegen sein Bettgestell lehnte und seufzend die Augen schloß. Nun konnte er sich endlich Gedanken über etwas machen, was ihn nicht mehr los ließ:

Warum, warum verdammt noch mal mußte er andauernd an die zwei Tage denken, die er mit Axel verbringen durfte?

Vielleicht, weil es seine ersten Tage in "Freiheit" gewesen waren?

Wohl kaum...

Der Junge blickte trübe an die Decke, welche von fahlem Licht leicht erhellt wurde. Roxas war hin und her gerissen.

Verwirrung herrschte in ihm. Auf der einen Seite war er sich sicher, das seine Gedanken an den Bodyguard von den zwei, für ihn besonderen Tagen herrührten, aber auf der anderen wiederum hatte er das Gefühl das Axel selbst der Grund war.

Der junge Hausherr mochte gar nicht darüber nachdenken...

Aber er mußte, denn sonst würde er wohl noch verrückt werden.

Roxas hatte immer Zeit zum Nachdenken gehabt, hatte immer gehofft eine Lösung für seine Situation hier im Anwesen zu finden; bis er es schließlich Leid geworden war. Es änderte einfach nichts. Aber vielleicht, vielleicht war er heute einen Schritt weiter gekommen... was er leider bezweifelte.
 

"Axel..." nuschelte der Junge, legte seinen Kopf auf die Knie und schlang die Arme um diese.

Es mußte doch einen Grund geben! Immer, wenn er auch nur kurz die Augen schloß, tauchte Axel vor seinem geistigen Auge auf. Es verwirrte und beunruhigte Roxas so sehr, das bis jetzt nicht geschlafen hatte. Und es war zwanzig vor eins.

Seufzend versuchte er nun, seine Gedanken und die Ereignisse noch einmal zu ordnen; denn es gab wieder etwas, was ihn selbst recht wunderte:

Roxas war sich bewußt, das er sehr schüchtern in Gesellschaft war. Selbst bei Leuten die er kannte und von Fremden wollte er gar nicht erst reden...! Aber dem Jungen war etwas ziemlich seltsames aufgefallen.

Bei Frauen die ihm fremd waren, fühlte er sich zwar unwohl, aber es ging und er war auch nicht zu schüchtern - fand er jedenfalls. Und bei Männern war es anders.

Das, was in ihm vor ging war undefinierbar! Er scheute sich meist richtig vor der Nähe, es war ihm unangenehm und er wurde sehr, sehr nervös - das hatte er selbst erst richtig wahrgenommen, als er zwischen Demyx und diesem Xaldin saß.

Ständig versuchte er, die Berührungen zu unterbinden, weil sie ein so seltsames Kribbeln bei ihm auslösten, weil ihm heiß wurde. Und dann hatte er Demyx auch noch heimlich beobachtet als er bei ihm war und dieser oben ohne durch die Wohnung lief...
 

Was war mit ihm los...?
 


 


 

Axel wurde am nächsten Morgen von einem seltsamen Geräusch geweckt.

Verschlafen brummelnd drehte er sich auf den Bauch und tastete nach dem Wecker, der neben seinem Bett stehen sollte.

Tat er aber nicht. Leicht knurrend hob Axel schließlich den Kopf aus dem Kissen um zu sehen, wo der bekloppte Wecker denn nun stand. Letztendlich fand er ihn auf dem Boden.

Er hob ihn auf und schaute auf das Ziffernblatt; es war halb neun.

Ein Schlüssel klimperte. Axel horchte auf und zwang sich schließlich dazu, die Beine aus dem Bett zu schwingen und nach zu schauen, was den Krach verursachte.

Als er die Tür öffnete und sich dabei durch die Haare fuhr, erblickte er Saix und seinen Vater im Flur.

Saix schaute auf und richtete seine Augen auf Axel. "Moin..." grummelte er.

Axel nickte schlicht und sah nun seinen Ziehvater an, welcher in Lederhose und Motorradjacke vor ihm stand.

"Wo... wollt ihr denn jetzt hin..." fragte er, gähnte noch einmal herzhaft. Einmal lang schlafen können und dann doch aufstehen müssen. Super.

"Lagebesprechung. Aber da du heute ja noch was vor hast wollte ich dich nicht wecken.

Wann solltest du nochmal bei dem Jungen sein?" fragte Xemnas, während er sein Handy in die Brusttasche seiner Jacke gleiten ließ und noch einmal überprüfte, ob er auch nichts vergessen hatte.
 

"Am Nachmittag...", meinte Axel schlicht, "...aber mußt du heute nicht noch arbeiten...?" setzte er hinterher.

Xemnas war Mechaniker. Von ihm hatte Axel sein Händchen für Kleinteile und das Verständnis für die Funktionsweise von Maschinen. Zusammen bastelten sie auch gerne an Motorrädern; was oft für ein besseres "Vater-Sohn Verhältnis" sorgte, auch wenn Axel nicht Xemnas' richtiger Sohn war.
 

Xemnas lächelte leicht, schnappte sich seinen Helm von dem Regal neben der Gadrobe.

"Was meinst du, warum ich so früh hoch bin? Ich hoffe nur, das ich zu der kleinen "Verabredung" auch rechtzeitig kommen kann..." antwortete der Superior zum Schluß leicht gereizt. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was passieren würde wenn er nicht um acht Uhr Abends da sein konnte...

Nun meldete sich auch Saix zu Wort.
 

"Versuch' du mal auch da zu sein, klar? So wichtig wird die Mistgöre ja nicht sein!"

Es war mehr als offensichtlich, wen Saix meinte. Er konnte den Jungen schon vom ersten Augenblick nicht leiden.

Erstens, weil er rein gar nichts mit den Sensing Nobodies zu schaffen hatte und zweitens weil er so ein, wie Saix es ausdrücken würde, Schlappschwanz war, der sich nicht zur Wehr setzte. In dem Punkt war Axel mit ihm einer Meinung.

Roxas war leider Gottes ein Mensch, der sich nichts zutraute und ohne jegliches Selbstvertrauen ausgestattet war.

Und das konnte Axel nicht wirklich leiden, genauso wenig wie heulende Männer und das wußte Roxas bereits.
 

Aber das lag vielleicht auch daran, das Xemnas ihm von klein auf eingebleut hatte, zu fragen wenn er etwas nicht verstand oder wenn er etwas wollte und das man einen nicht gleich den Kopf abriss.

Sie waren doch alle Menschen, oder?

Vielleicht sollte er versuchen, es Roxas einzubleuen...? Wenn er schon da war, konnte er es versuchen - im Übrigen hatte er sowieso vor, sich mal richtig mit ihm zu unterhalten... vielleicht auch über die hübsche Blonde...?

Axel seufzte resigniert.
 

"Versprechen kann ich eh nix. Und hör mal auf, den Kleinen so nieder zu machen. Der hat dir schließlich nichts getan, Saix."

Mit diesen Worten schlich sich Axel an den beiden Fahrern vorbei und schloß die Tür des Badezimmers hinter sich.

Xemnas schüttelte den Kopf.

"Und das am frühen Morgen..." meinte er, sah nun zu seinem Begleiter.

Dieser schnaubte nur.

Er hatte doch Recht und das wußte selbst Xemnas!

Saix wandte sich um, ein eindeutiges Zeichen dafür, das er keine Lust mehr hatte länger hier im Flur herumzustehen. Die anderen warteten schließlich schon - jedenfalls die, die Xemnas heute Morgen oder gestern am späten Abend noch erreicht hatte. So machte er die Tür auf und die beiden stahlen sich aus dieser, wobei Xemnas Axel noch ein "wir sind dann weg" zu rief. Schließlich fiel die Wohnungstür ins Schloß und Axel war alleine.
 

Unten angekommen trat Xemnas auf den Parkplatz und zu den Garagen, um sein Motorrad aus dem Trockenen zu holen.

An diesem Tag hatten sie ausnahmsweise Glück mit dem Wetter; es war zwar bewölkt, aber die Sonne schien. Also akzeptables Wetter, um mit dem Motorrad zu fahren.

Das Tor gab ein scheußlich quietschendes Geräusch von sich als er es aufschob.

Ein wenig Licht viel auf sein Goldstück - und das war seine Honda VTX-1800 wortwörtlich.

Sie war ein wirklich teures Gestell gewesen, aber sein Traum, den er sich vor ein paar Jahren schließlich erfüllen konnte.

Die Maschine war sehr kraftvoll, gab beim Starten ein sonores Rattern von sich; was bei dem gewaltigem Motor nicht verwunderlich war. Xemnas ging in die Garage und nahm als erstes die Satteltaschen, die er sich für sein Motorrad hatte anfertigen lassen, ab.

Vorsichtig stieg der Superior auf um sie heraus zu schieben, während Saix sich wartend eine Zigarette angesteckt hatte und neben seiner eigenen Maschine stand.

Xemnas sah kurz über seine Schulter, als er mit einem kräftigen Ruck die Maschine versuchte ins Rollen zu bringen; es war einer der Nachteile, da diese Honda mit einem Leergewicht von 340 kg nicht gerade leicht war!

Aber wenn er sie erst einmal in Bewegung gebracht hatte, ging es...
 

"...die hat aber mal ne' Dusche verdient oder?" meinte Saix, als er den Rauch ausstieß und auf den leicht staubigen, rabenschwarzen Lack sah. Auch die verchromten Teile glänzten nicht mehr so wie beim letzten Mal.

"Hatte bis jetzt leider keine Zeit!" war die Antwort.

Der Biker stellte seine Maschine kurz auf den Ständer, um sich den Helm und die Handschuhe über zu streifen.

Saix machte sich unterdessen auch breit, startete den Motor.

Bald darauf fuhren beide die Straßen entlang um zum Thristy Devil zu gelangen, wo sich sich mit dem Rest treffen sollten.
 


 


 

"Sag mal, Alter...meinst du, das die wirklich Streit suchen? Ich mein, über n' Jahr hatten wir doch Ruhe!"

Xigbar schielte fragend zu seinem Sitznachbarn, welcher nur mit den Augen rollte und das Heft in seiner Hand, es handelte sich natürlich um eine Motorradzeitschrift, bei Seite legte. Er hatte mittellanges, grau-blaues Haar, von dem ihm die meisten Strähnen im Gesicht hingen und sein rechtes Auge verdeckten. Meistens hatte er nicht gerade die beste Laune und war auch sonst nicht wirklich gesprächig - was er aber immer wieder ablegen mußte, wenn die anderen da waren. Bei ihnen wurden keine Drückeberger oder lange Gesichter geduldet.
 

"Das werden wir heute sehen! Klar ist, das wir keinen Radau machen dürfen, aber das solltest selbst du wissen!"

Seufzend stützte Xigbar seinen Kopf auf seine rechte Hand auf und sah der Kellnerin beim servieren zu.

Das Zexion auch immer so schroff sein mußte! Er hatte doch nur eine, für ihn wichtige, Frage gestellt.

Da unterhielt er sich bald doch lieber mit den Leichen auf dem Friedhof, an dem er als Friedhofsgärtner arbeite...

"Ich weiß, Zexy... ich hoffe ja mal, das die sich auch mit Worten zufrieden geben werden!"
 

"Diese Idioten wissen genauso gut wie wir, das sie die Klappe nicht zu weit aufreißen dürfen!"

Zexion schaute auf, brummte leicht und ging samt seinem Hocker zurück.

"Dich habe ich auch lange nicht mehr gesehen, Marluxia... " stellte er fest, als Angesprochener an die Bar trat und die beiden Sensing Nobodies musterte. Ein fast schon fieses Lächeln zauberte sich auf Marluxias Lippen.

"Wenn man keine Lust auf ein paar Deppen hat, bleibt man besser weg."

Mit diesen Worten zog der Fahrer seine Motorradjacke aus und warf sie auf den Tresen; den fragenden Blick einer Kellnerin ignorierte er weites gehend. Anscheinend war sie neu und wußte nicht, das es vom Barbesitzer aus in Ordnung war.
 

"Das nehm' ich jetzt aber persönlich!" brummte Xigbar, Zexion konnte sich ein ironisches Grinsen nicht verkneifen.

"Solltest du auch. Wo bleibt der Chief?" fragte Marluxia und ging gar nicht erst auf Xigbars Bemerkung ein.

Mit einer Handbewegung holte er den Barkeeper zu sich, welcher ihm ein stilles Wasser aufmachen durfte.
 

"Der muss noch unterwegs sein. Saix wollte ihn abholen." antwortete Zexion und widmete sich schließlich wieder seiner Zeitschrift. Marluxia brummte, ehe er einen Schluck von seinem Wasser nahm. Alkohol wollte er nicht, schließlich musste er noch fahren und um diese Zeit trank er so oder so nicht.

Welcher intelligente Mensch trank sich schon um kurz nach neun die Birne zu? Keiner.

Es sei denn, man war abhängig...

Der Mann mit der Augenklappe sah ihn noch leicht verärgert an, seufzte dann jedoch.
 

"Lass mal sehn'... Marluxia ist schon da, Xemnas und Saix kommen auch noch...du bist da...", dabei klopfte er Zexion auf den Rücken, "...dann fehlt ja eigentlich nur noch Axel, unser Kücken und der Rest, oder?" fragte er.

Zuerst schenkte nur Marluxia Xigbar Aufmerksamkeit. Als Zexion genervt aufschaute, wußte er das er endlich eine Antwort bekommen würde. "Ich weiß auch nicht, wer alles kommt. Kann sein, das Xemnas nicht alle erreicht hat oder sie keine Zeit haben, verdammt nochmal! Heute ist Montag!" meinte Zexion bereits ziemlich gereizt.

Wenn er eins hasste, dann waren es sinnlose Fragen und Leute die nicht merkten, wann sie die Klappe zu halten haben.

Xigbar hob abwehrend die Hände.
 

"Hey, hey...bleib mal ruhig! Ich hab nur gefragt" beschwichtigte er -

und als er aus dem Augenwinkel zwei Gestalten auftauchen sah, seufzte er tief und erhob sich direkt.
 

"Wir...also...shit, ihr habt lange gebraucht!" meinte der grinsend, als sich Saix und Xemnas auf die kleine Gruppe zu bewegten. Mit der üblichen, freundschaftlichen Umarmung wurden die beiden Nachzügler begrüßt.

Sie hatten nicht gerade viel Zeit, aber das Nötigste sollte besprochen werden.

Heute war wie gesagt Montag, und daher hatten die Meisten keine bis nur wenig Zeit.
 

"Sorry Jungs. Stau auf der Hauptstraße" entschuldigte sich der Superior, als er gerade Zexion begrüßte.

Saix nickte nur stumm und zog sich die Jacke aus, nachdem Xigbar endlich von ihm abgelassen hatte.

Nachdem schließlich jeder etwas zu trinken hatte, saß die Gruppe in ihrer üblichen Sitzecke.

Xemnas war einige Momente lang ruhig, setzte dann sein Glas ab.
 

"Ich will ehrlich sein. Eigentlich habt ihr bei dieser Angelegenheit nicht viel verloren, Leute. Es ist meine Sache und ich will nicht, das ihr in irgendeiner Weise da mit rein gezogen werdet. Das letzte Mal hat mir schon gereicht."

Der Superior dachte nur ungern an die letzte Auseinandersetzung zurück. Sie rüttelte viel in ihm wach, nicht zuletzt sein kleines Geheimnis, welches er wohl oder übel bald lüften müsste, damit alles ein Ende haben konnte. Er betete zu Gott, das es nicht dieser Abend sein würde!
 

Marluxia verdrehte die Augen.

Sie erst alle herbestellen und dann doch wieder Glucke spielen!
 

"Xemnas. Ich hab meinen Arsch ganz sicher nicht umsonst hierher bewegt, klar?

Wir steckten vor einem Jahr auch in der Sache mit drin, also ziehen wir es diesmal ebenfalls mit durch, wenn's sein muss!

Kann ja sein, das es uns nix angeht, aber mir geht der ganze Scheiß langsam auch auf den Sack!" zischte er leise, damit niemand lauschen konnte und verschränkte die Arme vor der Brust.

Und es stimmte ja auch, was er sagte.

Ihm, und Marluxia war sich sicher das es den anderen auch so erging, ging es langsam wirklich auf die Nerven, das diese Kerle nicht wußten, wo ihre Grenzen lagen.

Sie hatten sich an Regeln und Gesetzte zu halten, wie jeder normale Bürger auch.

Xigbar seufzte und sah zu ihrem Superior, welcher sich gerade mit einer Hand über das Gesicht fuhr.

Er war anscheinend jetzt schon mit den Nerven am Ende.

Dabei war Xemnas jemand, der nicht so schnell die Fassung verlor und immer einen kühlen Kopf behalten konnte.

Es war eine der Eigenschaften, die er sofort zu schätzen gelernt hatte, als er Xemnas kennen lernte.
 

Fünf Jahre lag dieser Tag nun schon zurück.

Damals existierten die Sensing Nobodies gerade zwei Jahre und es hatte sich längst in der Umgebung herumgesprochen, das ein neuer MFG in der Stadt ansässig geworden war. Von überall kamen Motorradliebhaber, die einfach Spaß am Fahren und an dem "Gemeinsamen" hatten. Manche kannte Xemnas schon vorher aus seinem Bekanntenkreis, wie zum Beispiel Saix und Marluxia; andere kamen wiederum von weiter weg hinzu oder wurden von Mitgliedern vorgestellt.

So auch Xigbar.

Er wollte sein Glück versuchen und wurde auch eingeladen, mal vorbei zu schauen, nachdem Xaldin ihm von den Sensing Nobodies erzählt hatte.

Gesagt, getan. Als der Fahrer jedoch an dem vereinbarten Treffpunkt ankam, drehte sich ihm der Magen um; dort stand ein alter Bekannter, auf den er wirklich nicht gut zu sprechen war.

Ständig hatten sich die beiden in den Haaren gehabt und er war froh gewesen, ihn los zu sein.
 

Sofort hatte er mit dem Gedanken gespielt, wieder umzudrehen. Und auch dieser alte Bekannte, nämlich Vexen, war überhaupt nicht begeistert ihn zu sehen. Xemnas und die anderen spürten diese Anspannung zwischen den Beiden, als sich Xigbar schließlich doch einmal vorstellte, der Höflichkeit wegen.

Sie schienen sich bereits anzugiften, wenn sie dem anderen nur in die Augen sahen.

Und schließlich fragte der Superior, was denn los sei und ob Vexen ihn kannte -

er hätte vielleicht nicht gefragt, wenn er gewußt hätte, das es in einer lauten Diskussion enden würde.

Während sich die anderen Mitglieder über dieses Verhalten aufregten und versuchten, die beiden zum Schweigen zu bringen, blieb Xemnas ruhig und hörte sich diese Diskussion zwischen Xigbar und Vexen genau an.

Als es dann in einen handfesten Streit übergriff, schritt er erst ein und sprach ein gehöriges Machtwort.

Da Vexen bereits zu den Sensing Nobodies gehörte, legte er ausdrücklich Wert darauf, das sich die beiden vertrugen.

Besonders, wenn Xigbar beitreten sollte.
 

"Man kann mit jedem auskommen, man muss nur wissen wie und bereit zur Kooperation sein."

Das waren damals die Worte Xemnas' gewesen. Widerwillig hörten sich die Beiden die Argumente und die kleine Standpauke des Superiors an, warfen sich zwischen durch immer wieder giftige Blicke zu. Das die Anderen von diesem Kleinkrieg mehr als genervt waren, interessierte sie nicht. Als es schließlich ruhig wurde, verlangte Xemnas einfach von ihnen, das sie zumindest versuchen sollten, miteinander klar zukommen und sich nicht an die Kehle zu springen.
 

Wieder war es kurz still; und schließlich war es Xigbar, der Vexen als Erster die Hand reichte und ihm somit ein Friedensangebot unterbreitete.

Unter dem forderndem Blick aller, ließ sich auch Vexen darauf ein. Ob es auch gut gehen würde war eine ganz andere Frage.
 

Schließlich wurde aus den anfänglichen Versuchen eine kleine, einfache Regelung:

"Ich bin nett zu dir, also sei auch nett zu mir".

Das Vexen sich nun richtig gut mit Xigbar verstand oder gar umgekehrt, war zwar nicht der Fall, aber beide Fahrer hatten gelernt den anderen zu akzeptieren wie er war und das reichte schon.
 

Alles in allem war es eine mehr als schräge Fahrgemeinschaft.

Jeder von ihnen hatte seine Macken und seine Begabungen, aber eins hatten sie alle gemeinsam: Ihre Liebe zum fahren, welche sie auch zusammen hielt. Sie, die zwölf Mitglieder der Sensing Nobodies.
 

"Ey... hörst du zu, Xigbar?"

Saix wedelte mit der Hand vor dem Gesicht des Angesprochenen - anscheinend war er zu tief in diese Erinnerungen eingetaucht. Ein wenig verwirrt schaute er auf und fuhr sich kurz durch das lange Haar.
 

"Eh...ne, sorry. War in Gedanken..." nuschelte Xigbar und kassierte von Xemnas einen genervten Blick.
 

"Also noch mal von vorne... es wurde vereinbart das sich beide Gruppierungen, also wir und diese Idioten, voneinander fern halten und sich aus den Angelegenheiten des jeweils Anderen raushalten. Aber da sie anscheinend keine Lust mehr auf diesen... wie nenne ich es...", Xemnas überlegte kurz und entschied sich, es Waffenstillstand zu nennen, auch wenn es nicht der Fall war, "...Waffenstillstand haben, müssen wir sie wohl noch einmal an eben jenes Abkommen erinnern. Zumal ich mir gut denken kann, das er nur etwas von mir will und mich deshalb noch einmal anschrieb."
 

"Meine Rede! Und wer nicht hören will, muss eben fühlen, so sieht's aus!" bestätigte Marluxia die zusätzliche Erklärung und gab damit auch kund, das er weniger Lust hatte diese Angelegenheit mit Worten zu regeln, da ihre "Gegner" den friedlichen Weg wohl nicht akzeptierten. Und was ebenfalls seltsam war; sie meldeten sich nach einem Jahr wieder!

Normal hätten sie sdoch gleich ihre Meinung geäußert, wäre etwas nicht in Ordnung.

Was steckte also noch hinter dem Handeln...?
 

"Dann ist es also beschlossen? Heute um 20:00 Uhr am altem Fabrikgelände."

Xemnas wußte genau, wo er hingehen mußte.

Wenn diese Gruppe etwas von ihm wollte, dann war immer das alte Fabrikgelände ihr Treffpunkt gewesen.

Und so sollte es wohl auch diesmal sein.

Einstimmiges Nicken, mit einem tiefen Seufzer seitens von Zexion, bestätigte dem Superior, das sie da sein würden um ihn zu unterstützen.
 

Wer weiß, was auf sie zu kam...
 


 

Sie war noch immer durch den Wind.

Ja, das war sie wirklich. Marianne merkte, das ihr die tägliche Arbeit nicht so leicht von der Hand ging, wie sonst auch.

Vielleicht lag es daran, das Axel heute kommen sollte.

Sie hatte Tai darüber reden gehört...
 

Seufzend trocknete sie sich die Hände ab, nachdem sie eine der Vasen, die im Flur des ersten Stocks standen, gründlich gesäubert hatte. Auch die restlichen Hausmädchen merkten, das etwas mit ihr nicht stimmte, und so wurde sie von ihrer Vorgesetzten nach oben zu Roxas geschickt um nach ihm zu sehen und etwas Abstand zu gewinnen.

Mit einem trüben Blick schlenderte sie die Treppen hinauf, strich sich kurz durch das weißblonde Haar.

Wenn der Kerl wüßte, was er bereits nach einem so kurzem Treffen mit ihr anstellte...!
 

"...was soll ich nur tun...? Ich wüßte zu gerne was mit mir los ist..." murmelte sie.

Die letzte Nacht hatte sie kaum geschlafen. Ihr spukte so viel durch den Kopf, nicht zuletzt Axel.

Marianne wußte wirklich nicht, was sie von den Reaktionen und Signalen ihres Körpers halten sollte und ob es wirklich "Liebe" war. Das konnte nicht sein und das durfte es auch nicht - nicht jetzt!

Bei dem Gedanken daran, sie bog gerade nach rechts in den großen Flur, umklammerte sie fest etwas unter dem leichten Stoff ihrer Bluse. Es war eine Kette mit dem Foto ihrer Mutter.

Sie war der Grund für ihre Arbeit im Ausland.

Marianne seufzte leise. Wieder fragte sie sich, wie es ihr wohl erging, dort in England.
 

Ihre Mutter war krank. Sehr sogar.

Und sie hatten nicht das Geld für richtige Medizin oder die Operation, die ihre Mutter benötigte.

Darum war sie hierhergekommen, in der Hoffnung eine gute Arbeit zu finden.

Denn ihr Vater konnte auf Grund einer Behinderung seiner rechten Hand keine richtige Arbeit tätigen. Er war froh, seine Frau wenigstens unterstützen und pflegen zu können.

Das sparte das Geld für einen Pflegedienst.

Monatlich überwies Marianne mehr als die Hälfte ihres Gehalts auf ein Konto, das sie ausschließlich für ihre Mutter angelegt hatte. Irgendwann hatte sie sicherlich genug Geld für die Operation... das war ihre Hoffnung!
 

Ein letztes Mal den Anhänger umklammernd, atmete sie tief durch, drückte die Türklinke langsam herunter und trat in Roxas' Zimmer. Leise schloß die ehemalige Aupair die Tür, sah sich um.

Seltsam. Roxas war nirgends zu sehen... ob er irgendwo im Haus umher geisterte...? Marianne trat ein paar Schritte in das Zimmer, sah nach oben in die linke Ecke zu der Kamera.

Privatsphäre hatte Roxas nicht.

Sie schüttelte leicht den Kopf, sah sich dennoch weiter um.

Als sie zu der Balkontür kam, hatte sich ihre Frage beantwortet.

Dort saß ihr Schützling, lustlos an das Geländer gelehnt und schaute durch die dünnen Säulen hinaus zum Haupttor.

Ohne seinen Blick genau zu sehen, wußte Marianne, das er Sehnsucht beinhaltete. Leicht grummelnd lehnte sie ihre Stirn gegen das kalte Glas und beobachtete Roxas.
 

"So kann es nicht weitergehen...." murmelte sie, und als wenn Roxas es durch die Scheibe hindurch gehört hatte, sah er sich zu dieser um und erblickte sein Kindermädchen. Kurz ruhte sein Blick auf ihr, ehe er sich wieder abwandte und abermals über den Hof sah. Marianne nahm den Kopf zurück, seufzte und stieß die angelehnte Tür leicht auf.
 

"Hallo Roxas..." begrüßte sie ihn, lehnte die Tür wieder an und ging zum Geländer.

Der Junge mochte nicht darauf reagieren.

Lieber sah er weiterhin zur Straße, versunken in seiner Gedankenwelt die zur Zeit nur aus einem Namen bestand.

Reichte es nicht, das er kaum geschlafen hatte?

Mußte er sich auch noch am Tage den Kopf darüber zerbrechen...? Darüber, was mit ihm los war?

Warum er sich so komisch in männlicher Gesellschaft verhielt?

Selbst für seine Maßstäbe?

Warum er immer und immer wieder an Axel dachte, sich jeden Moment mit dem Bodyguard zurück ins Gedächtnis rief?

Womöglich wurde Roxas schon verrückt... was wohl sein würde, wenn Axel käme?

Schon wieder. Schon wieder dieser Name!
 

Roxas brummte und nuschelte etwas unverständliches. Sein Gesichtsausdruck war wieder genervt und so mochte Marianne ihn gar nicht ansprechen.

Mehr als eine pampige Antwort, oder gar keine, würde sie wohl nicht bekommen.

Also sah sie weiter über den Hof, den Vorgarten bis zur gegenüberliegenden Straßenseite.

So hielten sich die beiden schweigend dort auf, bis ein entferntes, aber immer lauter werdendes Geräusch beide aufhorchen ließ. Es waren eindeutig Laute eines Motors.

Eines lautem, kräftigem Motors.

Roxas rappelte sich unbeholfen auf, lehnte sich nun über das Geländer und horchte angestrengt.
 

"...meinst du, das...?" fing Marianne an, wurde jedoch von Roxas unterbrochen.

"Wie spät ist es?" fragte er.

Das Kindermädchen sah ihn kurz an, krämpelte dann den Ärmel ihrer Bluse hoch und schaute auf ihre Armbanduhr.

Nun gab sie Auskunft, das es kurz vor drei war.

Der Blonde sah sie noch einmal an, blickte dann wieder zu der Straße; das Geräusch wurde immer lauter und nun war sich Roxas sicher, das es Axel war. Anders ging es nicht!

Er bemerkte wie sein Herz schneller zu schlagen begann, als er sah, wie ein ihm noch gut in Erinnerung gebliebenes Motorrad an dem Tor vorbei fuhr, um auf dem angrenzendem Parkplatz zu parken.

Kurz darauf verstummte der Motor und Stille breitete sich wieder aus.

Eine Stille, die nach Meinung von Marianne nicht hätte sein müssen und die ganze Situation noch unangenehmer machte.

Beide standen sie nun da und starrten auf das Tor.
 

Dann kam er schließlich um die Ecke, der Grund aller Verwirrungen.

Axel blieb kurz an dem Tor, besser gesagt an der Sprechanlage stehen, bis ihm schließlich auf gemacht wurde.

Mit seinem Helm in der Hand schlenderte er nichts ahnend über den großen Hof -

bis plötzlich zwei Hunde um die Ecke geschossen kamen.

Mit lautem Gebell stürzten sie sich auf den Eindringling, welcher mehr als erschrocken auf die Vierbeiner starrte.
 

"Heey...bleibt weg von mir! Aus, verdammt nochmal!" zischte Axel, als Doge und Cooper nicht daran dachten ihr Tempo zu verringern oder abzudrehen. Er hatte keine Angst vor Hunden, aber was, wenn die beiden ihn nun anfielen?

Aus Erfahrung wußte er, wie unberechenbar solche Tiere sein konnten.
 

Roxas sog erschrocken die Luft ein und lehnte sich noch mehr über das Geländer, als er sah wie sich seine Hunde im Eiltempo auf den vollkommen überraschten Axel zu bewegten.
 

"DOGE! COOPER!" Er rief die beiden Huskyrüden bei deren Namen, pfiff sogar laut in der Hoffnung, das sie sich nicht auf Axel stürzten. Und wirklich: Cooper spitzte die Ohren und wandte sich um. Als er Roxas auf dem Balkon sah, wedelte er freudig mit dem Schweif und fing wie wild zu bellen an, sprang von einer zur nächsten Stelle.

Auch Doge, welcher fast bei Axel war, drehte sich nun um und tat es seinem Bruder gleich - sofort war der Fremde vergessen.
 

Noch ein wenig baff atmete Axel aus und sah nach oben.

Er seufzte und hob die Hand zum Gruß, als er Roxas und zu seiner Freude auch Marianne auf dem Balkon erblickte.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er ging schließlich weiter über den Hof, als er sich sicher war das Doge und Cooper, so hatte Roxas sie doch genannt, ihn in Ruhe ließen.
 

Roxas atmete tief aus, hing nun schlaff über dem Geländer ehe er sich wieder aufrichtete, abwandte und nach unten lief.

Das er aus irgendeinem Grund wahnsinnig aufgeregt war, versuchte er so gut es ging zu verstecken.

Marianne stand noch etwas unschlüssig da, sah auf Axel und dann Roxas hinterher.

Schließlich entschied sie sich, dem Blondem zu folgen - sie wollte sich gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn sie und Roxas' Bodyguard sich gegenüberstanden...

Unterdessen war Roxas die Treppen bereits herunter gestolpert um die Haustür auf zu machen, ehe Tai merkte, das Axel da war.

Unter Bemühungen, nicht auf den frisch geputzten Fließen auszurutschen, kam er bei der Tür an und schloß sie auf.

Langsam zog er die Tür zurück und erblickte Axel, welcher noch ein paar Meter von ihm entfernt war und recht mürrisch aussah, nach der Aktion von eben.

Er bleib kurz stehen, ging dann aber weiter.

Axel wollte Roxas gerade begrüßen, als seine Stimme von erneutem Gebell übertönt wurde.
 

Die beiden Hunde hatten Roxas erblickt und Doge stürzte sich nun auf ihn.

Es war pure Freude.

Der Husky raste an Axel vorbei, kläffte und hörte diesmal nicht auf Roxas' Worte, er solle stoppen.
 

"Doge!? Halt, stooop!" rief der Junge schon, aber zu spät:

Doge hatte zum Sprung angesetzt, riß sein junges Herrchen damit von den Beinen. Beide fielen sie nun zu Boden, wobei Roxas der Leidtragende war. Es gab einen dumpfen Knall, als Roxas' Kopf auf die Fließen schlug.

Der Rüde merkte es gar nicht, sondern schleckte einfach das Gesicht von Roxas mit dem Schweif wedelnd ab.
 

"Ahh, man...!"

Grummelnd war Axel in das Haus getreten, schob Doge bei Seite worauf dieser leicht zu knurren begann, aber das störte ihn im Moment nicht. Diese Töle hatte wirklich keine Manieren!
 

"Hey...alles okay bei dir, Rox?" fragte er und reichte dem Jungen die Hand.

Das Marianne gerade die Treppen herunter gerannt kam, sah er nicht.

Seine Aufmerksamkeit galt nun Roxas.

Dieser faßte sich benebelt an den schmerzenden Kopf und bemerkte die helfende Hand erst beim zweitem Hinsehen.

Roxas starrte Axel an, und schon beunruhigte ihn die Anwesenheit des Motorradfahreres.

Denn sein Blick haftete auf Axels Augen, welche ihn ein wenig verwirrt und wartend ansahen.

Roxas schluckte merklich.

Herrgott, was war nur in ihn gefahren?!
 

"...mh...da...danke..." nuschelte er, nahm Axels Hilfe schließlich an und ließ sich wieder auf die Beine stellen.

Als der Junge wieder festen Boden unter den Füßen hatte, schielte er kurz zu Axel, wandte den Blick aber wieder ab.

Aus einem ihm nicht verständlichen Grund fühlte er sich beschämt und mochte Axel im Moment gar nicht richtig ansehen. Um sich eben dieses nicht anmerken zu lassen, wandte er sich an den Rüden, welcher neben Axel saß, den Kopf schief gelegt hatte und leise winselte.
 

"...Doge...los, ab nach draußen! Du weißt genau,das du hier nichts verloren hast!" meinte er und deutete dem Hund an, sich zur Tür zu bewegen, an welcher Cooper saß und wartete.

Roxas schluckte erneut. Der Husky sah ihn mit seinen blauen Augen an, winselte kurz und stand dann schließlich auf.

Sein Herrchen deutete weiterhin Richtung Ausgang, bis das leise Klickern der Pfoten verstummt war und sich nun beide Rüden vor der Tür befanden, welche Marianne dann auch schloß.

Erst jetzt bemerkte Axel sie.
 

Ein wenig zögernd, fast schon mechanisch drehte er den Kopf zu dem Kindermädchen, das ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Ihre Blicke trafen sich, Marianne zuckte kurz zusammen.

Unsicher sah sie ihn an und anstatt etwas zu sagen, ihn anzusprechen oder gar erst einmal zu begrüßen wie sie es sich vorgenommen hatte, jagten ihr tausend Fragen durch den Kopf und sie brachte letztlich nichts über die Lippen.

Zu ihrer und auch der Überraschung des verwirrten Roxas', ergriff Axel schlicht die Initiative.
 

"...hallo Marianne..." meinte Axel leiser als er eigentlich wollte, lächelte dabei schief.

Gott, war ihm das in gewisser Weise peinlich; sonst war er nie so zurückhaltend.

Aber irgend etwas mußte er doch sagen!
 

Dann herrschte Stille.

Man hörte nichts mehr, nur das leise Treiben im Hintergrund, wenn die Angestellten ihrer täglichen Arbeit nachgingen.

Roxas schaute skeptisch und zugleich unsicher zwischen den beiden hin und her.

Wenn es wirklich stimmte, was Marianne ihm nach vielem hin und her zaghaft erzählt hatte, dann konnte es doch so erst recht nichts werden! Sie mußte doch wissen, was los war und es wenn nicht herausfinden...!

Bei diesen Gedanken breitete sich urplötzlich Ironie in dem Jungen aus, während er noch immer auf die beiden schweigenden Erwachsenen schaute.
 

Sie mußte herausfinden, was mit ihr los war.

Aber mußte er das nicht auch? War er nicht in der gleichen Situation wie sein Kindermädchen?

Nein, es war NICHT die gleiche Situation! Marianne war sich nicht über die seltsamen Gefühle in ihr im klaren, welche sich bei ihr eingeschlichen hatten als sie Axel das erste Mal sah.

Sie mochte ihn ja anscheinend sehr, vielleicht war es sogar Liebe, was weder Marianne noch Roxas richtig glauben wollten.
 

Aber bei ihm waren es keine Gefühle! Ganz sicher nicht, jedenfalls nicht in dieser Richtung!

Das wäre ja die Höhe, mehr noch, eine Katastrophe...!

Was dachte er da überhaupt? War er schon so verwirrt das solche banalen Sachen dachte?
 

"...denk' nicht mal daran! Ich werde schon irre..." dachte sich Roxas im Stillen.

Wirklich, er mußte schleunigst heraus finden, woher und vor allem was sein Problem war!
 

"...ähm...ja...hallo...!" meinte Marianne nach einer ganzen Weile, Axel hatte schon die Hoffnung auf eine Antwort aufgegeben. Das Mädel konnte ja doch den Mund aufmachen!

Sie kam sich vor wie in einem Zirkus.

So etwas hatte sie selten erlebt. Nun gut, sie war manchmal etwas schüchtern, aber doch nicht so, das sie Minuten lang jemanden an schwieg! Marianne räusperte sich und ging schließlich auf Roxas und Axel zu.

"Entschuldige bitte" sagte sie und sah den Bodyguard an.

Ein Lächeln versuchte sie ebenfalls zustande zu bringen.

Axel schluckte, grinste dann.
 

"Ach wo...ist nicht schlimm oder so..."

Sie ansehend kratzte er sich am Kopf und überlegte, was er nun machen sollte. Schließlich war eigentlich sie der Grund, weshalb er dem Angebot, weiterhin auf Roxas aufzupassen, angenommen hatte. Und noch dazu, löste diese Schönheit in ihm unerklärliches aus, worauf er eine eindeutige Antwort brauchte.

Und zwar so schnell wie möglich.

Also sollte er diese Gelegenheit, mehr über Marianne und seine eventuellen Chancen bei ihr zu erfahren,

doch auch nutzen oder? Aber wie...?

Er überlegte noch weiter, bis er den fragenden Blick von Roxas bemerkte.

Axel wandte sich zu dem Jungen und sah ihm in die Augen.
 

"Ja...wollte dieser Tai nicht eigentlich kommen um mir meine Arbeitszeiten und den ganzen Kleinkram zu verraten?

Oder ist er 'zu beschäftigt'?"

Der Bodyguard betonte das 'zu beschäftigt' absichtlich. Er mochte Tai überhaupt nicht.

In seinen Augen war er einfach irgendein Arschkriecher, der sich aufgrund seines Jobs für etwas Besseres hielt.

Axel fand sogar noch ein paar Gründe, weshalb er Tai nicht mochte, doch die sparte er sich.

Ärger machen wollte er schließlich nicht unbedingt.
 

Roxas starrte Axel erneut an.

Und erneut haftete sein Blick auf dessen Augen.

Geistig zwang sich der Junge dazu, Antwort zu geben, egal wie und egal wie schwierig es in diesem Moment sein könnte.
 

"...e....er... ich weiß nicht, wo er ist...also..." stammelte Roxas und kam sich nur noch hilfloser vor, als Axel eine Braue hoch zog und leicht brummte. Das gleiche Brummen, wie an jenem Abend, als sie sich kennen gelernt hatten.

Er konnte doch nichts dafür, wenn sich Tai nicht blicken ließ!

"Also gut, dann warte ich halt... vielleicht könntest du mir solange ja das Haus zeigen.

Ich habe ja sicherlich noch nicht alles gesehen, oder?" fragte Axel leicht genervt und verschränkte die Arme.

Abermals sah er kurz zu Marianne.

Sie zuckte nur mit den Schultern, denn sie wußte ebenfalls nicht, wo sich der Sicherheitsmann derzeitig aufhielt.

Da konnten sie wirklich nur abwarten und Tee trinken.

Roxas nickte leicht.

So machte er sich zusammen mit Marianne daran, Axel das riesige Anwesen zu zeigen...
 


 

Erleichtert ausatmend kam Tai wieder hinter der Tür hervor.

Er konnte von Glück reden, das Marianne ihn vorhin nicht gesehen hatte oder in das Zimmer kam.

Nein, auf die Idee kam sie Gott sei Dank nicht, als sie an der offen stehenden Tür vorbei kam um Roxas nach unten zu folgen. Sie hatte die Tür nur stutzend geschlossen.
 

Tai horchte noch einmal, dann ging er wieder zu dem Schreibtisch, seinem Ziel.

Er befand sich hier in dem Arbeitszimmer von seiner Chefin Cassandra.

Ein Zimmer, das für jeden, selbst für ihren Mann tabu war und weshalb es zwischen den beiden schon so manchen Streit gegeben hatte. Das gute an dem Zimmer war, das es hier keine Kamera gab, obwohl es eigentlich nützlich gewesen wäre.

Cassandra wollte unter keinen Umständen eine Kamera in diesem Zimmer installiert haben, auch wenn sie so vielleicht sicherer war. Sie sagte, das in Räumen mit Privatsphäre keine Kameras angebracht werden sollten -

nur in Roxas' Zimmer.

Der Grund erübrigte sich von selbst.
 

Durch diese Tatsache konnte Tai in aller Seelenruhe nach etwas bestimmten suchen.

Etwas, was vielleicht ausschlaggebend für ihn war. Und für sein Vorhaben...

Vorsichtig machte er die erste Schublade auf. Papiere über Papiere stapelten sich in dieser, aber nichts, was für den Sicherheitsmann interessant sein könnte. Schnaubend machte er sie leise wieder zu und widmete sich der nächsten.

Auf der Arbeitsfläche suchte er erst gar nicht, denn das, was er versuchte zu finden war Roxas' Mutter sehr wichtig und sie würde garantiert nicht riskieren, es offen auf dem Tisch liegen zu lassen.

Also an die nächste.

Wieder nichts. Langsam fragte sich Tai wirklich, wo er noch suchen sollte, denn er hatte alles bis auf den Schreibtisch bereits durchforstet. Und einen Safe oder der Gleichen gab es in diesem Raum nicht.

Wo zum Teufel hatte sie es also versteckt?
 

Tai hockte sich nun hin und nahm alles unter dem Schreibtisch unter die Lupe.

Auf den ersten Blick fand er nichts, doch dann fiel seinem geschultem Auge etwas auf.

An der Seite mit den Schubladen, war die untere Platte des kleinen Schranks dicker, als die Mittlere, welche beide Schubladen voneinander trennte. Vielleicht...

Tai schob den Stuhl zurück und lugte an der linken Seite des Schranks vorbei.

Anscheinend hatte er Recht behalten.
 

"Bingo, alter Junge..." meinte er mit einem zufriedenen Grinsen.

Es sah ganz so aus, als ließe sich ein Stück der Platte herausziehen und das wiederum bedeutete, das es einen Hohlraum gab in dem man etwas verstecken konnte; nichts großes, aber einen Briefumschlag zum Beispiel.

Und vielleicht war er ja auf der Suche nach einem...?

Mit größter Vorsicht versuchte er nun, dieses Stück heraus zu ziehen und mit ein bißchen Fingerspitzengefühl schaffte er es auch. Sein Grinsen wurde noch zufriedener, als sich ihm ein vergilbter Briefumschlag zeigte.

Tai nahm ihn aus diesem, zugegebenermaßen raffiniertem Versteck und öffnete ihn.
 

Zum Vorschein kamen Unterlagen, die anscheinend Roxas betrafen und zwei Fotos.

Zwei Fotos, die alles ändern könnten in seinem Leben - und in dem von Roxas ebenfalls...
 


 


 

Als Xemnas kurz vor acht an dem altem Fabrikgelände mit fünf weiteren der Sensing Nobodies eintraf, machte er sich nicht die Mühe, noch großartig unauffällig zu sein - die Motoren ihrer Maschinen hatten sie bereits verraten.

Er schob das Gatter auf und trat ein, sah sich bereits jetzt genau um.

Noch immer hoffte er inständig, sein kleines Geheimnis nicht jetzt offenbaren zu müssen.

Für ihn war es mehr als schwerwiegend und er hatte lange gebraucht, um es zu akzeptieren...

Doch wie er ihn kannte, würde er die Katze nun aus dem Sack lassen.
 

"Dann lasst uns den Laden mal aufmischen..." meinte er leise zu Saix, welcher mit Marluxia, Demyx, Xigbar und Zexion an seine Seite trat. Die Party konnte steigen und würde hoffentlich friedlich enden...
 


 


 

AN: Mah, ich habe es endlich geschafft, das Kapitel fertig zu machen! Hat mich wieder irgendwie Nerven gekostet...

Und manchmal war ich zu faul...*lach*

Also, wie Sie sehen, gibt es hier tatsächlich ein paar Geheimnisse. Und ich bin mal gespannt, was Xemnas so zu verbergen hat...hehe.

Freue mich wie immer auf Feedback, positives wie Negatives und ja... wer wissen will, wie Xemmys Motorrad aussieht, der sehe sich bitte den Link an^^ (müsst es euch nur in schwarz vorstellen!).

Herzliche Grüße,

Sinister-Sundown
 

http://www.totalmotorcycle.com/submittedphotos/2003HondaVTX1800-TarmoR.jpg

Zerina

Wachsam huschten seine Augen hin und her, untersuchten jeden Winkel des Geländes.

Hinter ihm reiten sich fünf Weitere auf, welche ebenfalls ihren Blick schweifen ließen. Der Platz wurde in ein schummeriges Licht getaucht, die Dämmerung wich immer mehr der anbrechenden Nacht und Umrisse der riesigen Fabrik verschwammen.

Xemnas bleib ruhig. Als er mit seiner Truppe schließlich in der Mitte des Platzes war, verstummten seine Schritte.
 

"Was meint ihr...versteckt er sich oder erwartet er, das wir in die Fabrikhalle kommen?"

Zexion schielte zu Saix, dieser schnaubte und deutete mit einem Nicken zu Xemnas.

Jener hatte die Frage sehr wohl vernommen, aber er antwortete erst einige Momente später.

Xemnas kannte ihn zu gut.

Derjenige der für diesen Konflikt verantwortlich war, gab selten klein bei und rüttelte Belegtes immer wieder auf. So auch den Grund, weshalb er sich nun mit ein paar seiner engsten Freunde hier eingefunden hatte.

Aber ob es sich wirklich um das Thema handelte, würde er erst noch erfahren.
 

"Ich denke, er beobachtet uns schon eine ganze Weile und lacht sich eins ab weil wir wie bestellt und nicht abgeholt hier stehen", antwortete der Superior schließlich murrend.

Ein paar Schritte weiter hinten stand sein Ziehsohn. Er hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft hier her zu kommen.

Vor Minuten war er zu den sechs gestoßen, doch kaum einer hatte direkt von ihm Notiz genommen. Zumal würde er seinen Vater auch nicht im Stich lassen. Und außerdem wollte Axel wissen, warum in Gottes Namen diese Schose wieder anfangen werden mußte - es war alles geklärt gewesen.

Warum also...? Er wußte zwar, das ihr "Bekannter" ziemlich, um nicht zu sagen sehr nachtragend war... aber was konnte ihn diesmal dazu gebracht haben, wieder auf eine Debatte aus zu sein? Es ergab einfach keinen Sinn. Oder er war einfach nur Streit süchtig. Ja, das konnte hinkommen...
 

Axel sah sich um entdeckte aber niemanden.

So standen sie ganze fünf Minuten da, blickten umher, wobei die Stimmung zusehends sank -

bis ihr Gastgeber sich endlich zeigte.

Gemächlich schlenderte er einsam und verlassen um die Ecke, ließ das Fabrikgebäude hinter sich.

Ein schelmisches Lächeln umspielte seine Züge und er kam mit gehörigem Abstand zu Xemnas zum stehen.
 

Plötzlich herrschte Totenstille.

Kein leises Gefluche von Saix, keine makaberen Scherze von Xigbar und auch kein Scharren der Stiefel im Sand.

Nichts. Noch nicht einmal Wind fegte durch das Gelände, um den rostigen Maschendrahtzaun quietschen zu lassen, oder um Dreck und Müll auf dem Boden wie einen Spielball zu benutzen.

Ein kühles Lächeln begleitete die Ansprache des Unbekannten, als er seine Stimme hob.
 

"Wie ich sehe, hast du mit deiner Truppe her gefunden. Wurde auch Zeit."
 

"Wie ICH sehe, hast du dir wieder einen Spaß daraus gemacht, uns zappeln zu lassen!"
 

Seine Stimme, seine Worte waren in diesen Momenten so scharf wie die Zunge einer Schlange.

Xemnas hatte zu hassen begonnen. Er hatte nie dieses abscheuliche Gefühl verspürt egal, was man ihm angetan hatte oder wie wenig er einen Menschen mochte.

Er hatte immer an das Gute geglaubt, war ein eifriger Verfechter von Gerechtigkeit.

Doch diese eine Person hatte das höchste negative Gefühl in ihm aufkeimen lassen: Hass.

Und ironischer Weise wußte Xemnas, das eigentlich nicht er, sondern sein Gegenüber hassen sollte.

Nämlich ihn. Den Superior der Sensing Nobodies.

Sein Gegenstück.

Seinen Bruder.

Für das, was er einst getan hatte...
 

Axel fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen.

Das es gleich so angespannt sein würde, hatte er weder gewußt noch gehofft. Aber anscheinend war ihr charmanter Gastgeber, der seinem Vater so ähnlich sah, alleine. Also würde er seine Klappe auch nicht zu weit aufreißen...

Schließlich erhob der Bodyguard als Erster das Wort.
 

"Jetzt spuck' endlich aus, weshalb du uns herbestellt hast, Ansem!"

Xemnas zuckte kurz beim Ertönen des Namens zusammen, blickte flüchtig über seine Schulter.

Der Angesprochene ließ seine Augen durch die Reihen schweifen.

Sie waren ebenso golden wie die von Xemnas, nur lag in ihnen etwas, was man Hinterlist nannte.

Ansem hatte genau wie sein Bruder silber- graues Haar und einen dunklen Teint.

Äußerlich unterschied ihn kaum etwas von seinem Bruder, aber innerlich trennten die beiden Welten.
 

"Na sieh mal einer an. Den Rotschopf hast du auch mitgebracht..."

Ansem grinste verschlagen, dachte jedoch nicht daran, zu antworten.

Er wollte seinen Bruder erst zappeln lassen.

Oh ja, es würde ihm eine Freude sein ihn endlich auffliegen zu lassen... er war sich sicher, das Xemnas sorgsam über diese eine Sache geschwiegen hatte... was Axel wohl dazu sagen würde...?
 


 

Nun saß er also gelangweilt an seinem Schreibtisch und spielte mit einem Stift.

Vor anderthalb Stunden war Axel durch die Tür gegangen und hatte das Anwesen, von welchem er nun fast jeden Winkel gesehen hatte, verlassen. Irgendwie fand Roxas es schade. Aber Axel meinte er müßte noch etwas dringendes erledigen und sofern nichts mehr an stand, würde er gerne gehen.

So verabschiedeten sie sich, nachdem Axel noch kurz mit Tai gesprochen hatte.
 

"Hrm..."
 

Roxas legte seinen Kopf auf die Tischplatte, ließ den Stift aus seiner Hand gleiten, welcher Sekunden später vom Tisch rollte und mit einem dumpfen Klacken den Boden berührte.

Er fühlte sich wie von einem Gladiator erschlagen.

Und er wußte nicht genau warum.

Die ganze Zeit, in der sie Axel durch sein Heim geführt hatten, hatte der Junge einen gewissen Abstand gegenüber des Sensing Nobody eingehalten. Ihn ließen seine Gedanken der letzten Nacht nicht los und als wenn es nicht schon schlimm genug wäre, kribbelte es Roxas überall und ihm war unwohl.

Vielleicht war es auch die wiederkehrende Nervosität.

Axel hatte dies anscheinend nicht bemerkt, auch wenn er den Bodyguard und somit auch sich selbst, öfters dabei ertappte, wie er zu ihm schielte. Und Marianne...

Sie versuchte neutral zu bleiben, auch wenn man ihr die Nervosität ansah. Sie fühlte sich wohl genauso unwohl wie Roxas selbst, was aber einen anderen Grund hatte, da war er sich zumindest sicher.
 

Im Großen und Ganzen hatten die beiden sogar ein Gespräch beginnen können als das Thema auf Tai fiel weil sich Axel dezent beschwert hatte, das dieser sich nicht blicken ließ. Im Verlaufe dessen hatte Axel Marianne immer wieder ein charmantes Lächeln geschenkt, wollte sie wohl auf sich aufmerksam machen.
 

Das war weder der ehemaligen Aupair noch Roxas entgangen.

Marianne erwiderte dies meist mit einem flüchtigem Blick, einmal sogar mit einem verschüchtertem Lächeln.

Sie wußte überhaupt nicht wie sie reagieren oder davon halten sollte.

Waren das jetzt Anzeichen für "ich mag dich" oder versuchte er einfach nett zu wirken?

Marianne wußte es nicht, das war offensichtlich.

Und da sie es nicht wußte, wollte sie nicht wirklich darauf anspringen, so hatte es jedenfalls den Eindruck.

Das konnte ja noch was werden mit den beiden... vor allem, wenn sich Mariannes Vermutung bezüglich Axel bewahrheitete.

Dabei fand Roxas das Lächeln eigentlich ganz hübsch. Er wußte nicht wieso, aber er fand das es zu Axel paßte.

Schließlich hatte er den Bodyguard noch nie Lächeln gesehen. Der sollte das mal öfter tun...
 

Roxas seufzte tief.

Schon wieder beherrschte der Motorradfahrer jeden seiner Gedanken.

Und wieder ertappte er sich dabei, wie er sich darüber Gedanken machte, warum es so sein könnte.

Noch nie hatte er ständig an jemanden gedacht.

Nur eine Person war je dazu in der Lage gewesen Roxas dazu zu bringen, nur an ihn zu denken: sein Bruder.

Doch das war schon längst vorbei.

Seit sich der Junge damit abgefunden hatte, das sein Bruder sein Versprechen wohl vergessen hatte.

Es schmerzte ihn immer noch. Nie hatte er sein Wort gebrochen... warum also jetzt?

Mit einem erneutem Seufzen drehte er den Kopf auf die andere Seite und schaute zum Fenster. Es war so dunkel draußen, das man nichts erkennen konnte. Der Himmel war Wolken verhangen und Sterne zeigten sich heute nicht.
 

"Hoffentlich fährt er vorsichtig..."
 


 

Marianne lag bäuchlings auf ihrem Bett und versuchte sich vergebens auf das Buch vor ihrer Nase zu konzentrieren.

Schon lange hatte sie keine Zeit mehr für sich gehabt und nun wollte sie endlich dieses Buch zu Ende lesen, doch etwas hinderte sie daran. Zwei seltsame Dinge.

Nämlich Axel und Tai.
 

Axel, weil er ganz offensichtlich ihre Aufmerksamkeit erregen wollte und ihr dann auch noch so ein verdammt hübsches Lächeln schenkte, welches sie vollkommen aus der Bahn geworfen hatte. Sie bekam keine vernünftigen Sätze auf die Reihe.

Und dann war da diese Sache mit Tai.

Roxas, Axel und sie kamen gerade auf den Flur im ersten Stock, als Tai ihnen entgegen kam - aus dem Zimmer der Hausherrin. Dem Zimmer, das für absolut jeden verboten war. Für Tai, für sie, für den Hausherrn. Wirklich für jeden.

Als der Sicherheitsmann die drei und vor allem Axel erblickte, schien etwas in seinem Kopf zu vor zu gehen.

Jedenfalls hatte Marianne den Eindruck. Aber was wollte Tai nur in diesem Zimmer? Er wußte doch, das er dort nichts zu suchen hatte, egal wie gut er zu Cassandra stand. Marianne hatte Tai schließlich gefragt, was er dort zu suchen hatte.

Er antwortete ohne mit der Wimper zu zucken.

"Ich hatte ein Geräusch aus dem Zimmer vernommen und habe nachgesehen.

Da es keine Kamera hier gibt, hielt ich es für besser."
 

Er machte eine kurze Pause, sah jedem und besonders Roxas in die Augen, da dieser ihn forschend anblickte.

Marianne bekam es nicht mit, aber Roxas glaubte Tai aus irgend einem Grund nicht. Er hatte schon länger aufgehört, ihm zu vertrauen, da er einfach unerträglich für den Jungen geworden war.
 

"Cassandra hatte in ihrer Eile heute Morgen wohl vergessen, das Fenster zu schließen. Das Rolo knallte immer wieder gegen die Scheibe", vervollständigte der Sicherheitsmann schließlich seine Erklärung.

Das es sich um eine dicke Lüge handelte konnte keiner ahnen, aber Tais Erklärung war auch ziemlich glaubwürdig.

Dadurch, das niemand in dieses Zimmer kommen durfte, konnte auch niemand wissen, das das Fenster auf war. Und als Verantwortlicher für die Sicherheit, konnte Tai auch mal über dieses Verbot hinwegsehen...
 

Marianne klappte murrend ihr Buch zu und legte es auf den Nachtisch.

Tai glaubte wohl, er könnte sich alles erlauben wenn niemand da war, der über ihm stand!

Sie war doch nicht blind! Als sie an dem Zimmer vorbei lief und die Tür offen stand, war das Fenster definitiv zu gewesen!

Und das Rolo war nicht einmal ein kleines Stück herunter gelassen!

Was hatte er also wirklich da gemacht? Sie wüßte es zu gern, aber nach harken würde sie wohl nicht. Es könnte Schwierigkeiten geben und das konnte sie nun absolut nicht gebrauchen. Seufzend legte sie sich auf den Rücken und starrte die Decke an.

Warum mußte alles nur so kompliziert sein...?
 


 


 

Xemnas hielt es einfach im Kopf nicht aus.

Das konnte doch nicht wahr sein! Waren sie hier im Zirkus oder was?!

Ansem machte sich ein Vergnügen daraus, seinen Bruder und dessen, inzwischen sehr gereizte, Truppe auf die Folter zu spannen.

Er riskierte eine ganz schön dicke Lippe, dafür das er nur alleine war. Mehrmals mußte der Superior schon dafür Sorgen, das die Sensing Nobodies an seiner Seite einen kühlen Kopf bewahrten und nicht auf Ansem los gingen.

Dann wäre die Kacke wirklich am dampfen gewesen. Sie waren schließlich hierher gekommen um die Sache friedlich zu klären.

Aber langsam verlor auch Xemnas seine Geduld. Und er wurde sichtlich nervös. Das Vorgehen und Verhalten seines Bruders deutete leider auf seine kleine Vermutung hin...
 

Dieses von ihm so verabscheute Gefühl machte sich in ihm breit und versuchte ihn zu leiten.

Aber er war der Herr in seinem Kopf, nicht irgendein Gefühl mit Namen Hass. Noch würde der Superior der Sensing Nobodies sich nicht geschlagen geben! Noch nicht...
 

Ansem lachte abermals.

Gleich würde er die Katze aus dem Sack und damit wahrscheinlich vieles zu Bruch gehen lassen.

Wie er sich schon darauf freute seinen Bruder hilflos, niedergeschlagen und der Wut seiner Freunde und vor allem seines "Sohnes" ausgesetzt zu sehen... nach allem, was er ihm angetan hatte...!
 

"Lach' nicht, freu dich anders!", keifte ihm Axel entgegen. Ihm war es wirklich schon zu bunt.

Waren sie nur hierher gekommen, um sich von Ansem zum Deppen machen zu lassen? Nein, ganz sicher nicht!

Saix' Blick streifte den von Axel, und schließlich trafen seine Augen wieder auf die von Ansem.

Wenn der Kerl nicht bald mit seinen Spielchen aufhörte, dann konnte er auf jeden Fall für nichts mehr garantieren.

Und Axel sicher auch nicht, so geladen wie dieser bereits war. Ein paar Momente noch und die beiden würden wohl andere Seiten aufziehen.
 

"Ihr solltet mal eure Gesichter sehen. Das ihr so leicht auf die Palme zu bringen seid wußte ich gar nicht.

Vor allem von dir nicht, Xemnas. Ich sehe es dir doch an.

Du würdest mir am liebsten an die Kehle gehen, oder...? Aber an deiner Stelle würde ich damit warten, bis ich... dein kleines Geheimnis gelüftet habe. Dann hast du allen Grund, nicht wahr mein Lieber Xem?", heuchelte Ansem süffisant und schenkte Xemnas ein falsches Lächeln.
 

Die Augen des Superiors weiteten sich schlagartig.

Er wußte genau, wovon Ansem sprach, er hatte immer gewußt, was er an diesem verfluchten Abend vor hatte.

Von welchem Geheimnis, von welcher Wahrheit er reden wollte, die er so lange verschwiegen hatte - vor allem vor Axel.

Verdammt, hatte dieser Hund ihn etwa nur deswegen hergerufen? Nur deswegen? Wollte er ihn endlich "auffliegen" lassen? Wollte er diese alte Geschichte erneut ausgraben nur um ihm gehörig eins auszuwischen?

Es war doch schon so lange her... so lange, seit...
 

"Xemnas? Was zum Teufel meint er? Welches Geheimnis?!"

Xigbar trat an die Seite ihres Superiors, welcher langsam seinen Blick zur Seite richtete.

Xemnas reagierte nicht.

Er zitterte vor Wut. Warum war er so blind gewesen? So dumm?

So ignorant? Er hätte schon längst die Wahrheit sagen müssen.

Doch er hatte Angst...
 

"Hey! Xemnas!"

Nun wurde auch Saix ungeduldig. Warum bekamen sie keine handfeste Antwort von ihm?

Er packte Xemnas an den Schultern denn er ahnte, das dieses Geheimnis, sollte es denn wirklich eins sein, der Grund für all das hier war. Und er für seinen Teil wollte es endlich über die Bühne bringen.
 

"Mach den Mund auf, verdammt nochmal! Was faselt dieser Penner da? Du kannst uns doch alles sagen!"

Nun mischte sich auch Marluxia in das Geschehen ein, denn das Verhalten von Xemnas war mehr als merkwürdig.

Was wurde hier also gespielt? War es vielleicht ein altes Familiengeheimnis? Es sah ganz danach aus und es sah danach aus, als wenn Xemnas ganz tief in der Sache mit drin steckte. Langsam begann Marluxia daran zu zweifeln, ob es gut war hierher zu kommen. Sicher, wären sie nicht gekommen hätte es Probleme mit Ansem gegeben... diese Sache wurde allmählich immer verrückter und vor allem gerieten sie in eine Zone in der sie ganz bestimmt nichts verloren hatten.
 

"...Zerina. Es geht um sie, oder?"

Langsam schaute Xemnas auf, ignorierte die Versuche seiner Kameraden, ihn zum Reden zu bringen.

Sie würden es so oder so nun erfahren. Sie würden ihm vielleicht den Rücken kehren.

Eine Welt würde in Scherben liegen, wie das Glas eines zertrümmerten Spiegels. Axel würde ihn verfluchen.

Aber es mußte endlich ans Licht.

Er mußte es ans Licht bringen - nicht sein abscheulicher Bruder.
 

Nun hatte er ihn dort, wo er ihn die ganze Zeit haben wollte. Ansem wußte genau, was er tat.

Seit jenem Tag hatte er geplant, geschmiedet und die Saat des Hasses gelegt. Jetzt war es soweit...
 

"Ja. Es geht um unsere liebe, kleine tote Zerina... eben um dein kleines Geheimnis."

Xemnas' Bruder senkte leicht den Blick, unterbrach jedoch nicht den Blickkontakt zu diesem.

Seine Augen hatten einen seltsamen Glanz an sich, als er zu sprechen beginnen wollte...
 

"Moment mal. Was ist mit Zerina? Was hat sie mit dieser ganzen Scheiße hier zu tun?!"

Axel drängte sich durch und schob Xigbar und Saix grob bei Seite, um seinem Ziehvater in dessen Augen sehen zu können.

Er verstand nichts mehr. Was ging hier gerade von statten? Wovon sprachen die beiden?

Und was zum Teufel hatte seine Ziehmutter jetzt auf einmal hier verloren?!

Sie war seit zwei Jahren tot!

Es wurde nicht mehr von ihr gesprochen!

Die Person, die ihm manchmal sogar näher stehen konnte als Xemnas selbst.

Die Person, die ihm den Weg gezeigt hatte, wenn er nicht weiter wußte.

Zerina war für Axel seine wirkliche Mutter geworden. Natürlich war sie es nicht aber aber trotzdem stand sie ihm so nahe, als wenn sie wirklich seine leibliche Mutter gewesen wäre und er hätte sich niemals eine andere an Zerinas Stelle gewünscht, ganz gleich ob dort draußen die Frau herum lief, die ihn einfach weggegeben hatte als er klein war.
 

"Xemnas! Sag's mir, was hat Mutter damit zu tun?!", wiederholte Axel lauter.

Seit ihrem Tod hatte er nicht einmal dieses Wort, diese Bezeichnung in den Mund genommen. Nicht ein einziges Mal.

Aber diese ganze Situation zwang ihn dazu.

Er wollte verstehen, warum Ansem von einem Geheimnis, von Zerina selbst sprach. Axel wüßte nämlich bei weitem nicht, warum Xemnas ihn oder jemand anderen angelogen oder etwas verschwiegen haben sollte.

Sie hatten nie, wirklich nie einander Lügen erzählt. Niemals.

Egal wie schlimm etwas gewesen war, das es vielleicht eine Lüge verdient hätte!

Seit Axel unter den Fittichen des Superiors war.
 

Angesprochener reagierte erst Momente nach Axels kleinem Ausbruch auf diesen.

Die Augen waren leer, Trauer und Reue spiegelten sich in diesen. Xemnas' Maske war gefallen.

Unter den Augen der anderen, unter dem verschlagenem Grinsen seines Bruders und unter den verwirrten Blicken Axels bahnten sich Worte den Weg über seine trockenen Lippen - Worte, die er sicher kein weiteres Mal hervorbringen könnte:
 

Ich... bin Schuld an Zerinas Tod.
 


 

Ein Lachen.

Es hallte immer wieder durch seinen Kopf, gleich seinem Namen.

Gleich tausend anderen Momenten.

Axel. Mein kleiner Teufel. Ihr kleiner Teufel.

Selbst als Erwachsener.

Zarte Hände, die ihm über den Kopf strichen.

Die immer da waren.

Die sagten "du machst mich stolz".

Obwohl er nicht ihr Fleisch und Blut war.
 

Hör auf, ich bekomme keine Luft!

Hör auf!

Hör-
 


 

"NEIN!"

Das durfte nicht sein Ernst sein. Niemals.

Er log! Er mußte lügen, zum ersten Mal, denn das durfte nicht wahr sein!

Er war nicht Schuld, sie wußten doch wie es passierte.

Der Fahrer hatte geträumt. Sie wurde niedergerissen, starb auf rauhem, kaltem Asphalt.

Ja, so war es. Und nicht anders.

Sein Vater war nicht Schuld... aber warum tat es dann so weh es zu hören...?

War alles zerbrochen?
 

"Sag' mir, das das nicht wahr ist! Sag' es! SAG ES!"

Verzweiflung zeichnete Axels bebende Stimme. Wenn das die Wahrheit sein sollte, dann war soeben alles zerbrochen und umsonst gewesen. Mit Mühe und Not war er damals über ihren Tod hinweggekommen, hatte akzeptiert das sie Opfer eines Unfalls geworden war. Der Fahrer des Lieferwagens hatte sie nicht gesehen und fuhr los, obwohl sie Vorfahrt gehabt hätte. Sie hatte sicher geschrieen, er solle anhalten.

Doch sie wurde niedergerissen. Einfach von ihrem Motorrad gerissen, wie eine Puppe in einem Spiel.

Glas und Metall flog durch die Luft, Reifen quietschten.

Als er mit Xemnas ankam, war es zu spät.

Der Fahrer stand unter Schock.

Stammelte immer wieder, er habe sie nicht gesehen, es täte ihm Leid.

Es tat ihm Leid.

Wem würde das noch helfen? Niemandem.

Sie war fort. Nicht für ein paar Tage. Nicht für ein paar Wochen. Für immer...
 

Abermals packte Axel seinen Ziehvater an den Schultern und rüttelte an ihm.

Schrie ihn mit zittriger Stimme an, er solle mit dem Quatsch aufhören und nicht solche Scherze machen.

Solle ihm sagen, das es nicht die Wahrheit war, von der Ansem faselte.

Niemand sagte etwas. Ansem war vergessen.

Niemand konnte sich auch nur im Ansatz vorstellen, was gerade in Xemnas oder gar in Axel vorging.

Das durfte nicht die Wahrheit sein. Xemnas konnte doch nicht Schuld an Zerinas Tod sein!

Nicht ihr Superior! Ansem wollte sie nur gegeneinander aufhetzen! So sah es aus... oder?

Zweifel machten sich in den Ersten breit. Nervös und fragend sahen sie einander an, blickten zu Axel und dessen Vater.

Xemnas war neben sich. Reagierte gar nicht auf seinen Sohn.

Wenn es ein Scherz sein sollte -

War es denn ein Scherz? Konnte man über so etwas scherzen...?

Hatte Ansem Recht? Was und vor allem wem sollten sie nun glauben?
 

Axel konnte nicht mehr.

Eben, vor Minuten war es noch eine halbwegs normale Auseinandersetzung gewesen und plötzlich hatte ein kleiner Satz alles gedreht. Ein kleiner Satz, der alles in ihm aussetzen ließ. Xemnas wußte, wie wichtig ihm Zerina gewesen war. Er konnte doch nicht einfach so etwas sagen! Doch nicht über seine Lebensgefährtin, die er über alles liebte! Über niemanden!

Warum? Warum antwortete er nicht endlich?! Warum sah ihm Xemnas nicht in die Augen wie sonst auch? Konnte er es nicht? Hatte er etwa Angst davor?
 

Aus purer Verzweiflung und Verwirrung die ihn ihm auf stieg, hob Axel die Hand und wollte zu einer Ohrfeige ausholen. Niemals hatte er die Hand gegen Xemnas erhoben, aus Respekt und Achtung vor ihm. Aber er konnte nicht mehr.

In diesen paar Momenten war so viel und doch so wenig passiert; seine Hand hob sich praktisch von alleine.

Er holte schließlich aus -

Xemnas hielt ihn davon ab, indem er das Handgelenk seines Sohnes packte.
 

Seine Hand zitterte stark.

Als der Superior langsam den Blick auf Axel richtete, stockte dieser.

Etwas fiel zu Boden. Salziger Geruch stieg Xemnas in die Nase und er wußte, das es Tränen waren.

Seine Tränen.
 

"Erinnerst du dich? Erinnerst du dich an den Tag vor ihrem Tod?"

Xemnas' Stimme war zittrig, er mußte krampfhaft ein Schluchzen unterdrücken.

So schwach... er war so schwach.

Sein Sohn reagierte nicht. Er starrte ihn einfach an, weil er ihn so noch nie gesehen hatte.

Gebrochen, hilflos, schwach. Weinend. Selbst nach ihrem Tod hatte er nie vor Axel auch nur eine Träne vergossen.
 

"... ich... ich war mir so sicher, alles wieder in Ordnung gebracht zu haben! Ich...!"

Schuldbewußt schüttelte Xemnas leicht den Kopf, das Gesicht schmerzlich verzerrt.

Kraftlos ließ er Axels Hand los, stumme Tränen bahnten sich nun den Weg über sein Gesicht.

Es war ruhig. Nun war es raus, dieses Geheimnis, das er über zwei Jahre verschwiegen hatte.

Wenn es denn ein Geheimnis war.
 

An dem Tag vor dem Unfall hatte Xemnas auf Bitten von Zerina die Bremsen an ihrem Motorrad überprüft.

Sie meinte, das damit etwas nicht ganz in Ordnung sei und das es lieb von ihm wäre wenn er noch einmal nach schaute.

Was Xemnas dann auch tat. Er hatte alles genau unter die Lupe genommen, die Bremsen geprüft und repariert, da diese tatsächlich nicht ganz in Ordnung gewesen waren. Xemnas war sich so sicher gewesen, das alles, wirklich alles in Ordnung war. Er hatte sogar getestet ob die Bremsen wirklich funktionierten. Und das taten sie.

Trotzdem verunglückte Zerina tödlich.
 

Vielleicht, weil der Fahrer geschlafen hatte.

Vielleicht, weil sie nicht schnell genug war.

Vielleicht, weil die Bremsen doch nicht in Ordnung waren.

Vielleicht, weil er gepfuscht hatte.
 

Er gab sich die Schuld. Es war seine Schuld...
 

Stille herrschte.

Wieder sagte niemand etwas, selbst Axel nicht.

Man konnte nur sehen, erahnen was in den Betroffenen vorging.

Die anwesenden Sensing Nobodies waren seit langem wieder geschockt.

Keiner von ihnen hatte etwas gewußt. Keiner hatte eine Ahnung, was Xemnas ganze zwei Jahre mit sich herum getragen hatte. Selbst Saix und Marluxia nicht.

Sie standen Xemnas ziemlich nahe, doch auch sie hatten nichts gewußt. Des öfteren war ihr Superior ziemlich abweisend, wollte jedoch nicht reden. Dieses Verhalten führten die beiden dann natürlich auf Zerinas Tod selbst zurück.

Und nun standen sie da, unfähig etwas zu tun und einfach nur auf den zitternden Xemnas sehend.

Ansem war komplett vergessen.
 

Er sagte auch nichts... rein gar nichts.

Es stahl sich lediglich ein genügsames und hinterlistiges Grinsen auf seine Züge - er hatte erreicht was er wollte. Aber er war noch lange nicht fertig mit seinem Bruder... wenn er oder seine Bande wüßten, was er noch mit ihnen vor hatte! Seine kleine Rache hatte erst begonnen. Xemnas hatte ihm mit Zerina alles genommen.

Und nun riß er alles was seinem Bruder lieb und teuer war an sich.
 

Im Moment jedoch genoß er einfach das Gefühl des Triumphs, das Gefühl, seinem Bruder das Herz förmlich entrissen und zerquetscht zu haben... und er würde sie alle noch mehr leiden lassen. Sie, ihn und diesen Streuner Axel!
 

Jener blickte noch immer apathisch auf seinen Vater.

Er versuchte immer wieder eine andere Erklärung zu finden, eine andere Wahrheit.

Doch je mehr er nachdachte, desto klarer und logischer wurde dieses abscheuliche Bild.

Niemals hätte er diesen Tag vergessen können - aber warum? Warum hatte sein Vater gelogen...?

Es hatte alles nur noch schlimmer gemacht!

Axel ballte die zitternden Fäuste, stieß Xemnas zur Seite und rannte blindlings davon.

Der Bodyguard nahm nichts mehr war.

Weder die verdutzten Rufe seiner Kameraden, noch den bohrenden Blick Ansems oder gar die Tränen, die wie heißes Wasser auf seinen Wangen brannten. Es kochte alles wieder hoch. Diese entsetzliche Trauer, die Erinnerungen an die letzten Tage mit ihr, der Tag der Beerdigung; einfach alles.

Axel wollte dem entfliehen, obgleich er wußte, das es nicht möglich war.

Er wollte das alles vergessen.
 

Hastig stieg er auf sein Motorrad und startete den Motor

Der Helm flog von dem Lenker, als er diesen umriß und los fuhr.

Reifen quietschten, Demyx sah nur noch das Rücklicht von Axels Maschine und wie sein Helm zu Boden knallte.

Xemnas war aus seiner Starre erwacht als er den lauten Motor der Harley hörte. In Windeseile hastete neben den jungen Fahrer, doch sein Ziehsohn war bereits fort. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf den schwarzen Helm, der auf dem Asphalt kullerte. Sein Kopf schoß wie ein Drahtpfeil nach oben.
 

"AXEL!", schrie er ihm hinterher, rannte bis zu der Einfahrt des Geländes, doch nichts.

Zitternd stand der Superior nun alleine im Licht einer Straßenlaterne, bangte erneut.

Was machte er nur, wenn ihm jetzt etwas passierte? In dieser Trauer?

Axel stand doch vollkommen neben sich!
 

"....Gott...Gott, nein...", wisperte Xemnas, als er mit leerem Blick die Straße entlang starrte.
 

Saix blickte wie alle anderen auch Axel und Xemnas fassungslos hinterher.

Noch immer konnte er nicht glauben, was hier gerade ans Licht gekommen sein sollte.

Xemnas war definitiv kein Mörder oder Schuld an Zerinas Tod! Was erzählte er da? Es war ein Unfall!

Er konnte sich einfach nicht vorstellen, das Xemnas bei der Reparatur Mist gebaut haben sollte!

Grummelnd wandte er sich um, wollte Ansem eine gehörige Predigt in das Gesicht pfeffern -

doch der Typ war nicht mehr da! Er war weg!

Saix starrte ins Leere.
 

"Wo ist dieser verlauste-"
 

"Da hinten läuft er!", brüllte Marluxia plötzlich und zeigte in Richtung des Fabrikgebäudes.

Sofort hefteten sich alle Blicke auf den Flüchtenden.

Ansem hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt und wollte sich aus dem Staub machen.

Hier war er erst einmal fertig.

Zumal die Sensing Nobodies jetzt sicher nicht gut auf ihn zu sprechen waren. Eigentlich hatte er gedacht, das deren Reaktion etwas heftiger ausfiel, aber man konnte nicht alles auf einmal haben.
 

"DEN MISTKERL KASTRIER' ICH!!", keifte Saix und rannte auch schon wutentbrannt los, dicht gefolgt von Marluxia welcher die brutalere Art zu verhandeln schon von Anfang an hatte kommen sehen.

Die beiden hasteten um die Ecke, sahen gerade noch wie Xemnas' Bruder sich über den Maschendrahtzaun schwang.

Saix fackelte nicht lange. Er eilte auf den Zaun zu seiner Linken zu, kletterte ihn mit ein paar Sätzen hinauf und tat es Ansem gleich. Stolpernd setzte er sich wieder in Bewegung als er auf der anderen Seite angekommen war; ein paar Momente später fluchte er.

Marluxia stieß sich gerade von dem Zaun ab; er war Saix natürlich gefolgt.

Murrend sah er sich um. Nichts als Schwärze.
 

"Dieses Aas ist abgehauen... wenn ich den zwischen die Finger kriege...!", zischte Saix, wischte sich kurz über den Mund.

So sauer und verwirrt war er lange nicht gewesen.

Was erlaubte sich Ansem, diese alte Geschichte jetzt auf einmal wieder auszugraben?

Lag etwa noch mehr dahinter? War dort etwas, was vielleicht Xemnas selbst nicht wußte...?
 


 

Der Motor heulte auf.

Axel raste durch die fast leeren Straßen, sein Haar flatterte wild im Wind.

Er hatte kein Ziel vor Augen und es war ihm egal, das er ohne Helm fuhr;

in diesen Momenten wollte er einfach nur fort. All das hatte ihn übermannt und fast blind gemacht.
 

Der Fahrer drosselte sein Tempo etwas, als er an eine etwas belebtere Straße kam, fuhr aber noch immer über der Geschwindigkeitsbegrenzung; zwar nicht viel aber genug um den beißenden Wind auf der Haut wie tausend Nadelstiche zu spüren. Immer wieder jagten ihm die Worte von Xemnas durch den Kopf. Immer und immer wieder.

Benommen schüttelte Axel den Kopf, kniff die Augen zusammen.

Es sollte endlich ein Ende finden! Warum konnte er nicht endlich vergessen?

All diesen Schmerz, der ihn brach. Das alles war doch schon vorbei, Geschichte...!

War Ansem oder gar sein Ziehvater hinter dem her, was Zerina hinterließ...?
 

Ein lautes Geräusch, das sich als der lärmende Ton einer Hupe entpuppte, holte Axel aus seinen Gedanken.

In diesen Sekunden wurde ihm wieder bewußt, wo er hier war und waser tat.

Sofort riß er wieder die Augen auf.

Vor ihm fuhr ein Jeep über die Straße -

der Fahrer schien zu fluchen, als er das Motorrad auf sich zukommen sah.

Mit einem entsetzen Aufschrei versuchte Axel noch zu reagieren und seine Harley herum zu reißen, um nicht in den Wagen zu rasen...
 

Wie im Zeitraffer rauschte alles an Axel vorbei.

Das schwebende Gefühl, als er über den Lenker flog, von dem Motorrad stürzte.

Quietschende Reifen, lautes Hupen und der reißende Ton, als seine Maschine den Halt verlor, ein paar Meter über den Asphalt schlitterte und knapp an dem Jeep vorbei rauschte, welcher sich halb gedreht hatte bei dem Versuch auszuweichen.

Es schien sich um Stunden zu handeln und doch waren es nur wenige Sekunden gewesen.
 

Axel keuchte auf, als er mit einem Mal auf dem Boden auf kam.

Schmerz durchzog seinen Körper, Sekunden lang nahm er nichts wahr außer einem beißenden Ziehen, das durch seine Schulter zog.

Er lag einfach dort, halb auf der Seite, noch gar nicht richtig realisierend was passiert war.

Seichter Rauch stieg auf, eine Wagentür knallte.

Stimmen gellten über die kaum befahrene Straße, Autos kamen zum stehen.

Als er schließlich benommen die Augen öffnete, konnte er langsam das verzerrte Bild von ein paar Beinen ausmachen, die auf ihn zugestürzt kamen. Stöhnend faßte er sich mit zitternder Hand an den Kopf und versuchte sich aufzurichten.

Er hatte das Gefühl, als würde sein Schädel gleich zerspringen.

Jemand kniete neben ihm, erkundigte sich mit aufgebrachter Stimme nach seinem Zustand.

Es war ein älterer Herr, anscheinend der Fahrer des Jeeps.
 

"...shit ey..."

Axel hustete, antwortete erst nicht, sondern setzte sich ganz auf.

Er stand noch recht neben sich.

Abermals faßte er sich an den dröhnenden Kopf und stellte nun murrend fest, das er etwas abbekommen hatte. Warmes Blut lief ihm über die linke Stirnhälfte. Abgesehen davon schien er heil davon gekommen zu sein...

Seine Schulter Schmerzte von dem Aufprall, die Beine zitterten und sein Schädel...

Nun verfluchte Axel sein überstürztes Handeln.

Warum um Gottes Willen war er ohne Helm losgerast?

Er konnte wirklich von Glück, schon fast von einem Wunder reden das es ihm so "gut" ging.

Zwei weitere Fahrer kamen auf ihn und den älteren Herrn zu, wollten sich ebenfalls erkundigen. Axel antwortete aufgewühlt, das es ihm soweit gut ging und er vielleicht mit nur einer kleinen Platzwunde davon gekommen war.

Stolpernd stand er nun auf, wischte sich das Blut ab. Die Wunde brannte entsetzlich.
 

Axel ließ trübe seinen Blick schweifen.

Der Jeep hatte nichts abbekommen, aber seine Harley.

Sie lang ein paar Meter von ihm entfernt, die Räder rotierten noch leicht.

Der Rest des Spiegels war abgebrochen, das Nummernschild verbogen und der Tank wies viele Kratzer und eine Delle auf.

Innerlich fluchte er laut, knickte fast wieder ein.

Heute Abend war wirklich alles schief gelaufen.

Sein Herzstück war im Eimer.

Aber zumindest war er mit dem Leben davon gekommen.

Und das war die Hauptsache.

Ob das vielleicht ein böses Omen war...?
 

"Und es geht ihnen wirklich gut? Soll ich vielleicht doch einen Krankenwagen rufen?"

Der Fahrer des Jeeps stand nun an seiner Seite, der Schock war ihm ins Gesicht geschrieben. Jedoch schien er auch recht sauer zu sein. Axel konnte sich sogar fast denken, warum - er hatte schließlich nicht aufgepaßt und war zudem noch ohne Kopfbedeckung gefahren. Der Motorradfahrer winkte dankend ab.

Das war jetzt wirklich das Letzte, was er nun gebrauchen könnte. Er war froh, das erst einmal nicht so viel Wirbel gemacht wurde und das er einigermaßen in Ordnung war.

Jetzt noch diese Sirenen und vielleicht die Polizei... nein danke. Aber er mußte wohl oder übel auf diese warten und sie über das Geschehen in Kenntnis setzen, ansonsten hatte er ein Problem.

Langsam ging er an den zwei anderen vorbei, welche ihn fragend ansahen und schließlich die Polizei riefen und zur Sicherheit ein Warndreieck aufstellten.
 

Nun stand er vor seinem Motorrad, beäugte es.

Sein Gesicht verzog sich schmerzlich.

Er war so dumm gewesen...

Sachte beugte er sich herüber um den Lenker zu greifen und sie wieder aufzustellen.

Es erwies sich als schwieriges Unterfangen, wenn man noch nicht einmal richtig stehen konnte und einem der Schock und vor allem Schmerz noch in den Gliedern steckte. Daher nahm er auch dankend die Hilfe eines Anderen an.

Als seine Maschine endlich wieder stand, ließ sich Axel vollkommen fertig mit den Nerven auf den Bordstein fallen, den Kopf gesenkt. Nach einer ganzen Weile hob er wieder den Kopf. Die Polizei war gekommen.
 


 

AN So... bitte nicht hauen! >.< Das mit Axel am Schluß mußte ich einfach machen... ich finde es aber ziemlich schlecht. Sowas habe ich zwar zum ersten Mal geschrieben, aber... es wirkt irgendwie abgehackt.

Daher würde ich mich über Kritik, Feedback oder Lobe sehr freuen! Endlich mal ein Kapitel, in dem die SN mal mehr vor kamen; vor allem etwas zum Thema Axel und Xemnas... ich hoffe, das ich viel Gefühl in dem Kapitel rüberbringen konnte und vor allem überzeugend!

Ja, die gute Zerina.

Die wird noch ordentlich für Chaos sorgen und sich eventuell im Grab umdrehen...muharhar... Also, dann bis zum nächsten Kapitel - wobei ich nicht weiß, wann ich zum schreiben komme!

LG, Sinister-Sundown

Memories, old memories

Laute Motorengeräusche durchbrachen die Nacht.

Xemnas plagten Gefühle der Schuld und der Angst.

Er hatte das alles nicht gewollt.

Und nun war Axel, sein Sohn, einfach Hals über Kopf davon gerast.

Womit hatten sie das nur verdient...? Er wußte was los war, wenn bei Axel eine Sicherung durch brannte...

Und das war zweifelsohne geschehen.
 

Unmittelbar hinter dem Superior fuhr Marluxia.

Schon die ganze Zeit spukte ihm diese verkorkste Sache im Kopf herum und das Auftauchen neuer, verwirrender Fragen wollte gar kein Ende nehmen. Eins war sicher: wenn ihre Maschinen zum stehen kamen, würde er sich Xemnas noch einmal zur Brust nehmen - denn das, was er sagte ergab keinen Sinn! Er konnte nicht Schuld sein, es war nicht seine Schuld. Nur leider war dieser einer anderen Meinung als der Rest seiner Bande.

So fuhren sie weiter durch die erstaunlich leeren Straßen. Es war nicht viel Verkehr, aber das war allen mehr als nur Recht.

Als sie schließlich an einer Ampel hielten, linste Saix zu Xemnas. Dieser bemerkte erst nicht, das der Blick seines Kameraden auf ihm ruhte und so starrte er gedankenverloren nach vorne. Erst, als Saix ihm einen leichten Klaps auf den Arm gab bemerkte er schließlich, das er ihn ansah. Und das angepisst, mit einem Hauch von Besorgnis. Oh ja.

Wie sich Xemnas jetzt schon auf die Standpauke freute wenn er in seiner Wohnung ankam...
 

Saix wandte sich ab und fuhr wieder los - die Ampel war grün. Es war schon sehr spät geworden, die Meisten wollten nach Hause, wobei er wahrscheinlich zusammen mit Marluxia Xemnas nach Hause begleiten und noch einmal in Ruhe mit ihm sprechen würde. So konnte er es nicht stehen lassen. So nicht. Und Axel war auch noch weg...

Ob er schon zu Hause war? Bestimmt...
 


 

Zum ersten Mal im Leben wünschte er sich wirklich, nicht so bescheuert gewesen oder an einem anderem Ort sein zu können als jetzt. Axel scheute sich eigentlich nie vor einer Situation oder Konsequenzen, die er seinem eigenem Verhalten oder Handeln zu verschulden hatte; aber diesmal wollte er wirklich einfach nur weg. Die Polizei stellte ihm, dem Rentner und den anderen Verkehrsteilnehmern in der Nähe Fragen, Fragen die ihm im Moment einfach nur unangenehm waren -

denn er war Schuld. Und er hasste sich bereits dafür.

Unruhig tappte er mit dem Fuß auf und ab, während ein Beamter seine Angaben zum Fahrzeug, Art der Beteiligung und zu seiner Person auf einem Block notierte.

Axel schielte leise seufzend zu dem älterem Herren neben ihm.

Insgeheim hoffte er wirklich, das dieser noch einmal von einer Anzeige absah - er hatte nun schon genug Ärger mit seiner Maschine, denn den Schaden müßte er selbst zahlen, soviel war sicher.

Die Versicherung kam für den Schaden ganz bestimmt nicht auf!

Die nächsten Minuten zogen sich zäh an den Beteiligten vorbei, Momente um Momente verstrichen und der Fahrer des Jeeps wurde schließlich erst einmal nach Hause geschickt; um den rechtlichen Kram würde man sich später kümmern und so wurde erst einmal verblieben.
 

Der alte Mann sah noch etwas angesäuert zu Axel; er hatte sich zwar um dessen Wohl gesorgt, aber wütend war er alle Mal. Schließlich hätte er oder gar beide ernstlich verletzt gewesen sein können oder der Wagen beschädigt. Zu Axels und auch des Rentners Glück war das nicht der Fall.

Er würde sich noch gründliche Gedanken bezüglich einer Anzeige machen...

Hoffentlich war die kleine Kopfwunde dem Jungspund schon mal eine Lehre!

Axel sah seinem Unfallopfer hinterher.

Dieser Abend war wirklich gelaufen und er mochte gar nicht an seinen Vater denken, wenn der davon Wind bekam.

Klar, es war sein Ding, aber Xemnas mischte hier und da immer noch mit.

Der Motorradfahrer seufzte und ließ sich wieder auf dem Bordstein nieder. Das Blut war bereits angetrocknet, ein paar Strähnen verklebt. Noch immer brummte ihm der Schädel, hin und wieder zitterten ihm die Gliedmaßen.

Himmel, Ar*** und Wolkenbruch!

Innerlich bebte Axel vor Zorn und Beschämtheit. Immer wieder fragte er sich, warum das ein mußte...
 

Sich über das Gesicht fahrend blickte er abermals zu seiner Maschine. Es tat regelrecht weh, sie so zu sehen.

Seine Maschine war ihm heilig. Etwas ganz besonderes... wie Zerina...

Schon wieder dieser Name.

Wie oft war er heute schon gefallen? Vier Mal? Sechs?

Er wollte es nicht wissen.

Denn bei jedem Ertönen ihres Namens zog sich alles zusammen.

Jemand schien ihn von hinten zu umarmen, ihm den Brustkorb förmlich zu zerquetschen, Klauen um das Herz zu schließen und ihm das Lied vom Tod ins Ohr zu wispern...

Axel sah nach oben.

Aus einem ihm nicht ganz verständlichen Grund konnte er sich ziemlich gut vorstellen, das Zerina ihre Hand wie ein Schutzengel über ihn gehalten hatte, aber mit der Demolierung seiner Harley ihm einen himmlischen Tritt in den Arsch gegeben hatte. Und dabei glaubte er nicht einmal an so etwas wie Schutzengel...
 

Seufzend wandte er den Blick wieder von dem Wolken verhangenem Himmel, welcher nur so nach Gewitter schrie und schaute den zurück gebliebenen Polizisten bei ihrer Arbeit zu. Sein Motorrad mußte abgeholt werden; also geduldete er sich wohl oder übel so lange, bis der Transporter da war.
 


 


 

Immer und immer wieder knallte die kleine Kordel gegen das Fenster. Ein hohles Geräusch ertönte, einmal, zweimal und unter Umständen auch ein drittes und viertes Mal.

Seit zwei Minuten machte er nichts anderes, als die Schnur seiner Jalousie gegen das Glas knallen zu lassen.

Roxas war noch immer wach.

Und noch immer langweilte er sich zu Tode.

Es war still im Haus, es lief nichts anständiges im Fernsehen und lernen wollte er erst recht nicht. Lustlos schlurfte er wieder auf und ab, ließ sich auf das Sofa fallen, stand wieder auf und drehte nochmals seine Runden.

Irgendwie mußte er sich doch ablenken können!

Sonst wurde er noch wahnsinnig...

Murrend setzte er zu der nächsten Runde durch sein Zimmer an, ließ sich auf das Sofa fallen und starrte an die Decke.

Wieder lag er lange nur so da, bis sich wieder eine Frage in ihm aufdrängte, die er sich schon lange nicht mehr gestellt hatte.

Weil er aufgab.
 

Ohne hin zusehen, griff er über seinen Kopf hinweg nach dem Bilderrahmen, der auf dem kleinem Tisch an dem Sofa stand.

Es war jenes Bild, das ihn mit seinen Eltern und seinem Bruder zeigte. Roxas hielt es in die Höhe, den Blick kraftlos an das Gesicht seines Bruders geheftet.

Zehn lange Jahre... ehrlich gesagt wußte Roxas nicht mehr genau, ob es wirklich zehn waren. Aber...es war auch egal. Er hatte ihn im Stich gelassen, etwas gebrochen auf das Roxas gebaut und vertraut hatte. Damals als er noch für ihn da war, konnte er ihm blind vertrauen, sicher sein, das er sein Wort hielt...

Als er all das ertragen mußte, was Roxas nun auf den Schultern lag. Was seine Eltern ihm nun verschärft antaten, weil sie ihn verloren hatten und nicht im geringsten wußten, wo ihr ältester Sohn war - auch nach jahrelanger Suche nicht.

Er war fort. Einfach weg. Und Roxas wußte, warum. Ja, er wußte es... und er war sich ziemlich sicher, das seine Eltern es auch wußten, aber zu blind waren oder es verdrängten. Sie hatten aufgegeben, wie er irgendwann auch.
 

Schon wieder hätte sich Roxas grenzenlos über seine Eltern aufregen können. Er verkrampfte die Hand, welche das Bild hielt so stark, das das Blut aus seinem Daumen wich und er sich weiß färbte. Sein Bruder war gegangen, weil er die übertriebene Fürsorge seiner Eltern nicht mehr ertragen konnte. Weil sie ihm ebenfalls die Freiheit genommen hatten... und gelogen hatten.
 

"Ihr lügt! Ihr lügt doch, verdammt noch mal!
 

Roxas verzog das Gesicht, kniff die Augen zusammen.

Aber was war gelogen? Warum schrie er sie damals an...?

Vage erinnerte er sich, wie er an jenem Abend aus seinem Zimmer schlich, immer den lauten, streitenden Stimmen nach. Damals kam ihm dieses Haus wie das Schloß eines Riesen vor und er war der Zwerg, ein kleines Wesen das nicht hierhergehörte. Leise und zitternd krabbelte er zum Geländer der Wendeltreppe, halb im Schatten verborgen. Die Angst zierte seine Augen, Tränen stiegen auf. Damals hatte er große Verlustängste, die sich aber mit den Jahren und der Trauer verloren. Immer, wenn seine Eltern sich mit seinem Bruder stritten hatte er Angst. Große Angst. So auch damals, als er an einem Träger des Geländers geklammert lauschte.

"Man lauscht anderen nicht. Das ist böse!" hatte sein Bruder oft gesagt.

Aber diesmal mußte Roxas einfach lauschen. Diese Worte, die zuerst nur gedämpft an sein Ohr gedrungen waren, zogen ihn an wie ein Magnet, als wenn sie wollten das er mit bekam worum es ging... als wenn es auch ihn betraf, das was sich dort abspielte.
 

Leider war er zu spät gekommen, um den Sinn und vor allem den Grund dieses Streits zu erfahren.

Nur wenige Momente später wünschte der Ältere ihrem Vater und ihrer Mutter die Pest an den Hals, nahm sich ein Messer von welchem Roxas bis heute nicht wußte, wie er damals daran gekommen war und ritzte sich den Ballen am Daumen unter schmerzverzerrtem Gesicht auf.

Jedoch schien der Schmerz nicht von der Wunde her zu rühren -

diese Schmerzen lagen tiefer, seelisch.

Roxas wußte noch, das sein Bruder es hasste belogen zu werden, manchmal mehr noch als die Methoden seiner Eltern und wenn er so dermaßen durchdrehte dann war es aus seiner Sicht eine wirklich schlimme Lüge. Cassandra hatte geschrieen, eher gekreischt und gefleht, er solle das Messer weglegen doch Roxas' Bruder hörte sie nicht.

Der Jüngere klammerte sich mehr und mehr an das Geländer, konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Seine Beinchen zuckten, waren in der Versuchung aufzustehen und dazwischen zu gehen; aber was hätte er mit seinen fünf Jahren schon machen können?

Nichts.
 

Er mußte einfach mit ansehen, was geschah. Mußte mit ansehen, wie alles zu Bruch ging und hätte er nur geahnt was geschehen oder was für Auswirkungen dieser eine, verfluchte Abend haben würde, wäre er in seinem Zimmer geblieben, nichts wissend, mit nichts das ihm Tage lang den Schlaf raubte und ihn heftige Alpträume träumen ließ, aus welchen er oftmals gerissen werden mußte.
 

Das Blut tropfte zu Boden, passierte seinen Arm, während er die weißen Wände mit dem Lebenssaft beschmierte, wie ein Zeichen, ein Alarmsignal oder eine Kriegserklärung.

Wie ein Versprechen.

Wie ein Wort, das in seinem Kopf rauschte.

Seine Eltern waren erstarrt.

So, als wenn das alles nur ein Traum wäre, ein böser Traum aus dem sie hofften bald zu erwachen.

Die Realität konnte doch nicht einfach so grausam zu ihnen sein!

Ihr Ältester ließ seinen Blick in Richtung seiner Eltern schweifen, traf dabei durch Zufall den von Roxas.

Kurz, nur für einen Bruchteil ruhte sein Blick auf dem Kleinen, seinen Bruder den er so lieb hatte und welcher noch immer in diesem Netz aus Lügen gefangen war. Nichts ahnend da hockte, ihn zitternd anstarrte und noch zu klein war um zu verstehen, was Cassandra getan hatte.

Und was er nun tun würde.
 

Sein Blick wurde wehleidig, ein "Leb' wohl" schwang mit, so dünn als wenn es nichts wert war, ehe er verschwand.

Und das anscheinend für immer.
 

Roxas starrte noch immer auf das Foto.

Ein paar Tage später kam sein Bruder zwar noch einmal zurück um ihm ein Versprechen zu geben, das er nie gehalten hatte. "Ich hole dich hier raus, das verspreche ich dir!" sagte er damals, der Blick sanft und warm.

Heute konnte Roxas über dieses Versprechen beinahe nur noch lachen.

Wo war er denn? Noch immer hier!

Nie war er gekommen um ihn zu holen, nie wieder! Seit Jahren wartete er und schon seit geraumer Zeit hatte er aufgegeben und hingenommen, das er eingesperrt wie ein Vogel war, dem man absichtlich die Flügel gebrochen hatte damit er nicht mehr fliegen konnte.

Und erst eine Person schien ihm diese Hoffnung nun langsam wiederzugeben. Roxas hatte nun jemanden, der ihm vielleicht helfen würde, oder ihm wenigstens den Mut gab, die Augen zu öffnen und hinter diese Lüge zu kommen... oder war es töricht von ihm, zu glauben das gerade jemand wie Axel ihm helfen konnte? Jemand, der viel mehr Erfahrungen sammeln konnte, der älter war als er...?
 

Ganz langsam stellte er das Bild zurück. Oftmals war er schon drauf und dran gewesen es zu zerstören, aber etwas hinderte ihn immer und immer wieder daran. Er klammerte sich tief in seinem Inneren noch immer an dieses Versprechen, welches wirklich nur noch an einem seidenen Faden hing und das wußte Roxas.

Dafür hasste er sich.

Für diese Naivität zu glauben, seinen Bruder wieder zusehen und das er ihn doch noch mitnahm...

Aber wer sagte, das er sich noch an Roxas erinnerte, geschweige denn ihn noch erkannte?

Zehn Jahre waren eine lange Zeit.

Vielleicht war er schon lange nicht mehr in diesem Land oder ihm war etwas zugestoßen?

Vielleicht wollte er ihn nicht von hier fortholen? Schon von Anfang an nicht? Konnte das sein... würde es Sinn ergeben?
 

Roxas raufte sich die Haare. Er mußte endlich aufhören, an Vergangenem festzuhalten! Sein Bruder war kein Lügner!

Er mußte auf das hören, was jetzt war. Er mußte etwas aus dem machen, was man Leben nannte.

Genau, wie es Axel ihm geraten hatte...
 


 


 

Xemnas ging so sehr in die Eisen, das er ein wenig nach vorne rutschte.

Zweifelnd starrte er auf den Transporter, mit welchem gerade Axels Maschine abgeholt wurde.

Seine Augen huschten verwirrt hin und her.

Dort stand ein Warndreieck, Teile des Motorrads lagen auf der Fahrbahn.

Was zum Teufel war -

Der Superior fuhr an die Seite, stieg schnell von seiner Honda ab und riß sich den Helm vom Kopf.

Es war doch nicht etwa das eingetroffen, was er insgeheim befürchtet hatte?
 

"Axel!?", gellte er über den Platz und nach kurzem umsehen konnte er den Rotschopf schließlich ausfindig machen.

Sofort rannte er auf ihn zu; hinter ihm kamen Saix und Marluxia zum stehen; der Rest hatte bereits andere Wege eingeschlagen.
 

Axel horchte auf, machte sich aber nicht im Geringsten die Mühe, auf Xemnas zu reagieren. Lieber sah er dem Fahrer des Transporters zu, wie er sein Motorrad festschnallte, damit es bei der Fahrt nicht umkippte und noch mehr Schaden nahm.

Der Bodyguard wollte nicht mit seinem Ziehvater reden.

Nicht jetzt und auch nicht wenn die anderen da waren.
 

Vielleicht würde er auch für die nächste Zeit schweigen, wie es Xemnas über zwei Jahre getan hatte.

Aber reden?

Nein, dazu war er gerade absolut nicht in der Lage. Axel wußte, das Xemnas ihn sehr wahrscheinlich nicht bedrängen würde, aber so wie er ihn heute erlebt hatte war sich der Fahrer nicht mehr ganz so sicher.

Er wollte einfach nur noch nach Hause, zusammen mit seiner Harley die er dann erst einmal in die Garage stellen würde.

Und dann würde er sich in seinem Zimmer verkriechen und sich die Birne heiß grübeln... oder er würde um die Häuser ziehen um den Kopf frei zu bekommen.

Es gab vieles, was er nun gerne tun würde, vieles was er seinem Vater ins Gesicht schreien würde.

Axel war wirklich sauer.

Aber vielleicht aus einem anderem Grund, als Xemnas vermuten würde.
 

"Axel! Verdammt noch mal, was ist passiert?!"

Xemnas stolperte an die Seite seines Jungen, versuchte einen Blick in dessen Gesicht zu erhaschen.

Doch alles was er momentan darin finden würde, war Desinteresse und Leere.

Es war still, man hörte nur das Klimpern des Metalls und das reißende Geräusch, wenn die Gurte um Axels Harley festgezogen wurden.

Xemnas atmete keuchend aus. Er nahm es ihm noch immer übel und das ließ er ihn nun spüren.

Aber er wollte doch nur wissen ob Axel etwas zugestoßen war.

Was passiert war und warum...

Schmerzend ballte er de Faust. Das "warum" hätte er sich sparen können.

Es lag doch auf der Hand - diese plötzliche Enthüllung, die alles über den Haufen geworfen hatte was Axel diese zwei Jahre glaubte. Diese ganzen Gefühle, die er verschlossen gehalten hatte; all das war daran Schuld.

Und somit auch...
 

Xemnas hob die Hand, wollte Axel zu sich drehen, um ihm endlich in die Augen blicken zu können, um darin lesen zu können was er nicht schon längst wußte. Als er das kalte Leder von Axels Mororradjacke berührte, drehte sich dieser weg und stieß die Hand seines Vaters unwirsch von sich.

Faßte er ihn heute noch einmal an, würde er womöglich explodieren, so geladen war Axel.

Äußerlich gab er sich ruhig; er hatte gelernt die Fassung zu bewahren und keine Emotionen zu zeigen, was besonders wichtig war bei seinem Nebenjob. Doch man merkte schnell, das diese Ruhe aufgelegt war wie eine Maske, da er diese wirklich selten privat aufsetzte.
 

Als Axel sich weg drehte, war es für ihn unvermeidbar gewesen, die Wunde an seinem Kopf zu verstecken.

Das Blut prangte förmlich auf seiner Stirn, wie ein belehrendes Mal welches ihm immer wieder sagen sollte "das hast du nun davon, Axel. Was fährst du auch ohne Helm los? Dafür hättest du wirklich noch die Zeit gehabt!"

Es war nichts schlimmes, sicher, aber es hätte schlimmer kommen können und das wußte er natürlich.
 

Seinem Ziehvater blieben die Worte, die er soeben an Axel richten wollte, im Hals stecken.

Die Hand war immer noch in der Luft, dort wo sein Sohn sie von sich gewiesen hatte.

Er hatte sich den Kopf verletzt.

Xemnas hatte es genau gesehen und sofort krümmte sich alles in ihm.

Es hätte sich alles wiederholen können - und das hätte er sich niemals verziehen.

Wenn Axel... er mochte es nicht einmal denken. Es war schon schwer genug für beide gewesen, Zerina verloren zu haben; besonders für Xemnas da er sich die Schuld an dem Unfall gab, wie nun auch der Rest wußte.
 

Wie oft hatte er sich damals total abgeschottet und alles, sogar sich selbst aufgegeben?

Viele, viele Male.

Wenn nun auch noch Axel gegangen wäre wegen diesem verdammten Chaos und Ansem...

Nein, daran durfte er gar nicht denken...
 

"Axel...bitte...ich-"

Mehr bekam Xemnas einfach nicht zu Stande. Mit vor Sorge und Trauer verzerrtem Gesicht sah er seinen Ziehsohn an, welcher ihm einfach keine Antwort, geschweige denn Beachtung schenkte.

Xemnas' Körper bebte vor Emotionen, vor dem Chaos das in ihm herrschte.

Selbst Atmen viel ihm so schwer, als wenn er gerade einen Maraton hinter sich gebracht hatte.

Heute hatte er mehr Schwäche gezeigt als jemals zuvor.
 

Plötzlich setzte sich Axel in Bewegung, als der Fahrer des Transporters aus dem Laderaum stieg.

Er wußte was in Xemnas vorging, schließlich hatte er ein Gespür für so etwas.

Aber nicht nur deswegen; auch in ihm tobte ein ähnlicher Sturm der zu eskalieren drohte, wenn er hier nicht bald weg kam.

Für heute hatte er wirklich die Schnauze voll und für die nächsten Tage sicherlich auch.

Und irgendwelche Worte, ganz egal wie ernst gemeint sie waren, wollte er nun nicht hören.

Er sprach den Fahrer an, fragte ihn ob er ihn mitnehmen würde wenn er seine Maschine schon zu Axel nach Hause brachte, wie es abgesprochen war.

Nach einem leicht skeptischen Blick willigte der junge Mann ein und Axel machte die Tür auf um seinen Platz als Beifahrer einzunehmen -

Xemnas ließ er stehen.

Ohne einen Blick oder einer anderen Geste die sagte das es ihm soweit gut ging. Mit geweiteten Augen, nicht ganz bei sich stand der Superior auf der Straße.

Xemnas lauschte, wie der Motor mit lautem Rattern anspring, der Transporter wendete und einfach mit seinem Sohn davonfuhr. Die Einzigen, die dem Wagen nach sahen, waren Saix und Marluxia.

Beide glaubten, im falschen Film gelandet zu sein.
 

"...die haben doch beide einen am Sender!", nuschelte Marluxia zu sich, bevor er seine Aufmerksamkeit auf Xemnas richtete.

Dieser wandte sich gerade wie im Zeitraffer zu beiden um. Saix konnte auch aus dieser Entfernung erkennen, das Xemnas vollkommen fertig mit den Nerven war.

Am liebsten hätte er beiden eine gelangt, dafür, das sie im Moment so miteinander umgingen. So etwas hatte er wirklich selten erlebt. Saix murrte, blickte zu Marluxia. Er würdigte ihn nur mit einem kurzem Blick, bis er mit verschränkten Armen zu Xemnas schlenderte. Sie mußten erstmal dafür Sorgen, das ihr Superior heil nach Hause kam. Zu einem anständigem Gespräch würden sie wohl heute nicht mehr kommen, zumal ihr Chef überhaupt nicht auf der Höhe war.
 

"Komm... für heute reicht es...", meinte Marluxia ruhig und legte eine Hand auf Xemnas' Rücken, versuchte ihn so zum Gehen zu bringen. Xemnas blickte ihn nur mit glasigen Augen an.

In solchen Momenten wurde ihm oft bewußt, wie glücklich er sich eigentlich schätzen konnte, selbst wenn es solche Probleme wie heute gegeben hatte. Das Leben strafte einen immer wieder von neuem, so hatte er den Eindruck.

Aber hinter ihm standen seine Freunde, die ihn immer wieder auffingen oder ihm mal gehörig die Leviten lasen, wenn er mal auf Abwegen war. Diese Menschen, die er mehr als eine Familie ansah, als irgendwelche Verwandten.

Und er hatte Axel.

Aber was nützte ihm das jetzt? Nicht gerade viel.

Er war einfach zu durcheinander und aufgewühlt.
 

Marluxia brachte Xemnas zu dessen Motorrad, sah ihn noch einmal eindringlich an.

Sein Gegenüber senkte leicht den Blick und nickte stumm.

Tief seufzend wandte sich Marluxia um und schlenderte wieder zu Saix und seiner Maschine.
 

"Was denkst du...?", fragte Saix, als er den grübelnden Blick Marluxias sah und dieser sich den Helm aufsetzte.

"Ich denke...", hob er leiser seine Stimme und schwang ein Bein über den Sattel, "... das sich der Gute da in irgend etwas rein reitet! Wenn du mich fragst, stimmt da etwas ganz und gar nicht!"

Marluxia nahm das Motorrad vom Ständer und klappte ihn zurück.

Er schielte zu Saix.
 

"...es geht vielleicht um mehr. Xemnas scheint tiefer drin zu stecken als gedacht, auch wenn ich immer noch der Meinung bin das er nichts mit dem Unfall zu tun hat, was wirklich von Belangen wäre...

Wenn du verstehst, was ich meine.

Zerina... ist schließlich nicht gegangen, ohne etwas zu hinterlassen."
 

Saix wirbelte herum, blickte kurz zu Xemnas, welcher leicht teilnahmslos neben seiner Honda stand und wartete.

Jetzt sah er zu Marluxia.

Seine Augen funkelten bedrohlich.
 

"Du meinst doch nicht das Erbe, oder?!", zischte er seinem Kumpanen zu.

Marluxia sagte nichts.

Saix knurrte, biß sich kurz auf die Unterlippe und riß seine Maschine vom Ständer.

"Alter... DAS wäre wirklich das Letzte, das Xemnas gemacht hätte!

Denkst du wirklich, das diese ganze Scheiße vor zwei Jahren nur wegen dem Geld passiert ist?!", flüsterte er gereizt, darauf bedacht das ihr Superior nichts mit bekam von dem, was sie hier spekulierten.

Jetzt konnte jedes Gerücht schwerwiegende Folgen haben - für sie und andere.

Marluxia sah ihn nur kurz an und startete dann den Motor.
 

"Es gibt nur einen Weg das heraus zu finden. Und glaub mir, ich krieg' raus was da für krumme Dinger gelaufen sind!", meinte er noch, bevor Marluxia ohne ein weites Wort oder dergleichen los fuhr.

Er nahm sich wirklich vor, diese ganze Sache aufzuklären und wenn er damit womöglich Streit anzettelte.

Der Motorradfahrer war sich ziemlich sicher, das Zerinas Vermächnis - nämlich das Erbe - eine Rolle gespielt hat.

Er wußte natürlich nicht genau, was in ihrem Testament gestanden hat, nur das es ein solches Dokument gab und das Zerina eine hohe Summe vererbt hatte.

Xemnas hatte ein paar Mal im Delirium darüber gesprochen (weshalb Marluxia auch nicht ganz einschätzen konnte, was an den Aussagen dran war), aber wer der Erbe war oder wo sich das Geld nun befand, darüber hatte nicht eine Silbe verloren. Aber eine Vermutung hegte Xemnas' langjähriger Freund schon. Er befürchtete insgeheim wirklich, das diese junge Frau nur wegen dem Geld sterben mußte.

Bald würde er es in Erfahrung bringen, ob er richtig lag...
 

Kleine Steine knirschten unter seinen Stiefeln als Xemnas sich schließlich, unter den wachsamen Augen von Saix, fertig für die Fahrt nach Hause machte.

Er brauchte jetzt unbedingt Ruhe.

Vielleicht sah Morgen alles schon ganz anders aus; jedoch bezweifelte er das. Ihm schwirrte so viel im Kopf herum, so viele Vorwürfe, Fragen und Gefühle, das es ziemlich lange dauerte bis sie schließlich losfahren konnten.

Hoffentlich wurde alles wieder gut...irgendwann, irgendwann bestimmt, wenn der Himmel den Blick auf die Sonne wieder freigab und die Wolken sich verzogen. Doch er wurde das Gefühl nicht los, das alles erst seinen Anfang nahm.
 


 


 

Eine Vase ging zu Boden und zerschellte, als Axel wütend seinen Haustürschlüssel gegen diese warf und die Tür zuknallte.

Ausdruckslos schaute er auf die Scherben aus weißem Porzellan. Weiß.

Warum immer Weiß? Es stand für "Frieden" und "Unschuld"... für eine heile Welt.

Doch jetzt kam ihm seine eigene Welt eher zerborsten vor - wie diese Vase.

Jeder "Schönheit" beraubt und nutzlos.

Axel ballte kurz die Fäuste, seine Handschuhe knirschten.

Langsam schälte er sich aus seinen Klamotten, warf sie einfach in die Ecke neben der Gadrobe.

Auf die Scherben achtete er nicht, sondern ging einfach an ihnen vorbei.

Er betätigte den Lichtschalter als er sein Zimmer betrat.

Das Licht brannte entsetzlich in seinen Augen, weshalb er mit der Faust sofort wieder auf den Schalter hämmerte. Nun stand er im Dunkeln, wie Minuten zuvor als er seine Maschine in der kalten Garage zurück ließ. Warum war er überhaupt hier in diese Wohnung gekommen?

Er hätte doch gleich draußen bleiben können!

Unschlüssig machte er ein paar Schritte zurück. Axel bereute es wirklich, gerade jetzt auch nur einen Fuß in diese Wohnung gesetzt zu haben. Jetzt, wo all diese alten Wunden wieder aufgerissen waren und sich der Schmerz quälend und betäubend langsam in ihm ausbreitete.

Sein Herz schlug ihm bis zum Hals; er wußte nicht warum, aber plötzlich erinnerte ihn alles hier, jede Ecke und jeder Gegenstand an sie. An Zerina.

Als wenn sie wieder da war, vielleicht jeden Moment durch die Tür kommen würde und etwas vom nächsten Imbiss mit brachte. Als wenn sie lächelnd hinter ihm stand, seinen Namen sagte.
 

Sie war überall. Sie verfolgte ihn.

Nach zwei langen Jahren, in denen er versuchte sie aus seinem Gedächtnis, aus allem zu verbannen.

Es war alles wieder da: dieses Gefühl, sie immer noch bei sich zu haben obwohl sie vor Stunden erst verstorben war.

Wie ein Geist der keine Ruhe fand machte sie sich überall breit, ihr Geruch schien sogar in der Luft zu hängen.

Axel zweifelte in diesem Augenblick wirklich an seinem Verstand.

Wollte sie ihn nun bestrafen, dafür das er sie einfach vergessen wollte?

Wollte sie ihn verrückt machen?
 

Axel begann zu zittern, fuhr herum und preschte abermals Hals über Kopf aus der Wohnung.

Wie auf der Flucht raste er durch das Treppenhaus und stürzte hinaus in die Nacht. Es war bereits kurz vor Zwölf, doch das interessierte ihn wenig. Axel rannte einfach nur.

Links, Rechts, einfach nur durch die Straßen, Hauptsache weit, weit weg.

Weg von alle dem. Wohin ihn seine Schritte führen würden, wollte er nicht wissen.

Vielleicht zu Demyx, vielleicht auch in die abgelegenen Stadtteile.

Wer konnte das schon sagen.

Sein Kopf dröhnte, der Atem ging nach einer Weile fahrig und die Sicht verschwamm, aber er rannte weiter.

Ganz gleich, ob der junge Mann am Ende seiner Kräfte war.

Vorbei an Passanten, an dem Verkehr der auf den Straßen tobte.

Oft wurde er angepöbelt, als er ohne Rücksicht zwischen den Leuten hindurch lief.

Axel spürte etwas auf seinen Wangen.

Es waren Tropfen, salzige Flüssigkeit, die sich wenig später im seichtem Regen verlor...
 


 


 

Behutsam zog Tai das Papier aus dem Umschlag. Schon öfters in der letzten Zeit, nachdem er in den Besitz dieser Dokumente gekommen war, hatte er sich vorgenommen sie zu Kopieren und die Originale wieder an ihren Platz zu bringen, damit er nicht aufflog. Doch immer kam etwas dazwischen.

Nun hatte er aber ein paar Minuten Ruhe... hoffte er jedenfalls. Nicht umsonst war er früh aufgestanden.

Es war jetzt kurz vor sieben. Die Luft, die durch das offene Fenster kam, war noch frisch und roch nach dem Regen, der sich gestern Nacht über der Stadt ergossen hatte.

Zum wiederholtem Male überflog er diese Zettel.

Jedes einzelne Wort würde irgendwann für ihn Gold wert sein... ebenso wie diese zwei Fotos. Lange würde er nicht mehr warten. Cassandra würde schon merken, was sie davon hatte... von diesen Geheimnissen - und sie würde alles tun, damit er schwieg... Tai würde ihre Hilflosigkeit schonungslos ausnutzen. Für andere Menschen, wie ihn zum Beispiel, waren diese Geheimnisse absurd, all dieses Getue um Roxas hätte so leicht vermieden werden können. Das sich aus einer recht simplen Angelegenheit ein solches Familiendrama entwickeln würde, hätte er niemals gedacht.

Aber das war nicht sein Problem.
 

Verschlagen lächelnd legte er das erste Blatt in den Kopierer, sah sich noch einmal in dem kleinem Büro um.

Eine kurze Handbewegung, das Gerät surrte leise und begann mit seiner Arbeit.

Ein paar Minuten später hatte er zwei weiße Blätter mit den wichtigen Informationen und einen Bogen Fotopapier in der Hand. Die anderen waren schon recht vergilbt und ließen ihr Alter nicht so leicht erraten.

Perfekt.

Nun mußte er nur noch die Originale zurückbringen und -

Die Tür ging auf.

Tai zuckte zusammen und versteckte die Papiere so gut es ging.

Langsam drehte er sich um, damit er nicht so hektisch aussah, als wenn er etwas zu verbergen hätte.

Es war aber nicht gerade seine Stärke, so plötzlich zu reagieren und sich richtig zu verhalten - er brauchte Zeit.
 

"Ah, da bist du Tai... ich hatte dich gesucht."

Marianne lugte durch den Türspalt, in einer Hand die Hundeleinen.

Tai fluchte in Gedanken - dieses Weib nervte!
 

"Und warum, wenn ich fragen darf? Ist irgendetwas passiert?", meinte er in der normalsten Tonlage, die er momentan zu Stande brachte.

Tai flehte, das sie nichts mit bekam oder mit bekommen hatte.

Marianne blickte ihn seltsam an.

Sie zögerte leicht, ehe sie ihre Stimme erhob.
 

"...ich ähm...also - warum hast du gelogen? Was hast du in dem Zimmer gesucht...? Das Fenster war definitiv zu gewesen, als ich an der Tür vorbei kam", sagte Marianne und versuchte Tai so fest wie möglich in die Augen zu schauen - sie wollte wissen, was er dort gesucht hatte! Tai war so oder so in letzter Zeit ziemlich ruhig und nachdenklich; richtig seltsam, als wenn ihn etwas beschäftigte. Angesprochener sah sie an, schwieg eine Weile.

Da hatte er nun den Salat.

Er mußte vorsichtiger sein, das stand fest.
 

"...warum ich gelogen habe...? Weil... dieser Axel bei euch war.

Cassandra hatte mich angerufen und ich sollte für sie nach einem Dokument sehen. Sie gab mir die Erlaubnis in das Zimmer gehen zu dürfen...", antwortete er, spann sich nun eine weitere Lüge zusammen und versuchte so sicher wie möglich zu klingen. So unvorbereitet auf etwas zu antworten war wirklich nicht seine Stärke, vor allem wenn es nicht der Wahrheit entsprechen durfte. Er war eher der Typ, der seine Pläne langsam und gut durchdacht anging...
 

Marianne zog eine Braue hoch. Dokument? Cassandra hatte ihn angerufen?

Wann war das gewesen...? Die Aupair blickte Tai fragend an, so ganz glauben wollte sie ihm nicht da er unsicher klang, aber dann nickte sie.

Nein, sie glaubte ihm nicht. Ganz und gar nicht - und sie würde die Hausherrin nach diesem Gespräch fragen,wenn sie, voraussichtlich erst in ein paar Wochen, wieder zu Hause war. So lange würde Marianne Tai im Auge behalten. Es gefiel ihr gar nicht, das er neuerdings so komisch war.
 

"Okay, ich...werde dann mal mit den Hunden raus gehen..."

Marianne blickte noch einmal flüchtig auf den Sicherheitsmann, ehe sie sich hastig von ihm entfernte.

Tai sah ihr mit bohrendem Blick nach.

Er kochte. Es konnte doch nicht sein, das sie ihn tatsächlich nochmal danach fragte...
 

"...verdammt nochmal...", flüsterte er und blickte nun wieder auf die Fotos.

Ein junger Mann war darauf zu sehen.

Die Bilder waren schon ziemlich alt, das wußte Tai.

Über zehn Jahre bestimmt.

Aber um wen genau es sich handelte mußte er erst noch in Erfahrung bringen. Und das dürfte sich als schwierig erweisen.

Bis jetzt wußte er nur das alles, was sich in der Vergangenheit dieser Familie oder besser gesagt in der von Cassandra abspielte, mit diesem Mann zusammenhängen mußte.

Und das dieser Typ Tais Meinung nach etwas Beunruhigendes an sich hatte.

Er hatte sich vorgenommen, diesen Kerl ausfindig zu machen um erfahren zu können, wie er in dieses verworrene Netz paßte. Solange die Besitzer des Hauses nicht da waren, hatte er genügend Freiraum.

Vorsichtig packte er die Originale und die Bilder wieder in den Umschlag und verstaute die Kopien.

Danach wandte er sich zum gehen.

Die Tür schloss sich hinter ihm, Tai blickte sich noch einmal um und vergewisserte sich, das Marianne wirklich mit den Hunden spazieren gegangen war. Ihre Jacke fehlte, und der Regenschirm.

Tai atmete auf. Um Roxas brauchte er sich nicht sorgen.

Er schlief mindestens noch eine Stunde, ehe er zur Schule gebracht wurde.

Leise stieg er die Wendeltreppe hinauf zu Cassandras Zimmer um seinen kleinen Schatz wieder verschwinden zu lassen.
 


 

Grübelnd schlenderte Marianne die Allee, in der das Anwesen stand, entlang.

Regen prasselte auf ihren Schirm und sie freute sich schon darauf, wieder zurück zu können. Dafür das es Frühling war, war es noch relativ frisch und ungemütlich. Aber vorerst mußten Doge und Cooper ein wenig Freiraum bekommen.

Die Rüden störten sich nicht an dem kühlem Nass, im Gegenteil, sie mochten Wasser und nahmen jede noch so kleine Pfütze mit.

Marianne mußte bitter lächeln.

So viele Sorgen hatte sie in letzter Zeit und es wollte anscheinend kein Ende nehmen... erst ihre Mutter, dann diese ganzen Geheimnisse und Roxas' Leiden... und nun auch noch Axel, der ihr nicht aus dem Kopf gehen wollte -

und Roxas anscheinend auch nicht.

Gestern, am späten Abend hatte er sie noch aufgesucht. Zuerst sagte er ihr, das ihm so langweilig wäre und ob sie nicht vielleicht irgend etwas zusammen machen könnten, sei es nun ein Gesellschaftsspiel oder ein Film den sie schauen konnten. Aber Marianne merkte schnell, das ihn etwas vollkommen andere zu beschäftigen schien.
 

So ließ sie sich erst einmal auf ein Kartenspiel ein und musterte ihren Schützling dabei genau.

Er war nicht ganz bei der Sache und sein Blick war ziemlich seltsam...die Aupair konnte es erst nicht richtig interpretieren.

Dann äußerte sie einfach eine Vermutung, die ihr im Kopf herum spukte.

Marianne schnitt ein Thema an, mit dem sie voll ins Schwarze zu treffen schien - als sie fragte, ob ihm vielleicht sein neuer Begleitschutz nicht mehr aus dem Kopf ging und ob er sich freute, deswegen endlich raus zu können, ließ Roxas doch glatt sein Kartenblatt fallen und starrte sie an.

Das Einzige, was Marianne dabei durch den Kopf ging war "voll erwischt".

Sie blinzelte. Roxas rührte sich nicht mehr, nur sein Mund klappte immer wieder leicht auf und zu, als wenn er nicht glauben könnte, was Marianne da für eine Frage in den Raum gestellt hatte. Schließlich stammelte er sich nach einer Weile des Schweigens einen Satz zurecht.
 

"W...woher weißt du das, Marianne? Ich hab doch..."

Roxas senkte dann den Blick und sah auf seine Skatkarten. Er schien wirklich nicht zu wissen, woran sie das gesehen haben könnte; auch wenn sie eher geraten hatte.
 

"Warum beschäftigt er dich denn so?", fragte sie und setzte sich neben ihn.

Lange war es wieder still zwischen den beiden, nur die Decke von Mariannes Bett raschelte ein wenig, wenn Roxas nervös auf seinem Platz hin und her rutschte.

"Ich weiß nicht genau... ist es denn normal, wenn er mir nicht mehr aus dem Kopf gehen will und ich ihn immer vor mir sehe, wenn ich die Augen schließe...?", meinte er leise zu ihr, mochte sein Kindermädchen gar nicht ansehen.

Es war ihm wohl peinlich darüber zu sprechen. Nervös verkrampfte er die Finger und wartete auf eine Antwort ihrerseits, aber als diese nicht kam, sprach Roxas einfach weiter.

Marianne wollte es genauer wissen.

Schlimm war es doch nicht, wenn er an Axel denken mußte.

Nun gut, vielleicht war es nicht ganz normal, aber bei ihm konnte Marianne es sich schon vorstellen - schließlich steckte Roxas in einer ganz bestimmten Situation.

Vielleicht freute er sich einfach so darauf, endlich etwas unternehmen zu können und dachte deshalb an Axel. er mußte ja mit ihm zusammen nach draußen. Und nach allem was sie bisher gehört hatte, auch wenn es nicht viel war...
 

"Ich weiß es einfach nicht. Ich... also ich... fühle mich immer so komisch. Es...ist fast wie Aufregung oder so..."

Anders hätte Roxas es langsam nicht mehr beschreiben können.

Sein Herz begann wie wild zu schlagen, schneller und immer schneller. Ihm wurde warm und das Blut schoß ihm in die Ohren. Einmal hatte er sich selbst sogar dabei ertappt, wie er Axels Lächeln als "zu ihm passend" bezeichnete.

Aber das erzählte er Marianne natürlich nicht.

Sie sah ihn an, dachte über das nach, was er ihr sagte. Und da er es schon als Aufregung bezeichnet hatte...
 

"Vielleicht ist es wirklich Aufregung. Am besten du wartest einfach erst einmal ab. Es wird sich sicherlich alles von selbst ergeben. Warten ist manchmal wirklich das Beste, Roxas."
 

Das hatte sie ihm gesagt.

Sie war sich sicher, das Warten das Richtige war. Es nützte ihm nicht, wenn er sich verrückt machte. Bestimmt hatte alles eine simple Erklärung und es würde sich alles ergeben. Spätestens, wenn Roxas seinen ersten Ausflug mit Axel unternommen hatte. Dann würde er ihr bestimmt freudestrahlend erzählen, was er erlebt hatte.

Und doch.

Marianne wurde das Gefühl nicht los, das doch mehr hinter Roxas Erklärung steckte.

Allein sein abwesender Blick, sagte etwas anderes...
 

"Als wenn es nicht schon genug wäre, das ich mir den Kopf über diesen Kerl zerbreche...", murmelte die ehemalige Aupair und sah Doge und Cooper beim spielen zu.

Sie war während ihrer ganzen Überlegungen ziemlich weit gegangen.

Ihre Füße hatten sie wie ferngesteuert in eine abgelegenere Gegend geführt.

Hier standen viele Einfamilienhäuser, Bäume und ganze Blumenbeete waren überall angelegt.

Es kam schon fast einem kleinem Park nahe.

Leider regnete es noch immer.

Sie überlegte, ob sie noch weiter zu dem kleinem Waldstück am Bahnhof gehen sollte.

Es regnete zwar, aber die Hunde brauchten genug Auslauf.

Marianne seufzte und schielte in den grauen Himmel.

Dieser paßte leider sehr gut zu ihrer Stimmung.

Sie blinzelte, als ein paar Tropfen ihre Augen trafen, wandte schließlich den Blick ab und rief die Rüden zu sich.

Die beiden reagierten erst auf die junge Frau, sie mochten Marianne nicht wirklich, aber kamen dann doch hechelnd zu ihr getrottet. So machte sie sich mit den beiden zum Bahnhof auf. Es war ja nicht mehr so weit und eine Abkürzung nach Hause konnte sie auch durch die Schleichwege auch nehmen.
 

Der Regen prasselte nach wie vor auf ihren Schirm. Die Hunde liefen bellend voraus und Marianne mußte aufpassen, das sie nicht zwischen den Bäumen verloren gingen. Ein wenig abseits mit den Gedanken ging sie weiter, der Boden war glitschig und sehr weich vom Regen. Kälter war es hier auch, zumindest empfand sie das so...

Plötzlich fing einer der beiden Huskys laut zu kläffen an. Marianne schreckte auf und blickte sich suchend nach den Hunden um. Lange brauchte sie nicht Ausschau zu halten, denn beide liefen auf eine Bank direkt vor ihr zu.

Marianne stutzte und beschleunigte ihren Schritt, als sie sah, warum beide auf diese Bank zu liefen; dort saß jemand.
 

"Doge? Cooper, halt! Aus ihr beiden!", rief sie und lief noch ein wenig schneller -

wurde aber schlagartig wieder langsamer.

Die Rüden saßen nun vor der Bank, doch die Person reagierte gar nicht, sondern starrte nur auf die gegenüberliegende Seite.

Die Aupair zögerte noch einen Moment, sie glaubte sich verguckt zu haben, aber dann ging sie doch langsam auf ihn zu.

Er reagierte erst als der Regen aufhörte, seine Haut zu durchweichen.
 

Trübe schaute er auf.

Marianne blickte ihn besorgt und etwas geschockt an.

Erst beim zweitem hinsehen war sich das Kindermädchen sicher, das es Axel war, der dort zusammengekauert wie ein Häufchen Elend saß. Und er zitterte am ganzen Körper.
 

"W...was machst du denn hier draußen...?", fragte sie, hielt ihren Schirm etwas mehr über ihn damit er nicht noch nasser wurde. Er mußte schon sehr lange hier sitzen. Seine Lippen waren blau und er war wirklich durchgeweicht bis auf die Knochen. Müde und sehr erschöpft schien er auch zu sein.

Was konnte jemanden dazu bringen, im Regen zu hocken? Noch dazu ziemlich lange?
 

Axel schaute sie einfach nur ausdruckslos an.

Einige Strähnen klebten ihm in Gesicht, sein Haar hing schlaff herunter. Warum mußte gerade sie ihn so sehen?

Warum? Hätte sie nicht irgendwo anders mit den Kötern lang gehen können...?

Er saß wirklich schon Ewigkeiten hier. Die ganze Nacht, vielleicht auch schon länger.

Der Bodyguard hatte jegliches Zeitgefühl verloren nachdem er davon gerannt war und es ging ihm auch am Arsch vorbei.

Er hatte schon wieder etwas Dummes getan. Das war das Einzige, was ihn nun beschäftigte. Axel merkte noch nicht einmal, wie kalt ihm wirklich war und das seine Haut deswegen schon jedes Gefühl verloren hatte.

Marianne sah ihn eine ganze Zeit einfach nur an, sagte keinen Ton.

Dann umklammerte sie ihren Schirm fester.
 

"...ist etwas Schlimmes passiert? Sitzt du deswegen hier...?", meinte sie nun ruhig, Besorgnis hörte man dennoch heraus.

Wieder sagte er nichts. Eigentlich wollte er etwas erwidern, aber seine Stimmenbänder wollten nicht so wie er.

Sie sollte ihn einfach alleine lassen, aber das konnte sich der Motorradfahrer wohl abschminken, so besorgt wie sie ihn ansah... Marianne war wirklich eine der Letzten, denen er Sorgen bereiten wollte.

Es reichte schon, wenn er das seinen Freunden und seinem Ziehvater antat, weil er eine ganze Nacht fort war ohne sich ein einziges Mal gemeldet zu haben...

Eine Weile war es wieder still.

Bis Marianne sich aus ihrer gebeugten Haltung erhob.
 

"So geht das nicht... du verkühlst dich noch und wirst krank... wenn das nicht schon der Fall ist..."

Mit diesen Worten griff sie nach Axels Arm und wollte ihn hochziehen.

Er war wirklich eiskalt.

Im Moment war es ihr egal ob sie ihn kaum kannte, sie wollte nur nicht das er noch länger hier saß.

Das konnte sie einfach nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.

Axel mochte ihr nicht in die Augen sehen. Er verkrampfte ein wenig als sie ihn hochzog, da er sich so lange nicht bewegt hatte. Richtig stehen konnte er in den ersten Sekunden auch nicht. In den Beinen hatte er kein Gefühl und es brannte überall, als das Blut wieder ungehindert hindurch floß.
 

"Du bist ja verletzt...!"

Axel drehte leicht den Kopf weg als sie die Wunde an seiner Stirn, welche noch von dem Unfall stammte, anfassen wollte.

Marianne bemerkte, das Axel es nicht wollte und nahm die Hand wieder herunter.

Die Wunde schien nicht frisch zu sein aber es sah auch nicht gerade gut aus.

Das getrocknete Blut war an manchen Stellen fast schwarz.

Kurz sah sie noch zu ihm auf, ehe sie die Hunde zu sich rief und sich langsam mit ihm in Bewegung setzte. Sie harkte sich bei ihm ein, da er noch recht wacklig auf den Beinen war und schütze ihn mit dem Schirm vor zusätzlichen Regentropfen. Marianne würde Axel erst einmal mit zum Anwesen nehmen. Das war im Moment wohl die beste Option, zumal sie auch nicht wußte wo er wohnte. Nun traten sie stumm den Heimweg an, wobei sich Marianne immer wieder fragte, was passiert war.

Würde er es ihr erzählen...? Immer wieder schielte sie zu ihm auf.

Sein Blick war leer und glasig.

So, als wenn er in dieser Nacht etwas Schlimmes erlebt hätte.
 


 


 

AN: Ahhh, ich habe es endlich geschafft, dieses Kapitel fertig zu machen! Ich bin so froh...

Wiedermal hat es lange gedauert...aber ich habe nicht mehr ganz so viel Zeit zum schreiben was heißen will, das es unter Umständen nun immer länger dauern wird, bis ein neues Kapitel kommt. Aber ich bin nun mal auch nur ein Mensch.

Ich würde mich freuen, wenn ihr über die lange Wartezeit(en) hinwegseht und mir trotzdem treu bleibt (hab da schon so einiges erlebt...). Ich bemühe mich auch!

Nun zum Kapitel...

Ist mal wieder, meiner Meinung nach, viel passiert. Und es geht immer mehr voran. Denke ich jedenfalls.

Vielleicht wird mich die eine oder andere böse anfunkeln, aber ich mußte mal wieder böses mit Axel treiben. Ich finde es unlogisch, wenn immer alles glatt läuft...es gibt immer Steinchen auf den Weg zum Ziel, das kennen wir ja, ne...? Außerdem ist es ja ein Drama und ne Darkfic.

Ich hoffe wirklich, das es euch wieder gefallen hat und bedanke mich herzlich für die Unterstützung!

Bis zum nächsten Kapitel!

Eure Sinister-Sundown.

A reticent dialouge and a cagey confession

Marianne war wirklich froh,‭ ‬als sie endlich vor der Haustür halt machen konnte um den Schlüssel hervor zuholen.

Ein wenig nervös schielte sie zu Axel,‭ ‬welcher teilnahmslos neben ihr stand.‭

Er hatte die ganze Zeit kein einiges Wort mit ihr gesprochen.

Vielleicht hatte er Hemmungen es ihr zu erzählen‭; ‬zumal es sie auch nichts anging,‭ ‬oder aber er war noch nicht wieder in das Hier und Jetzt gelangt.‭ ‬Aber was immer es auch war,‭ ‬so wollte sie,‭ ‬das es schnell verschwand.‭

Axel so zu sehen tat weh.‭
 

Er sollte nicht hier sein.‭

Erst recht nicht jetzt und in dieser beschissenen Situation.

In Axels Magengegend verkrampfte sich alles vor Wut über sein eigenes,‭ ‬überstürztes und vor allem unüberlegtes Handeln.

Hinzukam diese Kälte und das taube Gefühl in jeder Faser seines Körpers.

So viel Mist wie in dieser einen Nacht hatte er nicht mal in dem letztem Jahr gebaut.

Xemnas kam wahrscheinlich um vor Sorge und Vorwürfen.

Er war so ein Idiot.

Sie beide,‭ ‬wenn er es genau nahm.‭

Vater und Sohn.
 

Axel schaute weiterhin zu Boden,‭ ‬die Gedanken sehr weit weg.‭

Alles schien sich im Kreis zu drehen und er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.‭

Eigentlich wollte er nur noch seine Ruhe und eine Runde schlafen.

Nur noch die Augen schließen und herunter kommen,‭ ‬das wollte er jetzt am meisten.

Axel war sich jedoch sicher,‭ ‬dass gerade das nicht möglich sein würde.‭ ‬Und schon gar nicht als Gast,‭ ‬wenn man es so bezeichnen konnte.‭ ‬Der Motorradfahrer mochte es nicht,‭ ‬wenn man ihn einfach so ohne das Wissen anderer Bewohner zu sich nach Hause mitnahm.

Aber was blieb ihm schon anderes übrig?

Er nahm sich vor, sobald er wieder einigermaßen aufgetaut war, das Haus dankend zu verlassen und sich mit Xemnas zusammenzusetzen, alles aufzuklären und diesen ganzen Scheiß abzuharken. Axel wollte ihm noch ein paar Takte sagen.

Selbst, wenn er dabei im Halbschlaf war.
 

Marianne drehte sich zu ihm um, hatte die Tür aufgestoßen und leicht zögernd seine Hand genommen.

Sie zog ihn einfach in die Empfangshalle des Hauses.

Warme Luft blies ihm ins Gesicht. Seine Haut prickelte und plötzlich war Axel doch dankbar, das Marianne ihn gefunden hatte. Nur, ob das auch für die anderen in Ordnung war, bezweifelte er.

In diesem Haus war doch alles möglich.

Denn als Marianne die Leinen und ihren Regenmantel weg hängte, kam eine der Putzfrauen um die Ecke und starrte Axel an, als sie ihn erblickte. So, als wenn sie noch nie überraschend Besuch bekommen hatten.

Es war eine korpulente Frau mit rötlichem Haar und ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen paßte es gar nicht, das Marianne einen Gast mitgebracht hatte.
 

"Marianne...? Wer-", setzte sie an, doch das junge Kindermädchen unterbrach sie schnell und hob beschwichtigend die Hände.
 

"Das ist schon in Ordnung. Er ist der Bodyguard, der auf Roxas aufpassen soll..."

Eine bessere 'Ausrede' - welche ja auch unter normalen Umständen absolut zu traf - war ihr leider nicht eingefallen.

Stutzend musterte die Alte Axel, welcher sie trübe, abgekämpft und mit müden Augen ansah.

Sie rümpfte die Nase, als sie Axels Wunde und seine zerzausten Haare erblickte.

Es war offensichtlich, was sie denken mußte.

Marianne interessierte das herzlich wenig und sie ließ der Aushilfe das auch stumm zukommen.

Dann winkte die Frau kopfschüttelnd ab und wandte sich zum gehen.
 

"Mach was du möchtest, ich weiß von nichts...", murmelte sie und war schließlich verschwunden.

Offensichtlich wollte sie jeglichen Ärger mit Tai vermeiden. Sie wußte, wie der Hase laufen würde.
 

Als sie wieder alleine in der Halle waren, sog Marianne scharf die Luft ein und drehte sich mit schuldigem Gesichtsausdruck zu Axel um.

Das war wohl nach hinten losgegangen - sie hätte nachdenken müssen.

Seinen Job in dieser Situation zu erwähnen, war nicht gerade gut für die ersten Eindrücke der anderen.

Allein diese Putzfrau hatte eine nicht gerade prickelnde Vorstellung von Axel bekommen - welche in Wirklichkeit nicht zutraf. Der Blick sprach Bände und wenn sie an eine Tratschtante geraten waren, wäre es umso schlimmer. Das wollte sie Axels Ruf und vor allem Roxas nicht antun.

Sie blickte auf.
 

"... ähm, magst du mitkommen... Axel?", fragte Marianne leise und reichte dem Durchgefrorenem abermals ihre zierliche Hand. Dieser schaute zu ihr herunter. Sie hatte ihn beim Namen genannt. Mit ihrer wunderbaren Stimme...

Zögernd blickte er Marianne in die Augen. Sie waren hellblau und strahlend, obwohl sich nun ein besorgter Glanz auf sie legte. Und das wegen ihm, dem Idioten... na wunderbar.

Noch ein Grund, sich heute selbst zu hassen.
 

Letzten Endes nahm er ihre Hand.

Sie war so warm im Vergleich zu seiner.
 

"...okay...", setzte er leise hinzu - seine Stimme war noch nicht wieder zurückgekehrt.
 


 


 

Sichtlich angespannt wartete eine junge Frau am Rande einer Seitenstraße.

In regelmäßigen Abständen schaute sie auf ihre Armbanduhr und biß sich des öfteren auf die Unterlippe.

Sie schien auf jemanden oder etwas zu warten.

Jedes Mal, wenn jemand an ihr vorbei ging und womöglich noch einen Blick auf sie warf, schaute sie schnaubend weg. Ihr Äußeres paßte nicht in diese noble Gegend, in welcher viele Wohlhabende lebten und das war der Grund dieser Blicke. Sie wäre auch niemals hierhergekommen, wenn sie nicht etwas Wichtiges zu erledigen hätte. Sie hasste alles in diesem Viertel. Ihre Welt war jenseits dieser pompösen Häuser, genau zwischen Arm und Reich.

Schließlich konnte sie aufatmen. Mit schnellen Schritten, und sich immer wieder umsehend, kam ein schwarz gekleideter Mann auf sie zu - es war Tai. Sie hob mit einer abrupten Bewegung eine Hand, schaute ihn beinahe trotzig an.
 

"Man! Weißt du, wieviele Minuten ich hier schon stehe, du Armleuchter?!", zischte sie aufgebracht, als er nah genug herangetreten war. Ihre Augen funkelten bedrohlich.
 

"Halt den Rand Nicole!", entgegnete Tai kühl und hielt somit ihrem giftigem Blick stand.

Sie konnte froh sein, das er mit ihr noch Geschäfte betrieb nach allem, was sie schon verzapft hatte. Er hätte sich sicher auch anderer Hilfe bedienen können; leider war diese sture, kleine Furie seine einzigste Chance, herauszufinden wer der Kerl auf Cassandras Fotos war. Wenn es um pikante Informationen zu Personen, bestimmten Personen ging, dann war man bei Nicole an der richtigen Adresse.
 

"Warum konntest du dir keinen anderen Treffpunkt aussuchen, hä?

Mir geht diese Gegend mit ihren Geldscheißern' aufn' Sack!".

Nachdem sie ihre Meinung aufgebracht flüsternd kund gegeben hatte, kramte Nicole hektisch in ihrer Westentasche und holte eine Packung Zigaretten hervor. Tai reichte ihr mit reserviertem Blick sein Feuerzeug, als sie ihres fluchend wieder weg gesteckt hatte. Ein Danke hielt sie nicht für nötig, lieber schenkte sie ihm einen erwartenden Blick.

Sogleich öffnete Tai seine Jacke und zog aus der Innentasche einen Umschlag.
 

"Ich kann im Moment nicht lange fortbleiben. Das würde zu sehr auffallen.

Deshalb wollte ich das wir uns möglichst nahe des Anwesens treffen."
 

Tais Gesprächspartnerin zog nur skeptisch eine Braue hoch, spie danach auf den Boden zu Tais Füßen, was dieser mißbilligend registrierte. Woher hatte diese Frau ihre Manieren?

Ein Wunder, das er sich überhaupt mit ihr abgab; auch wenn es nur Mittel zum Zweck war.

Als Nicole nach dem Umschlag greifen wollte, zog er ihn mit ernstem Blick aus ihrer Reichweite.
 

"Diese Fotos MÜSSEN unbeschadet wieder zu mir zurück! Ist dir das klar, Nico-"
 

"Ja ja, schon gut. Ich pass' schon auf.

Die Dinger sind für mich ja auch was wert. Wieviel wolltest du mir noch geben? 300 Mäuse?", fragte sie beiläufig, während sie Tai den Umschlag doch abnahm und ihn mit Bedacht öffnete. Nicole ließ ihren Blick über das Gesicht schweifen, nickte und verzog leicht ihre Miene. Der Kerl auf den Bildern gefiel ihr. Er hatte ein hübsches Gesicht.
 

"Sagen wir 400 wenn es schnell geht. Spätestens nächsten Monat muß ich wissen, wer das auf den Fotos ist, kapiert?".

Der Sicherheitsmann gab seiner Stimme einen drohenden Ton, um den Worten Nachdruck zu verleihen. Es war wirklich äußerst wichtig, damit er mit seinem Plan in die Hufe kam...

Seine Bekannte stieß einen Pfiff aus und verstaute die Fotos.
 

"Hmm... dann muß dir der Kerl ja wirklich wichtig sein, wenn du für ein paar rasche Infos noch was drauflegst!", bemerkte sie grinsend. Ihre Worte klangen gedämpft, da sie mit der Zigarette im Mund sprach.

Die Frau nahm einen letzten Zug, ließ den Glimmstängel auf den Boden fallen und trat ihn aus.

Dann schaute sie Tai genau in die kleinen Augen. Nicole wußte genau, wie verschlagen und heimtückisch sie blicken konnten.
 

"Ich werde sehen was sich machen läßt Alter. Kommt halt drauf an, ne?".

Ihr Auftraggeber konnte daraufhin nur die Augen verdrehen.

Hoffentlich hatte er hiermit keinen Fehler begannen...
 


 


 

Die Uhr schlug gerade halb drei, als Marianne eine weitere Tasse heißen Tee aufgoss.

Sie hatte die Heizung aufgedreht und Axel eine Decke zum umlegen gebracht.

Er hatte sich auch rasch darin eingewickelt.

Man sah ihm jedoch an, das es ihm recht unangenehm war, hier zu sitzen. Egal, wie durchgefrohren sein Körper auch war.

Es war ruhig in dem großem Raum.

Nur wenn der Heizkörper ab und an zischende, teils gluckernde Geräusche von sich gab, wurde die Stille durchbrochen.

Selbst das Ticken der Uhr konnte man fast zu deutlich hören. Beiden kam es vor wie ein Countdown.

Kurz aufblickend stellte sie Axel seine dampfende Tasse vor sie Nase. Vielleicht ging es ihm danach besser.
 

Er hätte derweil schon wieder seufzen können.

Jetzt saß er doch tatsächlich mit dem Mädchen seiner Träume in einem überdimensionalem Zimmer und wärmte seine Glieder.

Zu Anfang hatte Axel alles negativ daran gesehen, das Marianne ihn aufgegabelt hatte; zumal es ihn tief in seinem Innerem verletzte, das gerade sie ihn so sah - doch nun mußte er zugeben, das an dieser Sache doch etwas gutes zu finden war.

Er war allein mit der hübschen Engländerin.

Und er konnte wieder einigermaßen klar denken; langsam spürte er sogar seine Hände wieder.
 

Ohne wirklich zu mosern hatte sich Axel in das Wohnzimmer schleifen lassen und er war sogar bereit gewesen andere Klamotten anzuziehen, die Marianne ihm besorgt hatte; schließlich gab es genug Männer in diesem Haushalt.

Doch das, was sie nun machte konnte er patout nicht durchgehen, geschweige denn einfach so auf sich sitzen lassen.

War sie Nonne, oder wie?
 

"...du magst mir wirklich nicht sagen warum du dort gesessen hast, oder?", fragte Marianne ein weiteres Mal.

Ihre Stimme war ruhig und jedes Wort mit Vorsicht ausgesprochen.

Sie ließ sich gegenüber von Axel nieder und versuchte in seinem Gesicht irgend etwas zu lesen, das ihr eine Antwort geben könnte. Er sah überhaupt nicht gut aus. Vollkommen blaß und richtig krank.

Axel hatte nicht geantwortet, ihr lediglich einen Blick geschenkt welcher eindeutig aussagte, das sie nicht weiter zu bohren hatte. Und doch bewegte sie etwas dazu, weiterzufragen. Sie wollte verstehen, warum jemand wie Axel dort saß, stundenlang in der Kälte. Wahrscheinlich hatte er familiäre Probleme? Oder ihm war etwas zugestoßen, wobei er sich die Wunde an der Stirn zugezogen hatte...?

Natürlich wußte sie, das sie nicht das Recht zu solchen Fragen hatte... aber...
 

Marianne umklammerte fest ihre Tasse, fuhr mit dem Daumen über den Henkel.

In ihrem Kopf arbeitete es auf Hochtouren.

Schon seit gestern Abend. So viel merkwürdiges hatte sie in letzter Zeit beobachtet und gehört.

So vieles, was nicht nur mit Axel zusammenhing. Auch Tais Verhalten ging ihr nicht mehr aus dem Kopf und laut ihrer Intuition würde alles auf etwas sehr, sehr unheilvolles zusteuern.

Etwas ging in diesem Haus vor.
 

Und nun war Axel in solch einer Situation. Es konnte nichts gutes verheißen.

Marianne war nicht abergläubisch, aber sie traute ihrem Gefühl.

Sie wurde unruhig und manchmal wußte sie genau, das etwas geschehen war.

Wie damals bei ihrer Mutter oder ihrem Vater.

Noch jeweils am selbem Tag hatte sie von all dem Leid erfahren...

Schließlich stellte sie ihren Tee auf den Tisch, seufzte leise und blickte zu Axel.

Ihre Bemühungen hatten keinen Zweck.
 

"... ich hätte nicht fragen sollen. Excuse me."
 

Marianne sah ihn aufrichtig an. Sie gab es auf.

Es war töricht gewesen, zu glauben, sie könne Axel verstehen und ihm helfen.

Der Bodyguard war nicht Roxas. Er würde nicht einfach reden, wenn man beharrlich nach seinen Problemen fragte.

Nein, nicht dieser Mann.
 

Axel war ganz anders. Er war aufrichtig, hatte Selbstvertrauen und lief mit erhobenem Haupt durch diese Welt, welche von Jahr zu Jahr rauher wurde.

Sie hatte sofort gesehen das Axel eine kriegerische Natur hatte, ganz anders als Roxas, welcher seinen Charakter bis jetzt kaum entwickeln konnte.

Und doch hatte sie es versucht.

Nun ja, es war einen Versuch wert gewesen...
 

"Lass' gut sein..."
 

Axel fuhr sich über das Gesicht, eine kaum merkliche Röte zierte seine Wangen bereits wieder.

Seine Stimme war kratzig und sehr leise, demnach war es kein Kunststück zu wissen, das sein Hals schmerzen mußte.

Hundemüde war er auch noch immer, aber schlafen wollte er nicht - jedenfalls nicht hier. Aber ob er es fertig brachte, nicht vor Mariannes Nase wegzusegeln, bezweifelte er sehr stark.

Es war jetzt schon ein Kampf, die Augen offen zu halten.
 

Momente lang war es erneut still zwischen den beiden.

Axel senkte den müden Blick und zog die Decke etwas mehr um sich.

Es war ihm wirklich unangenehm hier zu sitzen und zu wissen, das Tai auch in diesem Haus war.

Zwar hatte er sich hier noch nicht blicken lassen, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Speichellecker spitz bekam, das Axel hier war. Und auch noch außerhalb seiner Arbeitszeiten - man konnte ja nie wissen, wie Tai diese Tatsache aufnahm. Was nicht hieß, das er - als Biker - Angst vor Tai hatte.

Mitnichten. So weit kam es noch!

Axel sollte lediglich erst am Wochenende, also übermorgen, anfangen.

Jedoch stand das wohl nun auch in den Sternen... es wäre ein Wunder, wenn er nicht krank wurde.
 

Die Aupair nickte nun schlicht und wollte es damit auch abtuen, aber das konnte sie nicht.

Sie konnte einfach nicht. Axel hatte bereits nach so kurzer Zeit so viel in ihr bewegt, er stiftete Verwirrung in ihr und langsam schien sie auch zu wissen, woran das liegen könnte.

Doch vor allem wollte sie ihm nun helfen.

Einfach nur helfen.
 

"...f...falls du...vielleicht doch reden möchtest...", Marianne strich sich nervös eine Strähne aus dem Gesicht und schaute zu der Person ihr gegenüber um sich zu vergewissern, das sie auch noch in der Lage war zuzuhören, "... b...bin ich gerne für dich da und höre dir zu".
 

Vor Schreck legte sie eine Hand auf den Mund.

Gott, sie wäre am liebsten im Boden versunken für diese Worte!

Marianne war sich gar nicht so schnell bewußt geworden, was sie da einfach so gesagt hatte.

Die Lippen hatten sich wie von selbst bewegt.

Ihr Herz schlug schneller denn je und ihr wurde heiß.

Mehr noch als vorher, seit sie Axel kannte.

Inbrünstig hoffte die ehemalige Aupair, das sie mit ihrem Gerede nichts noch schlimmer gemacht hatte, denn sie sollte ja nicht weiter auf Axels Problemen herumreiten...
 

Etwas brachte den Motorradfahrer dazu, den Blick von dem Teppich zu nehmen und aufzuschauen. Es waren die Worte, die soeben zu seinen Ohren gedrungen waren. Ein paar Mal durchforsteten diese Laute seinen Kopf, ehe er wußte, was Marianne meinte. Axel hatte nicht wirklich auf die Bedeutung geachtet sondern auf den Klang ihrer Stimme, die selbst so schön und klar war, wenn sie stotterte. Doch das machte sie ihm sympathischer.
 

"Sie lässt wirklich nicht locker...", dachte er im Stillen und als er sah, das Marianne ihre Worte anscheinend schon wieder bereute weil sie aufdringlich wirkten, hätte er glatt mit den Augen rollen können.

Dennoch schien es Axel nicht wirklich zu stören, gerade weil sie ihre Hilfe und ihr offenes Ohr anbot.

So nickte er ohne ein Wort.

Gewonnen.

Marianne stutzte kurz, war überrascht, doch dann schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln -

Axel hatte plötzlich das Gefühl, von einem Hochhaus Bungee zu springen, so sehr kribbelte es ihn im ganzem Körper. Es war ein anderes Kribbeln als das, welches er wegen der schwindenden Kälte verspürte... es war berauschend und zog seine Lebensgeister aus ihrem Tiefschlaf. Jedenfalls hatte er den Eindruck.

Bei so einem Lächeln wurde doch jeder Mann aus der Reserve gelockt!
 

Die junge Engländerin schien ja wirklich an ihm interessiert zu sein; oder besser gesagt an seinem seelischem Wohl.

Das war doch schon mal was, oder? Er war auf jeden Fall an ihr interessiert.
 

Es klopfte an dem Türrahmen.

Marianne fuhr erschrocken herum.

Weder sie noch Axel hatte mit bekommen, das die Wohnzimmertür aufgegangen war und jemand in der Tür stand.

Beide kamen sich nun wie Fliegen in einem Spinnennetz vor.

Und die Spinne trat nun mit argwöhnischem Blick näher.

Seine Stiefel gaben ein dumpfes Geräusch auf dem Teppich ab und als er stehenblieb, verengte Axel sogleich seine Augen.

Man konnte die Anspannung in der Luft schon förmlich auf der Haut spüren.

Das konnte noch heiter mit den beiden werden, wenn sie sich schon so giftig ansahen.

Und dabei war noch nicht einmal ein Wort gefallen, er hatte lediglich den Raum betreten.

Marianne massierte angestrengt ihre Schläfe.

Sie konnte auch einen leisen Seufzer nicht unterdrücken, ebensowenig, das sich ihre Nackenhaare aufstellten.

Das Tai auch immer zu den unpassendsten Zeiten auftauchen mußte!
 

"Sieh an, wer beehrt uns denn da so frühzeitig?", frohlockte Tai gespielt und grinste so breit, das es schon unheimlich war. Man sah dem Angesprochenem an, wie es ihm in der Faust kribbelte.

Axel hätte ihm dieses dreckige Grinsen so gerne ausgetrieben, doppelt und dreifach, solange, bis der Kerl ihm die Schuhe putzen und um Gnade winseln würde. Aber nein, er war leider Gottes an etwas gebunden was sich "Anstand" nannte.

Den Respekt hatte er schon bei ihrer ersten Begegnung gestrichen.
 

"Tai... also... das war meine Idee... wenn du jemandem irgend etwas an den Kopf werfen willst, dann mir!"

Marianne suchte nach Worten doch am meisten mußte sie sich darauf konzentrieren, die Fassung zu behalten und nicht pampig zu werden. Was hatte Tai nur gegen Axel?

Dieser sah sie nun kurz an, schenkte seinem Widersacher aber sofort seine Aufmerksamkeit.

Er war gespannt auf dessen Reaktion.
 

Tai ließ sich Zeit. Er reagierte gar nicht auf Mariannes Anspielung, sondern schenkte seine gesamte Aufmerksamkeit ihrem Gast. Der Sicherheitsmann blickte Axel ins Gesicht, so als wollte er durch ihn hindurchsehen um herauszufinden, was der Rotschopf dachte.

Zuerst war Axel der Meinung, Tai wollte ihn wieder zur Sau machen oder besser gesagt, eine spitze Bemerkung abgeben, nachdem er sein "Opfer" analysiert hatte; doch er konnte seltsamer Weise an dem Blick sehen, das es diesmal nicht Tais Absicht war.

Er betrachtete Axel ganz anders als sonst.

Forschend, ja schon fast interessiert.

Und vor allem konnte man sehen, das er angestrengt nachdachte.

Axel wollte gar nicht wissen, was diesmal in seinem Kopf vorging.

Schließlich blinzelte Tai kurz und blickte zu Marianne.
 

"...soso... na gut...", murmelte er und - die beiden wagten kaum zu glauben was sie sahen - wandte sich ab.

Tai verließ einfach das Zimmer. Ohne irgend ein Wort.

Nichts.

Die Tür schloß sich hinter ihm und die beiden waren wieder alleine mit ihrer Tasse Tee und dem Gefühl, das etwas ganz und gar nicht stimmen konnte. Marianne wurde regelrecht schlecht.

Eine peinliche Stille legte sich über den Raum.

Axel verzog mehr als perplex das Gesicht.

Was sollte das denn?!
 

Im Flur angekommen, mußte sich Tai erst einmal grübelnd gegen die nächste Wand lehnen.

Warum war ihm diese Möglichkeit nicht schon früher in den Sinn gekommen...?

Seit wann war er denn so blind...?

Leise über sich selbst lachend, stieß sich Tai wieder von der Wand ab und ging leise seines Weges.

Das alles nahm wirklich konfuse Züge an...

Er mußte darauf Acht geben, die Fäden in der Hand zu behalten.

Nun schienen wirklich alle Figuren das Schachbrett betreten zu haben.

Tai brauchte nur noch anfangen zu spielen...
 


 


 

Ganz und gar angespannt ging Xemnas im Wohnzimmer auf und ab. Alle paar Minuten schaute er auf die Uhr, wandte sich wieder ab, setzte sich hin und stand dann doch wieder auf. Er wurde noch verrückt.

Warum meldete sich Axel nicht bei ihm?

Wieso wußte keiner, wo er abgeblieben war? Er war doch schon mal wieder hier gewesen, aber wo war er nun die ganze Nacht geblieben? Xemnas hatte sogar schon im Thirsty Devil angerufen, aber auch dort hatte man ihn seit ihrem gemeinsamen letzten Besuch nicht mehr gesehen.

Nicht nur der Superior war äußerst nervös. Auch Marluxia, welcher bei ihm geblieben war.

Ihn machte es nicht wirklich zu schaffen das Axel nicht da war, schließlich war der Junge erwachsen, aber es machte ihn kirre, zu sehen wie Xemnas einen Graben in den Boden lief und sich dermaßen verrückt machte.

Schließlich schüttelte Marluxia resigniert den Kopf und massierte sich den Nasenrücken.

So ging es nun schon über Stunden.
 

"Xem, jetz' bleib doch endlich mal stehen und setz' dich hin! Das hält doch keiner aus wie du hier auf und ab-"
 

"ICH KANN MICH ABER JETZT NICHT EINFACH HINSETZEN UND DÄUMCHEN DREHN'!"
 

Abrupt war er stehengeblieben und hatte Marluxia angeschrien.

Er hatte überhaupt nichts mehr unter Kontrolle und so konnte Xemnas auch seinen Tonfall nicht mehr zügeln -

die Nerven lagen mehr als blank.

Dennoch gab er es auf. Erledigt ließ sich der Superior auf den Sessel fallen, vergrub sein Gesicht in den zitternden Händen.

Wieso war alles nur so gekommen? Warum hatte er nicht schon viel früher mit der Sprache herausgerückt? Dann wäre es nicht zu diesem Chaos gekommen und seinem Ziehsohn wäre nichts passiert...
 

Marluxia sah Xemnas an während er gründlich über seine Vermutung nachdachte.

Er hatte jede Möglichkeit die ihm einfiel durchgedacht und abgeschätzt, wie sie mit dem Unfall in Verbindung stehen könnten. Und doch war er nur zu zwei logischen Möglichkeiten gekommen:

Erstens, es war wirklich ein normaler Unfall gewesen und keinen aus der Familie traf die Schuld daran, oder zweitens:

Es hatte wirklich etwas mit dem Testament von Zerina zu tun und das Geld, egal wie hoch die Summe auch war, spielte eine entscheidende Rolle. Der Sensing Nobody tippte jedoch eher auf letzteres.

Denn Ansem war schließlich auch noch da; und wer wußte, ob der Kerl nicht seine Finger im Spiel gehabt hatte? Diese Vorstellung letztens hatte er sicher nicht nur veranstaltet um alle über dieses Geheimnis aufzuklären und zwischen Axel und seinem Bruder Streit zu säen. Sicher war dort noch mehr hinter gewesen.

Dessen war sich Marluxia sicher.

Nach einer langen, stillen Pause für beide, setzte er schließlich zu einer relevanten Frage an.

Er war sich absolut bewußt, das es vielleicht nicht der beste Zeitpunkt war, aber dennoch fragte er.
 

"Xemnas. Ich will jetzt mal Klartext von dir hören: Hast du vielleicht schon mal daran gedacht... das jemand hinter Zerinas Geld her sein könnte? Hast du es mal irgendwie in Erwägung gezogen, das das Erbe eine Rolle spielen könnte?"
 

Angesprochener war leicht zusammen gezuckt.

Xemnas hob sachte den Kopf und sah Marluxia mit aufgerissenen Augen an.

Er schien zu wissen, worauf Marluxia hinaus wollte, und doch war er sich nicht sicher.
 

"Was... meinst du damit? Denkst du etwa... ich...!", erwiderte er der Superior entrüstet, in seinen Augen blitzte der Zorn auf. Er wäre doch niemals auch nur auf die Idee gekommen...!
 

"Hey, stop! Du weißt genau, das ich dir nicht einmal ansatzweise die Schuld an dem Unfall gebe. Du hast nicht gepfuscht bei der Reparatur, das ist klar. Ebenso wie klar ist, das du niemals ein Verbrechen begannen hättest, nur um an Kohle zu kommen. Dafür kenne ich dich zu lange."

Marluxia beuge sich vor, stützte einen Arm auf dem Tisch auf.

Er sah Xemnas genau in die Augen, sein Blick war sehr ernst. Er würde nun keinen Rückzieher mehr dulden.

Entweder, sein Chef sagte nun was er wußte, oder es würde nie klar werden warum Ansem diese Geschichte wieder aufgerüttelt hatte.

Und nicht eher würde er hier weggehen.
 

"Also. Dann schieß' mal los. Was ist mit dem Testament?"
 

"...nichts."
 

Marluxia schaute ihn giftig an, drohte ihm stumm.

Er beugte sich noch mehr vor, klopfte mit seinem Zeigefinger auf die Tischplatte.
 

"Wenn du jetzt nicht augenblicklich mit der Sprache rausrückst, dann haben wir beide ein Problem!

Du weißt, wie ich bin. Ich krieg' dich zum reden.

Kein Problem. Brech' ich dir ein zwei Rippen wenn's denn nicht anders geht und du nicht den Mund aufmachst.

Ist mir dann auch scheiß egal ob wir uns nun zehn oder zwanzig Jahre kennen.

Selbst wenn du mich dafür rausschmeißt. Egal.

Dann bin ich halt' draußen.

Hauptsache, du sagst endlich wie der Hase läuft, klar?"
 

Marluxias Stimme war mehr als deutlich und gereizt.

Xemnas wußte, das es sein voller Ernst war.

Sein Kamerad hatte seine Methoden und er scheute sich nicht, sie anzuwenden. Wenn es darauf ankam war es Marluxia Schnurz, wer vor ihm stand.

Er schluckte hart, seufzte tief und schaute zu Boden.

Erst, als Marluxia ihm mit gewissem Unterton bat, ihn verdammt nochmal anzusehen wenn er mit ihm sprach, schaute Xemnas wieder auf und begann zu erzählen.
 

"... ich habe das Testament, aber das Geld nicht. Ich weiß auch, was darin steht... und wer es bekommen würde."

Er lächelte bitter. Zerinas Worte von damals fielen ihm wieder ein. Wie sicher sie diese doch aussprach...
 

"... ihr Ehemann würde das Geld bekommen."
 

Sein Gegenüber zog die Augenbrauen zusammen.

Das war ja was...

Zerina hätte dann wirklich vertrauen in denjenigen gehabt, da dieser Umstand sicherlich den ein oder anderen gierig gemacht und sie damit in Gefahr gebracht hätte. Und nur jemand der sie wirklich liebte, hätte das Geld dann auch verdient.

Es war schon hammerhart, wenn nicht ihre Familie das Erbe bekommen sollte; aber an ihrer Entscheidung konnte man nun auch nichts mehr ändern.

Moment.

Wollten sie und Xemnas nicht heiraten...?

Hatten die beiden nicht so etwas in der Art mal erwähnt?
 

"...du sagtest, du hast das Geld nicht. Ihr wolltet aber schon heiraten, oder? War da nicht was?"
 

Xemnas nickte nach einer Weile.

Er erinnerte sich noch genau daran. Zerina meinte, das sie nur heiraten würde wenn sie genau wüßte, das sie den Richtigen und nicht irgendeinen daher gelaufenen, guten Schauspieler ergattert hätte.

Diese Frau war schon sehr vorsichtig mit der Liebe gewesen. Und dann hatte sie irgendwann Xemnas gefragt, ob er es sich vorstellen könnte.

Er hatte mit Ja geantwortet und ihr die Ehe versprochen.

Und wenig später gab es den Unfall.

Noch bevor die beiden überhaupt ihre Hochzeit geplant hatten.

Selbst Axel hatten sie noch nichts gesagt.

Es sollte eine Überraschung werden. Zerina hatte es sich so schön ausgemalt. Selbst Axels Gesicht hatte sie sich bildlich vorgestellt und dabei leise gekichert.
 

"Wie du weißt, haben wir nie geheiratet. Demnach habe ich das Geld auch nicht. Niemand hat es bekommen", fuhr Xemnas fort, schaute derweil aus dem Fenster. Jetzt, wo Marluxia ihn darauf angesprochen hatte, fragte er sich wirklich, ob diese ganze Sache vor zwei Jahren mit dem Geld zusammenhing.

Es könnte tatsächlich sein... doch er hoffte, das dem nicht so war. Ein Mensch durfte nicht wegen der Geldgier eines andren sterben.

Und wenn Zerina wirklich zwischen die Fronten geraten war, so würde er es demjenigen nie verzeihen das er sie dorthin getrieben hatte. Er könnte für nichts garantieren.
 

"Und wo befindet sich das Geld nun?"

Marluxia lehnte sich nun wieder zurück, schaute ebenfalls aus dem Fenster.

Die Wolken und der Regen hatten sich noch nicht verzogen.

Es war alles nach wie vor grau in grau.

Sehr langsam bewegten sich seine goldenen Augen auf seinen Gesprächspartner und kehrten dem Wetter und Treiben draußen den Rücken. Wieso passte es immer perfekt zu den Geschehnissen...?

Ein letztes Mal holte Xemnas tief Luft.
 

"Sicher in einem Schließfach der Bank..."
 


 


 


 

Roxas schloß erleichtert seufzend hinter sich die Haustür.

Wie froh er doch heute war, zu Hause zu sein - das kam so gut wie nie vor. Er war schon mit schlechter Laune aufgestanden und als er der Meinung war, das es nicht noch schlimmer werden konnte... was wurde es da? Schlimmer.

Diesen Schultag würde er wohl niemals vergessen...

Roxas hätte es nie für möglich gehalten, das sich Lehrer so weit in sein Leben einmischten.

Achtlos stellte er seine Schultasche neben den Ständer mit den Regenschirmen, schälte sich aus seiner Jacke und den Schuhen, tappte zur Küche.
 

"Marianne? Wo bist du...?", rief er mit hörbar niedergeschlagenen Stimme, während er sich ein Glas Limonade einschenkte und es in einem Zug zu leeren begann.

Als keine Antwort kam, zuckte Roxas nur mit den Schultern.

Dann wird er sie auch noch suchen müssen.

War ja klar.

Er stellte das Glas wieder ab, fuhr sich kurz durch das Haar und machte sich auf den Weg, sein Kindermädchen ausfindig zu machen.

Er mußte ihr unbedingt etwas erzählen!

Vielleicht wußte sie Rat. Roxas könnte sich mit diesem Problem an niemand anderen wenden.

Schnellen Schrittes machte er sich auf zu ihrem Zimmer, dort, wo sie um diese Zeit meistens war.

Alles, was er jedoch fand, war ein leerer Raum.

Wunderbar.

Roxas hatte wirklich keine Lust mehr.

Solche Kleinigkeiten ließen ihn sich an Tagen wie dem hier wünschen, einfach tot umzufallen. Dann wäre alles vorbei und er hätte es vielleicht besser...
 

"Hrm..."

Roxas schloß die Tür wieder, ignorierte diesmal die Angestellte die ihm über den Weg lief und kam nun erst auf die Idee, das Marianne vielleicht auch in dem Wohnzimmer sein könnte. Hastig rannte er wieder herunter, riß wenige Augenblicke später die Tür zum Wohnzimmer auf, als er ihre Stimme aus dem Raum vernahm.
 

"Marianne! Du wirst nicht gla-"
 

Abrupt brach Roxas ab.

Wie im Zeitraffer sackte seine Hand vom Türgriff und ließ ihn zurückschnappen.

Plötzlich stockte ihm der Atem und Roxas war, als wenn ihm ein Kloß im Hals steckte.

Er starrte einfach nur gerade aus auf die Person, die dort auf dem Sofa saß und ihn mit kleinen Augen ansah.

Der Junge fühlte sich vollkommen vor den Kopf gestoßen. Ihm blieb sogar der Mund offen stehen.

Was machte Axel denn hier?!
 

Dieser Anblick war wirklich zu komisch - Roxas sah ihn an wie ein Auto ohne Licht.

Richtig perplex und so, als wenn er gerade an seinem Verstand zweifelte.

Ohne es zu wollen hatte Roxas Axel damit ein freches Grinsen entlockt.

Da war wohl jemand geschockt!
 

"Tag' Kurzer."
 

Sofort schloß Roxas seinen Mund wieder, starrte Axel aber immer noch an.

Seine Nackenhaare stellten sich auf und ihm wurde abermals komisch.

Ihn befiel wieder dieses Herzrasen, heiße und kalte Schauer wechselten sich ab.

War es denn schon... soweit...?

Durfte er...

Wieso sollte Axel denn sonst da sein...? Früher als vereinbart?

Roxas' Stimmung machte einen Sprung von Null auf Hundert.

Er freute sich innerlich total, das Axel da war, warum auch immer. Er freute sich einfach ihn wiederzusehen.

Schon die ganze Zeit in der er Axel nicht gesehen hatte, verspürte er Vorfreude auf das Wiedersehen; sie war eigentlich immer da gewesen, ganz egal wie verwirrt Roxas wegen diesem Mann auch war.

Erklären konnte der junge Hausherr diese Hochstimmung in seinem Innerem aber nicht wirklich.

Konnte man sich über jemanden so freuen, den man kaum kannte? Oder war diese Freude anders zu begründen?
 

Nein.

Am liebsten wäre er ja freudestrahlend auf Axel zugerannt, wäre ihm sogar um den Hals gefallen.

Ja, Roxas war sich sicher, das das geschehen würde - wenn er sich denn hätte rühren können.

In ihm rief zwar alles lauthals "Axel ist da", aber Roxas konnte in diesen Augenblicken nicht einen Fuß vor den anderen setzen. Nicht einmal seine Freude konnte er in seiner Mimik zeigen.
 

"Eh... ähm... was..."

Mehr bekam Roxas nicht heraus. Kein einfaches "Hallo".

Warum lief gerade jetzt alles schief?
 

Axel fuhr sich durch die Haare.

Eigentlich hatte er keine Lust, nochmals zu erklären, wie er den Weg hierher in die gute Stube gefunden hatte.

Seufzend beugte der Bodyguard sich vor.

Wirklich kurz angebunden spann er sich eine Geschichte zurecht, die Stimmen konnte, aber auch nicht zu viel preisgab.

Marianne sagte nichts dazu. Sie konnte sich denken, das Axel um den heißen Brei redete; vielmehr war ihr Interesse auf den kleinen Blonden gerichtet.

Roxas starrte Axel an, als wenn dieser zwei Köpfe hätte.

Sein Blick war erst so perplex und abwesend; neben Roxas hätte jemand tot umfallen oder sich winden können, er hätte es mit Sicherheit nicht bemerkt. Doch nun wechselte er von absolut perplex auf besorgt.

Und so besorgt hatte Marianne den Kleinen - wenn sie ehrlich war - noch nicht gesehen.

Damals vielleicht, aber... so...
 

Axel hatte fast mit seiner Geschichte geendet, als Roxas ihm schon halb ins Wort fiel.
 

"D... du hast so lange im Regen gesessen? Da wirst du doch krank... Axel..."

Die Stimme Roxas' war sehr leise zum Schluß geworden. Offenbar wollte er Axel weder ins Wort fallen, noch kund geben, das er sich sorgte. Selbst seine Stimme hatte ihn nun leicht verraten.

Roxas' Augen waren noch immer auf seinen baldigen Bodyguard gerichtet.

Sowas konnte er doch nicht machen! Axel durfte jetzt nicht krank werden!

Nicht jetzt...
 

Jener legte nun leicht den Kopf schief.

War das wirklich aufrichtige Sorge in den Augen dieses kleinen, verwöhnten Bengels?

Ein wenig zog er nun die linke Braue hoch, sah kurz verwundert drein; doch es wechselte schnell in ein dünnes Lächeln. Worüber der sich doch den Kopf zerbrach...
 

"Mich kriegt man nicht so schnell klein, Kurzer. Aber trotzdem Danke für deine Besorgnis.

Und deine natürlich auch.", setzte er noch hinterher, drehte sich zu Marianne.

Okay. Klein bekam man ihn wirklich nicht leicht; aber das er sich gut fühlte, konnte er nicht behaupten.

Kopfschmerzen hatten nun die Kälte abgelöst.

Axel kämpfte wirklich damit, sich nichts anmerken zu lassen, obgleich er wußte das er diesen Kampf schon vor Stunden verloren hatte - er schlief wirklich schon fast. Es war nur eine Frage von Minuten, bis er wegsegeln würde.

Er konnte doch nicht so lange hierbleiben. Das ging nicht! Nicht so!
 

"Ich sollte nach Hause...", nuschelte er eher zu sich, als zu den beiden anderen in diesem Raum. Und er schien nicht mal mit bekommen zu haben, das beide seine Worte wohl vernommen hatten. Denn Marianne und - zu ihrer Verwunderung - besonders Roxas sah ihn nun empört an.
 

"Das kommt gar nicht in Frage. Nicht in dem Zustand...!", hielt Marianne gegen und stand langsam auf.

Axel konnte das wirklich nicht ernst gemeint haben. Er würde doch auf halbem Weg an der nächsten Wand lehnen und schlafen. Und vor allem war er dabei, mordsmäßig krank zu werden; mit Fieber rechnete die junge Frau alle Mal.

Sie konnte nie und nimmer verantworten, Axel so gehen zu lassen, zumal ihr Gewissen verrückt spielen würde. Allerhöchstens in Begleitung würde sie Axel gehen lassen.

Aber erst später.

So sah sie ihn nun auch an, schüttelte leicht den Kopf.

Axel blickte sie nun fragend an. Er schien wirklich kaum noch etwas mit zu bekommen.
 

"Du wirst noch hier bleiben und wenigstens versuchen, ein wenig schlafen.

Danach können wir dich immer noch nach Hause bringen, okay?"
 

Das Kindermädchen war sich überhaupt nicht sicher, ob Tai da mitspielen würde (gerade, weil dieser sich so extrem seltsam verhielt), aber dennoch wollte sie das Axel hier blieb. Es war auf jeden Fall besser.

Der Betroffene hatte dazu rein gar nichts gesagt. Nicht einen Ton.

Er sah sie nur an.
 

Roxas hatte sich ebenso wenig zu Mariannes Idee geäußert; nur seine Stimmung und Mimik hatte sich wieder geändert.

In seinem Kopf schwirrte alles durcheinander, nicht zu letzt die Gedanken, das Axel einfach nicht krank werden durfte und das dieser gerade deswegen noch länger hier blieb. Es bedeutete, das er länger bei Axel sein könnte, das er es genießen könnte das noch jemand da war, der ihn verstand.

Selbst, wenn es demjenigen nicht gut ging.

Es war nicht gerade fair um nicht zu sagen egoistisch, aber Roxas gefiel dieser Gedanke bis zu einem gewissem Grad.

Und dafür schämte er sich sehr.

So sehr, das er sich zögernd abwandte, die Augen nach unten gewandt.

Was ritt ihn nur dazu, so zu denken?

Das würde dann doch fast bedeuten, das er sich freute wenn es Axel schlecht ging! Roxas überkam gerade ein regelrechter Brechreiz.

Mit einem Mal schmerzte dieses pochende Etwas, welches ihn Augenblicke zuvor noch mit Glück überhäuft hatte.

Der Junge mochte sich gar nicht ausmalen was passieren würde, wenn Axel auch nur ansatzweise wüßte, was in seinem Kopf vorging.
 

Diese ganze Lage um ihn herum und in seinem Innerem bereitete Roxas enorme Kopfschmerzen.

Er war so verwirrt und fühlte sich absolut verloren und allein gelassen. Fast jede Minute und jeden Gedanken drehte sich alles nur um einen Menschen, der für ihn bald so nah schien und dennoch so fern war.

Der Junge wußte es einfach.

Außerdem könnte er niemals den Mut aufbringen Marianne einfach zu sagen, was in ihm vorging oder es zumindest zu umschreiben. Das Letzte Mal war nur ein hin und her gewesen...
 

Erst, als Roxas an der Tür angekommen war, bemerkten die beiden Erwachsenen, das er sich abgewandt hatte.

Man sah dem Jungen oft sein Leid an.

Es war wie eine Maske, die er immer dann aufsetzte, wenn sein Leben schier unerträglich war.

Demnach hatte er sie ständig aufgesetzt, nahm sie so gut wie nie ab.

So auch letzte Nacht als sein Kissen von diesem Leid, der Verwirrung und dem Eindruck, von seinen Gefühlen total unterdrückt zu werden, ganz feucht geworden war.

Es machte ihm so zu schaffen, nicht zu wissen was in ihm vorging, das er befürchtete zu zerbrechen.

Dabei war er doch so viele Jahre unwissend gewesen...
 

"Roxas? Wo willst du denn plötzlich hin?"

Sein Kindermädchen hatte sich aus der Sitzecke gedrängt und war nun hinter ihn getreten.

Manchmal verfluchte Roxas ihren sechsten Sinn.
 

"Ich... schaue nach, ob das Bett im Gästezimmer bezogen ist..."

Diese Worte kamen sehr trocken über seine Lippen. Gleich nachdem er sie ausgesprochen hatte, zog Roxas auch schon die Tür auf und schlich auf den Flur. Seine Schritte waren schnell und fest.

Im Moment wollte er einfach nur weg. Weit weg, um die Scham und sein Gesicht nicht zeigen zu müssen. Wie feige und erbärmlich er sich dadurch auch noch vorkam...
 

Ein Seufzer begleitete die langsam verstummenden Schritte auf dem Flur.

Marianne schaute noch einmal kurz über ihre Schulter, bevor sie zur Tür ging. "Warte hier einen Moment!" meinte sie zu Axel, als sie verschwand. Marianne wollte Tai ausfindig machen, oder zumindest ihre Vorgesetzte.

Einer mußte ja Bescheid wissen.

Axel hatte ihr angestrengt nachgesehen.

Jetzt wo er allein war, wurde er nur noch müder. Nun gähnte er sogar zum ersten Mal; zuvor hatte er es erfolgreich unterdrücken können.

Seufzend fuhr er sich über das Gesicht; in seinen Lidern schien Blei zu hängen.

Er wollte doch nicht länger als nötig hier bleiben, verdammt nochmal...
 

Mit einem Mal schien alles ganz schnell zu gehen:

Das Ticken der Standuhr wurde immer leiser, die Polster des Sofas knisterten, als er sich wartend zurück lehnte... und ehe Axel noch einen Gedanken erhaschen konnte, war er auch schon eingeschlafen.

Wo er doch so lange durchgehalten hatte - irgendwann konnte der Körper einfach nicht mehr und verlangte nach Ruhe.
 


 

Auf dem Rückweg trafen sie sich wieder. Ihr Schützling zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.

Von Freude war keine Spur zu finden, wo Marianne noch hätte wetten können, das Roxas sich freute.

Sie hatte Tai ausfindig machen können; diesmal war er nicht so zurückhaltend.

Eine kurze Diskussion entstand, Marianne mußte alles auf ihre Kappe nehmen, aber es war ihr relativ egal.

Und das hatte sie Tai auch so ins Gesicht gesagt. Sie ließ sich von ihm doch nicht alles gefallen!

Marianne öffnete die Tür während sie mit Roxas redete, obwohl dieser nicht wirklich etwas von sich gab.

Als sie aufblickte, mußte sie ein paar mal genauer hinsehen.
 

"Sieh mal! Nun ist er doch tatsächlich auf dem Sofa eingeschlafen!", flüsterte sie und beugte sich leicht zu Roxas vor.

Der Angesprochene schaute nun erst richtig hin. Verwunderung fand sich in seinem Gesicht. So, wie Axel dort schlafend saß, den Kopf leicht zur Seite geknickt, erinnerte er Roxas an ein kleines, niedliches Kind.

Eines, das friedlich nach einem langem Tag schlief.

Er wußte wie absurd dieser Vergleich war aber dennoch mußte er ihn stellen.

So entspannt hatte er sich Axel nicht wirklich vorstellen können. Ausgelassen ja, völlig entspannt nicht.

Jeden, der Axel nun wecken wollte, hätte er rausgeworfen.

Roxas schluckte merklich, nickte dann zaghaft ohne Marianne anzusehen.

Er sah nicht wie sie sich lächelnd aufrichtete und Axel abermals ein zauberhaftes Lächeln schenkte, durch den Raum schlich und die Vorhänge sorgsam zuzog, damit das graue Licht, welches durch die dichte Wolkendecke fiel, ihn nicht wecken konnte.

Der junge Hausherr reagierte erst wieder auf sie, als sie ihm zuflüsterte Axel nun lieber in Ruhe zu lassen, bis er wieder aufwachen würde. Abermals nickte Roxas stumm und sie gingen, nachdem sich die Tür leise geschlossen hatte.

Dann war es lange still.
 


 


 

Sein Atem ging so flach das er schon leicht zitterte beim ausatmen.

Er traute sich einfach nicht, laut zu sein. Roxas schlich so lautlos wie möglich zu der großen Flügeltür. Fast eine Stunde war nun vorüber gegangen, seit er mit seiner ehemaligen Aupair das Wohnzimmer verlassen hatte um den Schlafenden in seiner verdienten Ruhe nicht zu stören.

Diese eine Stunde kam ihm so unendlich lang vor.

Zu wissen, das sein Bodyguard hier im selben Haus und er doch nicht bei ihm war, das konnte Roxas sich zum ersten Mal nicht richtig vorstellen. Normal hätte er jeden anderen Bodyguard ans Ende der Welt gewünscht. Aber Axel war nicht "jeder andere".

Axel war Axel. Jemand besonderes.
 

Es war schier unvermeidlich gewesen, das ihn seine Füße wieder hierher tragen würden.

Außerdem er wußte wieder nicht was ihn dazu trieb, nur das er es tun mußte.

Zittrig ausatmend stand Roxas nun wieder vor dem Wohnzimmer und starrte hinauf.

Vage erinnerte er sich daran, wie riesig sie ihm in jungen Jahren vorkam. Fast wie eine Tür zum Thronsaal.
 

"Nun mußt du auch hinein gehen, bevor jemand fragt!" hallte eine kleine Stimme durch den Dschungel aus verschiedenen Gedanken.

Langsam griff der Junge nach dem Türgriff, zögerte, nahm die Hand sogar wieder herunter ehe er sich einen Ruck gab um sie leise zu öffnen.

Leider quietschte das gute Stück ein wenig und er hätte beinahe wieder Kehrt gemacht.

Als Roxas schließlich im Raum stand, wäre ihm beinahe das Herz in die Hose gerutscht.

Was zum Teufel unternahm er hier eigentlich?!

Warum ging er hierher? Es gab hier doch nichts außer jemanden, der es verdient hatte nicht gestört zu werden!

Und schon gar nicht von ihm.
 

"Oh man..."

Roxas schüttelte den Kopf. Ein wenig betreten schaute er auf seine Beine, welche so sehr zitterten, als wenn der Boden aus Wackelpuddig gemacht wäre. Er hätte heulen können. Warum tat er das nur?

Warum gab er einer kleinen, fiktiven Stimme in seinem Kopf nach und war in dieses Zimmer gekommen?

Roxas raufte sich die Haare, stockte aber plötzlich, als Axel im Schlaf seufzte - für einen Moment hätte Roxas schwören können, das sein Herz stehen geblieben war. Wenn Axel nun wach geworden wäre, dann war sich dessen baldiger Schützling sicher, wäre er ohnmächtig geworden vor Schreck.

Doch es blieb ruhig. Nur das schwerere Atmen Axels konnte man gedämpft vernehmen. Der Biker schlief einfach weiter, eingemurmelt in einer blauen Wolldecke.
 

Eine ganze Weile sah er Axel noch an, ehe er langsam auf ihn zuging. Jeder Schritt war ein Kampf mit sich selbst und doch schaffte er es bis zum Sofa. Er stand nun neben dem Schlafenden, welcher den Kopf von Roxas gewandt hatte.

Dieser schluckte, krallte seine Hände in die Hose.

Wieder dauerte es sehr lange, bis Roxas die bebenden Lippen einen kleinen Spalt öffnete.
 

"...i...irgendwie...hoffe ich wirklich, das du das v...vielleicht hörst... andererseits auch nicht... also, ähm... du schläfst ja auch..."
 

Roxas sprach leise, aber dennoch mit deutlicher Stimme.

Jedes noch so kleine Wort war von Überwindung gezeichnet und es kostete ihn richtig Kraft, sie über die zitternden Lippen zu bringen. Er glaubte auch einfach nicht, das er hier mit einer tief und fest schlafenden Person sprach. Hinzu kam regelrechte Angst. Eine Angst, die er nicht beschreiben konnte.
 

"...ich wollte dir nur s... sagen... das ich dir dankbar bin... weil du mir jetzt schon so viel geholfen hast...", er schluckte einmal schwer, "...und mir meine Hoffnung wieder gegeben hast..."
 

Roxas verkrampfte seine Finger. Die Knochen traten bereits weiß hervor, seine Unterarme zitterten und er rang mit den Tränen. Niemals hätte er damit gerechnet, noch einmal auf irgend etwas zu hoffen.

Er hatte einfach aufgegeben, nach dem alles den Bach heruntergegangen war und man sein Vertrauen mit Füßen getreten hatte.

Wozu noch hoffen, wenn es nichts mehr gab?

Roxas hatte sich damit abgefunden eingesperrt zu bleiben, mit gebrochenen Flügeln dort in seinem goldenen Käfig zu sitzen und nie den Himmel auch nur sehen zu können.

Doch nun war plötzlich nach Jahren wieder dieses beflügelnde Gefühl da, das einem Kraft gab zu kämpfen.

Und so hatte sogar Roxas sich vorgenommen, wieder in den Kampf zu ziehen um vielleicht diesmal erfolgreich zu sein.

Mit der Hilfe eines Einzelnen.
 

"... und weißt du was...? Ich... ich hab dich wirklich sehr gern, Axel..."
 

Obwohl seine Stimme nun sehr brüchig war, gab er sich Mühe, das jedes Wort zu verstehen war. Es war ihm egal, ob er nun etwas lauter geworden war, wichtig war ihm nur, das er es gesagt hatte. Einen kleinen Teil von etwas viel größerem, welches er selbst noch nicht wahrhaben wollte. Doch er wußte, das es da war.
 


 

AN: Da bin ich wieder...

Es hat wahnsinnig lange gedauert, aber nun bin ich endlich fertig.

Und froh darüber, jaja...

Es wurde zwar viel um den heißen Brei geredet (besonders bei Marianne und Axel mal wieder), aber ich hatte das Gefühl, das es wichtig war für die Handlung. Mehrere Ideen sind mir während des Schreibens gekommen, welche ich sehr motivierend finde. Leider muß ich sagen, das es wieder länger dauern wird, bis es weitergeht.

Ich bitte um Verständnis v.v

Bis zum nächsten Kapitel.
 

MFG, Sinister-Sundown

When time's running

Als Axel wieder aufwachte, es war kurz vor sieben, war Roxas natürlich nicht mehr dort.

Nichts gab ein Anzeichen darauf, das jemand während dieser Ruhestunden in dem Zimmer gewesen war. Und doch glaubte Axel, sich vage an etwas zu erinnern. An eine Stimme, an Worte, die ihm seltsamer Weise Kopfschmerzen bereiteten.

Vielleicht hatte er auch nur geträumt; wach war er länger nicht gewesen, das wußte er.

Dennoch kam es ihm so deutlich vor.

So, als wenn er nicht geträumt hatte und im Halbschlaf gewesen war.

Wenn er geträumt hätte, könnte er sich dann so sicher sein, etwas gehört zu haben?

Oder spielte ihm sein Verstand wieder einen Streich...?
 

Benommen schüttelte der junge Mann seinen leicht pochenden Schädel, massierte sich kurz den Nasenrücken und machte sich schließlich die Mühe, einen Blick durch das Zimmer zu werfen. Es war still, so warm, das es schon stickig wurde und nur der Heizkörper und die alte Standuhr gaben Laute von sich.

Langsam kamen die Erinnerungen hoch und Axel war klar, das er doch eingeschlafen war.

Brummend stand er auf.
 

"Wunderbar... ganz klasse...", meinte er mit sarkastischem Unterton.

Sein erster Gedanke galt seinem Ziehvater. Dessen Gesicht verblaßte langsam vor seinem innerem Auge.
 

"... Xemnas wird durchdrehen wenn ich wieder angetanzt komme... soll mir egal sein...", murmelte der Biker, während lustlos die Couch wieder ordentlich gemacht wurde. ER mußte dann ein paar Takte mit seinem Altem reden und dieser hatte ihm dann gefälligst zuzuhören und den Schnabel zu halten!

Als Axel sich versichert hatte, das alles wieder in Ordnung war, nahm er sich die Freiheit den Heizkörper ein paar Nummern runter zu stellen, die Vorhänge aufzureißen - was er allerdings bereute, da das fahle Licht der Außenbeleuchtung ihm in den Augen brannte, das Pochen in seinem Schädel verschlimmerte - und eines der Fenster auf Kipp' zu stellen.

Dann wandte er sich um und schlurfte zur Tür.

Er zögerte keinen Augenblick sie zu öffnen.

Axel stöhnte so leise wie möglich. Wieder war es hell erleuchtet auf den Fluren und das Weiß an den Wänden verstärkte den Effekt nur noch. Hinzu kam ein langsam empor kriechendes Schwindelgefühl, welches er zwar versuchte zu ignorieren, dennoch tat er langsam gut daran, auf diese Signale zu hören.
 

"Himmel, Arsch und Wolkenbruch...!", ging es dem Bodyguard durch den Kopf, er schloß leise die Tür, sah sich kurz um und schlug kurz entschlossen und leicht taumelnd den Gang zu seiner Rechten ein. Irgend wer würde schon wissen wo Marianne, der Kleine oder auch, notfalls, dieser Arschkriecher Tai zu finden war.

Ein dringendes Telefonat stand ihm bevor.
 


 

Roxas tigerte ruhelos in seinem Zimmer auf und ab.

Er mahnte sich zwar immer wieder selbst, ruhig zu bleiben doch sein Herz machte weiterhin einem Presslufthammer Konkurrenz. Wenn das so weiterging, bekam er noch einen zu viel...
 

"...okay... wenn ich sage, "ich habe dich gern" - wie gern ist das dann...?"
 

Es kam dem Jungen dermaßen absurd und regelrecht gestört vor, das, was er hier tat.

Da fragte er sich, wie gern er Axel hatte - dabei war Roxas doch vor wenigen Stunden da und sagte es dem Biker.

Demnach müßte er doch wissen, wie der Hase lief.

Er stand schließlich in dem Zimmer und brachte diese Worte über die Lippen und doch führte er gerade einen Kleinkrieg mit seinen Gedanken, mit dem, was sich vor der nackten Wahrheit sträubte.
 

"Wie gern... wie gern... sehr gern...? Oh man..."

Erledigt und mit einem Kopf, der mit einem Mal leerer als jemals zuvor wirkte, ließ sich Roxas auf den Boden plumpsen.

Wieso fragte er noch, wenn er es doch wußte? Schon seit mehreren Tagen, vielleicht auch länger.

Gern heißt gern.

Und sehr gern heißt... sehr gern.

Auf diese eine ganz besondere "sehr-gern" Weise.
 

Das war Roxas nun recht schmerzlich klar geworden.
 

Obendrein war es außerordentlich schwer, das auch nur ein wenig zu akzeptieren.

Gerade für jemanden wie ihn. Es kam einem Schlag ins Gesicht gleich, schlimmer noch.

Leider war dort nur ein kleines Stimmchen in seinem Kopf das versuchte, ihm das, was wirklich hinter dem Gefühlschaos steckte, knallhart vor den Kopf zu halten - der Rest seines Egos, beziehungsweise seines Dickkopfes bestritt diese Wahrheit vehement und versuchte alles schöner und nicht so schlimm darzustellen.

Der Junge konnte es sich nicht eingestehen.

Gut, vielleicht hatte er es sich selbst schon damit eingestanden, das er zu Axel ging; aber es diesem vielleicht auch zu sagen, wenn er voll da war...

Sollte er das tun, dann würde er noch mehr Probleme haben, als er jetzt schon hatte.

Definitiv.

Als er abermals sorgfältig über diese Situation nachgedacht hatte kam ihm ein leiser, für ihn unmöglicher Verdacht, den er sofort wieder in den Wind schoß - für ihn war diese Vermutung damals halb im Spaß gemeint. Doch nun mußte er feststellen, das damaliger Gedanke Form und Farbe an nahm...

Es sollte ein schönes, unvergleichliches Erlebnis sein, ein solches Gefühl zu empfinden; was es zum Teil für Roxas auch war.

Die Freude, das Kribbeln - all das waren Fragmente dieses besonderen "sehr gern habens" und es fühlte sich wirklich wunderbar an.

Jedoch nur zum Teil.

Die andere Hälfte bestand aus Angst.

Angst zu verlieren und abgewiesen zu werden.
 

"Warum muß dieses Gefühl so kompliziert sein... ich habe doch keinen blassen Schimmer davon..."
 

Langsam legte sich Verzweiflung auf Roxas' Gesicht.

Was sollte er tun?
 


 

Mit der Zeit hatte Axel seine Geduld verloren.

Lauter Gänge und nirgends eine Spur von einem bekannten Gesicht.

Zwar hatte er einen ausführlichen Rundgang zusammen mit dem Kurzen und Marianne gemacht, aber dieses Haus war einfach zu groß um sich nicht darin zu verlaufen.

Roxas' Zimmer konnte er zum Beispiel nicht ausfindig machen, Tai hatte er nicht mal bewußt gesucht und Marianne war mit den Hunden spazieren. Diese reizende Information hatte er von dem, so kam es dem Rotschopf zumindest vor, einzig normalem Kerl hier bekommen.

Rolando hieß der, soweit sich sein schmerzender Kopf erinnern konnte.

Dieser Südländer starrte ihn als Einziger nicht an, sondern kam auf ihn zu und fragte, ob er helfen konnte.
 

"Denken alle Wunder was sie sind... zum kotzen sowas!", murmelte Axel, als er abermals einen Flur passierte.

Irgendwie war er hier doch schon mal gew-
 

"Und ich sage dir, Roxas hat spioniert!"

"Nein! Er würde doch niemals auch nur auf so einen Gedanken kommen!

So ein lieber Junge doch nicht!"
 

Axel machte halt an der nächsten Ecke, als er Stimmen vernahm.

Langsam und vorsichtig lugte er zwischen einer großen Zierpflanze hervor, duckte sich leicht; was in seinem Zustand nicht ganz leicht war - der Gleichgewichtssinn war angeschlagen.

Normal würde er auch nie lauschen, zumal das auch gegen seine persönlichen Prinzipien ging, doch er hatte das Gefühl, das dieses Gespräch zwischen zwei älteren Tratschtanten interessant werden könnte.

Gerade, weil es um Roxas ging.

Sein Problemkind.

Auch Axel konnte sich nicht vorstellen, das der Kleine, Unscheinbare gespitzelt haben soll!

Und wenn ja, was...?
 

"Ach, du weißt doch was man sagt!

Stille Wasser sind tief! Jedenfalls habe ich genau gesehen, wie Roxas in das Wohnzimmer geschlichen ist!", fuhr eine dunkelhaarige Dame fort, an ihrer Schulter lehnte ein Mopp, daneben stand der dazugehörige Eimer.

Sie blickte ihre Gespächspartnerin ernst an.

Der Bodyguard schwieg und war froh, stehengeblieben zu sein...
 

"Ins Wohnzimmer?", fragte die Zweite stutzend nach und lehnte sich leicht vor, " ...warum denn geschlichen...?

Ah, Moment. Marianne bat mich vorhin, nicht hinein zu gehen um zu wischen, weil dort ein Gast geschlafen haben soll!"

Eifriges Nicken der anderen Seite, ein verwirrter Blick aus der Ecke.

Roxas war allem Anschein nach also doch im Zimmer gewesen!
 

"Ja, genau. Ich hatte vor ein paar Stunden noch mit bekommen, wie sie Roxas, als beide sehr leise aus dem Wohnzimmer kamen, gebeten hat "ihn nun lieber in Ruhe zu lassen, bis er wieder aufwacht!"

Aber das hat Roxas dann ja nicht getan.

Und als er nach einer ganzen Weile wieder raus kam, war er hochrot im Gesicht!", erzählte die Alte eifrig, untermalte das Gesehene mit kleinen Gesten.
 

Nun war Axel platt.

Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen.

Das gab's doch nicht!

Dann hatte er ja doch nicht geträumt!
 

Jemand war in dem Zimmer gewesen!

Jemand hatte ihm etwas zugeflüstert!

Und wer?

Der Kleine!
 

"Was war das noch... das er mich gern hat...oder...?", murmelte Axel zu sich, hatte überlegend den Kopf gesenkt und versuchte krampfhaft sich alles genau in Erinnerung zu rufen, was er glaubte im Halbschlaf gehört zu haben. Sollte er nun von Glück reden, das er einen leichteren Schlaf hatte, oder nicht?

Es war wirklich seltsam.

Warum sollte jemand einem Schlafenden etwas erzählen, noch dazu etwas derartiges wie "ich hab dich gern"?!

Ganz sachte versuchte er die Fragmente seiner vagen Erinnerung und die Erzählungen, denen er lauschte, in Zusammenhang zu bringen.

Roxas hatte ihm gesagt, das der ihn mochte; aber da er dies tat, während Axel schlief, hieß das doch das Roxas nicht unbedingt gewollt hat, das er diese Worte mit bekam.

Die Bekanntschaft mit dem Jungen wurde immer verquerer...

Was hatte Roxas sich dabei gedacht...? Da stimmte doch etwas ganz und gar nicht...!
 

"Axel? Was... machst du da...?"
 

So schnell er in seinen Überlegungen versunken war, fand er auch wieder zurück.

Diese Stimme hatte ihn so aus dem Konzept gebracht, das er nach vorn stolperte, gegen die Vase mit der Zierpflanze stieß und diese fast umwarf. Erschrocken japsten die beiden Hausmädchen auf.

So war seine kleine Lauschaktion aber nicht geplant gewesen!
 

"...Mist...", murmelte Axel, ehe er sich umwandte und die Vase wieder richtig hinstellte.

Den Hühnern hinter ihm hatte er nur einen flüchtigen Blick geschenkt.
 

"Ich... hab dich gesucht... Roxas."

Wunderbare Reaktion. Sarkasmus machte sich in dem Biker breit, auch wenn seine Aussage der Wahrheit entsprach.

So ernst wie nur irgend möglich versuchte er, den Jungen vor sich anzusehen.

Roxas schaute recht verwundert, blinzelte alle paar Sekunden, so, als wenn Axel eine Fata Morgana wäre.

Seine Haare waren feucht, sie hingen etwas hinab und ein paar Strähnen klebten an Roxas' Kinn wie viele kleine Fädchen.

Er war duschen gegangen.
 

"Du hast mich gesucht? Warum das...?

Ich meine, geht's dir besser...? Hast du...ähm...!"

Er stolperte förmlich über seine eigenen Wörter bei dem Versuch, zu viele Fragen auf einmal zu klären.

Roxas schien innerhalb von Sekunden überfordert zu sein.

Nachdem er Axel gesehen und den Mund aufgemacht hatte lief wieder alles in eine Richtung, in der Axel die Reaktionen und das Verhalten des Jungen nicht nachvollziehen konnte.

Und so sah er ihn auch an.
 

"...weil ich dringend mal ein paar Takte mit meinem Altem zu wechseln habe. Darum."

Der Bodyguard hatte es gleich gelassen, die anderen Bewohner des Hauses zu fragen -

weil er gehofft hatte, einen Moment allein mit Marianne zu sein.

Roxas blickte ihn verwirrt an, seine Augen huschten hin und her, so, als wenn er nicht wußte ob er Axel anschauen sollte oder nicht. Dann startete er einen erneuten Versuch, richtige, nicht brüchige Sätze von sich zu geben.
 

"Oh... ähm, ja...Sie, äh, du... das Telefon ist in der Küche soweit ich weiß..."

Roxas fing an, ein paar Mal zu blinzeln, biß sich dann auf die Lippe und schaute beschämt zu Boden.

Anscheinend hatte er nun gemerkt, wie sehr er sich beim Sprechen verhaspelte.

So war das sicher nicht geplant.

Axel mußte doch denken, das er nicht ganz dicht war.

Und er hatte inzwischen hundertprozentig gemerkt, das Roxas' Verhalten mit ihm zusammenhängen mußte.

Wenn nicht, dann war Axel für einen Bodyguard nicht sehr aufmerksam.
 

"Soweit du weißt... gut okay..."

Axel legte den Kopf ein bißchen schief.

"...komm mal lieber mit, sonst verlaufe ich mich eh' wieder in diesem Labyrinth!", setzte er hinzu, kam kurzerhand auf Roxas zu und zog ihn mit sich. Für ihn war es nun zu einem Kunststück geworden, gerade zu laufen - er fühlte sich als wenn er zwei Nächte lang durch gefeiert hätte. Es wurde auch immer schlimmer und demnach wurde es für Axel umso wichtiger, schnellstmöglich hier wegzukommen; jedenfalls vorerst.

Schließlich erwarteten ihn hier noch einige Aufgaben und Geheimnisse zu bewältigen.
 

Roxas stolperte mehr hinter seinem Beschützer her, als das er ihm folgte.

Er hatte ihn am Handgelenk gefasst und Roxas konnte den Wunsch nicht unterdrücken, das Axels Hand noch etwas weiter nach unten rutschte. Anscheinend mußte sich Roxas an solche Gedanken gewöhnen, auch wenn er sie am liebsten ausradiert hätte wie einen falschen Strich in einer wunderschönen Zeichnung.

Unsicher betrachtete der Junge Axels Hinterkopf, die leuchtenden, roten Haare - ob die gefärbt waren...?

Schnell schüttelte er den Kopf. Ihm wurde richtig warm und zu allem Überfluß spürte Roxas, wie ihm diese Hitze zu Kopf stieg und ihn sicherlich färbte. Da nützten auch die feuchten Haare nichts.

Wenn Axel sich nun umdrehte...
 

"Bitte, bitte nicht....", wisperte Roxas, kniff die Augen zu und betete insgeheim schon.

Axel durfte nichts komplett falsches denken, weder Verdacht schöpfen! Auf gar keinen Fall...!

Nicht jetzt...!
 

"Kleiner... mach' wenigstens die Augen auf wenn du schon mit gesenktem Kopf hier rumtorkelst.

Vielleicht schaffst du es dann ja, mir zu sagen, wo es lang geht."

Axel schielte über seine Schulter und hatte sein Tempo gedrosselt.

Ihre Schritte waren nahezu geräuschlos auf dem Teppichboden, der in diesem Flur gelegt worden war.

Je länger der Biker auf das gesenkte Haupt dieses Kindes sah, desto mehr schwor er sich, etwas an der Situation hier in diesen vier Wänden zu ändern.

Er konnte langsam nicht mehr mit ansehen, wie Roxas behandelt wurde und wie sein Innerstes daran komplett den Bach herunter ging.

Ein Wunder, das der Junge noch nicht auf komische Gedanken gekommen war.

Ferner wollte Axel herausfinden, was Roxas für ein Spiel mit ihm spielte und was diese Aktion in dem Wohnzimmer wirklich zu bedeuten hatte.
 

Es war mehr dahinter - aber wieviel mehr wollte Axel jetzt nicht genau wissen.

Er hatte hier einiges zu tun, wenn er in die Dienste dieser Familie trat. Axel war sich sehr, sehr sicher das er so manches Geheimnis ans Licht bringen konnte, wenn er nur an der richtigen Stelle zu suchen begann. Wer wußte schon, was hier wirklich gespielt wurde...? Wenn so viel Terror um diesen unscheinbaren Blondschopf gemacht wurde, dann mußte er in einige Sachen verwickelt sein.

Eine andere Begründung konnte sich Axel einfach nicht vorstellen.

So war es doch meistens bei den wohlhabenden Familien. Lügen und Intrigen wo man hinsah...
 

Der junge Hausherr war ein bißchen zusammen gezuckt, als plötzlich Axels Stimme den Gang erfüllte.

Langsam öffnete er wieder die Augen; ein paar Sekunden dauerte es, bis alles wieder erkennbar wurde, und hob ein paar Millimeter den Kopf.

Ganz aufsehen wollte und konnte Roxas nicht.

Nicht mit einem womöglich knallrotem Gesicht.

Nicht, während sein Herz mehr einem Presslufthammer als einem Muskel glich.

Roxas glaubte, das jeder Umstehende in der Lage war, seinen Herzschlag zu hören - so laut kam es ihm vor.
 

"Da vorn, oder. Die zweite Tür?"

Axel war stehengeblieben. Es hatte den Anschein, als würde er auf jene Tür schauen, aber sein Blick war ins Leere gerichtet. Erst nach einigen Sekunden wandte er sich zu Roxas und zog ein bißchen an dessen Handgelenk.

Die Kommunikation zwischen beiden stimmte noch nicht ganz.

Angesprochener schluckte stark, es gab ein leises, gurgelndes Geräusch; dann schoss Roxas' Kopf förmlich empor und eifriges Nicken folgte sogleich.

Dabei wußte Roxas nicht einmal genau, in welchem Teil des Hauses sie sich gerade befanden.

Er hatte überhaupt nicht darauf geachtet.

Axel brummte kurz, musterte den Jungen skeptisch und zog ihn dann weiter.

Er stieß die Tür auf und fand sich tatsächlich in der Küche wieder; natürlich viel zu groß und mit viel zu viel Schnickschnack ausgestattet. Axel brummte erneut.
 

"Hör mal Roxas... wenn das zwischen uns funktionieren soll und damit ich meinen Job irgendwann mal ordentlich ausführen kann, mußt du dich schon ein bißchen am Riemen reißen, okay?", meinte er während er sich um seine eigene Achse drehte und nach dem Telefon Ausschau hielt, "... ich will damit nicht sagen das du dich von vorn bis hinten ändern sollst; ich meine, jeder hat seine Macken aber dieses ständige "ich schau' jetzt den Boden an und tu' so als wäre ich gar nicht da" nervt wirklich. Weißt du noch, was ich dir mal gesagt habe, auf dem Rückweg hierher?"
 

Die Plastikverkleidung des Höhrers ließ ein seltsam schlurfendes Geräusch ertönen, als Axel das Telefon von dem Tisch schob, ohne es anzuheben.

Er achtete nun auf Roxas.

Mit ernstem Gesichtsausdruck und sehr erwartungsvollem Blick.

Axel war sich sehr wohl bewußt, das die Aufgabe, diesen verwöhnten Bengel zu betreuen um einiges härter werden würde als vieles, was er bisher in seinem Nebenjob erlebt hatte.

Aber er würde es durchziehen -

und eventuell gegen ein paar Regeln verstoßen um Roxas diese Welt näher zu bringen.

In gewisser Weise, Axel war es im Übrigen schnurz warum, fühlte er sich dazu verpflichtet dem Lütten irgendwie aus dieser verflucht verflixten Lage zu helfen.

Denn es schien hier offensichtlich niemanden zu kümmern, das der Junge buchstäblich verkam.

Hier wurde nur darauf geachtet, das diese perfekte Hülle nicht einriss und alle glaubten, sie seinen die Familie schlechthin.
 

Nun waren diese Zeiten aber vorbei.

Diese anscheinend heile Welt hatte bereits Risse bekommen, nachdem sie sich entschieden hatten, Axel ganz einzustellen.

Oh ja.

Er konnte zwar sehr rabiat sein, aber dennoch war er nicht der Typ Mensch, der das Geschehen um sich herum einfach vorbei rauschen ließ. Er handelte sofern es nötig war; wenn auch nicht immer sehr klug, das mußte er zugeben.

Aber machte nicht jeder seine Fehler...?
 

"Na? Weißt du es noch?", fragte Axel abermals, fing an mit dem Höhrer in seiner Hand zu spielen indem er ihn von einer Hand in die andere springen ließ. Seiner Stimme konnte man entnehmen, das er ungeduldig wurde.
 

Die Bezeichnung "größter Idiot" war noch maßlos untertrieben.

Roxas kam sich immer elendiger vor, zumal Axel langsam aber sicher versuchte, richtigen ernsthaften Kontakt aufzunehmen während er sich immer noch versuchte zu distanzieren.

Aus Angst.

Er wußte selbst, das es so nicht weitergehen konnte; doch leider wußte Roxas auch nicht, wie er etwas unternehmen sollte. Nicht in diesem Umfeld.
 

"...ich... ich habe es nicht vergessen...n...nie...!"

Ganz langsam hob Roxas nun seinen Kopf.

Das Gesicht war nach wie vor hochrot.

Er schämte sich mittlerweile nur noch mehr.
 

"Ich hätte es nicht vergessen können...!", wiederholte Roxas, krallte seine Finger in die dünne Hose.

Er konnte sich noch an alles erinnern, sogar an die Tonlage jedes einzelnen Lautes.

Diese Worte waren für Roxas sehr wichtig; gerade, weil sie der Wahrheit entsprachen.

Und dennoch hatte der Junge nicht den Mut gefunden, das Umzusetzen, was diese Worte ihm sagten: das er kein Tier ist, das man wegsperren kann, das er für seine Freiheit zu kämpfen hat und sonst gnadenlos in dieser Welt untergehen würde.

Wie sollte er das auch schaffen...? Gerade jetzt?
 

"Dann erzähl's mir doch nochmal."

Axel hatte sich auf den Tisch gesetzt und schaute noch immer erwartungsvoll Roxas' verschüchterte Miene an, welche von einem seichten Rot umringt war. Das der Junge sich schämte oder es ihm peinlich war, konnte man nicht übersehen. Vielleicht war ihm auch nur sehr warm, obwohl die Räume hier gut gekühlt waren.

Aber das es vielleicht auch noch etwas anderes sein könnte...
 

"Also...ähm-"

"Ohne stottern, Kleiner."
 

Abrupt fuhr Axel dazwischen, hatte beinahe tadelnd den Zeigefinger erhoben.

Roxas sollte endlich lernen, in ganzen Sätzen zu reden und das auch deutlich und laut.

Mit Fremden ganz besonders.

Dieses ewige Gestottere zog dessen Ich nur noch mehr nach unten und machte es für das Umfeld auch nicht leichter.
 

"Du hast doch keinen Sprung inner Schüssel, oder?

Du bist ne' Persönlichkeit, ein Mensch, der sich keineswegs zu verstecken braucht.

Sei doch stolz auf dich. Du bist Roxas.

N' Kerl, klar soweit? Oder sehe ich da was falsch?

Brust raus, Schultern hoch!

So läuft der Hase! Nicht immer so...!", der Biker begann, Roxas geknickte Gangart zu imitieren und ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter zu ziehen, "... da kannst du dir auch gleich "I hate myself" auf die Stirn tätowieren lassen!"

Axel war vor Roxas zum Stehen gekommen, sah ihn von oben belehrend an, griff nach den Schultern des Jungen und zog sie nach hinten.
 

"Versuch mal gerade zu stehen und was an deiner Haltung zu machen. Das allein macht schon was her. Wenn du nämlich willst, das sich etwas an der Situation hier bei dir Zuhause ändert, dann mußt du zuerst bei dir anfangen.

Und dazu gehört auch, wie man durch diese Welt schreitet.

Nämlich mit erhobenem Haupt."

Jetzt ließ er die Schultern wieder los, sachte, um sie notfalls wieder zu richten.

Doch sie blieben an ihrem jetzigem Platz.

Roxas starrte Axel ungläubig an.

Doch dieser nickte nur, fuhr dem Jungen grob durch das Haar, ehe er sich wieder abwandte und das Telefon ergriff.

Während Axel die Nummer wählte, suchte er nach Worten, die er verwenden konnte um seinem Ziehvater zu verklickern, wo er gewesen war und wo Xemnas ihn nun freundlicher Weise abzuholen hatte.

Mit einem letztem Blick auf das Display, gefolgt von einem tiefem Seufzen, hob er den Hörer und lauschte dem monotonem Tuten des Telefons.

Es dauerte keine zwei Freisignale, bis abgehoben wurde.
 

"...Xem... ich bin's...", begann Axel mit möglichst ruhiger Stimme.

Für den Bruchteil einer Sekunde war dort nichts als ein leises Rauschen am anderem Ende.
 

"Axel? ... du- Herrgott nochmal, wo warst du die letzte Nacht?! Geht es dir gut? Wo... was-"

Dem Superior fehlten wirklich die Worte.

Er war einfach nur erleichtert, etwas von seinem Jungen zu hören und zu wissen, das er irgendwo war und sich meldete.

Dennoch war ein Schnaufen das Einzige, was er noch hervorbrachte.

Seine Stimme zuvor klang müde und erschöpft.

Im Hintergrund dröhnte die Geräuschkulisse einer belebten Straße.

Vielleicht war es die Hauptstraße, vielleicht auch nicht.

Axel beugte sich vor, schielte kurz nach draußen.

Es regnete wieder.

Zwar konnte er gut verstehen, das Xemnas sich Sorgen machte, aber er mußte ihm nun auch zuhören.

Eher würde Axel nicht nach Hause kommen. Er wollte schließlich wissen, warum Xemnas sich so lange mit diesem Geheimnis herumquälte ohne etwas gesagt zu haben.
 

"Bevor ich dir sage, wo ich bin, will ich das du deine Lauscher aufsperrst, okay?"

"Was soll-"

"Okay?!"
 

Stille herrschte.

Axel atmete tief sein, zählte bis drei und sammelte sich.

Der Bodyguard schaute zu Roxas, welcher nun fragend dort stand und ihn ansah.

Stumm versuchte Axel ihm nun klar zu machen, das er jetzt lieber alleine wäre.

Schließlich ging es um ihre Vergangenheit, etwas sehr privates - um Zerina.
 

Es dauerte einen Moment bis Roxas begriff und dann überhastet die Küche verließ.

Erst, als die Tür leise klackte, ergriff Axel wieder das Wort.

Seine Augen schmerzten, der Kopf hörte und hörte nicht auf zu pochen...
 

"... warum hast du mir nicht schon früher davon erzählt?

Davon, das du auch "Schuld" an dem Unfall haben könntest?

Meintest du nicht, das ich auch ein Recht darauf gehabt hätte alles zu erfahren?

Oder hattest du Angst, das ich es falsch aufnehmen würde?

Du hattest nie Angst vor den Reaktionen anderer, selbst vor meiner nicht.

Also...?"
 

"Axel, bitte, ich wollte es dir doch nicht verschweigen, das weißt du! Du kennst mich doch, aber...ich...", Xemnas brach kurz ab, seufzte resigniert und fuhr beinahe wispernd fort, "... also gut, ich hatte Angst! Angst davor, das du mir den Rücken zuwenden würdest, weil du mir die Schuld hättest geben können!"
 

"Ich gebe dir nicht die Schuld und ich hätte sie dir auch nie gegeben!

Aber du hast es doch vor mir verschwiegen, diese ganzen zwei Jahre mit dir herum geschleppt ohne ein Wort über diese...diese Details zu verlieren und DAS kotzt mich an!

Du hast mich belogen, Xemnas!"
 

Axel versuchte wirklich, Ruhe zu bewahren, doch er kannte sich selbst nun viel zu gut; in so einer Situation verlor er doch mal die Kontrolle.

Axel fühlte sich verarscht und respektlos behandelt.

Respekt war etwas, das bei ihm immer oben stand sofern es nicht gerechtfertigt war, diesen zu übersehen.

Wie gestern, als er die Hand gegen Xemnas erheben wollte...

In dieser regnerischen Nacht hatte er sich viele Gedanken über dieses "Geständnis" gemacht.

Gedanken, die er zu dem Zeitpunkt an dem er weglief, nicht greifen konnte. Er hatte alles noch einmal vor seinem geistigem Auge abgespielt, alles in Erwägung gezogen...

Es konnte zig andere Gründe und Umstände geben, die diesen Unfall auch hätten herbeiführen können.

Es war nicht zwingend gesagt, das nur Xemnas Schuld daran war - und Axel war sich dessen von Anfang an bewußt gewesen; doch er war zu geschockt, um die Augen für etwas derartiges offen zu haben.

Schließlich hatten die bremsen nach der Reparatur funktioniert und wenn Xemnas sich dessen sicher war, das war es auch so und nicht anders. Er hatte seine Arbeit immer gründlich gemacht. Warum sollte er also gerade damals geschlampt haben?

Axel war sich klar geworden, das es absurd war, seinem Ziehvater die Schuld zu geben.

Xemnas hatte zwar geglaubt das sein Sohn gerade dies tun würde, doch es war einfach absurd.

Der Fahrer von dem Lastwagen hatte einfach nicht aufgepaßt und Zerina konnte nichts mehr tun.
 

Es gab keinen Grund mit dem Finger auf den Superior der Sensing Nobodies zu zeigen und es hatte ihn nie gegeben.

Xemnas hatte sich selbst in Vorwürfen und Zweifeln ertränkt.

Sich selbst das Leben schwer gemacht und Axel eine heile Welt vorgespielt.

Ihn belogen als er behauptete mit dieser Sache abgeschlossen zu haben.

Und nur weil er sich selbst verrückt machte und in etwas reinritt; wofür er nichts konnte.
 

"Hast du mich verstanden?

Das Einzige, was ich dir vorwerfe ist, das du als mein Ziehvater mich belogen und mir eine heile Welt vorgegaukelt hast, obwohl du dich selbst mit solch einer absurden Geschichte fertig machst!

Es macht mich echt traurig, das du allem Anschein nach nicht darüber reden wolltest.

Noch nicht mal mit deinem Sohn.

Weil du einfach Schiss hattest!

DU bist nicht Schuld! Ist das jetzt endlich angekommen oder was?"
 

Rauschen drang an Axel Ohr; im ersten Moment dachte er, Xemnas hätte aufgelegt, doch dem war nicht so.

Sein Vater hatte nur schnaubend ausgeatmet.

Der Superior wußte nicht, was er dazu noch sagen sollte.

Oder ob es überhaupt noch etwas zu sagen gab.

Es war, als hätte Axel seinen Verstand mit einem mal von allem, was für unnötig gehalten wurde, gereinigt.

Xemnas blieb einfach still, die Worte Axels im Hinterkopf behaltend, um nach dem Telefongespräch darauf zurückzugreifen und darüber nachdenken zu können.
 

Sein Ziehsohn atmete zweimal tief durch, als er geendet hatte.

Er sollte sich wirklich nicht so sehr aufregen.

Axel merkte, das es ihm nicht gut tat, gerade in seinem fiebrigem Zustand, welcher zunehmend schlimmer zu werden drohte.

Diesmal wunderte sich Axel wirklich, das er noch gerade stehen konnte.

Der Sensing Nobody fuhr sich über die nasse und heiße Stirn.

Immer wieder verschwammen Umrisse, hin und wieder spürte er, wie sein Körper zur Seite schwang.
 

"Und jetzt hol' mich bitte ab.

Mir geht's scheiße. Richtig scheiße."

Schluckend wartete der junge Mann auf die Antwort.

Xemnas am anderem Ende zog skeptisch eine Braue hoch.

Er stand unter einer alten Markiese um sich vor dem Regen zu schützen. Etwas weiter von ihm entfernt, stand ein kleiner dunkelblauer Bus. Der Lack war hier und da schon recht verblichen, ein paar Kratzer waren bei genauem hinsehen auch auszumachen.

Jener alte Volkswagen gehörte Marluxia.

Er war gerade unterwegs, um Passanten nach Axel zu fragen.

Manche in diesem Viertel kannten den Rotschopf vom sehen und vielleicht wußte der ein oder andere ja, wo sich dieser verdammte Ausreißer befand. Davon abgesehen, waren viele der Sensing Nobodys unterwegs um Axel zu finden - und alle waren sie nicht gerade gut auf ihn zu sprechen.

Larxene hatte einen Termin abgesagt, Saix kochte sowieso seit dem Vorfall mit Ansem und Vexen war nicht der Typ für Suchaktionen, besonders, wenn er diese mit seinem altem Rivalen Xigbar zu tätigen hatte. Und Luxord, ein weiteres Mitglied, hörte sich in den umliegenden Gaststätten um.
 

"Und wo bist du bitte?", fragte der Superior schließlich in regelrecht empörter Tonlage.
 

"Ich werde an der Straßenecke stehen.

Gegenüber vom Blumenladen. Weißt du, welchen ich meine?"

Die Antwort kam promt.

Axel wollte nicht, das Xemnas genau wußte, wo er die ganze Zeit gewesen war.

Der Laden war ein paar Straßenecken weiter entfernt und bis dahin würde er es noch schaffen.

Notfalls mit Begleitung.

Er hielt es für besser so.
 

"Also gut, okay. Ich weiß schon, aber wehe dir, du haust dann doch nochmal ab oder lässt dir was neues einfallen um mich kurz vorm Nervenzusammenbruch zu treiben!", murrte Xemnas in den Höhrer, bekam eine ebenso murrende Antwort mit gereiztem Unterton. Es dauerte ganze drei Minuten, bis das Gespräch endlich beendet wurde, und Xemnas sich -

in Begleitung eines sehr schlecht gelaunten Marluxias - auf den Weg machte.

Die Straßen waren noch immer feucht vom Regen, wurden jedoch nicht mehr von diesem begossen.
 


 


 

Mit seinem Fuß fuhr Roxas immer wieder über den dunklen Teppich; die schabende Bewegung hinterließ jedes Mal einen dunkleren Fleck auf der edlen Unterlage. Öfters versuchte Roxas durch die Wortfetzen, die zu ihm gedrungen waren, herauszufinden, worüber Axel sprach.

Vergebens.

Er wußte lediglich, das der Biker dieses Haus bald verlassen würde.

Roxas wollte nicht, das Axel jetzt ging, auch wenn es für ihn besser wäre.

Schließlich war Axel, nach Mariannes Aussage, sehr lange ohne Schutz im Regen gewesen.

Roxas wußte, wie fatal so ein Unternehmen sein konnte.

Sicherlich hatte der Senising Nobody sich bei der Aktion etwas weggeholt.
 

Aber wer wußte denn, wann er wiederkam oder ob er überhaupt noch an diesem Job interessiert war...?

Vielleicht war Axel dann für immer weg weil er keine Lust mehr hatte oder etwas anderes sein Interesse verfliegen ließ - oder der junge Hausherr malte sich einfach nur seine schlimmste Befürchtung aus.

Seufzend schaute Roxas auf.

Gleich würde Axel sicherlich die Tür aufmachen, ihn vielleicht noch fragen, ob er ihn zur Tür bringen würde und dann wäre er weg. Ganz bestimmt. Hundert porz-
 

Das Klacken von ein paar Schuhen drang an seine Ohren, lenkte all seine Aufmerksamkeit auf dieses Geräusch.

Sohlen quietschten kurz, ehe die Tür langsam aufgemacht wurde.

Axel trat heraus.

Müde blickend ging er an Roxas vorbei und erst als der Junge ihn ansprach, realisierte Axel, das er auch noch da war.

Roxas besah ihn skeptisch.

Seit Axel wieder aufgewacht war, hatte Roxas den Eindruck, das er immer blasser und schwächer wurde -

jetzt taumelte sein Bodyguard manchmal.

Es war eine gute Dreivirtelstunde vergangen, seit Axel aufgestanden war.

Bevor er und Marianne ihn alleine ließen, hatte Roxas sich noch so gesorgt, das Axel krank werden würde, worauf dieser nur meinte, das er "nicht leicht klein zu kriegen ist".

Was für Axel soviel hieß wie "ich werde doch nicht krank! In hundert Jahren nicht!".

Doch es sah nun ganz anders aus.

Er sah nun ganz anders aus.

Nämlich krank.
 

"... sollen... sollen wir dich vielleicht nach Hause bringen? Marianne sagte doch das es besser wäre, wenn du gebracht wirst...", sagte Roxas verunsichert; nun machte es ihm Angst.

Diese Vorstellung, Axel könnte krank werden, wenn er nun nicht ging.

Sie hatte ihm schon vorher Angst gemacht.

Lieber lebte er mit der bizarren Befürchtung, Axel könnte die Lust an diesem Job vergangen sein, als das Roxas zusah, wie der gesundheitliche Zustand des Älteren weiter bergab ging.

Dafür hatte der Junge ihn wirklich in zu kurzer Zeit zu lieb gewonnen.
 

Mit leicht zitternden Augenlidern sah er Roxas etwas perplex an; nicht weil der Kleine gemerkt hatte, das es ihn nicht gut ging sondern eher wegen der Tatsache, das er ihm anbot, nach Hause gebracht zu werden.

Wirklich, beim besten Willen konnte sich Axel nicht vorstellen, das auch nur einer der Leute hier für ihn den Chauffeur spielen würde. Zumal er das auch gar nicht annehmen würde, selbst, wenn Xemnas ihn nicht abholen würde.
 

"Lass mal, Roxy. Ich werde schon abgeholt. Muss jetzt auch...", ein Seufzer entglitt Axel, "...los. Sag' Marianne, das ich ihr dankbar für die Gastfreundschaft bin. Wir sehen uns dann noch später. Übermorgen, oder...?" Fragend sah Axel Roxas an, welcher nur leicht mit den Schultern zuckte.
 

"Ich denke ja."

Das er genau das Gegenteil dachte, sagte Roxas dem Motorradfahrer nun lieber nicht.

Vielleicht kränkte er ihn damit ja; Axel war schließlich eine sehr stolze Person.

Jener drehte sich nun nickend um, versuchte sogar etwas zu lächeln - was eher einer schmerzenden Grimasse gleich kam - und machte sich auf den Weg zur Tür.
 

Nun hatte er relatives Glück mit seinem Orientierungsinn in diesem monströsem Anwesen, da der Ausgang nicht weit von der Küche entfernt und es demnach auch nicht schwer war dorthin zu finden.

Roxas folgte ihn wehmütig. Hoffentlich ging das alles gut.

Während der Sensing Nobody sich leise fluchend seine richtig feuchten Schuhe und auf drängen von Roxas auch einen Regenmantel anzog, ging die Haustür auf und Marianne kam herein.

Fahle Sonnenstrahlen fanden den Weg auf die Fließen im Flur.

Der Regen hatte sich nun verzogen und gab der Sonne des Frühjahrs eine Chance sich durchzusetzen und die Erde zu wärmen.

Die gebürtige Engländerin schaute verwundert auf Axel und Roxas.

In ihrem Blick konnte man sehen, das sie jetzt nicht mit Axel gerechnet hatte.

Als Marianne sah, das Axel sich die Schuhe anzog, konnte sie sich zusammenreimen, das jener wieder fort wollte.
 

"Du willst gehen?" fragte sie, legte die zwei Hundeleinen neben dem Eingang zu Boden.

Besorgnis zierte ihr Gesicht, welches im Lampenlicht fast so blass wie das von Axel wirkte.

Sie traute dem ganzem noch nicht.

Marianne entledigte sich ihrer Jacke, blickte weiterhin fragend auf ihren Gast.

Jener stand nun aus seiner gebückten Haltung auf, sehr wohl darauf bedacht, sich langsam aufzurichten damit ihn kein überraschendes Schwindegefühl von den Socken haute.
 

"Mhm... ich werde schon abgeholt, keine Sorge.

Wird nur langsam Zeit, das ich hier abzische.

Nichts gegen euch, nein nein...".

Ein wenig verlegen kratzte er sich am Hinterkopf.

Marianne nickte.
 

"Natürlich... wenigstens hattest du etwas Ruhe. Hoffe ich jedenfalls."

"Das auf jeden Fall. Danke für die Gastfreundschaft."

Axel zog den Reißverschluss der Jacke nach oben, blickte noch einmal prüfend an sich herab; dennoch war es ihm im Endeffekt schnurz, wie er hier rausging.

Ob nun wie ein bunter Hund oder ganz normal.
 

"Die Sachen bringe ich dann mit, wenn ich wieder herkomme." Er deutete noch einmal auf sich, ehe Axel sich nun eiligst verabschiedete. Er wollte nur noch weg. Hoffentlich wurde das von Roxas jetzt nicht falsch aufgenommen...
 

"Warte! Ich begleite dich gerne noch!"

Hastig hatte sich Marianne wieder ihre Jacke geschnappt, einen Regenschirm dazu.

Die junge Aupair konnte Axel einfach nicht so aus den Augen lassen.

Marianne konnte und wollte nicht.

Und was Axel dachte oder womöglich dazu sagen würde, war ihr egal.

Sie hatte sich, als sie ihn dort auf der Bank gefunden hatte, fest vorgenommen dafür zu sorgen das es Axel wieder besser ging und erst, wenn er wirklich in guten Händen war würde sie ihn alleine lassen.

Es mochte kindisch und vielleicht auch nervig sein, aber Marianne konnte einfach nicht anders.

Dafür war ihr Verantwortungsbewusstsein und das mögliche schlechte Gewissen zu groß.

Es könnte ihm doch etwas passieren!

Und dann?

Sie würde bei Axel bleiben, bis dieser abgeholt wurde.

Irgendwie wollte sie helfen.

Mit Worten konnte sie nichts erreichen, aber vielleicht mit kleinen Gesten oder Taten.

Und wenn es nur ein kleiner Marsch durch diese graue Stadt war.
 

Axel selbst starrte sie entgeistert an.

Was sollte das denn nun?

Einen Babysitter brauchte er wirklich nicht.

Auch, wenn es lieb gemeint war, aber die paar Straßenecken würde er noch schaffen!

Dennoch dankend blickend, schüttelte Axel den Kopf und faßte Marianne auf die zierliche Schulter -

das Roxas die beiden schon eine ganze Weile anstarrte, merkte keiner von ihnen.
 

"Ich kipp' schon nicht nach hundert Metern um.

Trotzdem danke.

Ich werde mich dann bei euch melden, wenn ich wiederkomme."
 

Dies sollten die letzten Worte neben einem "Bis bald" sein.

Für heute hatte er sich genug mit den beiden unterhalten.

Axel wandte sich, mit dem besten Lächeln, das er momentan zu Stande brachte, auf den Lippen um und ging.

Die Tür stand noch immer offen, ein paar Wolken zogen vorbei und der Biker hoffte diesmal wirklich, das die beiden Köter ihn auf dem Weg zum Tor nicht anfielen.
 

Marianne blickte noch immer etwas perplex der Gestalt hinterher, die in diesem Moment unbeschadet das Tor passierte.

Wenig später war niemand mehr zu sehen, nur die beiden Hunde, welche nun kläffend zum Gatter gerannt waren.

Sie faßte sich geistesabwesend auf ihre linke Schulter, dort, wo eben noch die kühle Hand Axels verweilte. Selbst durch den Stoff ihres Regenmantels hatte sie es wahrnehmen können.

Genauso, wie sie das stetig schneller werdende Schlagen ihres Herzen spüren konnte. Von diesem Moment an, wußte Marianne, das sie Recht mit all ihren Vermutungen behalten hatte.

Sie hatte sich verliebt.

Verguckt in jemanden, den sie nicht einmal im Ansatz kannte, geschweige denn verstand...
 


 


 

Gedankenverloren schlurfte Axel den Gehweg entlang, immer wieder wechselnd zwischen dem, was kommen würde und dem war geschehen war.

Ein paar graue Wolken zogen vorbei; sie erinnerten nicht wirklich an den Frühling.

Diese Jahreszeit war immer wieder ein Grund zur Freude gewesen, da mit den ersten warmen Sonnenstrahlen die Motorradsaison eingeleutet wurde. Bis jetzt war das Wetter aber nicht allzu freundlich zu den Fahrern gewesen.

Murrend erinnerte sich Axel nun wieder daran, das es für ihn wohl noch eine ganze Weile dauern würde, bis er endlich wieder fahren könnte.

Seine Maschine war schließlich so gut wie hinüber.

Das Einzige, was zu hoffen blieb war, das dieses Schmuddelwetter sich verabschiedet hatte, wenn er wieder zum fahren kommen würde. Wenn... ständig dieses wenn und aber...
 

Seufzend blieb Axel stehen, schaute sich um.

Vor ihm lag der Blumenladen; ein kleines Geschäft, welches unter Liebhabern als Geheimtipp verschrieen wurde.

Doch von Xemnas war keine Spur zu sehen.

Irgendwie brachte diese Tatsache Axel dazu, ironisch zu lächeln; entweder war das die Absicht des Superiors oder aber dieser war noch nicht eingetroffen.

Widerwillig entschied Axel sich zu warten.

Er lehnte sich an das weiße Gemäuer, das sich hinter ihm erstreckte, schloss die Augen und ließ sich auch wenige Momente später in die Knie sinken. Hin und wieder schaute er nach, ob Xemnas schon da war, dann schloss er seine Augen wieder.

Ruhe. Einfach nur ein bißchen Ruhe...
 

"Ey! Axel! Da sitzt er doch, verdammt!"

Schritte verstummten und etwas verdeckte das bisschen Sonne, das Axel getankt hatte.

Murrend blinzelte der Bodyguard; nach ein paar Sekunden konnte er das mürrische Gesicht seines Kameraden Marluxia ausmachen.

Dieser stand mit verschänkten Armen vor ihm, musternd. Eine Art knurrender Laut entwich Marluxias Kehle, als er sich einfach herunterbeugte, Axels Arm ergriff und ihn mit Mühe hochzog; der Kerl hing da wie ein Sack Kartoffeln.
 

"Kannst du nicht mehr alleine stehen, oder wie...?"

Marluxia zog Axel an sich heran und stützte ihn; gleichzeitig versuchte er das Gleichgewicht zu halten und herauszufinden, warum Axels Knie so weich waren. Alkoholgeruch stieg ihm aber bei weitem nicht in die Nase.

Stattdessen bemerkte der Sensing Nobdy das bleiche Gesicht seines Kumpels.

Das war ihm Anzeichen genug. Jetzt war es wichtig, ihn zur anderen Straßenseite zu bringen, dort wo Xemnas bereits wie auf heißen Kohlen wartete...
 


 


 


 


 


 


 

- Zweieinhalb Monate später -
 


 


 


 


 


 


 

So lange hatten sie auf dieses Wetter warten müssen.

Seit ein paar Tagen lachte die Sonne und schenkte mit einer durchschnittlichen Temperatur von 22 Grad jedem die wohl verdiente und lang ersehnte Wärme.

Es war Juni geworden.

Und Roxas konnte sich nicht entsinnen, jemals so viel Glück empfunden zu haben.

Es fühlte sich einfach nur gut an, mehr unternehmen zu können als vorher, freier zu sein.

Und wenn es auch nur ein zehn- Minuten- Ausflug zur Eisdiele war.

Dieses Gefühl war schön.

Einfach nur schön, denn die Türen seines Käfigs waren ein Stück geöffnet worden.

Vor ein paar Wochen sah alles noch nicht so heiter aus.

Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie Tai explodiert war als Axel sich, verständlicher Weise, krank gemeldet hatte.

Marianne und Roxas hatten dies schon kommen sehen. Es war nicht schwer zu erahnen - jeder wäre krank geworden, hätte er dasselbe durchgemacht wie der Sensing Nobody.

Aber das gerade Tai so außer sich sein würde, erwartete keiner.

Nein, das wirklich nicht.
 

Sie wußten inzwischen das sich Axel und Tai nicht riechen konnten, daher wäre es nur logisch gewesen, wenn sich Tai gefreut hätte. Jedoch traf das Gegenteil ein.

Er wollte Axel ja offensichtlich von Anfang an nicht in diesen vier Wänden haben und doch regte er sich darüber auf, keifte herum; "das kann doch nicht wahr sein! Was erlaubt sich dieses... dieses Gossenkind?!

Er hat hier zu erscheinen verdammt nochmal...!"

Inzwischen ging es Axel wieder blendend und er war sichtlich froh gewesen, nicht mehr das Bett hüten zu müssen. Auch die Anspannung zwischen ihm und Xemnas hatte sich gelegt; wobei sich Axel dennoch etwas von ihm und den anderen Sensing Nobodies hatte anhören müssen.

Auch Roxas konnte entspannter sein, als sich dessen Befürchtung, Axel würde nicht mehr kommen, in Luft auflöste. Schließlich kam er sofort nach seiner Genesung wieder und kam seiner Aufgabe locker flockig nach. Das Tai die beiden genau beobachtete, störte Axel zwar etwas, aber er gab sich Mühe, es sich nicht anmerkten zu lassen.
 

Roxas schüttelte geistesabwesend den Kopf, während Marianne neben ihm gehend nach einer Hausnummer suchte.

Langsam wurde Tais Verhalten immer rätselhafter, immer merkwürdiger.

Ihr Sicherheitsmann wußte wohl nicht was er wollte... oder?

Steckte da vielleicht mehr hinter...?

Marianne erinnerte sich an diese Sache mit dem Fenster in Cassandras Büro oder an das Zusammentreffen am Kopierer, früh am Morgen... letztens erst hatte die Aupair Roxas doch davon erzählt, davon, das sie Tai zur Rede stellen wollte und nichts dabei herauskam.

Sollten sie sich Sorgen machen?
 

Langsam hob Roxas nun wieder den Kopf.

Sein Kindermädchen kam zum stehen, murmelte etwas vor sich hin. Marianne und Axel, oder besser gesagt nur Axel, hatte sich etwas für Roxas ausgedacht.

Er hatte sie zu einem "besonderen Ort" bestellt.

Normal hätte Roxas nicht ohne Axel hinaus gedurft - so lautete schließlich die Bedingung Cassandras -

jedoch hatte Axel diesmal nur schnaubend abgewunken.
 

"Tai ist doch dieses Wochenende nicht da, oder? Also können wir ruhig ein wenig schummeln", meinte er zu den beiden.

Der Biker würde auch die komplette Verantwortung übernehmen, sollte etwas geschehen - was er nicht vermutete.

Also gab er Marianne eine Wegbeschreibung und eine Hausnummer mit und schickte die beiden am Samstagmorgen los.

Marianne hatte Roxas unter dem Vorwand, mit den Hunden spatzieren zu gehen und später auf Axel zu treffen, mitgenommen.

Die Huskys waren tatsächlich dabei, jedoch hatte Marianne sie eben an einen Fahrradständer gebunden.

Ein bißchen mulmig war Roxas schon dabei, schließlich war Tai nicht der Einzige, der darauf achten sollte, das Axel seine Arbeit ordentlich machte...
 

Sie waren nun in einem ruhigerem Teil der Stadt angelangt.

Der Junge hatte es sich angewöhnt, immer wieder neugierig umher zu sehen, sich alles einzuprägen was hier draußen sah. Die Form der Häuser, deren Standorte, einfach alles.

Manchmal sogar, wer in welchem Haus wohnte oder wie die Verkäufer, die einem das ein oder andere Eis ausgaben, aussahen.
 

"Doch... ich denke, hier ist es."

Ein breites Lächeln zierte Mariannes Lippen, als sie sich halb zu ihrem Schützling umwandte.

Sie war sich sicher, am Ziel angelangt zu sein.

Die junge Engländerin freute sich schon darauf, Axel zu sehen. Er und sie waren letztlich gute Freunde geworden; beide wußten auch, das dort vielleicht noch mehr war und noch mehr darauf werden konnte. Marianne war sich nun schon sicher, das sie Axel sehr mochte, gar liebte.

Gesagt hatte sie es ihm noch nicht.

Es war ihr zu unsicher, nicht zu wissen, was der Sensing Nobody wirklich von ihr hielt...
 

Roxas' Blick wirkte in diesem Augenblick so, als wenn er Meilenweit fort gewesen wäre; als der Junge das große, cremefarben gestrichene Gebäude vor sich entdeckte, wechselte seine Mimik ins skeptische.
 

"Sieht aber nicht nach Turnhalle aus. Finde ich jedenfalls...."

Es sah eher wie ein altes Restaurant aus. Eine mitgenommene Halterung für eine Markiese prankte über den Türen und der Putz sah auch aus, als bräuchte er dringend Mal eine Überholung.

Gedämpftes Poltern drang an die Ohren der Beiden.
 

"Naja... Axel sagte ja, es sei ein älteres Gebäude. Und vorallem; vielleicht trügt der Schein ja? Lass und einfach rein gehen."

Marianne schob Roxas vor sich, legte dabei eine Hand an dessen Schulterblatt. Das hieß soviel wie "keine Widerrede!".
 

Sie wurden freundlich begrüßt, als die Dame an der Rezeption Roxas und sein Kindermädchen bemerkte.

Ein kurzer Austausch an Informationen fand statt, ehe sich Roxas, nun aufgeregter, nach dem Raum umsah an dem eine "23" stand. In diesem Raum sollte Axel nun seinem Sport nachgehen.

Sport.

Allein bei dem Gedanken, Axel nun zu sehen, lief es Roxas kalt den Rücken herunter.

Er erschauderte.

Schon öfters hatte er bemerkt, das sein Körper nun fast immer so reagierte, dachte er auch nur an seinen Bodyguard.

Und waren sie nun alle zwei bis drei Tage zusammen, verkrampfte Roxas öfters, um sich nichts anmerken zu lassen.

Doch gerade das lenkte Aufmerksamkeit auf ihn.
 

Die Einrichtung und das Ambiente stellten einen krassen Kontrast zu dem dar, was Marianne und Roxas draußen, vor den Türen vorgefunden hatten.

Die Wände wahren weites gehend mit dunklem Eichenholz vertäfelt worden.

Ab und an waren schlicht weiß gestrichene Stellen der Wand zu sehen, welche dann mit einem japanischem Schriftzeichen versehen worden waren. Zumindest war sich Roxas sicher, das es japanisch war.

Oder doch chinesisch...?

Ein lauter Knall ließ beide zusammenfahren.

Es hörte sich an, als wenn jemand ausgepeitscht worden wäre...!

Marianne sah sich besonders erschrocken um, doch nun war es wieder still. Kein Schmerzensschrei oder der gleichen war zu vernehmen. Nur noch gedämpfte Laute aus den vielen Räumen um sie herum.
 

Roxas schluckte hart.

Ihm gefiel das ganze Unterfangen nicht, aber dennoch wollte er wissen, was das eben war.

Für ihn hörte es so an, als wenn etwas mit viel Wucht aufgeschlagen wäre.

Ein wenig nervös an seiner Unterlippe knabbernd, wandte er den Kopf suchend nach links und nach rechts -

und wieder nach links.
 

"Marianne, du stehst direkt vor der Tür, die wir suchen... die 23...!", meinte Roxas zögernd, deutete mit dem Zeigefinger auf das kleine Schild neben dem Türrahmen. Die Glasscheibe, die das Schild schützte, wies Kratzer und einen tiefen Riß vor.
 

"Oh...!"

Sie drehte sich um, besah kurz das Schild.

Doch bevor sie antworten, geschweige denn nach der Türklinke greifen konnte, ließ sie ein weiterer Knall -

der nun eindeutig aus diesem Raum kam - innehalten. Marianne faßte sich ans Herz, atmete tief aus und rang sich dazu durch, die Tür leise aufzumachen.

Roxas hielt sich im Hintergrund, schielte lieber an ihr vorbei.

Besser, man entdeckte ihn nicht gleich....
 


 

Schnell und doch sehr kontrolliert stürzte ein junger Mann - mit einem imaginärem Messer in der rechten Hand - auf ihn zu.

Dennoch bleib er ruhig, ebenso wie die, die ihnen zusahen.

Es war absolut still in diesem Raum, sah man einmal von den Geräuschen ab die entstanden, wenn einer der beiden Kontrahenten agierte.

Sein Angreifer stellte sich auf die Zehenspitzen als der direkt vor ihm stand, ließ den rechten Arm hernieder fahren, in dem er das erdachte Messer hielt;

Axel reagierte sofort.

Er übernahm die Bewegung seines Gegners, griff mit seinem linken Arm um den Gegner, auf dessen Schulterblatt und gleichzeitig zog er an dessen linken Arm.

Axel hob ihn aus in dem er leicht in die Knie ging und die Hüfte gegen stemmte, sich drehte und mit seinem linken Bein die seines Widersachers buchstäblich wegfegte...

Und wieder gab es einen Mark erschütternden Knall, als Axels Opfer auf den Boden aufkam.
 

Axel stand nun vollkommen regungslos da, mit beiden Händen starr den einen Ärmel seines Gegners festhaltend, leicht in der Hocke. Seine Augen schienen an die gegenüberliegende Wand zu starren.

Vor ihm lag mit einem angewinkelten Bein der braunhaarige Mann, welchen er gerade geworfen hatte.

Erst nach ein paar Sekunden rührten sie sich beide wieder.

Fast schon mechanisch stand Axels Kontrahent auf, wandte sich um, ohne den Biker direkt anzusehen. Mit schlurfenden Schritten, die ein Geräusch wie zerreißenden Stoff von sich gaben, ging er wieder in die Mitte der Matte, auf der sie sich befanden.

Axel folgte ihm synchron.
 

Es war ein bizarres Bild.

Gerade für Roxas. Er verstand nicht, was das werden sollte, welchen Zweck diese Bewegungsabläufe hatten.

In der Mitte des Raumes war eine sehr große Matte aus mehren kleinen aufgebaut, in deren Mitte nur grau-grüne Matten zu finden waren. Diese wurden dann von knallig roten umrandet -

sie bildeten wohl eine Grenzlinie.

Alle Anwesenden auf dieser Matte trugen die gleiche Kleidung. Es war eine lange weiße, bei zweien auch blaue - Jacke, die mit einem Gürtel festgebunden war, dazu eine ebenso weiße Hose.

Die Meisten, und darunter auch Roxas' Bodyguard, trugen einen schwarzen Gürtel.

Vier der insgesamt sechzehn Personen hatten einen braunen, zwei einen grünen und einer einen gelben.
 

Das Spektakel ging schließlich weiter.

Immer wieder abwechselnd wurden seltsame, aber auch beeindruckende Bewegungen und Würfe vollführt.

Die Scheu in den Augen von Roxas hatte sich binnen weniger Minuten in Faszination und Neugierde gewandelt. Zwar fragte er sich immer noch, was das Ganze sollte - es wirkte so gestellt und mechanisch - aber bestimmt konnte er Axel danach fragen.

Auf diesen achtete er so oder so am meisten.

Sein Herz machte ununterbrochen Saltos und er fing an, seine Kleidung zu zerknautschen.

Allein zu sehen, wie sich Axel bewegte, wie konzentriert und beherrscht er dabei war, machte Roxas zu einem Opfer seiner Gefühle. Hinzukam, das sich beide Kämpfenden bei ihren Aktionen halb auszogen - soweit Roxas erkennen konnte, trugen sie nichts weiter unter der Jacke.
 

Marianne war ruhiger.

Auch ihr stand die Begeisterung in das Gesicht geschrieben, aber sie konnte sich noch einigermaßen im Zaum halten.

Lieber sah sie genau zu, lächelte leicht.

Sie konnte sich bereits denken, was Axel vor hatte.
 

Schließlich waren Axel und sein Gegner an einen Punkt angelangt, der für Außenstehende nach dem Ende aussah.

Sie gingen zum jeweils gegenüberliegenden Rand der Matte, ihre Bewegungen waren noch immer vollkommen synchron, drehten sich zueinander und gingen in die Knie.

Es sah recht schmerzhaft aus, als sich die Sportler auf ihre Hacken setzten und den Spann des Fußes überstreckten.

Beide verneigten sich nun vor einander, warteten, standen auf und verneigten sich kurz vor den anderen ihrer Gruppe.
 

"Gut...das reicht für heute. Geht euch umziehen... Montagabend sehen wir uns wieder!"

Eine etwas ältere Frau kam nun auf die Matte. Weder Marianne noch Roxas hatten sie bemerkt, dabei saß sie die ganze Zeit am Rand der Matte auf einer Bank.

Aufmerksam und zufrieden hatte sie die Vorstellung beobachtet.

Ihr Haar lichtete sich bereits ein wenig, die Augen waren klein und ihr Lächeln verriet, das sie eine Frau mit Herz war. Sie trug ebenfalls einen schwarzen Gürtel.

Ihrem Auftreten nach vermutete Marianne, das es sich um die Trainerin der Gruppe handelte.

Die junge Aupair staunte nicht schlecht.

Das diese Frau noch auf der Matte stand und solch einen Sport betrieb!

Sie schien schließlich nicht mehr die Jüngste zu sein...!
 

Die Schüler wandten sich um, tuschelten ein wenig. Sie neckten Axel und seinen Partner, schienen sie zu loben, ehe sich alle in einer Reihe aufstellten. Ein Grinsen wurde den beiden Besuchern geschenkt, als Axel sie erblickte.

Er wußte doch, das sie kommen würden.

Ihre Trainerin nahm einen Platz auf der gegenüberliegenden Seite ein, stellte sich wie ein Anführer vor seine Truppe um Anweisungen zu geben.
 

Roxas blinzelte.

War das eben ein hämisches Grinsen gewesen...?

Er hatte doch bestimmt irgend etwas vor...! In der kurzen Zeit hatte Roxas gelernt, sich auf vieles einzustellen, weil sein ungewöhnlicher Begleitschutz sehr spontan sein konnte. Vor allem, wenn es um die Beschäftigung Roxas' ging.

Mit einem Mal wurde ihm noch unwohler, als er jetzt schon war.

Das Kribbeln in seinem Bauch verstärkte sich und kam einem Zwicken gleich.

Gebannt starrte er Axel an.

Erst als alles still war und einige noch ihre Kleidung geordnet hatten, gingen allesamt in die Knie, wie zuvor Axel bei der Beendung seiner "Vorstellung". Sah immer noch sehr schmerzhaft aus...

Sie verneigten sich voreinander, nachdem ein seltsamer Gruß vorhergegangen war.

"Rei" hatte die Trainerin verlauten lassen, ehe sie sich mit geschlossenen Augen tief vor ihren Schülern verbeugte, fast den Boden mit der Stirn berührte.

Nach einigen Sekunden kam sie wieder hoch, zeitgleich mit ihren Schützlingen. Kurz schweifte ihr Blick ab, dann erhob sie sich, verneigte sich abermals im Stand. Nun taten es ihr die anderen gleich.
 

"Scheint ja ganz schön streng zuzugehen...", murmelte Marianne. Sie konnte die Disziplin deutlich sehen.

Außer der Trainerin hatte niemand etwas gesagt.

Sie zog den etwas abwesenden Roxas zur Seite, als die Sportler an ihnen vorbei zu den Umkleideräumen trabten. Der beißende Geruch von Anstrengung und Schweiß stieg ihr in die Nase. Sie verzog leicht das Gesicht.
 

"Hey ihr zwei!"

Ein Zucken durchfuhr den Jungen. Jetzt schien er wieder vollkommen da zu sein.

Blinzelnd schaute er auf Axel, welcher lässig auf sie zuging - er sah einfach wunderbar in diesem Anzug aus.

Seine Haare waren wirrer als sonst, die Augen jedoch umso strahlender.

Lächelnd schüttelte er Marianne die Hand, nahe kommen wollte er ihr jetzt gerade nicht.

Seine eigene zitterte noch ein wenig.

Man sah ihm die Erschöpfung vom Training jedoch kaum an.

Axel wandte sich schließlich Roxas zu -

nachdem er Marianne noch ein strahlendes, freudiges Lächeln schenkte, welches sie verschüchtert erwiderte.
 

"Und? Was ist mit dir Kurzer? Hast du aufmerksam zugeschaut...?", fragte er grinsend.

"Hm...? Wie...?"

"Ob du zugeschaut hast, Roxas. Hast du doch, oder?"

Marianne schaute auf Roxas hinab.

Irgendwas war hier doch seltsam... er wirkte die ganze Zeit schon so abwesend.

Ob er womöglich auf etwas anders geachtet hatte...?

Axel zog eine Braue hoch, klatschte Roxas dann ein wenig gegen die Stirn.

Der Kleine schaute ihn verträumt an, keuchte aber überrascht auf, als Axel ihm ein paar Klapse gab.
 

"Wohl noch nicht ganz wach wie..? Na, das ändern wir gleich."

Mit einem Mal wurde Roxas bleich. Wie bitte...?

Dieses sichere Grinsen...

Den Blick, den er auf seine Trainerin richtete, welche gerade ihre Sachen packte...

Deren Lächeln...

Der musternde Blick, den sie Roxas schenkte...

Und das darauf folgende Nicken...

Er schluckte hart.

Etwas sagte ihm, das Axel vor hatte, ihn auf diese Matte zu schleifen...!
 

"Ich...ich habe zugeschaut, ehrlich!", warf Roxas nun ein.

Seine Stimme war ein bißchen zu hoch, vielleicht schon etwas panisch.

Er konnte doch nicht mitmachen...!

Klar, er hatte zugeschaut.

Aber kaum auf die Handlung geachtet.

Er hatte nur Augen für Axel gehabt und sein Verstand setzte aus, als dieser halb ausgezogen dort stand.

Wie hätte er sich noch auf den eigentlichen Sport konzentrieren können, wenn die Person, die ihm seit einiger Zeit den Schlaf raubte, solche unmöglichen Bewegungen vor ihm abzog?

Bei denen er auch noch so zum anbeißen aussah...? So kraftvoll...?

Abermals schluckte Roxas.
 

Wieder erwischte er sich bei solchen Gedanken... aber viel Zeit blieb ihm nicht, um sich darüber aufzuregen und zu leugnen. Denn Axel hatte sich schon seine Hand geschnappt und zog den vollkommen überrumpelten Roxas wirklich zu der Matte.

Marianne lachte leicht - sie hatte es doch gewußt.

Roxas sollte es mit Kampfsport versuchen.

Das steckte hinter Axels Einladung.

Neugierig folgte sie den beiden und ließ sich auf der Bank nieder.

Ein zufriedenes Lächeln zierte ihr Gesicht.

Es würde Roxas sicher helfen, mehr aus sich heraus zu kommen.

Axel betrat die Matte; Roxas bleib automatisch vor dieser stehen.

Unsicher sah er seinen Bodyguard an, sogar fast flehend.

Er wollte nicht.

Das war doch peinlich...!
 

Doch Axel schüttelte nur den Kopf.
 

"Versuch es. Du bist ja nicht alleine.

Ich helfe dir, keine Sorge, aber ich möchte schon das du es mal selbst probiert hast.

Judo ist das Beste, was es gibt, glaub mir."

Und das sagte er aus Überzeugung.

Judo war der Sport schlechthin für ihn.

Budo-Sportarten, also japanischer Sport, waren schon immer sehr interessant gewesen.

Axel fand es faszinierend, sich ohne Waffen verteidigen zu können, weshalb er sich auch für einen solchen Sport entschied. Obwohl Judo mehr Sport als eine Art der Selbstverteidigung war.
 

Noch immer schaute Roxas ihn unschlüssig an.

Judo nannte sich das also... und er sollte es nun selbst versuchen?

Wie stellte Axel sich das vor...? Er hatte doch gar nicht die Kraft dazu.
 

"Ich krieg' das doch eh nicht hin..." argumentierte Roxas leise.

So etwas traute er sich erst recht nicht zu.

Er doch nicht...

Ein tiefes Seufzen durchdrang die Stille in der Halle.

Außer Marianne, Roxas und Axel war niemand mehr in diesem Teil des Gebäudes.

Die nächste Gruppe würde erst in einer Stunde eintreffen.

Axel strich sich durch das Haar, stemmte dann die Hände in die Hüften.
 

"Was mach' ich nur mit dir...", er schaute kurz zu Marianne, welche nur mit den Schultern zuckte, dann wanderte sein Blick zu Roxas, der beschämt den zerkratzten Boden betrachtete, "... was mach' ich...", murmelte Axel.

Er wollte dem Jungen helfen - das hatte er sich fest vorgenommen.
 

"Tut mir ...Leid..."

Roxas traute sich dieses Unterfangen wie so vieles einfach nicht zu.

Er versuchte es nicht einmal und das war sein Problem; dessen er sich leider auch bewußt war.

Der Sensing Nobody lauschte den Worten.

Sein Blick wechselte ins Verständliche, plötzlich konnte er sich die Situation besser vorstellen und wollte Roxas anders zu einem Versuch animieren.

Sachte beugte er sich auf Augenhöhe zu Roxas herunter und hob dessen Kinn.
 

"Wer sagt denn, das du das nicht hin bekommst?

Zeig mir denjenigen, der das gesagt haben soll und ich werd' ihm ein paar Takte beibringen!

Jeder kann das.

Und das sage ich nicht nur, um dich aufzuheitern, Kurzer.

Mit jeder, meine ich auch jeder. Unsere jüngsten Judoka sind gerade sechs Jahre alt.

Wenn die das lernen können, dann kannst du das auch, Rox. Du mußt dir nur einen Schubs geben und dir sagen "ich kann das". Verstanden?"
 

Röte zierte Roxas' Gesicht.

Die warme Hand von Axel brannte auf seiner Haut, als er sein Kinn anhob.

Es zitterte leicht.

Und nun durfte er in diese leuchtenden, grünen Augen sehen... der Junge bekam noch einen Herzinfarkt!
 

"Mhm..." war alles, was er zu dieser Erklärung sagen konnte, obwohl im mehr im Kopf herumschwirrte, was er hätte sagen können. 'In Ordnung', oder 'Gut, dann versuche ich es'; aber es kam nichts weiter als ein "mhm" über seine Lippen.

Axel lächelte schlicht, blickte das Nesthäkchen eindringlicher an.
 

"Weißt du... ganz am Anfang dachte ich genauso.

Ich war neun, als ich mit dem Sport anfing.

Also noch jünger als du.

Und mein Lehrer meinte dann nur:
 

"Judo ist nicht nur hier...", dabei tippte sich Axel auf den Bizeps, denn er kurz anspannte", Judo findet vor allem hier statt."
 

Der Bodyguard tippte leicht auf Roxas' linke Brust.

Auf sein Herz.
 

Roxas starrte Axel regelrecht an, faßte sich auf die Brust. Er hatte die Luft angehalten, atmete nun rasselnd aus.

Axel hatte sicher gespürt, wie sehr es dahinter pochte... wie sehr er Roxas aus der Ruhe brachte.

Aber was genau meinte er mit diesen Worten, der Geste...?
 

"Es ist alles eine Frage des Willens. Selbstvertrauen und Achtung vor dem eigenem Dasein sind sehr wichtig.

Das wollte er mir damit sagen. Wenn du mit dem Herzen dabei bist, dann ist es vollkommen egal wie alt oder groß du bist."
 

Lächelnd stand der Sensing Nobody wieder auf.

Langsam ging er in die Mitte der Matte, wandte sich zu Roxas um.

Marianne lächelte, blickte Axel dankend an.

Roxas' Bodyguard war schon etwas besonders.

Er war manchmal so, als wenn er sich genau in Roxas hinein versetzen konnte, als wenn er selbst all das erlebt hätte.

Man hörte jedes Mal, das der Rotschopf aus reinster Erfahrung sprach, so jung er selbst auch noch war...

Er hatte ihr förmlich aus der Seele gesprochen.

Unter anderem sollte Roxas genau das lernen:

sich selbst zu achten und mögen lernen...
 

Eine Ausrede kam nun nicht mehr in Frage.

Flucht war keine Option.

Noch immer verschüchtert, aber sichtlich getroffen von diesen Worten, schaute er Axel weiterhin nur an.

Wieso brachte ihn dieser Mensch nur so durcheinander?

Geistig sowie körperlich...?
 

Er nickte ihm zu, deutete dann auf Roxas' Socken.
 

"Ausziehen. Na los. Wir haben noch eine Dreivirtelstunde vor uns, Roxy", befahl Axel und nichts würde einen Rückzieher rechtfertigen. Insgeheim mußte er zugeben, das er sich freute, dem Kleinem diesen Sport näher zu bringen. Genauso mußte er zugeben, das ihm seine Arbeit als Personenschutz noch nie so viel Spaß gemacht hat wie bei Roxas - trotz der widrigen Umstände und einer Ratte namens Tai.

Er konnte sich vorstellen, das es an Roxas selbst lag, den er mit seiner zurückhaltenden Art auf eine gewisse Weise lieb gewonnen hatte. Vielleicht lag es aber auch an der hübschen Engländerin, die er näher kennen lernen durfte...

Was es auch war, es schien alle schlechten Gedanken und die Erlebnisse fort zu waschen, welche ihm noch Sorgen bereiteten.
 

Innerlich sehr aufgeregt, machte sich Roxas schließlich daran, endlich seine Socken loszuwerden.

Er zog noch etwas an seiner Kleidung herum, ehe er die Kälte der Matten unter seinen Füßen wahrnahm.

Ein seltsames Gefühl.

Ja, es war wirklich seltsam... diese Aufregung machte ihn fast unfähig sich zu bewegen.

Sie rührte nicht nur von der Tatsache her, das er nun wirklich hier stand unter den wachsamen Augen seiner Aupair...

Nein, es war auch die Tatsache, das er dem Menschen gegenüberstand, für den er allem Anschein nach etwas wie Liebe empfand...
 


 

AN: Ja... ich lebe noch!

Die letzten Monate waren wirklich... sehr schlimm für mich, weshalb es auch so lange dauerte.

Es wird sich leider auch nicht sonderlich ändern fürchte ich, da ich nun auch endlich eine Ausbildung habe und die geht ja vor. Aber weiterschreiben werde ich allemal. Keine Sorge.
 

Nunja. Komme ich dann mal zum Kapitel. Es ist das längste, das ich jemals geschrieben habe (in meinem Dokument sind es 16 Seiten). Wiedermal habe ich das Gefühl, viel zu sehr zu umschreiben und mich vor allem zu wiederholen... wohl eine Macke, die ich nicht so leicht wieder los werde...

Dann war da dieser riesige Zeitsprung, der einfach sein mußte.

Es war schon lange so geplant, um die Story etwas mehr voran zu bringen^-^

Nun... ihr werdet ja sehen, was noch so alles auf Roxas zukommt und ob er des Judos mächtig ist *grinst*

Ich hatte von Anfang an vor, Axel einen Kampfsport aufzudrücken, wußte aber lange nicht, welchen - bis ich dann auf Judo kam. Ich betreibe es ja selbst, als war es für mich einfacher zu beschreiben (und ich hoffe auch, das ich es gut und verständlich beschrieben habe). Ach ja...
 

Ich habe in der Zwischenzeit auch einen kurzen OS zu Clouds darken the sky geschrieben.

Wenn er euch interessiert, könnt ihr ja vorbeischauen:
 

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/323628/215933/
 

Dann sage ich tschüß und bis zum nächsten Kapitel!
 

MFG, Sinister

The deeper secret

Rauch umhüllte Tai wie dichter Nebel.

Musik war gedämpft zu vernehmen und wurde durchbrochen bei jedem Schritt, den er auf dem alten Dielenboden tat.

Jeder seiner Atemzüge brachte eine kleine Erinnerung an diesen Ort zurück.

Lange, viel zu lange war er nicht mehr hier gewesen. Ein altes, versifftes Lokal für allerlei "Ratten" erstreckte sich zu jeder Seite um ihn.
 

Hier war er vor Jahren Zuhause gewesen.

Es gab einmal eine Zeit, in der er selbst zu diesen Ratten gehörte.

Unter diese Bezeichnung vielen vielerlei Personen: Schläger, Dealer, Vergewaltiger und manch anderer Krimineller.

Und er hatte einst dazugehört - bis er diesen Lebensabschnitt wie eine unlesbare Seite aus einem Buch gerissen hatte.

Er hatte dazugelernt... gelernt, das alles im Leben eine Funktion hatte, die er für sich nutzen konnte.

Und dafür mußte er aus diesem Umfeld raus.
 

Langsam wandte er den Blick durch den Schankraum; nur wenige saßen hier und dröhnten sich die Köpfe mit diversen Genußmitteln zu. Das es nicht nur Alkohol gab, verstand sich fast wie von selbst.

Der Baarkeeper beachtete den Fremden nicht und räumte weiterhin Gläser in die verstaubte Vitrine -

wenn er etwas trinken wollte, solle er doch kommen.
 

Tai gab einen genervten Ton von sich.

Nicole war nirgends zu sehen.

Nicht nur, das sie mit ihren Informationen zu der ominösen Person auf dem Foto zu spät kam, nein, jetzt mußte sie auch noch zu spät zu ihrer Verabredung kommen.

Er bekam noch einen Koller wegen dieser eigensinnigen Frau!
 

"...dieses kleine, dreckige Flittchen erlaubt sich zu viel...", dachte der im stillen, steuerte auf einen relativ abgelegenen Tisch zu. Wenn die noch anwesenden Suffköpfe wüßten, das er mit 300 Piepen in der Tasche herum lief, wäre er schon längst in die Enge getrieben worden.

Doch er wußte, wo er sich hier befand und wie er sich zu verhalten hatte.

Also nahm der Sicherheitsmann einfach Platz, zündete sich selbst eine Zigarette an und wartete.

Er hatte viel mit Nicole zu klären.

Tai wollte jedes noch so kleine Detail über diesen Kerl erfahren - weil er genau wußte, das dieser Mann der Schlüssel zu jenem großem Geheimnis um Cassandras Vergangenheit war.

Und hätte er dieses erst einmal vollends gelöst, so würde er auch bald sein Ziel erreichen... dieses Ziel, welches er seit zehn Jahren verfolgte ... seit er in diesem gottverdammten Haus den Sicherheitsbeauftragten spielte...

Schneller als ihm lieb war, versank Tai wieder in seinen Plänen, wurde zum Räkeschmied und dachte an mehrere Schlüsselereignisse zurück.
 

Schon oft hatte er versucht, diese Welt um Roxas, Cassandra und all die anderen der Familie klarer werden zu lassen, aber erst vor diesen besagten zehn Jahren, hatte sich der Nebel gelichtet.

Erst, nachdem der älteste Sohn des Hauses buchstäblich geflohen war.

Tai legte ein verstohlenes Lächeln auf, ließ einen der Bierdeckel, der auf dem Tisch lag, zwischen seinen Fingern hin und her gleiten.

Er hatte es dem Jungen nicht zugetraut.

Wirklich nicht.

Roxas' älterer Bruder war wirklich gewiefter und taffer, als er es angenommen hatte.

So ruhig er auch immer wirkte... als er diese eine Wahrheit erfuhr, brannte ihm die Sicherung durch.

Stille Wasser sind ja bekanntlich tief...

Mit seinem eigenem Blut hatte er die Wände des Anwesens befleckt, geschworen, das es Cassandra und ihrem Mann Leid tun würde. Das er sich rächen würde für "all das".

Für diese Lügen.
 

Wundern würde es Tai nicht, wenn auch Roxas eines Tages der Kragen platzen würde.

Mehr noch, er glaubte, das es sogar bald soweit sein würde.

Nicht zuletzt wegen diesem Axel... diesem Mann, der ihm zuerst ein Dorn im Auge war und später zu einer Figur in seinem Spiel wurde... der zwischen die Fronten geraten war...
 


 


 

"...eins...zwei...drei...!"

Langsam ging er diese drei Schritte rückwärts, drehte sich und nahm mit viel Schwung das rechte Bein hoch; Roxas war immer darauf bedacht, nicht irgend etwas in seinem Zimmer umzuwerfen und vor allem, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
 

"Hm..."
 

Er nahm nach einigen Sekunden das Bein wieder herunter und dachte über seine Bewegungen nach, darüber, ob es so wohl richtig war.

Es hatte Spaß gemacht.

Richtig Spaß.

Er würde diese Stunde, die er mit Axel auf der Matte stand nie wieder vergessen, dessen war er sich sehr sicher.

Ebenso wie er sich sicher war, seine Mutter zu fragen, ob er ernsthaft diesen Sport ausüben durfte - wohl eher nicht, aber fragen wollte er. Er wollte es.

Wirklich. Deshalb übte er nun auch an einem imaginären Partner.

Und wenn er so Axel noch öfter sehen konnte, wollte er es umso mehr.
 

"..mrrm..."

Roxas wurde rot bei dem Gedanken an vorhin.

Beschämt fuhr er sich über das Gesicht.

Hätte Axel ihm nicht früher sagen können, das fast alles im Judo mit engem, wirklich engem Körperkontakt verbunden war?

Wie oft war er mit Axels heißen Körper in Berührung gekommen?

Zwanzig mal? Dreißig?

Roxas hatte aufgehört zu zählen, nachdem er kaum noch fähig war sich richtig zu konzentrieren.

Sein Bodyguard hatte ihn sooft fast umarmt bei den Bewegungen, hatte ihn sooft zu sich gezogen um Roxas die Wirkung des Gleichgewichtbrechens zu erläutern... hatte ihn sooft berührt um ihm zu zeigen, wie er richtig fiel ohne sich zu verletzen...
 


 

"Merkst du es? Ich brauche nur an deinem Arm zu ziehen und du fällst schon fast von alleine. Schub und Zug sind wichtig."

Axel ließ den Arm seines frischgebackenen Lehrlings wieder los, nachdem er ihn zu sich gezogen hatte. Roxas stand zuletzt nur noch auf Zehenspitzen vor ihm, wäre fast gefallen. Der Bodyguard erläuterte dem Jungen gerade das Prinzip des Gleichgewichtbrechens.

Er hatte ihn immer wieder zu Initiative ermutigen müssen und das stellte Axels Geduld auf die Probe; und wenn er ehrlich mit sich war, war er nicht der Geduldigste.

Aber mit Roxas gab er sich wirklich Mühe.

Der Junge hatte es ihm auf die ein oder andere Weise angetan. Seine zurückhaltende, weltfremde Art... Roxas wirkte auf ihn wie ein kleines Kind, welches die Welt nun erst kennenlernte. Das man an die Hand nehmen und sagen mußte "Schau, das erwartet dich!". Axel fühlte sich fast verpflichtet, Roxas das Leben näher zu bringen und aus ihm eine Person mit erhobenem Haupt zu machen.
 

Er sah ihn jedes Mal unsicher an, wieder und wieder.

Wieder und wieder traute er sich nicht an Axel heran, zögerte und druckste herum.

Er fühlte sich unsicher und beschämt weil sein Herz jedes Mal einen Satz machte, wenn Axel ihn berührte, ihn geradezu an seine Brust zog - und das nur des Sports willen.

Axel dachte sich natürlich nicht mehr dabei...

Diese Gefühle behinderten alles, was der Biker versuchte Roxas zu zeigen.

Doch dieser Mann nahm es mit einem seichten Lächeln hin und begann von vorne; so lange, bis auch Roxas das meisterte, was er von ihm verlangte.
 

Roxas fühlte sich zudem ausgeliefert.

Er war zum Sklaven dieses Gefühls geworden.

Spürte nur umso deutlicher, das Axel viel mehr war, obwohl er das nicht sollte.

Viel mehr als ein Leibwächter, viel mehr als ein kecker Motorradfahrer, welcher in einer Welt lebte, die ihm so fremd war.

Er war sein Axel.

Dieser Mensch, der Roxas die Wärme wiedergegeben hatte, die er so misste.

Der Junge hatte in der letzten Zeit, und vorhin auch, gemerkt das er Axel am liebsten nie wieder gehen lassen wollte.

Schon oft wollte er ihn einfach am Ärmel packen, ihn am gehen hindern.

Er tat nichts und redete sich ein, das er nicht mehr als freundschaftliche Gefühle für Axel hegte.
 

Doch dem war nicht so. Er hegte größeres als Freundschaft für den Biker.

Roxas begann, es sich einzugestehen Stück für Stück.
 

Und heute war es wieder ein Stück mehr geworden.
 


 

Seufzend ließ sich Roxas auf seinem Schreibtischstuhl nieder und blickte auf den Boden.

Wie, um Himmels Willen, sollte er damit fertig werden? Sagen konnte er es Axel nicht.

Auf gar keinen Fall würde er diesen Fehler machen.

Davor hatte er zuviel Angst.

Und außerdem bahnte sich schon etwas zwischen im und Marianne an.

Er war doch nicht blind!

Wie die beiden manchmal miteinander umgingen und sprachen... jeder konnte sehen, das sich die beiden wirklich sehr mochten und es dann doch nicht wirklich zugeben wollten - die Gerüchteküche im Hause brodelte bereits.
 

Roxas' Blick wurde trüber.

Wie sehr er sich inzwischen wünschte das Axel genauso mit ihm umgehen würde, erschreckte ihn, das mußte er auch zugeben. Aber dieser Wunsch und der, Axel nahe zu sein, überspielte das alles fast schon haushoch.
 

"Sag' mir doch einer, was ich tun soll...bitte...", wisperte Roxas, vergrub das Gesicht in den vom Angstschweiß nassen Händen...
 


 

Lasziv lächelnd beugte sich seine Gesprächspartnerin vor, kicherte leicht.
 

"Ohoho... du solltest mal deine miese Fresse sehen, Tai. Siehst geradezu unbefriedigt aus.

Läuft wohl kein Matratzensport mehr, wa?"

Nicole mußte nur noch mehr kichern, als Tai den Bierdeckel in seiner Hand zerdrückte und sie giftig ansah.
 

"Schluß jetzt. Ich will endlich wissen, was du rausgekriegt hast verdammt!", donnerte Tai und pfefferte den zerdrückten Bierdeckel in Nicoles Richtung, um seinen Worten noch einmal Nachdruck zu verleihen.

Dieses Biest war wirklich zum kotzen, aber er brauchte sie - noch.
 

"Du willst also zum geschäftlichen Teil kommen ,wie?"

Nicole blickte sich vorsichtig um.

Ein paar Suffköpfe sahen hin und wieder zu dem Tisch der beiden, schauten aber dann lieber wieder zu tief ins Glas.

Die junge Frau schob mit Bedacht ihr Oberteil etwas hoch; an der Hüfte war ein kleiner Gurt mit einer Tasche befestigt.

Vorsichtig zog sie einen mitgenommenen Umschlag hervor und reichte ihn Tai.
 

"Ich hab dir ein paar Dinge aufgeschrieben.

Ob es das ist, was du sucht weiß ich zwar nicht nicht, aber die Infos sind trotzdem sehenswert.

Deine Fotos sind auch drin", fügte sie hinzu, lächelte wissend.
 

Tai schielte zu ihr, nahm den knisternden Umschlag entgegen und sah hinein.

Ein Zettel lag, zusammen mit den beiden Fotos, darin.

Unversehrt waren sie geblieben, so wie er es sich gewünscht hatte.
 

"Schieß los", meinte Tai und verstaute seine Sachen.
 

"Also; der Kerl auf den Fotos hat in derselben Straße gelebt, wie diese...diese Tusse"

"Cassandra meinst du..."

"Mir doch egal wie die heißt.

Jedenfalls... hatte er dort gelebt, sogar recht nahe. Und-"
 

"Wieso hatte?", bohrte Tai nach und unterbrach sie.

Sollte sich seine Vermutung bestätigen...?

Nicole zog die Augenbrauen hoch und nippte an dem Bier, das vor ihr stand.

Sie seufzte gespielt mitleidig.
 

"Weil der Hübsche leider schon seit gut 25 Jahren tot ist.

Schade eigentlich, ich hätte ihn zu gern vernascht...".

Die Frau grinste in sich hinein.
 

"Wenn meine Quellen stimmen, wurde er erschossen.

Und er war gerade Vater geworden... ist das nicht traurig...?

Armer Kerl... und armes Kind...ach ja...", sie seufzte erneut und trank den Rest Bier in einem Zug aus.

Man sah, das alles nur gespielt war.
 

"Damit hätte ich nun nicht gerechnet...nun ja...fast nicht."

Ein bißchen verblüfft über seine ruhige Reaktion war Tai schon.

Sein Gehirn arbeitete indessen auf Hochtouren.

Da hatte Cassandra also ein Foto von einem Mann versteckt, der Opfer eines Unfalls oder sogar Mordes geworden war. Die Frau hatte Nerven, wirklich.

Er hatte zwar schon damals seine eigenen Vermutungen gehabt, wer dieser Typ auf den Fotos sein könnte -

aber bei allem war er sich relativ unsicher gewesen.

Er hatte geduldig auf die Informationen Nicoles gewartet und nun wollte Tai das Geheimnis umso mehr lüften.

Was das alles zu bedeuten hatte, konnte er nur erahnen und spekulieren, aber... irgend etwas sagte ihm, das dieses Kind von dem er gerade erfahren hatte, vielleicht der Schlüssel zu allem sein könnte...
 

"Nicole. Weißt du... wo dieses Kind nun ist? Ich bin sicher, das mir das sehr weiterhelfen würde.

Vielleicht weiß dieses Gör' ja, was meine "Chefin" mit dem Unbekannten zu schaffen hatte."
 

Stille herrschte zwischen den beiden.

Angesprochene sah den Sicherheitsmann so finster lächelnd an, als wenn sie sagen wollte "das, mein Lieber, ist der springende Punkt".

Die Frau beugte sich vor, ihre Augen glänzten leicht in dem mattem Licht.
 

"Ich weiß nicht, wo das Kind dieses Kerls nun steckt.

Kann auch egal sein.

Das solltest du auch ohne meine Hilfe herausbekommen können.

Ich hab nämlich noch etwas für dich, das dich sicherlich mehr als brennend interessieren wird, Tai".
 

Tais Nackenhaare stellten sich auf.

Nicht aus Angst, nein, das bei weitem nicht, aber er spürte instinktiv das die Information, die er nun bekommen würde, wahrscheinlich alles über den Haufen werfen würde.

Das Cassandra mit diesem Mann zu tun hatte, war ihm nun schon klar, aber...was war es?
 

Seine Informantin stützte den Arm auf, zeigte auf Tai.
 

"...diese Cassandra war mit unserem toten Freund hier liiert. Es ist ihr Kind.

Hundertprozentig. Egal, wo es nun steckt, es ist ihres."
 

Mit einem mal brach alles zusammen, wurde in viele kleine Splitter zerborsten und ein völlig neues Bild der Situation bildete sich in Tais Kopf. Cassandra war mit diesem Kerl zusammen gewesen?

Das hatte er sich nicht vorstellen können!

Egal, wie offensichtlich diese Möglichkeit gegeben war, das konnte er sich einfach nicht vorstellen! Er hatte diese Möglichkeit einfach in den Wind geschossen.

Und nun?

Diese hysterische Frau hatte noch ein uneheliches Kind!

Und es konnte sich definitiv nicht um Roxas oder dessen Bruder handeln, schließlich mußte dieses Kind ja nun um die 25 Jahre alt sein... aber wer zum Teufel war das? Und vor allem, warum wußte keiner davon? Warum hatte sie es verschwiegen?

Tai mußte dem auf den Grund gehen.

Es ärgerte ihn zwar, das er nun noch mehr Rätsel um diese Frau zu lösen hatte, aber da konnte er nichts daran ändern.

Nicole hatte schon recht, nun konnte er es vielleicht selbst herausfinden; jedoch mußte sie ihm noch eine Frage beantworten.
 

"Wie hieß er?"
 

Sie legte den Kopf schief, schüttelte sachte den Kopf.

Tai starrte sie nur an, wiederholte seine Frage zischend.

Das Wichtigste wußte sie nicht?!
 

"Ich habe wirklich alles versucht, aber niemand konnte mir den Namen nennen.

Noch nicht einmal eine Andeutung, nichts. Du weißt gar nicht, wie schwer es war überhaupt etwas über ihn herauszufinden, geschweige denn, das er ein Kind mit dieser reichen Tussi hatte!

Ich hab mir den Arsch für dich aufgerissen und nun will ich meine Kohle sehen!"

Nicole stand auf und sah ihn fordernd an.

Sie hatte ihren Teil der Abmachung eingehalten, wenn auch nicht in der vorgegebenen Zeit.

Wie sie Tai schon sagte, es war wahnsinnig schwer gewesen etwas über diesen hübschen, toten Mann zu finden, weshalb es auch länger dauerte.
 

Denn fast alles war verwischt worden.

Die genaue Adresse, das Alter und all solche Kleinigkeiten, die einem hätten helfen können.

Es war offensichtlich das jemand nicht wollte, das man etwas über ihn erfuhr und es würde Nicole überhaupt nicht wundern, wenn diese Cassandra damals Himmel und Erde in Bewegung gesetzt hatte um ihr Verhältnis mit ihm zu vertuschen und alle Hinweise verschwinden zu lassen.

Die Frage unter so vielen anderen war nur, warum wollte sie alles vertuschen?

Vielleicht, weil ihr lieber Partner erschossen worden war, kurz nachdem sie dieses Kind zur Welt gebracht hatte?
 

Murrend und kurz zur Seite blickend stand Tai auf; der Stuhl gab ein quietschendes Geräusch von sich, als er ihn zurück schob. Er sah sich noch einmal vorsichtig um, ehe er den Umschlag mit dem Geld hervor zog - Tai konnte gar nicht so schnell gucken, wie er in Nicoles Händen war und kurz darauf verschwand.

Sie wollte jegliche Risiken vermeiden.
 

"Ein paar Dinge stehen noch auf dem Zettel. Ich glaube kaum, das sie nun noch relevant sind, aber vielleicht kannst du etwas damit anfangen. Ach ja: erwarte nicht von mir, das ich mich noch einmal auf die Suche begebe!

Das hier war das letzte Mal mit uns beiden, Freundchen."

Sie grinste nur süffisant, wandte sich um.
 

"Bye bye...!", kicherte Nicole und wandte sich um. Tai ließ sie einfach stehen, aber das sollte ihm Recht sein.

Auch für ihn war klar, das dies das letzte Mal gewesen sein sollte.
 


 


 

Axel hatte schon vor geraumer Zeit den Heimweg angetreten.

Nach dem Training mit dem Kleinem hatte er ihn und Marianne nach Hause begleitet um auch den Schein zu wahren.

Der Biker lächelte.

Er hatte sich gut mit Marianne unterhalten auf dem Rückweg und er war sich ziemlich sicher, das sie es als ebenso angenehm empfunden hatte wie er.

Schließlich hatte er, natürlich leiser, gefragt ob sie Lust auf einen kleinen Ausflug hatte wenn seine Maschine wieder einwandfrei funktionierte - und sie hatte lächelnd ja gesagt.

Roxas hatte von dem nicht alles mit bekommen; obwohl Axel dessen Blicke nicht entgangen waren.

Es kam ihm so vor, als wenn sie schon fast eifersüchtig waren.

Aber worauf sollte der Kurze schon eifersüchtig sein?

Etwa darauf, das er etwas von seinem Kindermädchen wollte?

Wohl kaum.

Er war doch erst 15. Oder fast 16.
 

Zumal war er ja nicht der Einzige, der Interesse zeigte - Marianne war anscheinend auch interessiert an ihm.

Ihre offenere Art ihm gegenüber verriet es.

Und darüber war Axel froh.
 

Genauso, wie er froh darüber war, das Roxas Spaß gehabt hatte.

Axel hatte den Jungen selten lachen sehen, ja, eigentlich noch gar nicht.

Und er wollte, das Roxas endlich lachen konnte.

In dieser kurzen Zeit hatte er sich so gut es ging von Marianne schildern lassen, wie die Situation in dem Hause noch war, was geschah wenn er nicht da war und woran all das liegen konnte.

Seit dem konnte Axel immer mehr Verständnis für die Art des Blonden aufbringen.

Konnte verstehen, was Roxas zu einem so kleinem, psychisch schwachem Menschen machte.

Axel konnte einfach nicht mehr zulassen, das Roxas noch weiter sank.

Dazu...nein, dazu hatte er den Jungen wirklich zu gern.

Er mochte Roxas.
 

Es war komisch, aber er mochte Roxas; eigentlich hatte er nichts für Halbstarke übrig aber der Junge war schließlich anders und ein Stück weit wollte er ihm auch das näher bringen, was Xemnas ihm schon von klein auf eingebleut hatte:

Respekt, Selbstvertrauen und Achtung vor sich selbst und jedem anderem. Fast schon wie ein Vater seinem Sohn...

Wie seltsam und kindisch.

Axel grinste, schüttelte den Kopf über diesen Gedanken.

Was dachte er da nur für Dinge?
 

Nun stand er in der Werkstatt und sah sich das Motorrad an, an dem Xemnas schon seit langer Zeit schraubte.

Es war seine gute, alte Harley.

Sie sah schon wieder richtig schön aus, fast wie neu, es fehlte nur noch die Lackierung und ein paar andere Kleinigkeiten.

Und das hieß, er konnte bald mit Marianne durch die Gegend fahren.
 

Kurz bevor er gegangen war wollte er sie eigentlich noch fragen, ob sie vielleicht die Möglichkeit hatte, sich zumindest einen eigenen Helm zu besorgen, als aus heiterem Himmel nach der jungen Aupair gerufen wurde.

Es war ein Anruf für sie - aus England.

Es schien dringend zu sein.

Marianne war schneller von der Tür weg, als er schauen konnte.

Nur flüchtig hatte sie ihm auf wiedersehen gesagt, ihre Stimme klang besorgt dabei.

Auch Roxas sah recht unsicher drein.

War das vielleicht ein schlechtes Zeichen, wenn sie einen Anruf aus ihrer Heimat bekam...?
 

Axel fragte nicht nach, schließlich ging es ihn nichts an.

Und dennoch fragte er sich, wo nun die Hütte brannte.

Er hatte Roxas durch das Haar gewuselt und ihm versprochen, "das wir das von heute bald wieder machen".

Dann war er gegangen. Ohne zu sehen, wie hoffnungsvoll Roxas ihm nachblickte
 

Sachte strich er über den Sattel der Harley, spürte das kalte Leder unter seinen Fingerkuppen.

Schon jetzt konnte er es kaum erwarten, den Motor wieder aufheulen und diesen guten, alten Chopper wieder über diverse Straßen zu jagen. Aber diesmal immer mit Schutzkleidung!
 

"Wir werden bald wieder unseren Spaß haben..."
 


 


 


 

Unschlüssig stand Roxas vor Mariannes Zimmertür.

Neben ihm stand eines der Dienstmädchen, ebenso unschlüssig wie er.

Roxas fühlte sich unglaublich schlecht dabei, zu hören, wie seine Marianne unaufhörlich weinte.

Er fühlte sich unfähig irgend etwas zu tun.

Er wußte nicht einmal genau, was geschehen war, aber er konnte es sich denken.
 

"Ich glaube, es ist besser, wenn Sie Marianne in Ruhe weinen lassen, Roxas.

Sie möchte sicher niemanden bei sich haben."

Julie, das Dienstmädchen, sah ihn mitleidig an.

Auch sie wußte nicht genau war war.

Nur, das ein Anruf aus England kam und das Marianne nach fast einer halben Stunde Telefonat nach oben gestürzt war.

Somit wußte sie nicht mehr als alle anderen in diesem Haus.
 

Mit einer Sachten Bewegung legte sie ihre Hand auf Roxas und wollte ihn zum gehen bringen, als Roxas einfach stehen blieb und sich ihr entwand.
 

"Ich möchte es trotzdem versuchen, Julie. Vielleicht braucht sie gerade jetzt jemanden...!"

Eindringlich und bittend schaute er sie an.

Roxas kannte Marianne. So wie er sich ihr immer wieder anvertraut hatte, so tat sie dies auch bei ihm.

Er kannte den größten Teil ihrer Lebensgeschichte und auch, wie schlecht es ihrer Familie in England erging.

Julie seufzte.
 

"Wenn Sie meinen... Versuchen Sie ihr Glück.

Vielleicht hilft es ja doch."

Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf den vollen Lippen dieser Frau, sie schaute noch einmal auf das Zimmer, aus dem noch immer gedämpfte Laute der Trauer zu vernehmen waren.

Kurz danach ging sie schließlich und ließ Roxas mit seinem kleinem Plan alleine.
 

Ein letztes Mal atmete er tief durch.

Schaute die Türklinke noch kurz an, ehe er anklopfte und leise eintrat.
 

"Marianne...?"
 

Sie lag halb auf der Seite, halb auf dem Bauch, die Arme um ihr Kissen geschlungen, auf dem Bett.

Das Telefon lag neben ihr und nur das gedämpfte schluchzen erfüllte den Raum.

Bei diesem Anblick tat Roxas das Herz weh.

Er hatte Marianne noch nie so bitterlich weinen sehen.

Sie war immer so fröhlich, so munter und quasi der Fels in der Brandung...
 

Langsam, ganz langsam ging er auf sie zu und blieb am Bettrand stehen.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er sich traute die Hand zu heben und ihr zögernd auf die bebende Schulter zu fassen.

Sie bemerkte erst jetzt, das sie nicht mehr alleine in dem Zimmer war.

Mariannes Augen blickten erschrocken, rot und aufgequwollen vom weinen auf Roxas.

Sie zitterte am ganzen Körper, die Tränen liefen und liefen, färbten die Bettwäsche.
 

Wehleidig blickend schüttelte sie den Kopf, immer wieder, keuchte und fiel Roxas nun einfach um den Hals.

Er kippte fast auf das Bett, stützte sich jedoch mit beiden Händen auf der Matratze ab.

Verwirrter denn je schaute er auf seine Aupair.

Was war geschehen das sie so aufgelöst war?
 

"Eh...M...Marianne...was...", setzte Roxas an, umschlang sie leicht mit den Armen.

Etwas besseres viel ihm nun nicht ein.

Was sollte er im Angesicht einer weinenden Frau auch tun...?
 

Kaum hatte er versucht eine Frage an sie zu richten, löste sich diese von selbst.

Sie krallte sich in das Hemd von Roxas, die Stirn an dessen Brust gelehnt.
 

"My mother... she died today...", wisperte Marianne.
 


 


 

AN: Da bin ich wieder! Diesmal zwar mit einem kurzem Kapitel, aber das muß auch mal sein *grins*

Ich hoffe doch, das es gefallen hat. Und das ich euch neugieriger machen konnte...hach ja... ich lieebe Geheimnisse (merkt man das vielleicht...?). Naja. Viel ist zu diesem Kapitel nicht zu sagen.

Nächstes Mal gibt es höchst wahrscheinlich wieder etwas Längeres!

Bis zum nächsten Mal und vielen lieben Dank für eure Kommentare!
 

MFG, Sinister

Unexpected changes

Sehr, sehr lange hatte Roxas dort gestanden, mit Marianne im Arm und selbst mit den Tränen ringend.

Er war nicht der Typ für tröstende Aktionen.

Definitiv nicht - denn meistens ging ihm der Grund selbst so nahe, das er einfach nicht trösten konnte.

Wie denn auch?

Den Tod konnte man nicht besiegen.

Er war das Ass im Ärmel des Schicksals.
 


 

Wenn er daran dachte, wie oft Marianne immer wieder gehofft hatte, wie oft sie stumm geweint hatte als sie von all dem Leid erzählte, das ihre Mutter ertragen mußte... und wie oft sie ihrem Vater Hoffnung und Mut schenken mußte obwohl sie selbst kaum genug hatte um all dies bis zu diesem Zeitpunkt durchzustehen...
 

Ihm wurde regelrecht schlecht bei dem Gedanken, das die Ärzte nicht einfach geholfen hatten.

Auch ohne an die Kosten für diese Operation zu denken.

Es ging schließlich um das Leben eines Menschen.

War das nicht Grund genug gewesen, um zu helfen?

Ein Menschenleben war nicht bezahlbar.

Für kein Geld der Welt.
 

Nun war es zu spät.

Endgültig.
 

Dieses kleine Wort machte plötzlich alles kaputt.

Jeder Gedanke wurde nichtig, jeder Atemzug eine Qual.

Es erschien so unwirklich, nahm einem die Kraft, selbst wenn man nicht direkt damit zu tun hatte.

Und für Marianne... für Marianne brach mehr als nur eine Welt zusammen.

Viele Jahre ihres Lebens hatte sie nur für ihre Mutter geopfert, hatte für sie gearbeitet, sie umsorgt - war sogar in ein anderes Land und somit zu ihnen gezogen nur um ihr helfen zu können.
 

Und nun... sollte all das umsonst gewesen sein.

All die Mühen, all die Tränen und die Liebe, die dahinter steckte.
 

Rein theoretisch hielt Marianne nun nichts mehr hier.

Sie brauchte diese Stelle als Kindermädchen nicht länger.

Sie könnte gehen.

Zu ihrem Vater... dort, wo sie nun am meisten gebraucht wurde.

Doch ob man sie gehenlassen würde, war eine andere Frage...

Marianne hatte es nicht gemerkt, aber selbst sie war zu einer Spielfigur geworden, die nun Zug um Zug in eine trügerische, noch unklare, aber sicher nicht ungefährliche Richtung bewegt wurde...
 

Nun war sie wieder allein in ihrem Zimmer.

Sie dachte nach, brauchte nun Zeit für sich.

Außerdem wollte sie nicht noch einmal so sehr vor Roxas weinen.

Vor niemanden.

Die Tränen wollten sie nicht loslassen, immer und immer wieder füllten sich ihre blauen Augen.

Was um Himmelswillen sollte sie nun tun? Roxas brauchte sie, andererseits konnte sie nun nicht länger hierbleiben.
 

Alles war nun umsonst gewesen, all die Arbeit, einfach alles.

Und, sie hatte ihre Mutter nicht einmal mehr sehen können.

Es war ihr selten möglich gewesen, nach England zu fliegen und wenn, dann nur für ein paar Tage.
 

Wieder verzerrte sich Mariannes Gesicht.

Sie starrte auf ihre Bettdecke, die nach und nach wieder verschwamm, weil erneut Tränen kamen.

Ein Schluchzen, verkrampft umarmte sie sich selbst, im Kampf gegen die Trauer...
 


 

Seinen Samstagmorgen hatte sich Vexen sicher anders vorgestellt.

Diverse Dinge standen noch auf seinem Plan für heute und er wollte diesen möglichst schnell abarbeiten; jedoch verplemperte er nun seine Zeit mit warten.
 

Eine Tasse mit viel zu starkem Kaffee wärmte seine Hände, während er sich gegen die Werkbank in Xemnas' Werkstatt lehnte und diesem dabei zusah, dem Motorrad seines Ziehsohnes den letzten Schliff zu verleihen.

Man sah und staunte doch immer wieder:

Das Bike sah nicht nur nagelneu, sondern viel besser aus als vorher.

Jetzt, wo er das gute Stück wiedersah, konnte Vexen wirklich nachvollziehen, warum es Axel so in den Fingern gejuckt hatte - er lag der halben Truppe schon seit Tagen in den Ohren.

Der junge Sensing Nobody war regelrecht versessen darauf, das Schätzchen durch die erhitzten Straßen zu jagen.

Das richtige Wetter hatten sie nun ja.
 

An dem Grundgerüst hatte sich natürlich nicht viel geändert; jedoch war die Lackierung anders und auch die Lederausstattung. Gerade solche Kleinigkeiten konnten viel hermachen.

Vexen nahm einen Schluck von dem Kaffee, verzog das Gesicht.

Wirklich viel zu stark!
 

"Sach mal, Chef... hast du dir schon Gedanken gemacht?

Wegen der Ausfahrt meine ich. Mar meinte zu mir, das du die letzte Besprechung fallen gelassen hattest."

Der Älteste aus der Truppe der Sensings zog eine Augenbraue hoch, als er nachfragte; eigentlich war das nicht Xemnas' Stil, so etwas fallen zu lassen. Was war also dazwischen gekommen?
 

Gefragter schielte zu ihm hoch.

Xemnas trug einen abgewetzten Blaumann, darunter ein weißes, mit diversen Farbflecken gespicktes Sweatshirt.

Die Hände und teils das Gesicht waren voller Schmiere, was an manchen Stellen wegen seines dunklen Teints gar nicht auffiel.
 

In seinem Beruf war so etwas natürlich nicht vermeidbar, aber Xemnas liebte es sich einfach mal die Hände schmutzig zu machen. Seufzend richtete sich der Superior auf, legte den Lappen, mit dem er die verchromten Teile nachpoliert hatte, bei Seite.
 

"Ich hatte an eines der nächsten Wochenenden gedacht.

Das Wetter soll mitspielen und bis dahin habe ich auch die Maschine von Axel fertig."
 

Xemnas warf einen Blick auf das gute Stück, wischte sich die Hände an seinem Oberteil ab.

Normal wäre er schon längst mit seinen Jungs gefahren; allerdings kam bei dem letzten Versuch, die Ausfahrt zu planen ein bißchen was dazwischen - nämlich Roxas.

Und später Axels Unfall.
 

Jene von den Sensing Nobodies, die an dem Abend nicht dabei gewesen waren, wußten natürlich nichts genaues.

Wundern tat es Xemnas allerdings nicht, das der Rest der Bande selbst nach Wochen die Einzelheiten noch nicht kannten.

Einige, und er konnte sich sehr gut ausmalen wer, fanden es wohl beschämend, von einem "kleinen Jungen" unterbrochen worden zu sein - solche Dinge ließ man dann gerne Mal unter den Tisch fallen.

Von dem Unfall wußten natürlich alle.
 

"Mh... kommt natürlich drauf an, wer Zeit hat und wenn, wieviele Leute dann mitfahren können.

Ich habe keinen Bock, mit drei Mann durch die Gegend zu gurken... ich weiß, das Demyx unbedingt mit wollte aber von den Anderen hab ich wie immer noch nichts gehört", erzählte Vexen, trank seinen Kaffee aus und stellte die Tasse auf ein in seiner Höhe gelegenes Regal.

Er schüttelte sich ein bißchen.

Axels Ziehvater seufzte resigniert, kratzte sich am Kopf.
 

"...ja... ja, ich weiß.

Werde heute Abend mal bei allen durchklingeln und fragen, wies in den Terminkalendern aussieht..."

Xemnas schüttelte leicht den Kopf.

Hoffentlich kam nicht wieder irgend etwas dazwischen.

Ihm fehlte dieses gemeinsame Wochenende mit seinen Leuten. In letzter Zeit waren sie zu so wenig gekommen...
 

Moment. Wochenende!

Ein wenig erschrocken über das, was ihm gerade in den Sinn gekommen war, wandte sich der Superior zum Gehen.

Schräg gegenüber der Werkbank stand ein alter Campingtisch, den er notgedrungen zu einer Art Schreibtisch umfunktioniert hatte - wobei "Ablage für allerlei Müll" es wohl besser traf.

Der Tisch hatte wirklich schon bessere Tage gesehen - das ehemalige weiß war nun ein stumpfes Grau, die Beine waren verrostet, hin und wieder quietschte der Tisch auch, wenn man sich auch nur leicht darauf stützte.

Er steuerte die Wand, an welcher der Tisch stand, an.

Vexen sah ihm fragend nach.
 

Xemnas fing an, das Chaos auf dem Tisch zu durchwühlen.

Er suchte seinen Kalender.
 

"Wenn ich mich recht entsinne...ist Axel nächstes Wochenende gar nicht da...", murmelte er, zog nach einer Weile tatsächlich einen abgewetzten Wandkalender hervor.

Etliche, in kleiner Schrift verfaßte, Termine teilten sich den Platz in diesem Monat. Jedoch waren nicht alle von Xemnas.

Die Hälfte der Eintragungen stammen von Axel. Er hatte seinem Vater den Gefallen getan, ihm so mitzuteilen, an welchen Tagen er bei Roxas den Babysitter spielte.

Und die beiden Wochenenden, die sich der Superior der Sensing Nobodies ausgeguckt hatte, fielen auch darunter.

Mit rotem Edding waren die Daten umkreist worden.
 

"Na wunderbar. Axel fällt die nächsten Wochenenden aus."
 

"Wie, er fällt aus?"

Vexen gesellte sich zu seinem Chef.

Irritiert warf der Fahrer einen Blick auf den Kalender.

Auf den Kästen der jeweiligen Tage war ein Name eingetragen: Roxas.

Wer zum Teufel war Roxas?
 

"Wer ist das, Xem? 'Ne neue Bekanntschaft von deinem Sohn...?"

"Kann man so sagen, ja...", erwiderte Gefragter, pfefferte den Kalender wieder auf den Tisch und begann, Vexen die ganze Geschichte näher zu erläutern...
 


 

Treudoofe Huskyaugen blickten zu Axel empor, als er an der schneeweißen Tür stand und zweimal klingelte.

Die Hunde hatten sich mit lautem Gebell auf ihn gestürzt und ihn auf ihre Weise in Beschlag genommen.

Seit ein paar Wochen waren Doge und Cooper mit dem rothaarigen Kerl im Reinen; wenn Roxas ihn mochte, dann konnte er ja kein schlechter Mensch sein, oder? Und außerdem könnte er ja ein paar Leckerli versteckt haben...
 

Axel summte ein bißchen, wippte leicht auf und ab.

Heute würde er Marianne fragen, ob sie vielleicht Lust hätte, sich auf seine Maschine zu setzen und eine kleine Spritztour bei gutem Wetter zu veranstalten.

Und außerdem hatte er sich noch eine Art Überraschung ausgedacht.

Er war gespannt auf ihre Reaktion und hoffte, das sie mitmachte.

Allerdings war sich Axel nicht sicher, ob er das was er vor hatte, einfach so über Xemnas' Kopf hinweg entscheiden konnte; aber darum würde er sich einen Kopf machen wenn es soweit war.
 

Cooper fing an zu winseln und rammte seinen Kopf in Axels Kniekehlen - das war die typische Art des Rüden, auf sich aufmerksam zu machen.
 

"Hey! Was soll das? Geh' Leichen ausbuddeln oder was weiß ich...", zischte Axel, erntete aber nur ein leises Knurren; Cooper bleckte die Zähne und gab den Blick auf einen zerkauten, alten Tennisball frei - ob das eine Provokation war?
 

"Leichen "ausbuddeln"? Was glauben Sie, wo Sie hier sind?

Auf einem modrigem Friedhof?"
 

Wie unter Strom gesetzt wandte sich Axel wieder der Tür zu, welche geöffnet worden war.

Ach du Scheiße. Die Alte wieder...

Spitze Stimmen brachten ihn immer wieder dazu, sich wie auf einem Präsentierteller zu fühlen.

Ausgeliefert und hilflos.

Dabei war die Tucke, die gerade vor ihm stand, so harmlos wie ein schreiendes Kleinkind.

Schreiend, wohlgemerkt.
 

"...wissen Sie denn, was unter dem Rasen ist? Ich nicht", antwortete Axel ironisch, schob Cooper ein wenig bei Seite.

Der Biker strich sich durch das Haar, welches in der Mittagssonne noch intensiver leuchtete.

Axel schaute kurz zur Seite, blickte die ältere Dame dann an und seufzte leicht.
 

"Ich bin hier, um Roxy abzuholen. Er ist doch sicher da, oder?"

Gedanklich fügte Axel noch ein "wo auch sonst" zu, blickte unauffällig über die Schulter der Haushälterin zur Treppe.

Normal stürzte der Kleine diese schon fast herunter wenn er die Klingel hörte und wußte, das er abgeholt wurde - heute aber nicht. Heute hörte er keine Schritte, kein Knallen der Zimmertür.

Nun zog Axel doch die Stirn in Falten und schaute fast vorwurfsvoll.

Die Frau trat seufzend und etwas murmelnd bei Seite um den Bodyguard endlich eintreten zu lassen; daran, das immer noch Getuschelt wurde, wenn er da war hatte er sich längst gewöhnt.

Zumal es Axel auch wirklich kein Stück belastete.

Er machte das, wozu er berufen worden war und gut.

Was die Leute hier von ihm dachten, interessierte ihn kein bißchen.
 

"Roxas ist zu Hause, ja. Aber ich glaube nicht, das er das Anwesen heute noch verlassen wird, mein Herr".

"Ach... wieso das denn nicht? Es war doch abgesprochen, das ich den Kurzen um dreizehn Uhr abhole."

"Schön und gut, aber er wird sicher nicht gehen."

"Wo ist er?"

"Bei seinem Kindermädchen, wo sonst. Und jetzt hören Sie auf zu diskutieren. Ich habe Ihnen jetzt zweimal gesagt, das Roxas nicht mit Ihnen mitkommen wird. Entweder gehen Sie jetzt wieder oder..."
 

Axel knurrte gereizt, machte die Haustür einfach zu, ohne hindurch zu gehen.

Er stemmte sich leicht dagegen, schaute die Alte vor sich scharf an.

"Jetzt reicht's", dachte er.
 

"Oder was? Wollen Sie dann den Teppichklopfer rauskramen und mich über's Knie legen?

Jetzt hören Sie mal zu. Ich wurde hier "eingestellt"...", das "eingestellt" betonte Axel ein wenig und untermalte es mit einer Geste, "... damit Roxas mal zu Potte kommt und was von der Welt sieht und ihm ganz nebenbei kein Ziegelstein oder sonstwas auf den Kopf fallen kann.

Und wenn mir gesagt wurde, das ich um Punkt dreizehn Uhr hier eintreffen soll um eben diese Aufgabe zu erledigen, dann mache ich das auch. Ohne wenn und aber.

Da können sich noch soviele mir in den Weg stellen.

Ich mache das, was mir gesagt wurde.

Und Sie hindern mich erst recht nicht daran.

Klar soweit?"
 

Roxas' Begleitschutz stieß sich schwungvoll von der Tür ab, hob noch einmal mahnend den Zeigefinger.

Danach drehte er sich einfach um und schritt zur Treppe um Mariannes Zimmer aufzusuchen.

Mittlerweile kannte er sich einigermaßen in dem großem Haus aus.

Die Haushälterin, welche ihn eben noch voller Eifer hinauswerfen wollte, sagte nichts... sondern starrte hinterher.
 

Allerdings nicht, wegen dieser Standpauke. Nein, nicht nur.

Schon als sie Axel das erste Mal, und das war vor zwei Wochen, gesehen hatte ließ sie das Gefühl nicht los diesen Mann zu kennen.

Ja, der Biker kam dieser Frau wirklich bekannt vor.

Aber konnte es wirklich sein, das so eine wohlerzogene Frau jemanden wie ihn kannte?

Jemanden, der aus einer ganz anderen Schicht der Gesellschaft kam...?
 

Sie war schon über dreißig Jahre im Dienste von Cassandras Familie.

Damals arbeitete sie zwar noch für ihren Vater als Haushälterin... aber... vielleicht hatte sie Axel ja doch mal gesehen... bei einer der Wohltätigkeitsveranstaltungen des Seniors zum Beispiel.

Dieser hatte sich schließlich noch ein wenig für die "Ärmeren" engagiert... nicht so, wie seine verzogene Tochter, die als junges Mädchen wirklich alles gemacht hatte nur nicht das, was man ihr sagte.
 

Anders konnte sie sich dieses Gefühl der Vertrautheit nicht erklären.

Die Art von Axel, selbst sein Gesicht... gerade dieses; vielleicht auch die Stimme, kamen ihr vertraut vor.

Aber konnte das vom Alter her stimmen?

Dieser Mann war schließlich noch recht jung.

Höchstens sechsundzwanzig Jahre. Allerhöchstens.

Vielleicht auch jünger oder älter, das konnte sie nicht so genau sagen.
 

"...kann es sein, das wir uns schon einmal über den Weg gelaufen sind?"
 

Gerade auf dem oberem Treppenabsatz ankommend, hielt der Sensing Nobody noch einmal inne.

Verdattert und ein wenig fragend schaute er hinunter, antwortete erst nach einer kleinen Weile.
 

"... nein. Nicht das ich wüßte."

Er fragte nicht, warum sie auf die Idee gekommen war, das er sie oder sie ihn kennen könnte.

Da gab es nichts. Er hatte zwar schon viel mit wohlhabenden Familien und Leuten, die sich ihre Freunde lieber erkauften, zu tun gehabt - aber so eine wie die war ihm noch nicht unter die Linse gekommen.

Diese Dame war gewieft, neugierig und plapperte sehr gerne, zudem konnte sie recht impulsiv und schnippisch werden auch wenn sie nicht den Eindruck vermittelte.
 

Und so ging er weiter.

Weiter hoch, um die Ecke und schließlich den Gang entlang bis zum dritten der hinteren Zimmer.

Ein bißchen fragend stand er davor.

Warum sollte Roxas nicht mitkommen? Axel konnte sich einfach nicht vorstellen, das Roxas keine Lust hatte, etwas zu unternehmen. Nein, der Junge sicher nicht! Der war froh, wenn er hier wegkam...

"Ich werde es sicher gleich wissen...", murmelte Axel und klopfte dreimal.
 


 

Marianne zitterte ein wenig, als sie ihre Koffer packte.

Roxas saß auf dem Bett und ging ihr so gut es ging zur Hand.

Er konnte vollends nachvollziehen, das Marianne nun gerne wieder daheim wäre.

Der Junge würde sie zwar fürchterlich vermissen, aber was sollte er tun...?

Diese Angelegenheit hatte eindeutig Vorrang.
 

Schon morgen würde sie im Flieger nach Birmingham sitzen und für eine ganze Weile alles hinter sich lassen, was sie sich hier erarbeitet hatte. Ihre Freunde, Roxas... und Axel.
 

Sie hatte bereits heute Morgen alles mit Roxas' Vater geklärt.

Er war schockiert gewesen.

Cassandra und ihr Mann wußten schließlich von Anfang an über die familiären Lage ihres Kindermädchens Bescheid.

Das Marianne für ein paar Wochen zurück nach England fliegen wollte war für ihn kein Thema gewesen.

Schließlich hatte sie sich nun um einiges zu kümmern. Um ihren ebenfalls kranken Vater und die Beerdigung zum Beispiel.
 

Aber Cassandra fragte sich gleich als erstes, wer denn nun außer dem Bodyguard den sie sich gerne mal ansehen wollte, jedoch nicht konnte da sie mit ihrem Mann wieder in Asien war, um Roxas kümmern sollte.

Und demnach war sie etwas zurückhaltender, was ihre Zustimmung betraf.
 

Nun ja, auch sie sprach ihr herzlichstes Beileid für Marianne aus, die ihrer Familie so treue Dienste erwies.

Roxas hatte jedoch immer Vorrang.

Immer.

Das eine der Hausmädchen Marianne solange ersetzen konnte, daran dachte Cassandra erst gar nicht.

Doch schließlich wurde eingewilligt, Marianne bekam die Kosten für den Flug, hin und zurück, sogar von ihrem Chef erstattet. Wann sie zurückkehrte, wußte niemand.

Nicht einmal sie selbst.
 

Als es schließlich klopfte, schraken beide zusammen.

Es war so still zwischen ihnen gewesen, das ein solches Geräusch nun viel lauter empfunden wurde.

Roxas schaute kurz zu Marianne.
 

"Herein...", meinte er leise.
 

Gewohnt lässig machte Axel die Tür auf und trat in Zimmer.
 

"Hallöchen...", grüßte er beide grinsend.

Dieses Grinsen hielt aber nicht lange an, denn die Stimmung der beiden traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht.

Irritiert schloß er vorsichtig die Tür.

Hatte er irgend etwas nicht mit bekommen?
 

"...hallo Axel..."

Roxas wollte zumindest schief grinsen, aber selbst das konnte er nicht.

Er hatte...hätte sich wie immer auf Axel gefreut, aber angesichts der Situation momentan, der Tatsache das Marianne ging... konnte er sich nicht wirklich freuen.

Zumal es nicht gerade angebracht gewesen wäre, wenn er plötzlich freudestrahlend aufgesprungen und seinem Bodyguard um den Hals gesprungen wäre.
 

Marianne sagte nichts.

Sie stand mit dem Rücken zu Axel, legte ihre Kleider zusammen und verstaute sie in ihrem Koffer.

Die Tränen die erst vor Stunden wieder getrocknet waren, kamen abrupt wieder als sie seine Stimme hörte.

Sie fühlte sich mit einem Mal so, als ob die ganze Welt sich gegen sie verschworen hätte.

Am liebsten wäre sie nach England gereist, ohne den Biker vorher noch einmal unter die Augen zu treten.

Denn sie mochte ihn wirklich, hegte sogar Gefühle wie Liebe für ihn.

Und sie wußte auch, das es Axel nicht anders erging -

nur waren sie beide zu scheu um es sich gegenseitig und dem anderem zu gestehen.
 

Marianne war froh und erleichtert, das es nun noch jemanden gab, der sich um Roxas sorgte. Aber sie hätte nie einen Gedanken daran verschwendet, das gerade dieser Kerl ihr den Kopf verdrehen und sie seit langem wieder Schmetterlinge im Bauch haben würde.

Doch jetzt war sie praktisch dazu gezwungen, all diese Gefühle zu verdrängen.

Es gab nun wichtigeres auch wenn sie sich insgeheim wünschte, das Axel ihr Halt gab und für sie da war.

Außer ihrem Vater und ihren Freunden hatte sie niemanden. Ihre Familie war schon lange zerstritten weil sie niemand um ihre Mutter kümmern wollte. Sie wäre doch nur eine Last gewesen, mehr nicht.
 

Und hier gab es nur Roxas... und Axel.

Dieser stand nun etwas perplex mitten im Raum, schaute Roxas immer verwirrter an während er immer wieder zu Marianne schielte welche ihn versuchte zu ignorieren.
 

"Ähm...", fing er an, wollte vorsichtig anfragen was hier los sei - doch Axel wußte, das er das so oder so nicht schaffen würde. Ein Blinzeln, gefolgt von einem resigniertem Seufzen.
 

"...okay... sorry wenn ich so... direkt nachfrage, aber was ist hier los? Kann ich 'ne Antwort haben...? Sonst stehe ich-"
 

"Ich fliege zurück nach England."
 

Das Klacken des Kofferverschlusses untermalte Mariannes trocken ausgesprochenen Worte.

Es hörte sich dadurch endgültig, für immer an.

Sie atmete tief durch, hiefte den Koffer vom Bett.

Axel sagte nicht ein Wort.

Er hatte schon verstanden was Marianne gesagt hatte aber für ihn waren nur zwei Fragen relevant; wann und für wie lange würde sie weg sein...? Das konnte doch nur als schlechter Scherz gemeint worden sein!

Endlich hatte er sich ein Herz gefaßt und nun kehrte seine neue, noch heimliche, Flamme in ihre Heimat zurück?
 

Er wollte etwas sagen, wollte Fragen wieso und als wenn Roxas Gedanken lesen konnte, als wenn er geahnt hätte welche Frage als nächstes kommen würde, schüttelte er leicht den Kopf während er Axel noch immer anschaute;

ja schon fast anstarrte.

Der Junge hatte nicht einen Moment den Blick von ihm genommen.

Er hatte daran gedacht was nun werden würde... und was werden könnte...
 

Axel schloß wieder den Mund. Es mußte also etwas passiert sein.

Etwas gravierendes, denn Marianne machte den Eindruck als wenn sie Hals über Kopf den Entschluß gefaßt hatte zu gehen.

Nun stand er da, fühlte sich ein wenig veralbert von den beiden aber er mußte wohl oder übel akzeptieren das Marianne zurück nach England reisen würde.
 

Die war gerade dabei eine kleine Tasche zu packen, welche sie dann neben ihren Koffer stellte.

Auf Axel achtete sie nicht. Zumindest versuchte die Engländerin nicht auf ihn zu achten. Das war leichter gesagt als getan, denn sie spürte genau die fragenden Blicke... dieses "warum lässt du mich denn jetzt alleine?".

Fast schon mechanisch schnappte sie sich nun ihren Haustürschlüssel von der Kommode.

Roxas schaute auf.
 

"...willst du noch ...was besorgen?", fragte er, rutschte von der Bettkante.

Marianne nickte nur und nahm ihre Sommerjacke von der Gadrobe hinter ihrer Tür.
 

"Ich werde heute Abend wieder da sein...", erwiderte sie heiser, wischte sich die Tränen fort was Axel mit geweiteten, geschockten Augen quittierte. Erst jetzt fiel ihm das gerötete, leicht verzerrte Gesicht des Kindermädchens auf.

Herrgott noch mal, was war passiert?

Axel spürte immer mehr das Verlangen in sich, Marianne in seine Arme zu schließen, ihr zu helfen.

Aber so wie es aussah, würde sie diese nun ablehnen.

Dennoch...
 

Der Fahrer wandte sich um, wollte sie noch am Arm greifen, als sie im Inbegriff war ihr Zimmer zu verlassen...

Seine Hand sank wieder und Mariannes Schritte hallten dumpf auf dem Teppichboden des Flurs.

Jetzt fühlte Axel sich regelrecht schlecht.

Und vor allem machtlos.

Meist hatte er zu jeder Situation irgend etwas, was er sagen konnte um demjenigen auf die Sprünge zu helfen; da er hier aber nicht einmal wußte worum es ging...
 

"Marianne...! Warte mal...!"
 

Wie elektrisiert blieb Roxas' Kindermädchen stehen, wandte sich tatsächlich auf halbem Wege um.

Axel stürzte geradezu aus dem Zimmer, ihr hinterher.

Im selbem Moment bereute der Biker es schon fast wieder ; Axel wußte weder warum er sie gerufen hatte, noch was er denn nun von ihr wollte.

Für einen Bruchteil einer Sekunde war es still, bis Axel den erstbesten Satz der ihm durch das Hirn fegte griff und über die Lippen brachte.
 

"...hör mal...also... ich weiß zwar nicht was los ist und du willst wahrscheinlich auch mit niemanden darüber reden...schon gar nicht mit mir - aber ich möchte, das du weißt das ich...in Gedanken bei dir bin wenn du weg bist."

Es war nicht wirklich Axels Art, sich so auszudrücken aber in er wußte sich im Moment nicht anders zu behelfen, beziehungsweise auszudrücken.

Marianne lag ihm am Herzen und er hoffte inständig nun nichts falsch gemacht zu haben.

Er liebte sie, das wußte er nach langem hin und her. Dieses Gefühl ihr gegenüber ließ sich nicht anders beschreiben.

Gerade darum wollte er für sie da sein.
 

"Okay...?", fügte Axel zögernd hinzu, sah sie eindringlich und bittend an.
 

In den ersten paar Minuten starrte Marianne ihn mit großen Augen an. Man brauchte kein Hellseher zu sein um zu erkennen, das sie ernsthaft überlegte und wahrscheinlich mit allem anderem gerechnet hatte, nur nicht damit das Axel die Inititatve ergreifen würde.

Was er natürlich nicht wußte war, das Marianne insgeheim gehofft hatte, er würde sich um sie kümmern oder an sie denken.

Umso glücklicher schätzte sich daher ihr aufgewühltes Innerstes, das ihr stummer Gedanke in gewisser Hinsicht erhört wurde. Die Engländerin war dankbar für Axels Anteilnahme, obwohl er nicht im geringsten um das Schicksal wußte, was sie ereilt hatte.
 

Dennoch konnte Marianne diese Dankbarkeit nicht offen zeigen, schaute zur Seite ehe sie antwortete.
 

"...das.. ist lieb von dir, Axel" waren die einzigen Worte die sie hervorbringen konnte.

Zögernd streifte sie seinen Blick, wandte sich um und ging. Eine Hand vor dem Mund -

und abermals, ohne es kontrollieren zu können - mit den Tränen ringend.
 

Es wurde still nachdem sie gegangen war. So still, das Roxas den Kloß in seinem Hals nur umso deutlicher spürte. Ihm war, als würde ihm jemand den Brustkorb eindrücken und die Kehle zuschnüren.

So sehr nahm ihn dieser Dialog zwischen Axel und Marianne mit.

Es nahm ihn mit, weil er den Schmerz in der Stimme seiner Aupair hören konnte.

Es nahm ihn mit, weil er sich machtlos fühlte.

Und es nagte an Roxas Gefühlen. An jenen, die er für Axel hegte.

Jeder Blinde sah doch, das die beiden Liebe für den jeweils anderen empfand. Und für ihn war da kein Platz - und je mehr sich Axel um Marianne scherte, desto klarer wurde es dem Jungen. Desto mehr schmerzte es.

Er wollte das auch.

Er wollte Zuwendung.

Roxas bekam sie - jedoch in vollkommen anderer Form...

Sichtlich zitternd, biß er sich auf die Unterlippe, ehe er unter der größten Selbstbeherrschung die er aufbringen konnte, den Flur betrat.
 

Stumm starrte Axel den Gang entlang, reagierte erst wieder als Roxas neben ihn trat und ihn zögernd ansah.

Sein fragender Blick traf den des Jungen.

Die Sorge spiegelte sich in dem Blau wieder... aber auch etwas, das Axel nicht ganz definieren konnte.
 

"...kommst du mit nach unten...? Mir ist heute nicht... nach Ausflügen...".

Unter seinen wirklich größten, schauspielerischen Künsten, sprach Roxas Axel an. Es tat in gewisser Weise weh, so zu tun als ob, aber dem Bodyguard direkt zu sagen wie er sich fühle, brachte Roxas nicht fertig.

Für ihn selbst war diese Tatsache ja schon schwer genug zu verkraften.
 

Axels Schützling wollte tatsächlich nicht weg, so wie es die alte Haushälterin schon gesagt hatte.

Lieber wollte er da sein, wenn Marianne wieder kam.

Es konnte ja sein das sie Hilfe bei etwas benötigte; auch wenn er seiner Aupair aufgrund der eben statt gefundenen Situation mit gemischten Gefühlen gegenüberstand. Einerseits war auf für ihn nicht erklärliche Weise wütend...

Andererseits sah Roxas sie diesen Abend wahrscheinlich das letzte Mal, vorerst jedenfalls. Der Junge wollte ungern negative Gefühle gegen sie hegen, wo sie doch soweit weg sein würde.

Der Flug ging früh und ihr Chauffeur würde sie zeitig zum Flughafen bringen.
 

Axel wurde unsanft wieder in die Realität geholt, als sein Schützling ihn ansprach.

Er dachte wieder an seine Aufgabe und an das was er Marianne ursprünglich fragen wollte; dies konnte der Sensing Nobody nun getrost in den Wind schießen.

Schließlich nickte er, konnte verstehen was Roxas damit sagen wollte.
 

"Hast du denn sonst irgendwelche Pläne, Rox...? Irgendwas, was du machen willst?", fragte Axel so beiläufig wie möglich als sie das Zimmer verließen, den Flur entlang und die Wendeltreppe hinab gingen. Eigentlich interessierte es ihn brennend, was geschehen war...
 

"Aber das kann ich jetzt nicht fragen, hinter ihrem Rücken... es geht mich nichts an aber... aber..."

So und nicht anders verlief der Gang seiner Gedanken. Immer wieder im Kreis, immer wieder um Marianne, seiner neuen Flamme.
 

Während Axel sich den Kopf zu Matsch dachte, blieb Roxas stumm, ging in die Küche und hoffte insgeheim, das Axel in seinem Gedankenwirrwarr nicht vom Weg abkam und sich womöglich noch verlief.

Sehr wohl hatte er die Frage seines Boyguards vernommen, aber er wußte keine Antwort darauf.
 

Denn es reichte Roxas momentan vollkommen, das Axel anwesend war.

Mehr brauchte und wollte der junge Hausherr auch gar nicht.

Die Nähe zu Axel war das, was er sich nun wünschte und auch unbedingt haben wollte.
 

Zugegeben, es war wirklich ein harter Kampf mit sich selbst gewesen.

Es hatte viele Gedanken, Schmerz, Tränen und sogar Hass gekostet.

Zeit vor allem auch.

Dieses Ereignis in Roxas Leben, das eben jenes vollkommen veränderte, hatte für viel Trubel in ihm gesorgt und auch jetzt war diese Woge von Gefühlen und Aufregung noch nicht ganz abgeklungen.

Dabei war es nun schon etwas her - nahm Roxas es genau, mehrere Monate; doch das Eingestehen selbst brauchte seine Zeit.

Zeit, in der er es Leid geworden war, zu leugnen was sich immer klarer abzeichnete.

Diesen Schritt über eine innere Schwelle zu gehen, kostete Mut und Kraft - etwas, das er bis vor einiger Zeit nicht besaß.
 

Roxas fühlte sich hingezogen.

Hingezogen zu seinem Geschlecht.

Etwas, das die Gesellschaft mit Abscheu, Hass und Distanz "hinnahm".

Diese Tatsachen machten sein eigenes, inneres "Coming-out" nicht gerade einfacher.

Ganz gleich, ob er sich danach etwas freier gefühlt hatte oder nicht.

Denn er wußte, das die Probleme damit erst seinen Anfang nehmen würden.

Roxas wußte nun ganz genau, das er schwul war, hatte aufgehört sich gegen diese Tatsache zu sträuben.

Genauso, wie er wußte das er das erste Mal verliebt war.

Verliebt in einen Menschen, der sich gerade an eine gute Freundin, Vertraute und schlichtweg Mutterersatz heran machte.

Nämlich Axel.
 

"Ob ich es nicht mehr ausgehalten habe weiß ich nicht... vielleicht lag es auch an den schlaflosen Nächten in denen ich mir den Kopf über meine Gefühle zerbrochen habe... aber... ich konnte mich nicht mehr selbst anlügen und bin so über die einfachste, schlimmste und zugleich schönste Lösung gestolpert..."

Immer wieder spielte sich dieses Ereignis in Roxas' Kopf ab und zugleich stellte sich auch unweigerlich immer wieder die Frage ob er wohl jemals den Mut aufbringen könnte, es Axel zu sagen.

Seine sofortige Antwort auf diese Frage lautete klipp und klar nein...
 

"Sag' mal Kurzer hast du meine Frage verstanden? Lebt da oben noch alles?"

Abrupt wurde der Kurze aus seiner Grübelei gezogen. Axel schnippste vor seiner Nase herum, hatte einen skeptischen Blick aufgelegt. Eine Eigenschaft, die Axel wirklich überhaupt nicht an Roxas leiden konnte war, das dieser viel zu schnell abwesend war. Viel zu schnell mit den Gedanken abdriftete und sich dann zu allem Überfluß einen zurecht stammelte. Darüber hatte sich der Sensing Nobody ja schon zu Genüge ausgelassen.
 

Roxas schreckte auf und zuckte regelrecht zusammen.

Das Schnippsen kam unglaublich laut rüber.
 

"...d...och... ich hab sie verstanden... aber ich weiß auch nicht... ich....hab keine Ahnung was ich machen könnte...", gestand Roxas, sah Axel aber nicht direkt an.

Na bitte.

Dieser Satz kam schon mal flüssiger über die Lippen als zu Anfang. Der Kurze nahm sich seine Worte anscheinend wirklich zu Herzen. Aber das er mal nicht wußte, was er machen wollte wunderte Axel.

Für Roxas gab es da draußen schließlich hundert und ein paar Zerquetschte Möglichkeiten, etwas zu erleben.

Sei es das banalste auf der Welt, es war für Roxas was Besonderes.
 

So bleib Axel nichts weiter übrig als die Stirn in Falten zu legen und entgeistert zu schauen.

War das denn die Möglichkeit...?
 

"Du weißt mal nicht was du tun willst, obwohl du die Möglichkeit und Freiheit dazu hast?

Das is' mal ne Leistung, ehrlich.

Wenn du es nicht weißt, dann weiß ich es erst Recht nicht."
 

Axel lehnte sich mit diesen Worten an die Theke in der Küche, verschränkte die Arme und schielte Roxas von der Seite an.

Klar, er konnte auf eine Weise vollkommen nachvollziehen, das ihm nicht danach war, wenn es Marianne so schlecht ging. Aber hier rum sitzen konnten sie auch nicht.

Die Situation würde auch nicht gerade besser werden wenn sie erst einmal weg war, dessen konnte Axel sich sicher sein.

Es betraf Roxas noch nicht mal direkt und er machte sich Gedanken darum... Axel kannte diese Art Mensch.

Sie machten sich viel zu viele Gedanken um Dinge, die sie meisten noch nicht einmal selbst betrafen und daran zerbrachen sie dann innerlich.
 

Dieses Verhalten, oder eher diese Charaktereigenschaft hatte der Bodyguard schon am Anfang seiner Bekanntschaft mit Roxas feststellen können. Und auch aus diesem "Schlamassel" mußte er ihn irgendwie herausziehen.

Zumal er sich eh mehr um ihn kümmern mußte, wenn seine Aupair erst einmal weg war.

Was also tun?

Wie gesagt, nur hier herum zu sitzen und auf Besserung warten war nicht Sinn und Zweck seiner Arbeit...
 

Der Sensing Nobody dachte noch eine Weile nach, beobachtete Roxas dabei, als er sich und seinem Bodyguard ein Glas Limo einschenkte und versuchte etwas zu finden das Roxas wirklich noch nie gemacht hatte.

Ehe er sich versah, viel der Groschen laut und klirrend in seinem Kopf.
 

"Eigentlich hatte ich das ja für Marianne vorgesehen, aber da sie ja nun am nächsten Wochenende nicht mehr da ist...", meinte Axel zu sich und je länger er über diese Möglichkeit der Planänderung nachdachte, desto mehr gefiel sie ihm...

Schließlich grinste er frech, schaute Roxas ganz an und wandte sich ihm zu.

Dieser schaute von seinem Glas auf, fragte sich allem Anschein nun, warum sein Gegenüber so grinste.

Ein kräftiger Schlag auf Roxas' Schulter folgte, Axel schielte kurz zu der Kamera in der Ecke, ehe er sich immer noch grinsend zu seinem Schützling vorbeugte und zu flüstern begann:
 

"Pack' gedanklich schon mal deine sieben Sachen, Kurzer.

Nächste Woche gehen wir Zelten!"
 


 


 

AN: Endlich habe ich es mal geschafft, dieses Kapitel zu beenden. Der erste Teil lag schon über zwei Monate auf meiner Festplatte... aber nun ist es fertig.

Viel Zeit zum schreiben hatte ich nicht, dann fühlte ich mich wieder mehr der zeichnerischen Kunst hingezogen und das war nur einer der Gründe, warum es diesmal so verdammt lange gedauert hat.

Entschuldigt bitte.

Viel habe ich diesmal nicht zu sagen außer das das nächste Kapitel wieder recht lange auf sich warten lässt.

Kritik und ähnliches ist wie immer erwünscht und wie immer hoffe ich, das das Kapitel euch gefallen hat!
 

Bis zum nächsten Mal.

A piece of freedom

"... denkst du wirklich, daß das eine gute Idee ist, Axel?

Es ist unser jährlicher Ausflug zum Saisonanfang und der Kurze... naja, Roxy gehört nicht dazu.

Da haben nur Mitglieder was zu suchen".
 

Demyx sah Axel dabei zu, wie dieser in alten Kartons wühlte.

Man staunte doch immer wieder, wie viel Müll der Mensch doch besaß und wieviel sich im Laufe der Jahre so ansammelte.

Der Keller des Wohnhauses mit der Nummer 10 a bis e war das Drecksloch schlecht hin.

Es war arschkalt hier und demnach schlecht isoliert.

Man mußte echt aufpassen, das nicht nass wurde.
 

"... da magst du schon Recht haben...aber...", Axel schmiss ein altes Paar Handschuhe in die Ecke und wühlte weiter,

"... das lass' mal alles meine Sorge sein. Ich hab's mir nun mal in den Kopf gesetzt und im Übrigen braucht Roxas mal ein wenig Action.

Der Kleine kann ja nichts dafür das bei ihm Zuhause die Steinzeit vorherrscht. Mal ehrlich!

Nenn' mir einen Jungen in seinem Alter, der noch nie zelten war!"

Demyx nickte nachdenklich. Wo er Recht hatte...
 

Plötzlich hielt der Sensing Nobody in seiner Erklärung inne.

Wortlos nahm er einen Haufen Jacken aus dem Karton und reichte ihn Demyx.

Seufzend nahm sein Kumpel alles entgegen, lehnte sich an die leise surrende Waschmaschine und wartete ab, was nun kam.

Axel legte den Kopf leicht schief, holte eine weitere Jacke hervor.

War ja klar, das die ganz unten in der letzten Ecke versteckt wurde!

Es war eine graue Motorradjacke mit roten Schutzpolstern an den Ellenbogen, an der Brust, dem Rücken und den Seiten.

Sie sah aus wie neu, das Rot noch immer leuchtend - obwohl sie schon so einige Jahre auf dem Buckel hatte.

Es war Axels Jacke; jedoch war sie ihm inzwischen viel zu klein.
 

"Sieht ja fresh aus. Von wem hast du die?"

Axel sah Demyx nicht an, sondern nickte nur, hielt die Jacke ins Licht.

Das Gute Stück hatte er zuletzt vor zwei Jahren gesehen, als er sie endlich aus seinem Schrank gehängt hatte, nach Zerinas Tod.
 

"Ich habe sie mal von Zerina geschenkt bekommen. Da war ich knappe fünfzehn. Ich hab diese Jacke geliebt..."

Grinsend erinnerte sich der Bodyguard daran, wie stolz er darauf war, gemeinsam mit seiner Ziehmutter durch die Straßen zu brettern und dabei diese Jacke zu tragen. Es war seine erste richtige Motorradjacke gewesen.

Und jetzt würde Roxas sie anziehen.
 

"Die sollte ihm passen. Lege sie mal bitte bei Seite."

Wieder reichte Axel die Jacke an Demyx weiter, welcher sich eigentlich gerade beschweren wollte; wo sollte er denn mit dem Ganzem Plunder hin, verdammt nochmal?! Als Packesel wollte er nicht fungieren!

Leise grummelnd packte er die Jacken auf den Tümmler neben der Waschmaschine.

Anscheinend war sein Kumpel noch nicht fertig mit suchen...
 

"Was sagt Chefchen eigentlich zu dieser Idee?", harkte er nach.

Auf diese Frage hin grinste Axel nur schelmisch.
 

"Dann bringst du das aber Saix bei, ich sicher nicht!"
 


 


 

Freitag. Acht Uhr dreißig.

Freitag. Acht Uhr dreißig.

So um diese Uhrzeit wollte Axel ihn abholen.

Und Roxas sah noch immer so aus als wenn er gerade erst aus dem Bett gestiegen wäre, so aufgeregt war er.

Dabei war der Junge schon um sechs hellwach gewesen und starrte mit hämmerndem Herzen an seine Zimmerdecke.

"Es ist doch nur ein Ausflug" würde Marianne jetzt sagen.
 

Ja, nur ein Ausflug auf einem Motorrad mit vielen Leuten die ihn kannten und nicht wirklich mochten (Roxas brauchte nur an Saix' Gesicht denken und ihm wurde ganz elend zumute) und Axel. Seinem, von ihm insgeheim bewunderten und geliebten Bodyguard.
 

Geliebt - Liebe.

Es tat inzwischen gar nicht mehr so weh, dieses Wort auch nur zu denken.

Vielleicht, weil er sich ganz langsam damit anfreunden konnte nicht "normal" zu sein?

Jedenfalls in dieser Beziehung.

Normal war er ja nie.

Roxas wußte nicht, wie es ist normal zu sein. Richtig normal.

Waren normale Leute so wie die Sensing Nobodies?

Oder wie der Mann, der einem immer dieses leckere Eis verkaufte...?
 

"Irgendwann... lerne ich das auch noch kennen... ganz bestimmt...!

Genauso wie ich heute erfahren werde, wie es ist zu Zelten... und weiter weg von Zuhause zu sein..."

Roxas nickte langsam während er dies sagte, versuchte sich das Ganze vorzustellen.

Aber zwischen vorstellen und erleben lagen Welten.

Auch das hatte Roxas durch Axel begreifen können.

Dafür war er dankbar.

Er war dankbar, das ihm dieser Kerl über den Weg gelaufen war.
 


 

Zwischen all den pompösen Häusern fiel das Anwesen von Roxas' Eltern nicht wirklich auf -

sollte man meinen.

Und doch tat es genau das obwohl hier alle Häuser auf irgendeine abstruse Weise gleich aussahen.

Wie ein Bonbon neben dem anderem, schön sauber aufgereiht und in einem so hellem Weiß, das einem die Augen tränten beim hinschauen. Da waren Hellgelb oder Beige ja eine Erleichterung für die Glubscher!
 

"... leck' mich am Arsch, Alter! Das ist ja riesig!"

Demyx bekam den Mund gar nicht mehr zu, so baff war er.

Nun gut, er wußte ja, das Roxas aus gutem Hause kam und so weiter - aber mit so einem Schuppen hatte er nie im Leben gerechnet. In Zeitlupe stieg er von seiner Suzuki herunter und starrte weiter das Tor an - Axel befürchtete schon, Demyx wäre am Leder festgeklebt bei der Hitze. Aber er bewegte sich ja doch!
 

"Mach' den Kopf zu, sonst fliegt noch was rein...", kommentierte er und öffnete seine Jeansjacke.

Tief durchatmend fuhr er sich durch die erhitzten Haare.

Jetzt war es also soweit.

Roxy würde flügge werden.

Mehr sehen als nur die Innenstadt und den Weg zur Schule.

Und er durfte dann dafür sorgen, das der Kurze nicht für den Rest seines Lebens Hausarrest bekam;

aber Axel hatte schon gesagt, das er sich darum kümmern werde.

Ja, er hatte schon einen recht simplen Plan aufgestellt und ihm ein Alibi verschafft.

Sollte es doch zur Diskussion kommen -

und Axel war sich insgeheim sicher das dies passieren würde -

hätte er wohl keine andere Wahl als Roxas Eltern(oder Tai) zu konfrontieren.

Mit nackter Wahrheit und handfesten Argumenten.
 

Der Biker schaute nochmals auf seine Harley.

Beide Maschinen waren voll bepackt mit Zelten, Isomatten und allem, was man so zum Campen brauchte.

Axel mußte zwar noch ein wenig umdenken beim beladen seiner Maschine, weil er ja noch einen Sozius* dabei hatte; aber wofür gab es Demyx?

Wenn's ums packen ging, war der Trottel echt Gold wert.

Da staunten sogar alt eingesessene Fahrer, wieviel Gepäck sich sicher und vorschriftsgemäß auf einem Motorrad verstauen ließ... vielleicht lag es auch daran, das Demyx keinen Autoführerschein besaß und deshalb immer zusehen mußte, wo er mit seinem Gepäck blieb.
 

"Deemyx... dir fallen gleich die Augen raus, pass auf...", Axel zog seinen Kumpel am Arm mit sich zur Sprechanlage und drückte den Knopf, "... am besten sagst du einfach nichts, klar? Nicht, das sie Verdacht schöpfen."

"Aber werden sie das nicht auch wenn ich da mit dir vor der Tür stehe?"

"Nicht, wenn Roxas bezeugt, das er dich kennt. Glaube ich jedenfalls nicht."

"Ahhh...ja. Sehr profession-"
 

"Ja?", erklang nun eine gedämpfte Stimme aus den etwas angerosteten Lautsprechern der Anlage.

Axel deutete Demyx durch einen scharfen Blick an, die Klappe zu halten.
 

"Ich bins, Axel. Ich wollte Roxas abholen, er wartet sicher schon."

Ein kleiner Seitenblick zu der Kamera, die im Blätterwerk einer in ihrer Nähe befindlichen Buche versteckt war und eine kurze Funkstille später wurden sie auch schon eingelassen.

Axel führte Demyx durch den Vorgarten und zählte innerlich die Sekunden, die verstrichen bis Doge und Cooper den Besuch bemerkten. Und tatsächlich, ein paar Momente später kamen die beiden um die Ecke geschossen mit lautem Gebell und um die Wette mit dem Schwanz wedelnd.

Demyx erschreckte sich kurz, grinste dann aber breit. Er hatte eine Schwäche für Hunde und zeigte auch keinerlei Angst, als diese ihn erst ein wenig anknurrten um dann doch festzustellen, das der Neue neben Axel nichts Böses wollte.
 

"Huskys...! Sieht man echt selten... meine Güte, sind die verspielt...", meinte der Musiker, kniete sich zu den beiden herunter und verteilte Streicheleinheiten.
 

"Mhm... mich hätten sie beinahe angegriffen, wenn Roxas sie nicht zurückgehalten hätte."

Axel ging einfach weiter, er konnte Roxas auch alleine holen.

Ohne zu klingeln machte er die Tür auf und trat ein.

Kurz schaute er noch zu seinem Kumpel, schloss die Tür dann wieder.

Diesmal wurde er von einem Mann begrüßt und darauf hingewiesen das Roxas oben war.

Danach kümmerte sich der Kerl auch nicht mehr um Axel.

Was dem Bodyguard auffiel war, das es in dem Foyer heute ziemlich ruhig war.

Normal sah er hier immer irgendjemanden herum wuseln und den Putzlappen schwingen.
 

Hm.

Entweder frühstückten die meisten noch, oder die Hausmädchen waren anderweitig beschäftigt.

Wie auch immer, es kam dem Sensing Nobody gelegen.

Je weniger Aufmerksamkeit, desto besser.
 


 

"...hoffentlich kommt Tai nicht doch dahinter... obwohl... er wird so oder so dahinter kommen..."

Ein wenig mulmig war dem Jungen bei dieser Aktion schon.

Als Axel ihm unterbreitet hatte, das er ihn mit zum zelten nehmen wollte hatte Roxas gleich zu bedenken gegeben, das man ihn niemals zelten lassen würde. Und wenn er einfach ohne Rückmeldung länger als einen Tag weg blieb, sicher suchen würde. Dann aber richtig.

Zelten verstieß schließlich gegen die Vorstellungen seiner Mutter.

Sie würden die Stadt verlassen und aufs Land fahren.

Er würde im Freiem schlafen und das mit einer Horde von Wilden, wie seine Mutter die Gruppe bezeichnen würde...
 

Axel meinte darauf hin, das er sich schon eine nette, plausible und annehmbare Ausrede einfallen lassen würde; und am nächstem Tag hatte er Tai aufgesucht.

Er hatte ihm erzählt das am nächsten Wochenende eine Sportveranstaltung stattfinden würde, zu der er Roxas gerne mitnehmen würde. Der Bodyguard musste wirklich tricksen, damit Tai einwilligte.

Er musste ihm versichern, das Roxas nichts passierte, das er immer erreichbar war und Tai sich selbst vergewissern konnte das Roxas gut aufgehoben war.

Was für eine Schose wegen eines einfachem Ausflugs.

Zwar war Tai momentan nicht im Hause; in letzter Zeit hatte er vieles außer Haus zu erledigen und übertrug seinen Mitarbeitern die Verantwortung, aber er wollte trotzdem immer informiert sein.
 

Wieder schaute Roxas auf die Uhr.

Es war zwanzig nach Acht.

Dann schaute er wieder zur Zimmerdecke; Roxas lag gerade auf seinem Sofa und wartete darauf, Schritte auf dem Flur zu hören.

Mittlerweile erkannte er Axel nur an seinem Gang.

Der war nämlich nicht vorsichtig und bedacht leise, sondern eher forsch.
 

Kaum das er diesen Gedanken zu Ende gebracht hatte, fing er an zu horchen.

Da war es doch wieder. Dieses schwere, dumpfe Geräusch.

Axel hatte ganz sicher Stiefel an. Diese Schwarzen, die ein wenig nach Cowboystiefeln aussahen...

Roxas schaute zu seiner Tasche, die er gestern Abend gepackt hatte.

Der Sensing Nobody meinte, er solle möglichst festes Schuhwerk anziehen.

Und da standen sie nun, ein paar braune Stiefel, die er mal vor ein paar Monaten von seiner Großmutter geschenkt bekommen und seitdem nicht einmal getragen hatte.

Heute war also das Jubiläum.

Als seine Zimmertür aufging, hechtete Roxas auch schon hoch und stierte in Richtung Tür.

Grinsend streckte Axel den Kopf durch und begrüßte ihn mit einem kurzem Handzeichen.

Und Roxas erwiderte das Grinsen breit.
 

"Moin Roxy. Alles fit bei dir oder was?"

Roxas nickte.

Axel trat ein, machte die Tür zu und deutete kurz auf seine Stiefel.

"Die sind sauber, keine Sorge", meinte er gelassen und gesellte sich zu seinem Schützling.

Axels Blick wurde regelrecht zufrieden und warm, als er sah wie sehr der Kleine strahlte.

In solchen Momenten wurde ihm klar, das seine Arbeit, diese intensive Beschäftigung mit Roxas nicht umsonst war.

Er mochte es, wenn er lachte oder zumindest grinste, so wie jetzt.

Es zeigte, das der Junge für ein gerechtes Leben kämpfte und noch nicht alles verloren war.

Das doch noch nicht alles in ihm gestorben war.
 

"Und? Hast du alles?"

Fragend deutete der Sensing Nobody auf die Tasche, die am Fuße des Bettes stand.

Viel hatte der Kurze ja echt nicht eingepackt, so wies aussah.

Prüfend hob Axel das Gepäck an.

Hm...ja, das ging.
 

"...also, ich denke schon..."

Roxas schielte zur Decke, ging noch einmal alles im Kopf durch... und stellte dann fest, das doch etwas fehlte.
 

"Nein, warte ich hab doch noch etwas vergessen!!", bemerkte er und stürzte hastig aus dem Zimmer.

Holla, so schnell konnte Axel gar nicht schauen.

War wohl die Aufregung.

Leicht schüttelte der Biker den Kopf und ließ den Blick durch das geräumige Zimmer streifen. Das war das erste Mal, das er wirklich Gelegenheit hatte, sich Roxas' Reich genauer anzusehen; denn sie waren immer anderswo unterwegs und nicht in seinem Zimmer. Wozu auch?
 

Es war groß und übersichtlich, großzügig ausgestattet mit einer wuchtigen Couch, Schreibtisch und einem Fernseher. Eine Musikanlage konnte Axel auch erspähen, aber kaum CD's. Musik war wohl nicht sein Ding.

Axel ließ sich seufzend auf der Couch nieder und wartete.

Zu seiner Rechten befand sich ein kleiner Tisch mit einer Leselampe und anbei stand ein Foto.

So ziemlich das Einzige, wenn er sich nicht verguckt hatte.

Axel legte den Kopf leicht schief und nahm sachte den Rahmen in die Hand.

Bevor er einen Blick auf das Foto richtete, viel ihm etwas am Glas auf.

Es war zerkratzt.

Bei genauerer Betrachtung konnte man auch diverse Kratzer und Dellen in dem Holz des Rahmens feststellen.

Es sah fast so aus, als wenn jemand das Foto durch das Zimmer geworfen hätte.

Vielleicht sogar mehrmals.

Stutzig besah sich Axel nun die Personen auf dem Foto.

Dort waren eine Frau und ein Mann mit zwei kleinen Kindern zu sehen.

Das mußten wohl Roxas' Eltern sein.

Seine Mutter war eine bemerkenswerte wunderschöne Frau, das mußte Axel wirklich sagen.

Strahlende Augen, helles Blond und die passende Figur. Cassandra hieß sie doch...

Seine Augen wanderten kurz zu dem Vater, dann zu den beiden Kindern.

Der Blonde, das war Roxas, keine Frage.

Und selbst hier sah er nicht wirklich glücklich aus...
 

"Entschuldige bitte, das es länger gedauert hat..."

Ein wenig abgehetzt trat Roxas wieder in sein Zimmer. In den Händen hielt er ein kleines Täschchen; wahrscheinlich Zahnbürste und Co. Erst als er näher an Axel herantrat um das Täschchen in dem restlichem Gepäck zu verstauen, viel ihm auf das sein Bodyguard das Foto mit seinem Bruder in den Händen hielt.

Roxas wurde starr.
 

"... hast du einen Bruder?", fragte Axel völlig unbehelligt und schaute von dem Foto auf.

Als er Roxas ansah, wußte er sofort das er wohl einen wunden Punkt angesprochen hatte.

Ein bisschen verwirrt wartete er auf eine Antwort.

Diese kam auch, jedoch etwas zögernd.
 

"...ja. Hab ich", antwortete Roxas ziemlich trocken; ihm hätte beinahe die Stimme versagt.

Stumm ging er dann zu der Tasche, machte recht grob den Reißverschluss auf und verstaute seine Sachen.

Oha. Hatte Axel da vielleicht etwas unschönes angesprochen?
 

"Aha... wo ist er denn?", harkte Axel einfach weiter nach.

Er wußte das er dies vielleicht nicht hätte tun sollen - doch ein kleines Detail auf diesem Foto machte ihn schon ein wenig stutzig...

Er stellte das Foto wieder zurück und schaute auf Roxas.

Der Kurze blickte zu Boden, hockte noch immer vor seinem Gepäck.
 

"... keine Ahnung. Ich habe ihn vor zehn Jahren das letzte Mal gesehen."

Wieder nur eine kurze, trockene Antwort.

Roxas mochte wohl wirklich nicht darüber sprechen.

Nun bereute es Axel doch, nachgefragt zu haben und wollte sich schon entschuldigen für seine, eigentlich recht dreiste Fragerei, als Roxas fortfuhr.
 

"...er ist weggelaufen, weil er es hier nicht mehr aushielt. Meine Eltern ließen ihn suchen aber -"

Der Rest wurde in einem erstickendem Laut verschluckt.

Nein.

Nein, nicht jetzt.

Er wollte nicht an seinen Bruder denken.

Er wollte nicht schon wieder diese Bilder, das Blut an den Wänden sehen, als er sich selbst verletzte.

Und vor allem wollte er nicht weinen.

Nicht vor Axel.

Nicht vor dem Menschen, den er liebte.

Warum konnte ihn diese Vergangenheit nicht einfach in Ruhe lassen?

Warum konnte er seinen Bruder nicht einfach vergessen, so wie dieser ihn auch vergessen hatte?
 

"Hey... hey, hey... Rox'...!"

Verdammt, er war so blöd gewesen! So verdammt blöd!

Vorsichtig kniete er sich zu Roxas herunter und legte eine Hand auf die Schulter des Jungen.

Roxas wandte den Blick ab, sein Gesicht wollte er nicht zeigen.

Axel schwieg einen Moment, ehe er die Stimme erhob.
 

"... ich wollte dir mit meiner scheiß' Fragerei nicht wehtun. Wirklich nicht. Es tut mir Leid...okay...?"

Fast schon bittend versuchte Axel einen Blick in Roxas' Gesicht zu erhaschen.

Seine direkte Art brachte den Sensing Nobody manchmal dazu, sich selbst zu verfluchen...
 

Roxas reagierte erst gar nicht auf Axel; schüttelte dann jedoch leicht den Kopf, als wenn er sagen wollen würde, das es doch nicht schlimm sei, das Axel es doch nicht wissen konnte - sah ihn aber immer noch nicht an.

Denn es tat trotzdem weh.
 

"Mhhh... Roxas... komm...!"
 

Mehr Worte fielen nicht.

Plötzlich fand sich der überraschte Junge in den Armen seines Bodyguards wieder, realisierte dies erst nach zweimaligem Blinzen.

War das jetzt wirklich passiert?

Hatte Axel ihn wirklich zu sich in die Arme gezogen?

Roxas war so erschrocken, es war für ihn so unmöglich, das er einfach nur mit offenen Augen Axels Arm anstarrte, seine linke Gesichtshälfte an dessen Brust gelehnt.

Das mußte doch ein Traum sein...!

Axel würde ihn doch niemals...

Sein Herz schlug momentan so schnell, das er glaubte es würde im nächsten Moment stehen bleiben, die Röte stieg ihm ins Gesicht und das nicht zu knapp.

Roxas vergaß sogar für einen Augenblick zu Atmen, was nun mit einem Keuchen quittiert wurde.

Seine Mimik verzerrte sich, er schloß die Augen und eine stumme Träne bahnte sich nun den Weg über seine Wange.

Er krallte sich leicht in den Stoff von Axels Oberteil, lehnte sich zaghaft mehr an ihn.

Und dieser ließ seinen Schützling gewähren, strich ihm leicht über den Rücken, zeigte ihm das es okay war.

Trauer zeigen, sich einfach mal fallen lassen, das war mehr als okay.
 

Axel kannte solche Momente selbst sehr genau... oft genug hatten sich ähnliche Szenarios bei ihm und Xemnas abgespielt.

Umso mehr fühlte sich Axel... regelrecht dazu verpflichtet, Roxas Halt zu spenden.

Gerade jetzt, wo Marianne nicht da war.

Dennoch... der Biker konnte es nicht ganz erklären, aber es schien ihn noch mehr dazu zu bewegen... lag es daran, das Roxas für ihn inzwischen fast wie ein kleiner Bruder war?

Das er den Kurzen schlichtweg lieb gewonnen hatte...?
 

Minuten verharrten sie noch so, ehe Axel Roxas sachte von sich löste.

Er blickte den Jungen eindringlich an, klopfte ihm noch einmal aufmunternd auf die Schulter und stand dann auf.
 

"Wir sollten uns jetzt echt auf die Socken machen, sonst reißen mir die Jungs den Arsch auf..!", erklärte er mit einem leichtem Grinsen im Gesicht. Roxas hockte noch immer am selbem Fleck, schaute zu Axel hinauf.

Das er gerade jetzt aufstehen mußte... es war so schön gewesen.

Auch wenn es nicht richtig war, nicht wirklich sein sollte... oder?

Dann nickte er, stand auf und wischte sich kurz über das Gesicht.

Axel hatte bereits nach seiner Tasche gegriffen und war Richtung Tür und auf den Flur gegangen.

Roxas blinzelte noch einmal, griff nach seinen Stiefeln und folgte Axel.

Er sollte sich keine Gedanken machen... sondern sich auf das freuen, was ihn nun erwartete.

So folgte er seinem Beschützer ins Ungewisse; in die Freiheit.
 


 


 

Hartneckigkeit machte sich bezahlt, das wußte Tai nur zu gut.

Egal, wie aufwendig oder schwierig sich diese Suche gestalten würde - er würde bekommen was er wollte.

Zugegeben, es war kniffelig herauszufinden, was aus Cassandras unehelichem Kind geworden war, aber solche Herausforderungen schätzte er.

Der Sicherheitsbeauftragte saß und in einem abgelegenem Café und durchforstete mehrere Ordner.

Es waren Kopien.

Kopien von diversen Dokumenten aus Cassandras Aktenschrank.

Ganze Ordner hatte er heimlich vervielfältigt.

Als einer der engsten Vertrauten wußte er natürlich, wo seine Chefin wichtige Unterlagen aufbewahrte.

Und es scherte ja auch keinen, wenn er mit ein paar Ordnern herum lief; denn es vertrauten ihm ja alle... keiner würde auf die Idee kommen, das der loyale Tai das schwarze Schaf in der Herde war...!
 

Momentan suchte er nach Hinweisen, irgend etwas, das ihn auf eine Spur brachte, die zu diesem Kind führte.

Eine Geburtsurkunde zum Beispiel. Fotos.

Doch bis jetzt konnte er nichts finden.

Er wußte noch nicht einmal, ob es ein Sohn oder eine Tochter war.

Tai seufzte resigniert, sortierte diverse Zettel wieder ein, als er plötzlich angeklingelt wurde.

Murrend lehnte er sich zurück und zog sein Handy aus der Hosentasche - ein Blick auf das Display verriet ihm, das es wohl wichtig war. Warum sollten seine Kollegen ihn denn sonst anrufen?
 

"Was gibt's? Ich bin beschäftigt!", zischte er und wartete auf eine plausible Erklärung am anderem Ende.
 

"Ich weiß, Tai. Ich dachte mir nur, das ich dich besser mal anrufe.

Roxas scheint das Haus verlassen zu wollen. Für mehrere Tage. Er hat eine Tasche dabei-"
 

"Ist sein Bodyguard da?"
 

"Axel? Ja, die beiden wollen gerade zur Haustür. Sollen wir eingreifen?"
 

"Nein, ihr lasst sie gehen... Axel will ihn wohl zu irgendeiner Veranstaltung mitnehmen. Er hat meine Erlaubnis."
 

"... und was ist mit Cassandras Bedingungen? Keine großräumigen Ausflüge..?"
 

"Lasst sie einfach gehen. Ich werde mich später darum kümmern."
 

Damit war das Gespräch für ihn auch schon beendet.

Tai hatte einfach aufgelegt; er wußte das seinen Anweisungen Folge geleistet wurde.

Zumal kam ihm dieser Ausflug recht gelegen.

So konnte er sich in aller Ruhe in Roxas' Zimmer umsehen.

Vielleicht gab es dort ja etwas, was ihn auf die richtige Spur brachte...?
 


 


 

"Hey, da seid ihr ja endlich! Zexion hatte mich schon angerufen und gefragt wo wir bleiben!"

Demyx grinste über beide Ohren hinweg, als er den völlig verdutzten Roxas vor sich stehen hatte.

Der Kurze hatte wohl nicht mit ihm gerechnet... dieses Gesicht war wirklich Gold wert!

Er stand aus der Hocke wieder auf, warf den Tennisball den er Cooper gemopst hatte, wieder in den Garten.

Hastig und sich dabei beinahe überschlagend rasten beide Rüden dem völlig zerkauten Ball hinterher.
 

"Hat halt etwas länger gedauert... Können wir dann?", fragte Axel; er schien es nun doch etwas eilig zu haben.

Er wußte, wie sehr Zexion Verspätungen hasste und wollte nicht Derjenige sein, der die bösen Blicke erntete.
 

"Von mir aus jederzeit!"

"Na dann... "
 

Demyx lachte leicht, klopfte Roxas auf die Schulter und sah ihn an.
 

"Bist du aufgeregt?

Keine Angst, wir liefern dich in einem Stück wieder ab, versprochen...!"

Roxas grinste leicht und nickte zögerlich, gab den Code für das Tor ein und öffnete das Gatter.

Ihm kam es seltsam vor, das man sie einfach ohne wenn und aber gehen ließ, jedoch sollte ihm nun auch egal sein.

Sie gingen ein Stück die Straße entlang; die beiden Motorradfahrer hatten ihre Zweiräder vorsorglich etwas abseits vom Haus abgestellt um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Als sie ankamen, mußte Roxas doch ein wenig schlucken und hatte bereits so seine bedenken, ob er da hinten drauf nicht herunterfallen würde.

Auch staunte er nicht schlecht, als er sah wieviel die beiden auf den Gepäckträgern verstaut hatten.

Roxas wäre nie auf die Idee gekommen das so etwas möglich war...
 

"...Axel..? Sah dein Motorrad nicht mal anders aus...? So ein wenig?"

Mit einer leicht zusammengezogenen Stirn betrachtete Roxas die Harley seines Bodyguards.

Er war sich ziemlich sicher, das zumindest die Lackierung anders war, als die, die er das letzte Mal gesehen hatte.

Diese Bilder hatten sich so sehr in sein Gedächtnis gebrannt, das ihm dies sofort auffiel.

Trotz des fragenden Blickes konnte man noch immer die Begeisterug in den Augen des Jungen lesen.

Geradezu ehrfürchtig stand er davor und besah es sich zum ersten Mal aus richtiger Nähe jedes Detail, während Axel im nur einen verdutzten Blick zuwarf und die Klamotten für Roxas heraussuchte.

Das der Kurze ein so gutes Gedächtnis hatte, ahnte Axel ja nicht.
 

"Stimmt... hab's ein bisschen umlackieren lassen...", antwortete Axel und schielte kurz böse zu Demyx, welcher ihn schon ein wenig stutzend anschaute.

Axel hatte Roxas noch nicht von dem Unfall erzählt.

Und das sollte auch so bleiben.
 

"Der alte Anstrich gefiel mir nicht mehr so... tja und nun... Arme höher, Kurzer!"

Axel nahm seinen alten Nierengurt in die Hand und wandte sich Roxas zu.

Dieser sah ihn ein wenig verwirrt an, tat aber wie ihm gesagt wurde.

Dann legte der Sensing Nobody den Gurt an, zog ein wenig daran und überprüfte ob er richtig saß.

Auf Roxas' Frage hin, was das denn sei, erklärte ihm Demyx das dieser Gurt, wie der Name schon sagte, zum Schutz der Nieren da war. Nachdem das geklärt war, zog Roxas sich weiter an. Erst die Jacke, Halstuch dann den Helm... das volle Programm. Demyx kümmerte sich derweil um das Gepäck von Axels Sozius.
 

Gott, das sah bestimmt schön blöd aus! Roxas sah an sicher herunter.

Ein wenig peinlich war ihm das ja schon, aber er wußte das diese Schutzkleidung sein musste.

Irgendwie hatte er automatisch das Gefühl das ihm der Helm zu groß war.
 

"Also... bevor wir losfahren muss ich dir noch einmal erklären was du als Mitfahrer zu tun hast, okay?"

Oha. Das hörte sich ja nach Arbeit an...

Dennoch nickte er und hörte Axel aufmerksam zu und hoffte, das es nichts allzu Schweres war.
 

"Wenn ich mich in eine Kurve lege, dann musst du mit mir mitgehen.

Ansonsten verliere ich das Gleichgewicht und kann die Maschine nicht halten. Verstanden?

Du brauchst auch keine Angst zu haben, das du irgendwie auf den Boden aufkommst oder dir die Kniescheibe am Asphalt aufreißt."
 

Mit leichtem Anflug von Skepsis im Gesicht nickte Roxas wieder, vertraute einfach auf die Worte von Axel -

denn der mußte ja wissen, wovon er redete!

Jener zog sich nun selbst den Helm auf, Demyx wartete im übrigen schon geduldig im Sattel sitzend und klappte die Fußrasten für den Sozius herunter.

Schwungvoll nahm Axel auf dem Ledersattel platz, stellte den Ständer zurück und startete den Motor.

Abermals ertönte das sonore Rattern des Motors, einzelne Teile des Bikes vibrierten stark und Roxas konnte nicht verhindern, das er sich fast zu Tode erschreckte, als Axel den Motor einmal aufheulen ließ.
 

Keck nickte er Roxas zu, bat den Kleinen so, sich hinter ihm auf den für den Sozius vorgesehenen Platz zu setzen.

Der Junge schluckte.

Er sollte also einfach hinter Axel sitzen...? Und wie, oder besser gesagt wo sollte er sich festhalten?

Beinahe übervorsichtig versuchte Roxas aufzusitzen, ein bißchen unbeholfen stellte er sich dabei schon an aber sowohl Axel als auch Demyx zeigten Geduld und es klappte dann auch.

Nun saß er, die Füße zögerlich auf die Fußrasten gesetzt.

Gott, was für ein seltsames Gefühl... alles unter ihm vibrierte.

Roxas war so aufgeregt wie ein kleines Kind an Weihnachten.

Seine erste Fahrt mit einem Motorrad!
 

"Sitzt du richtig drauf? Gut... Dann halt' dich mal an mir fest.

Um' Bauch rum oder so...", erklärte Axel mit gedämpfter Stimme und gegen den Lärm anredend.
 

Kaum das er ausgesprochen und Roxas sich sehr zögernd festhielt, fuhren sie auch schon los.

Erst natürlich langsamer damit Roxas sich an alles gewöhnen konnte.

Den erschrockenen Japser hinter sich blendete der Sensing Nobody einfach aus und folgte Demyx, welcher vorraus fuhr.

Roxas klammerte sich ganz schön an seinem Bodyguard fest, hatte wahnsinnige Angst doch herunter zu fallen, besonders, als Axel auf die Hauptstraße abbog und sich die Harley leicht Richtung Straße neigte.

Für all das hatte der Fahrer sehr wohl Verständnis. Ihm ging es bei seiner ersten Fahrt ähnlich.
 

Der Junge hatte die Augen geschlossen lehnte mit dem Gesicht zur Seite an Axels Rücken... und zitterte.

Immer wieder fuhr ihm ein Schauer über den Rücken, wenn Axel beschleunigte und der Motor rumorte - Roxas hatte nicht gedacht, solch eine Angst davor zu haben.

Dabei hatte er sich so darauf gefreut, endlich auf einem Motorrad sitzen zu dürfen.

Vielleicht mußte er sich auch erst einmal an dieses fremde Gefühl gewöhnen.

Ja, das würde es sicher sein... hoffte er jedenfalls.
 


 

Die Fahrt an sich verlief relativ ereignislos.

Ab und zu erkundigte sich Axel, ob bei seinem Mitfahrer alles okay war oder ob sie eine kurze Pause machen sollten.

Roxas verneinte all diese Fragen; auch wenn ihm der Hintern langsam wirklich wehtat.

Doch nur deswegen wollte er sie nicht bitten, anzuhalten.
 

Langsam aber sicher verflüchtigte sich auch das flaue Gefühl in Roxas' Magengegend und er gewöhnte sich zunehmend an die Bewegungen der Maschine, gab sich die größte Mühe Axels Bitte in Kurven nachzukommen. Er vertraute Axel mehr und mehr und das gab ihm diese Sicherheit und den Halt um diese Fahrt langsam aber sicher genießen zu können.

Der Wind peitschte um ihre Körper, heulte, doch Roxas hörte nur das kraftvolle Röhren des Motors -

für Axel die schönste Musik.
 

Sie fuhren immer noch hinter Demyx und noch immer waren sie in einer städtischen Gegend.

Wo genau ihr Ziel lag, das wußte Roxas nicht.

Er vertraute den beiden Fahrern einfach.

Fortwährend schaute er über Axels linke Schulter, hatte sein Kinn zeitweilig auch auf dieser abgelegt.

Es war schön, Axel so nah zu sein ohne das es sich irgendwie verboten anfühlte - es war ja notwendig.

Hin und wieder erhaschte er den Blick auf andere Motorradfahrer, die genau wie sie das schöne Wetter ausnutzen und einfach mit ihnen zusammen durch die Straßen fuhren.

Langsam begann er zu verstehen, was diese Leute zu "besonderen" Menschen machte.

Was sie von anderen unterschied.

Was sie von ihm unterschied.
 

Es war die gemeinsame Leidenschaft für etwas.

Das man etwas teilte, egal wie verschieden man war.
 

Als das Stadtbild allmählich einer ländlicheren Gegend wich und sie den Alltag somit vollends hinter sich ließen, spürte Roxas wie sich ein sehr fremdes Gefühl in ihm ausbreitete.

Es war nicht wirklich mit der Nervosität oder Angst zu vergleichen, die er vor kurzem noch verspürt hatte.

Ein Kribbeln im Bauch, etwas das er so zum erstem Mal spürte - und es war angenehm. Fast so angenehm wie der bloße Gedanke an seinen Bodyguard.
 

War es vielleicht einfach nur ein Glücksgefühl...?

Ein Gefühl das in den Momenten wallte, in denen Axel die Geschwindigkeit hochjagte, Demyx überholte, sie immer schneller wurden und nichts außer Wind um sie herum war...?

Das Roxas das Gefühl hatte, das ihm nichts und niemand in die Quere kommen konnte?

Das nichts und niemand ihm dieses Erlebnis nehmen konnte?
 

Ja. Das mußte Glück sein.
 

In diesen Momenten verstand Roxas, was es hieß, frei wie ein Vogel zu sein.

Er fühlte sich nun zum erstem Mal wirklich frei und an keine Regel gebunden.
 


 


 


 

"Gesegnet sei der, der dieses geile Wetter bestellt hat...!"

Marluxia war mit großer Wahrscheinlichkeit nicht der Einzige, der diesen Gedanken hatte.

Erleichtert faltete er seine Schutzkleidung zusammen und legte sie vorerst auf seiner Maschine ab.

Der Sensing Nobody war zusammen mit Vexen, Saix und Xemnas gefahren; blieb nur noch zu hoffen, das der Rest auch bald kam. Wenn keiner unterwegs verschütt ging, würden noch sechs weitere Mitglieder kommen.

Somit waren sie nach langer Zeit wieder fast komplett.
 

Seufzend sah sich Marluxia auf ihrem Campingplatz um.

Xemnas war bereits mit dem Aufbauen seines Zeltes beschäftigt und Saix rauchte erst einmal seine zwei Zigaretten zur Stressbewältigung.

Wie immer hatten sie sich einen abgelegenen Platz gesucht um möglichst ungestört zu sein.

Nichts war schlimmer, als abgefüllte Jugendliche die sich mitten in der Nacht an ihren Maschinen zu schaffen machten... wie gern er den Idioten abgemurckst hätte, der ihm im letztem Jahr auf den Sitz gereiert hatte...
 

Marluxia schlenderte locker zu Saix herüber.

"Hast du noch ne Kippe übrig?" fragte er, schielte dabei kurz zu den Baumkronen, unter denen sie beide nun standen um der Hitze zu entgehen. Saix blickte kurz zu ihm herüber, seufzte und kramte in der Brusttasche seiner Jeansjacke.
 

"...was denkst du. Wie lange wird es noch dauern, bis Xem' endlich mit dieser ganzen Geschichte abschließt?"

Marluxia schielte unauffällig zu dem Genannten, nahm die Zigarette und das Feuerzeug entgegen.
 

"Du meinst, bis er Ansem endlich mal den Arsch aufreißt? Ewig, wenn er nicht bald aus dem Knick kommt", antwortete Saix, nahm einen letzten tiefen Zug und drückte den Zigarettenstummel mit Daumen und Zeigefinger aus.

Dabei verzog er nicht eine Miene.

Sein Gesprächspartner kam nicht umhin, ironisch zu grinsen.

Recht hatte Saix.

Es wurde langsam Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen.

Ansonsten würde ihr Superior niemals Ruhe finden - und Zerina wahrscheinlich auch nicht.
 

"Ich werde nach dem Wochenende noch einmal mit ihm reden... hab nämlich absolut keinen Bock mehr auf diesen Kinderkram. Wie kommst du eigentlich gerade jetzt wieder auf dieses Thema? Ist was vorgefallen?", fragte Saix und lehnte sich gegen den Baumstamm.

Sein Gegenüber verneinte die Aussage mit bestimmtem Kopfschütteln.
 

"Ich finde es nur sehr seltsam, das Ansem sich nicht mehr rührt.

Erst macht er die Hunde heiß, palavert da rum wie ein Irrer und dann zieht er wieder den Schwanz ein."

Marluxia sah Saix scharf an, während er sich seine Kippe ansteckte und das Feuerzeug zurückgab.

Ihm gefiel diese gesamte Situation einfach nicht und wenn es nach ihm ginge, wäre dieser Dreckskerl schon längst verschnürt in einer Truhe auf dem Weg nach Timbuktu.
 

Stille machte sich zwischen den beiden breit, ab und an hörte man das Klimpern von Metall als Xemnas die Heringe für das Zelt in dem Boden versenkte oder sich mit Vexen unterhielt.

Erst das sich langsam nähernde Geräusch von Motoren ließ sie aufhorchen.

Langsam wandten beide den Blick in Richtung des Kieswegs von dem auch sie gekommen waren.

Die Geräusche wurden lauter und je näher sie kamen desto klarer wurde den Anwesenden, wer da angerollt kam.

Saix linste um die Ecke.

Da war Demyx... weiter hinten kam Zexion und hinter diesem Axel - mit Sozius?

Stutzend wandte sich der Sensing Nobody ganz um um besser sehen zu können. Die Maschinen der Neuankömmlinge kamen bei Xemnas zum stehen. Die Motoren wurden ausgestellt und als sich die Fahrer nach und nach die Helme vom Kopf nahmen, wußte Saix das er mal ein ernstes Wörtchen mit Axel zu reden hatte -

was zum Teufel hatte diese Mistgöre hier verloren?
 


 


 

AN: Oh mein Gott.

Ich habe es tatsächlich über die Bühne gebracht... tut mir wirklich Leid für für diese verflixt lange Wartezeit!

Leider habe ich kaum richtig Zeit zum schreiben und sollte man sich schon nehmen... hoffe doch, das die Qualität nicht zu sehr gelitten hat. Zumal mir mitten im Kapitel ein Logikfehler aufgefallen ist (seinen wir ehrlich, es gibt hunderte Logikfehler in dieser Story...) den ich dann auch noch ausmerzen musste was zur Folge hatte das ich das halbe Kapitel neu schreiben durfte... hach ja. Aber nun ist es mal wieder so weit, ein Kapitel ist fertig!

Würde mich sehr über Feedback freuen!

Bis zum nächsten Mal - das 100%tig kommen wird ;)
 

MFG,

Sinister
 

* der Mitfahrer bei einem Motorrad. Sozia ist die weibliche Variante.

Something strange...

Leise fiel die Zimmertür ins Schloss. Fünfzehn Minuten hatte er nun Zeit.

Fünfzehn verdammte Minuten.

Eigentlich viel zu wenig, aber er würde schon noch fertig werden mit seinem Vorhaben.
 

"Ein Glück das ich nur von hirnlosen Idioten umgeben bin... " murmelte Tai zu sich, als er zu der Kamera in Roxas' Zimmer schielte. Das kleine rote Lämpchen, welches sonst signalisierte, das die Kamera eingeschaltet war, glühte nicht. Sämtliche Überwachungssysteme, ausgenommen denen um das Haus herum, waren für eine Virtelstunde abgeschaltet worden.
 

"Für ein Update des Sicherheitssystems" hatte Tai seinen Mitarbeitern gesagt. Was auch nicht allzu verkehrt war und sogar der Wahrheit entsprach; allerdings nutzte er diese Zeit um sich in Roxas Zimmer genauer umzusehen.

Inzwischen glaubte er zwar kaum noch das er gerade hier fündig werden würde, aber Tai konnte es sich nicht erlauben, etwas auszulassen. Jede Möglichkeit musste ausgeschöpft werden.
 

Des Rätsels Lösung war zum greifen nah, das wußte er ganz genau. Während sich der Sicherheitsmann sachte in dem Raum umblickte, sah er vor seinem geistigem Auge den Zettel, den seine Informantin Nicole ihm damals überreicht hatte. Auf diesem waren Informationen zu dem Unbekannten auf Cassandras Fotos. Sehr brisante noch dazu, auch wenn sie selbst der Meinung gewesen war das diese nicht von Belangen waren...

Bedacht, aber schnell durchwühlte er Schubladen, suchte nach Dokumenten, Fotos, einfach nach allem was irgendwie verdächtig aussah. Tai schluckte hart.
 

Ja, er war nah dran. Sehr nah. Vielleicht wußte er insgeheim auch schon, wo er das uneheliche Kind seiner Chefin finden konnte - aber diese Möglichkeit... diese Tatsache, die ihm vor ein paar Tagen in den Sinn gekommen war... bei dem Gedanken daran verzog sich alles in ihm. Es war so absurd. So dermaßen absurd. Und Tai könnte sich heute noch in den Arsch treten dafür, das ihm dieses offensichtliche Detail abhanden gekommen war.

Tai hatte lernen müssen das selbst absurde Dinge der Wahrheit entsprechen konnten. Und, wenn er mit seiner Vermutung richtig lag - eigentlich konnte es nur so sein - dann musste er sehr, sehr vorsichtig in seinem weiterem Vorhaben sein...
 

"Nichts... hätte ich mir auch denken können..." grummelte Tai, schaute auf seine Uhr. Sechs Minuten hatte er noch. Abermals ließ er seinen Blick durch das doch ziemlich leere Zimmer gleiten. Bis etwas seine Aufmerksamkeit erregte.

Er schritt darauf zu, nahm das eingerahmte Foto von dem Nebentisch am Sofa.

Roxas, sein Bruder und deren Eltern.

Dieses Foto war schon ziemlich alt und Tai konnte sich noch vage an diesen Tag erinnern, an dem es geschossen worden war. Nur zwei Tage später verschwand Roxas Bruder für immer. Der Mann grinste ironisch.

Der Blonde Knirps wußte bis heute nicht genau, was der Grund für den Ausraster seines Bruders, das Verlassen dieses Hauses war. Zwar glaubte Roxas den Grund zu kennen, aber das war nur die halbe Wahrheit.

Doch er wußte es. Und verübeln konnte Tai es dem Älteren der beiden Geschwister nicht...
 

"Armer, armer Roxas..." seufzte er gespielt und stellte das Bild wieder zurück. Dabei viel ihm auf, das auf dem Tischchen noch ein weiteres Bild lag. Ein wenig versteckt, unter einem Schulbuch.

Tai zog es heraus in der Hoffnung etwas gefunden zu haben...
 

Auf dem Bild war Roxas zu sehen, gemeinsam mit Axel. Sein Bodyguard wuselte dem Blonden durch das eh schon wirre Haar, Roxas blickte peinlich berührt nach oben. Marianne musste das Foto geschossen haben als sie gemeinsam in der Stadt unterwegs waren. Tai schnaubte. Diese Sache war wirklich immer heikler geworden seit Axel hier den Aufpasser spielte.
 

Lange betrachtete er das Foto, nickte dann langsam. Ihm war etwas klar geworden.

Er warf das Bild wieder auf den Tisch, verließ das Zimmer und schloss die Tür.

Langsam schritt Tai den Flur entlang, kramte in seiner Hosentasche und steckte sich eine Zigarette an, obwohl er wußte das in diesen Räumen das Rauchen verboten war. Genüsslich stieß er den Rauch aus, schüttelte grinsend den Kopf.
 

"Tja Axel... du steckst tiefer in der Sache drin, als dir lieb ist..."
 


 


 

Vexen hatte das Spektakel der letzten zehn Minuten aus der Ferne beobachtet. Da hatte Axel nun wirklich Besuch mitgebracht, so wie Xemnas es ihm letztens erläutert hatte. Vexen konnte noch nicht wirklich sagen ob er der ganzen Geschichte Glauben schenken sollte, denn es hörte sich alles schon sehr seltsam und weit hergeholt an...

Aufmerksam betrachtete er den Jungen.

Der Blonde sah ein bisschen mitgenommen aus, war ganz rot im Gesicht; unter dem Helm war es natürlich tierisch heiß bei dem Wetter und wer das nicht gewöhnt war hatte natürlich mit dem Kreislauf zu kämpfen.
 

"Hm..." unbemerkt schielte er zu Saix und Marluxia. Mar hatte dem Trubel auch nur schweigend zugesehen und Saix... oh, Vexen konnte sehen wie dessen Kiefermuskeln sich verkrampften und wie zornig er aussah. Das würde eine seeehr unschöne Auseinandersetzung geben. Definitiv. Seufzend setzte sich der Sensing Nobody in Bewegung um sich Axels neue Bekanntschaft aus der Nähe anzusehen.

Inzwischen war auch Xemnas an die Neuankömmlinge herangetreten und hatte sie begrüßt.

Nun wandte er sich an Roxas und reichte ihm die Hand.
 

"Na, alles gut überstanden Kurzer?" fragte er und nahm dem Jungen schon mal den Helm aus der Hand.

Roxas war gerade dabei gewesen, sich die Jacke auszuziehen. Ein wenig überrascht sah er auf und blickte Xemnas genau in die Augen. Er hatte zwar noch nicht viel mit dem Superior zu tun gehabt, aber nach allem was er gehört und gesehen hatte, war ihm Axel Ziehvater doch sehr sympathisch. Er wirkte auf wie einer dieser ruppigen Filmhelden - frei nach dem Motto, harte Schale, weicher Kern. Roxas brachte ein Lächeln auf die Lippen.
 

"Ja... es war zwar ziemlich warm und total ungewohnt aber..."

Xemnas lachte leise. So ähnlich hatte Axel bei seiner ersten Motorradfahrt auch geantwortet.

Er schielte kurz zu seinem Ziehsohn, welcher gerade damit beschäftigt war sich aus der Motorradkleidung zu schälen und danach Demyx zur Hand zu gehen.

Seine Augen wanderten wieder zu dem Jungen.
 

"Zieh dich erstmal aus und dann kannst du den beiden Flachpfeiffen da mal beim auspacken helfen okay?" meinte der Superior, legte Roxas freundschaftlich eine Hand auf die Schulter und wandte sich danach zum Gehen; dabei stieß er fast mit Vexen zusammen, welcher an die beiden herangetreten war.

Axels Schützling schaute etwas unsicher auf das ihm fremde Gesicht.

Es war offensichtlich das es sich um ein Mitglied der Sensing Nobodys handeln musste, welches er noch nicht kannte.

Vexen schaute Roxas in die Augen; das machte er immer wenn er auf jemand unbekanntes stieß.

Dann hob er seine Stimme.
 

"Und du bist also Roxas, ja?"
 

"J...ja. Guten Tag!"

Sogleich verneigte sich Roxas ganz leicht um den Älteren zu begrüßen. Es war ihm schon wieder ziemlich unangenehm und der Junge wurde das Gefühl nicht los, das er hier nicht gerade erwünscht war. Zumindest konnte er sich sicher sein, das Saix sicher etwas dagegen haben würde. Wenigstens schien es Xemnas nichts auszumachen - und das war doch die Hauptsache oder? Schließlich war sein Wort bei den Mitgliedern Gesetz.
 

"Hm... ich dachte, du wärst älter."

Vexen seufzte leise und blickte den Jungen neutral an.
 

"Ich bin Vexen...", er nickte leicht über seine rechte Schulter rüber zu Xemnas, "... du solltest dich fix an die Arbeit machen sonst gibt es Ärger vom Chef. Auch als "Gast" wirst du hier ordentlich mithelfen müssen.

Denk daran während du hier bist... Nur ein gut gemeinter Rat von mir...".

Während der letzten Silben seines Satzes schielte Vexen deutend zu Saix - und Roxas verstand sofort. Er nickte und sah dem Älteren hinterher. Dann zog er seine Sachen aus und wurde gleich danach von Axel eingespannt.

Schließlich mussten noch ein paar Zelte aufgebaut werden.
 


 

Tief durchatmend schaute Marluxia zu Demyx und Axel herüber, welche gerade zusammen mit Roxas und Zexion die Zeltplanen auspackten. Der Superior hatte den Kurzen hier akzeptiert. Warum, das war Mar ein kleines Rätsel aber diese Entscheidung würde er eventuell später hinterfragen; wobei er schon eine leise Ahnung davon hatte, wie der Hase momentan lief. Er blickte zu Saix.

Sein Kumpane hatte sich nun schon die vierte Zigarette angesteckt. Man merkte wie geladen Saix war. Für ihn war es absolut inakzeptabel, einen Außenstehenden, noch dazu einen Minderjährigen, hier mit her zu schleppen.

Dieser Ausflug zum Saisonbeginn war für die Sensing Nobodies seit jeher etwas ganz Besonders, beinahe intimes gewesen. Keiner hatte da das Recht hier zu sein, wenn er kein Mitglied war. Und in dieser Beziehung konnte er Saix sehr gut verstehen. Auch Xigbar und Xaldin waren von dieser Idee wenig begeistert gewesen, als Xemnas ihnen vor ein paar Tagen Axels Vorhaben schilderte. Sicher, die beiden hatten so nichts gegen die Person an sich - aber dagegen, das er hier sein sollte. Wo er noch nicht einmal mit der Materie richtig vertraut war, geschweige denn wußte, was ein Haufen Motorradfahrer so trieb in ihrer Freizeit.

Marluxia seufzte. Das konnte noch sehr lustig werden... was dachten sich Xemnas und Axel nur dabei...?
 

"Du kannst da wahrscheinlich eh' nichts mehr dran ändern Saix.

Also hör auf wie ein verschnupftes Nashorn hier rumzuschnaufen. Das verdirbt nur die Laune.

Mach das Beste draus oder tu so als ob-"
 

"Ich werd' dir gleich zeigen was ich da noch dran ändern kann...!" zischte Saix gereizt und drückte die Zigarette aus.

Er würde Roxas ganz sicher nicht hier dulden. Nicht wie alle anderen einfach so hinnehmen, das er hier unter ihnen herumstreunte und einem später wahrscheinlich auch noch die Ohren vollplärrte...!
 


 


 

"Wieso werde ich das Gefühl nicht los das der Kleine dich ein wenig an dich selbst erinnert...?"

Xemnas hielt stutzend in seiner Bewegung inne. Er schaute langsam zu Vexen auf, ließ die Heringe wieder auf den Boden fallen und deutete kurz mit dem Hammer auf seinen Freund.
 

"Wie kommst du darauf...?" stellte Xemnas die Gegenfrage.

Sein Gegenüber verschrenkte die Arme und strich sich sachte mit der Linken über das Kinn.
 

"... hattest du nicht auch sehr strenge Eltern?"
 

Einen kurzen Augenblick war es still geworden zwischen den beiden. Dann aber, seufzte Xemnas und wandte sich von Vexen ab. Er fischte einen der Heringe aus der Plastiktüte, fädelte ihn durch die Öse und plazierte den Harken, ehe er ihn mit dem Hammer in dem ziemlich harten Boden versenkte.
 

"Ja, das schon... aber bei weitem nicht in dem Ausmaß, wie es bei Roxas der Fall ist. Das, was bei ihm Zuhause abläuft grenzt schon an ein krankhaftes Verhalten seitens der Eltern heran. Und bevor du fragst: Ja, ich habe Mitleid mit dem Jungen. Gerade weil ich weiß wie es ist wenn man ganz natürliche, an sich normale Dinge verboten bekommt".
 

Ein letzter Schlag hallte wieder, der Superior überprüfte noch einmal, ob der Hering auch richtig saß, dann nahm er sich den Nächsten. Ja, er hatte strenge Eltern gehabt. Oft genug hatte er sich mit ihnen gestritten; sie waren auch der Grund dafür, das er in seiner Jugend zum wahren Rebellen mutiert war. Alles tun, nur nicht das was man ihm sagte...
 

"Ich möchte einfach nicht, das der Junge zugrunde geht. Ich will, das er lernt seinen eigenen Weg zu gehen. So, wie ich es Axel auch immer eingebleut hatte. Nichts ist schlimmer, als sich immer nach anderen zu richten und dabei das Wesentliche, sein eigenes Wohl aus den Augen zu verlieren. Man muss auch Erfahrungen sammeln können!

Sieh dir den Jungen doch mal an - er hat keine Ahnung von den einfachsten Dingen in dieser Gesellschaft.

Sicher... im Grunde könnte es mir egal sein was mit dem Jungen ist, aber... Axel bemüht sich so um den Kurzen..."
 

Bei diesen Worten schaute Vexen herüber zu der kleinen Gruppe.

Roxas stand neben Axel, welcher ihm gerade versuchte zu erläutern, wie ein einfaches Zelt im Normalfall überhaupt aufgebaut wurde. Wozu die Heringe da waren und wie man sie am besten im Boden versenkte, damit alles richtig hielt.
 

"...und darum will ich ihm nicht im Weg stehen. Ich kann voll nachvollziehen, das es einigen hier missfällt weil gerade diese Ausfahrt etwas ganz Spezielles ist. Aber da stehe ich diesmal einfach darüber. Wenn Xaldin seine Frau zum Osterfeuer einlädt oder Larxene mit ihrem Mann dazukommt wird doch auch kein Tarrar gemacht, also sollen sie sich nicht so anstellen..."
 

Xemnas schaute kurz hoch.
 

"Ausserdem sind wir "nur" eine MFG. Wir haben zwar auch unsere Regelungen und eine Art Hierarchie -

aber Gäste haben wir bisher immer geduldet. Warum also nicht auch einen Jugendlichen?

Solange Axel für ihn Sorge trägt und mir versichert das nichts passiert soll es mir egal sein.

Weißt du was ich meine...?" fragte er.

Vexen nickte sachte. Wo der Chef Recht hatte...
 

"ICH verstehe es trotzdem nicht, Xemnas. Was gibt diesem Bengel das Recht hier zu sein?

Er hat absolut nichts mit uns am Hut und und im Gegensatz zu den anderen kennt er diese Gesellschaft hier nicht.

Was für einen Sinn hat dieses Unterfangen?"
 

Xemnas wandte sich um. Saix war an sie herangetreten und wie bereits erahnt, sah er nicht gerade so aus als wenn er mit sich reden ließ. Der Superior stand auf, streckte kurz seine Glieder.
 

"Was gibt es daran nicht zu verstehen? Du weißt genau, was ich meine... Und im Übrigen, Saix... Axel hat ihn mitgenommen und Axel wird dafür Sorge tragen, das es zu keiner unangenehmen Situation kommen wird. Wenn du dich also darüber auskotzen willst, dann nicht bei mir sondern bei Axel. Das ist mein letztes Wort zu dieser Diskussion."
 

"Dein letztes Wort ja? Weißt du, was mein letztes Wort dazu ist, Xemnas? Wenn dieses Gör' hier weiterhin eine Extraeinladung nach der anderen kassiert kann ich dir zwitschern das dies hier unsere letzte gemeinsame Ausfahrt war!" zischte Saix und deutete warnend in Richtung der Anderen. Es hatte ihm schon damals in der Bar gereicht und jetzt war das Fass kurz vor dem überlaufen.
 

Unbeeindruckt von dieser indirekten Drohung, hob der Superior seine Stimme.
 

"Mach von mir aus, was du willst... Aber erinnere dich bei deinem Austritt daran, wie lange wir uns schon kennen und wie viel Scheiße wir schon durchgemacht haben ohne jemals aneinander geraten zu sein. Alles, was ich will ist ihm eine Chance zu lassen. Und du solltest darüber nachdenken, ob dieser Junge es wirklich wert ist, alles hinzuschmeißen was du hier erreicht hast."
 

Mit diesen Worten, welche Xemnas mit einer unverschämten Gelassenheit über die Lippen gebracht hatte, drehte er sich auch schon wieder um und ging seiner Tätigkeit weiter nach. Auf solche Diskussionen hatte er nun wirklich keinen Nerv.

Vexen hatte die beiden in zwischen alleine gelassen.

Nur Saix stand nun noch dort, wahrlich etwas perplex schauend.

So war er noch nie abgewimmelt worden! Hatte Xemnas einen an der Marmel oder spielten die hier jetzt alle Wohlfahrt?!

"... das kann echt nicht sein Ernst sein..." grummelte er in sich hinein, hatte Probleme seine Wut im Zaum zu halten. Wie kam er jetzt auf ihre langjährige Freundschaft zu sprechen...?
 

Langsam blickte Saix über seine Schulter zu Axel. Er lachte herzhaft und klopfte Roxas so dermaßen auf den Rücken, das dieser leicht nach vorne taumelte. Auch der Junge hatte ein Lächeln auf den Lippen. Und Demyx... der Typ sowieso.

Der Sensing Nobody schnaubte, dann ging auch er von dannen.
 


 


 

Gedankenverloren blickte sie aus dem Fenster des Taxis, während kalter Regen gegen die Scheiben donnerte und die Sicht auf die hell erleuchtete Stadt gänzlich verwehrte.

Seit sehr, sehr langer Zeit war sie wieder allein unterwegs und immer, wenn dies der Fall war, verfiel diese Frau ihren Gedanken, ihren Ängsten und ihrer Vergangenheit. Ihr jetziger Mann war ihr immer eine Stütze gewesen. Derjenige, der sie ihre dunklen Geheimnisse vergessen ließ. Wenn auch nur für kurze Zeit. Denn immer, wenn sie in die Augen ihres Kindes sah, hasste sie sich ein Stückchen mehr. Sich und ihre Familie. Einfach alles.
 

Cassandras Augen wurden von Sekunde zu Sekunde trüber, eine stumme Träne rollte ihre Wange entlang.

Egal wie viele Jahre es nun schon her war, sie kam einfach nicht darüber hinweg.

Es schmerzte so sehr das sie immer öfter glaubte daran zu zerspringen -

Scherben, die niemals wieder zusammengeführt werden könnten.

Nur darum klammerte sie sich an allem fest, was ihr teuer war, was irgendwie Halt und Linderung versprach.

Nur wegen diesem einem Moment in ihrem Leben der alles veränderte. Doch, hatte man ihr eine Wahl gelassen...?
 

"Nein... ich hatte nie eine andere Wahl gehabt."
 

Ihre Stimme war nur ein dünnes Wispern, so schwach und tonlos, das der Fahrer davon keine Notiz nehmen konnte.

In ihrem Strom aus Gedanken klammerte sie sich immer mehr an die Kette, die um ihren Hals herum hing. Sie war aus mattem Silber und an ihrem Ende baumelte ein filigranes Gebilde, das einem Schlüssel glich. Es war das letzte, wirkliche Andenken an ihn. Eines der letzten Geschenke, die er ihr machte, bevor er starb.

Bevor man ihm gewaltsam das Leben nahm.
 

Cassandra schluckte hart und versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.

Immer und immer wieder hallte sein Name in ihrem Kopf wieder.

Immer und immer wieder hörte sie, wie sich der Schuss löste.

Ein Schrei, so grell und klar wie der Schmerz in ihrem Herzen.
 

Nie mehr seine Wärme, nie mehr sein Lächeln.

Nichts, nur dumpfe Kälte.
 

Und plötzlich war alles dunkel...
 

Zitternd atmete Roxas' Mutter aus, blickte wieder nach vorn.

Das Hotel, in dem sie und ihr Ehemann gastierten war schon in Sichtweite.

Rasch klappte sie den Sonnenschutz herunter um in den kleinen Spiegel, der dahinter versteckt war zu sehen.

Ihre Augen waren glasig, das Gesicht rot.

Cassandra sah sehr verweint aus obwohl sie so gut wie keine Träne vergossen hatte.

Müdigkeit zeichnete ihr Gesicht und sogleich versuchte sie, einen frischeren Eindruck zu machen damit ihr Mann sich nicht allzusehr sorgte. Hektisch durchkämmte sie ihr Haar mit den Fingern, zupfte ihre Bluse zurecht und seufzte leise.

Sie musste weiterhin stark sein. So schwer es ihr auch manchmal fiel.

Es durfte nicht an ihr scheitern. Kein weiteres Mal. Es reichte ihr, ein Kind verloren zu haben...

Langsam klappte sie den Sonnenschutz wieder zurück und blickte gedankenverloren durch die Frontscheibe.
 

Wie lange würde es wohl noch dauern bis dieser Alptraum ein Ende haben würde...?
 


 

Zufrieden mit sich schob Axel die Luftmatratze in das Zelt und breitete eine Wolldecke darauf aus.

Es war eine Doppelbettmatratze. Denn irgendwie war es für den Bodyguard schon vor der Abfahrt klar gewesen, das Roxas bei ihm im Zelt schlafen würde. Sicher, der Kleine hätte auch bei Demyx pennen können, aber...
 

"Axel...? Wo soll ich die Sachen hier lassen?"
 

Die Stimme seines Schützlings hallte an Axels Ohr und er krabbelte rückwärts aus dem Zelt. Der Sensing Nobody wandte sich um, schaute zu Roxas und auf die beiden Rucksäcke in dessen Händen.

Einer davon gehörte ihm selbst.
 

"Die kannst du im Vorzelt lassen. Ich glaube nicht das es heute Nacht regnen wird."

Damit deutete er in eine Ecke der Vorkammer ihres Zeltes. Sie war klein und schmal, galt eigentlich gar nicht mehr als "Vorzelt" beziehungsweise "Kammer". Aber für das Gepäck reichte es vollkommen aus.

Axel nahm Roxas die Rucksäcke ab und verstaute sie. Er streckte sich ausgiebig, zog danach den Reißverschluss es Zeltes zu und wandte sich wieder an seinen Schützling, welcher ihn mit großen Augen anblickte.
 

"Tja... damit wären wir fertig..." meinte er, schaute kurz auf seine Uhr. Es war nun halb fünf.

Nach und nach wurden auch die anderen Mitglieder fertig; Xigbar, welcher etwas später mit Xaldin und Larxene dazugestoßen war, beschäftigte sich gerade mit der Kohle für den Grill.

Ein Lächeln fand den Weg auf Axels Lippen.
 

"Kurzer.... so wie ich das sehe, haben wir noch ein bisschen Zeit. Ich würde dir gerne was zeigen."
 

Roxas blinzelte.

Der Junge blickte sich um, sah einen Moment dem Treiben der anderen zu, dann schaute er wieder hoch zu Axel.
 

"Was denn zeigen...?" fragte er. Roxas spürte wie eine ihm relativ unbekannte Neugierde in ihm aufstieg. Hier gab es sicher etwas zu sehen. Und überhaupt wollte Roxas sich den Campingplatz gerne genauer ansehen... schließlich war er zuvor noch nie auf einem gewesen. Axel schüttelte bestimmt den Kopf.
 

"Wenn ich es dir jetzt verrate, dann ist es doch keine Überraschung mehr oder? Also. Keine Widerrede, keine Fragen. Lass' es einfach auf dich zukommen... Hast du irgendwelche Wertsachen in deinen Hosentaschen...?"
 

"Wertsachen...?"

Das irritierte Roxas nun noch mehr, aber er tastete noch einmal seine Hosentasche ab.

Ausser einer Packung Taschentücher hatte er nichts dabei, also schüttelte er verneinend den Kopf.

Dies nahm der Sensing Nobody gerne als Antwort an. Er schnappte sich Roxas' Handgelenk und führte ihn vom Platz.

Xemnas schaute den beiden eher zufällig hinterher. Der Superior konnte sich schon denken, wo die Reise hinführen sollte...
 


 


 

"Axel...? Gibt es keinen anderen Weg...?"

Innerlich schon erstaunt darüber, das er diese Frage tatsächlich gestellt hatte, folgte Roxas seinem Bodyguard durch das unwegsame Gelände. Er hatte schon lange aufgegeben, herausfinden zu wollen wohin Axel ihn da führte. Seit einiger Zeit maschierten sie nun schon durch den nahegelegenen Wald, der direkt an dem Campingplatz angrenzte. Als wenn diese Tatsache nicht schon hinderlich genug wäre! Denn sie mussten sich nicht nur durch das Gestrüpp auf dem Boden kämpfen sondern auch damit, das es zusehends bergauf ging. Zwar nur ganz leicht aber es war trotzdem anstrengend... oder empfand nur er das so...?
 

"Nene, es gibt keinen anderen. Und selbst wenn es den gäben würde hätten wir drauf verzichtet.

Oder ist der Edelherr schon müde...?" feixte Axel und erlaubte sich so einen kleinen Spaß.

Roxas schaute ein wenig trotzig auf Axels Rücken. Das T-Shirt war schon leicht durchgeschwitzt... aber ihm erging es ja nicht anders...
 

"Das ist fies Axel."
 

"Ach komm. Sei kein Frosch Roxas."
 

"Mhh..."
 

Der Biker lachte nur und ging weiter. Eine ganze Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Bis sich der Wald langsam aber sicher lichtete. Diese Tatsache veranlasste den Älteren, einen Zahn zuzulegen und schneller durch das Unterholz zu stolzieren. Roxas hatte wirklich etwas Mühe Schritt zu halten.

Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit standen sie da, frei von Bäumen... an einer Art Klippe.

Perplex starrte der Junge über das Gelände. Sie standen an einem Felsvorsprung (für ihn war es eine Klippe... zumindest eine kleine!) und hatten freie Sicht über unzählige Quadratkilometer Wald die sich vor den beiden erstreckten. Direkt unter ihnen befand sich ein See. Ein ziemlich großer noch dazu.
 

"So viele Bäume...! Das ist ja Wahnsinn...!"
 

Durch die Nachmittagssonne leuchteten die Spitzen der Baumkronen in einem satten Grün, der Himmel war strahlend blau und wolkenlos. Noch nie hatte Roxas einen derartigen Ort gesehen, nicht einmal in den Büchern über die hiesige Vegetation. Seine Augen strahlten gerade wie die eines kleinen Jungen, welcher einer Modelleisenbahn zusah. Die Jugendlichen der heutigen Generation interessierten sich immer weniger für solche Wunder der Natur; doch für den Blonden, welcher sein Leben lang von der freien Natur träumte, war das hier schlichtweg atemberaubend.

Lange Zeit starrte er noch über den Abhang hinweg, Axel stand neben ihm und grinste zufrieden - er wußte doch das es ihm gefallen würde!
 

"Wie tief geht's da runter...?" fragte Roxas nach einer Weile, traute sich noch immer nicht näher heran. Er beugte sich nur leicht vor, um an das unter ihnen liegende Ufer sehen zu können. Das Wasser des Sees war tiefblau, schillerte leicht im Licht. Er schluckte, sah zu Axel.
 

"Och...soo...fünf, sechs Meter vielleicht? Also nicht sonderlich hoch...", haute der Bodyguard salopp heraus, machte sogar eine abwertende Handbewegung. Seinem Begleiter gefiel diese Aussage definitiv nicht, denn er wurde sogleich etwas blasser um die Nase.
 

"S... so hoch?"
 

"Bist du noch nie vom Fünf-Meter Turm gesprungen? Der ist genauso hoch. Naja, fast."
 

"Nee... und ich habe es auch nicht vor..."
 

Damit ging Roxas wieder ein paar Schritte zurück.

Er würde schon gerne am Ufer entlanggehen und wenigstens die Füße ins Wasser stecken... es war sicher ganz warm von der vielen Sonne. Ausserdem wollte er sich den See aus der Nähe ansehen. Er sah schon von hier oben so wahnsinnig schön aus...
 

"Kann man von hier aus runter zum Ufer?" fragte er, sah Axel hoffnungsvoll an.

Vielleicht gab es ja einen Trampelpfad oder so etwas... durch das Gestrüpp wollte er so schnell nicht mehr wandern wenn es zu vermeiden war...! Auf diese Frage hin nickte sein Gegenüber langsam - und betont langsam kam dieser nun auch auf den Kleineren zu. Und, als Axels Grinsen immer breiter wurde, dämmerte es Roxas langsam...

Erschrocken sog er die Luft ein.
 

"Axel...? Das... das ist jetzt nicht dein Ern-"
 

Weiter kam der Junge nicht.

Schneller als ihm lieb war hatte Axel seinen Arm um Roxas' die Taille geschlungen, ihn leicht hochgehoben und war mit ihm über der Schulter im hohen Bogen von dem Vorsprung gesprungen.

Ein lauter Schrei, welcher ganz bestimmt nicht aus Axels Kehle kam, erfüllte das Tal und Roxas konnte sich gerade nicht erinnern wann er zuletzt so sehr gebrüllt hatte. Immer weiter entfernte sich der Vorsprung, wurde immer kleiner...

Im freiem Fall klammerte er sich an Axels Oberteil und hatte seinen rechten Arm nah um dessen Nacken geschlungen.

Roxas wartete nur noch darauf, das sein Körper aufschlug, dachte nur noch daran, nicht mehr dieses flaue Gefühl im Magen zu haben...
 

Und kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, wurden die beiden auch schon von kühlem Nass umschlungen.

Wie hunderte kleiner Nadeln stichelte das Wasser seine unbedeckten Glieder und Roxas konnte gar nicht so schnell nach Luft schnappen wie er schon von Axel unter Wasser gezogen wurde.

Erst als die beiden etwas tiefer gesunken waren, löste Axel seinen Griff um Roxas und gab ihm etwas Freiraum zum auftauchen. Wie von der Tarantel gestochen schwamm der Junge nach oben, durchbrach die Wasseroberfläche, keuchte und japste nach Luft. Kurz nach ihm tauchte Axel wieder auf, schüttelte sich kurz und fuhr mit beiden Händen über sein Gesicht. Erst dann holte er tief Luft und blickte zu Roxas.
 

Dessen Atmung ging noch etwas schnell und leicht fahrig; wohl wegen dem Adrenalin in seinem Blut.

Da hatte Axel ihn wohl wirklich ziemlich ausgetrickst. Aber der Sensing Nobody war sich absolut sicher, das Roxas das einfach mal brauchte. Ein Sprung ins Ungewisse - wortwörtlich.
 

"D...du...duuu....!"
 

Roxas hatte seine Sprache wiedergefunden.

Er starrte Axel perplex an, dachte momentan nur noch an diese abstruse Situation und daran, das er soeben über fünf Meter in die Tiefe gestürzt war. Einfach so. Ohne wenn, ohne aber.

Und das er sich so dermaßen an Axel gekrallt hatte... so nah war er ihm nicht einmal während des Trainings im Judo...
 

"Ja? Sprich dich aus, Roxy. Wir sind hier unter uns."

Wieder hatte sich ein seichtes Grinsen auf Axel Lippen gebildet, während er ruhig vor Roxas auf deiner Stelle schwamm.

Nun war der Sensing Nobody wirklich gespannt auf die Reaktion. Er fragte sich gerade, ob Roxas ihm aufgebracht Dinge an den Kopf werfen würde, oder ob er zugab das es ihm doch irgendwo Spaß gemacht hatte; wobei Axel eher auf die erste Option tippte. Doch auf das, was nun folgte war Axel nicht wirklich gefasst.
 

Sein Schützling sah ihn trotzig an, wurde obendrein auch noch tomatenrot im Gesicht und fing an, Axel mit Wasser zu bespritzen.
 

"Man, Axel! Ich hab gedacht ich sterbe gleich!

Du kannst mich doch nicht so erschrecken...! Mach das NIE wieder!"
 

Schnell, aber lachend drehte Axel sein Gesicht weg, hob schützend die Hände. Da war aber jemand ziemlich empfindlich...

Roxas kam ihm unterdessen mehr oder minder unbewußt näher, wollte es Axel einfach nur noch heimzahlen und ihn am liebsten noch einmal unter Wasser drücken.
 

Das dieser darüber nur lachen konnte machte Roxas noch ein wenig troziger.

Nun fing der Biker an, sich zu wehren, nachdem er lang genug zurückgewichen war.

Mit beiden Händen fing er an Wasser zu schöpfen und es Roxas ins Gesicht zu werfen.

Der ließ sich von der plötzlichen Gegenwehr nicht beirren und machte weiter.

Es war ein ewiges Hin und Her; nach und nach verflog Roxas' Zorn und machte einem erfreutem Lachen Platz.

Sie schmissen sich gegenseitig um, wühlten das Wasser auf...
 

Es machte ihm Spaß so mit Axel herumzublödeln.

Ohne irgendwelche störenden Gedanken. Ohne das Gewissen, das ihn jedes Mal biss, wenn er Axel sehr nahe war - in diesen Momenten war all die Angst wie weggeblasen und Axel war für Roxas einfach nur ein guter Freund mit dem er gerade einen Heidenspaß hatte. Und nicht seine heimliche Liebe...
 

Er war es indessen, der vor Axel die Flucht ergriff. Jedoch mit einem breitem Grinsen im Gesicht und einer Ladung Schlamm in der Hand, welche er nun auch mit Freuden auf seinen Wiedersacher schmiß. Die Ladung Schlick und Sand Traf Axel an der Schulter und der Sensing Nobody blieb vollkommen perplex stehen, schaute auf sein T-Shirt...
 

"Na warte du abgebrochener Meter! Wenn ich dich in die Finger kriege...!" rief Axel.

Kaum hatte er seine Kampfansage kund gegeben, stürzte er sich auch schon auf den überrumpelten Roxas, welcher versuchte, so schnell wie Möglich außer Reichweite zu kommen.

Was ihm nicht wirklich gelingen wollte, allein schon aus der Tatsache heraus, das Axel größer war und demnach auch längere Arme hatte und weil seine klitschnassen Klamotten in dieser Lage wirklich sehr hinderlich waren.
 

"Ich geb auf! Ich geb aaauuuf!", schrie Roxas, stolperte in Richtung Ufer -

und wurde ein weiteres Mal von Axel niedergerissen.

Da lag er nun, mit dem Gesicht fast im Schlick des Sees und Axel halb auf seinem Rücken. Roxas prustete, schüttelte sich leicht und war heilfroh, kein Wasser geschluckt zu haben. Axel drehte sich zur Seite, lag nun neben Roxas auf dem Rücken und musste sich erst einmal wieder einkriegen. Er hatte schon ewig nicht mehr so herzhaft gelacht! Der Sensing Nobody wischte sich das Wasser aus den Augen, atmete tief durch. Dabei bemerkte er gar nicht, das Roxas schon wieder aufrecht saß und sich leicht schüttelte. Ein bisschen schüchtern blickte er zu seinem Bodyguard.
 

"...Tut mir Leid Axel."
 

Das Wasser plätscherte, als der Angesprochene sich langsam aufrichtete. Ein paar Strähnen klebten Axel im Gesicht und seine sonst so leuchtend roten Haare erschienen nun eher in einem mattem Dunkelbraun. Axel blickte Roxas durchdringend an, schüttelte dann leicht den Kopf und gab dem Lütten einen leichten Klapps auf den Hinterkopf, was dieser mit einem leisem "aua" quittierte.
 

"Sag mal, tut dir eigentlich mal was nicht Leid? Uns hat es doch beiden Spaß gemacht also zieh' nicht gleich den Kopf ein nur weil du glaubst ich könnte dir böse sein. Solche Aktionen wie du sie eben abgezogen hast gehören auch dazu..."

Damit endete Axel seine Erklärung Schulterzuckend. Ihm gefiel es sogar, das Roxas sich mal richtig hatte gehen lassen und nicht, wie öfteren, verklemmt in der Ecke stand.
 

"Du bist mir also nicht böse?" fragte Roxas noch einmal zur Sicherheit.
 

"Frag' mich das noch einmal und ich werde dir solange die Ohren langziehen, bis man dich damit an einem Baum aufhängen kann! Ausserdem...", Axel fuhr sich durch das nasse Haar und seufzte leise, "... kann man dir gar nicht böse sein, Kurzer. Dafür schaust du immer viel zu niedlich".
 

Axel wandte den Blick ein bisschen ab. Hatte er das jetzt wirklich gesagt...? Natürlich hatte er und es entsprach ja auch der Wahrheit. Schon des öfteren hatte er Roxas dabei ertappt, wie dieser ihm beinahe hoffnungsvolle Blicke zuwarf - sicherlich glaubte der Kleine, er hätte es nicht bemerkt; aber da kannte Roxas seinen Begleitschutz aber sehr schlecht.

Und, dieser konnte nicht verleugnen, das er dieses Verhalten von Roxas ziemlich amüsant fand. Diese großen, blauen Augen die ihn oftmals fragend ansahen...

Eine andere, passendere Beschreibung als "niedlich" fand er dafür nicht.

Axel spürte wieder diesen Blick auf sich ruhen. Da war er wieder.

Dieser Blick, dieses Gefühl das in ihm aufstieg wenn Roxas zu ihm aufsah.

Axel wußte genau, das der Junge ihn jetzt wieder verwirrt musterte - sicher, bei dieser Aussage...
 

Er stand auf und ging langsam aus dem Wasser. Wieder seufzte Axel, blickte sich zu Roxas um.

Der saß noch immer unverändert dort, beinahe so als wüßte er nicht was er tun sollte.
 

"Na los, jetzt steh' schon auf... sonst holst du dir noch was weg."

Geduldig wartete der Motorradfahrer darauf, das Roxas seinem Rat Folge leistete.

Während Roxas sich hastig erhob und sein Shirt auswrang, kreisten die Gedanken von Xemnas' Ziehsohn noch einmal über seiner eigenen Aussage. Irgendetwas ergab da nicht wirklich Sinn.

Axel hatte die Angewohnheit, immer genau das zu sagen, was er dachte und auch wirklich ernst meinte.

Der junge Mann war kein Typ von der Sorte, die um den heißen Brei redeten, so wie Demyx manchmal.

Nein, er nicht. Das was er sagte, meinte er auch so.
 

Und genau darin lag nun der Knackpunkt... irgendwie behagte ihm die Tatsache nicht, das er Roxas niedlich fand... und das er schlichtweg gerne bei ihm war. Wo er doch ganz zu Anfang einfach nur genervt davon war, auf einen Halbstarken aufzupassen...
 

Vielleicht war der Kleine ihm doch wichtiger geworden, als ihm lieb war...
 

AN: Ja...ich weiß... Asche auf mein Haupt, ihr dürft ruhig schimpfen <.<! Es ist nun schon gut zwei Jahre her, seit ich das letzte Kapitel hochgeladen habe... Grund dafür waren meine Ausbildung, das Privatleben... also schlichtweg Zeitmangel. Ich konnte mich einfach nicht mehr um ein so großes Projekt kümmern. Es tut mir wirklich sehr Leid und ich hoffe, das ich durch die riesige Pause nicht allzuviele verschreckt habe... und noch viel mehr hoffe ich, das dieses Kapitel gefallen hat! Nach all der Zeit war es mal wieder sehr erfrischend an dieser Fanfic zu arbeiten!

Wann wir uns das nächste Mal wiedersehen, weiß ich noch nicht aber ich habe mir definitiv in den Kopf gesetzt, diese Geschichte zuende zu bringen, komme was wolle...!
 

Ganz liebe Grüße,
 

Sinister

Because I want

Der Raum in den er sich verzogen hatte glich einer Gefängniszelle, wenn man einmal von den vielen herumstehenden Kisten und den alten, zerfressenen Ölfässern absah. Es war kalt und relativ dunkel, aber das störte ihn wenig.

An solchen Orten - es handelte sich hierbei um das alte Lagerhaus an dem er sich vor ein paar Wochen mit den Sensing Nobodys angelegt hatte - konnte er sich wenigstens sicher sein das ihn niemand störte, während er neue Pläne schmiedete... denn dafür brauchte er absolute Ruhe.
 

Ansem stand in einem Lichtkegel, der durch ein kleines Fenster über ihm fiel. Und das schon sehr, sehr lange.

Seine Gedanken kreisten um die Vergangenheit, um Dinge, die sein Bruder um jeden Preis vergessen wollte.

Nicht so er. Für ihn war diese Sache noch lange nicht vorbei.

Sie hatte erst angefangen... seit Zerinas Tod vor zwei Jahren. Seitdem hatte Xemnas nie ganz loslassen können und es dauerte sehr lange, bis er wieder einigermaßen auf dem Damm war.

Man verlor schließlich nicht alle Tage seine Lebensgefährtin.
 

Ansem hatte mit dem Tod dieser jungen Frau schneller abgeschlossen. Litt dabei vielleicht noch ein wenig mehr...

Und dennoch wollte dieser Mann, das Xemnas noch mehr Schmerz ertragen musste. Das er daran drohte zu zerbrechen.

Immer und immer wieder. Bis er ihn auf Knien anflehte, bettelte und um Vergebung bat. Der Superior sollte bluten.

Richtig bluten.
 

Er hatte es nicht anders verdient.

Jeder, der ihm so in die Quere kam hatte es nicht anders verdient. Sie war sein. Sein Eigentum.

Wäre sie damals nicht gegangen, wäre es niemals so weit gekommen... dann würde sie noch leben...
 

"... du dachtest wohl, ich würde das einfach auf mir sitzen lassen... oh nein Xemnas... nicht mit mir... du wirst schon sehen, was du davon hast... mir einfach Zerina zu nehmen..."
 


 


 


 

Roxas lief es eiskalt den Rücken herunter. Jetzt stand er hier in einer der Duschkabinen, die es in den Sanitäranlagen des Campingplatzes gab und starrte auf den Knopf zum einschalten des Duschkopfes. Es war weniger die Tatsache, das dieses Wasser hier eiskalt war... nein, darum bekam der Junge keine kalten Füße - wortwörtlich. Es war viel mehr der Gedanke daran, das Axel in der Kabine neben ihm stand. So wie Gott ihn schuf.

Wenn Roxas nach rechts unten schielte, konnte er durch den kleinen Spalt zwischen Boden und Kabinenwand Axels Schatten erkennen... Allein der Gedanke daran verursachte in ihm die wildsten Gefühle und noch seltsamere Gedanken... Gedanken von denen Roxas noch nicht einmal wußte, das sie jemals in seinem Hirn existieren könnten...!
 

"Oh mein Gott... mir ist wirklich nicht mehr zu helfen... wenn das so weitergeht werde ich noch verrückt" dachte der Blonde sich, seufzte noch einmal leise und schaltete dann doch das Wasser ein weiteres Mal ein - und hoffte, das er diesmal leiser fluchen würde...
 

Nach ihrer Kamikaze-Aktion am See kehrten die beiden zurück zu ihrem Zeltplatz.

Xemnas hatte sich schon gedacht, das Axel Roxas auf Tauchstation mitnahm. Der Kurze war ja nicht der Erste gewesen, bei dem er diese Aktion durchgezogen hatte. Bei weitem nicht! Auch Demyx musste schon am eigenen Leib erfahren wie es war, von der Kante gestoßen zu werden. Wie Roxas später von Xemnas erfuhr, war das Axels ganz persönliche Art, jemand neues hier zu begrüßen. Das Axel dabei schon öfter seinen Hals und ein paar auf die Zwölf riskiert hatte, brauchte man ihm nicht zu erklären.
 

Der Grill war nun endlich dabei, aufzuheizen und Axel entschied ziemlich schnell, das sie beide noch einmal duschen sollten, bevor es etwas zwischen die Zähne gab. Als er sich zusammen mit Roxas auf den Weg zu den Waschräumen machte, rief ihnen Xigbar noch hinterher, das "Grapschen" verboten sei; alles was er als Antwort von Axel bekam war der berühmt berüchtigte Mittelfinger. Was für eine direkte Kommunikation hier doch herrschte.

Roxas hingegen schluckte hart und musste unweigerlich wieder an sein kleines Geheimnis denken...
 

Wann immer er nun einen Moment Zeit zum Nachdenken hatte, schlich sich irgendwo der Gedanke an Axel ein.

Der Gedanke, das er sich wirklich in einen Mann verliebt hatte; genauso wie der, das Axel dies wohl nie erfahren würde. Damit hatte sich Roxas abgefunden. So weh diese Tatsache auch tat...

Einerseits wollte Roxas, das es so blieb wie es jetzt war; denn der Junge war sich ziemlich sicher, das ein Geständnis alles zunichte machen würde - Roxas wußte ja, das Axel Frauen viel interessanter fand.

Selbst auf sein Kindermädchen hatte er ein Auge geworfen...! Und auch wenn es anders wäre: was hätte Roxas Axel denn zu bieten? Er wurde in einem goldenen Käfig gehalten, war vom Charakter her das komplette Gegenteil zu ihm und er war ja noch nicht einmal volljährig...!

Was sollte Axel denn schon mit ihm...? Er war die Langeweile in Person.
 

Bei dem letztem Satz, der sich durch seinen Kopf gezogen hatte, musste der junge Hausherr daran denken, was Axel vorhin zu ihm gesagt hatte. Er fand ihn niedlich. Oder eher seinen Blick.

Diesen unwissenden, neugierigen und zugleich schüchternen Blick. Allein die Tatsache, das sein Bodyguard das Wort niedlich im Bezug auf ihn verwendete... ihm wurde ganz anders.

Roxas schluckte, das Wasser über seinem Kopf ging wieder aus. Die letzten Tropfen perlten an seinem Kinn ab, suchten sich ihren Weg über seinen Körper. Roxas krallte sich das Handtuch von der Ablage und trocknete sich ab.

Ja, es war wirklich zum Mäuse melken. Warum konnte er nicht einmal richtig Glück im Leben haben...?

Stattdessen stand er hier, zermarterte sich das Hirn und hoffe insgeheim immer wieder, in Axels Gegenwart nicht rot anzulaufen. Ein Seufzen entfleuchte ihm.
 

"Was seufzt du denn, Kurzer?", hörte er Axel fragen, kurz danach quietschte das Scharnier einer Kabinentür, nackte Füße die über die feuchten Fließen gingen waren zu hören.

Angesprochener biss sich eher unbewußt auf die Unterlippe, kaute daran rum.
 

"...nichts. Alles okay", log er kurzerhand, rubbelte seine Haare dürftig trocken, nahm sich seine Klamotten von der Ablage und zog sich hastig an. Ja, es musste definitiv geheim bleiben, wenn er Axel nicht vergraulen wollte... doch ob er das aushielt war eine andere Frage...
 

Zwischenzeitlich fönte Axel seine Haare; das Ding war kaum zu überhören. So trat Roxas aus der Duschkabine, die Haare noch zerzauster als sonst, aber er nahm sich vor, nicht mehr über diese Sache nachzudenken.

Das würde ihm nur die Laune verderben und er wollte dieses Wochenende genießen. Langsam trat er an Axels Seite, beobachte dabei wie die roten Zotteln von der heißen Luft durcheinander gewirbelt wurden.

Es sah ziemlich ulkig aus und Roxas musste grinsen. Wie lange Axel wohl jeden Tag im Bad brauchte...?

Dieser schielte ihn nun von der Seite an und als sich Axels Augen weiteten, war Roxas sehr irritiert.

Sein Bodyguard schaltete den Fön aus und legte ihn in eines der Waschbecken, wandte sich dann direkt an Roxas.
 

"Du blutest, Roxy...", sagte er.

Ehe Roxas irgendwie darauf reagieren konnte, legte Axel schon seinen Daumen auf die leicht verletzte Unterlippe und wischte das kleine Rinnsal Blut fort. Perplex starrte der Jüngere ihn an und blinzelte zweimal.
 

"Lippen zu zerkauen ist nicht gerade vorteilhaft, Kleiner", meinte Axel, spülte sich kurz die Finger ab und reichte Roxas dann den Fön.
 

"Ist mir übrigens ein Rätsel wie deine Haare von Natur aus so zerzaust sein können, ehrlich", setzte er hinzu und lächelte einfach. Dann griff er sich ein Haargummi und bändigte seine Mähne zu einem kurzem Zopf, als wenn nichts weiter gewesen wäre. Diese unverfrorene Ader erstaunte Roxas immer wieder. Manchmal wünschte er sich wirklich, die Welt einmal aus Axels Augen sehen zu können um besser zu verstehen, was in ihm vorging.

Dieser Mann war für Roxas das reinste Buch mit sieben Siegeln. Vielleicht war es auch gerade das, was Axel für ihn so interessant machte. Der Junge führte seine Gedanken nicht weiter, sondern trocknete nun auch seine Haare; es dauerte auch nicht sonderlich lange. Bevor die beiden ihre Sachen zusammensuchen und die Duschräume verlassen konnten, wurde die Tür zu eben diesen schwungvoll aufgestoßen und ein ziemlich angesäuert wirkender Zexion betrat die Räumlichkeiten. Sein graues Hemd wies einen sehr großen dunklen Fleck auf.

Die beiden anderen, anwesenden Personen gar nicht beachtend, stapfte Zexion wortlos zu einem der Waschbecken, zog sein Oberteil aus und fing an dem Fleck den Krieg anzusagen.
 

"...was ist denn mit dir passiert?" fragte Axel verwundert, zog eine Augenbraue in die Höhe; Roxas drehte den Kopf leicht weg. Es dauerte einen kleinen Moment ehe er eine Antwort bekam. Und die kam mehr als zerknirscht.
 

"...die Frage ist eher, wie viele von Demyx' Hirnzellen schon das Handtuch geworfen haben.

Der Mistkerl ist jetzt schon breit wie zwei Meter Feldweg."
 

"Autsch..."

Schnell zählte Axel eins und eins zusammen und kam zu dem Ergebnis, das Demyx wohl wieder einen seiner "ich liebe Euch und die ganze Welt ist rosa" Anfälle hatte. Alkohol und Demyx passte nicht zusammen. Der Musiker vertrug das Zeug einfach nicht. Axel kratzte sich Achselzuckend am Hinterkopf und sammelte seine Sachen ein.
 

"Tja... dann noch viel Erfolg und...man sieht sich später."

Damit angelte er sich Roxas und ging zurück zu ihrem Zeltplatz. Als die beiden dann schließlich um die Ecke kamen, standen die ersten schon mit einem Pappteller um den Grill, Bierflaschen reihten sich auf dem Campingtisch auf und Gelächter hallte an ihre Ohren. Axel seufzte bekennend. So war das jedes Mal.

Noch bevor es richtig anfing, glühten die meisten so derbe vor, das sie es später nicht mehr schafften, gerade zu stehen - bestes Beispiel hierfür war Demyx und Axel war sich sicher, das der Kerl noch gar nicht so viel getrunken hatte.

Unauffällig schielte er zu Roxas, der dem Treiben zuschaute.

Alkohol würde es für den Jungen ganz sicher nicht geben. Auch wenn er sich mit der Campingaktion über eine der goldenen Regeln hinwegsetzte - diese eine goldene Regel würde er einhalten.

Er würde jeden enthaupten, der auch nur auf die Idee kam, Roxas "nur mal nippen" zu lassen.
 

"Hast du Hunger...?", fragte Axel schließlich während seine Augen Demyx erspähten; der saß am Boden und gestikulierte wild mit beiden Armen; wobei er die Hälfte seines Bieres auf dem Rasen verteilte. Angesprochener nickte. Darauf hatte er sich insgeheim schon sehr gefreut; natürlich hatte Roxas schon einmal auf einer der Sommerpartys, die seine Mutter zum Besten gab, gegrillt - doch das hier war für ihn dennoch etwas vollkommen anderes.
 

Roxas' Zustimmung mit einem zufriedenem Nicken quittierend, ging Axel zum Tisch um zwei Teller zu holen und schlenderte dann zu Xaldin, der heute als Grillmeister fungierte. Der Sensing Nobody nahm sich einfach die Freiheit heraus zu entscheiden, was sein Schützling aufgetischt bekam.

Ein wenig verträumt sah Roxas Axel hinterher. Sein Blick traf dabei auf Xemnas, der sich mit diesem Vexen und, Roxas musste kurz über dessen Namen grübeln, Marluxia unterhielt. Xemnas.

Unweigerlich fragte er sich ob der Superior und Axel miteinander verwandt waren; denn ähnlich sahen sich die beiden so gut wie gar nicht... und im selbem Atemzug fiel dem Blonden auf, das er eigentlich gar nichts über Axels Familie wußte. Weder, wer seine Mutter war, noch ob Axel vielleicht Geschwister hatte... vielleicht konnte er Axel irgendwann fr-
 

"Ey Rock's! Isch hab dich üüüüber...all... gesucht...hoppala...!"
 

Hätte der Stein, über den Demyx soeben fast gestolpert wäre, nur einen Meter weiter vorne gelegen, so wäre Axels bester Kumpel wortwörtlich über Roxas hergefallen und sie hätten beide mit großer Wahrscheinlichkeit den Boden geküsst. Aber es blieb zu seiner Erleichterung bei einer sehr stürmischen Umarmung.
 

"De...Demyx! Ich verliere langsam das Gleichgewicht...!", stammelte der Jüngere und versuchte, Demyx vorsichtig von sich zu drücken, ohne dabei nach hinten überzukippen. Das ihm die Situation unangenehm war, konnte man schon von weitem sehen. So herzlich wurde auch selten umarmt...
 

"Mhh...Rock's...hassu mich etwa nisch lüb? Ich hab disch lüb....Fff...Fusselkopp..."
 

"Der Fusselkopf erleidet noch einen grausamen Tod, wenn du ihn noch weiter mit deiner Alkoholfahne belästigst...!"

Abrupt wurde Demyx nach hinten gezogen und ließ Roxas auf wundersame Weise los. Das es dem jungen Biker natürlich missfiel von seiner "Beute" getrennt zu werden war kein Geheimnis. Demyx drehte sich taumelnd zu dem Störenfried um und steckte ihm die Zunge raus.
 

"Bäääh...! Ischh hab'n trotdzzdem lüb, Acksel...", bekräftigte Demyx ein weiteres Mal, verlor sich wieder in überschwenglichen Gesten und hätte ihrem jungen Gast dabei fast die Hand in das Gesicht geschlagen.

Axel stand mit verschränkten Armen dort, sich innerlich wahrscheinlich fragend warum um Gottes Willen dieser Kerl jetzt schon so blau sein musste, das er sich wie ein Kleinkind benahm und schüttelte nur den Kopf.

Mit einer weisenden Handbewegung kam er auf seinen Kumpanen zu.
 

"So, genug gespielt Demy... geh Xiggy knuddeln oder was weiß ich...", sagte er bestimmt und zog Demyx aus der Reichweite von Roxas. Irgendwelche Schimpfwörter murmelnd, torkelte Roxas' "Verehrer" tatsächlich rüber zu Xigbar, damit dieser sich dann mit ihm herumärgern konnte. Axel stöhnte genervt, beugte sich leicht zu Roxas herunter; zugleich beobachtete der Sensing Nobody wie Demyx erfolglos versuchte, an Xigbars Bier heranzukommen.
 

"Sorry, aber Demyx verträgt keinen Alkohol wie du siehst. Er wird dann immer ganz besonders anhänglich... nichts für ungut. Ignoriere ihn einfach, wenn er noch einmal bei dir antanzen sollte..."
 

"O... okay... aber sag' mal Axel...", Roxas drehte sich mit großen Augen zu seinem Bodyguard und blickte ihn verdattert an, "...passiert das mit allen Leuten, die Alkohol trinken...?! Ich meine, werden die alle so komisch?", fragte er aufgeregt.

Der Junge konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wo das enden sollte, wenn alle hier Anwesenden etwas tranken.

Er selbst hatte ja noch nie Kontakt mit Alkohol gehabt und seine Eltern mieden dieses Zeug auch vehement.

Alles, was er immer hörte war, das er bloß die Finger davon lassen sollte - und jetzt konnte er sich auch in etwa vorstellen, was damit gemeint war. Zum erstem Mal in seinem Leben war Roxas wahrscheinlich dankbar für einen Rat seiner Eltern.
 

Nach dieser, doch sehr kindlich naiven Frage, lachte Axel und schüttelte den Kopf.

Manchmal konnte er wirklich nicht glauben, das Roxas bald sechzehn wurde.

Das der Ältere nun lachte, nahm der Junge schmollend hin. Er wußte es nunmal nicht besser!
 

"Nein nein...! Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich...also wie stark und wie schnell der Alkohol anschlägt. Manche Leute kapitulieren nach dem erstem Bier, andere können die ganze Nacht trinken ohne wirklich betrunken zu sein. Ein Kumpel von mir verträgt zum Beispiel keinen Sekt.

Den kannst du nach dem erstem Glas in eine Ecke stellen und dann schläft der ne Runde", erklärte Axel grinsend, während er nach einem der gefüllten Teller griff, die er kurzzeitig auf dem Tisch geparkt hatte. Axel reichte ihn Roxas.
 

"Ich war mal so frei. Hoffe mal, es schmeckt dir auch."
 

Einen kurzen Blick zwischen Axel und dem Teller wechselnd, nahm Roxas ihn dankend an und setzte sich an den Tisch.

Axel zog es vor zu stehen. Er hatte heute schon genug gesessen und war froh, seine Beine etwas belasten zu können.

Während die beiden stillschweigend aßen, schweiften die Gedanken des Motorradfahrers noch einmal zurück und ließen die jüngsten Ereignisse Revue passieren. Erstmal die Ankunft hier auf dem Platz und das Aufbauen der Zelte... die Auseinandersetzung mit Saix und Xemnas, die er mit bekommen hatte... schließlich die Begrüßung von Roxas alá "wir springen von der Klippe"... ein kurzes Grinsen stahl sich auf seine Lippen wenn er daran dachte, wie sich Roxas voller Entrüstung auf ihn gestürzt hatte...
 

Gedankenverloren versenkte Axel die Gabel in einem Stück Bratwurst. Und ab da wurde die ganze Sache ein bisschen komplizierter. Nein, eigentlich nicht kompliziert... eher... seltsam. Axel hatte so viel mehr Spaß an der Sache gehabt, als sonst. Zudem war er sich sicher, das Roxas der Grund dafür war. Wenn er so darüber nachdachte, dann kam er zu dem Schluss das es ihm generell Freude bereitete, etwas mit dem Kurzen zu unternehmen. Wo zu Anfang noch eine regelrechte Abneigung gegen diese Aufgabe herrschte, so hatte sich diese in den letzten Wochen zu einem positiven Gefühl gewandelt. Ein Gefühl, das Axel zu seiner Verwirrung nicht richtig einordnen konnte.
 

Da existierte auf der einen Seite ein Gefühl von Freude, einfach die Gewißheit mit seiner Aufgabe als Bodyguard einen kleinen Beitrag zu Roxas persönlicher Entwicklung beizutragen und ihn davor zu bewahren, ganz abzustumpfen.

Es klappte ja. Der Junge hatte schon einen gewaltigen Schritt nach Vorne getan, ohne das es ihm vielleicht aufgefallen war.
 

Und zu dieser Freude gesellte sich gleichzeitig das Gefühl, irgend etwas... verpasst zu haben, vielleicht etwas getan zu haben, das nicht richtig war. Axel konnte es gar nicht richtig beschreiben.

Einerseits war es einfach nur schön mit Roxas etwas zu unternehmen, ihn bei dieser harten Vergangenheit die er besaß, lachen zu sehen... etwas, was dieser schon fast verlernt hatte... aber andererseits war sich Axel nicht einmal richtig sicher, was genau in ihm vorging.

Und das beunruhigte ihn sehr. Gefühle waren schließlich etwas auf das man sehr gut achten musste, damit sie nicht aus dem Ruder liefen und man nicht die Kontrolle verlor. Verlor man einmal die Kontrolle, so sah man nicht mehr, was wirklich hinter den Dingen stand - das hatte Xemnas Ziehsohn früh lernen müssen.
 

Und unter "die Kontrolle verlieren" viel seiner Meinung nach auch, seine Schutzperson als "niedlich" zu befinden.

Etwas, das nicht mit seinem Job in Verbindung gebracht werden durfte - wie zwei Teile eines Puzzles, die absolut nicht zusammenpassten. Also, was zum Teufel lief da nicht so, wie es sollte? Er konnte Roxas doch einfach als einen Freund sehen... War das wirklich so unmöglich, so abwegig...?

Man konnte nicht leugnen, das Roxas mit seiner Art etwas Besonders war und wie er sich manchmal anstellte... diese Gott verdammte, naive Ader...
 

"Wie vorhin, als er mich nach der Wirkung des Alkohols gefragt hat...", schoss es Axel durch den Kopf.

Das war wieder so eine Situation, die dem Bodyguard einfach nur ein Lachen auf die Lippen zaubern konnte.

Er mochte es, wenn Roxas ihn fragend anschaute, so weltfremd...

Axel fühlte sich dann fast wie der große Bruder, den Roxas so früh verloren hatte.

Wie jemand, der dem Jungen so viel bedeutete, das er ihn nicht mehr missen wollte...
 

"...ich werde aus meinen eigenen Gedanken nicht mehr schlau...", murmelte er und drehte die Gabel zwischen seinen Fingern. Das Roxas ihn wieder einmal beobachtete hatte, merkte Axel nicht.
 


 


 


 

Regelrecht nervös spielte Tai mit seinem Kugelschreiber, während er aus seinem Zimmerfenster sah und darauf wartete, das er zurückgerufen wurde. Es war schon eine ganze Weile her, seit er zuletzt mit diesem Menschen gesprochen hatte.

Er seufzte tief. Diesen Kerl konnte er nicht ausstehen, aber was sollte er machen... er hatte eine Vereinbarung getroffen und dieser musste Tai gerecht werden, wenn die letzten Jahre nicht umsonst gewesen sein sollten.
 

Es klingelte. Ein einfacher, monotoner Klingelton.

Sofort griff der Sicherheitsbeauftragte nach seinem Handy und nahm ab.
 

"Also hast du meine Nachricht bekommen?", fing er ohne Umschweife an.

Einen kurzen Augenblick der Stille nutzte Tai, um ruhig auszuatmen.
 

"Sonst würde ich dich sicher nicht zurückrufen, Tai. Also: Irgendetwas neues...? Wo ist Cassandra...?"
 

Diese Stimme am anderem Ende war rau und tief, im Hintergrund hörte Tai eine Frau kichern, Gläser klimperten und leise Musik drang an sein Ohr. Mehr brauchte er nicht um sich vorstellen zu können, wo sich sein Gesprächspartner gerade befand. Bei dem Gedanken lief es ihm kalt den Rücken herunter.

Tai schüttelte den Kopf, rieb die Zähne aneinander.
 

"Auf Geschäftsreise mit ihrem Mann. London. Ich habe zwar... nichts handfestes herausgefunden aber ich hege eine Vermutung... bezüglich der... nennen wir es, Zielperson."
 

"Hmpf... du weißt genau, das ich sehr geduldig bin und dir die Zeit gebe, die du brauchst, weil ich deinen Fähigkeiten vertraue... sonst hättest du niemals zehn Jahre lang in diesem Haus arbeiten können, ohne erkannt zu werden... dennoch findet meine Geduld langsam ihre Grenze. Ich bin schließlich auch nicht mehr der Jüngste und ich wünsche mir, das diese Angelegenheit noch zu meinen Lebzeiten geklärt wird. Cassandra wiegt sich schon viel zu lange in Sicherheit."
 

"Diese Sicherheit ist trügerisch. Sie ist mit den Nerven völlig am Ende, weil ihr... Jüngster langsam flügge wird.

Lange wird sie das nicht mehr aushalten können... ihre alten Ängste werden sie schier wahnsinnig machen.

Außerdem habe ich ja immer noch die Dokumente... ich werde sie vor ein Ultimatum stellen, sobald die Zeit dafür reif ist... was denkst du...? Wäre das nach deinem Geschmack...?", fragte Tai und überspielte damit die Aussage, das er sich langsam aber sicher sputen sollte. Sicher, er war sich im Klaren darüber das diese ganze Angelegenheit zu einem Mammutprojekt gewandelt hatte - dennoch, ein solches Unterfangen musste geplant werden und das sorgfältig. Egal, wie viel Zeit dafür gebraucht wurde.
 

Ansonsten würden sie alle zur Hölle fahren, wortwörtlich. Es war ein Balanceakt auf Messers Schneide.
 

"Die Papiere als Druckmittel verwenden...? Ja... das könnte mir durchaus gefallen. Sie ist so oder so nicht mehr als ein Schatten ihrer selbst... und das wird ihr den Rest geben...".
 

Ein krankhaftes Lachen hallte an Tais Ohren und er war gezwungen das Handy etwas von seinem Ohr zu entfernen.

Genau dieses dreckige Lachen war einer der Gründe, warum Tai es immer herauszögerte, mit ihm zu telefonieren. Es gab ihm das Gefühl, mit dem Teufel höchst selbst zu telefonieren... so absurd es auch klang.
 

"Also gut. Ich halte dich auf dem Laufenden, wie immer."
 


 


 


 


 

"Nehmt ihm die Ukulele weg! Wird's bald!?"
 

"Eyy! Dass is meeine!"
 

"Ach lassn' doch spielen... das macht Stimmung!"
 

"Könnt ihr vielleicht mal aufhören euch wie Kleinkinder um das Scheißteil zu zanken...? Ist ja peinlich."
 

"Schnauze, Marluxia!"
 

"Hab sie..."
 

"Hääää?"
 

Desinteressiert hielt Zexion die besagte Ukulele nach oben, die Demyx sein Eigen schimpfte und bewahrte somit die gesamte Truppe davor, einen Gehörschaden davonzutragen.

Er schlenderte zu seinem Zelt, pfefferte das in die Jahre gekommene Musikinstrument in die Schlafkammer, klappte die Plane zu und zog den Reißverschluß nach oben. Wenn Demyx in seinem Zustand angefangen hätte zu spielen, dann wäre ihnen der Platzverweis sicher gewesen...

Zexion wußte schon genau, warum er sich nicht so leicht zum Trinken überreden ließ.
 

Zu seinem Leidwesen war er neben Axel, Roxas und Larxene, der Einzige der noch bei Sinnen war.

Beziehungsweise nicht getrunken hatte. Der Rest der Belegschaft war angeheitert bis wenig zurechnungsfähig. Demyx und inzwischen auch Xigbar und Luxord, zählte der Sensing Nobody schon zu "so gut wie Hirntod". Genervt gesellte er sich zu Larxene und Co, während die anderen versuchten Demyx von einem Heulkrampf abzubringen oder ihm an den den Kopf warfen, er wäre die Spaßbremse hoch drei.
 

"Ich frage mich immer wieder, warum ich eigentlich herkomme. Diese sinnlose Alkoholorgie geht mir auf den Geist und ich will ganz sicher nicht wie unser Küken da enden... zumal die von Glück reden können, das sie nicht rausgeworfen werden."

Zexion verschränkte die Arme, schielte zu Axel. Normalerweise reihte sich der Rotschopf ziemlich gerne unter die Menge der feucht-fröhlichen Suffköpfe, doch diesmal spielte er das Vorbild für den Kleinen.

Im Grunde war es Zexion auch egal, aber er musste zugeben, das er sich langsam fragte warum Axel den Kurzen gerade zu diesem Wochenende mitgenommen hatte. Rein theoretisch wäre es günstiger gewesen, wenn er den Jungen einfach so ein Wochenende zum Zelten mitgenommen hätte. So stand der Junge jetzt zwischen ein paar Erwachsenen, die derbe Witze rissen und sich über die banalsten Dinge der Welt unterhielten.

Doch allem Anschein nach schien es Roxas nicht sonderlich zu stören; er sah dem Treiben interessiert zu und konnte sich das ein oder andere Grinsen nicht verkneifen.
 

"Tjaja... solange sie nicht zu laut sind und keiner Seele etwas böses wollen, ist es doch okay... außerdem weißt du doch, das sie sich das eh' nicht nehmen lassen", erklärte Larxene und nippte an ihrer Cola, während sie verträumt Marluxia beobachtete. Morgen würde so oder so alles etwas zivilisierter ablaufen, allein schon wegen denen, die einen Kater hatten und dem Alkohol bis zur nächsten großen Feier komplett abschworen.
 

Roxas saß auf einem der Campinghocker und schwenkte sein Glas Limonade ein wenig hin und her.

Das sich Erwachsene so dermaßen daneben benehmen konnten war für ihn ziemlich neu und er genoss es einfach still zuzusehen. Nachdem Xaldin ihn urplötzlich vor den Grill gestellt und ihn somit um eine Erfahrung reicher gemacht hatte, war sogar ganz froh zu sitzen, denn die Hitze der Holzkohle mochte er absolut nicht; der Tag war so schon heiß genug gewesen. Dennoch hatte Roxas sich ganz fest vorgenommen, bei der nächsten Grillparty seiner Mutter selbst die Zange in die Hand zu nehmen, egal was sie sagte und darauf freute er sich jetzt schon.

Es war vielleicht nur ein kleiner Gedanke oder eine Idee, aber es war einer der ersten Schritte die er gehen wollte, um sein Leben endlich selbst in die Hand zu nehmen. So, wie es ihm Axel vor ein paar Stunden geraten hatte, nachdem er ihn bei seinen ersten Versuchen, die Würstchen umzudrehen ohne das sie durch das Gitter fielen, beobachtet hatte. Genauso, wie er jetzt die Zange selbst in die Hand genommen hatte.
 

Ja, er würde es zumindest versuchen. Wenn andere es konnten, dann konnte er das doch sicher auch! Ganz sicher...

Roxas wollte sich sein Leben nicht länger zur Hölle machen lassen. Er wollte es selbst in die Hand nehmen. Er hatte endlich den Willen und die Kraft gefunden. Allein dadurch, das es dort Menschen gab, denen sein Schicksal nicht egal war.
 

"... vor nicht allzulanger Zeit habe ich nicht mal im Entferntesten daran gedacht, mich zu wehren... eigentlich... eigentlich müßte ich Axel und den anderen irgendwie danken... ihnen zeigen, das ich wirklich gewillt bin etwas zu tun", dachte er sich im Stillen, schielte zu Axel, welcher neben ihm stand und sich mit Zexion unterhielt.

Als sein Bodyguard bemerkte, das Roxas ihn ansah stellte er das Gespräch ein.
 

"Hab ich was im Gesicht...?",fragte er blinzelnd. Roxas tat es ihm gleich. Eigentlich nicht... jedoch...
 

"Sag mal Axel... sind das da Tatoos...?", erkundigte der Blonde sich und deutete leicht auf die beiden tropfenförmigen Markierungen, die sich unter Axels Augen fanden. Axel fuhr sich mit zwei Fingern über die Linke der beiden.
 

"Ja, klar. Also, ich steh' nicht jeden Morgen vor dem Spiegel und mal mir die Dinger mit einem Filzer auf falls du das meinst."
 

"Das muss doch tierisch weh getan haben oder?!", erfuhr es Roxas und er sah beinahe hilfesuchend zu Larxene.

Endlich konnte er sich ihren Namen merken...

Als wenn sie seine Absicht vorraus geahnt hatte, ergriff sie nun tatsächlich das Wort.
 

"Nun ja, jeder Mensch hat natürlich seine ganz persönliche Schmerzgrenze. Manche Leute stört das gar nicht und andere wiederrum sterben hundert Tode. Kommt natürlich auch drauf an, wo du dich stehen lässt und wie dick die Haut an dieser Stelle ist. Bei Axel könnte ich mir vorstellen, das es nicht so angenehm war oder...?"

Angesprochener zuckte kurz mit den Schultern und nickte sachte.
 

"Also, richtig schlimm war es nicht aber die Augen haben trotzdem getränt...", gab er zu.

Larxene hatte indes den rechten Ärmel ihres T-Shirts hochgezogen und entblößte somit den Kopf eines Wolfes.
 

"Das hier war relativ angenehm. Auf der linken Schulter habe ich noch eine Rose und da habe ich gedacht, ich schlage dem Tätowierer gleich die Zähne aus."
 

Gespannt hörte Roxas zu und zugleich versuchte er sich vorzustellen, was für ein Gefühl das wohl sein mochte... es schauderte ihn. Aber, neugierig wie er war, fragte er natürlich nach wie es sich anfühlte oder wie man auf die Idee kam, sich stechen zu lassen - schneller als ihm lieb war, wurde er Teil einer Diskussion über Tätowierungen und Piercings geworden und die Zeit verging nun wahnsinnig schnell.
 

Als er drei Stunden später vom Waschhaus zum Platz zurück ging, war es bereits kurz vor zwei. Roxas brauchte etwas länger, weil er aus versehen eine Abbiegung zu früh genommen hatte und somit auf dem falschen Zeltplatz gelandet war, aber letzten Endes fand er auch den richtigen Weg.

Xemnas, Vexen, Larxene und Marluxia saßen noch draußen und unterhielten sich leise, der Rest lag schon in den Zelten und sägte Wälder.
 

Er wünschte den vieren im Vorbeigehen noch eine Gute Nacht, ehe er in sein und Axels Zelt krabbelte.

Während er vorhin seine Zähne geputzt und sich umgezogen hatte, versuchte er, sich zu beruhigen und sich mental auf diese Situation einzustellen. Er würde neben Axel auf einer Matratze schlafen.

Über diese Tatsache hatte er sich sogar während des Aufbaues keinen Kopf gemacht - jetzt schon.

Roxas war aufgeregt. Sehr sogar. Doch er durfte sich diese Tatsache auf gar keinen Fall anmerken lassen.

Es wäre nur peinlich und würde Axel womöglich misstrauisch machen.

Ruhig sprach er sich in Gedanken zu, es wäre überhaupt gar nichts dabei... aber es half nur wenig.
 

Axel lag mit einem aufgestelltem Bein an der hinteren Wand des Zeltes und spielte mit seinem Handy, als Roxas die Kabine betrat, sich auf die Matratze hockte und das Zelt zumachte. Nun war es doch relativ frisch geworden.

Eine Taschenlampe, die man aufstellen konnte, spendete etwas Licht und ließ sie nicht vollkommen im Dunkeln und dafür war Roxas sehr dankbar.
 

"Müde?" fragte er und Roxas bejahte diese Frage, musste ein Gähnen unterdrücken.

Axel ließ das Handy unter seinem Kopfkissen verschwinden.
 

"Dann leg' dich hin. Ich mache gleich die Taschenlampe aus", flüsterte er. Roxas nickte stumm, sendete noch einmal ein Stoßgebet an den Herrn, das er diese Nacht überleben möge und ließ sich dann neben Axel nieder. Ein leises "Gute Nacht..." folgte noch und Axel schaltete wenig später die Taschenlampe aus, legte sich dann ebenfalls schlafen.
 


 


 


 

Ein unangenehm warmes Gefühl, das sich auf seinem Bauch ausbreitete, brachte Axel dazu die Augen aufzuschlagen. Verschlafen blinzelte er ein paar Mal und grummelte leise. Er hasste es nachts aufzuwachen.

Irgendwie fühlte er sich auch ziemlich gerädert; dabei hatte er doch gar nicht getrunken...

Langsam wendete er den Kopf, konnte Roxas ruhig atmen hören - der schlief also noch.

Blind wie er in dieser Dunkelheit war, tastete Axel nach seinem Handy, bis ihm einfiel das er es unter sein Kopfkissen gesteckt hatte. Vorsichtig fischte er es heraus und schaute auf die Uhr - fluchte dabei kurz wegen dem grellem Licht - und grummelte noch mehr. Viertel vor vier. Seufzend schaltete Axel das Licht des Displays erneut ein um herauszufinden, warum ihm so warm war - die Lösung war so banal wie einfach.
 

Roxas hatte sich dicht an ihn gedrängt, sein rechter Arm lag auf Axels Bauch und der Junge hatte sich an seinem Oberteil festgekrallt. Die Beine waren dicht an den Körper herangezogen und der Schlafsack lag wie zusammengeknüllt in der hinteren rechten Ecke. Verwundert blickte Axel seinen Schützling an und beobachtete, wie entspannt er aussah und sich absolut nicht stören ließ. Sein Blick wanderte zu Roxas' Hand, welche sich wahrscheinlich eine ganze Weile nicht von seinem Oberteil trennen ließ...
 

Bei diesem Anblick kam Axel doch ziemlich in Grübeln.

Trotz dieser unmenschlichen Uhrzeit und der an sich relativ unspektakulären Entdeckung.

Ob der Junge einfach nur geträumt hatte und sich in Folge dessen an ihn geschmiegt hatte...?

Axel zog kurz die Augenbrauen zusammen. Nein, recht glauben konnte er das nicht.

Es hatte sicher einen anderen Grund - Axel kam ziemlich schnell auf eine Antwort.
 

"Er muss wirklich sehr einsam sein..."

Dieser Gedanke fegte wie ein Geistesblitz durch seinen Kopf und fügte sich zu einer plausiblen Erklärung zusammen.

Außer Marianne hatte er doch nie jemanden. Niemand, dem er wirklich vertrauen konnte. Die meiste Zeit war er alleine und vollkommen auf sich gestellt in diesem goldenem Käfig.

Keine Aupair der Welt konnte die Familie ersetzen, möge sie sich noch so gut um ihn kümmern.
 

Vorsichtig und langsam legte Axel einen Arm um Roxas, strich ihm sachte über die Schulter. Er konnte einem wirklich Leid tun... umso wichtiger war es, das er Unterstützung erhielt. Unterstützung, die ihm Axel bereitwillig geben würde. Mehr als je zuvor. Sobald Roxas wieder zu Hause war, würde er selbst mit dessen Eltern sprechen, das schwor er sich... schonungslos und ehrlich mit nackten Tatsachen - so wie er es sich schon vor diesem Ausflug vorgenommen hatte, sollte es Ärger geben...
 

"Wir schaffen das schon Kurzer... keine Angst... du bist nicht so alleine wie du glaubst!", wisperte der Sensing Nobody leise, gab Roxas unbewußt einen seichten Kuss auf den Haarschopf...
 


 


 

AN: *schelmisch grinst*

Naaa?! WER von euch hat perverse Gedanken gekriegt?! --> "Ein unangenehm warmes Gefühl, das sich auf seinem Bauch ausbreitete, brachte Axel dazu die Augen aufzuschlagen."

Ich mag den Satz total...haha. Nuuun... das Kapitel hat ja nicht ganz so lange auf sich warten lassen - liegt wohl daran, das ich Ferien habe und mir das Kapitel ziemlich wichtig war. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, das ich mich verschlechtere, was den Schreibstil angeht o.ô Oder bilde ich mir das nur ein? x'D

Wie dem auch sein, ich hoffe das euch das Kapitel Freude bereitet hat und das ich euch mal wieder etwas verwirren konnte.... Jaja, Tai, der Sack, was hat der nun wieder getrieben... (Tai ist einer meiner Lieblinge :3).

Und was war das mit Ansem ganz am Anfang...? Aber diese Geheimniskrämerei seit ihr ja schon von mir gewohnt oder?^^
 

Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Kapitel.
 

LG,
 

Sinister

Leap in the dark

"Könnt ihr nicht leiser sein...?! Wisst ihr überhaupt wie spät es ist?"
 

"Sag' das nicht mir. Ich bin nicht über die Zeltleinen gestolpert und hab den halben Tisch umgeworfen!"
 

"... ihr habt doch nicht mehr alle Latten am Zaun..."
 

"Hey! Ich habe wirklich versucht leise zu sein! Du kannst mich nicht verurteilen, jeder stolpert mal Zexy."
 

"Nenn' mich noch einmal 'Zexy' und du kannst deine Einzelteile aus dem See fischen...

Und überhaupt: Wärst du so gütig mir zu verraten, was das da werden soll?"
 

Mehr oder minder leise, hatten Larxene und Zexion beobachtet, wie Demyx aus dem "fremden" Zelt gekrabbelt kam und langsam den Reißverschluss wieder nach unten zog. Es war das Zelt, in dem Axel und Roxas noch immer friedlich schliefen, nicht ahnend, das sie gerade Opfer eines sehr kindischen Streichs geworden waren; doch das war bei Demyx nichts neues.

Er galt schließlich als der Kindskopf unter den Sensing Nobodies und war für seine banalen Einfälle bekannt.
 

Demyx richtete sich auf, klemmte den schwarzen Marker den er in der Hand hielt zwischen die Zähne und schaltete seine Digitalkamera wieder ein. Ein hämisches Grinsen, welches momentan nicht wirklich als solches erkennbar war, prangte mit einem Mal auf seinen Lippen als er sich die Fotos ansah, die er vor wenigen Momenten geschossen hatte.
 

"Hrhr..."
 

Demyx nahm den Marker aus dem Mund und schielte grinsend zu Zexion.

Larxene hatte sich derweil Richtung Waschhaus verflüchtigt. Zuerst schaute Zexion nur zwischen Demyx und der Kamera hin und her, verdrehte dann die Augen und kam der stummen Aufforderung seines Kameraden nach. Er schielte über Demyx' Schulter, blinzelte und verzog nur verständnislos die Miene.
 

"...dir ist schon klar, das du nur noch wenige Momente zu leben hast, wenn Axel diese Fotos sieht oder?"

Zexion schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ab, massierte dabei seine Schläfe.

Ja, es war eindeutig noch zu früh. Da fragte er sich doch glatt, warum gerade er den Kater hatte und nicht Demyx, der sich gestern fast unter den Tisch getrunken hatte und frühzeitig den Schlaf der Betrunkenen angetreten war...
 

"Wie alt bist du eigentlich...", murmelte Zexion noch, ehe er sich abwandte, zu seinem Zelt schlich und wieder darin verschwand. Auf diese Frage hin musste Demyx nur noch mehr grinsen. Ja, er war mit unter sehr kindisch, fast schon zu kindisch für die Sensing Nobodies aber das war es wert - allemal.

Und, wenn nicht er für ein bißchen Stimmung sorgte, wer dann? Um nichts auf der Welt würde er sich Axels Gesicht entgehen lassen... selbst wenn er dafür eine saftige Strafe einheimsen würde...!
 


 


 

Dumpfe Schritte hallten auf den steinernen Treppenstufen wieder, ein eisiger Wind blies ihm entgegen. Zu erkennen waren die schmalen Absätze nur durch den fahlen Schein einer Taschenlampe, die er fest in der Hand hielt. Auf seiner rechten Seite war ein dünnes, eisernes Geländer angebracht; Rost hatte es an vielen Stellen zerfressen und instabil gemacht, weshalb er es auch vermied überhaupt daran Halt zu suchen. Immer weiter und immer tiefer führte der Gang und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, ehe er vor einer großen, eisernen Tür zum Stehen kam. Weiße Lackfarbe blätterte von den Rändern ab und die Klinke war abgegriffen.
 

Ja, er war schon lange nicht mehr hier unten gewesen um nach dem Rechten zu schauen, zumindest nicht persönlich. Sonst ließ er dies immer von einem Vertrauten erledigen; es gab nur drei Personen die überhaupt von diesem Ort hier wußten, er selbst mit eingerechnet. Und das war gut so. Gut und notwendig.
 

Der Unbekannte kramte in seiner Manteltasche nach einem Schlüsselbund - sah sich noch einmal aus reiner Gewohnheit um - und entriegelte die Tür, die mit mehreren Schlössern gesichert war.

Ein sehr schrilles Quietschen seitens der Scharniere durchbrach die Stille um ihn herum und hastig huschte er in den Raum, schloss die Türe sogleich hinter sich.

Absolute Schwärze umhüllte ihn, doch er ignorierte diese und tastete zu seiner Linken nach dem Lichtschalter. Die Neonröhren an der Decke flackerten ein paar Mal, surrten leise und für den Bruchteil einer Sekunde schien es so, als wenn die eine Lampe durchbrennen würde; aber letztlich bekam sie doch die Kurve und spendete das gewollte Licht. Sich abermals genau umsehend, schritt der Fremde nun durch den großen Vorraum - welcher im Übrigen komplett leer stand, bis auf ein paar Pappkartons und zwei Holzkisten mit der Aufschrift "Beware - hazardous substances".

Schritte hallten wieder, ein Blick nach Rechts. Abermals holte er seinen Schlüsselbund hervor, trat zu der Tür und entriegelte die Klappe, die am oberen Ende montiert war.

Langsam zog er sie auf, lugte durch den kleinen Spalt in den Raum dahinter.
 

Alles war unverändert. Alles stand noch dort, wo es stehen sollte. Er konnte das Bett sehen, den Sekretär und das kleine runde Nachttischchen... was um Himmels willen faselten seine Leute da von irgendwelchen verdächtigen Veränderungen...?
 

"Ach... ist es wieder Zeit für die Stippvisite...?", hallte es durch den Raum hinter der Tür, wenn auch sehr leise.

Die Stimme klang ausgelaugt und schwach.

Der Unbekannte trat daraufhin einen Schritt von der Tür zurück, nicht eine Regung zeigte sich in seiner Mimik und auch als er antwortete - es war eine dunkle, rauhe und vom Alter gezeichnete Stimme - konnte man nicht den Hauch einer Emotion erahnen.
 

"Das Übliche. Hellton meinte, du hättest etwas angestellt..."
 

"Als ob ich hier etwas anstellen könnte!", zischte der Angesprochene sogleich.

Eine lange Pause entstand in der keiner der beiden etwas sagte.

Der Fremde lachte leise und sein Blick fiel kurz auf die Augen seines Gegenüber.

Diese Augen... er kannte sie gut. Und er hasste sie.

Er hatte sie schon immer gehasst. Dann ergriff er wieder das Wort.
 

"Ich werde gegen Abend wiederkommen. Willst du ein neues Buch haben...?"
 

"...gibt es schon eine Fortsetzung von dem letztem Buch...?"
 

"Nein."
 

"Schade. Und die Tageszeitung?"
 

"...meinetwegen. Ich bringe sie dir mit. Weil du anscheinend doch ganz brav bist."
 

"Tss... Hab ich eine Wahl...?"
 

Diese Frage wurde schlichtweg einfach nur belächelt. Es war kein herzliches oder ehrliches Lächeln... sondern das eines egoistischen Mannes, der ganz genau wußte, welche Position er innehatte. Er war der Tiger. Der Räuber. Seine Beute hatte keine Chance. Schon seit diesem einem Tag nicht.

Mit eben jenem überlegenen Lächeln schloss er die Klappe wieder; es gab ein entsetzlich quietschendes Geräusch und so überhörte er auch fast den ein oder anderen Fluch, den der Andere ihm an den Kopf warf.

Wie ein endgültiges Urteil verriegelte er die Klappe, wandte sich ab und ging seines Weges.
 

Opfern ließ man keine Wahl.
 


 


 


 

Das leise Scheppern von Metall brachte Roxas schließlich dazu, langsam aufzuwachen; doch die Augen öffnen wollte er trotzdem nicht. Lange Zeit hatte er die Geräusche von außen gekonnt ignoriert und sich fest vorgenommen noch ein bißchen länger liegen zu bleiben, aber nun drang das morgenliche Treiben immer deutlicher an sein Ohr.
 

Grummelnd kuschelte Roxas sich in sein Kissen... war es denn sein Kissen...?

Eigentlich fühlte es sich nicht so an... aber es war angenehm warm... und dieser Lufthauch, der seine Stirn streifte...
 

Moment. Lufthauch...?
 

Mit einem Mal fiel dem Jungen wieder ein, wo er überhaupt war.

Auf einem Campingplatz. In einem Zelt. Von draußen hörte er Larxenes Stimme, die sich mit Xemnas unterhielt - und sofort schlug er die Augen auf. Das Erste, was er erblickte war Axels schlafendes Gesicht. Langsam und vorsichtig wanderten seine Augen auf und ab, musterten den Älteren... dann schreckte er wie von der Tarantel gestochen hoch.

Er lag direkt, wirklich direkt neben Axel und dieser hatte - nachdem Roxas bemerkte, das etwas auf ihm lag - einen Arm um ihn geschlungen. Als er gestern eingeschlafen war, lagen sie beide auf alle Fälle nicht aneinander gedrängt da!

Roxas' Gesichtszüge entgleisten und seine Gedanken überschlugen sich gerade. Diese winzig Kleine Erkenntnis brachte ihn total aus dem Konzept. Ihm wurde ganz heiß und er wußte mit einem Mal nicht mehr wo ihm der Kopf stand. Hatte er sich nun im Schlaf an Axel gedrängt oder andersherum...?

Warum war ihm das nicht aufgefallen...?

Sonst hatte er doch keinen so festen Schlaf...! Wenn Axel das heraus fand... was würde er sagen?

Oder steigerte er sich da gerade zu sehr in diese Situation hinnei-
 

Abrupt stoppte Roxas in seinen Gedanken. Vor lauter Aufregung war ihm gar nicht aufgefallen, das etwas nicht stimmte.

Perplex blinzelnd besah sich Roxas abermals das Gesicht seines Bodyguards...
 

Jemand hatte Axel mit einem schwarzem Marker einen Schnurrbart und zwei Herzchen auf die Wange gemalt. Nicht nur das Gesicht, sondern auch die linke Hand, welche sich um Roxas gelegt hatte, war mit Herzchen übersäht.

Dieses Bild war so abstrus, das Roxas zweimal hinschauen musste um sich sicher zu sein, das nicht doch noch träumte.

Es dauerte ein paar Momente, ehe er sich von diesem Anblick lösen konnte um seine Gedanken zu ordnen.
 

Wenn Axel angemalt wurde, dann hieß das, jemand musste im Zelt gewesen sein während sie beide geschlafen haben...

Und das wiederum hieß, das man sie so gesehen hatte und...
 

Roxas fasste sich tastend in das eigene Gesicht. Als er die Hand wieder weg nahm, waren die Fingerkuppen leicht verfärbt.Das war für Roxas ein Moment, der ihn nervös machte. Ziemlich nervös.

Hastig sah er sich um. Einen Spiegel! Er brauchte einen Spiegel verdammt nochmal...!

Doch schon nach kurzem Überlegen fiel ihm ein, das er natürlich gar keinen Spiegel dabei hatte. Aber einfach so aus dem Zelt zu stolzieren und die Waschräume aufzusuchen, kam für den schüchternen Jungen so gar nicht in Frage.

Dann würden ihn ja ALLE so sehen. Die Sensing Nobodies, die anderen Leute die hier Zelten waren...

Was also tun? Beziehungsweise, was hatte Derjenige ihm da bloß auf das Gesicht gekritzelt?!
 

"Hmmmhhh..."
 

Roxas erstarrte in seinen Bewegungen. Ihm stockte kurzzeitig der Atem. Wie eine Aufziehpuppe bewegte er sich in leicht ruckeligen Bewegungen und wandte seinen Blick über die linke Schulter... auf Axel.
 

Der Kerl lag noch immer friedlich schlummernd da, mit ganz leicht geöffnetem Mund und den Kritzeleien im Gesicht.

Das, was Roxas so erstarren ließ war die Tatsache, das Axel ihn - höchst wahrscheinlich unterbewußt - wieder mehr zu sich gezogen hatte; denn noch immer war sein Arm um den Bauch des Blonden gelegt. Roxas schluckte, wurde wie aus einem Reflex heraus rot. Es war ja nicht so... das es ihm absolut missfiel wenn Axel... aber so konnte er weder raus gehen, noch ewig hier im Zelt sitzen bleiben.
 

Roxas seufzte resigniert und fuhr sich durch die Haare, musterte den Rotschopf wieder.

Wie ruhig Axel da lag und sich absolut nicht stören ließ, gewann dem Jungen dann doch ein Lächeln ab.

Er sah sich jedes noch so kleine Detail im Gesicht des Älteren an; schließlich hatte er nicht immer eine solche Gelegenheit dazu - auch wenn die schwarze Farbe mehr als störend war.
 

Da waren zum Beispiel die feinen, tropfenförmigen Tattoos unter Axels Augen und die schmalen, blassroten Lippen, nach denen er sich seit geraumer Zeit tief in seinem Innern verzehrte. Wenn Roxas' Augen weiter hinab wanderten, den Hals und die Halsbeuge besahen, konnte er einen dunklen kleinen Leberfleck nahe des rechten Schlüsselbeines erkennen, der ihm so noch gar nicht aufgefallen war. Genau solche kleinen Entdeckungen waren es, die dem Jungen immer wieder ein wohliges Gefühl bescherten. Es waren so einfache Dinge die vielleicht schon absurd oder von reiner Idiotie geprägt waren - aber für Roxas war es etwas ganz Besonderes, jedes noch so kleine Detail und jede Eigenart von Axel kennenzulernen.

Etwas, an das er sich unbewußt klammerte. Der junge Hausherr war froh darüber das Axel anscheinend noch nicht bemerkt hatte, wie er ihm immer wieder flüchtige, musternde Blicke zuwarf.

Blicke, die mit der Zeit von großer Sehnsucht gebeutelt waren.
 

Inzwischen wußte Roxas beispielsweise, das der Sensing Nobody sich immer am Hinterkopf kratzte, wenn er nicht recht weiter wußte oder ihm etwas unangenehm war. Das er morgens unter drei Tassen Kaffee nicht wirklich arbeitsfähig war oder das er sich immer an die rechte Schläfe tippte, wann immer er Roxas etwas erklärte und er es sich ganz besonders zu Herzen nehmen sollte. Außerdem war Axel sofort Feuer und Flamme, sobald man ihn etwas bezüglich seines Sports - Judo - fragte. Gleiches galt für die Leidenschaft zu Motorrädern. Dann benahm er sich fast wie ein kleiner Junge - so viel Freude und sogar ein wenig Stolz waren dann in seinen Augen zu finden, die Roxas als besonders schön empfand.
 

Betrübt senkte Roxas den Blick und sah auf den Arm, der auf seinem Bauch lag.

Ja, man konnte wirklich sagen das der Junge hoffnungslos verliebt war. Er hatte sich mittlerweile an dieses berauschende Gefühl gewöhnt; auch wenn es in den ersten Wochen so fremd und neu für ihn war, das er regelrecht Angst davor hatte. Und auch, wenn er sich inzwischen über seine Gefühle im Klaren war, so scheute er sich noch immer vor Berührungen.

Hatte Angst, das Axel hinter sein Geheimnis kommen könnte. Für ihn war dieses Gefühl, das von allen immer als so wunderbar und schön beschrieben wurde, momentan nur eine Last die er kaum noch zu tragen vermochte.
 

Mitunter fragte Roxas sich wirklich, wie lange er dieses Spielchen noch spielen konnte, wie lange er Axel etwas vormachen konnte und wollte. Fakt war allerdings, das die Aussichten auf eine positive Reaktion bei einem Outing sehr gering war.

Wie sollte er es ihm auch erklären? Es war hoffnungslos. Ohne jegliche Zukunft und darum hatte der Blonde sich bereits damit abgefunden, nur Axels Schutzperson - der "Kurze" - zu sein.

Nicht mehr, nicht weniger.
 

Damit musste er auskommen...

Vielleicht war das eine weitere, bittere Erfahrung in seinem gebeuteltem Leben... als wenn er von solchen nicht schon genug gehabt hätte...! Abermals seufzte er, ließ die angespannten Schultern hängen und drehte den Kopf wieder in Richtung seines Bodyguards. Es half nichts. Er musste Axel aufwecken.
 

"...Axel...? He...!", fing er leise an, rüttelte vorsichtig und zögernd an dessen Schulter. Sie war unglaublich warm und Roxas' Finger fühlten sich dadurch an wie Eisstiele. Erst hatte Axel nur ein leises Murren für den Versuch ihn aufzuwecken übrig, was seinen Schützling wohl oder übel dazu veranlasste, etwas energischer zu rütteln. Oh Gott. Er wußte nicht wie Axel morgens auf andere zu sprechen war - vor allem wenn man ihn auch noch weckte. Das er nicht der Fan von "Aktionen in aller Herrgottsfrühe" war, das wußte Roxas allerdings. Deswegen auch die drei Tassen Kaffee...
 

"Axel...bitte...! Wach auf...!", flüsterte er ihm leise zu und schickte ein stummes Gebet nach dem anderem nach oben.

Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit rührte sich Axel tatsächlich, schlug grummelnd die Augen auf und gähnte herzhaft.

Er machte sich nicht die Mühe, Roxas direkt anzusehen - es reichte ihm schon zu wissen, das es noch viel zu früh war.

Für ihn jedenfalls allemal. Der Sensing Nobody drehte den Kopf genervt weg und murrte abermals.
 

"...man Rox'... warum weckst du mich...?", nuschelte er im Halbschlaf, krallte sich ins Kissen und wandte den Kopf dann doch wieder zu Roxas. Stille. Ein irritierter Blick auf den Jüngeren, gepaart mit blinzelnden Augen folgte.

Noch ein Blick, stutzend und diesmal mit angestrengt verzogener Miene.

Axel stützte sich mit dem rechten Ellenbogen auf.
 

"...was soll denn diese beknackte Kriegsbemalung?"
 

Roxas schluckte. Dafür das Axel ein Morgenmuffel war, hatte er erstaunlich schnell gemerkt das da irgend etwas in seinem Gesicht nicht ganz richtig war. Wobei die Bezeichnung "Kriegsbemalung" dem Jungen schon zu denken gab...
 

"Ich weiß nicht wer das war oder warum...aber...also...du hast Herzchen im Gesicht. Zwei Stück.

Und einen ziemlich schiefen Schnauzer."
 

Dieser Satz überschlug sich zum Ende hin fast, so schnell hatte er ihn über die Lippen gebracht und Roxas deutete zögernd auf Axels linke Wange. Sein Gegenüber starrte ihn nun perplex an, hatte sich ganz aufgesetzt und genau wie der Blonde zuvor, ins Gesicht gefasst. Axel besah sich seine schwarzen Finger; die Herzchen waren nun fast unkenntlich geworden. Zumindest war es keine penetrante Farbe die sich schwer entfernen ließ...

Man konnte sehen, wie es hinter Axels Stirn ratterte, wie er überlegte und für seine momentanen Verhältnisse gedankliche Höchstleistungen vollführte - wenn man beachtete, das Axel gerade eben wach geworden war...
 

Dann schlug er urplötzlich seinen Schlafsack bei Seite, Roxas rutschte hastig an den äußeren Rand und schnappte erschrocken nach Luft. Der Sensing Nobody krabbelte zum Eingang des Zeltes, nahm den Reißverschluß und zog ihn regelrecht brutal nach oben.
 

"DEEMYYYYX!!!", brüllte er und stieg aus dem Zelt.

Was danach folgte, konnte Roxas nicht genau sagen, denn er traute sich nicht heraus; es reichte ihm bereits die aufgebrachte Stimme von Axel und den klagenden Schrei von Demyx zu hören.
 


 

Vorsichtig schielte er nach oben, musterte den anderen und dann nahm er sich noch ein weiteres feuchtes Tuch aus der Packung, die bereits halb leer war. Ganz so einfach ließ sich die Farbe dann doch nicht entfernen aber Roxas konnte froh sein, das sie sich überhaupt abwischen ließ - er wollte kein zweites Mal als Häuptling der Apachen über den Campingplatz huschen.
 

Nachdem Axel dafür gesorgt hatte, das Demyx ihn bis zu seinem Tode fürchten würde, hatte er sich den Blonden geschnappt und war im Laufschritt zu dem nächst gelegenen Waschhaus maschiert.

Die Blicke der Passanten interessierten ihn herzlich wenig und er murmelte einen stummen Fluch nach dem nächsten.

Jetzt wußte der Blonde definitiv das Axel kein Morgenmensch war. Dieser betrachtete sich gerade kritisch im Spiegel, um auch das allerletzte Farbpigment aus seinem Gesicht zu verbannen.
 

"Was denkt sich der Kerl nur immer bei diesem Scheiß?!", fragte Axel sein Spiegelbild zum wiederholtem Mal; wobei er die Antwort auch so wußte: um ihn auf die Palme zu bringen. Für dieses Ereignis nahm Demyx eine Strafe und einen Trip in die Hölle gerne in Kauf. Sichtlich genervt wandte Axel sich schließlich ab, nahm den Haufen an gebrauchten Feuchttüchern und warf sie in den Müll. Roxas schluckte.

Auch wenn er nun so in Rage war und es ihm nicht gefiel, seinen Bodyguard so zu sehen... dieses Ereignis hatte wenigstens bewirkt, das Axels Gedanken sich nicht darum drehten, das er mit Roxas Arm in Arm geschlafen hatte. Oder, vielleicht hatte er diese Tatsache noch nicht einmal registriert. In dem Falle war das natürlich noch besser... oder?
 

"Bist du fertig, Roxas?"
 

Angesprochener sah seinem Gegenüber in die Augen und nickte. Sie hatten sich bei der Gelegenheit auch gleich umgezogen - zu Roxas' Glück in verschiedenen Kabinen. Er nahm sich seine Schlafsachen von der Ablage und schlich an Axels Seite.

Als dieser ihm einen Arm um die Schulter legte, zuckte Roxas zusammen. Eine Reaktion, die er gern vermieden hätte.

Doch Axel schien das nicht zu kümmern. Er zog die Tür auf und sie traten hinaus ins Freie.
 

"Ich habe mir überlegt was wir heute machen könnten Rox. Da wir heute den ganzen Tag Zeit haben dachte ich das wir nach dem Frühstück an den Strand gehen. Du hast doch sicher Lust dir das Meer anzusehen wenn du schon mal hier bist oder?", fragte Axel, klopfte seinem Schützling auf die Schulter. Ein bisschen skeptisch schielte Roxas zu ihm hoch; seit der Aktion am See traute er großen Wassermassen nicht mehr so richtig...

Aber dennoch nickte Roxas dann, ein zögerliches Lächeln aufgesetzt.
 

"Doch, das klingt gut... ich war schon sehr lange nicht mehr am Strand...!"
 


 


 

Lachend stolperten drei Kinder ihnen entgegen als Axel zusammen mit Roxas die abgelaufene, alte Holztreppe passierte welche zum Strand führte. Schon hier konnte man das Rauschen der Wellen hören, die salzige Luft blies ihnen ins Gesicht und Axel fühlte sich gleich sehr viel entspannter als noch am frühen Morgen.

Und auch Roxas wirkte sehr viel ruhiger. Genau, wie er sich das vorgestellt hatte - der Junge sollte loslassen können. Einfach mal die Seele baumeln lassen...
 

Er atmete tief ein, bückte sich und zog seine Sandalen aus, als sie den feinen Sand unter den Füßen spürten. Roxas tat es ihm gleich und erschrak ein wenig als er merkte, das die Sonne den Sand schon gehörig aufgewärmt hatte.

Es war schließlich fast Mittag. Staunend wanderten die Augen des Blonden den Strand entlang, während er Axel zum Wasser folgte. Endlos langer Strand... die Menschen die diesen entlang liefen... die Wellen... es hatte eine so heile, wunderbare Atmosphäre an sich. Ja, er war wirklich lange nicht mehr am Meer gewesen... und er wußte, das er so schnell nicht mehr hier weg wollte.
 

"Ob das Wasser warm ist...?", fragte er sich im Stillen, während er eine Gruppe von Menschen im Wasser Ball spielen sah. Weiter draußen preschten Boote über die seichten Wellen, Kinder bauten Sandburgen und kreuzten ihre Wege.

Axel sah sich kurz nach ihm um und winkte Roxas näher zu sich. Dann ging er auch schon ohne Umschweife mit den Füßen ins Wasser, seufzte leise. Das war etwas, auf das er sich auch jedes Jahr wieder freute.

Sonne, Strand und Meer... was gab es da schöneres?
 

"Willst du ewig hinter mir herumstehen? Jetzt komm schon her!"
 

"Ist das Wasser nicht tierisch kalt?"
 

"Oh man, Roxas...! Wir haben Sommer! Jetzt komm oder ich hole dich!"
 

"I...ich komm ja...!"
 

Roxas war schon ein paar Schritte nähergekommen, als ihm einfiel das er ja immer noch seine Schuhe in den Händen hatte. Ein bißchen zu hektisch für Axels Geschmack, drehte er auf halben Wege wieder um, stellte die Schuhe neben die seines Bodyguards und lief dann wieder auf das Wasser zu.

Als das Meer ihn schließlich sanft willkommen hieß stellte Roxas fest das das Wasser gar nicht so kalt war wie er vermutet hatte. Wobei das eigentlich klar gewesen sein sollte... sie hatten schließlich schon seit ein paar Wochen fast nur Sonnenschein. Axel grinste zufrieden.
 

"Also, ich sehe keine Eisklumpen an deinen Füßen, Kurzer."
 

"Jaaa... du hattest Recht..."
 

Wissend zog Axel die Brauen ein paar Mal nach oben, ehe er sich tiefer ins Wasser wagte.

Der Wind blies nur ganz leicht und die See war dementsprechend relativ ruhig.

Man konnte also wunderbar schwimmen gehen, auch wenn man noch immer voll bekleidet war.

Doch da war Axel absolut schmerzfrei, was er auch gleich unter Beweis stellte. Das Wasser reichte ihm nun schon bis über die Hüfte; kurz schaute er sich nach Roxas um welcher ihn nur irritiert ansah - dann ließ er sich einfach ins Wasser fallen.
 

Roxas kniff automatisch die Augen zu und starrte dann auf die Stelle, an der Axel vor wenigen Momenten verschwunden war.

Jetzt hatte er definitiv den Beweis, das der Kerl wirklich nicht ganz normal war.

Wobei, das war eigentlich keine richtige Neuigkeit...
 

Lange hatte er allerdings nicht, um sich wieder Gedanken zu machen denn ehe Roxas auch nur reagieren konnte, war Axel bereits aufgetaucht und nutzte die Gunst der Stunde: er packte den vollkommen irritierten Blonden an der Hüfte und schmiss sich mit ihm rücklings zurück ins Wasser.
 

"He... hey! Lass das! Axeeel!", rief Roxas zuvor noch, strampelte aus Leibeskräften - aber es brachte wieder erwarten nichts. Das salzige Nass prickelte auf seiner Zunge und seine Augen brannten kurz als er unter Wasser die Augen aufschlug um sich zu orientieren. Axel hatte ihn losgelassen und er trieb nun kurz unter der Wasseroberfläche.
 

Tief Luft holend durchbrach Roxas wieder diese wieder und schüttelte sich erst einmal.

Direkt vor seiner Nase tauchte Axel ebenfalls wieder auf und grinste ihn breit an.
 

"Naaa...? Was ist? Du bist ja plötzlich so nass Roxy..."
 

Selbst für Roxas, der relativ langsam schaltete war sofort klar, das Axel ihn provozierte.

Er provozierte ihn und wollte, das er darauf ansprang - was Roxas dann auch tat.

Ohne an mögliche andere Optionen oder Konsequenzen zu denken.
 

Unter ziemlich bösem, trotzigem Blick fing er an, Axel mit Wasser zu bespritzen; so wie es die beiden zuvor schon am See getan hatten. Das Szenario wiederholte sich und ziemlich schnell wurde daraus wieder eine freundschaftliche Rangelei, in der keiner von beiden klein beigeben wollte.

Roxas bemerkte vielleicht nicht einmal, wie einfach es auf einmal war, loszulassen. Er vergaß, das er bereits zum zweitem Mal seit er hier war, komplett nass geworden war, er vergaß sein unwohles Gefühl bezüglich Tai und er vergaß die Leute um ihn herum, die ihn und Axel beobachteten. Es gab nur Axel, ihn und das Wasser um sie herum. Hier und da wurde geschubst und gelacht; nach und nach kämpften die beiden sich zum Ufer durch und stolperten in den Sand. Roxas fiel lachend auf die Knie und störte sich nicht wirklich daran, das er nun überall Sand kleben hatte. Der Ältere stand neben ihm, leicht nach vorne gebeugt und ebenso lachend.
 

Axel hatte eines seiner Tagesziele erreicht. Schneller als er gedacht hatte.

Nämlich Roxas zum lachen zu bringen.

Etwas, das er sich jetzt fest vorgenommen hatte, wann immer sie sich treffen würden.

Und das, das war erst der Anfang.

Er würde noch viel Spaß mit dem Kurzen haben. Sehr viel Spaß.
 

Vielleicht sogar mehr, als er sich je erträumen würde.
 

~~~
 

"In der Position kannst du es ihm noch viel unangenehmer machen... pass mal auf."

Roxas' Blick war neugierig und gespannt auf Axel gerichtet, welcher auf dem Boden saß.

Dann auf Demyx, der, neben Axel liegend, nicht ganz so glücklich aussah. Und schließlich wieder auf Axel.
 

"...Axel...? Bist du sicher das es Demyx nichts ausmacht...?", fragte er zum zweitem Mal und betrachtete die Lage, in der sich besagter Musiker gerade befand. Es war gewiss keine angenehme, denn Axel erläuterte ihm gerade die Haltegriffe, die es im Judo gab und was man aus einer solchen Situation noch alles machen konnte.
 

"Aaach, der kann das ab... nicht wahr, Demy...?"

Ein hämisches, fast schon zu übertriebenes Grinsen legte sich auf Axels Züge, als er anfing, Demyx' linken Arm über seinen Oberschenkel zu legen um Roxas die Wirkung von Armhebeln im Judo zu erläutern. Mit einem Ruck rutschte Axel noch etwas näher, hielt Demyx mit seiner freien Hand flach auf den Boden, während mit der anderen anfing, den Arm seines Opfers über dessen Ellenbogen zu hebeln - es dauerte keine zwei Sekunden und Demyx fing an, einen Schmerzenslaut von sich zu geben.
 

"FUCK! Axel lass los! Bitte! Verdammt nochmal!", jammerte er, hatte jedoch keine Chance.

Der Rothaarige ignorierte ihn einfach und wandte sich wieder an Roxas, so als wenn nichts wäre.
 

"Wenn dein Gegner auf der Matte abschlägt - du weißt ja inzwischen, das dass die Aufgabe des Kampfes bedeutet - dann musst du sofort den Hebel lösen. Oder wenn er schreit oder sonst irgendwie laut wird. Vergiss das niemals."
 

Nun stutzte Roxas.
 

"Ähm... und warum... lässt du Demyx dann nicht los?", fragte er vorsichtig. Mitleid schwang in seiner Stimme mit, Roxas konnte einfach nicht anders - es sah einfach zu unangenehm aus. Und er wollte nicht, das jemand anders länger als nötig in die Mangel genommen wurde, nur um ihm etwas zu lehren...

Der Angesprochene lächelte freundlich. Abrupt ließ er Demyx los und dieser setzte sich sofort auf und winkelte den Arm ein paar Mal an. Der Blick, mit dem er Axel strafte hatte viel zu bedeuten. Dennoch sagte er nichts weiter.
 

"Ich denke Demyx weiß ganz genau warum ich das gemacht habe".
 

Damit stand Axel einfach auf und riss sein Versuchskaninchen im gleichem Zuge mit hoch. Natürlich war Roxas' Frage richtig und berechtigt gewesen. Er wollte sich nur... ein wenig für die Aktion von heute morgen rächen.

Demyx einen Denkzettel verpassen, das war alles. Roxas nickte sachte, als es ihm zu dämmern schien.

Auch er stand auf, schielte vorsichtig und schon fast entschuldigend zu Demyx.
 

"...schon gut, Roxy. Solange ich nicht umsonst gelitten habe und du etwas gelernt hast..."

Demyx lächelte zögernd.
 

"Also, wenn ihr mich nicht mehr braucht gehe ich jetzt wieder rüber."
 

Man merkte, das er sich jetzt umgehend verdünnisieren wollte, bevor Axel auf andere Ideen kam. Würgegriffe zum Beispiel... nein nein, dafür wollte er jetzt wirklich nicht herhalten. Allerdings schien es das sich Demyx keine Sorgen zu machen brauchte. Axel sah ihm kurz nach, aber das war auch alles.
 

Wieder blickte er auf Roxas, der sich gerade ein paar Grashalme von der Hose klopfte. Ihm war es unwahrscheinlich wichtig, das Roxas lernte sich zu verteidigen, auch wenn Judo mehr Sport als Selbstverteidigung war. Es würde dem Jungen helfen. Ihm etwas geben worauf er sich konzentrieren konnte. Ein Ziel, damit er nicht aufhörte für seine Freiheit zu kämpfen und damit er nicht aufhörte, an sich zu glauben. Wo er doch gerade erst angefangen hatte, flügge zu werden.

Auch Roxas hatte Träume, das wußte Axel. Und diese Träume sollte der Junge sich erfüllen können, selbst wenn er noch nicht in Worte fassen konnte was genau er sich wünschte.
 

Je länger er Zeit mit Roxas verbrachte, desto wichtiger erschien ihm seine selbst auferlegte Aufgabe als Lehrer.

Und Freund. Er spürte einfach, das dass, was er tat richtig war.
 

"Also Kurzer. Wichtig bei Armhebeln ist, das man sie gezielt aber kontrolliert anwendet.

Alles andere kann schnell in die Hose gehen. Hast du das verstanden?"
 

Ein schnelles Nicken folgte. Auch wenn ihm diese Lektion nicht ganz so gut gefallen hatte, fand er es doch sehr interessant und wollte es auch lernen. Schließlich gehörten solche Techniken genauso zum Judo, wie Haltegriffe und Würfe. Kurz wirkte Roxas nachdenklich, legte den Kopf schief und biss sich auf die Lippe. Eine Angewohnheit, die er seit neuestem pflegte.
 

"Kann ich das.... später vielleicht mal üben...? Aber nicht bei Demyx!"
 

Axel lächelte. Genau das wollte er hören. Ein bisschen Elan war nie verkehrt!

Er hob die Hand und fuhr Roxas etwas grober durch die Haare.

Die wirren Strähnen waren durch die Sonne ein paar Nuancen heller geworden. Axel würde es vielleicht nicht laut sagen wollen, aber er fand, das die helleren Strähnen Roxas auch gut standen. Auch fand er, das der junge ein schönes, klares Lächeln besaß - wenn er sich traute es zu zeigen.
 

"Natürlich, aber das dauert noch ein bisschen.

Fürs Erste musst du dich mit dem Wissen, das es Armhebel gibt, zufrieden geben. Die Praxis kommt dann doch schneller als dir lieb ist, glaub mir."
 

Der Junge sah ihn einen Moment stumm an, nickte dann aber.

Ein Schmunzeln zierte sein Gesicht, ehrlicher und glaubhafter als so manches Mal davor.
 

"Was machen wir denn heute noch? Hast du was geplant?"
 

Axel sagte nichts. Er grinste einfach nur breit, nahm Roxas ohne ein Wort an die Hand und schleifte ihn zu ihrem Zelt.

Verwirrt musste Roxas folgen und er fragte auch nicht mehr nach. Er fügte sich einfach den Ideen seines Bodygards und ließ sich wiedereinmal überraschen. Und, selbst wenn er noch einmal gefragt hätte - Axel hätte sicher nichts gesagt.

Am Zelt angekommen ließ er Roxas los, bedeutete ihn mit einem Handzeichen zu warten und krabbelte in die Hauptkammer.
 

Schnell sammelte er zusammen, was er brauchte.

Als er seinen Rucksack durchwühlte, fiel Axel auf das sein Handy blinkte; geduldig leuchtete das kleine Lämpchen in regelmäßigen Abständen. Ein schneller Blick auf das Display verriet ihm, das jemand bestimmtes versucht hatte ihn zu erreichen: Tai. Seine Miene verfinsterte sich; der Anruf war gut Zehn Minuten her.

Für einen Augenblick sah er noch auf das Display - dann legte er das Handy mit einem Schulterzucken weg.
 

Wenn es wichtig gewesen wäre, hätte der Kerl ihn sicher öfter angerufen und eine SMS geschrieben. Er würde sich später darum kümmern und in Kauf nehmen, mehr als nur eine Standpauke zu erhalten, wenn sie wiederkamen. Axel wußte durchaus, das er mit einem solchen Verhalten seinen Posten riskierte und das er sich generell auf sehr dünnem Eis zu bewegen schien - schon seit einigen Wochen - doch manchmal musste man etwas "unverantwortliches" tun und buchstäblich mit dem Feuer spielen um sein Ziel zu erreichen. Und darin war Axel wirklich gut.
 

Er packte sein Handy dann doch ein, stellte es aber auf Lautlos. Schließlich kam er aus dem Zelt gekrabbelt, beide Arme voll beladen mit der Motorradkleidung und den beiden Helmen.

Draußen wurde er schon von Roxas erwartet, der erst nach ein paar Sekunden verstand, was Axel nun vor hatte; es brauchte ja auch nur die Kleidung und die zwei Helme, um klar zu machen wie der Plan nun laufen würde.

Dennoch blinzelte Roxas ein wenig perplex und sah Axel auch so an.
 

"...wir...wir fahren... also, du fährst..."
 

"Nein, wir fahren war schon richtig. Wohin weiß ich zwar noch nicht, aber das wird sich dann schon zeigen."

Axel schritt auf Roxas zu und drückte ihm ohne ein weiteres Wort dessen Helm und Jacke in die Hand.

Mitunter brauchte es auch gar kein festes Ziel, um seinen Spaß zu haben. Manchmal war der Zufall einem der beste Freund und das wollte er Roxas nun nahe bringen. Ein Stück Freiheit, Unabhängigkeit.
 

"Also Kurzer. Zieh' dich an, ich mach' die Maschine fertig.

Damit drehte Axel sich um und maschierte quer über den Zeltplatz zu den Motorrädern.

Und wieder einmal stand sein Schützling wie bestellt und nicht abgeholt dort. Er konnte Axel zuerst nur starr hinterher sehen; dann seufzte er tief und blickte auf den Helm.
 

Eine Fahrt ins Ungewisse also. Kein wirkliches Ziel vor Augen zu haben behagte Roxas im ersten Moment nicht, doch das Gefühl zog sich schnell zurück. Sie würden irgendwo hinfahren. irgendwo, wo sie vielleicht niemand kannte. Wo sie ganz alleine waren...
 

"...na gut...dann eben ins Ungewisse...", murmelte er zu sich selbst und schlurfte hinter Axel her, denn er war sich nicht ganz sicher, ob er alleine wieder in die Jacke reinkommen würde.
 

Das Roxas bei seinem letztem Gedanken merklich rot geworden war, fiel ihm diesmal gar nicht auf.


Nachwort zu diesem Kapitel:
AN: Tja... was soll ich groß sagen... unregelmäßige Updates seid ihr mittlerweile von mir ja gewohnt und es tut mir auch schrecklich Leid das ihr immer so entsetzlich lange warten müsst. Doch mein Reallife nimmt mich immer mehr ein, bzw. mein Studium, so das andere Hobbys/Kreative Arbeiten zu kurz kommen...

Nun ja, lange Rede kurzer Sinn, das Kapi ist eigentlich eine Art Interlude inklusive mysteriöser Machenschaften (als ob CdtS nicht schon genug davon hätte, haha xD), vieeel ist nicht passiert aber ich hoffe dennoch, das es euch gefallen hat und das ein paar meiner Leser auch nach so langer Zeit noch dabei sind! Ein Danke an alle, die durchhalten!

Liebste Grüße und bis zum nächstem Mal! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (73)
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Von:  Yunee_Mirrorland
2014-11-11T11:38:32+00:00 11.11.2014 12:38
Oooh, wie schön :3

Ich muss gestehen, dass ich mich ein wenig in deine FanFic verliebt habe :3 Ich hab sie in einem Zug durchgelesen und sitze nun quasi auf heißen Kohlen, weil ich unbedingt wissen möchte, wie das ganze denn weitergeht!
Süße Story, toll geschrieben und ganz viel Emotion - find ich super!
Auch Respekt an deine Ausdauer, dass du bis jetzt durchgehalten hast - und hoffentlich noch durchhalten wirst!!

Bitte, bitte, schreib doch weiter!!
Deine Geschichte ist bei mir jedenfalls bei den Favos gelandet...

Liebe Grüße

Arrow
Von:  Lyneth
2014-09-10T08:44:09+00:00 10.09.2014 10:44
Mir ist eben aufgefallen das ich zu deiner FF noch kein Kommi hinterlassen hab. Also hol ich das hiermit mal nach. Ich finde deine FF zu Roxas und Axel ist eine der besten die ich gelesen habe. Und ich hab wirklich schon viele gelesen. Und aus dem grund hoffe ich das du wenn du die Zeit findest hier irgendwann wieder weiter schreibst. Gerade weil es so spannend wird. Ganz lieber Gruß Lyn ♡♡
Antwort von:  sinistersundown
15.09.2014 20:45
Hallo Lyn,

vielen lieben Dank für dein Kommentar, ich habe gar nicht mehr mit Feedback gerechnet (zumindest nicht vor dem nächstem Update). Das neue kapitel ist schon in der Mache; leider finde ich kaum Zeit daran zu arbeiten. Darum kann ich nur immer wieder um geduld bitten und wieder beteuern, das ich nicht vor habe, die FF abzubrechen :)

Ganz liebe Grüße,

sinistersundown
Von:  WaterdragonWave
2013-11-10T08:56:10+00:00 10.11.2013 09:56
Endlich geht es weiter ^^
Ich frage mich wirklich wo es hin geht und wann Roxas seine Libe zu axel gesteht?

lg,
Wave
Antwort von:  sinistersundown
10.11.2013 10:16
Heyho, Wave!
Schön, das du immer noch dabei bist! :3
Tja, die ewige Frage... aber ich kann dir versichern, das es nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen wird ;)
Von: abgemeldet
2012-07-20T16:42:55+00:00 20.07.2012 18:42
Also ich habe jetzt deine ff jetzt endlich "durch gelesen" und ich mag sie wie die Hölle :3
AkuRoku ist ja sowieso mein Lieblingspair und bei deinen lieblings Satz dachte ich auch nur ans Kuscheln, das war vorhersehbar gewesen.
Nichts desto trotz bin ich nun echt froh das dieses Marianne endlich weg ist. mir tat sie ja schon leid wegen, ihrer Mutter.... aber sie war einfach mir ein Dorn im Auge zwischen Axel und Roxi xD Und bin höchst zufrieden das Axel nun auch verwirrt ist von seiner Aussage das Rox niedlich ist (und er ist es sowas von *-*) man vielleicht ist es nur Wunschdenken aber ich bin der festen Überzeugung das Axel schon Liebe empfindet :D.. nichts da mit Roxi ist für ihn wie der kleine bruder oder das er nur als Bruderersatz bassiert.. pah.. niemals :D... und gott.. wie ich nun sage.. Marianne.. soll am besten nie wiederkommen *-* dieser Störenfried hat doch nur Roxi im inneren Verletzt, wegen ihrer "Beziehung" zu Axel.. dieses rumgeflirte.. diese lieblichen, süßen Seiten.. wäh... >.< da kam mir sowieso nur der Brechreiz.. da tat mir Rox voll leid. Aber nu ist die weg und ich bin happy. Das abtauchen war auch cool.. und in der Stelle dacht ich nur.. los küssen.. küssen.. wenn ihr schon neben einander liegt.. irgednwie war es doch romantisch.. die rosarote Brille auf und was auch immer.. Axel beugt sich zu Roxi vor und küsst ihn nur, weil er süß und schön wirkte, als die feinen Wassertropfen seinen Gesicht hinabrinn und die Sonne die nasse Haut zum glänzen brachte. *____* bei dem Gedanken wurde mir anders, aber mit der Äußerung Roxi sei niedlich war BOMBE *o* also ich mag deine ff.. und ich hoffe da kommt schnell noch mehr.. :D... lange nicht mehr so eine gute AkuRoku ff gelesen :D großeses Lob ^^
und deine Geheimniskrämerei.. ist cool.. ich hatte schon den Verdacht das Axel vielleicht der heimliche Sohn wäre @_@ das wäre einfach irgendwie zu krass O__o das würde das totale Chaos werden, wenn Roxi das erfahren würde das seine große Liebe.. sein Stiefbruder wäre O___O.. und Axel wäre wahrscheinlich auch mega geschockt und ihre Beziehung die sie vielleicht da bis dahin hätten wäre voll in einer mege Kriese drin O_________O.... >___< woar... x.x.. ich binw irklich zu neugierig... das ich schons o wiet denke.. und mir das schlimmste ausmale.. aber ich bin nun mal so fasziniert von der Geschichte.. >.<... Roxi ist toll >.<... Axel sowieso.. und Xemy, Larxene, Demyx und Marl = ♥ schon lange hab ich die nicht mehr so gemocht wie hier :D... eigentlich mag ich alle.. auser... Saix.. -.-' *hat ne wut auf ihn* der kann meiner Meinung nahc auf dem Klohocken und seine Wut da ausmackern... stört er wenigstens keinen mit seiner miesen Laune :D..

nun gut prima ff.. ich les weiter mit..und das mit Sicherheit
mggglg: Evil :D
Von:  TKTsunami
2012-07-10T16:12:18+00:00 10.07.2012 18:12
Endlich...
Ich bin dazu gekommen es zu lesen...
Und ich grinse wie ein Honigkuchenpferd *_*
Ich liebe es wenn es weiter geht^^
Das Kapi war ja mal mega süß, eben weil man ein bisschen axels verwirrtheit bemerkt hat und der unbewußte kuss *bg* harhar
Ein unangenehm warmes Gefühl, das sich auf seinem Bauch ausbreitete, brachte Axel dazu die Augen aufzuschlagen Ich gebs zu, ich hab gleich daran gedacht, dass roxas sich an ihm ran gekuschelt hat und ich ärgere mich gerade dermaßen, dass ich nciht SO gedacht habe XD Bin doch sonst so >///> X3
Freue mich schon aufs nächste kapi

TK was here
Von:  firefighterJenny
2012-07-08T21:59:41+00:00 08.07.2012 23:59
ja, das stimmt. deine geheimniskrämerei ist super. die lässt mich so schön grübeln - überhaupt um die zeit :DD
bzw. du lieferst mir Stoff für meine Träume heute abend ;DD
"Ein unangenehm warmes Gefühl, das sich auf seinem Bauch ausbreitete, brachte Axel dazu die Augen aufzuschlagen" - *hand heb* ich melde mich freiwillig, ich hatte solche gedanken...bei solch einen satz, da kann man ja nur so denken >DD
meine freundin würde, wenn sie noch wach wäre, sagen: ein zehner für deine gedanken 8D
und die sache mit demyx und alkohol: finde ich klasse. die aussage von zexion was klasse, hab richtig laut gelacht (und meine eltern fast aufgeweckt ^^°)
Von:  TKTsunami
2012-06-10T12:26:36+00:00 10.06.2012 14:26
*ganze ff durchgelesen hat*
Wow
Ich kann mich echt nur allen anschließen
Diese FF ist so genial~
Und vor allem spannend
aber niedlich XD
Als ich gelesen habe, dass axel ihn anfängt wie ein kleiner bruder zu sehn dachte ich erst nur "Autsch" XD Man leidet richtig mit und Tai könnte ich am liebsten an die gurgel gehen, andererseits wil ich auch wissen was denn nun das geheimnis ist
Ich bin ja schon bei der vermutung angekommen, dass Axel das unbekannte Kind ist XD
Aber dann dürfen die ja gar nicht zusammen kommen und er und rox müssen (weil ich das gern so hätte X3) doch zusammen kommen
Alsooooo
Ich werde jetzt gaaanz geduldig darauf warten, dass hier ein neues kapi kommt und wenn ich alt und grau werde^^

TK was here
Von:  -Yui-san-
2012-04-15T17:03:12+00:00 15.04.2012 19:03
Yes! Danke für das schöne Kapitel. Es hat die Geschichte unglaublich weiter gebracht.
Axel ist über sich selbst verwirrt, Tai is irgendwie einfach nur noch ein Arsch und Cassandra kann einem nun doch Leid tun.
Schön geschrieben, auch wenn es lange gedauert hat. Nimm dir ruhig die Zeit. Man kann halt nich immer nur für FF's bereit stehen, sondern muss auch mal dem Echten Leben nachgehen. Von daher. Meine FF's leiden auch unglaublich darunter.
Ich freu mich auf nächste Kapitel, egal wie lange es dauert.
Echtes AkuRoku kann nicht mehr allzu weit enfernt sein. Ich kann es schon sehen.

Also. Vielen Dank fürs Chap. War gut geschrieben und ich bin wieder ungeduldig.

Yui
Von:  Amenirdis
2012-04-14T22:02:10+00:00 15.04.2012 00:02
Und dieses Kapitel ist dir wiedermal sehr gelungen.
Hatte richtigen Spaß es zu lesen.

Die Szene mit Demyxs und Axel am Telefon ist mir einfach sympatisch; mein Grinsen wollte nicht weichen, weil mir es sehr gut vorstellen kann bildlich. =)

Und man konnte sich gut in Roxas hineinversetzen.
Ich wäre auch niedergeschlagen, wenn ich einfach "ohne wenn & aber" wieder weg müsste, wo ich doch etwas indeckt hab, was man noch genauer unter die Lupe nehmen könnte und es einem ein aufregendes Gefühl bescherrt.

Und dieser Tai ist mir unsympatisch; aber er passt gut hinein, ich könnte jetzt spekulieren, dass er nur aufgrund seines fleißes & ehrgeizes geschafft hat, Roxas Familie zu dienen.

Und Axel macht echt kein Hehl draus, dass er nicht sonderlich begreistert ist, auf den Kleinen aufzupassen. Seine direkte Art ist wie in den Kingdom Heartsspielen - wunderbar beschrieben. <3

LG Amenirdis
Von:  ShinichiKudoXD
2012-04-14T01:04:31+00:00 14.04.2012 03:04
Ich habe mich total gefreut, dass du die Fan Fiction doch noch weiter schreibst und dir sogar vorgenommen hast, diese doch zu beenden. In letzter Zeit gab es viele Abbrüche bei Fan Fictions die total genial sind und das finde ich echt schade. Umso mehr freut es mich von dir zu hören, dass es doch weiter gehen wird und da warte ich gerne bis du mal wieder von dir hören lässt. =D

Aber nun zur Geschichte.
Tai ist in meiner Sympatie Skala immer noch nicht gestiegen und ich frage mich echt was er im Schilde führt. Vor allem was das für Konsequenzen für Axel haben wird, da er ja nun auch mit drin steckt und wie wird Roxas damit umgehen und vor allem seine Mutter. (Komische Frau einfach xD)

Xemnas ist toll, er gefällt mir und auch wenn ich Vexen nicht mag so fand ich ihn in dem Kapitel echt toll.
Saix ist für mich ein jämmerlicher, sorry, Stinkstiefel der nicht einfach mal eine Veränderung akzeptieren kann. Aber ja zeugt auch auf meine persönliche Abneigung zu ihm, bin da zu sehr Roxas. xD

Aber ich mochte diese Stelle mit Axel und Roxas, wie er mit ihm von dem Abhang springt. In dieser Szene war ich so gefangen und fühlte mich so mitten drin, einfach nur toll. Auch weil es Roxas ja ein Stück weiter gebracht hat und irgendwie das Gefühl habe das es ihn auch etwas näher zu Axel geführt hat. Zwar muss sich das Axel bestimmt noch eingestehen aber man merkt doch das da in ihm eine Veränderung vor geht. Ich mag es das es etwas langsam von statten geht, um so schöner und so spannender ist das zwischen den beiden. <3

Ich finde es auch sehr schön das man nach der langen Pause keine Verschlechterung an deinem Schreibstil erkennen konnte. Ist noch immer so klasse und du wirst dich bestimmt auch weiter steigern.

Ich freue mich schon wenn es bald wieder weiter geht, hoffe nur nicht das es wieder so lange dauern wird und wir bald wieder ein wunderbares Kapitel von dir lesen können.

LG Rox


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