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Lost Angel

WerwolfXVampir - Über 100 Favos. ôô
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Geflohener Werwolf trifft auf eigentlich kalten Vampir

Lost Angel
 

Kapitel 1 – Geflohener Werwolf trifft auf eigentlich kalten Vampir
 

Jesko’s PoV
 

Seit Jahrhunderten wurde meine Rasse von den Vampiren gequält und als Wachhunde

missbraucht. Mehr waren wir für sie nicht. Nur ein paar Straßenköter, die durch

die Nacht streunten. Ohne Ziel. Wohl einer der Gründe, wieso gerade wir für

diese Blutsauger benutzt worden waren um ihnen tagsüber Schutz zu bitten. Im

Gegensatz zu ihnen hatten die meisten von uns zu dieser Zeit auch nicht einmal

ihre Kraft. Genauso wie ich. Jeden Tag fühlte ich mich so schwach. So nutzlos.

Nur wenn endlich die Vollmondnächte kamen, wusste ich, dass ich etwas wert war.

Aber bis es wieder so weit war, musste ich eigentlich momentan noch mindestens

drei Tage warten. Doch ich wollte nicht mehr so lange warten. Endlich wollte ich

meine Freiheit. Ich wollte nicht mehr in Knechtschaft leben.
 

Ich hetzte seit Sonnenaufgang durch den Wald und das war mehr als 10 Stunden

her. Es wurde sogar schon wieder dunkel. Die Sonne war schon nur noch ein

kleiner Streifen am Horizont. Weit war ich trotzdem nicht gekommen. Sie würden

mich einholen. Schwer war das auch nicht. Vampire waren leider nicht die

langsamsten. Anders als ich. Mit meinen Kräften war ich eigentlich schon längst

am Ende. Kurz vor dem Zusammenbruch. Nicht mehr lange und ich würde einfach

zusammen sacken.
 

Ich lehnte mich an einen Baum. Rutschte daran auf den Boden. Mein Atem raste nur

noch. Brachte ihn nicht mehr unter Kontrolle. Ich brauchte eine Pause. Dabei

hatte ich dafür gar keine Zeit. Aber die Erschöpfung zwang mich dazu. Mein

Körper machte einfach nicht mehr mit. Sträubte sich gegen jeden weiteren

Schritt. Mir verschwamm für einen Moment die Sicht. Presste die Augen zusammen

und schüttelte leicht den Kopf. Es war doch eigentlich nur eine ganz dumme

Wette. Ich hätte die Schnauze halten sollen, als mich Laurin dazu angestachelt

hatte, dass ich doch nie weg kommen würde. Dann müsste ich zwar für immer diesen

Blutsaugern dienen, aber wäre wohl dem Tod nicht so nahe, wie jetzt. Sterben war

nicht das, was ich wollte. Ich wollte doch nur frei sein. Für immer.
 

Ich hob den Kopf. Da sah ich sie. Eine Gestalt. Nur ein paar Meter vor mir stand

sie mitten im Wald. Blickte sich um. Ich spürte, wie mein Herz für einen Moment

aussetzte. Wusste sofort, wer das war. Der Sohn meines Herrn. Sein blondes Haar

war einfach zu auffällig. Selbst in der Dunkelheit strahlten sie scheinbar. Und

das war wohl noch das gewöhnlichste daran. Eigentlich hatten sie alle dunkle

Haare. Nur seine hatten diese seltsame Farbe. Fast weiß.
 

Ein leicht aufkommender, kalter Wind zwangen ihn dazu die Hand vors Gesicht zu

heben. Seine langen Fingernägel ließen mich erschaudern. Damit konnte er wohl so

einiges aufschlitzen. Und wenn sie im Fleisch steckten, musste es wohl auch

höllisch wehtun. Und zu spüren wollte ich sie auch nicht bekommen.
 

Ich versuchte mich klein zu machen. Weglaufen konnte ich sowieso nicht mehr.

Vielleicht würde er mich so gar nicht sehen. Zwar ungewöhnlich, aber hoffen

konnte ich es zumindest einmal.
 

Ich schluckte, als sein Blick auch in meine Richtung wanderte. Das könnte mein

Ende sein. Wenn er mich nur sehen würde. Ich würde einpacken können. Er würde

mich umbringen. Ohne zu zögern. Eiskalt war er. Schon einige Male hatte ich

gesehen, wie er ohne Grund einen von uns getötet hatte. Und jetzt hätte er sogar

einen Grund.
 

Er sah mich direkt an. Kam aber keinen Schritt näher. „Wölfchen!“, rief er.

Seine Augen zog er zu Schlitzen zusammen. „Komm her!“, fügte er noch hinzu. Doch

ich bewegte mich nicht. Konnte nicht. Der Schock saß noch zu tief. Und die Kraft

hatte ich zudem auch nicht. Jedoch spürte ich da schon eine Sekunde später seine

kalten Finger an meinem Hals – Vampire waren eben schnell. Er drückte zu. Vor

Schmerz ächzte ich. Bekam kaum Luft.
 

„Wolltest du etwa weglaufen?“, fragte er. War meinem Gesicht schrecklich nahe

gekommen. Unsere Nasenspitzen berührten sich schon fast. Krampfhaft versuchte

ich den Kopf zu schütteln. Flüsterte dann trotzdem mit zitternder Stimme:

„Nein.“ Mehr brachte ich nicht zu Stande. Ich war zu ausgepowert.
 

„Das hat aber nicht so ausgesehen, Wölfchen.“ Er zog mich hoch. Drückte mich

gegen den Baum. Ich versuchte mich nicht zu wehren. Auch wenn er den Druck auf

meine Kehle nur noch erhöhte. „Sterben willst du wohl nicht“, hauchte er mir ins

Ohr. Ich wimmerte. Etwas was ich nicht oft tat. Aber es war jetzt wohl

angebracht. Vielleicht würde er mich dann wieder los und sogar am Leben lassen.
 

„Hast du ihn, Jemil?“, hörte ich jemanden rufen. Oder bildete ich mir das nur

ein. Ich war schon kurz vor der Bewusstlosigkeit. Luftmangel und Erschöpfung

waren einfach zu viel für mich. Und vor allem für meinen Körper. „Ja“, erwiderte

der Blonde. Ließ meinen Hals endlich wieder los. Ich rutschte wieder auf die

Erde. Atmete zwei oder drei Mal tief durch. Luft brauchte ich jetzt.
 

Schon im nächsten Moment wurde ich wieder hochgezogen. „Komm, Missgeburt!“,

knurrte Jemil. Packte mich am Handgelenk und schlief mich hinter sich her.

Zerquetschte mir fast die Hand. Ich biss aber die Zähne zusammen. Winseln würde

ich nicht anfangen.
 

„Hey, Jemil, da hast du ihn doch schon!“ Ein dunkelhaariger Junge grinste meinen

Fänger an. „Ja, ja, Joe. War auch nicht schwer!“ Jemil gab mir einen Stoß durch

den ich auf den Knien vor ihm landete. „Halsband!“ Der Dunkelhaarige sprang wie

ein junges Reh um uns herum. Der Irre und der Eiskalte. Ein lustiges Pärchen.

Sterben wäre jetzt wohl recht schön gewesen. Am besten von Mr. Eisblick

umgebracht werden und von Scherzkeks dann auch noch ausgesaugt. Bis auf den

letzen Tropfen Blut. Das musste ein Tod sein.
 

Ich spürte etwas Ledernes an meinem Hals. Wurde auch gleich wieder hochgezogen.

Toll, auch noch an die Leine hatten sie mich gelegt. Wie eben ein Hund. „Bringen

wir das Hündchen wieder heim?“, fragte Joe. Blickte denn anderen mit große,

fragende Augen an. „Nicht so“, erwiderte der nur knapp. „Ausziehen, Köter!“,

fauchte er mich an. Das war doch nicht sein ernst. Es war Ende November -

gelegentlich schneite es sogar leicht - da würde ich es mir zwei Mal überlegen,

ob ich ohne Klamotten herum lief.
 

„Hörst du nicht?“ Er schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht. Ich torkelte

einen Schritt zurück. Sah langsam in seine braunen Augen, die mich nur böse

anfunkelten. Jemil trat einen Schritt auf mich zu. Legte selbst Hand an meinen

Sachen an. Oder zumindest fummelte er meinen Gürtel auf. Ich schluckte. „Ich

mach doch schon“, meinte ich knapp und setzte seine Arbeit selbst fort.
 

„Unterwäsche kannst du anlassen, uns soll nicht schlecht werden!“, zischte

Jemil, als ich mir auch noch meine Boxershorts ausziehen wollte. Obwohl ich

schon lange etwas zitterte. „Äh, Jemil, das ist schon etwas fies.“ Joe zog eine

Augenbraue hoch. Blickte mich prüfend an. „Ist es dein Problem, wenn er sich was

abfriert?“ Der Blonde schritt an seinem Kumpel vorbei. Zog mich an meiner Leine

hinter sich her. Blieb aber schon nach einigen Metern wieder stehen.
 

„Du gehst mit uns nicht auf einem Weg, Köter!“ Mit etwas Schwung zog er mich in

die Büsche. Die Äste kratzten an mir. Rieben mir Schrammen in die Haut. „Wenn er

uns abkratzt, killt dich dein Vater. Das ist dir schon bewusst?“, fragte Joe.

Sah etwas nervös zu mir, wie ich mich wieder versuchte hoch zu kämpfen. War

gestolpert. Jetzt tat mir erst recht alles weh. Blut lief mir etwas über den

Körper. Überall. Zwar nur etwas, aber in meiner Verfassung würde es wohl schon

reichen.
 

„Ist doch scheiß egal. Soll das Hündchen eben abkratzen.“ Ich wurde hinter ihnen

hergezogen. Lief kaum. Mehr kroch ich. Die ganze Strecke, die ich heute gelaufen

war, wieder zurück. Gefangen von diesen zwei Vampiren. Nur weil ich vor

Erschöpfung nicht mehr weiter gekommen war. Ich hatte doch im Moment ziemliches

Pech. Obwohl. Eigentlich war es Glück. Ich lebte noch. Zwar wieder nicht frei.

Aber am Leben. Etwas Gutes.
 

Es mussten Stunden vergangen sein, als ich dieses riesige Schloss wieder vor mir

sah. Das sich Vampire an Klischees hielten war doch irgendwie nett. Blutsauger

in Spuckschlössern. Zumindest vielen die gelegentlichen an der Decke hängenden

Fledermäuse so nicht auf. Auch wenn sie verdammt nervten, wenn sie einem um den

Kopf flogen.
 

„Wieder zu Hause“, meinte Joe, als ich wieder aus den Büschen gezogen wurde. Ich

sackte sofort zusammen. Blieb auf dem Rasen liegen. Wie mit der Nagelschere

geschnitten. Und das war er auch. Von einigen Werwölfinnen. Erst vor ein paar

Tagen wieder.
 

Mein Atem war nur noch ein Röcheln. Ich wollte schlafen. Mich nur nicht mehr

bewegen. Etwas ausruhen. Aber damit würde ich erst einmal Pech haben. Ich spürte

einen Tritt in die Seite. „Hoch mit dir!“, fauchte Jemil. Ich versuchte sogar

wirklich wieder aufzustehen, aber meine Glieder wollten nicht. Ich hatte keine

Kraft mehr. Blieb nur auf den Knien sitzen. Wurde aber auch gleich am Hals hoch

gerissen. Ich schrie auf. „Winsle nicht rum, sondern komm mit!“ Seine kalte

Stimme ließ mich erschaudern. Wie konnte man nur so unglaublich kalt sein.
 

Ich torkelte hinter ihm her. War immer wieder der Gefahr ausgesetzt, wieder

zusammen zu brechen. „Warte doch“, flehte ich, als ich hinter Jemil durch die

Gänge lief. Abrupt blieb er stehen. „Halt die Fresse“, fauchte er. Warf mir nur

einen knappen, kalten Blick zu. Zerrte mich wieder hinter sich her. Bog direkt

in die Gänge seiner Zimmer. Er hatte mehrere. Je nachdem wie er sich fühlte,

benutzte er eins. Vor der ersten Tür hockte ein Junge. Sah langsam zu mir

auf. „Darf ich diese Idioten etwas sagen?“, fragte er. Wirkte eingeschüchtert.

„Wenn es sein muss.“ Genervt sah Jemil zu mir.
 

„Du bist so etwas von einem verfluchten Vollidioten! Das du nicht weit kommst,

war wohl klar!“, knurrte der am Boden sitzende mich an. Ich kannte ihn

natürlich. Eigentlich war er einer meiner besten Freunde. Marek. Ich antwortete

nicht. Es war mir ohnehin nicht erlaubt. „War es das?“, maulte Jemil. Der andere

Werwolf nickte. Warf mir noch einen durchdringenden Blick zu.
 

Nur eine Minute später hockte ich auf dem Boden in einem der Zimmer. Hatte immer

noch nicht mehr als meine Boxershorts an. Mir wurde schwindelig. Schwankte

leicht hin und her. „Ein Bad wäre wohl gut für dich.“ Ich sah auf. Jemil stand

direkt vor mir. Beugte sich zu mir herunter. Von seinem Vater aus, durfte er das

gar nicht. Er durfte nicht mit uns Werwölfen auf Augenhöhe sein oder sich auch

nur vor uns bücken. Und wieso war er eigentlich plötzlich so nett? Nicht gerade

normal für einen solchen Blutsauger.
 

Ich kam langsam wieder hoch. Schwankte. „Bis ins Badezimmer wirst du wohl noch

kommen.“ Er wies mit dem Kopf zu einer schneeweißen Tür. Ich nickte schließlich

langsam. Torkelte auf die Tür zu und drückte die goldene Klinke hinunter.

Dahinter war wirklich eine Badewanne. Sogar Wasser war schon eingelassen. Ich

ging darauf zu. Hielt einen Finger in das Nass. Es war angenehm warm. Kurz sah

ich mich noch mal um. Zog mir nach kurzem Zögern die Shorts aus.
 

Kurz darauf lag ich in dem warmen Wasser. Eigentlich durften wir Werwölfe uns

nur im kalten Putzwasser waschen. Wenn überhaupt. So war ich es gar nicht

gewohnt. So schön gemütlich. Ich wäre sogar beinahe eingeschlafen. Die

Nasenspitze hatte ich schon unter Wasser.
 

Den Kopf schüttelnd spuckte ich das Wasser aus, das ich in den Mund bekommen

hatte. Es war zwar nicht kalt, schmeckte aber scheußlich.
 

Nach diesem entspannenden Bad hatte ich sogar wieder etwas Kraft sammeln können.

Zumindest ein bisschen. Ganz so fertig war ich zumindest nicht mehr. Doch eine

Mütze Schlaf wäre mir doch ganz lieb.
 

Trocken und meine Shorts und frischen Sachen, die auf einem kleinen Hocker

gelegen hatten, am Körper kam ich wieder zu Jemil oder zumindest in das Zimmer

in dem er zuvor noch war. Ich schluckte. Er war nicht mehr da. Und ich sollte

wohl nicht weggehen. Aber hier alleine bleiben wollte ich auch nicht. Wenn mich

ein anderer Vampir erwischte, war ich tot. Obwohl ich dem Väterchen Tod heute

schon viel zu nahe gekommen war, hatte ich davor Angst.
 

Trotzdem sank ich aufs Bett. Rollte mich auf die Seite. Bin in Sekunden war ich

auch schon eingeschlafen und ihn leicht unruhige Träume versunken.

Sei mein Lustknabe

Lost Angel
 

Kapitel 2 – Sei mein Lustknabe
 

Jemil’s PoV
 

Ich war nur kurz weg um etwas zum Essen zu holen. Das Wölfchen hatte hungrig

ausgesehen. Er war aber auch schon den ganzen Tag unterwegs und ich war auf dem

Rückweg ganz schön brutal zu ihm gewesen. Ihn fast nackt durch den Wald zu jagen

hätte ich wohl nicht gerade tun sollen. Er war völlig fertig. Etwas länger und

er wäre wohl bewusstlos zusammen gebrochen. Aber trotzdem hatte er es irgendwie

halbwegs überstanden.
 

Ich kam wieder in das Zimmer in dessen Bad er gebadet hatte. Ein Lächeln huschte

über meine Lippen, als ich ihn auf dem Bett liegen sah. Eigentlich sollte ich

meinen Ruf alle Ehre machen und ihn wieder auf den Boden bugsieren. Da wäre er

als Werwolf sowieso besser aufgehoben. Aber ich konnte nicht. Er schlief so

friedlich. Aber das auch noch in der Nacht. So etwas könnte ich schon lange

nicht mehr. Konnte ich eigentlich noch nie. Früher vielleicht, als meine

Vampirfähigkeiten noch nicht aktiv geworden sind. Aber daran erinnerte ich mich

kaum. Ich war noch klein gewesen, als ich aufgehört hatte unter der Sonne zu

leben. Obwohl ich richtig gelebt noch nie hatte. Als geborener Vampir war das

eben unmöglich.
 

Ich setzte mich auf die Bettkante. Beugte mich zu ihm. An seinem Hals rieb ich

meine Eckzähne. Wie gerne hätte ich jetzt zugebissen, wenn ich nicht gewusst

hätte, dass es ihn, als Werwolf, umbrachte. Aber es fühlte sich für einen Moment

gut an, die Zähne wieder auf warmer Haut zu haben. Ich spürte sogar ganz leicht,

wie das Blut in den Adern darunter floss. Diese wunderbare Flüssigkeit. Dabei

mochte ich es gar nicht so gerne, einfach jemanden so umzubringen. Eigentlich

tötete ich nur ungern jemanden im Schlaf. Gerade, wenn ich ihn noch gebrauchen

konnte.
 

„Auf wachen, Köter. Futter ist da!“, flüsterte ich ihm ins Ohr. Er drehte sich

auf die andere Seite. „Noch 5 Minuten, Mum“, murmelte er ihm Schlaf. Ich zog

eine Augenbraue hoch. „Mum?“, wiederholte ich leise. Er glaubte doch nicht, dass

ich seine Mutter war. Wirklich … witzig. Beinahe schon putzig. Zauberte sogar

ein Lächeln auf mein Gesicht. Das kleine Hündchen war wirklich goldig.
 

Fast sanft gab ich ihm einen Stoß. „Deine Mutter liegt im Garten … tot und wird

gerade vergraben. Soll dann als Dünger für die Rosensträucher genutzt werden“,

meinte ich. Er schreckte hoch. Blickte mich erschrocken an, was ich nur mit

einem kühlen Blick erwiderte. Für solche Emotionen hatte ich nicht viel übrig.

Liebe den Eltern gegenüber war sinnlos. Für mich.
 

„Wa… Was?“, fragte er stotternd. „War nur ein Witz.“ Ich warf ihm eine Semmel in

den Schoss. Und er ließ sie dort liegen. Wagte er nicht sie zu nehmen. „Kannst

du schon essen.“ Ich nahm mir eine der Blutkonserven, die ich mir selbst

mitgebracht hatte. Anders mochte ich Blut nicht wirklich. Nur gelegentlich.

Eigentlich hasse ich es Menschen zu töten. Obwohl ihr roter Lebenssaft manchmal

wirklich gut schmeckte. Aber andauernd war er nichts für mich. So frisch aus dem

Hals gesaugt.
 

Ich riss die Konserve mit den Zähnen auf. Ließ das rote Zeug in meine Kehle

fließen. Wie gebannt sah der dunkelhaarige Werwolf mir dabei zu. Ich blickte

einen Moment wie in Trance an die Decke. Das fühlte sich so gut an, wenn es mir

in den Magen hinunter lief. Mir neue Kraft gab. Sogar richtig schnell. Zumindest

war Blut dafür gut. Sterben wollte ich an der Tatsache nicht, dass ich es nicht

trank. Vielen Menschen, die gebissen worden sind und dann zu Vampiren wurden,

ist es so ergangen. Sie konnten einfach nicht trinken. Aber in der modernen Zeit

gab es zum Glück so etwas wie Blutkonserven. Man musste sie nur stehlen. Zwar

auch nicht um viel schöner, aber meine Familie hatte genug Sklaven – also

Werwölfe – die diese dreckige Arbeit übernahm.
 

„Noch nie einem Vampir dabei zugesehen?“, fragte ich schließlich, als ich mich

wieder ihm zuwendete. Er schüttelte langsam den Kopf. Sah etwas geschockt aus.

Er war nicht gerade die Unschuld vom Lande. Auch wenn er gerade so wirkte. Ein

Werwolf wie er im Buche stand war er. Bei Vollmond hatte er eigentlich schon oft

genug versucht abzuhauen. Aber immer ist er eingefangen worden und jetzt hat er

es einmal am Tag probiert. Die einzige Zeit in der wir ihn eigentlich nicht

verfolgen konnten. Nur hatte er die falsche Zeit im Monat gewählt. Drei Nächte

später und er wäre durch gekommen. Hätte wohl sogar den Vollmond noch gesehen.

Dann hätte er es sicherlich geschafft. Aber scheinbar hatte er es nicht mehr

ausgehalten. Hatte nach dem gestrebt, was sie eigentlich alle wollten. Freiheit.

Nur das. Sie wollte frei sein und uns nicht mehr dienen müssen. Aber das würde

gerade für ihn so bald nicht mehr in Frage kommen. Nicht solange es mich gab.
 

Ich beugte mich zu ihm. „Als Lustknabe wärst du wirklich gut geeignet.“ Seine

Augen weiteten sich. Er war sich wohl nicht ganz sicher, ob er sich nicht

verhört hatte. „Du hast mich schon verstanden.“ Ich grinste breit bei seinem

verschreckten Gesichtsausdruck. „Weißt du eigentlich wie schwer es ist hier ein

Mädchen zu finden, dass mit einem schlafen will?“ Er begann sofort den Kopf zu

schütteln, als ich das sagte. „Verdammt schwer“, setzte ich meinen Monolog

fort, „und zudem sind die Girls auch wirklich nervig. Immer nur wollen sie

gebissen werden. Egal ob schon Vampir oder nicht. Sex ist dann meist auch nicht

drin. Richtig lästig.“ Er schluckte bei meinen Worten. Kroch ein Stück zurück,

bevor ich ihn am Handgelenk festhielt. „Also bin ich gerade dabei mich

umzustellen. Auf mein eigenes Geschlecht!“ Bei dem letzten, was ich sagte, war

ihm der Schock Wort wörtlich ins Gesicht geschrieben. Ich sah wohl nicht wie

jemand aus, der auf Kerle stand. Aber ich stellte mich auch erst um. Und er

durfte oder musste mir dabei helfen.
 

„Äh, und was habe ich damit zu tun?“, fragte er. Hatte den Blick auf die

Bettdecke gerichtet. „Du dürftest als Erster“, ich machte eine kurze

Pause, „aber erwarte nicht, dass ich dich besser, als die anderen von deiner …

Rasse behandle. Du bist für mich nichts anderes als ein Spielzeug … ein

Sexspielzeug.“ Das letzte Wort hauchte ich ihm nur noch ins Ohr. Er schluckte.

Es würde ihm nicht gerade einen Vorteil einbringen, wenn er machte, was ich

gerade von ihm wollte. Aber vielleicht war er zumindest so abhängig nach

diesem ‚Spiel’, wie ich und fand auch niemanden mit dem er schlafen konnte.
 

Ich überlegte kurz. Wenn er aber nicht so war wie ich, dann würde ihn das wohl

nicht überzeugen können. Und es kam mir gerade auch so vor, als würde es so

sein. Zumindest nach seinen Gesichtsausdruck zu urteilen. Da fiel mein Blick

aber auf das Brötchen, dass immer noch in seinem Schoss lag. Er hatte es nicht

angerührt. Hatte es nicht gewagt ohne meine Erlaubnis zu essen, dabei hatte ich

sie ihm doch gegeben. Er durfte essen. Aber dennoch hatte er es einfach nicht

getan.
 

Ich nahm also das, was ich ihm eigentlich als Essen angeboten hatte. „Du kriegst

auch immer etwas zum Futtern. Sogar etwas vom richtigen und nicht das, was ihr

Straßenköter sonst immer bekommt. Kann ich dich damit überzeugen?“ Er sah auf.

Hatte ein gewisses Strahlen in den Augen. Das wirkte wohl. Sogar ziemlich gut.
 

„Wenn das dein Ernst ist, dann kannst du mit mir machen, was du willst.“ Etwas

hoch gegriffen für einen Sklaven, wie ihn, der nicht mehr, als sein Leben hatte.

Aber wenn er so leicht zustimmte, war es nur gut für mich. Musste ich ihn

zumindest nicht dazu zwingen. Oder sogar quälen, obwohl das auch einmal wieder

schön wäre. Ein schreiender und um sein Leben bettelnder Werwolf. Das Schönste,

was es eigentlich auf diesem Planeten gab.
 

Mein Blick wanderte an ihm herunter. „Du bekommst immer etwas Gutes.“ Ich kroch

ein Stück weiter zu ihm. Eine Hand legte ich auf seinen Schritt, die andere

neben seine Oberschenkel. Er zuckte zusammen. Deutlich spürte ich die plötzliche

Erektion unter meinen Fingern. „Du gehörst wohl zu der schnellen Sorte“,

kicherte ich. Dass er so leicht erregbar war, hätte ich nicht gedacht.

Eigentlich dachte ich immer, dieses … Monster könnten ihre Lust unterdrücken.

Aber damit konnte ich wohl meine Meinung darüber ändern.
 

„Ich … ich bin es nur nicht gewohnt.“ Verlegen sah er weg. Er schämte sich wohl

dafür. Das wirkte aber irgendwie sogar süß. Sollte er zu meinem süßen, kleine

Hündchen werden und mich lecken. Für den Anfang wohl sogar, wo er wollte. Das

könnte ich mir aber noch überlegen.
 

Ich betete meine Lippen auf seinen Hals. Er kniff die Augen zusammen. Das würde

wohl doch nichts für ihn werden. Wenn er bei jeder meiner Berührungen so

zusammen zuckte, wie jetzt gerade. „Verträgst du das nicht?“, fragte ich. Als

Antwort bekam ich zuerst nichts. Bis er dann schließlich doch langsam nickte.

Ich seufzte. „Dann muss ich dich daran wohl erst gewöhnen, Hündchen.“ Ich setze

mich auf seinen Schoss. Verwirrt blickte er mir direkt in die Augen. Seine waren

sogar richtig dunkel. Fast schon schwarz. Aber wohl eher nur ein extrem dunkles

Braun.
 

Er schluckte. „Ich habe einen Namen“, flüsterte er. Ich zog eine Augenbraue

hoch. „Und der wäre?“ Wie unsere Werwölfe hießen, wusste ich nicht. Es hatte

mich auch noch nie wirklich interessiert. „Jesko“, erwiderte er leise. Richtete

seinen Blick wieder nach unten. „Ok, Jesko, wie hättest du es denn gerne, dass

wir miteinander ficken?“ Sofort blickte er wieder zu mir. Verwirrt. „Ich … äh …

ich kenne mich damit eigentlich nicht so aus.“ Er sah wieder weg. Unerfahren

wohl auch noch. Einen Moment lang dachte ich nach. Sah schließlich zum

Fenster. „Fuck“, knurrte ich, „wir verschieben das auf morgen Nacht!“
 

Am Horizont entstand schon ein leichter roter Schimmer. Die Sonne ging auf.

Hysterisch sprang ich auf und zog die Vorhänge zu. Er würde es vielleicht

vertragen, aber ich nicht. Kläglich würde ich unter dem Tageslicht sterben.

Nicht gerade angenehm. Man hörte auch nicht gerade oft, dass sich ein Vampir

freiwillig dem Sonnenlicht aussetze und ich wollte nicht unbedingt zu der

Minderheit gehören, die das tat. Zumindest heute noch nicht. Etwas hing ich noch

an dem, was manche von uns als Leben bezeichneten.
 

„Ok“, meinte Jesko. Er hatte wohl erst jetzt meine Aussage richtig realisiert.

Ich wendete mich wieder zu ihm. Er hatte den Kopf weggedreht. Traute er sich

nicht einmal mich anzusehen. Werwölfe waren wirklich komisch. Sie hassten uns

Vampire, gehorchten uns aber dennoch aufs Wort. Dabei hatten manche die Macht

einen von meiner Art einfach umzubringen. Sie konnten nämlich, wenn sie alt

genug waren, jeder Zeit ihre Wolfsform annehmen. Er gehörte aber zum Glück nicht

dazu. Egal wie kräftig er aussah.
 

Ich setzte mich wieder zu ihm. „Du darfst mich schon ansehen.“ Ich gähnte

herzhaft. War eine ziemlich lange Nacht für mich. Ohne darauf zu warten, dass

das Wölfchen noch etwas sagte, legte ich mich ins Bett. Rollte mich zusammen.

Konnte aber irgendwie neben ihm nicht schlafen. Ich hob leicht ein Lid. Sah

direkt in seine Augen. Er hatte sich neben mich gelegt und war mir beängstigend

Nahe gekommen. Zumindest mit seinem Gesicht. Er würde mich doch nicht beißen

wollen. Werwolfszähle waren fast schon scharf wie die meinen. Eigentlich war der

einzige Unterschied unserer Gebisse, dass sie mehr Kraft darin hatten. Zumindest

in dieser Tierform, die sie annehmen konnten.
 

„Es stört euch doch nicht, Meister, wenn ich mich zu euch lege?“, fragte er.

Fast wie ein williger Sklave, der jeder Zeit mit mir Sex haben würde. Ich

nickte. Neben mir liegen schon, er sollte mir aber bloß nicht zu nahe kommen,

sonst würde ich ihm wohl meine Klauen ins Fleisch jagen. Dann wäre mir auch egal

sein, was mit ihm war. Lustknabe hin oder her. Er dürfte sterben. Und dann würde

ich mir auch keine Vorwürfe machen. Er war eh nur ein Werwolf. Ein Sklave. Und

jetzt sogar mein Sklave. Mein eigener. Der alles für mich tun würde. So wie es

mir zumindest vorkam.
 

Lange konnte ich nicht wirklich darüber nachdenken. Ich wurde müde. Schlief

irgendwann ein. Das, das alles hier ein Fehler war, würde ich wohl erst viel

später mitbekommen.

Sag nicht 'du' zu mir!

Lost Angel
 

Kapitel 3 – Sag nicht ‚du’ zu mir!
 

Jesko’s PoV
 

Ich hatte es nicht bemerkt, wie ich mich an ihn gekuschelt hatte. Wusste auch

nicht, ob ich es überhaupt durfte. Aber sein Körper war so angenehm. Sogar ganz

leicht warm. Zwar nicht so, wie der meine, aber zumindest etwas. Gerade deswegen

hatte ich fast die ganze Zeit nicht geschlafen. Wie konnte er überhaupt warm

sein? Er war doch eigentlich so etwas wie tot. Zumindest untot. Eben ein Vampir.
 

Der andere Grund war das leichte Licht, dass ins Zimmer fiel. Wenn er davon

berührt würde, dann hätte er sich verbrannt. Sonnenlicht war für Vampire wie

Feuer. Vielleicht sogar etwas schlimmer. Als guter Sklave musste ich ihn

eigentlich davor schützen. Und für mein Essen würde ich das auch tun. Wegen

etwas anderem tat ich es gar nicht. Klang zwar etwas egoistisch, aber das war

nicht nur ich, sondern er wohl auch. Sonst hätte er bei seinem kleinen Vorschlag

nicht zuerst nur seine Vorteile angesprochen und dann erst die Tatsache, dass er

mir etwas zum Futtern organisieren wollte. Etwas Anständiges. Und nicht den

Fraß, denn ich – wie meine Verwandten – sonst immer vorgesetzt bekam.
 

Stunde um Stunde verging. Bis die Sonne endlich die Ostseite des Hauses mehr

oder weniger verlassen hatte. Es musste schon gut Mittag sein. Mein Magen

knurrte. Hunger, nur noch der schwirrte in meinem Kopf herum. Wenn ich

geschlafen hätte, dann wäre es möglicherweise nicht so schlimm gewesen. Aber ich

war nicht der Typ, der das tagsüber wirklich konnte. Ein paar Stunden, wenn es

gut kam, aber sicherlich nicht so lange wie er. Schon die ganze Zeit schlief er.

Seit er sich neben mich gelegt hatte. Und er hatte auch keine Sekunde mehr auch

nur ein Lid gehoben.
 

Ich wurde unruhig. Etwas von dem, was er mitgebracht hatte wäre schon noch da,

aber ob ich es essen durfte, konnte ich nur ahnen. Sicher war ich mir nicht. Und

Schläge wollte ich dafür auch nicht einstecken. Ich hätte ihn wecken und fragen

können. Wenn er aber deswegen wütend geworden wäre, hätte das in dem gleichen

geendet, als wenn ich mir unerlaubt etwas genommen hätte.
 

Was sollte ich denn nur tun. Mit dem Essen vor der Nase wollte ich nicht

hungern. Ihn aber wütende machen, war auch nicht in meinem Sinne. Am Ende würde

er sich für sein kleines Spiel jemanden anderen suchen, der dann mein Futter

bekam. Am Ende noch Marek. Aber dann müsste er schon an Geschmacksverirrung

leiden.
 

Irgendwann hielt ich es dann einfach nicht mehr aus. Löste die Umarmung um ihn.

Versuchte ihn nicht zu wecken. Sein Atem war ganz regelmäßig. Aber halt! Atem

schon wieder? Er war ein Vampir. Ein Untoter. Die atmeten doch normalerweise

nicht mehr? Oder irrte ich mich da?
 

Ich wollte darüber im Moment nicht mehr nachdenken. Zu sehr packte mich die Lust

zum Essen. Wie ein tollwütiges Tier stürzte ich mich auf das leckere Essen. Nur

die Blutkonserven ließ ich aus. Das war wohl sein ‚Frühstück’. Ich ekelte mich

davor, was diese Blutsauger tranken. Auch wenn einige von meiner Rasse auch

Menschen zerrissen und sie auffraßen. Dabei unweigerlich ihr Blut mit tranken.

Aber nicht jeder war eben gleich. Ich konnte das nicht ertragen. Als unnormal

hatten mich deswegen schon einige bezeichnet. Doch was kannte ich denn dafür.

Mich packte eben der Würgreiz, wenn ich auch nur Blut fließen sah.
 

Ich sah auf, als ich regelrecht spürte, dass sich die Bettdecke hinter mir

bewegte. Schluckte den letzten Bissen hinunter. Langsam wendete ich mich um. Der

blonde Vampir funkelte mich an. Ich hatte wohl wirklich nicht essen dürfen. Wie

von Sinnen verbeugte ich mich vor ihm.
 

„Hast du gefragt, ob du darfst?“, fragte er. Ich schüttelte langsam den Kopf.

Wagte es aber nicht ihn auch nur annähernd zu heben. Viel zu viel Angst hatte

ich. „Dann sollte ich dich bestrafen!“ Ich kniff die Augen zusammen, als er das

sagte. Doch da wurde ich schon am Kragen hoch gezogen. „Du wirst mit ins Bad

kommen!“, befahl er und wie ein anständiges Hündchen folgte ich ihm auch dort

hin.
 

Er sah sich in dem Raum um. Überlegte er, was er mit mir anstellen wollte? Da

wendete er sich aber schon wieder zu mir. „Komm her!“ Ich tapste zu ihm. Blieb

einen halben Meter vor ihm stehen. „Ausziehen!“ Wie befohlen zog ich das aus,

was ich gestern noch von ihm bekommen hatte, bis auf die Shorts. Wie am Tag

zuvor. Ich wartete was noch kommen würde. Sah nach Minuten trotzdem langsam auf.

Er hatte es mir gleich getan und sich von seinen Kleidern befreit. Nur noch

etwas weiter als ich. Kam nackt auf mich zu. Ich zuckte zusammen, als er meine

Hand nahm. Sie über sein Glied führte. „Setzten wir das fort, zudem wir gestern

nicht mehr gekommen sind.“ Ich schluckte. So bald hatte ich das gar nicht

erwartet.
 

Beinahe schon zärtlich entledigte er mich meiner Boxershorts. Küsste dabei

meinen Oberkörper. Sollte das jetzt liebevoll sein? So recht wusste ich nicht,

was ich jetzt tun sollte. Ich hatte noch nie. War noch eine elende Jungfrau.

Oder vielleicht edle?
 

„Komm schon, Jeskolein! Verwöhn mich!“, befahl er. Schmiegte seinen Körper an

den meinen. Zitternd legte ich meine Hände auf seinen schmalen Rücken. Fuhr

daran hinunter. Bis zu seinem Arsch. Weiter konnte ich nicht. Traute mich

einfach nicht. Ich wollte nichts tun, was ich nicht durfte. „Weiter“, zischte

er. Was ich schließlich auch tat. Über sein Gesäß glitt. Während er sich schon

eher meiner Vorderseite auf ungefähr der gleichen Höhe widmete. Wo schon etwas

steifer wurde, als ich es im Moment war.
 

„Du bist wirklich ziemlich unerfahren!“ Er nahm wieder meine Hände. Wanderte mit

ihnen nach vorne. Drückte sie schließlich einfach gegen seinen Schritt. Ließ

mich sein Glied reiben. Bis es sich langsam aufstellte und er leicht stöhnte.

Was er für eine schöne Stimme hatte, wenn er das tat. Nur noch ein zweites Mal

wollte ich das hören. Ganz sanft umschloss ich seine Erektion mit den Fingern.

Massierte sie leicht. Bis er keuchte. Seine Stirn leicht gegen meine Brust

presste.
 

„Du bist ja doch ganz gut“, flüsterte er. Da aber schon begann meinte linke

Brustwarze mit der Zunge zu umspielen. Bis auch mir ein lustvolles Seufzen

entfuhr. Das fühlte sich sogar gut an. Das was er da nur als ‚Spiel’

bezeichnete. Dabei war es eigentlich verboten. Wir durften eigentlich nicht

miteinander schlafen. Er könnte deswegen sterben. Getötet werden. Genauso wie

ich. Und er würde wohl den qualvolleren Tod haben. In der Sonne zu Staub

zerfallen. Wenn ich Glück hatte, durfte ich nur dabei zusehen und wurde dann für

den Rest meines Lebens gequält und – mit etwas Pech – missbraucht.
 

Ich wollte eigentlich etwas sagen. Doch er hatte schon Hand an meinem Glied

angelegt. Rieb es. Das Stöhnen konnte ich jetzt nicht mehr unterdrücken. Wurde

immer lauter damit. „Genieß es, Wölfchen“, meinte Jemil zu mir. Ließ aber kurzer

Hand wieder von mir ab. Setzte sich auf den Badewannenrand. Ich war mir nicht

ganz sicher, wie ich jetzt etwas genießen sollte, wenn er nichts mehr machte.

Aber ich wurde viel zu schnell aufgeklärt.
 

Jemil spreizte die Beine. Erst dachte ich, dass ich es ihm einen blasen sollte.

Doch das traf nicht mal ihm Ansatz zu. Er fing einfach an sich selbst zu

verwöhnen. Streichelte seien Erektion. Im ersten Moment blieb mir nur der Mund

offen stehen. Das ein einzelner Vampir so laut werden können, wusste ich bis

dato auch noch nicht.
 

„Jesko“, flehte er regelrecht und ich kam einen Schritt näher auf ihn zu. Kniete

mich vor ihn. Für einen Moment setzte er in seiner Bewegung aus. „Mach weiter.“

Seine Haut glühte vor Erregung. Er stand schon kurz vor seinem Höhepunkt. Könnte

es ganz leicht selbst beenden. Wieso sollte ich das für ihn übernehmen? Ich war

doch viel zu unerfahren in dieser einen Sache. „Mach schon!“, zischte er. Konnte

es nicht erwarten. Ich blickte auf sein Glied. Langsam näherte ich mich mit dem

Mund. Berührte es erst nur mit den Lippen. Nur die Spitzen. Aber er drückte

meinen Kopf darauf, bis ich es ganz in den Mund nahm. Begann daran zu saugen. Zu

lecken. Immer wieder stöhnte er. Wiederholte völlig in Ekstase sogar immer mal

meinen Namen. Dabei hatte er gesagt, dass ich kein anderer Werwolf für ihn

werden würde, als zuvor.
 

Ich spürte plötzlich noch etwas in meinem Mund. Gerade als er extrem laut

gestöhnt hatte. Seine Erektion klang ab. Das bemerkte ich ganz deutlich. War es

schon zu ende? Ging es so schnell?
 

Ich sah zu ihm auf. Schluckte alles hinunter, was ich von diesem Zeug abgekommen

hatte. Er atmete ganz flach. Und wieder. Er atmete! Da war ich mir sicher. Aber

wieso? Fragen wollte ich nicht. Ich konnte mir nicht sicher sein, was er dann

mit mir machte.
 

„War ich gut?“, fragte ich etwas schüchtern. Er blickte mich erschöpft an.

Einzelne Schweißtropfen liefen ihm über die Stirn, als er langsam nickte. Ich

versuchte leicht zu lächeln. Irgendwie brachte ich sogar etwas Ähnliches zu

Stande.
 

Er zog sich an meinem Hals hoch. Stand etwas wackelig auf den Beinen. „Soll ich

dir helfen?“, fragte ich, als er seine Sachen einsammelte. Dabei gefährlich

schwankte. „Duz mich nicht!“, knurrte er aber nur. Das war wohl ein Fehler

gewesen. „Entschuldigung“, murmelte ich nur. War es denn so falsch, wenn ich ihn

nicht mit ‚Sie’ ansprach. Er wollte immer hin, dass ich mit ihm schlief. Reichte

ihm denn da ein einfaches ‚du’ nicht auch?
 

„Zieh dich an und komm mit!“, knurrte er, nachdem er sich wieder angezogen

hatte. Riss mich dadurch aus meinen Gedanken. Es passte ihm wohl wirklich nicht,

wenn ich ‚du’ zu ihm sagte. Langsam marschierte ich hinter ihm her. Als ich

schon fast an der Badezimmertür war, fiel mir erst auf, dass ich immer noch

nichts anhatte. Drehte mich noch einmal um und suchte meine Sachen zusammen.

Dabei entdeckte ich auch die weiße Stelle an der Badewanne. War ich das gewesen?

Wirklich bemerkt hatte ich es nicht.
 

„Köter!“, brüllte Jemil. Sofort machte ich auf den Hacken kehrt und lief zu

ihm. „Was ist, Meister?“, fragte ich mit gesenktem Kopf. Wie es mich aufregte,

ihn so nennen zu müssen. Nur weil ich ein Werwolf war und er ein Vampir. Ich

hätte kotzen können. „Ich muss zu meinem Privatunterricht. Wenn du es wagst,

dich zu verdrücken, kann ich für nichts garantieren!“
 

Ich sah wieder auf. Privatunterricht? Blutsauger mussten sich wirklich mit so

etwas wie Schule abgeben? Irgendwie war ich plötzlich wieder etwas glücklich ein

Werwolf zu sein. Ich durfte dumm bleiben. Alles was ich wissen musste, wusste

ich. Und das reichte. Auch wenn es nur daraus bestand, dass ich mich den

Vampiren unterwerfen und ihnen gehorchen musste und das diese Sklaverei schon

einige Hundert Jahre andauerte. Genügend Information für mich und es war

wirklich genug.
 

„Verstanden?“, fragte Jemil. Ich nickte. So doof war ich nun auch wieder nicht.

Er kam einen Schritt auf mich zu. Legte seine Lippen auf meinen Hals. „Das

sollte wohl genug für das eben sein“, meinte er noch, bevor er das Zimmer

verließ.

Ein lüsterner und heulender Hund

Lost Angel
 

Kapitel 4 – Ein lüsterner und heulender Hund
 

Jemil’s PoV
 

Nervös trippelte ich mit einem Stift auf dem Tisch herum. Aus Einzelunterricht

wurde wohl heute nichts.
 

„Jemililein?“ Dieses Quietschen in meinen armen Ohren. Wieso musste Mila mich

immer so nennen? Sie musste doch merken, dass es mich zur Hölle nochmal nervte,

wenn sie das tat.

„Was ist?“, knurrte ich. Wie gerne wäre ich gerade wo ganz anderes. Am besten

bei meinem Lustwölfchen Jesko. Denn lieber würde ich jetzt ficken. Das hier

brachte doch sowieso nichts. Für was lernten wir hier überhaupt? Keiner

interessierte sich dafür, dass wir irgendetwas wussten.
 

„Wo warst du gestern Nacht? Ich hab dich vermisst!“ Sie blickte verlegen auf den

Boden. Was ich nur mit einem meiner kalten Blicke erwiderte. „Ich war einen

entlaufenen Wolf einsammeln.“ Eigentlich ging es sie gar nichts an, aber

vielleicht würde sie dann ruhig sein.
 

„Einen Wolf? Hast du ihn getötet?“ Sie sah mich geschockt an. Aus irgendeinem

Grund bemitleidete sie diese Biester. Dabei hatten sie es meinst nicht einmal

verdient. Nicht einmal der Köter, der gerade in meinem Zimmer hockte und

hoffentlich darauf wartete, dass ich zurückkam. Es entlockte mir ein Lächeln,

wenn ich daran dachte, wie friedlich er geschlafen hatte, als ich gestern mit

dem Essen zurückgekommen war. Und es jagte mir ein Gefühl von Lust durch den

Körper bei dem bloßen Gedanken, wie er mich befriedigt hatte. Er war zwar

wirklich noch unerfahren in dieser Sache, hatte es aber dennoch richtig gut hin

bekommen. Zu einem solchen Stöhnen hatte mich eigentlich noch nie jemand

getrieben.
 

„Dem Wölfchen geht es gut“, meinte ich kühl. Ich wusste es immer hin am besten.

Hatte er nicht bei mir die ganze Zeit gelegen.
 

Sie atmete erleichtert auf. „Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn ihr ihnen

wehtut. Das haben nicht einmal sie verdient.“ Verdient? Diese kleine Missgeburt

war weggelaufen. Und dann hätte ich sie nicht einmal quälen dürfen, wenn ich

gewollt hätte. Mila war wirklich ein Spezialfall unter uns Vampiren.
 

Ich seufzte. Stunden lang würde ich sie jetzt wohl noch am Hals haben. Und sie

würde mich zu reden. Die ganze Zeit. Wie es eben immer war. Dass sie mich

wirklich manchmal nervte bemerkte sie gar nicht.
 

„Wie lange dürfen wir uns das hier eigentlich noch antun?“, knurrte ich. Mich

langweilte das alles, viel lieber würde ich jetzt meinen Köter zu stöhnen

bringen. Das wäre um einiges lustiger, als hier sinnlos herumzusitzen. „Du weißt

genau, dass du gar nicht hier sein müsstest... Wenn dein Vater dich nicht

zwingen würde!“ Ich gab etwas von mir, was einem Knurren glich. „Erinnere mich

nicht an den!“ Die ganzen letzten Wochen heizte er mich dazu an, dass ich mir

eines von diesen Nervenbündeln aussuchen sollte um sie zur Braut zu nehmen.

Dabei konnte ich keine ausstehen. Mir waren Mädchen zuwider. Die konnten doch

sowieso nur quatschen und dann lief im Bett nicht einmal irgendetwas. Dabei

brauchte ich meinen Sex. Ohne würde ich nochmal zu Grunde gehen. Irgendwie

freute ich mich, dass Jesko gestern abhauen wollte. Sonst hätte ich ihn gar

nicht bis zu mir schleifen können.
 

„Wo ist der Wolf jetzt eigentlich?“ Mila riss mich wieder aus meinen Gedanken.

„Weiß ich nicht.“ Ich konnte ihr nicht sagen, dass er in einem meiner Zimmer

hockte und wartete, dass ich – wie ich es selbst bezeichnet hatte – mit ihm

spielte. Und doch war es nicht mehr als ein Spiel. In dem ich ihn ausnützen

würde. Mir war er sowieso nichts wehrt. Selbst wenn er erwischt werden würde.

Ich könnte immer noch sagen, dass er über mich hergefallen war. Ihm würde sie

nicht glauben. Egal wie lange er auf den Knien herumrutschen würde.
 

„Das ist schade. Er wird jetzt sicherlich gequält.“ Mila senkte den Kopf. Wirkte

sogar wirklich traurig. Wie konnte man sich nur solche Sorgen um so eine

Dreckköter machen. Er war es doch nicht einmal wert, dass sie das machte. „Hör

auf hier so mitleiderregend zu reden!“, knurrte ich. Sie hob wieder leicht den

Blick. Wanderte damit auf das Blatt, das vor mir lag. „Wer ist Jesko?“, fragte

sie. Sah mich verwirrt an. Ich warf selbst einen Blick auf den Fetzen, der vor

mir lag. Und wirklich. Ich hatte ihm mit dem Namen dieses Werwolfes voll

geschrieben. So gut war er doch nur wirklich nicht, dass ich das machen hätte

müssen.
 

Ich gab keine Antwort auf ihre Frage. Hätte eigentlich gar keine parat gehabt.

War doch eigentlich selbst darüber erstaunt, was ich da gemacht hatte.
 

„Eure Lordschaft!“ Ich zuckte zusammen. „Was?“, fauchte ich. „Ihr sollte besser

das abschreiben, statt mit der werten Lady zu reden.“ Mila begann leicht zu

kichern, als ich wieder nach unten sah. Es war mein letztes Blatt gewesen und

jetzt war es voll. Voll mit dem Namen dieses Köters.
 

„Brauchst du etwas Papier?“ Mila fächerte mit ihrem Block vor meiner Nase herum.

„Nein“, meinte ich nur knapp. Sammelte meine Sachen zusammen. „Eure Lordschaft,

wo wollt ihr hin?“, fragte mich mein – eigentlich – Privatlehrer. „In mein

Zimmer. Ich hab keinen Bock mehr!“ Ohne auf ein weiteres Kommentar zu warten

verließ ich den Raum.
 

Ich sog die stickige Luft tief in meine Lungen auf. Das ich überhaupt atmete. So

oft. Darüber hatten sich schon genügend gewundert und ich hatte es auch erst vor

einigen Monaten erfahren. Die Vampirin, die ich für meine Mutter hielt – all die

Jahre – war es gar nicht. Mein Vater war damals fremdgegangen. Mit einer

Menschenfrau. Und sie hatte ein Kind von ihm bekommen. Mich. Das war der einzige

Grund, wieso ich so oft atmete und wieso mein Herz so häufig schlug. Nur weil

meine richtige Mutter ein Mensch war. Und dennoch konnte ich nicht an die Sonne.

Wie gerne hätte ich einmal einen Sonnenaufgang ganz gesehen. Aber es war mir

einfach nicht erlaubt. Für immer würde ich, wie alle anderen Vampire, in der

Dunkelheit verharren müssen. Obwohl ich doch nur ein halber war.
 

Ich bog in den Gang ab in dem meine Zimmer waren. Das dritte auf der linken

Seite. Da hatte ich ihn zurückgelassen. Meinen kleinen Lustknaben. Ob er wohl

noch da war? Vielleicht hatte er sich getraut und war weggelaufen. Wirklich

vorstellen konnte ich mir das nicht. Dafür war doch die Angst in ihm zu groß.

Ich könnte ihn ohne mit der Wimper zu zucken töten und würde es wohl auch tun.
 

„Wölfchen?“ Ich betrat den Raum. Doch er war nicht da. In mir stieg schon die

Wut. „Wölfchen!“, brüllte ich. Da schlitterte schon etwas draußen an der Tür

vorbei. Ein schmerzverzerrter Schrei folgte gleich darauf.
 

Ich schreckte den Kopf aus der Tür. Jesko lag auf dem Boden. Alle Viere von sich

gestreckt. „Was machst du da?“, fragte ich. Konnte mir ein Grinsen nicht

verkneifen. Es sah zu süß aus, wie er da auf dem Boden kugelte. „Mir war

langweilig, Meister, da bin ich hier auf dem Gang hin und her gerutscht“, meinte

er nur und setzte sich auf. Er wirkte wie ein verspielter, junger Hund, den man

eigentlich nicht alleine lassen durfte, da er sonst irgendeinen Mist baute. „Und

ich habe mich einsam gefühlt“, fügte er noch hinzu. Blickte mich mit großen

Augen an.
 

Wie oft ich mich doch schon alleine gefühlt hatte. Und dabei war meist

irgendjemand um mich. Aber niemand hat es gesehen. Wie es mir ging. Je gespürt.

Wie ich mich fühlte. Es hatte nie jemanden gegeben, der das konnte. Nie.
 

„Meister, geht es euch nicht gut?“

Jesko hatte seine Hände auf meine Schulter gelegt. Sah mich besorgt an.

„Nimm deine Pfoten weg!“

Ich schüttelte ihn ab. Drehte mich weg.

„Aber Meister, mit euch stimmt doch irgendetwas nicht!“

Wieso konnte er das spüren? Wieso gerade er? Ein Werwolf wusste, dass mit mir

etwas nicht stimmte, aber meine gesamte Verwandtschaft konnte das nicht.
 

Er schlag zärtlich die Arme um meinen Bauch. Mein Herz begann wie wild zu

schlagen. Was war denn nur los mit mir?

„Sagt es mir doch, Meister!“

Er schmiegte seinen Kopf an meinen Hals. Rieb leicht daran. Jedes seiner Haare

kitzelte mich. Aber kichern oder gar lachen konnte ich darüber nicht. Es machte

mich nur an.

„Du fühlst dich verdammt gut an“, flüsterte ich.

„Tue ich das?“, fragte er. Ließ mich für einen Moment wieder los. Hielt es aber

irgendwie nicht lange aus. Ich nickte langsam. „Das tut ihr euch, Meister!“,

seufzte er. Drückte den Kopf wieder an mich.

Wie mich sein Gefasel von 'Meister' doch plötzlich nervte. Sollte er doch meinen

Namen sagen. Ich wollte ihn von ihm hören.
 

„Sag ihn“, flüsterte ich.

Ich spürte, wie er aufsah.

„Was soll ich sagen?“

Er klang so süß, wenn er verwirrt war. So wie eben ein kleiner Hund, wenn er

etwas nicht verstand. Ja, er war ein kleiner, unwissender Hund.

„Sag meinen Namen.“ Ich gab es kaum hörbar von mir. Aber er würde es verstehen.

Er war ein Werwolf. Wölfe hörten doch so unglaublich gut.

„Jemil“, murmelte er mir ins Ohr. Wie schön das klang. Aus seinem Mund.
 

Ich keuchte. Er war mit den Händen unter mein Shirt. Knetete meine Brustwarzen.

So angenehm. Aber, das durfte er doch gar nicht. Nicht ohne meine Erlaubnis.

Krampfhaft versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien. Aber er konnte mich

mühelos festhalten. Ich kam nicht los. Mein Atem begann zu rasen.
 

„Du hast mir dieses Spiel gezeigt, also spiel es auch mit mir“, hauchte er mir

ins Ohr. Was sollte das werden?

„Lass mich los!“, zischte ich. Wurde wütend. Keiner durfte mich so anfassen.

„Spiel mit mir!“ Er biss mich ganz leicht ins Ohrläppchen. Zog daran. Wirklich

ein verspielter Hund. Oder eigentlich nur ein streunender Köter.

„Wenn dich jemand erwischt, bist du tot!“, knurrte ich. Wollte er mich denn mit

seiner Aktion reizen? Oder einfach nur scharf auf ihn machen?

„Das ist mir auch egal! Ihr habt es mir doch erlaubt. Ich darf mit euch schlafen!

Und das will ich jetzt auch!“
 

Hatte er einen verdammten Knall. Ich könnte dabei genauso draufgehen, wenn uns

jemand erwischte. Das wollte ich ganz sicher nicht!

„Lass mich ... los!“

Irgendwie versuchte ich mich loszureißen. Wieso war er plötzlich so stark? Oder

war ich nur einfach zu schwach? Es fühlte sich so erniedrigend an, wenn er mich

so festhielt. Gerade da er nur ein Werwolf war. So eine niedrige Kreatur. Ohne

Rechte. Ich hätte ihn doch gestern gleich töten sollen. Dann würde ich jetzt

nicht in dieser Lage sein.
 

„Ich will nicht. Euer ... nein, dein Körper ist so schön. Seit heute Morgen weiß

ich das!“

Was redete er da überhaupt? Das sollte doch gerade kein Kompliment an meinen

Körper sein?
 

„Hör auf mit dem Mist!“

Ich versuchte mich wieder aus seinem Griff zu befreien. Doch erneut kam ich

nicht weit. Er war doch wirklich stärker als ich. Wie konnte denn ein Werwolf in

seiner menschlichen Form stärker sein als ein Vampir? Ich war doch so ein

verdammter Loser.
 

„Wieso willst du denn von mir weg? Ich will doch nur das mit dir machen, was du

von mir willst, dass ich tue!“

Das stimmte doch auch, aber nicht jetzt und nicht so.

„Lass mich trotzdem los“, flehte ich. Ich flehte ihn wirklich an. Wie erniedrigend.

Und das bei einem Straßenköter, wie ihm.
 

Er lockerte langsam den Griff um mich. Wanderte aber nur mit den Händen bis zu

meiner Hüfte hinunter. Hielt dort Inne. Ich schluckte, als er mich leicht

anschob.
 

Mit dem Fuß schließlich der Tür einen Stoß gab, die mit einem Knall ins Schloss

viel. Ich hatte mich derweilen aufs Bett gesetzt. Sah ihn mit kritischen Blick an.

„Was glaubst du was passiert wäre, wenn uns jemand da draußen gesehen hätte?“,

zischte ich. Er richtete seinen Blick auf seine Füße. „Einer von uns beiden wäre

auf alle Fälle tot.“ Hatte ich ihn eingeschüchtert? „Genau, also wage es nochmal

mich außerhalb dieses Raumes so anzufassen und du bist einen Kopf kürzer!“
 

Er sah langsam wieder auf. Irgendetwas glitzerte seltsam in seinen Augen. Bevor

er zu schluchzen anfing. Verdammt! Ich hatte ihn doch wirklich zum Heulen

gebracht. Mein kleines Hündchen weinte.
 

Nervös blickte ich mich um. Wie man jemanden tröstete war mir schon immer ein

Rätsel. Gerade wo ich meistens der Grund dafür war, wieso überhaupt jemand

Tränen vergoss. Wie gerade jetzt.

Das erste Mal und doch ohne Liebe

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Ein Lauf durch den Wald

Lost Angel
 

Kapitel 6 – Ein Lauf durch den Wald
 

Jemil’s PoV
 

So hart wollte ich eigentlich nicht klingen, doch ich empfand wirklich nichts

für ihn. Nicht einmal ein Gefühl, das auch nur im Ansatz so etwas wie

Freundschaft hätte hervorbringen könnte. Ich brauchte nur etwas, das meine Lust

stillen konnte. Und da war er mir eben gerade recht. Als entlaufener und wieder

gefangener Werwolf vermisste ihn auch niemand. Keiner würde sich um ihn sorgen,

wenn er plötzlich irgendwo tot liegen würde. Selbst ich war manchen mehr wert.
 

Ich hörte ihn plötzlich wieder schluchzen. War da etwa bei ihm irgendein Gefühl

für mich? Mochte er mich? Empfand er etwas? Aber ich durfte ihn doch nicht lieben.

Konnte es nicht einmal. Egal wie angenehm sich das gerade angefühlt hatte. Es

war doch nur Sex. Eben mit einer Missgeburt von Werwolf. Auch wenn er nichts dafür

konnte. Er war eben so geboren worden. Und trotzdem fand ich, dass er schön war.

Er wirkte nicht wie eine Bestie, die Menschen wie Vampire in der Luft zerriss und

sich an ihnen voll fraß. Vielleicht gehörte er auch zu denen, die gar nicht töten

konnten. So wie ich. Sonst würde ich auch nicht das Blut aus Blutkonserven trinken.
 

Und dennoch war er ganz anders als ich. Er war viel fürsorglicher. Sogar in den

Arm nehmen wollte er mich. Und ich hatte ihn nur weggestoßen. Dabei wollte er wohl

nur etwas Nähe von mir. Und genau die wollte ich nicht. Ich mochte es einfach

nicht, wenn mich jemand einfach so berührte.
 

Wieder schluchzte er. Ich ertrug es nicht. Wie konnte man nur so traurig klingen.

Obwohl er doch so eine schöne Stimme hatte. „Jemil“, wimmerte er. Es klang

irgendwie süß. Genauso wie er. Nur deswegen hatte ich ihn überhaupt mit zu mir

genommen. Weil er süß war. Sein Körper hatte mich fast magisch angezogen. Doch

jetzt widerte er mich nur noch an.
 

„Jemil.“ Wieder dieses ... Wort. Nur lauter. Ich presste die Augen zusammen. Er

rief nach mir und ich reagierte darauf nicht einmal. Wie ich es immer machte. Nur

weil ich keine Verantwortung übernehmen wollte. Und das tat ich wieder nicht. Ich

spürte es doch. Dieses Gefühl in meiner Magengegend, dass sich langsam nach oben

kämpfte. Nur wahrhaben wollte ich es nicht. Ich durfte es nicht einmal für ihn

empfinden.
 

Er winselte. Wieso machte er das nur? Wollte er mich unbedingt dazu treiben, dass

ich ihn in den Arm nahm? Oder zumindest mich für seine Gefühle interessierte?

Wenn nicht gerade so ein Chaos in mir herrschen würde, dann könnte ich das

vielleicht.
 

Ich wanderte mit meiner Hand nach hinten, bis ich seine Hüfte spürte. Leicht

darüber streichelte. „Beruhige dich wieder“, flüsterte ich. Er kroch aber nur zu

mir. Schloss die Arme wieder um mich. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu

befreien. Doch irgendetwas hinderte mich daran, mich richtig zu wehren.
 

Ich versuchte es zu genießen, dass er mich umarmte. Auf eine Art und Weiße war es

sogar schön, dass mich jemand so anfasste. Ich fühlte mich wohl bei ihm. Es war

angenehm. Genüsslich kuschelte ich mich an ihn. Wie gut es sich doch anfühlte.
 

Ich spürte seine Finger an meiner Taille. Wie er darüber strich. Mein Atem begann

wieder zu rasen. Mir wurde heiß und kalt. Gleichzeitig. Meine Haut glühte wieder.

Es wirkte aber nicht so, als ob er das wollte.
 

Zärtlich küsste er meinen Hals. Schmiegte sich an mich. „Darf ich dich jetzt so

fest halten?“, fragte er. Wollte mich aber scheinbar gar nicht mehr loslassen.

Ich nickte langsam. Drehte mich langsam zu ihm um und drückte meinen Kopf gegen

seine Brust. „Du bist schön warm“, flüsterte ich.
 

Irgendetwas jagte mir nur plötzlich Angst ein. Sein Herz pochte so schnell. „Was

ist denn?“, fragte ich. Sah zu ihm auf. „Nichts, es ist nur … irgendwie seltsam

… wenn du dich so an mich kuschelst.“ Es war mir gar nicht aufgefallen. Aber ich

lag wirklich ganz eng an ihm. Und es störte mich eigentlich gar nicht. Es gefiel

mir wirklich.
 

Jesko betete seinen Kopf an meine Brust. Dabei wollte ich das jetzt gerade bei

ihm machen. Ich wollte es mir bequem machen. An ihm. Vorsichtig schob ich ihn

etwas weg. Um für mich Platz zu machen.
 

„Empfindest du wirklich nichts für mich?“, wollte Jesko wissen. Es war so viel

Traurigkeit in seiner Stimme. Und eigentlich wollte ich es gar nicht hören. Denn

‚Nein’ war leider die richtige Antwort. Ich spürte überhaupt nichts. Nichts für

ihn. Es war mir einfach nicht möglich jemanden zu lieben. Und erst recht wohl

nicht ihn. Er würde immer ein Werwolf bleiben und ich ein verfluchter Vampir. Es

war doch gar nicht erlaubt.
 

Das einzige was ich ihn seiner Nähe spürte war, das ich verdammt noch mal mit ihm

ficken wollte. Sonst nichts. Nur dieses Gefühl der Lust. Es war das einzige was

ich überhaupt empfinden konnte.
 

Ich musste wohl gar nichts sagen. Er wusste auch so, was ich antworten würde.

„Dann muss es wohl so sein.“ Er drückte mich noch etwas enger an sich. Ließ mich

jeden Zentimeter seiner Haut spüren. Was das für ein seltsames Gefühl war. Ich

konnte jede Pulsierung seiner Adern empfinden.
 

Leicht öffnete ich den Mund. Hauchte an seinen Hals. Seine Schlagader dort zog

mich fast magisch an. Wenn es ihn doch nur nicht umbringen könnte, wenn ich zu

biss, dann könnte ich es einmal tun.
 

„Beiß!“ Sollte das ein Befehl sein? „Wie kommst du darauf, dass ich das tun will?“,

fragte ich. Obwohl ich es wirklich wollte. „Es kommt mir einfach nur so vor,

also tue es doch einfach!“ Er legte den Kopf leicht in den Nacken. Hielt mir

seine Kehle direkt vor die Zähne. „Ich will aber nicht!“, knurrte ich. Wollte

mich schon wieder von ihm wegdrehen. Doch er hielt mich fest. „Dann wende dich

zumindest nicht wieder von mir ab!“
 

Zärtlich wanderte er wieder mit den Fingern über meine Haut. Erkundete fast

jeden Millimeter damit. Selbst meinen Schritt ließ er nicht aus. Knetete leicht

mein Glied. Nur machte es mich gerade nicht an. Ich war zu müde. Hatte keinen

Bock darauf. Schließlich drückte ich seine Hände weg. „Lass mich schlafen!“ Ich kuschelte mich an ihn. Versuchte wirklich einzuschlafen. Aber obwohl ich müde war,

konnte ich nicht. Irgendetwas hielt mich davon ab.
 

„Wolltest du nicht etwas in süße Träume versinken?“, flüsterte Jesko mir ins Ohr.

Er merkte es wohl. „Wenn du mich hier halb erdrückst, geht das wohl nicht.“ Es

tat nicht weh und war eigentlich ganz angenehm. Aber irgendetwas musste ich

sagen. Sonst würde er wohl weiter quatschen. Und dennoch tat er es einfach. „Ich

dachte nur, du magst das.“ Leicht hob er eine Augenbraue. Massierte sanft meinen

Rücken mit kreisenden Bewegungen.
 

Einen Moment überlegte ich. Hob schließlich meine Arm zu seinem Ohr. Kraulte ihn

dahinter. Wie schnell er plötzlich die Finger von mir ließ. Sich auf den Bauch

legte. Nur noch den Kopf leicht an meine Brust drückte. „Das fühlt sich gut an!“,

summte er zufrieden. Ein richtiger Hund. Mein kleines Haustier. Genau das war er.
 

Ich setze mich auf. Die Müdigkeit hatte auf einmal jedes meiner Glieder verlassen.

„Hast du Hunger?“, fragte ich. Er nickte langsam. „Aber bevor du etwas holst,

kraulst du mich erst noch ein bisschen.“ Ein Grinsen huschte über meine Lippen.

„Wo denn?“, fragte ich immer noch leicht grinsend. Suchte aber mit meinen Händen

schon seine unteren Regionen ab. Begann leicht seinen Schritt zu kneten. „Nicht

da!“, wimmerte er.
 

Ich beugte mich über ihn. „Das hat dir aber vor ein paar Minuten noch ganz gut

gefallen.“ Er drehte sich leicht zu mir. Sah mich verschlafen an. „Kannst du mir

nicht doch erst etwas zum Essen holen?“ Ich kicherte leicht bei seinen Worten.

„Du willst wohl nicht mehr spielen?“ Langsam nickte er. „Es macht eine so fertig“,

flüsterte er noch, bevor ich aufstand. „Bist wohl ein ganz Verschlafener.“
 

Ich stand langsam auf. Sammelte meine Kleider auf dem Boden zusammen und zog sie

an. Wendete mich, als ich schon auf dem Weg zur Tür war, noch einmal zu ihm um.

„Du wolltest gerade auch schlafen!“, meinte er da. „Na und, jetzt bin ich wohl

hell wach!“ Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Darf ich dann denn nicht

trotzdem müde sein. Das was du so einfach als ‚Spiel’ bezeichnest, ist nicht

gerade etwas, nachdem man nicht erschöpft ist“, seufzte er. Etwas erinnerte mich

sein Blick an die Nacht, als ich ihn gefangen hatte. Da hatte er den gleichen. Nur

war er da an seiner Situation selbst schuld. Er war weggelaufen und ich hatte ihm

nur wieder Manieren beigebracht. Er durfte nicht fliehen und jetzt erst recht

nicht mehr. Er gehörte mir. Sein Körper gehörte mir. Jedes einzelne Haar. Jeder

Zentimeter seiner Haut. Jeder Atemzug den er tat. Einfach alles.
 

Ich wendete mich wieder zum Gehen um. „Du weißt, dass du nicht weglaufen darfst?“,

fragte ich. Drehte mich nicht mehr um. Drückte nur die Klinke der Tür hinunter

und wartete noch einen Moment auf eine Antwort. Doch es kam keine. Noch ein

letztes Mal drehte ich mich zu ihm. Beinahe wäre mir ein lang gezogenes ‚Süß’

entfahren.
 

Er lag wieder flach auf dem Bett. Das Gesicht im Kissen vergraben und schlief.

Ganz friedlich. Wie ich es eben immer wieder gerne erwähnte, er war ein Hund.

Eigentlich ein Werwolf. Aber er wirkte eben eher wie die Haustierversion eines

Wolfes. Also ein Hund. Ein Schosshündchen, wie es im Buche stand. Zumindest

erinnerte seine Körperhaltung gerade schwer daran. Wie gerne hätte ich ihn jetzt,

wie ein kleines Kind gestreichelt. Ihm immer wieder über den Kopf gefahren.

Seine weiches Haar gespürt. Aber ich wollte ihm doch seine Belohnung holen. Sei

Futter. Eben das was ich ihm versprochen hatte. Das was er bekommen sollte, wenn

er mit mir spielte.
 

Dabei hatte er doch recht gehabt. Für ein Spiel war es viel zu anstrengend. Und

dennoch war es für mich nicht mehr, als ein entspannender Lauf durch den Wald,

an dessen Ende man noch eine schönen gemütlichen Sprint hinlegte, nur um dann

trotzdem noch erschöpft auf dem Boden zusammen sacken konnte und wusste, dass

man etwas geschafft hatte. Das war wohl wirklich der beste Vergleich, für das,

was wir taten.
 

Aber jetzt hatte ich ihn fürs Erste genug angeschwärmt. Ich wollte ihn doch

belohnen für seine nette Tat. Zwar nicht so ganz freiwillig, aber gefallen hatte

es ihm trotzdem. Irgendwie hatte er sogar gewirkt, als hätte er das Gefühl eines

Orgasmus noch nie erlebt. Wäre aber auch nicht ungewöhnlich, wie selten hatte

ich es auch schon bis jetzt gehört, dass unsere Werwölfe miteinander schliefen.

Und dann auch nur einzelne. Die jüngeren – zu denen er unweigerlich gehörte –

schon gar nicht.
 

Wie armselig diese Kreaturen doch eigentlich waren. Sie durften nie tun was sie

wollten und wirklich leben sowieso nicht. Sonst würde er wohl ganz anders auf

meine zarten Berührungen reagieren. Viel wilder. Er blieb fast ruhig dabei.

Obwohl er doch – wie es mein Vater immer ausdrückte – eine wilde Bestie war.

Genauso wie alle anderen seiner Rasse. Für uns waren sie nichts anderes, als

Tiere.
 

Ich seufzte. Verließ schlussendlich den Raum. Er brauchte etwas um sich zu stärken.

Hoffentlich trieb ich etwas anständige für ihn auf. Er würde es brauchen. Immerhin

war er verdammt ausgepowert.

Behalt es für dich!

Lost Angel
 

Kapitel 7 – Behalt es für dich!
 

Jesko’s PoV
 

Mein ganzer Körper pulsierte. Ich spürte jede Berührung von ihm immer noch. Jede

Stelle glühte. Brannte regelrecht. Mein Atem war schon lange wieder in eine

normale Geschwindigkeit übergegangen und dennoch gingen mir diese paar Minuten

zwischen dem, als er auf meinem Schoss gesessen hatte, und jetzt nicht mehr aus

dem Kopf. Was waren das eigentlich alles für Gefühlsexplosionen in mir gewesen?

Und vor allem dieses eine. Dieses letzte. Bevor er auf mich gesackt war. Was war

das? Es hatte sich angefühlt, als ob mein Körper platzen wollte. Wenn ich ihn

fragen würde, dann wäre wohl das einzige was ich bekommen würde, ein Lachen. Er

fände das sicherlich lustig. Meine Dummheit manchmal war aber auch wirklich

gigantisch. Also würde ich lieber ruhig sein.
 

Ich drehte mich auf die Seite. Rollte auf irgendetwas Klebriges. Sofort wich ich

ein Stück davon weg. Fuhr aber neugierig, wie ich war, mit einem Finger darüber.

Leckte ihn ab. Es hatte keinen richtigen Geschmack, war aber trotzdem irgendwie

gut. Ich rutschte unter die Decke um es ganz wegzulecken. Vielleicht würde er

mich loben, wenn ich sein Bett etwas sauber gemacht hatte.
 

Als ich mit der einen Stelle fertig war suchte ich auch den Rest des Lakens nach

solchem seltsamen Zeug ab. Aber es gab nichts mehr. Kein Fleck war mehr verklebt.

Irgendetwas sagte mir aber, dass sich Jemil freuen würde, auch wenn ich nicht

viel gemacht hatte.
 

Etwas unbeholfen rekelte ich mich auf dem Bett. Schob die Decke von meinem

Körper. Ich schlotterte leicht. Immerhin war ich noch völlig nackt. Wenn jetzt

jemand falsches in den Raum gekommen wäre, dann hätte das schlimm für mich enden

können. Ich rollte mich auf die Seite. Machte mich zu einer möglichst kleinen

Kugel.
 

Wie gerne hätte ich ihn jetzt noch in meinen Armen und würde das noch einmal mit

ihm machen. Es hatte ihm gefallen. Auch wenn er danach irgendwie eingeschnappt

war und mich nicht mehr haben wollte.
 

Ich verkroch mich wieder unter der Decke. Wuselte darunter noch etwas übers

Bett. Mir war langweilig. Die ganzen letzten Tage hatte ich mich nicht mehr

richtig bewegt. Ich brauchte etwas Auslauf. Musste nach draußen an die frische

Luft. In diesem stickigen Gemäuer hatte ich mich noch nie lange wohl gefühlt.
 

Ich hörte wie die Tür aufging. Legte mich schlagartig wieder flach aufs Bett.

Mein Instinkt sagte mir, dass das nicht Jemil war. Ich spürte auch, dass sich

dieser jemand gerade aufs Bett setze. „Komm unter der Decke hervor! Ich muss mit

dir reden, Jemil!“ Ich kannte die Stimme. Hatte sie nur noch nicht oft gehört.

Jemil nannte ihn immer Devin. Er war eine Vampir von der Sorte ‚Killen oder

gekillt werden’. Wirklich große Lust zu seinen Opfern zu gehören hatte ich

nicht. Aber was sollte ich denn jetzt machen? Irgendwann würde er unweigerlich

die Decke wegziehen und dann würde ich Pech haben. Zwar hatte ich jetzt gelernt,

dass nicht alle Vampire miese Drecksäcke waren, aber ich konnte mir kaum

vorstellen, dass Devin zu der netten Sorte von Blutsaugern gehören würde, wenn

er sah, dass nicht sein Kumpel hier lag, sondern ein Werwolf. Und dann auch noch

einer, auf den nicht einmal mehr ‚leicht bekleidet’ zutraf.
 

Das Geräusch, dass die Tür erneut geöffnet wurde, ließ mich aufatmen. „Was machst

du denn hier?“, hörte ich Jemil fragen. Ganz plötzlich spürte ich eine Hand über

mir auf der Decke. Ich zuckte zusammen. „Wenn du hier bist, wer ist dann das?“
 

Etwas fiel aufs Bett. Vom Gewicht her hätte ich sofort gesagt, dass es mein

Lieblingsblutsauger war. „Kannst du ein Geheimnis für dich behalten und würdest

mich dafür auch nicht umbringen?“, fragte er. „Hängt davon ab, was es ist“,

bekam er nur zur Antwort. Der Blonde seufzte. So viel hörte ich. Er würde mich

doch nicht verraten.
 

„Jesko! Komm raus!“ Meine Augen weiteten sich. Kroch aber dennoch schwerfällig

unter der Seite der Decke hervor in deren Nähe Jemil war. Nur um mich sofort

wieder hinter ihm zu verkriechen. „Ein Werwolf.“ Der Schock war deutlich in Devins

Stimme zu hören. „Ganz genau.“ Liebevoll legte Jemil den Arm um mich. Ich kuschelte

mich gleich noch enger an ihn.
 

„Ist der so etwas, wie dein neues Haustier?“ Der andere Vampir zog eine Augenbraue

hoch. Musterte mich ungläubig. „Doch.“ Zärtlich streichelte Jemil mir über den

Kopf, den ich auf seinen Schoss gelegt hatte. Ich versuchte darauf zu achten,

dass der untere Teil von mir immer noch unter der Decke verborgen blieb. Devin

musste nicht gleich merken, dass ich überhaupt nichts an hatte.
 

„Hat das dein Vater erlaubt?“, fragte Devin. Ich sah zu Jemil auf. „Nein, er

weiß

nicht einmal etwas davon“, erwiderte der Blonde schließlich. Begann gerade mich

hinter dem Ohr zu kraulen. Das war das, was ich am liebsten hatte. Ich schmiegte

mich an ihn. Spürte wieder, wie er atmete. Es war so ein angenehmes Gefühl.
 

„Bist du denn ganz krank? Er bringt dich um, wenn er das erfährt!“ Ich schluckte

bei Devin Worten. Wegen mir könnte mein Meister umkommen. „Na und? Ich verhätschle

ihn doch nicht. Er ist nur für eins gut!“ Immer noch kraulte er mich. Nur drückte

er plötzlich zu fest zu. Es fing an wehzutun. Dennoch gab ich keinen Ton von mir.
 

„Du hast doch nicht mit ihm geschlafen?“, fragte der Rothaarige geschockt. Jemil

sah von mir zu ihm auf. „Doch.“ Er sagte es fast so, als wäre gar nichts dabei.

„Himmel, bist du irre? Du hast mit einem Werwolf gefickt! Du weißt, was dein

Vater deswegen tun könnte!“
 

Jemil wendete den Blick wieder zu mir. Ich drückte meinen Kopf immer enger an

ihn. „Das ist mir egal!“ Es lag so viel Gleichgültigkeit in seiner Stimme.

Interessierte ihn den sein Leben wirklich so wenig. „Meister“, murmelte ich.

Reckte mich zu ihm hoch. Nur um in sein Shirt zu beißen. Ihn leicht herunter zu

ziehen.
 

„Äh, Jemil, hat er dich gerade ‚Meister’ genannt?“, fragte plötzlich Devin völlig

verwirrt. Angesprochener drehte sich zu ihm, nachdem er meine Zähne wieder von

seinem Oberteil losbekommen hatte. „Ja. Wieso fragst du?“ Was so besonders daran

war verstand wohl weder ich noch Jemil wirklich.
 

„Ich bring diese Drecksköter…“ „Sag nicht so etwas vor ihm!“, mischte sich Jemil

kurz ein und nickte zu mir. „Ok, ich bring diese … Werwölfe nicht einmal dazu,

dass sie mich siezen und zu dir sagt einer sogar ‚Meister’. Wie hast du das

gemacht?“ Ich blickte verwirrt zu Jemil auf. Verstand gar nicht, wieso das für

Devin so ungewöhnlich war.
 

„Ähm, na ja, er hat einfach damit angefangen.“ Zärtlich strich mir Jemil übers

Haar. Ich konnte mich so irgendwie entspannen. Rekelte mich leicht um es mir

bequemer zu machen.
 

„Ok … Ähm.“ Scheinbar überlegte Devin. Er wusste wohl gar nicht mehr, wieso er

überhaupt hier war. „Sie wollten mit meinen Meister reden“, half ich ihm

schließlich auf die Sprünge. Irgendwie versuchte ich einfach nett zu sein. „Äh,

danke“, er wendete sich Jemil zu, „weißt du, dass dein Vater dich mit Mila

verloben will?“ Ich spürte regelrecht, wie mein Meister zusammen zuckte. „Er

will was?“, entfuhr es ihm. Ihm entglitten regelrecht die Gesichtszüge. „Er will

dich…“ Jemil schnitt ihm das Wort ab. „Das hab ich verstanden!“, knurrte der

Blonde. Stand plötzlich auf. Ich rutschte von ihm herunter auf den Boden. Nur

noch meine Beine wurden jetzt noch von der Decke bedeckt. Selbst ein Blinder

hätte wohl erkannt, dass ich splitterfasernackt war.
 

„Äh, Jemil, dein Wölfchen hat nichts an.“ Ich spürte Devin Blickte auf meinem

nackten Körper fast schon. Sah Hilfe suchend zu Jemil auf. Der drehte sich aber

nur kurz zu mir um. Und dann hafteten seine Augen nicht einmal an meinem

Gesicht. Sein Hauptaugenmerk lag momentan eher höher. Bei dem Anblick meines

Arsches musste er ganz leicht sabbern. Das meinte ich ganz deutlich zu sehen.
 

„Ist er zumindest gut gebaut?“ Devin war neben mich gerutscht. Fasste mir ohne

zu fragen an den Schritt. Ich wimmerte. Versuchte weg zu kommen. Durch ein

Knurrgeräusch fuhr sogar der Rothaarige zusammen. „Such dir deinen eigenen

Wolf!“, fauchte Jemil und gab ihn einen Stoß. Kniete sich vor mich um mir hoch

zu helfen. Dankend leckte ich ihm über die Wange. Schmiegte mich kurz an ihn,

bevor ich mich wieder unter der Decke verkroch.
 

Wartend blickte ich zwischen den beiden Vampiren hin und her. Bis zumindest Devin

endlich wieder eine Reaktion zeigte. „Du fickst mit einem Werwolf und wirst

nebenbei von deinem Vater mit Mila verlobt. Ich weiß nicht ganz, ob das jetzt

insgesamt gut oder schlecht ist.“ „Jesko ist gut!“ Ich fuhr zusammen, als sich

Jemil an mich lehnte. Wendete irritiert meinen Blick zu ihm.
 

„Äh, habt ihr beiden heute noch irgendwas vor, weswegen ich gehen müsste. „Ich

denke nicht.“ Jemil klang erschöpft. Was war denn mit ihm los? Er wollte doch

nichts von mir. Oder wollte er mich damit einfach etwas glücklich machen?
 

Zaghaft legte ich den Arm um ihn. Sah dann leicht zu Devin auf, der mich nur

wieder irritiert musterte. „Euch geht es aber auch gut“, meinte er mit hochgezogener

Augenbraue. Ich seufzte. Nickte schließlich langsam. Ich fühlte mich so wohl, wenn

Jemil in meiner Nähe war.
 

„Dann lass ich euch mal lieber alleine, bevor es wieder ab geht.“ Devin stand

auf. Gab dabei ein seltsames Kichern von sich. Gemütlich ging er zur Tür, hielt

dort aber noch einmal kurz Inne. „Ich werde weder deinem Vater noch

irgendjemanden anderen von ihm erzählen, aber dann solltest du auch aufpassen,

dass ihn niemand erwischt.“ Jemil blickte zu seinem Kumpel auf. Ein leichtes

Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht ab. „Danke.“ Eigentlich wollte ich mich

auch noch bedanken, da war der rothaarige Vampir aber schon wieder weg.
 

„Wir könnten doch noch mal“, meinte plötzlich Jemil. Ich fuhr zusammen. Blickte

geschockt zu ihm. Es wäre eigentlich schon schön, aber ich hatte doch solchen

Hunger. Was mein Magen auch gleich überdeutlich preisgab. Mit einem Knurren.
 

Ich zog die Beine an den Körper. Sah mich verlegen um. „Willst du was zum

Essen?“, fragte der Blonde. Fuhr mit leicht durchs Haar, bevor er aufstand und

etwas vom Boden aufhob. Es war ihm wohl hinuntergefallen, als er ins Zimmer

gekommen war und Devin gesehen hatte. „Ich hab sogar etwas Wurst besorgt“,

meinte er. Ich leckte mir über die Lippen. Strahlte vor Freude.
 

Völlig desinteressiert hielt mir der Blonde etwas zum Essen hin. Zwar wieder nur

irgendeine Semmel mit irgendetwas drauf, aber bei meinem Hunger war mir das

wirklich egal. Solang ich etwas in den Magen bekam.
 

Kaum hatte ich es hinuntergeschlungen wartete ich schon auf mehr. Blickte ihn

mit großen Augen an. „Du bist so verfressen“, bekam ich aber statt etwas mehr

zum Essen. „Ich hab nur Hunger!“ Schmollend drehte ich mich weg. Sah aus dem

Fenster. Es war noch hell und dennoch viel kaum Licht in den Raum. Nicht einmal

annähernd bis zum Bett. Fast so, als würde dieser Raum die Helligkeit gerade zu

abwehren.
 

„Du solltest dich mal wieder anziehen oder wartest du noch auf irgendetwas?“ Von

hinten schmiegte sich Jemil an mich. Strich mir über die Brust. Ich seufzte.

Rutschte ein Stück zurück um mich auch etwas an ihn zu drücken. Da spürte ich

aber schon mein Shirt im Gesicht. „Anziehen!“, befahl er und ich tat es. Kurzer

Hand warf der junge Vampir mir auch meine Shorts und meine Hose zu. Gefügig

streifte ich mir auch das wieder über. Es war mir sowieso etwas kalt geworden.
 

„Was machen wir heute?“, fragte ich. Vielleicht durfte ich etwas nach draußen.

Ich brauchte wirklich dringend frische Luft. Meine Lungen wurden von dieser

stickigen Luft nur gequält. Ich fühlte mich deswegen schon ganz komisch.
 

„Wir wäre es mit einem kleinen Spaziergang.“ Jemil streckte sich, als er das

sagte. Ich hingegen strahlte. Das war einmal ein guter Vorschlag. Freudig sprang

ich auf. Wippte auf den Fußballen leicht auf und ab.
 

„Die Idee findest du wohl gut.“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Ja“, jubelte ich.

Hüpfte vor ihm hin und her. „Dann sollten wir wohl gleich gehen!“ Er nahm meine

Hand. Lächelte kurz und zog mich dann einfach hinter sich her aus dem Zimmer.

Im Freien ist es doch am Schönsten

Erst einmal beantworte ich zur Feier des 20. Kommentars mal meine Fan-Post. ^^
 

@AngelHB: Freut mich sehr, dass dir die FF gefällt. Die ENS hast du schon

bekommen. ^^
 

@YuMorino: Deine Kommis sind mit die Besten. -freu- Das baut alles

richtig auf. ^^ Hoffe du schreibst so fleißig weiter.
 

@glitzerrubin: Genauso wird sich die FF wohl ... wirklich nicht

entwickeln, aber vielleicht bring ich irgendwie was ähnliches unter. ^^

Na ja, wieso 'Lost Angel' ... das kann ich jetzt noch nicht ausplaudern. >.< Das

kommt schon noch.
 

@ReinaDoreen: Ich mag deine Kommis wirklich. Du machst dir über die FF

richtig gedanken. Das mag ich. ^^ Hoffentlich hörst du nicht auf mit dem Kommi-

Schreiben.
 

@Flippi: Schön, dass es dir gefallen hat. -verbeug-
 

@Kaya17: Zwar ein kurzes Kommi, aber gefreud hab ich mich trotzdem.
 

@Anderswelt: WerwolfXVampir wollte ich schon immer mal schreiben. xD Und

damit hat es endlich geklappt.
 

@yuki15: Mila ist die 'nervige' Vampirin aus dem 4. Kapitel. Die kann man

schon mal vergessen. ^^

Aber dennoch schön, wenn es dir gefällt. ^^
 

So, und jetzt noch viel Spaß mit dem Kapitel. ^^
 

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Lost Angel
 

Kapitel 8 – Im Freien ist es doch am Schönsten
 

Jemil’s PoV
 

Tief sog Jesko die frische Luft in sich auf. Ich konnte mich nur unter dem

schmalen Dach verkriechen, wo noch Schatten war. Zwar ging die Sonne schon am

Horizont unter, aber es war für mich noch immer zu hell. Ich konnte nur warten,

bis es endlich wirklich dunkel wurde. Während ich dabei zusah, wie sich der

junge Werwolf im Gras wälzte. Es gefiel mir, dass er sich freute. War dadurch

auch irgendwie glücklich. Obwohl ich das schon lange nicht mehr richtig war.
 

„Hey, Jemil, was machst du schon hier draußen?“ Ich wirbelte herum. Vor mir

stand Mila, die auch versuchte noch etwas im Schatten des Hauses zu bleiben.

Lächelte zaghaft. „Es ist doch noch viel zu hell! Du wirst dich umbringen.“ Ohne

ihr wirklich zuzuhören drehte ich mich wieder um. „Er wird schon aufpassen“,

erwiderte ich. Sah Jesko dabei zu, wie er gerade einen Schmetterling jagte.

„Denn erwischt du nicht!“, rief ich ihm zu. Er wendete sich grinsend zu mir.

„Das schaff ich noch!“ Wie ein kleines Kind stürzte er sich wieder auf das Insekt.

Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Er war zu niedlich, wie er so über

den Rasen sprang. Hinter diesem Schmetterling her.
 

„Was ist das für ein Werwolf?“, fragte mich Mila. Ich seufzte. „Der, der letztens

weggelaufen ist.“ Die Augen der Vampirin weiteten sich. „Das ist er? Der ist …

süß!“ Genau in diesem Moment sprang Jesko wieder auf den armen Falter. Verfehlte

ihn aber natürlich wieder ganz knapp und landete auf der Nase. „Mist!“, rief er.

Spuckte das Gras aus, das er in den Mund bekommen hatte. Ich lachte. Himmel, er

war wirklich zu putzig.
 

Ich verschränkte die Arme. Lehnte mich an die Hausmauer. Immer noch grinsend.

„Das ist er.“ Langsam wanderte mein Blick zum Horizont. Nur noch ein Spalt war

von der Sonne zu sehen. Da durchfuhr plötzlich ein Pfiff die Stille. Jesko zuckte

zusammen. Rollte sich auf einmal auf dem Boden zusammen. Schlotterte. „Sammelt

diesen Mistköter vom Rasen auf!“ Ich kniff die Augen zusammen. Verflucht. Musste

er denn gerade jetzt aufkreuzen? Ein paar Minuten später und ich wäre ohnehin

mit Jesko weg.
 

„Komm her!“, rief ich Jesko zu, der sprang sofort auf und lief zu mir. Gerade in

diesem Augenblick verschwand der letzte Sonnenstrahl. Eigentlich hätten wir

jetzt eine Runde über das Gelände drehen könne. Aber erst einmal musste ich

sehen, wo hin er wollte.
 

„Jemil, du Nichtsnutz! Sammle dein dreckiges Haustier wieder ein!“, knurrte mein

Vater, der gerade aus dem Haus gekommen war. Tat er nach Sonnenuntergang immer.

Ich wendete mich zu ihm. Senkte leicht den Kopf. „Natürlich, … Vater.“ Natürlich

konnte er mich nicht ausstehen. Ich war nur die dreckige Missgeburt, die aus

seiner Affäre mit einer Menschenfrau entstanden war. Wieso sollte er mich schon

nett ansprechen?
 

Jesko sah mich mit großen Augen an. „Komm, Köter!“, fuhr ich ihn an und zog ihn

hinter mir her. Er jaulte leicht auf. Ließ sich aber dennoch gefügig mitschleifen.

Viel zu gut gehorchte er. Sollte er sich doch nur einmal wehren.
 

Erst als wir am Waldrand angekommen waren, ließ ich ihn wieder los. Sackte

selbst auf den Boden. Er blieb vor mir stehen. Rührte sich kein Stück, als ob er

darauf warten würde, dass ich es ihm erlaube, dass er sich setzten durfte.

Irgendwann musste ich ihm einmal erklären, dass er tun und lassen konnte was er

wollte, wenn wir alleine waren. Aber nicht jetzt. Ich war nicht in der Stimmung.
 

Ich seufzte. Blickte langsam zu ihm auf. Der Blick, den er aufgelegt hatte,

jagte mir einen Schauer über den Rücken. „Was ist denn?“, fragte ich. „Du hast

mich 'Köter' genannt“, gab er kaum hörbar als Antwort. Mir meiner Schuld bewusst

drehte ich den Kopf weg. „Tut mir leid! Es war nur wegen meinem Vater!“ Eine

wirklich schlechte Ausrede, aber so war es. Ich konnte ihn nicht beim Namen

nennen, wenn er in der Nähe war.
 

Ich spürte, wie er auf mich herab sah. Traute mich langsam wieder aufzusehen.

Dieser schauderhafte Gesichtsausdruck war einem fast schon traurigen gewichen.

Leise schluckte ich. Das ihn dieses eine Wort so fertig machen würde. Was war

denn da nur, was er für mich hegte? Zumindest mehr, als in einer gewöhnlichen

Herr-Diener-Beziehung.
 

Einen Moment überlegte ich. Streckte dann die Arme von meinem Körper. Legte den

Kopf in den Nacken um ihm meine Kehle zu präsentieren. „Mach mit mir, was du

willst!“, flüsterte ich. Hätte eigentlich schon das Schlimmste erwarten können.
 

Mein Atem begann schlagartig zu rasen. Er könnte das immerhin Wort wörtlich

nehmen und mich am Ende noch in der Luft zerreißen. Doch es passierte nicht

einmal etwas Vergleichbares.
 

Er hockte sich vor mich. Legte mir eine Hand in den Nacken. Die andere zwischen

meine Beine. Küsste meinen Hals. Ich wagte es nicht mich zu wehren. Er durfte

mit mir ohnehin machen was er wollte. Also würde ich jetzt alles über mich

ergehen lassen. Ließ jede Berührung zu.
 

Langsam zog er mich aus, bis auf die Shorts. Nur die ließ er mir noch am Leib.

Er setzte sich auf mich. Begann meine Brustwarzen zu verwöhnen. Leise stöhnte

ich schon immer wieder. Empfand seine Zunge auf meiner nackten Haut als verdammt

angenehm.
 

„Kommt nicht mehr?“, fragte ich schon fast enttäuscht, als er von mir abließ. Er

blickte mich an. Fast so, als ob er nur überlegen würde, was er machen sollte.

„Ich kann das doch eigentlich gar nicht“, flüsterte er schließlich. Ich grinste

leicht. „Soll ich dir zeigen, wie es richtig geht?“ Er sah mir direkt in die

Augen. Wie schön braun die seinen doch waren. Langsam nickte er. „Ok, geh aber

erst mal etwas von mir runter!“ Ohne zu zögern tat er es. Hockte sich neben mich

auf dem Boden. Und wartete gehorsam.
 

Ich streichelte ihm über die Wange. Und obwohl es nur so eine kleine, zärtliche

Berührung war, genoss er sie in vollen Zügen. Langsam wanderte ich an seinem

Hals hinunter. Bis zu seinem Schlüsselbein. Fuhr sanft unter sein Shirt. Während

ich mit der anderen Hand schon den Gürtel seiner Hose löste. Entledigte ihn

schließlich dieser. Nur Sekunden später fand auch sein Oberteil seinen Weg auf

den Boden und meine Finger ihren unter den Stoff seiner Shorts.
 

Nur ein paar Berührungen reichten aus um sein Glied dazu zu animieren, dass es

versteifte. Er war viel zu leicht zu erregen. Es ging mir schon fast zu schnell.

Aber so musste ich wiederum auch nicht zu lange warten. Mädchen waren da schon

um einiges langsamer. Und dazu auch nicht so gefügig, wie er.
 

Ich krallte die Finger in den Stoff seiner Shorts. Zog sie ihm mit etwas Mühe

herunter. Er wehrte sich keine Sekunde dagegen. Schluckte nur. Ich sah zu ihm

auf. Mein Atem war schon ganz unregelmäßig geworden, dabei hatte er noch kaum

etwas gemacht. Tat eigentlich schon lange gar nichts mehr. Lag es etwa nur an

seinem Körper? Machte der mich schon so unglaublich scharf?
 

Eigentlich wollte ich etwas sagen, aber er verschloss meine Lippen mit den seinen.

Bannte sich irgendwie mit der Zunge einen Weg in meinen Mund. Massierte leicht

die meine. Seine Hände spürte ich auf meinem Arsch. So dumm stellte er sich doch

gar nicht an, wie er eigentlich tat.
 

Ich keuchte, als er seine rauen Finger auf der Haut meines Allerwertesten bewegte.

Wanderte nach vorne zu meinem Schritt. „Mach schon!“ Er brauchte mit so etwas

eindeutig zu lange. Mit zitternden Finger fasste er schließlich endlich an den

Saum meiner Boxershorts. Hielt dort aber noch mehr als eine Minute Inne. Jetzt

konnte ich einfach nicht mehr. Zog sie mir einfach selbst aus. Ohne auf seinen

verschreckten Blick zu achten.
 

„Das konntest du heute schon einmal besser“, meinte ich vorwurfsvoll, als ich

mich ins weiche Gras zurück fallen ließ und mich vor ihm rekelte. „Was wird

das?“, fragte er verwirrt. Ich lächelte leicht. „Ich will dich scharf machen.“

Irritiert sah er an sich herunter. „Bin ich doch schon“, gab er knapp von sich,

als er sich über mich beugte. Zärtlich über meine linke Brustwarze leckte.
 

Und mehr bekam ich auch wieder nicht. „Wieso machst du nicht endlich weiter?“,

wollte ich wissen. Er legte den Kopf auf meine Brust. „Weil es Euch wehtut!“,

erwiderte er mit fast weinerlicher Stimme. Ich strich ihm übers Haar. „Wie kommst

du denn darauf?“, fragte ich. Er sah langsam auf. „Weil es jedem wehgetan hat!“

Wirklich verstehen tat ich im Moment nicht, wie er darauf kam. „Wem hat es denn

wehgetan?“ Ich wusste zwar, dass es manchmal wirklich schmerzhaft sein konnte,

aber woher sollte er das haben. Ich war der Erste mit dem er geschlafen hatte.

Es gab doch sonst niemanden davor.
 

„Jedem, den sie missbraucht hatten!“ Meine Augen wurden enger. Wieso sagte er so

etwas? „Wann wurde denn einer von euch Werwölfen missbraucht?“ Ich bohrte einfach

weiter, obwohl ich spürte, dass es ihm innerlich verletzte. „Bei unserem letzen

Besitzern von dem euer Vater mich gekauft hatte. Der hat ein paar von den

Werwölfen, die älter waren als ich, immer missbraucht“, flüsterte er, „die haben

erzählt, dass es wehtun würde!“ War ihm denn diese Erinnerung erst jetzt gekommen?

Oder wieso hatte er noch vor guten zwei Stunden mit mir ohne schlechtes Gewissen

schlafen.
 

Er blickte langsam auf. „Hat es Euch auch wehgetan?“ Sanft strich ich ihm über

die Wange. „Erst einmal, sag 'du' und nicht 'sie', verstanden! Und zum Zweiten,

es hat nur ganz kurz wehgetan, dann war es aber wirklich schön!“ Es stimmte

sogar. Es war schön. Einfach unglaublich. Etwas Besseres hatte ich davor

eigentlich noch nicht einmal erlebt.
 

Er seufzte erleichtert. Strahlte im nächsten Moment schon wieder. Wie schnell

man ihn doch glücklich machen konnte. Und wie niedlich er dabei war. Einfach

goldig.
 

„Also kannst du jetzt weiter machen?“, fragte ich. Eifrig begann er zu nicken.

Fing wieder an meine Brust zu kneten und wollte auch gerade mein Becken etwas

anheben.
 

„Das geht einfacher“, meinte ich nur und drehte mich auf den Bauch. Hob meine

Hüfte an. Sanft legte er die Finger darauf. Wartete wieder eine fast endlose

Minute. „Jetzt mach schon endlich!“, fauchte ich. Hörte nur noch, wie er leicht

schluckte.
 

Doch schon in der nächsten Sekunde spürte ich endlich seine Erektion in mir.

Stöhnte auf. Genauso wie er.
 

Er fuhr mit den Händen über meinen Bauch. Glitt zu meinem steifen Glied hinunter.

Streichelte es. „Nicht ... so!“, brachte ich heraus, während er immer wieder in

mich stieß. Ich wollte zwar durch ihn kommen, aber nicht so, wie beim letzten

Mal. Ohne das er dazu die Hände benutzte war es mir einfach lieber. Gerade im

Moment. Wenn wir so schön im Freien waren.
 

„Tiefer!“, wimmerte ich. Nur noch ein bisschen weiter. Es würde mir doch schon

reichen. Aber es klappte wohl nicht mehr. Musste eben reichen.
 

Er stöhnte so verdammt laut. Es halte mir immer wieder Sekunden lang in den

Ohren wider. Wurde dann nur vom darauf folgenden Stöhnen wieder übertönt. Und

selbst hatte ich auch keinen meiner Laute mehr unter Kontrolle. Aber auch kein

Wunder. Ich war schon fast so weit.
 

„Jesko ... ich ... ich ... komme!“, keuchte ich. Konnte es nicht mehr lange

halten. „Warte noch ein bisschen. Ich bin gleich so weit“, hauchte mir Jesko

außer Atem ins Ohr. Zumindest versuchen hätte ich es können. Aber nicht mal mehr

eine Minute. Dann war es aus.
 

Mit einem Stöhnen und seinem Namen auf den Lippen kam ich zu meinem Höhepunkt.

Nur eine Sekunde später durch brach seine zarte Stimme die Stille. Mit dem

gleichen, was ich von mir gegeben hatte. Nur war es mein Name, den er unter

einem lustvollen Keuchen von sich gab.
 

Erschöpft sackte er neben mir ins Gras. Unweigerlich musste ich mich einfach an

ihn kuscheln. Wollte nur noch einen Moment seinen rasenden Atem spüren. Wie er

meine glühende Haut traf.
 

„Du bist verdammt gut“, keuchte ich, während ich die Finger um seine Schultern

legte. Mich noch enger an ihn schmiegte. Eigentlich müsste ich mich verdammt

dreckig fühlen. Immerhin hatte ich schon das zweite Mal mit einem Werwolf

geschlafen und empfand es auch noch als verflucht gut.

Ein Bad für zwei

Lost Angel
 

Kapitel 9 – Ein Bad für zwei
 

Jesko’s PoV
 

Ich schmiegte mich noch einen Moment an ihn, bevor ich mich aufsetze. Er war

eingeschlafen. Neben mir. Einfach so. Hatte er denn keine Angst, dass ich ihm

noch irgendetwas antat? So sicher konnte er sich doch gar nicht bei mir fühlen.

Und dennoch schlief er. Sah dabei sogar richtig niedlich aus. Wenn er wach war,

wirkte er gar nicht so. Die Kälte war ihm dann buchstäblich ins Gesicht geschrieben.

Ob er wohl einmal richtig von Herzen lachen konnte. Gekonnt hatte er es. Früher

einmal. Das war doch schon so lange her. Aber zumindest wenn so sah er süß aus.
 

Er war aber auch völlig ausgepowert gewesen. Kein Wunder also, dass er sich

nicht wach halten konnte. Und gerade in diesem Zustand hätte ich ihn doch ganz

einfach zerreißen können. Es wäre ein Leichtes gewesen. Keiner hätte ihm auch

helfen können. Niemand hätte seine gequälten Schreie gehört. Wenn er überhaupt

schreien hätte können. Aber im Grunde konnte ich nicht. Seinem schönen Körper

konnte ich nicht wehtun. Bei jedem anderen Vampir wäre mir das Momentan nicht

schwer gefallen. Aber irgendetwas hinderte mich bei ihm. Vielleicht dieses

kleine, gerade aufblühende Gefühl in mir. Ein klein wenig musste das doch da

auch bei ihm sein. Wie sollte er sich denn mir sonst so hingeben können.
 

Ich beugte mich über ihn. Sah eine endlose Minute in sein schlafendes Gesicht.

Ich wäre wohl wirklich nicht in der Lage gewesen in zu zerfetzen, obwohl es mich

schon lange einmal interessiert hatte, wie Vampirfleisch wohl schmecken würde.

Ob es wirklich süßer war, als anderes. Ich schluckte. Zart war es sicherlich.

Zumindest seines.
 

Er reckte sich im Schlaf hoch. Schlang die Arme um meinen Hals. Sanft löste ich

die Umarmung aber sofort wieder. Sammelte meine und seine Klamotten ein. Es wäre

nicht gerade gut, wenn uns so jemand hier draußen entdecken würde. Weder für mich

noch für ihn. Obwohl es für mich wohl schlechter aussehen würde. Er schlief

immerhin und ich war der Werwolf. Keiner würde mir glauben, dass er es freiwillig

getan hatte. 'Sayonara' könnte ich dann nur noch sagen. Es wäre für mich aus. So

schnell könnte ich wohl auch gar nicht schauen. Zum Glück war bis jetzt nur noch

niemand in Sicht. Vielleicht lag das auch einfach nur daran, dass wir so ziemlich

weit hinter der Villa waren und dann auch noch weit genug am Wald.
 

Binnen Minuten hatte ich mich vollendet angezogen und kurz darauf auch meinen

Herrn. Er war nicht einmal aufgewacht. Wie müde musste er nur gewesen sein, dass

er so fest schlief? Oder war ich einfach nur zu vorsichtig gewesen? Wecken

wollte ich ihn eigentlich wirklich nicht. Gerade wo er anfing im Schlaf etwas

vor sich hinzu murmeln. Irgendwie war er schon ... süß.
 

Ich spürte, wie mich eine Schneeflocke berührte. Und es sollten noch mehr

werden. Wenn ich mich nicht beeilen würde, dann könnten wir wohl hier draußen

erfrieren oder zumindest würde sich Jemil eine Erkältung – wenn nicht sogar

etwas Schlimmeres – zuziehen.
 

Sanft nahm ich ihn hoch. Versuchte ihn auch gleich etwas zu wärmen. Er fror doch

so. Das musste ich nicht einmal sehen. Ich spürte es. „Mein armer, kleiner Vampir“,

flüsterte ich. Es war mir im Moment völlig egal ob er nun etwas für mich empfand

oder nicht. Ich ertrug es auch gut und gerne, wenn er mich nicht liebte und nur

einfach mit mir schlafen wollte. Diese Anhäufung von guten Gefühlen reichte mir

schon.
 

Ich marschierte zum Haus. Einfach geradewegs darauf zu. Mir war ganz egal, ob

dort eine Tür war oder nicht. Blickte mich dann schließlich nach rechts und links

um. Nichts als Mauer vor mir. Nicht einmal ein Fenster. Oder lag das nur daran,

dass ich nicht wirklich viel mehr sah. Es hatte immer schlimmer angefangen zu

schneien. Meine Kleidung war schon leicht durchnässt und bei Jemil sah es auch

nicht besser aus. Ich musste ihn wirklich dringend nach drinnen bringen.
 

Zwar fand ich bald eine Terrassentür und die war auch offen. Nur war es stockdunkel

und ich sah nichts. Beinahe wäre ich über etwas gestolpert und dann wäre ich

auch noch fast ausgerutscht. Mit ihm im Arm war laufen wohl gar nicht so

einfach. Und bei der Finsternis erst recht nicht.
 

Plötzlich wurde das Licht angeschaltet und ich blickte in die dunklen Augen von

Jemils Vater. Vor Schreck hätte ich aufschreien können. Aber irgendwie konnte

ich es mir verkneifen. Doch der Schock war mir wohl ins Gesicht geschrieben.
 

„Was machst du dreckige Missgeburt mit meinem Sohn?“, fauchte der Vampir mich

an. Ich trat ein paar Schritte zurück. War er ihm doch etwas wichtig? Oder lag

es einfach nur daran, dass ich ihn im Arm hatte. „Äh ... er ...er ist ... äh ...

er ist draußen ... zusammengebrochen, Meister.“ Irgendeine Ausrede musste ich

mir einfallen lassen und das war wohl für den Anfang das Beste.
 

Es kam erst keine Antwort. Verängstigt schluckte ich. Ging noch einmal einen

Schritt zurück. „Wie hast du mich genannt?“, knurrte Jemils Vater. Ich schluckte.

„Mei... Mei... Ich habe Euch Meister genannt.“ Langsam senkte ich den Kopf. Es

wäre wohl falsch gewesen, den Blick noch hoch zu halten.
 

„Bring ihn in sein Zimmer, Köter!“

Langsam wagte ich es wieder aufzusehen. Blickte wieder direkt in diese dunklen

Augen. Nickte dann zaghaft. „Werde ich machen ... Meister.“
 

Ich schlich an dem Vampir vorbei. Wagte es nicht mehr ihn auch nur einen Moment

anzusehen. Als ich endlich mit Jemil außer Hör- und Sichtweite war, drückte ich

ihn zärtlich wieder an mich. Seufzte erschöpft. Ich hatte wirklich Panik. Jemils

Vater hätte mich genauso gut umbringen können. Und dennoch hat er es nicht getan.

Wieso denn nur? Hatte ich irgendetwas gemacht, was ihn davon abhielt?
 

„Na, Wölfchen, wieder deinen Spaß gehabt?“ Ich wirbelte verschreckt herum. Sah

aber nur Devin. Atmete dann erleichtert auf. „Ach nur Ihr“, seufzte ich. Lehnte

mich an die Wand und drückte Jemil erneut an mich.
 

„Was habt ihr gemacht? Du bist klitschnass!“ Devin zog eine Augenbraue hoch. Sah

mich irritiert an. „Wir waren nur eben noch draußen“, erwiderte ich. Die Augen

des Rothaarigen weiteten sich. „Bist du irre! Jemil wird ohnehin so leicht

krank! Und dann läufst du mit ihm bei dem Wetter draußen herum?“
 

Besorgt sah ich zu Jemil. Er schmiegte sich im Schlaf an mich. „Dann sollte ich

ihm wohl besser ins Bett bringen!“ Bei meinen Worten zog Devin nur noch die andere

Augenbraue hoch. „Das wird wohl das Beste sein, aber ... lass ihm lieber ein

warmes Bad ein.“
 

Ich sah zu dem rothaarige Vampir auf. „Aber dann wird er doch wach.“ „Und? So

wird ihm aber nicht warm und erst recht nicht in den nassen Klamotten!“ Ich

nickte langsam. „Dann werde ich das machen.“ Zaghaft marschierte ich weiter.

Doch ich wendete mich noch mal kurz zu dem anderen. Lächelte leicht.
 

Kurz darauf war ich endlich wieder in 'Jemils' Gang. Betrat einfach das erste

Zimmer. Es sah fast genauso aus, wie das in dem ich die letzten beiden Tage

verbracht hatte. Sanft legte ich ihn aufs Bett. Tapste geradewegs ins Badezimmer.

Nur um gleich das Badewasser einzulassen. Es dauerte Minuten bis endlich genügend

in der Wanne war.
 

Ich marschierte schließlich zurück in das andere Zimmer. Jemil war aufgewacht

und hatte sich aufgesetzt. Er zitterte leicht. „Ich hab dir ein Bad eingelassen“,

meinte ich. Setzte mich einen Moment neben ihn. Legte leicht den Arm um ihn.
 

„Du kannst mit baden“, hauchte er mir ins Ohr, als er aufstand und auch gleich

versuchte mich mit hochzuziehen. „Das ist doch doof!“ Ich ließ mich wieder

zurückfallen. Riss ihn dabei unweigerlich mit. Etwas unsanft landete er auf mir.

Rappelte sich etwas wieder auf.
 

„Hast du mich hergetragen?“, fragte er. Kniete sich kurz wieder neben mich aufs

Bett. Ich nickte. Mit einem fast schon netten Gesichtsausdruck stand er wieder

auf. „Dann kannst du auch mit kommen!“, meinte er nur, als er schon an der Tür

ins Badezimmer stand.
 

Wirklich wollen tat ich nicht. Er hatte sowieso nur wieder das eine mit mir vor.

Und auch wenn ich mich als sein kleiner Sklave geoutet hatte, musste er nicht

andauernd. Sollte er doch mal wieder seine Finger spielen lassen.
 

„Komm endlich!“, rief er. Und auch wenn ich gar keine Lust hatte, stand ich

einfach auch auf und ging hinter ihm her. Ich war eben doch nur sein williger

Sklave.
 

Genüsslich hatte er es sich schon in der Wanne bequem gemacht, als ich eintrat.

Mit einer Handbewegung deutete er mir an, dass ich herkommen sollte, was ich

einfach auch machte. Er legte mir seine nasse Hand auf die Wange. „Komm mit rein!“,

flüsterte er, als mein Blick über seinen Körper schweifte. Wenn ich ihn noch nie

so gesehen hätte, wäre ich wohl rot geworden, aber zu meinem Glück war es nicht

so.
 

Zaghaft zog ich mich aus. Jemil sah mir mit dem Kopf auf den Wannenrand gelegt

dabei zu. „Dein Körper ist wirklich schön“, meinte er schließlich. Ich konnte

fast schon sehen, wie die Adern unter seiner Haut pulsierten.
 

„Kommst du jetzt zu mir ins Wasser?“, fragte er vorwurfsvoll, als ich mich keinen

Zentimeter rührte. Etwas unsicher wollte ich es schon machen. Nur fiel mir dann

auf, dass da überhaupt kein Platz mehr für mich war. „Legt dich einfach auf

mich“, meinte Jemil, als ob er es bemerkt hatte, dass ich darüber nachdachte.
 

Aus irgendeinem Grund hatte ich das dann gemacht. „Bin ich dir auch nicht zu

schwer?“ Es kam mir so vor, als wäre es genau so. „Nein, geht schon!“ Etwas

mühsam brachte er einen seiner Füße unter mir hervor. Legte ihn mir um die

Hüfte. „So ist es besser“, flüsterte er.
 

Ich fühlte mich nicht gerade wohl bei dem Gedanken, dass ich wirklich gerade so

einfach auf ihm lag. Ohne Hintergedanken. Denn er wohl auch nicht hatte.
 

„Das wollte ich schon immer mal machen!“ Er reckte sich zu mir hoch. Berührte er

meinen Hals mit seinen Lippen und wanderte dann ein Stück weiter nach unten. Ich

keuchte leicht. „Magst du nicht?“ Jemil sah zu mir auf. Es hatte ihn doch bei

keinem der beiden Male, als wir Sex hatten, interessiert, ob ich wollte. Und

dann fragte er gerade jetzt.
 

Langsam schüttelte ich den Kopf. Er rutschte etwas hoch. So blieb ein Stück für

mich am eigentlichen Fußende der Wanne. Irgendwie eingeschüchtert zog der Blonde

die Füße ganz nah an den Körper. Zwar hatte ich so noch etwas mehr Platz, aber

es gefiel mir nicht, wenn er so da saß. Wirkte so schüchtern. Das kannte ich

nicht von ihm. Sonst war er doch immer dieses kalte Etwas gewesen. Und jetzt? Er

machte sich wirklich die Mühe mir zu zeigen, wie es ihm ging. Und ich verstand

es sogar, auch ohne Worte.
 

Zärtlich legte ich die Arme um ihn. Schmiegte mich an ihn. Nur das warme Wasser

war das, was noch zwischen unseren nackten Körper lag. Und gerade dieses ließ

sich ganz leicht verdrängen.
 

Er summte leicht, als ich sanft mit den Händen über seinen Rücken fuhr. Solche

leichten Berührungen genoss er wohl noch viel mehr, als irgendwelche andere. Da

konnte ich ihn so sehr befummeln, wie ich wollte. Es wäre nie so schön für ihn.
 

Er presste den Kopf gegen meine Brust. Drückte mich dadurch leicht zurück. Bis

er fast auf mir lag. „Rollen getauscht“, flötete er fröhlich. Ich lächelte nur

leicht. Bis ich den Druck auf meinem Schritt spürte. „Nicht, Jemil!“ Ich

versuchte mich von ihm zu befreien. Doch er ließ nicht locker. „Lass dich doch

etwas von mir verwöhnen, mein süßes, kleines Hündchen!“
 

Er fuhr mir mit den Fingern durchs nasse Haar. Legte schließlich den Kopf in den

Nacken. „Das ist richtig entspannend“, seufzte er. Nur war das für mich nicht

ganz so angenehm, wenn er so weiter machte. Der aufkommende Druck zwischen

meinen Beinen war nämlich nicht gerade etwas, was man den ganzen Tag haben

wollte.
 

„Ich glaube, du hast schon genug“, säuselte Jemil. Lächelte aber gleich darauf

ganz leicht. Streckte sich dann auch noch. Ich konnte keinen Moment die Augen

von seinem Körper lassen. Noch vor ein paar Tagen hätte es mich angewidert

irgendeinen Vampir so zu sehen, aber bei ihm war es jetzt sogar ein schöner

Anblick.
 

Er beugte sich noch einmal kurz über mich. Berührte meine Stirn mit den Lippen

und stand schlussendlich auf. Tapste mit seinen nassen Füßen über die Fliesen.

Nur um sich ein Handtuch um die Hüften zu legen.
 

Trocknete sich schließlich auch genüsslich langsam ab. Nur damit ich wohl noch

ein paar Blicke auf ihn werfen konnte. Bis er sich anzog. Ohne meinen traurige

Seufzer zu beachten.

„Tu nicht so lüsternd“, kicherte Jemil und drehte sich zu mir um.
 

Ich hatte es gar nicht bemerkt, dass ich so geschaut hatte. Eigentlich bewunderte

ich doch nur seinen Körper. Sonst nichts.
 

Er seufzte. „Ich geh dann mal. Lass dir Zeit und entspann dich noch ein bisschen“,

meinte der Vampir noch, bevor er den Raum verließ. Wieso wollte er denn nur

plötzlich so schnell weg? Hatte er etwas gehört?

Ihr zwei passt zusammen

Lost Angel
 

Kapitel 10 – Ihr zwei passt zusammen
 

Jemil’s PoV
 

Ich wollte ihn gar nicht alleine lassen. Doch ich hatte etwas gehört. Jemand war

ins Zimmer gekommen. Hatte es sich auf meinem Bett bequem gemacht.
 

„Was willst du, Mila?“, fragte ich knautschig. Wie gerne hätte ich noch mit

Jesko jetzt in der Badewanne gelegen. Es hatte ihm doch gefallen. Zumindest ein

bisschen. Hat meine Nähe genossen. Obwohl er mich doch etwas verwirrt angesehen

hatte. Ganz verstand ich mich eigentlich auch nicht. Er war der Erste, dem ich

wirklich in meine Nähe ließ. Von dem ich mich überhaupt anfassen ließ. Und

dennoch wollte ich nicht, dass mich jemand berührte. Vielleicht dadurch spürte,

was in mir vorging. Doch eigentlich hatte er das so schon mitbekommen. Er wusste

wohl ansatzweise, was ich fühlte. Und verstand es trotzdem nicht.
 

„Du bist eben einfach weg. Wieso denn?“ Mila sah mich mit großen Augen an. Wie

mich dieser Blick nervte. Ich sank neben ihr aufs Bett. Atmete einmal tief

durch. „Ich hatte einfach keine Bock auf meinen Vater und so!“ Ich blickte sie

kühl an. Nie hatte ich es gewagt gegenüber ihr irgendein Gefühl in meinem Blick

widerspiegeln zu lassen. Tat das sonst ja nie irgendeinem anderen. Es gab im

Moment nur eine Person, der ich versuchte zu offenbaren, wie ich fühlte.
 

Gerade als ich noch etwas sagen wollte, wurde zaghaft die Badezimmertür

geöffnet. Milas Augen weiteten sich, als sie sah, wer da heraus spitze. „Der

Wolf“, murmelte sie. Wie hatte sie ihn nur so schnell erkannt? Sie hatte ihn

doch draußen nicht einmal richtig angesehen.
 

Mila wendete sich zu mir. „Du hältst so ein ... Tier hier bei dir?“ Wieso redete

sie denn plötzlich so herablassend? Sonst bemitleidet sie sie doch immer. Hat

sich das auf einmal geändert
 

Ich nickte. Wendete meinen Blick aber gleich auf Jesko, der mir direkt in die

Augen sah. „Entschuldigt, Meister“, flüsterte er. Verharrte immer noch an der

Tür. Wagte es nicht auch nur einen Schritt zu tun.
 

Abrupt viel Mila mir um den Hals. „Du bist ja doch so nett!“ Ich wusste gar

nicht wie mir geschah. Versuchte sie wieder von mir weg zuschieben. „Lass mich

los!“, fauchte ich, als es nichts half. „Aber, Jemil, sonst tust du doch immer

so, als ob du sie hasst und jetzt ...“ Wieder schlang sie die Arme um mich.

Hilfe suchend blickte ich zu Jesko. Es schien, als würden sich gerade seine

Augen mit Tränen füllen. „Heul nicht!“, rief ich. Schlagartig ließ mich das

Mädchen wieder los. Blickte sich zu dem jungen Werwolf um, dem schon vereinzelte

Tränen über die Wangen liefen. Verwirrt wurde er von Mila angesehen. Doch sie

stand sofort auf. Legte ihm die Arme um die Schultern.
 

„Hör doch auf, Wölfchen“, flüsterte sie. Wiegte ihn leicht hin und her. Er

schluchzte. Was war nur los mit ihm? Was hatte ihn denn jetzt so traurig

gemacht? Vielleicht Mila? Weil sie mich in den Arm genommen hatte? Aber was

sollte ihn denn das interessieren? Ich liebte ihn doch nicht. Er war doch für

mich nur für den Sex gut. Sonst nichts.
 

„Na, geht es wieder, Wölfchen?“ Es hatte Minuten gedauert, bis er aufgehört

hatte zu schluchzen. Und er nickte sogar langsam. Sah Mila aber mit großen Augen

an. „Magst du meinen Meister?“, fragte er. Klang fast schon, wie eine kleines

Kind. Irgendetwas flüsterte sie ihm ins Ohr. Doch das verstand ich nicht. Dabei

hätte ich es mich so interessiert. Nur ihre Antwort. Ob sie mich mochte. Fragen

wollte ich jetzt aber auch nicht. Ich war nicht der Typ, der neugierig war.

Eigentlich zumindest. Denn es interessierte mich rasend. Trieben mich gerade in

den Wahnsinn und trotzdem ließ ich mir nichts anmerken, als sich Mila mit Jesko

im Schlepptau wieder neben mich setzte.
 

„Ich finde das so niedlich von dir, dass du dich um ihn kümmerst!“ Sie sah

liebevoll zu dem Werwolf, der nur auf den Boden starrte. Wohl nicht ganz wusste,

was er sagen sollte und ob er überhaupt durfte.
 

Für einen winzigen Augenblick lächelte ich. Aber es war doch etwas zu lang. „Du

kannst es ja doch!“, freute sich plötzlich Mila. Ich blickte sie verwirrt an.

„Du kannst lächeln!“ Ich nickte nur langsam. Konnte aber keine Sekunde meinen

Augen von Jesko abwenden. Wie schüchtern er doch war. Das wirkte verdammt süß.
 

Ich musste schlucken. Sonst hätte ich mich wohl auf ihn gestürzt. Das wollte ich

nicht unbedingt machen, wenn Mila da war. Und gerade die blickte verwirrt zwischen

uns hin und her. „Kann es sein, dass ihr ein Pärchen seid?“, fragte sie da auf

einmal. Ich schreckte aus meiner leichten Trance. „Nein!“, rief ich sofort.
 

Doch da vernahm ich schon wieder das Schniefen von Jesko. Mila wendete sich zu

ihm. „Was ist denn, Wölfchen?“ Mitfühlend legte sie ihm den Arm um. Drückte ihn

leicht an sich. Und wieder heulte er und ich verstand nicht wieso.
 

Mila blickte mich an. „Ich glaube dein Wölfchen sieht das alles ganz anderes!“

Ich wendete den Blick ab. Zum einen, weil ich das nicht hören wollte, und zum

anderen, weil ich ihn einfach nicht weinen sehen konnte.
 

„Ach komm schon, Jemil, du magst ihn doch sicherlich auch!“ Bei ihren Worten gab

ich ein Knurren von mir. Mögen vielleicht, aber nicht so wie sie dachte. „Soll

er doch“, flüsterte Jesko. Kaum hörbar. Ich drehte den Kopf wieder zu den beiden.

Der durchdringende Blick des jungen Werwolf jagte mir fast schon Angst ein. Er

hatte so etwas Erniedrigendes. Herablassendes. Und doch mit soviel Trauer

getränkt.
 

Ich ertrug es wieder nicht. Sah weg.

„Jemil?“ Mila legte mir einen Arm um die Schultern. Überdeutlich seufzte sie.

Doch darauf konnte ich nicht lange achten. Ich spürte zwei Hände auf meinen Knien.

Als ich hinunter sah, saß Jesko vor mir. Legte gerade seinen Kopf auf meine

Schoss. Ich zuckte zusammen. Wollte ihm eigentlich übers Haar streicheln, doch

da spürte ich Milas Blick.
 

„Was ist denn?“, knurrte ich. „Du magst ihn doch, sonst ... na ja, sonst würdest

du das nicht wollen!“, erwiderte Mila. Langsam wanderte mein Blick wieder zu

Jesko hinunter. Er kuschelte sich an mich. Sie hatte wohl doch Recht. Irgendwas

war da schon, wenn er sich so an mich schmiegte. Ich mochte es. Irgendwie war es

sogar schön, dass er gerade da war.
 

„Ich lass euch mal alleine!“

Die junge Vampirin stand plötzlich auf. Eigentlich wollte ich gar nicht das sie

ging. „Warte!“, rief ich. Sie wendete sich noch einmal zu mir herum. „Was ist

denn? Ich will euch nicht stören!“ Ich schluckte. „Erzähl niemanden davon. Wissen

sowieso schon zu viele!“ Sie zog bei meinen Worten eine Augenbraue hoch. „Wer

weiß es denn noch?“ „Devin“, antwortete ich knapp. Mehr waren es eigentlich

auch noch nicht. Soweit ich zumindest wusste. „Na ja, ich halt zumindest die

Klappe.“ Sie wollte jetzt wohl endgültig gehen. Blieb aber trotzdem noch einmal

an der Tür stehen. „Tu ihm nicht weh!“, meinte sie eindringlich, bevor sie die

Tür hinter sich schloss.
 

„Sie ist nett.“ Ich blickte zu Jesko hinunter, der das gesagt hatte. „Ist sie“,

erwiderte ich nur knapp. Zog ihn zu mir hoch. Er sah mich für einen Moment

leicht verwirrt an. Schien so, als ob er etwas sagen wollte. Doch ich legte ihn

einen Finger auf die Lippen. „Sag nichts“, trug ich ihm auf. Kam seinem Gesicht

ganz nahe. Nur noch Millimeter lagen dazwischen. Doch er wich zurück. „Du magst

mich doch gar nicht.“ Er klang weinerlich. Und irgendwie eingeschüchtert.
 

„Nein ... aber ... na ja ... ich kann einfach nicht sofort jemanden lieben“,

versuchte ich mich zu rechtfertigen. Doch er hörte mir gar nicht zu. Kroch aufs

Bett und rollte sich dort zusammen. „Du willst nur mit mir ficken“, flüsterte er.
 

Ich seufzte. Am Anfang war das schon so. Nur jetzt? Ich wusste es doch selbst

nicht richtig. Ein Gefühlschaos herrschte in mir. Auf der einen Seite wollte ich

mich niemanden nähern. Und auf der anderen wurde ich irgendwie von ihm angezogen.

Nicht nur von seinem Körper. Auch sein ganzes Verhalten. Er wirkte manchmal

einfach so niedlich. Wenn er schlief. Nur so auf dem Bett lag. Oder wenn er

irgendetwas nicht verstand. Dann war er immer so putzig. Sah einen dann immer

mit so süßen, großen Augen an.
 

Zaghaft legte ich mich zu ihm. Aber er rutschte nur von mir weg. Wollte nicht in

meiner Nähe sein. Und dann war er plötzlich weg. Ich hörte ihn nur noch auf

jaulen. Ein Kichern konnte ich mir jetzt einfach nicht mehr verkneifen. „Das war

wohl zu weit“, meinte ich. Kroch auf die andere Seite. Er blickte mich wieder

mit diesen schönen, braunen Augen an.
 

„Du machst dich doch nur über mich lustig.“ Wieder dieses Weinerliche in seiner

Stimmen. Das wollte ich eigentlich gar nicht hören.
 

Unsicher nahm ich seine Hand. Führte sie zu meinem Mund. Berührte sie leicht mit

den Lippen. Nahm seinen Geschmack in mir auf. Zog seinen Geruch durch meine Nase

in mich auf. Verfiel fast in eine Art Trance. Ich keuchte ganz leicht.
 

Abrupt zog ich ihn hoch. Schlang die Arme um ihn. Nur um mich kurz darauf – samt

ihm – aufs Bett zurückfallen zu lassen. Rekelte mich unter ihm. „Was machst du

denn?“ Er rappelte sich wieder auf. Blickte mich verwirrt an. „Ich will doch

nur, dass du es spürst!“, flüsterte ich.
 

Eigentlich wollte ich es mir nicht eingestehen. Doch irgendetwas in mir sagte

mir, dass ich dieses Gefühl doch gegen ihn hegte. Auch wenn es sich erst in mir

hoch kämpfen muss. Ich wollte es doch eigentlich gar nicht fühlen. Gefühle zeigte

ich sonst nie gegenüber irgendjemanden und gerade dieser kleine Werwolf würde es

wohl schaffen, dass ich mich jemanden öffnete.
 

Er betete plötzlich die Arme neben mich auf dem Bett. Beugte sich zu mir herunter.

Jetzt lag ich unter ihm. So wollte ich es nie enden lassen. Nie sollte jemand

über mir sein. Er betete seine Lippen auf meinen Hals. Ich kraulte ihn hinter

dem rechten Ohr. Vernahm ein Seufzen von ihm, als er den Kopf auf meine Brust

legte. Sich selbst neben mich legte.
 

„Du bist gemein zu mir“, flüsterte Jesko. Kuschelte sich aber dennoch ganz eng

an mich. Fuhr plötzlich mit den Fingern unter mein Shirt. Ich schloss für einen

Moment die Augen um seine Berührungen auf mich wirken zu lassen. „Hmm“, gab ich

von mir. Nahm seine andere Hand und führte sie nach unten. Doch er riss sich los.

„Das will ich nicht“, knurrte er. Ich hob wieder ein Lid. Schloss es aber auch

gleich wieder. Spürte die aufkommende Müdigkeit in mir.
 

„Darf ich schlafen?“, fragte ich. Dabei müsste ich das nicht. Sollte es eigentlich

auch nicht. Und dennoch hatte ich es getan. Wusste nicht einmal wieso. Da fühlte

ich aber erneut seine Finger. Nur dieses Mal an meinem Hals. Er zog mich zu sich.
 

„Das musst du mich doch nicht fragen. Du darfst schlafen, wann du willst!“ Er klang

so liebevoll und fürsorglich. Kam noch ein Stück näher zu mir. Dabei lagen wir

schon fast dicht an dicht. Viel lag nicht mehr zwischen uns. Ich spürte doch

schon jeden Zentimeter seines Körpers. Jeden Atemzug. Jeden Herzschlag. Und

empfand jedes bisschen Wärme von ihm. Wie schön angenehm das war. Fühlte sich

aber auch interessant an. So nah war ich noch nie bei jemanden. Zumindest so

weit ich mich eben erinnern konnte. Vielleicht hatte mich einmal meine Mutter so

im Arm gehabt. Bevor mich mein Vater zu sich geholt hatte.
 

Ich erinnerte mich nicht an meine Mam. Wusste nur, dass sie geweint hatte, als

ich weg musste. Und mir noch lange hinterher gesehen hatte. Es war, als würde

ich jetzt wieder ihr Schluchzen in den Ohren hören. Aber es war nur Einbildung.

Denn niemand weinte. Nicht einmal Jesko. Der war eingeschlafen. Dabei wollte ich

das doch. Ich wollte schlafen und jetzt schlief er. Nicht ich. Doch im Moment

konnte ich nicht mehr. Er war wieder so unglaublich süß.
 

Ich schmiegte meinen Kopf an seine Brust. Versuchte schlussendlich auch etwas zu

schlafen. Obwohl es doch für mich zu früh war. Aber es gelang mir dennoch

einzuschlafen. Neben ihm. In seinen Armen.

Kälte und Wärme

Lost Angel
 

Kapitel 11 – Kälte und Wärme
 

Jesko’s PoV
 

Ich sprang auf. Vor lauter Schreck. Er hatte wirklich die ganze Nacht neben mir

geschlafen. Einfach so? Ohne Rücksicht auf das, was passieren würde, wenn uns

jemand erwischt. Dachte gerade der Richtige.
 

Ich sank auf den Boden. Legte meinen Kopf aufs Bett und warte. Bis er wach wurde.

Das könnte aber noch dauern. Auf meinen nackten Rücken fielen ganz leicht

Sonnenstrahlen. Es war draußen taghell. Nur er lag im Schatten. Ob er da wohl

wirklich hingehörte? In diese Dunkelheit? Freiwillig war er dort zumindest nicht.

Das spürte ich. Ganz deutlich. Er wollte ins Licht. Nur das ihn das für immer

verwehrt bleiben würde.
 

Langsam wurde mir warm. Zu warm. Obwohl es doch schon November ... nein, sogar

fast Dezember war, war es hier drinnen viel zu warm. Zwar gab es keine Heizungen,

aber in fast jedem Zimmer einen Kamin oder zumindest war jeder Raum irgendwie

über das Lüftungssystem mit einem verbunden, das einen hatte. So hatte es sogar

in diesem alten Gemäuer angenehme Temperaturen. Wie man eben 'angenehm'

definiert.
 

Ich wendete mich von Jemil ab. Tapste zum Fenster um dieses zu öffnen. Ein kalter

Wind schlug mir ins Gesicht. Und erst jetzt bemerkte ich, dass es geschneit

hatte. Gestern hatten wir es noch im Gras miteinander getrieben und jetzt könnten

wir es in dieser weißen Pracht tun. Ob der junge Vampir das wohl machen würde.

Ich drehte mich etwas zu ihm um. Ein Grinsen zeichnete sich auf meinem Gesicht.

Er hatte sich ganz unter der Decke verkrochen. Vielleicht wurde ihm kalt?
 

„Jemil?“, flüsterte ich. Nur um zu testen, ob er wach war. Doch es kam keine

Reaktion. Er schlief wohl noch. Und dabei hatten wir gar nichts gemacht. Letzte

Nacht. Keine Matratzengymnastik. Gar nichts. Irgendwie schon seltsam. Dabei hätte

wohl er schon gerne.
 

Ich schloss leise das Fenster wieder. Selbst ich fror etwas. Zwar nur ein

bisschen. Aber es reichte mir gut und gerne aus. Und er würde wohl sonst erst

recht noch zum Frieren anfangen.
 

Zaghaft setze ich mich auf die Bettkante. Wie gerne hätte ich ihm jetzt über das

blonde Haar gestrichen. Aber er war immer noch nicht wieder unter der Decke

hervor gekommen. Da unten musste es wohl schön warm sein. Sonst würde er auch

nicht so lange dort bleiben.
 

„Jemil?“, flüsterte ich erneut. Etwas lauter. Und endlich tat sich etwas. Sein

blonder Kopf spitzte unter der Steppdecke hervor.
 

„Mir ist kalt.“ Er schlotterte. Klapperte sogar überdeutlich mit den Zähnen. Ob

ich ihn wohl in den Arm nehmen durfte um ihn zu wärmen? Ganz klar war ich mir

noch nicht, was ich durfte und was nicht.
 

„Tut mir Leid, mir war warm und deswegen habe ich das Fenster kurz einmal

aufgemacht.“ So zaghaft hatte ich noch nie wirklich jemanden etwas erzählt. Doch

jetzt war es wohl nötig.
 

Er setzte sich auf. Blickte mich desinteressiert an. Wie ich diesen Gesichtsausdruck

hasste. Gerade wenn er mich damit ansah. Ich senkte den Kopf. Traute mich nicht

ihn anzuschauen. Dabei hatte er es mir selbst erlaubt. Ich durfte ihn ansehen.

Sogar anfassen, wenn er zumindest wollte. Und wie das jetzt war wusste ich leider

nicht. Dabei hätte ich zu gerne seine Haut gespürt.
 

Leicht spitze ich wieder hoch, denn er hatte die Arme um mich geschlungen.

Wanderte mit seinem heißen Atem über meine Brust. Mein Shirt musste er mir wohl

irgendwann heute Nacht ausgezogen haben. Das gefiel ihm wohl. So schlecht sah ich

möglicherweise für ihn nicht aus. Auch wenn er bis jetzt in der Art noch nichts

gesagt hatte. Nicht einmal annähernd erwähnt.
 

Plötzlich spürte ich seine Zunge an meiner linken Brustwarze. Und gleich darauf

wieder seinen Atem. Ich keuchte. Nur ganz leicht. Dieses Gefühl durchfuhr meinen

ganzen Körper. Kribbelte bis in die Fingerspitzen.
 

Aber wieso macht er das? Nur wegen Mila? Weil sie gesagt hatte, wir würden zusammen

passen? Das wäre doch dumm! Es konnte sich doch nicht zu seinen Gefühlen zwingen.

Das war doch dann sinnlos. Er würde doch nie das Gleiche empfinden, was ich.

Zumindest was ich dachte, was ich ihm gegenüber fühlte.
 

Gefügig ließ ich mich dennoch von seinen Lippen verwöhnen. Bis er nach einigen

Minuten von mir abließ. Er keuchte leicht. Sah zu mir auf. Er wirkte noch etwas

verschlafen. So wie ich meinte, war es aber erst gegen Nachmittag. Nur da es

bewölkt war fiel kein Tageslicht in den Raum. Nur ein bisschen. Sonne ohnehin

kaum. Und er konnte sich fast frei im Raum bewegen. Das einzige was ihn

zurückhielt waren meine Arme, die ich um ihn geschlungen hatte.
 

Wieso sollte auch nur er das dürfen? Ich wollte ihn doch auch spüren. Sanft fuhr

ich über seine von seinem Shirt bedeckte Brust. Aber auf einmal drückte er mich

weg. Hatte er sich doch nicht so sehr von Mila überzeugen lassen? Oder wollte er

einfach einmal mehr meine Nähe nicht?
 

„Was ist denn?“

Ich wendete mich zu ihm um. Wartete wie gebannt auf eine Antwort. Doch ich bekam

keine. Nur diesen irre bösen Blick. Wie mir der Angst einjagte. Hatte ich denn so

große Scheiße gebaut? War ich zu aufdringlich?
 

Ich schluckte, als er wieder zu mir zurückkam. Mit seinen Fingern über meinen

Hals wanderte, den ich ihm fast unterwürfig hinschreckte. Ich spürte auch ganz

deutlich seine Fingernägel. Er hinter ließ damit wohl blutige Spuren auf meiner

Kehle. Vielleicht nur ganz dünne. Doch möglicherweise war er sauer auf mich. Dann

könnte er mir genauso gut die Halsschlagader durchtrennen. So etwas hatte er doch

auch schon mit so vielen anderen gemacht. Das er die Nägel eigentlich ohne

Waffenschein besitzen durfte.
 

Langsam beugte er sich über mich. Saugte an meinem Hals. Nur rührte er das Blut

darauf nicht an. Ließ es über meine Brust laufen. Es war noch ganz warm.
 

Ich zuckte zusammen, als er von mir abließ. So plötzlich. Das hatte sich auf

einmal alles so gut angefühlt. Meinetwegen hätte er weiter machen können. Ein

paar Streicheleinheiten wären auch nicht schlecht gewesen.
 

„Was hältst du von ... Sauna?“

Das fragte er mich? Mich? Er würde mich doch ohne hin zwingen mit zu gehen. Ob

ich jetzt wollte oder nicht. Es wäre ihm scheißegal! Wenn er wollte, dann musste

ich doch eigentlich auch. Und hier alleine bleiben? Nein! Zwei Vampire wussten

schon, dass ich hier war und da konnte es viel zu leicht sein, dass die

möglicherweise doch nicht die Schnauze halten konnte.
 

Aber halt! Die häusliche Sauna im 2. Untergeschoss war für Werwölfe strengstens

verboten. In die gesamte Etage wurden wir nur gelassen, wenn mal wieder geputzt

werden musste. Und das kam dort unten seltsamerweise durchschnittlich selten vor.

Wieso das so war hatte ich mich eigentlich schon immer gefragt. Nur zu fragen

hatte ich nie gewagt. Vielleicht lag es aber auch einfach nur daran, dass dort

die gesamten Erholungsräume waren und Pack, wie Werwölfe, an solchen Orten nichts

zu suchen hatten.
 

„Dein Schweigen deute ich jetzt einfach mal als ein 'Super'“, meinte Jemil, „also

komm!“ Er zog mich hoch. Ich hätte wohl nicht so lange über nutzloses Zeug

nachdenken sollen und ihm lieber sagen, dass ich nur einen Hitzschlag kriege,

wenn er mit mir in so etwas, wie eine Sauna gehen würde. Mir war doch hier drin

schon manchmal zu heiß. Da unten konnte es doch nur schlimmer sein.
 

Nachdem ich mir also noch mein Shirt anziehen durfte, zog Jemil mich hinter sich

her in den Gang hinaus. Da es Tag war trieb sich dort niemand herum. Zumindest

bis jetzt noch nicht. Erst in den paar Stunden vor Sonnenuntergang würden die

meisten Vampire wach werden und die Werwölfe hielten sich ohnehin draußen auf. So

konnten wir zumindest ungestört durch die Flure schleichen. Auch wenn es mir

scharf so vorkam, als würde Jemil mit mir Händchen halten, denn er wollte mich

gar nicht mehr loslassen, obwohl ich sowieso gefügig hinter ihm herlief. Dennoch

– obwohl es mich etwas störte – sagte ich nichts. Ich wollte ihn nicht mehr

wütend sehen.
 

Minuten später kamen wir endlich im 2. Untergeschoss an. Die Saunen lagen

ziemlich im vorderen Teil. Direkt hinter den Solarien. Für was auch immer Vampire

die brauchten. Braun wurden sie so oder so nicht.
 

Im Vorraum der kleinen Sauna – wie Jemil sie nannte – zogen wir uns aus. Ohne

auch nur noch ein bisschen Scharm zu zeigen, ließ ich mich sogar von ihm helfen.

Mich auch ganz kurz auf den Bauch küssen, bevor wir schließlich in die

eigentliche Sauna gingen.
 

„Ich hab extra vorheizen lassen“, meinte der blonde Vampir grinsend mit einem

Handtuch – wie auch ich – um die Hüften, als er sich auf eine der mit Holz

beschlagenen Steinbänke nieder ließ. Es sich schon sichtlich bequem machte,

während ich aus dem Staunen nicht mehr heraus kam. Kleine Sauna war gut. Ich

wollte gar nicht wissen, wie eine große aussah. Diese war nämlich riesig. Größere

als ich es mir vorgestellt hatte.
 

„Jesko!“

Bei meiner ganzen Verwunderung hatte ich gar nicht mehr auf Jemil geachtet. Ich

wirbelte herum. Am liebsten hätte ich mich aber gleich wieder umgedreht.
 

Der Vampir lag auf der Bank. Die Beine angewinkelt und gespreizt. Sah mich fast

flehend an.
 

„Fick mich!“

Für einen Moment stockte mir der Atem. Er konnte sich doch nicht so vor mich

hinlegen. Und dann erst recht nicht so etwas von mir verlangen!
 

„Aber ich kann doch nicht...“, fing ich an, wurde jedoch von ihm unterbrochen.

„Fick mich oder bring mich um!“
 

Ganz trauen wollte ich meinen Ohren nicht mehr. Das konnte er gar nicht gesagt

haben. Oder er konnte es zumindest nicht so meinen. Sonst hätte er schon verrückt

sein müssen. Wieso sollte er mich um so etwas auch bitten. In einer solchen Lage.

Ich wurde leicht rot.
 

„Red doch nicht so einen Mist! Das meinst du doch gar nicht so!“, erwiderte ich

also einfach und lächelte dabei auch noch so verdammt unsicher.
 

„Ich meine es aber so! Also was willst du?“

„Keines von beiden“, gab ich hastig zu Antwort. Ich würde ihn nie töten. Und auf

Sex hatte ich – ehrlich gesagt – keinen Bock. Zumindest nicht hier. Mir war viel

zu heiß. Noch mehr schwitzen konnte ich kaum noch.
 

Doch sein bettelnder Blick sagte mir, dass ich wohl eins von beiden tun sollte,

wenn nicht gar musste. Aber das könnte ich nie.
 

„Wieso wollt ihr den sterben?“, fragte ich aber, bevor ich mir noch einmal

Gedanken über sein 'Angebot' machte.
 

Er sah sofort weg. Wollte er möglicherweise nicht darüber reden? Zumindest sah es

so aus. Lag es vielleicht an mir? Konnte er es mir einfach nicht sagen?
 

„Weil nichts mehr für mich Sinn hat!“, erwiderte er schließlich. Und genau das

konnte ich nicht glauben. Wieso sollte denn alles keinen Sinn mehr für ihn haben?
 

Ich beugte mich über ihn. Stützte mich mit einem Arm neben ihm ab. Mit der anderen

drückte ich seine Beine auseinander.
 

„Erzähl es mir doch“, meinte ich mitfühlend. Und langsam wendete er auch den

Blick wieder zu mir.

„Selbst kann ich es einfach nicht“, begann er, während sich meine Augen

schlagartig weiteten, „ich hab es schon oft genug versucht!“
 

Ich drückte ihn an mich. Bettete seinen Kopf an meine Brust. Spürte seinen warmen

Atem darauf.
 

„Wenn ich den ersten Tropfen meines Blutes gesehen habe, ist mir immer schlecht

geworden ... also bitte! Bring mich um!“ Dass ich momentan nicht mit ihm schlafen

wollte, musste er wohl schon bemerkt haben. Aber dass er dann gleich so etwas

sagen würde, war doch einfach nur krank! Wie konnte er denn jetzt schon nicht

mehr leben wollen? Dafür musste es doch einen Grund geben. Einen wirklich guten!
 

„Wieso?“, wollte ich wissen. Drückte ihn noch ein bisschen enger an mich.
 

Leicht fing er an den Kopf zu schütteln. „Das würdest du nicht verstehen!“
 

Eigentlich wollte ich darauf etwas erwidern. Doch ich wurde plötzlich von ihm

weggerissen. Landete schmerzhaft an der gegenüberliegenden Wand.
 

„Verschwinde, Drecksköter!“ brüllte mich ein großgewachsener, dunkelhaariger Kerl

an, der mindestens fünf Jahre älter war als ich, zumindest von Aussehen her. Dass

er ein Vampir war, wusste ich auf Anhieb. Wer sollte sich auch sonst noch hier

unten aufhalten?
 

Ich wollte diesen Blutsauger anbrüllen. Doch da fiel mein Blick auf Jemil. Er

kauerte sich zusammen. Vor Angst? So hatte ich ihn noch nie gesehen. Er zitterte.

Und dieser Blick. Er wirkte fast panisch. Dieser Kerl musste ihm doch schon

irgendetwas angetan haben. Aber ich hatte ihn noch nie gesehen. Bis auf seine

Augen. Dieses Dunkle war mir irgendwie bekannt. Nur woher? Solche Augen konnte

man doch nicht einfach vergessen. Die würden sich doch in einen einbrennen.

Gerade da sie nicht unbedingt von Freundlichkeit überquollen, sondern eher einen

gewissen Hass und Verachtung ausstrahlten. Das Gleiche was die von Jemil noch vor

ein paar Tagen getan hatten. Aber die hatten sich verändert. Ins komplette

Gegenteil. Bei ihm strahlten sie jetzt etwas ganz anders aus. Und jetzt im Moment

erst Recht. Da war etwas zwischen ihnen, was ich wohl wirklich nicht verstehen

konnte. Wieso sollte auch ein Vampir Angst von einem anderen haben? Sie durften

sich doch eigentlich gar nichts gegenseitig antun. Oder irrte ich mich da mal

wieder? Hatte ich doch in den letzten Tagen schon viel zu oft getan.

Verhasster Bruder

Lost Angel
 

Kapitel 12 – Verhasster Bruder
 

Jemil’s PoV
 

Was wollte er hier? Wieso war er hier? Gerade jetzt? Wieso denn nur?
 

Ich zitterte vor Angst, als er sich über mich beugte. Seine Augen war so voller

Lust. Er würde es doch nicht wieder tun wollen? Einfach so. Er durfte doch nicht.

Nicht mit mir.
 

Als er meinen Hals mit den Lippen berührte zuckte ich zusammen. “Pio”, keuchte

ich. Kniff die Augen zusammen. “Was ist denn, Jemil? Willst du nicht vor deinem

Wölfchen?” Ich warf über seine Schulter hinweg einen Blick zu Jesko. Er hockte

an die Wand gelehnt. Sah geschockt zu mir. Krampfhaft versuchte ich mich jetzt

von Pio loszureißen. Ich wollte zu Jesko. Oder zumindest sollte er mir helfen.

Aber er rührte sich nicht. Kein Stück.
 

Pio ließ mich plötzlich los. Drehte sich zu meinem Werwolf um. “Raus hier, Köter!”,

fauchte er ihn an. Doch Jesko sah nur desinteressiert zu ihm auf. Kniff die Augen

zu Schlitzen zusammen. “Dann lass die Finger von Jemil!”, knurrte der Wolf. Doch

ich wusste das Pio das nie tun würde. Noch nie hatte er die Finger von mir

gelassen.
 

Er ging zu Jesko. Und hob plötzlich die Hand. Doch die schnellte gleich wieder

hinunter. Traf ihn flach im Gesicht. “Raus hier, hab ich gesagt! Du Miesgeburt!”

Und dennoch tat der Werwolf noch immer keinen Zucker. Es tat ihm wohl auch gar

nicht weh.
 

“Jesko?”, rief ich. Aber er reagierte gar nicht. Stand nur langsam auf. Öffnete

ganz leicht den Mund. Biss aber im nächsten Moment schon wieder die Zähne zusammen

und knurrte. Meine Augen weiteten sich. Was machte er denn? Pio würde ihn umbringen!

Dafür kannte ich ihn viel zu gut. Und auch schon viel zu lange.
 

Ein Knall ließ mich zusammen fahren. Wieder hatte der Vampir auf Jesko eingeschlagen

und der landete an der Wand. Jaulte vor Schmerz auf. “Lass ihn … Bruder!” Ich

sank auf dem Boden zusammen. Sollte er doch mit mir machen was er wollte, aber

Jesko sollte er in Ruhe lassen.
 

“Wie hast du mich genannt?”, fragte Pio. Wendete sich mit bösem Blick zu mir.

Ich hätte es wohl nicht sagen sollen. Wir waren keine Brüder. Keine ganzen

zumindest. Nur Halbbrüder. Seine Mutter war die, von der ich gedacht hatte, dass

es auch meine sei. Bevor ich erfahren hatte, dass ich zur Hälfte Mensch war.

Doch das ich nicht normal war, wusste ich eigentlich davor schon, so verachtend

er mich immer behandelt hatte.
 

“Wirf deinen Wolf raus, dann lass ich ihn in Ruhe, Kleiner!” Pio hatte die Hand

an meinen Hals gelegt. Mich fast sanft zurückgedrückt. Ich wehrte mich nicht. Er

war ohnehin stärker als ich, auch wenn er nicht so aussah.
 

Einmal atmete ich tief durch. “Jesko”, rief ich, “geh!” Er würde es doch sowieso

nicht tun. Jesko ließ mich nicht einfach alleine. Nicht mit ihm.
 

Leicht drehte sich Pio um. Schwankend stand der Werwolf jetzt vor ihm. Er blutete.

Mein Jesko blutete. Ich wollte ihm helfen. Kam aber einfach nicht los. “Hast du

deinen Herrn gehört?”, fragte mein Halbbruder. Sah ihn mit festem Blick an.

Langsam nickte Jesko. Blickte mich noch einen Moment an, bevor er zur Tür torkelte.

Ging er denn jetzt wirklich? Ich wollte nicht, dass er ging. War mir viel zu

sicher, was Pio mit mir anstellen würde.
 

“Jesko”, flüsterte ich, bevor mich Pio zu Boden warf. Dort rührte ich mich nicht

mehr. Wartete nur. Jetzt machte es mir nichts mehr aus, was er mit mir tat. Mein

Wölfchen würde es nicht sehen. Nicht wissen, wie mir wehgetan werden würde.
 

Pio beugte sich über mich. Ich spürte seinen Atem auf meiner Wange. Diesen ganz

leichten Hauch. Viel schwächer als meiner. Wie ich es Jesko erklärt hatte.
 

“Ach komm, Brüderchen, du kennst das doch schon.” Er streichelte über meine Brust.

Doch dazu zeigte ich keine Reaktion. Natürlich kannte ich das. Und ich hasse es.

Jede seiner Berührungen. Jedes Mal wenn seine Fingerspitzen meine Haut trafen.
 

Ich zuckte nicht einmal, als er anfing meine Brustwarzen zu massieren. Versuchte

meinen Atem ruhig zu halten. Obwohl ich mir vorstellte, dass Jesko mich anfasste.

Das wäre jetzt viel schöner gewesen. Lieber wäre ich jetzt auch bei ihm. Würde

jetzt lieber in seinen Armen liegen und nicht zwischen den Fingern meines

Halbbruders.
 

“Komm schon Jemil, mach doch mit! Früher hast du doch auch immer mitgespielt!”

Mitgespielt zwar schon, aber nie freiwillig. Er hatte mich doch dazu gezwungen.

Immer. Jedes Mal. Und das waren schon viel zu viele.
 

Ich spürte seine Lippen auf meiner Brust. Und eine seiner Hände unter dem Handtuch,

dass ich immer noch um meine Hüften hatte. Ich versuchte mich zu winden. Wollte

weg. Aber weit kam ich nicht. Er hielt mich ganz einfach fest.
 

“Wo willst du denn hin?” Ein fieses Grinsen bildete sich auf seinen Lippen.

Versetzte mich mehr und mehr in Panik. Dabei wusste ich doch schon was kam.

Brauchte doch eigentlich gar keine Angst haben. Es würde doch nur wehtun. So

schrecklich wehtun. Alles was Jesko so vorsichtig und gefühlvoll machte, tat

er mit Gewalt.
 

Ich presste die Augen zusammen, als er das Handtuch von meinem Körper riss. Sich

auf mich hockte. Sich selbst auszog. Dabei immer noch die Chance hatte meine

Arme festzuhalten.
 

Minute um Minute verstrich in der er auf mir saß. Mich erst nur ansah und dann

wieder anfing mich zu streicheln. Mich irgendwann auf den Bauch drehte. Ich

fiepte vor Angst. Mehr brachte ich nicht heraus. Eigentlich wollte ich schreien.

Aber meine Stimme versagte.
 

“Ach komm schon, Jemil, du kennst es doch schon viel zu gut.” Langsam versuchte

ich bei seinen Worten zu nicken. Zuckte aber nur zusammen. Brüllte vor Schmerz

auf. Dieses Stechen in meinem Unterleib ließ nicht mehr nach. Auch nicht, als er

anfing sich zu bewegen.
 

Eigentlich hatte ich den Schmerz schon lange nicht mehr gespürt. Viel zu lange.

Fast 7 Monate lang war das letzte Mal aber er. Doch jetzt war es wieder so

schlimm. Wie vor mehr als 5 Jahren, als er damit angefangen hatte. Als er es das

erste Mal getan hatte. Jedes Stechen, das ich schon damals gespürt hatte, war

wieder da. Wirklich als ob es das erste Mal wieder war.
 

Es vergingen Minuten. Ich wusste gar nicht mal wie viele. Versank irgendwann in

meinem Schmerz. Nur noch der war da. Kein anderes Gefühl Und kein anderer Gedanke.

Schmerz. Schmerz. Und noch einmal Schmerz.
 

Ich sackte auf den Boden, als Pio wieder von mir abließ. Und mich liegen ließ.

Einfach ging. Hätte er nicht zumindest noch irgendetwas sagen können. Einen Ton.

Ein Wort. Irgendetwas. Ihm fiel doch sonst immer irgendein dummer Spruch ein.
 

Doch ich hatte mich wohl zu früh gefreut. Er beugte sich noch einmal über mich.

„Bis zum nächsten Mal, Brüderchen, und lass dann bitte deinen Köter zu Hause.

Denn kann man doch nicht anschauen.“ Sanft hauchte er mir das ins Ohr. Mein Atem

wurde für einen Moment schneller. Wie konnte er nur so über Jesko reden? Meinem

Jesko!
 

Ich biss mir auf die Unterlippe. Ausrasten hätte ich können. Niemand redete so

über meinen Werwolf. Niemand. Und dennoch erwiderte ich nichts. Ich konnte nichts

sagen. Mein Körper wehrte sich regelrecht dagegen.
 

Ich hörte nur noch wie Pio den Raum verließ und mich zurück. Langsam rollte ich

mich auf den Rücken. Verharrte Minuten lang in dieser Position. Bemerkte gar

nicht, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Wie sie auf dem warmen Boden

verdampften. Wenn nicht gar früher.
 

Ich verkrampfte. Kauerte mich auf dem Boden zusammen. Mein Atem stockte immer

wieder. Obwohl ich es schon so oft mit ihm machen musste, konnte ich es doch

immer noch nicht richtig verarbeiten. Und dennoch konnte ich mit Jesko. Er war

anders. Das genaue Gegenteil von Pio. So verdammt fürsorglich.
 

Ich hörte die Tür. Wie sie geöffnet wurde und wieder leise geschlossen. Langsam

setzte ich mich auf. Versuchte mir das Handtuch, das noch auf dem Boden lag, zu

angeln. Doch da lagen schon zwei Hände auf meinen Schultern. Wanderten an meinen

Armen hinunter. Zu meinem Bauch. Bis zu meiner Hüfte. Ich sah zaghaft auf. Blickte

ihn die dunklen Augen von Jesko. Er strahlte mehr als nur Besorgnis aus. Mehr

lag wohl schon Schock in seinem Blick.
 

„Was hat er mit dir gemacht?“, fragte er. Doch ich erwiderte nichts. Drückte mich

nur an ihn. Wollte ihn spüren. Er würde mich sicherlich beschützen. Das würde er

doch? Ich schmiegte mich noch etwas enger an ihn. Wollte nicht mehr weg von ihm.

Und er sollte bei mir bleiben.
 

„Sag doch endlich“, flüsterte er mir ins Ohr. Aber ich erwiderte erneut nichts.

Konnte einfach nicht. Und er wollte wohl auch keine Antwort mehr hören. Streichelte

mir ganz leicht über den Rücken.
 

Eine ganze Weile saßen wir so auf dem Boden. Und ich brauchte gar nichts anderes.

Nur ihn. Das reichte mir. Da hob er mich plötzlich einfach hoch. „Ich bring dich

wieder auf dein Zimmer“, meinte er. Ich wehrte mich nicht. Schmiegte mich nur an

ihn.
 

„Schwitzt du nicht?“, fragte ich. Er hatte sich wieder angezogen und hier war es

nicht unbedingt kühler geworden. „Geht schon“, meinte er nur knapp. Marschierte

mit mir im Arm zu Tür. Die bekam er sogar ganz einfach auf.
 

Im Vorraum ließ er mich auf eine der kleinen Bänke sinken. Suchte in einem der

Spinde nach meinen Sachen. Kam damit auch schon im nächsten Moment zu mir. Um

mich anzuziehen. Ich wollte das eigentlich selber machen. Aber er war so wunderbar

fürsorglich. Jede Berührung von ihm genoss ich. Ich ließ jede zu. Dabei waren

das meiste Streicheln momentan nur versehen. Ich spürte doch, dass er mich gar

nicht anfassen wollte. Vielleicht fühlte er es, dass mir manches gerade unangenehm

war. Und dennoch ließ er mich nicht mehr richtig los. Seine Finger lagen immer

irgendwo auf mir. Jedoch ging er nicht mehr unter meine Taille. Erst als er mich

wieder hochhob. Und nur dann.
 

Als ich wieder in seinen Armen lag fühlte ich mich so unglaublich wohl. Er war

so schön warm und sanft. Er würde mich wohl nie so schroff anfassen wie Pio. Dabei

war doch der mit mir verwandt und er nicht. Jesko war nur ein Werwolf, den ich

mehr oder weniger verführt hatte. Und der jetzt fast freiwillig bei mir war.

Drängen oder gar zwingen musste ich ihn zumindest nicht mehr dazu.
 

Meine Lider wurden schwer. Aber ich wollte nicht einschlafen. Nur noch ein bisschen

länger wollte ich seine Wärme spüren. Er würde von mir ablassen, wenn ich erst

einmal schlief. Jeden Morgen hatte ich das bis jetzt bemerkt. Ich durfte nicht

neben ihm aufwachen. Eigentlich war ich das noch nie. Nie lag jemand auf dem

Bett neben mir wenn ich aus meinem Schlaf erwachte. Immer war ich allein. Ich

wollte das ändern. Er sollte das ändern.
 

Einen kurzen Moment drückte ich meinen Kopf gegen seine Brust. Hörte seinen

Herzschlag. Der war so beruhigend. So angenehm. Halte in meinen Ohren wider.

Versetzte mich fast in Trance.
 

„Jesko“, murmelte ich. Landete im nächsten Moment aber auf etwas Weichem. Erkannte

es nach fast einen Minute als ein Bett. Keines von meinen. Viel kleiner und

unbequemer. Ich blickte zu dem jungen Werwolf auf. Verstand nicht wo wir waren.
 

„Darf ich vorstellen: Mein trautes Heim“, verkündete Jesko. Ich sah mich langsam

um Das wirkte widerwärtig hier. Nicht wirklich lebenswert. Und da war ich schon

auf den Tod aus. Wie musste das erst bei diesen Kreaturen sein.
 

Ich blickte zu Jesko, der sich neben mir nieder gelassen hatte. So weit noch

Platz war. „Ich wollte dich nicht in eines deiner Zimmer bringen. Da war es mir

irgendwie ungemütlich.“ Er setzte kurz aus. Senkte den Kopf, den er leicht

schüttelte. „Hier ist es wohl nicht gerade angenehmer“, meinte er schließlich.

Ein Lächeln kuschte über sein Gesicht, als er zu mir Blickt. Ich setzte mich

auf. Schlang die Arme um ihn. „Wenn es dir so besser geht“, flüsterte ich. So

lange es ihm gut ging, war doch mir alles egal.
 

Da ging aber plötzlich die Tür auf. Ein Mädchen mit hellem lila Haar blickte uns

verschreckt an. „Äh ... 'Tschuldigung Jesko, ich ... äh?“, stotterte sie. Ihr

Blick verhoffte für mich wohl nichts Gutes.

Wie kann dieser Kerl nur ...?

So, so, jetzt sind es schon 50. Kommis. ^__^ Also komme ich einmal zum 2. Mal zu

meiner Fan-Post.
 

@YuMorino: -verbeug- Viel als bei dem letzten Mal kann ich schon gar nicht

sagen. Ich mag diese netten Kommentare einfach.
 

@midoriyuki: Ja, was soll ich sagen. Ich mag es, wenn ich meine Leser sich

auf die nächsten Kapitel freuen und wenn sie immer gespannt sind, wie es weiter

geht. ^^ Das 'Knutschkugeln' fand ich geil. ^^
 

@_BleedForFuckinLovE_: Sehen wir doch mal, ob sie noch fliehen müssen.

Geplant ist es ... vielleicht.
 

@AngelHB: Es ist schön, dass du dich immer so auf die Kapitel freust.
 

@ReinaDoreen: Du denkst noch immer so viel über meine Story nach. Das

finde ich so klasse. Manche lesen Stories nur und schreiben dann ein nettes

Kommi. Aber du denkst sogar noch über die Hintergründe und alles nach. -Daumen

hoch-
 

@glitzerrubin: Das ich so oft Gefühle beschreibe fällt mir bei schreiben

gar nicht auf. Gut das dir es zumindest auffällt. xD
 

@Ilona_Delagun: Wieder jemand, der Kommentare schreibt, die ich mag - so

richtig schön lang. Und ja, meine Rechtschreibung ist mies u.u dabei schreib ich

schon auf StarOffice (überprüft eigentlich die Rechtschreibung), aber es ist wohl

genauso intelligent wie ich. Word hab ich dann auch nur aufm PC von meinem Stief-

dad (der ist momentan knautschig wenn ich an seinen PC geh) und bei meinem Dad

(bin ich nur alle zwei Wochen), aber ich versuche mich zu besser. Versprochen.

Ach, und nicht Pio umbringen. Ich mag ihn auch wenn er nicht der Netteste ist.
 

@Hanny3660: Gelungen ist schon so hochgestochen -blush- Ich merke immer

nicht ob das, was ich schreibe, gut oder schlecht ist.
 

@Candy_Dolly_Gin: Du machst dir also um mein Wölfchen und mein Vampirchen

Sorgen. ^__^ Da werden sie sich freuen. ... Hoffentlich gefallen dir die Kapitel,

die noch kommen, auch noch.
 

@Flippi: Pio ist wohl einfach nur krank. Der typische kranke Vampir.

Und Jemil und Jesko werden jetzt wohl wirklich noch besser zusammen kommen.

Müssen sie doch auch.
 

@yuki15: Äh, ja, jetzt mal zu guter Letzt noch zu die Yuki. ... Ich liebe

dich auch ... aber ich nehme keine Heirats- und/oder Groupie-Anträge an.

Und danke, dass dir mein Schreibstil gefällt, dabei finde ich gar nicht, dass

der etwas besonderes ist.
 

@all: Und ganz zum Schluss noch ein dickes Lob an alle. Es gab bis jetzt

noch kein einziges "QuietschKreischKawaii-Kommi". Dafür möchte ich mich noch bei

allein Kommi-Schreibern bedanken. -verbeug-
 

Und jetzt noch viel Spaß mit dem 13. Kapitel!
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Lost Angel
 

Kapitel 13 – Wie kann dieser Kerl nur ...?
 

Jesko’s PoV
 

Wieso konnten wir denn heute nicht einmal etwas alleine sein? Ging das denn

nicht? Durfte ich ihn nicht einmal einen Moment in den Arm nehmen? Ohne das noch

jemand bei uns war? Oder durfte ich es gar überhaupt nicht mehr? Heute?
 

Krampfhaft drückte ich Jemil an mich. Als ob dann weniger auffallen würde, dass

er ein Vampir war. Seine fast weiße Haut und das helle Haar waren leider viel zu

auffällig. Die Werwölfin, die gerade in den Raum gekommen war trat ein oder zwei

Schritte zurück. Riss die Augen auf. Als ob sie ein Gespenst gesehen hätte.

Gewisse Ähnlichkeit hatte der Blonde in meinen Armen schon mit einem solchen.
 

„Bist du eigentlich irre, Jesko?“, fragte sie. Ich blickte auf den Vampir in

meinen Armen, der sich an mich drückte. Hatte er denn vor ihr Angst? Oder war nur

noch etwas Panik von eben übrig. Irgendwas war mit diesem Kerl gewesen. Doch er

hatte mir nicht einmal gesagt, was passiert war. Was sein Bruder – zumindest

hatte er ihn so genannt – mit ihm gemacht hatte. Obwohl ich davon schon eine

gewisse Vorstellung hatte. Nur von ihm wollte ich es noch einmal hören, ob ich

Recht hatte. Auch wenn es ihm schwer fallen würde.
 

„Er wird dich schon nicht beißen“, zischte ich nur. Drückte nur überdeutlich aus,

dass ich mit ihm alleine sein wollte. Doch Lana – so der Name der Lilahaarigen –

bemerkte das wohl gar nicht.
 

„Du kannst uns doch hier keinen Vampir anschleifen! Und erst recht nicht den!“,

fauchte sie mich an. Warf einen bösen Blick auf Jemil. Ich drückte ihn etwas

enger an mich. Kniff die Augen zu Schlitzen zusammen.
 

„Hast du denn ein Problem mit ihm?“, knurrte ich. Lana blickte mich geschockt an.

„Er ist der Sohn unseres Herren, den kannst du hier nicht mit herbringen! Dafür

kannst du getötet werden.“ Dem war ich mir die ganze Zeit überhaupt nicht

bewusst. Das wir gar nicht zusammen sein durften, hatte ich fast völlig

vergessen. Dabei war ich doch erst zwei Tage bei ihm. Seit meiner Flucht. Und

seit da hatte sich auch dieses Gefühl immer mehr hoch gekämpft. Das mich auch

gerade wieder durchzog. Mich dazu animierte ihn ganz leicht zu streicheln.
 

„Jesko?“

Ich war wie in Trance über seinen Körper gewandert. Hatte gar nicht mehr richtig

wahrgenommen, dass wir gar nicht alleine waren. Langsam blickte ich zu Lana auf.

Ihre Augen zeigten mir eigentlich nur, dass sie einen ganz schönen Schrecken

hatte. Normal war es eben nicht einen Vampir so anzufassen.
 

„Was treibst du da eigentlich?“

Mein Blick wanderte wieder zu Jemil. Der sich verängstigt an mich klammerte. Ich

glaubte kaum, dass er vor der Lilahaarigen Angst hatte. Eher dieser verdammte

Kerl, den ich am liebsten in der Luft zerrissen hätte. Dabei war der gar nicht

da. Jemil müsste nicht mehr so panisch sein. Eigentlich könnte er sich wieder

beruhigen. Ich war doch da und würde auf ihn aufpassen.
 

„Kennst du einen großen, dunkelhaarigen Vampir?“, fragte ich. Sah erneut zu Lana

auf. „Das trifft doch auf fast jeden zu.“ Sie zog eine Augenbraue hoch.

„Vielleicht seinen Bruder?“ Eigentlich wusste ich gar nicht, ob sie das wirklich

waren. Der andere hatte wütend ausgesehen, als Jemil ihn 'Bruder' genannt hatte.
 

„Bruder? Du meinst Pio. Ist ein dreckiges Arschloch!“ Das hatte ich auch schon

mitbekommen. „Äh, ... Wieso?“ Irgendwie wollte ich genügend über ihn wissen.

Möglicherweise würde ich so erfahren, was er mit Jemil angestellt hatte ohne denn

ausquetschen zu müssen. Er war schon beim Namen dieses Kerls zusammen gezuckt.
 

„Ein mieser Vergewaltiger ist er! Und das nicht nur von Werwölfen. Der muss sogar

über seine eigene Rasse herfallen.“ Kurz setze Lana aus. Überlegte wohl, ob sie

weiter reden sollte. Atmete dann schließlich tief durch und tat es doch. „Und

seine Lieblingsopfer müssen junge, süße Jungs sein. Wirklich pervers der Kerl.“
 

Ich schluckte. Er würde das doch sicherlich nie ihm antun? Zumindest nicht, wenn

sie wirklich irgendwie blutsverwandt waren. Ich könnte das einem meiner

Geschwister – auch wenn ich keine hatte – nie antun. Wer könnte das aber auch?

Man musste schon besonders kalt sein. Für so etwas würde man seine Gefühle

ausschalten müssen. Oder es wirklich schön finden können, jemanden zu quälen.
 

„Würde mich nicht wundern, wenn er es mit ihm auch schon mal getrieben hat.“ Lana

nickte in Jemils Richtung. Der hatte den Kopf an meine Brust geschmiegt. Fühlte

sich wohl gerade bei mir richtig wohl. Und jetzt würde ihn dieser Pio nicht mehr

anrühren. Nur allzu gut konnte ich mir vorstellen, dass er es mit Jemil getan

hat. Sonst wäre er ganz bestimmt auch im Moment nicht so verängstigt. Würde sich

sicherlich auch nicht so krampfhaft an mich klammern.
 

„Du hast dich hoffentlich nicht in die ... na ja, 'Geschäfte' von den Vampiren

eingemischt?“ Lana hatte sich neben mich gesetzt. Blickte mich durchdringend an

und wartete auf eine Antwort. Die gab ich ihr jedoch nicht. Streichelte Jemil nur

über das blonde Haar und seufzte. Aus meinem Schweigen könnte sie schon die

richtige Antwort lesen.
 

„Du hast also“, schlussfolgerte Lana daraus. Und wieder blickte sie den Vampir so

missmutig an. Es störte sie wohl, dass er sich so an mich klammerte. Eigentlich

lief da auch etwas zwischen uns. Zumindest glaubte die junge Werwölfin das –

soweit ich es aus ihrem Blick schließen konnte. Und gerade deswegen war ihr Jemil

im Weg. Sonst hing sie immer an meinem Arm. Doch der war jetzt besetzt. Und so

bald würde mich der junge Vampir auch nicht mehr loslassen.
 

„Was willst du mit dem überhaupt?“ Schweigend sah ich sie an. Antwortete wieder

nicht. Wenn ich es ihr sagen würde, dann könnte ich mir ohnehin nur eine

Standpauke anhören. Nicht gerade eines der schönen Dinge im Leben, die man

erleben durfte, wenn man Lana zu gut kannte. So gut wie ich eben. Und es war viel

zu gut gewesen.
 

„Könntest du auch einmal wieder etwas sagen? Sonst bist du doch auch nicht so

schweigsam!“, fauchte mich plötzlich Lana an. „Lass mich doch in Ruhe“, gab ich

nur mürrisch als Antwort. Drückte Jemil etwas an mich. Er zitterte leicht. Wie

konnte ihm dieser Kerl nur so etwas antun?
 

Irgendwie viel es mir erst jetzt auf, aber Jemil schwieg schon die ganze Zeit vor

sich hin. Irgendwie war das ungewöhnlich. Ich hatte noch nie einen Vampir

gesehen, der sich nicht in irgendein Gespräch eingemischt hatte. Das war – wenn

ich ehrlich sein durfte – gruselig.
 

Wütend schnaubend stand Lana wieder auf. Warf Jemil einen erneuten bösen Blick

zu. Doch sie zog auf einmal die Augenbraue hoch. „Kann es sein, dass der werte

Sohn unseres Herrn schläft?“ Ich blickte zu ihm hinunter. Strich ihm leicht über

die Wange. Und dennoch zeigte er keine Reaktion darauf. Schlief er denn wirklich?

Dann war er hier aber falsch aufgehoben. Schlafen sollte er lieber in seinem

eigenen Bett. Ich wollte ihm auch nur einmal kurz zeigen, wie ich leben durfte.

Aber so hatte das wohl keinen großen Sinn.
 

Vorsichtig nahm ich ihn hoch. Ging zur Tür, an der immer noch Lana stand. Einen

Moment hielt ich Inne.
 

„Willst du wirklich wissen, was ich mit ihm will?“

Sie begann eifrig zu nicken. Während ich einmal tief durchatmete.

„Ich würde ohne ihn wohl gar nicht mehr leben.“
 

Mit diesen Worten ließ ich sie stehen. Sollte sie sich doch selbst ausmalen, was

ich damit meinte. Aber im Grunde stimmte es. Er hätte mich genauso gut umbringen

können und hat es trotzdem nicht getan. Obwohl mir der Grund dafür schon bewusst

war. Ein bisschen etwas anderes steckte aber dennoch auch dahinter. Da war ich

mir sicher.
 

Langsam regte Jemil sich wieder. Kuschelte sich für einen Moment noch einmal an

mich. Fröhlich summte ich im ersten Augenblick. Nur kam mir dann wieder der

Gedanke, dass wenn uns jetzt jemand sehen würde, es nicht nur großen Ärger gäbe.

Das würde mehr geben. Aber dennoch löste er sich kein Stück von mir. Ich

schluckte. Wieso sagte er denn auch nichts? War das vielleicht doch nur eine

Bewegung im Schlaf gewesen?
 

„Jesko?“, flüsterte er da aber. „Hm.“ Ich konnte gar nicht mehr sagen. Wollte es

auch überhaupt nicht. „Wo bringst du mich hin?“ Ich sah kurz zu ihm. Meinte dann:

„In dein ... Euer ... dein ... äh ... Euer Zimmer.“ Dein oder Euer? Ich hatte

mich irgendwie für die höflichere Anrede entschieden. Erntete dafür aber nur ein

leichtes Lachen.
 

„Du kannst mich doch duzen.“

Durfte ich es wohl doch. Dabei war es mir aus irgendeinem Grund schon lieber ihn

außerhalb seines Zimmers zu siezen. Es kam mir sicherer vor. Wenn uns nur ein

einziges Mal jemand hören würde, wie wir ganz normal – ohne irgendeine Herr-

Diener-Beziehung – miteinander redeten. Was würde der denn über ihn denken?
 

Ich seufzte. Spürte aber schon wieder, wie er seinen Kopf gegen meine Brust

drückte. „Du bist schön warm“, flüsterte er. Klang noch etwas verschlafen dabei.

Ich schmunzelte: „Und du bist süß.“ Er sah zu mir auf. Zog eine Augenbraue hoch.

Gerade das hatte er wohl nicht erwartet. Damit war ich aber ehrlich. Irgendetwas

hatte er an sich. Etwas wirklich Zuckersüßes.
 

„In welches?“ Ich versuchte das Thema zu wechseln. Welch ein Glück, dass er so

viele Zimmer hatte. Zehn mussten es schon sein. „Such dir eins aus.“ Ganz toll,

jetzt war er auch noch eingeschnappt. Das hörte ich überdeutlich aus seinem

Tonfall heraus. Dann sollte ich mich wohl entschuldigen. Auf seine einfache Art.
 

Eine ganze Weile marschierte ich den Gang entlang. Einen Blick auf die hinteren

seiner Räume wollte ich schon immer einmal erhaschen. Sie konnten wohl auch kaum

alle gleich sein.
 

„Wenn du noch weiter läufst, rennst du gegen eine Wand“, knurrte Jemil. Gerade

als ich in das Zimmer rechts von uns abbiegen wollte. Das zweit letzte, wenn ich

mich nicht täuschte. Ich ließ seine Füße für eine Sekunde auf den Boden. Nur um

die Tür öffnen zu können. Doch dann ließ er sich gar nicht mehr hochnehmen. War

schon vor mir ins Zimmer verschwunden. Etwas verwirrt sah ich mich um. Eigentlich

nur um zu sehen, ob irgendwer anderes in der Nähe war. Ich hatte das komische

Gefühl, als wäre noch eine Person in diesem Gang. Aber ich sah nichts. Weder

links noch rechts. Dabei sagte mir mein Instinkt etwas anders.
 

„Kommst du, Jesko?“ Ich folgte seinem Ruf. Hätte am Liebsten aber sofort wieder

auf den Haken Kehrt gemacht.
 

„Nette Bilder, nicht?“ Jemil saß auf dem Bett und sah mit bewundernden Blicken

die künstlerischen Ergüsse an, die an den Wänden hingen. Ich schluckte fürs Erste

nur. Wollte dann aber trotzdem etwas erwidern.
 

„Akt-Kunst ist nicht gerade etwas für mich“, gab ich kleinlaut zu.
 

Jemil ließ sich zurückfallen. Rollte sich auf die Seite. „Ist irgendwas?“, fragte

ich. Erwartete so etwas wie eine Antwort gar nicht. „Mit dir nicht“, hörte ich

dann aber dennoch von ihm.
 

Ich setzte mich neben ihn. Nur um mich im nächsten Moment auch gleich leicht über

ihn zu beugen und seinen Bauch zu streicheln. Er zuckte zusammen. Rutschte ein

Stück weg. Aus meiner Reichweite. „Ich tu dir doch nichts!“ Hatte er denn jetzt

auch Angst vor mir? Dabei wollte ich ihn doch beschützen. Vor Pio. Und vor jedem

anderen, der ihm etwas tun wollte.
 

„Weiß ich doch, aber...“, flüsterte er. Wieso ließ er sich denn dann nicht von

mir anfassen? Wenn er es doch wusste, dann müsste er doch nicht vor mir zurückweichen.
 

Ich schluckte leise. Schlang dann einfach die Arme um ihn. „Lass mich los!“ Er

wehrte sich zwar mit Mühe dagegen. Kam von mir aber dennoch nicht los. „Ich tu

dir nichts!“ Etwas enger drückte ich ihn an mich. „Bist du dir da sicher?“ Für

einen Moment ließ ich die Umklammerung um ihn lockerer. Was sollte das denn

heißen? Ich würde mich doch noch beherrschen können!
 

„Was soll das heißen?“, fragte ich schließlich.

„Vollmond.“

Als Antwort reichte mir das gut und gerne aus. Wenn ich mich verwandeln würde

könnte ich mich vielleicht wirklich nicht mehr kontrollieren und auf ihn

losgehen. Aber das könnte auch nur passieren, wenn ich den Mond zu Gesicht

bekommen würde. Und momentan ging das nicht. In diesem Zimmer war kein einziges

Fenster. Wieso machte er sich also Sorgen?
 

Zärtlich leckte ich über seinen Hals. „Das kitzelt“, kicherte er. Und genau das

wollte ich hören. Nur einen fröhlichen Ton von ihm. Ich wanderte mit den Fingern

über seinen Bauch hinab zu seiner Taille. Bis zu seinen Oberschenkeln hinunter.

Er zuckte spürbar zusammen. Schob meine Hände weg, als ich an der Innenseite

seiner Schenkel wieder nach oben wandern wollte.
 

„Tut mir Leid“, seufzte ich. Schmiegte meinen Kopf an seinen Hals. Wenn er nicht

wollte, dass ich ihn so anfasste, musste ich es eben mit dem belassen.

Lass mich fliegen

Lost Angel
 

Kapitel 14 - Lass mich fliegen
 

Jemil's PoV
 

Schlaff lag ich in Jeskos Armen. Spürte jeden seiner Atemzüge. Jedes Pulsieren

seiner Adern unter der Haut seiner Fingerspitzen. Zärtlich streichelte er mich.

Fuhr mit den Fingern über jeden Zentimeter freie Haut. Tastete vorsichtig an

meiner Taille entlang. Glitt über meinen Bauch.
 

Ich drehte mich zu ihm herum. Krallte die Finger in sein Shirt. Drückte meinen

Kopf gegen seine Brust.
 

"Er wird dich nicht mehr anfassen", flüsterte Jesko. Drückte mich noch enger an

sich. Sein hitziger Atem brachte immer wieder mein Haar in Bewegung.
 

Ich schmiegte mich an ihn. Rieb meinen Unterleib an seinem. Als er mich ein

Stück von sich wegdrücken wollte, rollte ich mich auf ihn. Setzte mich auf sein

Becken. Wippte dort leicht auf und ab. Für einen Moment hielt er mich fest.

Presste mich auf sich. Nur um mich von meiner Bewegung abzuhalten.
 

Ich beuge mich zu ihm hinunter. Bettete meine Lippen auf die seinen. Binnen

Sekunden erwiderte er den Kuss. Ich wollte mich schon gar nicht mehr von ihm

lösen. Musste es aber dennoch.
 

Sanft strich ich über seine Wange. Legte mich schließlich ganz auf ihn. Schloss

für einen Moment die Augen. Um seine Wärme zu genießen.
 

Er wanderte mit seinen Finger über meinen Rücken. "Darf ich dich wieder zum

Fliegen bringen?" Ich blickte zu ihm auf. Verstand nicht, was er meinte.
 

"Du warst früher wie so ein Engel, na ja, ein ziemlich frecher Engel", flüsterte

er. Drückte meinen Kopf an seine Brust. Dabei kuschelte ich mich ohnehin schon an

ihn. Er war so schön warm. Ließ meine Haut angenehm prickeln.
 

"Aber du hast dir deine Flügel abschlagen lassen", hauchte er mir ins Ohr.
 

"Seit wann denn so philosophisch?", fragte ich. Biss leicht in sein Shirt.
 

"Darf ich jetzt?", wollte er wissen. Ich nickte langsam. "Wenn du es versuchen

willst", flüsterte ich. Setze mich wieder auf. Bettete meine Hände auf seine

Brust. Ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper, als ich über seine steifen Brustwarzen

glitt. Er stieß ein erregtes Seufzen aus. Bevor er mit seinen Händen an meiner

Seite entlang wanderte. Bis zu meiner Hüfte hinunter.
 

Ich wollte ihn nicht mehr nur für mein kleines Spiel missbrauchen. Ich wollte

mehr von ihm. Nicht nur die angenehmen Gefühle bei Sex. Er sollte immer so zu

mir sein. Immer so sanft.
 

Er streichelte über meinen Bauch. Wieder nach oben zu meiner Brust. Nur mein

Shirt trennte seine Fingerspitzen von meiner Haut. Und dennoch fühlte ich jede

seiner Berührungen so verdammt intensiv.
 

"Lass mich fliegen", flüsterte ich. Sank wieder auf ihn. Schmiegte mich so eng

wie möglich an ihn. Er legte die Arme zärtlich um mich. Stunden lang hätte ich

nur so daliegen können. Es hätte mir gereicht. Doch wir mussten doch wieder

gestört werden. Es konnte doch nur so kommen.
 

Auf einmal wurde die Tür aufgerissen. "Jemil?" Ich hob leicht den Kopf. Ließ ihn

aber gleich wieder auf Jeskos Brust sinken, als ich sah, dass es nur Mila war.

Er strich mir vorsichtig übers Haar.
 

"Ich muss mit dir reden", sprudelte es aus der Vampirin heraus. Doch ich machte

keine Anstalten mich aufzusetzen. Viel lieber blieb ich jetzt hier liegen. Doch

ich spürte ihren bösen Blick. Raffte mich schließlich hoch. Doch immer noch saß

ich auf Jesko, der hatte wieder seine Hände an meiner Hüfte. Massierte sie sanft.
 

"Du hast doch etwas davon gewusst!" Verwirrt blickte ich Mila an. Über was redete

sie denn. "Und du willst mich mit ihm nur eifersüchtig machen." Sie nickte in

Richtung des Werwolfes unter mir. Warf ihm auch gleich einen bitterbösen Blick

zu.
 

Ich zog eine Augenbraue hoch. "Über was redest du überhaupt?" Es wäre mir wirklich

lieber, wenn sie Klartext reden würde. Und wieso sollte ich sie eifersüchtig

machen wollen? Ich liebte sie doch nicht einmal.
 

"Das wir verheiratete sollen! Du wusstest es die ganze Zeit und schmeißt dich

trotzdem an einen Werwolf!" Meine Augen weiteten sich. Wanderten zu Jesko

hinunter, der mich unentwegt ansah. "Nicht die ganze Zeit, aber seit gestern",

flüstere ich. Viel zu leise.
 

"Und dann liegst du hier immer noch auf diesem Werwolf?" In Milas Augen sammelten

sich Tränen. Dachte sie denn, dass ich sie liebte? Das ich sie wirklich heiraten

würde? Das war doch Irrsinn. Zwar waren wir schon seit klein auf zusammen, aber

nie hatte ich etwas für sie empfunden. Nicht mehr, als für eine Schwester.
 

"Sie weint", murmelte Jesko. Schob mich sachte von sich herunter um sich aufzusetzen.

"Hör doch auf zu weinen." Wollte er sie denn trösten? Er?
 

Mila blickte ihn verwundert an. Obwohl ihr immer noch Tränen übers Gesicht liefen.

"Ach Wölfchen, du bist zu süß", seufzte die Vampirin und wischte sich mit dem

Handrücken das salzige Wasser aus dem Gesicht. Verlegen sah Jesko weg. Er mochte

es wohl nicht, wenn man ihn als 'süß' bezeichnete. Oder war er einfach nur

schüchtern. Denn er wurde leicht rot.
 

"Willst du sonst noch etwas?", fragte ich gekonnt kühl. Ich verspürte das Gefühl

mit Jesko alleine sein zu wollen. Und etwas anderes war da noch. Das mich dazu

trieb ihn zu küssen. Im jedes schöne Feeling, das es gab, zu geben.
 

"Wir sollten uns vielleicht einmal richtig ausreden. Immerhin sollen wir heiraten."

Ich seufzte überdeutlich gelangweilt bei Milas Worten. "Wir werden NICHT heiraten",

zischte ich, "vorher würde ich lieber von hier abhauen." Das stellte sie scheinbar

ruhig.
 

Sie atmete einmal tief durch. "Dann treib es doch weiter mit deinem Haustier",

brüllte sie schließlich. Tränen liefen ihr über die Wangen. Da machte sie aber

schon auf den Hacken kehrt und lief aus dem Raum. Knallte hinter sich die Tür

wieder zu.
 

"Du hättest nicht so gemein sein müssen", meinte Jesko. "Sie hat es verdient",

erwiderte ich darauf nur knapp. Er wollte schon seinen Satz wiederholen, als ich

seine Lippen mit den meinen verschloss. Sein Genörgel über mein Verhalten wollte

ich nicht hören. Sollte er mich doch anderweitig bestrafen. Reden half bei mir

ohnehin nicht mehr viel. Ein paar Tritte und Schläge waren mir gerade lieber.

Oder sollte er mich doch gleich missbrauche. Vielleicht ging dann dieses komische

Gefühl weg. Ich wollte es nicht mehr spüren.
 

Gewaltsam drückte er mich von sich weg. Bugsierte mich aufs Bett und presste

meine Arme aufs Laken. Ich zeigte keinerlei Gegenwehr. Wartete nur darauf, was

er weiter mit mir tun wollte.
 

Er schob meine Arme soweit zusammen, dass er sie mühelos mit einer Hand festhalten

konnte. Mit der anderen wanderte er unter mein Shirt. Nur ganz vorsichtig strich

er über meinen Bauch. Es kribbelte so angenehm.
 

Ich ließ jede seiner Berührungen zu. Was sollte ich aber auch groß anderes tun.

Immerhin hielt er mich immer noch fest. Und ich wollte mich gar nicht dagegen

wehren. Es fühlte sich aber auch zu gut an, auch wenn er mich nur ganz sanft

streichelte.
 

Er beugte sich zu mir herunter. Für eine Sekunde berührten sich sogar unsere

Nasenspitzen. "Du warst trotzdem fies zu ihr", meinte er vorwurfsvoll. Ließ mich

wieder los. Ich seufzte. Nicht über seine Aussage. Ich war enttäuscht. Eigentlich

hatte ich etwas mehr erwartet. Ein bisschen Spaß vielleicht. Oder auch nur ein

klein wenig mehr Zärtlichkeit.
 

Ich rollte mich auf die Seite. Während Jesko sich auf die Bettkante setzte.

"Wieso bist du überhaupt so?" Wie sollte ich denn sein? Ich war wie immer. So

wie ich zu anderen war. Ein bisschen kalt. Dagegen konnte ich nichts ändern.

Keiner hatte mir je gezeigt, wie man anders zu anderen sein konnte. Sollte er

doch versuchen es mir richtig beizubringen.
 

"Bekomme ich auch einmal eine Antwort?" Er riss mich aus meinen Gedanken. Doch

ich zuckte nur mit den Schultern. "Was meinst du?", fragte ich. Vernahm ein

überdeutliches Seufzen von ihm. "Wieso versuchst du deine Gefühle so zu verstecken?"

Wenn er es auch nicht gelernt hätte, wie man sie anderen gegenüber zeigte, dann

wüsste er es und müsste nicht fragen.
 

Wieder bekam er als Antwort nur ein Schulterzucken. Bemerkte er das überhaupt.

Ich wusste doch gar nicht, ob er mich eigentlich ansah.
 

"Du überspielst immer alles nur mit deiner kalten Art. Das bist doch überhaupt

nicht du! Früher warst du anders. Etwas zumindest." Ich drehte mich zu ihm herum.

Immer noch saß er am Bettrand.
 

"Was willst du denn schon groß von meiner Vergangenheit wissen?", zischte ich.

"Ich bin schon lange genug hier. Als du noch klein warst hast du mit Mila immer

im Garten gespielt." Ich zog eine Augenbraue hoch. Das war wirklich schon Jahre

her. 10 oder sogar noch mehr. "Und wie lange bist du schon hier?" Er wusste wohl

mehr über mich, als ich über ihn. "Seit fast... 12 Jahren. Seit mich dein Vater

gekauft hat. Ich war meinem letzten Besitzer zu nutzlos. Was kann man aber auch

schon von einem 4-jährigen Kind erwarten." Er senkte den Kopf. Fixierte mit den

Augen einen undefinierbaren Punkt am Boden.
 

Ich raffte mich hoch. Vor 12 Jahren? Da war ich 5 Jahre alt. Damals hatte ich

wirklich noch mit Mila im Garten herumgetollt. Da hatte ich noch wirklich Lust

darauf. Mila war zu dieser Zeit auch noch richtig süß. Wir waren so gut befreundet.

Doch wir lebten uns auseinander. Und jetzt würden wir uns wohl auch nicht mehr

näher zusammen kommen können.
 

"Was hast du denn dann schon groß bei uns machen können?" Ich legte die Arme um

ihn. "Für dich als Prügelknabe herhalten." Mein Blick war starr auf seinen Nacken

gerichtet. "Was?" Über was redete er denn da? Ich hatte ihn doch bis jetzt noch

nicht einmal geschlagen. Oder etwa doch. Davon müsste ich aber etwas wissen.
 

"Weißt du das nicht mehr?" - Er wendete sich leicht zu mir. - "Immer wenn dir

langweilig war, hast du dir einen der jungen Werwölfe herausgesucht und ihn

getreten und geschlagen. Rein aus Langeweile." Daran konnte ich mich wirklich

nicht mehr erinnern. Hatte ich das wirklich einmal gemacht?
 

"Oft genug hast du mich ausgesucht. Einmal hast du sogar zu mir gesagt, dass du

das nur machst, weil du mich niedlich findest. Seltsam. Nicht? Gerade deswegen

hast du mich doch letztens am Leben gelassen."
 

Meine Hände sanken auf seinen Schoss. Wie gebannt starrte ich ins Nichts. Wie

konnte ich so etwas vergessen. "Und doch ... tust du das?" Mein Atem stockte

immer wieder. Er nickte langsam. "Ich will dich wieder lachen sehen. Das war

viel schöner als der Blick, den du jetzt immer aufgelegt hast. Und ich ..." Er

setzte ab. Nahm meine Hände. Wie warm die seinen waren. "Wieso noch?", fragte

ich. Wollte das Ende seines Satzes immerhin hören.
 

"Nicht so wichtig", meinte er aber nur. Legte meine Arme um seinen Bauch. Ich

glaubte ihm nicht. Das war wichtig. Sonst könnte er es doch auch gleich sagen.

War es ihm etwa peinlich mir das zu erzählen. "Spuck es schon aus." Ich wanderte

mit meinen Händen weiter um seinen Bauch. Bis wir eng an eng aneinander saßen.

Meine Brust lag direkt auf seinem Rücken. Nur noch der Stoff unserer Kleidung

trennte unsere nackte Haut voneinander. "Es ist wirklich nichts Besonderes."

Wollte er wirklich so weiter machen? "Dann kannst du es mir doch ganz einfach

sagen." Meine Finger wanderten an seinem Bauch hinunter. Über seinen Schritt.
 

"Nein ... aber ... ich kann nicht." Er wollte sich also weiter weigern? Ich

drückte einfach zu. Ohne auf sein leichtes Wimmern zu achten. "Hm, komm schon."

Sanft bettete ich meine Lippen auf seinen Hals. Doch er schüttelte nur den Kopf.

Half das denn gar nichts? Was sollte denn schon so unwichtig sein, dass nicht

einmal das ihn überzeugen konnte, dass er es mir sagte? Musste wirklich etwas

sinnloses sein.
 

Ich ließ von ihm ab. sank wieder zurück aufs Bett. Schloss nur für einen Moment

die Augen. Doch schon im nächsten spürte ich Jeskos Hand auf meiner Wange. Ich

hob wieder ein Lid. Er hatte sich über mich gebeugt. Ich seufzte. Was wollte er

denn jetzt?
 

Meine Frage wurde schnell genug beantwortet. Ohne das ich überhaupt fragen musste.

Flink rutschte er auf mich. Schob mein Shirt hoch und begann meinen Oberkörper

zu verwöhnen. Nicht nur mit seinen Fingern. Viel genüsslicher fand ich das, was

er mit seiner Zunge machte. Wollte er mich damit zu irgendetwas animieren?
 

"Ach Jesko", seufzte ich. Fuhr durch sein weiches Haar. Er sah auf. Sein warmer

Speichel tropfte dabei auf meine Brust. Ließ meinen Körper für einen Moment

erzittern. Irgendwie leuchteten seine Augen regelrecht, als er ein Stück höher

zu mir kroch. Nur noch mit der linken Hand meine Brustwarze auf der Herzseite

leicht massierte. Und sich mit seinen Lippen lieber über die meinen hermachte.

Doch viel zu schnell ließ er wieder von mir ab.
 

"Wolltest du mich jetzt nur scharf machen?", fragte ich. Rappelte mich auf. Er

war von meine Füßen gerutscht und hatte sich neben mich gesetzt. "Ist das denn

so schlimm? Es muss doch nicht immer damit enden, dass wir miteinander schlafen."

Ich seufzte. Es wäre mir aber lieber gewesen. Am besten noch, wenn er mir richtig

dabei wehgetan hätte. Vielleicht hätte ich dann ein bisschen im Schmerz abschalten

können.
 

Aber wenn er nicht wollte konnte ich es auch nicht ändern.
 

Er legte zärtlich die Arme wieder um mich. Genüsslich kuschelte ich mich an ihn.

So war es doch eigentlich auch gelegentlich einmal ganz schön.

Für alles braucht man eine Erlaubnis

Lost Angel
 

Kapitel 15 - Für alles braucht man eine Erlaubnis
 

Jesko's PoV
 

Das er sich trotzdem noch so an mich kuschelte. Und das auch noch freiwillig.

Das hatte er doch sonst nicht so gemacht. Machte er es vielleicht wegen dem, was

ich ihm erzählt hatte. Vielleicht glaubte er es gar nicht. Eigentlich wollte ich

es selbst gar nicht wahr haben. Es war aber auch schon so lange her. Ihm hatte

es auch alles nur ein Jahr lang gefallen. Danach hatte ich ihn nur noch mit Mila

immer in Garten spielen sehen. Hatte gelacht. Richtig gelacht. Wieso war er nur

so unglücklich geworden? Eins der wenigen Dinge, die ich ihn einfach nicht

fragen wollte.
 

Erst vor ein paar Tagen war ich ihm also eigentlich wieder begegnet. Das er mich

einfangen sollte hätte ich gar nicht gedacht. Immer ersten Moment hatte ich auch

seine sonst so strahlenden Augen nicht erkannt, immerhin haben sie ihren schönen

Glanz völlig verloren. Und erst langsam ist es mir jetzt bewusst geworden, dass

er es gewesen war.
 

Ich drückte ihn etwas enger an mich. "Würdest du wirklich abhauen?", flüsterte

ich. War seinem Ohr ganz nahe. "Sicher", erwiderte Jemil. Ich spürte seine Finger

auf meiner Brust. Wie er zaghaft darüber wanderte.
 

"Hat es damals sehr wehgetan?" Ich zuckte leicht zusammen. "Was meinst du?" Er

seufzte bei meiner Frage. "Als ich dich früher geschlagen und getreten habe",

erwiderte er schließlich. Zärtlich drückte ich seinen Kopf an mich. "Nicht

sehr." Ich wollte ihm kein schlechtes Gewissen bereiten, obwohl es damals

verdammt wehgetan hat. Einige Narben hatte ich heute noch. Dass er die noch

nicht gesehen hatte. Es wunderte mich fast schon.
 

"Kann ich es irgendwie wieder gut machen?" Sanft fuhr ich durch sein blondes

Haar, als er das fragte. "Lauf mit mir weg!", hauchte ich. Berührte sein

Ohrläppchen mit der Zunge. Küsste seinen viel zu schönen Hals.
 

"Das kann ich nicht." Er vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge. Fühlte seine

Finger auf meinem Oberschenkel. "Wieso?" Ich wollte es wissen. Was gab es für

ihn schon für einen Grund noch länger hier zu bleiben? Wollte er denn bei seinem

verfluchten Bruder bleiben?
 

"Es ist einfach meine Pflicht. Ich darf nicht einfach von hier weggehen." Was

redete er denn? Was gab es denn hier schon groß für ihn? Niemand brauchte ihn.

Nur ich. Seltsamerweise war ich mir damit so unglaublich sicher.
 

"Was hält dich denn davon ab?" Ich wollte es wissen. Sollte er es mir doch sagen.

"Die Sonne und ... weil ich einfach nicht darf. Ich bräuchte seine Erlaubnis."

Zärtlich fuhr ich über seinen Rücken. Kicherte leicht. "Wessen Erlaubnis?"

Wirklich verstehen tat ich ihn nicht. Wessen Bewilligung brauchte er denn? Wer

stand denn schon noch über den Vampiren?
 

"Vom Ältesten. ... Und nur sein Blut könnte mich auch ans Sonnenlicht gewöhnen."

Ich drückte ihn an seinen Schultern weg. Er sah langsam zu mir auf. War das denn

der einzige Grund, wieso er nicht mit mir kam? Nur wegen den bisschen Regeln?

Wollte er sich denn auf Ewig daran halten? Obwohl er es sowieso schon gar nicht

mehr tat? Was war es denn, was er mit mir machte?
 

"Das ist doch egal. Der würde es dir ohnehin nicht erlauben. Nicht wenn du mit

mir weggehst." Ich zog ihn wieder zu mir. Doch er befreite sich fast mühelos aus

meinem Griff - wirklich festgehalten hatte ich ihn sowieso nicht - und setzte

sich auf.
 

"Gerade deswegen will ich es auch gar nicht erst versuchen. Und dass flüchten

nichts bringt, hast du selbst schon gesehen." Über diese Tatsache klang er nicht

einmal erfreut. Fast schon traurig. Wollte er etwa - obwohl er es nicht zugab -

von hier weg. Wieso sollte er aber auch nicht? Was hielt ihn denn hier?
 

"Schau mich nicht so an. Ich werde es doch schon versuchen." Ein zaghaftes Lächeln

bildete sich auf seinen Lippen ab, als er sich zu mir umwendete. Das sah sogar

einmal richtig süß bei ihm auf. Obwohl es kaum zu sehen war. Wenn man nicht ganz

genau hinsah.
 

Ich raffte mich zu ihm hoch. Legte meine Lippen kurz auf die seinen. Wie angenehm

das gerade war. Nur dieser eine Moment.
 

Ich wanderte an seinem Hals hinunter. Mein Atem schlug immer wieder dagegen.

Verflucht. Ich hatte höllischen Hunger. Alles hätte ich jetzt wohl gefressen.

Wohl am Ende sogar ihn. Selbst wenn ich es nicht gewollt hätte. Rein das

Hungergefühl hätte ich dazu getrieben.
 

"Du hast Hunger, richtig?" Er löste sich von mir. Ich nickte, gerade als er

aufstand. Sich noch einmal zu mir drehte. Überdeutlich seufzte. "Willst du

mitkommen?", fragte er. Ich nickte wieder. Liebend gerne kam ich mit. Dann

könnte ich mich vielleicht auch einmal wieder richtig voll fressen. Gleich

sprang ich auf und folgte ihm.
 

Wir marschierte nur durch die Gänge. Sie waren noch völlig leer. Wieso war denn

noch immer kein Vampir auf den Beinen. Könnte es wirklich sein, dass sie noch

nicht wach waren. War die Sonne noch immer nicht untergegangen.
 

Wir gingen durch einen der großen Säle. Dort hielt Jemil für einen Moment Inne.

Blickte zu einer der riesigen Flügeltüren. "Dahinter ist Victor. Der momentane

Älteste", murmelte er. Fixierte mit den Augen nur noch diese Tür.
 

"Dann gehen wir ihn nachher doch einfach einmal besuchen." Er schüttelte bei

meinen Worten abrupt den Kopf. "Du darfst da nicht mit hin. Das ist die heilige

Gruft. Nur ein Vampir darf dort hin." Ich schlang die Arme um ihn. "Wie sieht es

denn dann mit dir aus?" Er hatte den Kopf gesenkt. Tat so als ob er mir gar

nicht richtig zuhören würde. "Eigentlich ist es mir auch nicht erlaubt dort

hinzugehen. Aber im Grunde ist es jetzt auch egal."
 

Sanft löste er sich wieder aus meiner Umarmung. Ging weiter. Das Knurren meines

Magens deutete mir an, dass ich immer noch Hunger hatte. Lief ihm schließlich

hinterher.
 

Ich kannte mich schon lange nicht mehr aus. Wusste nicht wo wir waren. "Wohin

gehen wir?", fragte ich. "Da wo die Festmahle für unsere 'Gäste' aufbewahrt

werden." Eine etwas knappe Antwort für mich.
 

"Tob dich aus", verkündete der blonde Vampir, als wir durch die Küche, die ich

noch nie von innen gesehen hatte, marschiert waren. Direkt in den Kühlraum.
 

Ich konnte nur über das Staunen. Für was brauchten die Vampire das nur alles.

Sie aßen doch ohnehin nichts. Und für das Blut, das sie brauchten, war das hier

zu viel Platz. Immerhin war auch nicht nur ihr wichtiger Lebenstrank hier

aufbewahrt.
 

"Für ..." Er schnitt mir das Wort ab. "Selbst meine Familie braucht manchmal

frisches Menschenblut. Und niemand vermisst Menschen, wenn sie zu uns eingeladen

werden. Meinst sind es Alleinlebende, die keine Familie mehr haben. Man braucht

nur genug von ihnen. Das Festmahl war immer gigantisch. Nur nichts für mich." -

Er blickt zu mir - "Und bevor sie umgebracht worden sind, durften sie sich erst

einmal satt essen." - Einen Moment wendete es sich wieder ab - "Aber jetzt bist

erst einmal du dran."
 

Das musste er mir kein zweites Mal sagen. Ich fraß mich einfach einmal durch

alle Gänge hindurch. Hier gab es wirklich alles. Selbst feinsten Kaviar. Obwohl

das nicht für mich war. Fischeier waren doch zu eklig.
 

"Brauchst du noch lange?", rief Jemil nach gut einer halben Stunde, als ich

schon längst wieder auf dem Rückweg zu ihm war. Nur noch gelegentlich etwas aus

einem der endlosen Regale nahm.
 

Er hatte sich auf dem Boden zusammen gekauert, als ich ihn wieder fand. "Ist dir

kalt?", fragte ich. Setzte mich zu ihm. "Etwas." Seine Lippen wirkten blau und

seine Haut noch weißer, als sie es sowieso schon war.
 

"Na dann komm." Ich zog ihn hoch. Raus aus dem Kühlraum. Legte draußen einen Arm

um ihn. Drückte ihn etwas an mich. So wurde ihm rasch wieder warm. Gab ein

klangvolles Summen von sich. Fühlte er sich so wohl.
 

Für einen Moment hatte ich mich nicht ganz unter Kontrolle. Drückte ihn gegen

eine Wand. Hätte beinahe in seinen Hals gebissen. Der Wolf in mir trieb mich

dazu. Also war es zumindest nicht der Hunger.
 

"Lass das. Wenn uns jemand erwischt", zischte er. Sofort ließ ich ihn los. "Wer

denn? Mila vielleicht? Sie ist doch wohl die Einzige, die sich momentan schon

auf den Gängen herumtreibt." Wer würde das aber auch um diese Tageszeit sonst

auch tun.
 

Doch ich zuckte plötzlich durch näher kommende Schritte zusammen. Presste Jemil

wieder gegen die Wand. Lauschte. Mein Blick schweifte immer wieder nach links

und rechts. Ich spürte, dass dieser Jemand noch näher kam.
 

"Jesko, du lebst?" Ich wirbelte herum. Zwei fast schon zu dunkle, rote Augen

blitzen vor mir auf. "Laurin", fauchte ich, "was machst du denn hier?" Doch der

Jüngere beachtete mich gar nicht. "Ein Fledermäuschen. Zu süß." - Er grinste. -

"Was treibst du mit dem? Willst du ihn fressen?"
 

Ich spürte wie Jemil zitterte. Er hatte doch wohl vor dem guten Laurin nicht

Angst? Er war doch fast schon nur ein junges Schosshündchen. Noch schlimmer als

ich. Nur das er nie im Leben so gut gehorchen würde.
 

"Lass ihn in Ruhe", knurrte ich. Ließ den jungen Vampir langsam los. Dessen

Blick sich langsam in seinen ursprünglich kühlen verwandelte. Das er sich wohl

erschreckt hatte, wollte er gar nicht zeigen.
 

"Seit wann bist du mit einem solchen ... Sklaventreiber befreundet?", fragte

er. "Seit wann bist du tagsüber hier drin?", erwiderte ich jedoch nur mit einer

Gegenfrage. Laurin grinste. "Wenn Vollmond ist, lassen sie uns doch nie raus.

Sogar wenn es noch Tag ist. Und ich hatte keine Lust mich da unten noch länger

herumzutreiben."
 

Ich wendete mich von ihm ab. Hielt Jemil am Handgelenk fest. "Dann darfst du

dich jetzt geehrt zeigen und uns in Frieden lassen", zischte ich. Laurins Augen

verengten sich, als ich ihm noch einen Blick schenkte. "Verrätst du jetzt schon

deine eigene Art?"
 

Ich antwortete gar nicht. Zog Jemil hinter mir her.
 

"Wir werden jetzt zu diesem Victor gehen und ... beantragen, dass du gehen darfst."

Ich merkte gar nicht, wie er hinter mir zeterte. Bis er auf einmal stehen blieb

und ich einen Schritt zurück stolperte. "Trotzdem kann ich nicht einfach mit.

Die Sonne würde mich umbringen."
 

Ich hörte es heraus. Er wollte mit. Ja, er wollte. Aber diese eine Tatsache ließ

es einfach nicht zu. "Dann bring ich ihn für dich um, damit du sein Blut bekommst."

Es sollte fast nur ein Scherz sein. Nur fast. Tun würde ich es wohl.
 

"Idiot."
 

Sanft - fast zaghaft - legte er die Arme um meinen Bauch. Murmelte mir etwas ins

Ohr. Selbst für mich zu leise. Ich wollte ihn schon fast fragen, was er gesagt

hatte. Doch er meinte nur: "Irgendwann sag ich es dir noch mal!" Ich nickte. Das

würde er wohl tun.
 

"Sag du mir aber jetzt gleich: Wieso hast du dem Wolf gerade eben nichts von uns

gesagt?" Nicht gerade etwas, auf das ich wirklich antworten wollte. "Weil er es

war, der mich zum Fliehen animiert hatte. Dem wollte ich es einfach nicht

erzählen."
 

Jemil summte. "Dann hab ich dich wegen ihm." Wie spöttisch das doch klang.

Musste er so gemein klingen. "Ja", erwiderte ich schließlich knapp. Wenn es ihn

glücklich machte, dann war ich es auch.
 

Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen ab. Ich hatte es anfangs doch

eigentlich schon etwas dumm gefunden, dass ich mich zu dieser verfluchten Flucht

drängen habe lassen. Aber jetzt war es doch recht gut. Besser als jetzt konnte

es mir doch eigentlich gar nicht mehr gehen. Bis vielleicht auf die Sache, dass

ich bald nicht mehr hier sein würde. Obwohl selbst das gut sein konnte. Immerhin

würde ich mit ihm weg kommen. Nur mit ihm. Dem einzigen den ich ... nein, so

weit konnte ich noch gar nicht sein.
 

Ich schüttelte ganz leicht den Kopf. War ich denn wirklich schon so versessen

nach ihm. Oder war dieser Gedanke nur ein bloßes Versehen.
 

"Na komm." Er nahm meine Hand. MEINE Hand. Und zog mich jetzt hinter sich her.

Wollte er zumindest. Doch ich rührte mich kein Stück. Hatte nur den Kopf gesenkt.
 

"Was ist denn jetzt, Jesko?"
 

"Liebst du mich?" Es war nicht mehr, als ein Flüstern. Kaum der Rede wert. Er

hätte mich auch gar nicht hören müssen. Ich empfand es sogar fast als sinnlos,

dass überhaupt von mir gegeben zu haben.
 

Als er sich zu mir umdrehte wurde ich rot. Jede Tomate wäre eifersüchtig

geworden. "Etwas schon." Ich tat keinen Zucker bei seiner Antwort. Hatte er das

denn jetzt wirklich gesagt? Ganz echt? Ganz, ganz echt?
 

Ich blickte wieder auf. Doch er sah mich nicht mehr an. Zu gerne hätte ich

seinen Gesichtsausdruck gesehen. Daran würde ich vielleicht ablesen können, ob

er es ernst gemeint hatte. Nur so ging das einfach nicht. Dabei wäre mir sein

Blick jetzt wirklich wichtig gewesen.

Weg hier

Lost Angel
 

Kapitel 16 – Weg hier
 

Jemil’s PoV
 

Ich wusste, dass es eigentlich sinnlos war. Der überaus werte Victor – wenn ich

ihn mal so nennen wollte – hasste mich. Lag nur an meinem menschlichen Blut. Ich

war einfach niedriger dadurch. Zumindest für ihn.
 

„Wieso ist der überhaupt bei euch?“, fragte Jesko. Gerade, als wir eine riesige

Halle betraten. Ich schlich an der Wand entlang. Ich fühlte mich dort um einiges

sicherer. Und so blieb auch der Werwolf eher am Rand. Der Mond würde bald zu

sehen sein und immerhin war es Vollmond.
 

„Meine Familie sind direkte Nachkommen von ihm. Deswegen“, gab ich monoton zur

Antwort. Drückte mich noch etwas enger an eine der Wände. Das Mondlicht war einfach

nur eklig. Dabei war der Mond noch hinter einer Wolke verborgen.
 

„Und er kann wirklich unter der Sonne leben?“ Jesko machte wirklich einen verwirrten

Blick. „Die Ersten konnten das.“ Ich verstand nicht mal, wieso er noch in der

Finsternis lebte, wenn er genauso gut ins Licht könnte. Ich wollte hier unbedingt

raus und konnte es nicht. Aber er könnte und tat es nicht.
 

„Jemil!“ Eine eiskalte Stimme erfüllte den Raum. Ließ sogar mich erzittern. Jesko

verkroch sich gleich in die nächste Ecke. Eigentlich durfte er auch gar nicht hier

sein.
 

„Du besudelst diesen Raum schon mit deiner Anwesenheit und dann schleifst du mir

auch noch eine solche Dreckstöle von Werwolf an. Ich kann mir gar nicht vorstellen,

dass du wirklich mein Ur-Enkel bist.“ Er sah kaum 10 Jahre älter aus als ich. War

es aber um einiges mehr. Ein paar Tausend würden es wohl mit Leichtigkeit treffen.
 

Ich fixierte mit den Augen einen undefinierbaren Punkt auf dem Boden. Er hasste

mich wirklich. „Ur-ur-ur-Enkel“, flüsterte ich. „Was hast du gesagt?“ Victor

drückte meinen Kopf hoch. „Ich bin euer Ur-ur-ur-Enkel.“
 

Mein Atem begann zu stocken. Jetzt traute ich mich gar nichts mehr zu sagen. Das

Letzte war ohnehin schon falsch. Er würde mich einfach umbringen. Ohne mit der

Wimper zu zucken. Ein ganz typischer Vampir eben.
 

Ich fuhr zusammen, als er seine riesigen Schwingen spannte. Graue Flügel, die an

die von einem Dämon erinnerten. Mit spitzen Enden. Ohne große Mühe konnte er

damit jemanden aufspießen. Fast Hilfe suchen, wanderte ich mit meinem Blick durch

den Raum. Wo war nur Jesko hin?
 

„Was willst du hier überhaupt, Missgeburt?“, knurrte Victor. Rammte eine Spitze

seiner Flügel durch meine rechte Hand, die er mir kurz zuvor nach oben gedrückt

hatte.
 

„Ich … ich wollte fragen, ob ich … von hier … weg darf.“ Mehr als ein Flüstern

war es nicht. Etwas anderes brachte ich auch gar nicht heraus. Wieso half mir den

Jesko nicht?
 

„Etwa mit dem Werwolf?“ Langsam nickte ich auf die Frage. Versuchte krampfhaft

nicht zu Wimmern.
 

Blut lief an meinem Arm hinunter. Tropfte ungehindert auf den Boden. Wo sich

schon eine Pfütze bildete. Sich zudem auch durch die Fugen der Fließen floss. Wie

wenn es von hier weg wollte.
 

Ich begann zu zittern. Sanft viel das Mondlicht durch das riesige Deckenfenster

in den Raum. Mein Blick wanderte zu diesem hoch. Schlagartig weiteten sich meine

Augen. Es war Vollmond. Wieso verängstigte mich das überhaupt? Jesko hatte sich

doch nur verwandelt. Er würde sich nicht unter Kontrolle und mich wohl einfach

mit zerreißen. Wenn er überhaupt so weit kommen würde.
 

„Lasst mich bitte los“, flehte ich. Erntete aber nur einen bösen Blick. „Wieso

sollte ich?“ Ein knurren Beantwortete aber auch gleich seine Frage. Victor drehte

sich leicht um. Vorstellen konnte ich mir schon, was er sah.
 

Er zog seinen Flügel aus meiner Hand und ich sank auf den Boden. Kauerte mich für

einen Moment zusammen. Die Wunde würde wohl so bald nicht heilen. Und dennoch

schneller, als bei einem Menschen.
 

Ein weiteres wütendes Knurren zerstörte die Stille, die sich im Raum breit gemacht

hatte.
 

„Du Biest wagst es, dich hier zu verwandeln?“, zischte Victor.
 

Mühsam raffte ich mich hoch. Torkelte einfach an ihm vorbei. Ich konnte mich

nicht richtig auf den Beinen halten. Weiß Gott wieso. Zaghaft schwankte ich auf

Jesko zu. Er hatte wirklich seine Wolfsform angenommen. Fletschte die Zähne.

Knurrte immer noch.
 

Ich hatte nicht einmal richtig Angst vor ihm. Mein Hündchen würde mir doch nie

wehtun. Das könnte er doch nie.
 

„Na beruhige dich, Jesko“, murmelte ich. Stand schon direkt vor ihm. Er hatte

sich nicht mehr gerührt. Nur noch diesen eigentlich Angst einflössenden Laut von

sich gegeben. Immer und immer wieder.
 

Sanft legte ich die Arme um ihm. Das sein Fell so weich war, hätte ich nicht

gedacht. Es war richtig flauschig.
 

Leicht seufzte ich. Sein Atem raste. War mit keinem Maß zu messen.
 

Ich wollte mich noch einen Moment an ihn drücken, doch da drückte er mich auf

einmal weg. Ich landete auf dem Boden. Hörte eine Schrei. Sofort presste ich die

Augen zusammen. Victor hatte ihn doch sicherlich umgebracht. Mein Jesko. Und ich

konnte ihm nicht einmal helfen.
 

Vorsichtig drehte ich mich um. Hätte es aber am Liebsten gleich gelassen. Der

Körper des Vampirältesten lag schlaff auf dem Boden. Sein Kopf war zwischen

Jeskos Klauen. Der ihn aber fast achtlos fallen ließ.
 

Ich rutschte zurück. Bis ich die Wand spürte. Jetzt hatte ich vor ihm Angst.

Wieso tat er so etwas? Würde er das mit mir auch einfach tun?
 

Er tapste zu mir. Beugte sich über mich. Sein Atem schlug gegen mein Gesicht.

Roch so dreckig. Meine Augen sprangen zwischen den seinen immer wieder hin und

her. Konnten sich nicht festlegen. Schon eines alleine jagte mir einen Schauer

über den Rücken.
 

„Jesko“, flüsterte ich, als er an mir roch. Seine eisige Nase wanderte über

meinen Hals. Genauso wie seine schon fast pfotenähnlichen Hände ihren Weg über

meinen Körper suchten.
 

Ich drückte mich immer enger an die Wand. Presste die Augen zusammen. Spürte

plötzlich seine Zunge. Sie glitt über mein Gesicht. Erkannte er mich? Wusste er

wer ich war?
 

„Jemil?“ Ich wagte es langsam wieder die Augen zu öffnen. Er blickte mich fast

wie ein treuer Hund an. Doch selbst das ließ nicht gerade Vertrauen in mir wachsen.

Er war noch immer in dieser Form. Und seine Klauen waren Blut verschmiert. Genauso

wie sein Maul. Hatte er sogar etwas von ihm gefressen?
 

Ich wusste nicht, wie lange wir so da gesessen sind. Ob es nur Minuten oder sogar

Stunden waren. Zumindest rappelte ich mich irgendwann auf. Wollte hier weg. Doch

er schlang die Arme um meine Hüfte.
 

„Tut mir leid. Ich konnte nicht anders. Er hat dir wehgetan“, flüsterte Jesko.

Schmiegte den Kopf an meinen Bauch. Ich presste die Auge wieder zusammen. Als ich

sie wieder öffnete fuhr ich mit den Fingern über seinen Kopf. Kraulte ihn ganz

leicht hinterm Ohr. Sanft summte er. Ließ seine Hände wieder auf den Boden

wandern.
 

Binnen weniger Minuten hatte er sich wieder zurückverwandelt. Scheinbar hatte er

es nicht einmal selbst bemerkt. Er blickte mich nur mit großen, traurigen Augen

an.
 

„Es tut mir wirklich leid“, flüsterte er wieder. Wie oft wollte er sich denn noch

entschuldigen. Jetzt war es doch ohnehin schon zu spät.
 

Sanft wischte ich ihm übers die Lippen. Etwas von dem Blut musste weg. Es widerte

mich nämlich jetzt schon an. Vor Ekel wischte ich meine Finger an seinem Shirt

ab. Ich wollte das Zeug wieder weg haben.
 

„Du trinkst es. Willst es aber nicht an den Händen haben.“ Zärtlich lächelte

Jesko. Legte die Arme wieder um mich. Drückte mich vorsichtig an sich. Sein Herz

raste. Natürlich. Er hatte gerade einem Vampir einfach den Kopf abgerissen.

Wahrscheinlich wusste er nicht einmal selbst, dass er so stark war.
 

„Wir müssen hier weg“, flüsterte ich. Versuchte mich aufzurappeln. Doch er presste

mich wieder auf den Boden. Fuhr mit den Finger an der Innenseite meiner Schenkel

entlang.
 

„Jesko! Hör auf! Dafür ist jetzt wirklich keine Zeit!“ Ich versuchte mich

krampfhaft von ihm zu lösen. „Es ist jetzt doch egal, wie viel wir von diesem Ort

noch besudeln. Das Blut eines Ältesten haben wir hier schon verteilt.“ Ich zappelte

bei seinen Worten. „Du hast es verteilt. Du hast ihn getötet!“
 

Mein Atem stockte. Langsam wurde ich panisch. Dieses Gefühl wollte ich gar nicht

bei ihm haben. Zu oft hatte ich es schon in anderen Situationen – die wohl

schlimmer waren – erleben müssen.
 

„Bitte Jesko! Hier kann jederzeit irgendein Vampir reinkommen. Dann sind wir tot!“
 

Er löste langsam die Umarmung. Ließ sogar mit seinen Fingern von mir ab. Ich

konnte mich wieder hoch raffen. Schwankte leicht. Immer noch tropfte Blut von

meiner Hand aus auf den Boden. Es wollte wohl gar nicht aufhören zu bluten. Wie

ich diese verfluchte rote Flüssigkeit doch eigentlich hasste. Das Einzige, für

das sie gut war, war um sie zu trinken. Aber das konnte ich weder mit meinem

eigenen noch jetzt mit dem von Victor.
 

Langsam wanderte mein Blick zu dem Ältesten. Wie kaltblütig war Jesko eigentlich

wirklich? Er konnte immerhin einfach jemanden umbringen.
 

Der Werwolf stand langsam auf. Stützte sich mit den Armen links und rechts neben

mir ab. So konnte ich wieder nicht weg und hing hier fest.
 

„Du wolltest gehen“, flüsterte er mir ins Ohr, „aber vorher könntest du dir doch

etwas von seinem Blut holen. Dann könnten wir einfach von hier weg.“ Ich

schüttelte langsam den Kopf. „Jetzt nicht mehr. Ich würde den Tod mit trinken.

Darauf hab ich nicht wirklich Lust.“
 

Ich legte die Arme über seine Schultern. Sah ihn für einen Moment an, bevor ich

mich mehr oder weniger unter ihm hervor kämpfte. Er blieb noch einen Moment

stehen. Drehte sich dann zu mir. Atmete mit einem Seufzen aus. Ich nahm zärtlich

seine Hand. Zog ihn hinter mir her. Wenn ihn hier jemand erwischen würde, wäre er

tot. Das wollte ich nicht. Er wollte mich doch wieder zum Fliegen bringen. Dazu

sollte er noch kommen. Und das lebendig.
 

„Seit wann hältst du mich denn so fest?“, fragte Jesko. Ich hatte gar nicht

bemerkt, wie ich krampfhaft seine Hand drückte. Wollte ich ihn denn gar nicht

mehr loslassen? „'Tschuldigung“, nuschelte ich. Wurde aber gleich von ihm sanft

gedrückt. Das kam mir eigentlich mehr so vor, als ob es nicht wirklich wäre. Als

ob es gar nicht passieren würde.
 

„Komm endlich.“ Ich versuchte mich von ihm zu lösen. Wir mussten einfach von hier

weg. Und trotzdem waren wir erst bis zur Tür gekommen.
 

Jesko hm-te nur zur Antwort. Ließ sich schließlich gefügig von mir weg ziehen.
 

Ich stolperte samt ihm auf den Gang hinaus. Blickte mich erst einmal nervös um.

Bis jetzt war niemand zu sehen. Das könnte sich aber binnen Minuten ändern. Es

würde wohl keinem sehr gut gefallen, dass Victor tot war. Und es würde wohl

ohnehin alles auf mich fallen. Selbst wenn ich nichts damit zutun hätte – was ich

leider Gottes hatte. Immer fiel alles auf mich, wenn irgendetwas passierte. Der

Mischling war's. Da hatte ich schon viel zu oft gehört. Und dabei verstand ich

früher dieses Wort nicht einmal. Hatte nicht verstanden, wieso sie mich als

'Mischling' bezeichneten.
 

„Willst du jetzt auch ohne die Erlaubnis von ... Victor mit mir von hier weg?“

Jesko riss mich aus meinen Gedanken. Fast zaghaft begann ich auch zu nicken. Was

sollte ich auch hier noch zu suchen haben? Wer würde mich auch jetzt noch hier

haben wollen?
 

Ich hörte Schritte, die ziemlich schnell näher kamen. Hatte es schon jemand

bemerkt? Das ging doch eigentlich nicht. Denn hätten wir doch jetzt sehen müssen.
 

Mein Herz begann zu rasen. Ich drückte Jesko gegen die Wand. Der ließ das sogar

mit sich machen. Spürte er meine Panik?
 

„Beruhige dich. Der kommt aus der anderen Richtung“, hauchte er mir ins Ohr. „Ist

doch egal. Dein blutverschmiertes Gesicht würde man aber trotzdem sehen.“ Ich

wischte ihm wieder übers Angesicht. Viel half es ohnehin nicht. Aber zumindest

ein bisschen.
 

„Das wird doch nichts.“ Wie er mich anlächelte. So unschuldig. Dabei war er das

doch gar nicht. Würde es jetzt sicherlich auch nicht mehr werden.
 

„Jemil?“ Ich zuckte zusammen. Wirbelte herum. Drückte dabei Jesko noch mehr an

die Wand. Der jaulte kurz auf. „Was machst du denn hier? Wenn dich jemand sieht.

Du weißt doch, dass dich hier keiner haben will. Victor ist doch für dich tabu.“

Wieso musste es gerade Joe sein? Wieso? Der Kerl hatte einen größeren Knall, als

es jede Bombe auf diesem Planeten je haben wird.
 

Joe zog eine Augenbraue hoch. „Und was macht der Werwolf hier?“ Ich ging einen –

winzig kleine – Schritt nach vorne. Nur damit Jesko nicht ganz so zwischen mir

und der Wand eingeklemmt war. „Von hier wegbringen“, meinte ich sicher. Gelogen

war es doch ohnehin nicht. Er musste sowieso von hier weg. Genauso wie ich.
 

„Ok.“ Es wirkte nicht so, als ob mir Joe wirklich glauben würde. Damit hätte er

aber auch Recht.
 

Ich schob Jesko schon wieder vor mir her, als er sich noch einmal an mich wendete.
 

„Weißt du, wieso Mila geheult hat?“ Abrupt blieb ich stehen. Sie hatte noch mal

geweint? Doch nicht wieder wegen mir und Jesko? Das wäre doch eigentlich dumm.

Schon immer wusste sie doch eigentlich, dass ich nichts von ihr wollte. Gar

nichts. Wir waren doch immer nur Freunde. Mal bessere und mal schlechtere. Und

dann heult sie wirklich wegen mir?
 

„Nein“, meinte ich schließlich knapp. Drückte den Werwolf weiter. Langsam sollten

wir uns wirklich beeilen. Joe ging jeden Tag zu Victor. Jeden verfluchten Tag.

Nur um sich bei ihm einzuschleimen. Zum Titel 'Lieblings-Ur-ur-ur-Enkel' war er

schon aufgestiegen. Was für ein Glück für mich zumindest, dass er nicht mein

Bruder war, sonder nur irgendein weitläufiger Cousin. Und trotzdem war er manchmal

sogar nützlich. Doch wirklich nur manchmal.
 

„Willst du wirklich irgendetwas mitnehmen?“ Jesko blickte mich musternd an, als

ich einen Kleiderschrank durchwühlte. „Nur einen langen Mantel“, antwortete ich.

Irgendwie musste ich mich doch vor dem Sonnenlicht schützen. Da würde so etwas

wohl am besten helfen.
 

Jesko zuckte knapp mit den Schultern. Er brauchte ohnehin nichts. Werwölfe konnten

gut und gerne durch die Sonne marschieren und sich sogar bräunen. Das würde ich

nie können. Die Schatten würden das Einzige für mich bleiben.

Anfang der Veränderung

Lost Angel
 

Kapitel 17 – Anfang der Veränderung
 

Jesko’s PoV
 

Wie gebannt starrte ich auf meine Hände. Sie waren noch immer Blut verschmiert.

Ich hatte wirklich einen Vampir getötet. Einfach so. Mein Körper hatte mir nicht

gehorcht. Nur der Geruch von Jemil hatte mich einen Moment wieder unter Kontrolle

gebracht. Doch dann war da der Geruch seines warmen Lebenssaftes. Der ließ meine

Sinne wieder aus den Rudern geraten. Ich war wieder wütend geworden. Dieser

verfluchte Victor hatte ihm weggetan und dann tötete ich ihn. Ja, ich war ein

Mörder. Ich hatte einen Vampirältesten getötet.
 

„Wasch dir die Hände!“ Ich hob den Blick Sah zu Jemil. Er hatte sich gerade einen

langen, schwarzen Mantel mit Kapuze übergeworfen. Dann wollte er wirklich mit mir

von hier weg. Knapp nickte ich. Marschierte ins Bad.
 

Minuten lang ließ ich das lauwarme Wasser über meine Finger laufen. Viel half es

nicht. Dieses verdammte Rot ging nicht ab. Es wollte wohl gar nicht.
 

Zwei Arme legten sich um mich. „Du musst Seife nehmen“, flüsterte Jemil. Ich

hm-te nur. Nahm besagtes Stück. So ging es wirklich einfacher.
 

„Dann können wir?“ Er zitterte ganz leicht. War er sich seiner Sache doch nicht

so sicher? Das sah aber noch vor einigen Minuten anders aus.
 

Ich nickte. Trocknete mir nur noch schnell die Hände ab, bevor ich ihn mit einem

leichten Ruck einfach hinter mir herzog. Wir sollten so bald wie möglich weg

sein. Das ganze Haus würde bald in Aufruhe sein. Spätestens wenn Joe ihn gefunden

hätte.
 

Jemil stolperte nur hinter mir her durch die Gänge. Den Haupteingang würden wir

nicht nehmen um raus zu kommen. Einer der unendlichen Hinterausgänge würde wohl

besser hinkommen.
 

„Mach mal ein bisschen langsamer“, flehte der Vampir. Aber flehte er wirklich?

Irgendwie kam mir das bekannt vor. Es war doch erst vor ein paar Tagen genau

anders herum.
 

„Zieh dir die Kapuze über“, trug ich dem Blonden auf, als wir durch einen kleinen

Gang liefen. Ich wusste, dass an dessen Ende eine Tür nach draußen war und dass

es wohl noch hell sein würde.
 

Wie ich es ihm auftrug tat er es. Zog sich die Kapuze tief ins Gesicht. Nicht

einmal mehr seine Augen konnte ich sehen.
 

Ohne große Vorwarnung riss ich die Tür auf. Natürlich strahlte die Sonne noch vom

Himmel, aber in seiner Montur sollte sie ihm – hoffentlich – nicht viel anhaben

können. Bis jetzt wimmerte oder schrie er auch noch nicht vor Schmerzen.
 

„Nehmen wir die Pferde?“, fragte Jemil. Hob nicht einmal den Kopf. Wäre aber wohl

auch zu gefährlich gewesen. Ich nickte langsam. Auch wenn ich diese Tiere überhaupt

nicht mochte. Einmal hatte mich schon eins getreten. Und halb zertrampelt bin ich

von ihnen auch schon geworden. Nutzloses Viehzeug.
 

Ich schlich durch den Stall. Versuchte mich so weit wie möglich von irgendwelchen

Hufen fern zu halten. Die Pferde hatten schon wütend zu schnauben begonnen, als

ich nur die Tür geöffnet hatte und jetzt hatte sich daran nicht viel geändert.

Das ‚nicht mögen’ beruhte sich wohl auf Gegenseitigkeit.
 

„Die hassen mich“, flüsterte ich. Jemil hatte sich einem Rappen zugewendet. Das

schwarze Tier ließ sich genüsslich die Nüstern streicheln. Doch als ich näher zu

dem Vampir trat schnaubte auch es nur wütend.
 

„Ganz hinten müsste ein Schimmel stehen. Der ist ganz lieb.“ Der Blonde wies nach

hinten und ich marschierte in die Richtung. Versuchte einfach mal das Hufekratzen

der Pferde nicht zu beachten. Die würden mich wohl wirklich liebend gerne

zertreten sehen.
 

Am hinteren Ende des Stalles stand wirklich ein fast weißes Pferd. Und es blickte

mich auch nicht so wütend an, wie die anderen. Beinahe erleichtert atmete ich

auf, als ich näher zu ihm ging. Doch es wich zurück.
 

Etwas verwirrt wendete ich mich um. Jemil war immer noch im vorderen Teil und um

Hilfe bitten wollte ich ihn gar nicht. Diesen ängstlichen Gaul würde ich schon

irgendwie erwischen.
 

„Na komm her, Pferdchen“, flüsterte ich und trat wieder einen Schritt näher auf

es zu. Aber es ging wieder zurück. Blickte mich mit großen Augen an. Große Lust,

das noch lange zu machen hatte ich nicht.
 

„Blöder Gaul, komm her!“, zischte ich. Jedoch verängstigte es das wohl nur noch

mehr. Immer weiter versuchte es sich von mir zu entfernen. Irgendwann würde es

schon gegen eine der Boxenwände laufen. Passierte sogar recht bald.
 

Ich tapste wieder etwas weiter auf es zu und das – dumme – Pferd ließ sich von

mir in eine Ecke treiben.
 

„Jesko! Was brauchst du denn so lange?“, hörte ich Jemil hinter mir fragen. Das

Tier vor mir blieb abrupt stehen. Blickte den Vampir fast schon freudig an.

Trabte dann einfach an mir vorbei auf ihn zu. Ließ sich von Jemil streicheln.
 

„Mich hassen Pferd“, murrte ich. „Sie spüren wohl eher, dass du Angst vor ihnen

hast.“ Ich wirbelte zu dem Blonden herum. „Angst?“ Ich verzog mein Gesicht zu

einem Schmollen. Angst gegenüber solchen Huftieren war für mich ein chinesisches

Fremdwort.
 

Jemil nahm das Zaumzeug, das an einem Hacken an der Wand hing und legte es dem

Pferd an. Er ging mit dem Tier fast schon fürsorglich um. Das lag doch nicht nur

daran, dass ich dabei war.
 

Wieder im vorderen Teil angekommen stand dort auch schon der Rappe – auch

gezäumt. Es schien aber, als ob mich das Tier böse anschauen würde. Richtig

schauderhaft.
 

Etwas unsicher sah ich zu dem Schimmel, der neben mir stand. „Und damit wollen

wir jetzt wirklich abhauen. Zu Fuß wären wir sicher schneller“, meinte ich. Er

war doch auf alle Fälle um einiges schneller als jedes Pferd in diesem Stall.

Auch wenn das wohl auf mich nicht zutreffen würde.
 

„Du aber nicht“, säuselte Jemil. Ließ die Zügel – die er eigentlich jetzt von

beiden Pferden in Händen gehalten hatte – auf den Boden sinken. Legte die Arme um

meine Schultern. Diese wirklich eigentlich winzigkleine Berührung fühlte sich

plötzlich so seltsam an. Ich verstand nicht mehr, was ich fühlte.
 

Ich näherte mich mit meinen Lippen seinem Ohr. „Willst du denn anderen Grund

wissen, wieso ich das alles mit mir machen lassen?“, flüsterte ich. Langsam

nickte er. Schluckte auch gleich. Irgendwie wirkte er aufgeregt.
 

Ich schlag leicht die Arme um ihn um ihn etwas näher zu mir zu ziehen. „Weil ich

dich … lie … lie …“ Ich konnte es einfach nicht aussprechen. Es blieb mir Wort

wörtlich im Halse stecken und als ob es gar nicht heraus wollte.
 

„Was denn jetzt? Du ‚lie’ mich?“ Er löste sich aus meiner Umarmung sah mich

verwirrt an. Das löste sich aber bald wieder auf. „Na ja, du kannst es wohl immer

noch nicht sagen.“ Leicht kratze er sich am Ohr. Beugte sich dann nach unten um

die Zügel wieder aufzuheben und mir einen davon in die Hand zu drücken. „Wir

sollten los“, meinte er bestimmend und zog sich auch gleich wieder die Kapuze

über den Kopf. Seine schönen Augen verschwanden fast darunter.
 

Seufzend tapste ich hinter ihm her nach draußen. Ein kalter Wind schlug ihm ins

Gesicht, als er nach draußen trat. Der Schnee knirschte unter seinen Schritt, als

er ein Stück weiter ins Freie ging. Sich leicht umsah, was ich ihm auch sofort

gleichtat. Es war noch immer ziemlich hell. Erst in ein paar Stunden würde die

Sonne untergehen. Bis dahin sollten wir weit genug weg sein.
 

Jedoch machte ich mir Sorgen um ihn. Wenn nur einmal eine Böe im die Kapuze vom

Kopf reißen würde, dann könnte er sich auf einen kurzen, aber schmerzvollen Tod

einstellen. Zumindest wenn er direkt von der Sonne erwischt werden würde. Zwar

sah es momentan eher danach aus, dass es bald wieder zu schneien anfangen könnte

– die Wolken hatten einen Großteil des Himmels bedeckt – aber das würde nicht

immer so bleiben. Im Sommer wird ihn die Hitze sicherlich noch umbringen. Doch

bis dahin war es noch lange hin.
 

Ich legte meine Hände auf seine Hüften. Nur für einen Moment. Spürte wie er

leicht zusammen zuckte. „Was ist denn?“, fragte er. Drehte sich leicht zu mir.

Ich drückte meinen Kopf gegen seinen Hals. Sein Herz begann schneller zu

schlagen. Ich fühlte nämlich wie das Blut auch um einiges schneller durch seine

Halsschlagader floss. Unbewusst biss ich mir leicht auf die Zunge.
 

„Wir müssen los!“, meinte er ruhig, aber bestimmend. Löste sich wieder von mir.

Eins ganz leichtes, kleines Lächeln hatte sich auf seinen Lippen gebildet. Mein

Körper wurde schlagartig etwas wärmer. Nur weil er ganz kurz die Mundwinkel etwas

hochgezogen hatte. Er wirkte so … niedlich. Und dennoch hatte ich ihn noch nicht

richtig lachen sehen. Das wollte ich doch eigentlich. Also war das doch schon ein

Schritt in die richtige Richtung. Nur noch ein bisschen mehr. Ein kleines

Bisschen. Das würde ich doch noch mit Leichtigkeit schaffen.
 

Langsam tapste ich hinter ihm her. Mit den Zügeln des Pferdes in der Hand.

Anmutig stieg er auf das seinige auf.
 

„Komm! Beeil dich!“ Jemil warf mir einen kurzen Blick zu. Unsicher wendete ich

den meinem zu dem Tier neben mir. Es scharrte nervös mit den Hufen, als ich

versuchte hochzukommen. Da trat es aber plötzlich einen Schritt auf die Seite und

ich verlor das Gleichgewicht. Landete im kalten Schnee.
 

„Drecksvieh!“, brüllte ich. Bekam jedoch auch gleich mit, dass Jemil nur den Kopf

schüttelte. „Du wirst doch auf ein Pferd kommen?“, meinte er mit gehobener

Augenbraue. „Als Werwolf hat man das leider nicht gelernt“, zischte ich wütend.

Bereute es aber schon im nächsten Moment.
 

„Tut mir leid.“ Verwirrt blickte ich auf. Hatte er sich gerade bei mir entschuldigt?

Das klang irgendwie seltsam. Rein sein Tonfall. War das sein wirkliches Ich? War

er so wirklich? Schüchtern? Zurückhaltend? Zerbrechlich? So wirkte er zumindest

gerade. Und irgendwie mochte ich es sogar. Dieser kalte Charakter war einfach nur

grausam. Er tötete doch damit nur seine ganzen Gefühle ab.
 

Nach meinem zweiten Versuch schaffte ich es auch auf das Pferd zu kommen. Etwas

nervös sah ich zu Jemil. Ich hatte wohl doch Angst vor diesen Tieren. Doch wieso

fand ich auch gleich darauf heraus.
 

Plötzlich stellte sich das Pferd des Vampirs auf die Hinterbeine. Wieherte

verängstigt. Ich wusste im ersten Moment nicht einmal was los war. Bis das Tier

ganz umstürzte. Meine Augen weiteten sich. Aus Angst sprang ich vom meinigen

wieder ab. Aber nur um nach Jemil zu sehen. Er hatte wohl Glück im Unglück. Das

Huftier war genau neben ihm zu liegen gekommen und jetzt sah ich auch, von was es

so verschreckt worden war. Eine riesige Fledermaus hing an seinem Hals. Als diese

die Zähne wieder aus dem Pferd zog schweifte sein Blick über die Umgebung.
 

„Es sieht uns nicht“, flüsterte Jemil. „Was ist das?“, fragte ich. Es wirkte wie

irgendeine mutierte Fledermaus. Zumindest sah dieses Ding so aus. Nur viel zu

groß. Und Eckzähnen, die bis über das Maul herausragten. Und das was ich zuerst

für Augen gehalten hatte waren nur Felllappen. Etwas wie Augen hatte es wohl gar

nicht.
 

„Ein kleines Gen-Experiment“, gab der Vampir leise zurück. Ich schluckte. Das

wäre wohl das, dem es am nächsten kam. „Wenn wir nicht zu laut sind, kann es uns

nicht einmal hören.“
 

Zaghaft rappelte Jemil sich auf. Ging langsam um das ‚Tier’ herum. Sein Pferd war

wohl nicht mehr am Leben, weswegen er sich gleich dem meinen zuwendete. „Ruhig“,

flüsterte er, als auch dieses sich gerade aufbäumen wollte.
 

Dieses Etwas kroch auf mich zu. Fletschte die Zähne. Mir entfuhr ein Schlucken,

als ich auch wieder aufstand. Es konnte mich gar nicht sehen, hatte er gesagt.

Ich hoffte doch mal, er hatte Recht.
 

Schnellen Schrittes bewegte ich mich zu Jemil, der schon auf meinem Pferd saß.

Mit einem Ruck hatte ich hinter ihm Platz genommen.
 

„Runter“, meinte ich und griff über ihm hinweg nach den Zügeln. „Was soll das?“,

fragte er, als ich mich fast ganz über ihn beugte. „So trifft dich die Sonne noch

weniger“, erwiderte ich. Legte einen Arm um seinen Bauch und gab den Tier die

Sporen. Es wieherte kurz auf, bevor es los lief. Dieses seltsame Fledermaus-Vieh

hatte das wohl auch gehört und drehte sich langsam um. Doch es blieb dennoch auf

dem Boden sitzen. Im kalten Schnee würde es wohl bald erfrieren.
 

„Da hinten geht ein Weg durch den Wald zum nächsten Dorf. Gegen Abend könnten wir

dort sein“, meinte der Blonde. Versuchte sich leicht wieder aufzurichten, doch

ich drückte ihn wieder auf den Rücken des Pferdes.
 

„Ich weiß“, erwiderte ich, „und du bleibst schön unten!“
 

Durch den Lauf des Pferdes wurde der Schnee aufgewirbelt. Etwas machte ich mir

Sorgen, dass uns jemand folgen würde. Wir waren momentan auch die einzigen die

für den Mord am Ältesten Victor in Frage kommen würden.
 

Für einen Moment presste ich die Augen zusammen. Ich zog ihn da doch nur mit

rein. Aber er wollte wieder rum doch davor von hier weg. Und ich war wohl erst

ein Grund um es wirklich zu tun. Davor wäre er zu Victor sicher auch gar nicht

gegangen. Doch es war ein Fehler mich mit zunehmen. Hätte er sich nur nicht an

die Regeln gehalten.
 

Ich beugte mich etwas tiefer über ihn. Ganz leicht zitterte er. Minusgrade

mussten wir wohl schon längst haben und sein Körper konnte sich doch ohnehin

nicht richtig selbst wärmen. Dann würde einfach ich diese Arbeit übernehmen.
 

„Was wird jetzt mit Pio?“, fragte ich irgendwann. Ob er überhaupt über dieses

Thema reden wollte, wusste ich eigentlich nicht. Aber zumindest versuchen konnte

ich es.
 

„Was soll mit ihm sein? Das er auf die verdammte Idee kommt, mich zurückholen zu

wollen, kann ich mir schon vorstellen. Das werden sie alle, wenn erst einmal

herauskommt, wer Victor getötet hat. ... Nur wird sich dann Pio einen Spaß daraus

machen mich zu quälen, wenn sie mich erst einmal wieder eingesammelt haben.“ Kein

Funken Gefühl lag in seiner Stimme.
 

Ich schmiegte mich etwas an ihn. Er fror doch immer noch. Es würde wohl auch so

bald nicht aufhören.

Blutdurst

Lost Angel
 

Kapitel 18 – Blutdurst
 

Jemil’s PoV
 

Mir stieg der Geruch von frischem Blut in die Nase, als ich die Augen wieder

leicht öffnete. Irgendwann war ich wohl eingeschlafen. Langsam setzte ich mich

wieder ganz auf. Rieb mir dabei die Schläfe.
 

„Wieder wach?“, flüsterte Jesko. Ich spürte einen seiner Arme um meinen Bauch.

Etwas verwirrt sah ich mich um, bevor ich leicht nickte. Es war dunkel geworden.

Oder waren wir nur tiefer in diesem verfluchten Wald.
 

„Riechst du das auch?“, fragte da plötzlich der Werwolf. „Wenn du das Blut

meinst, dann ja“, gab ich knapp zu Antwort. Blickte nach oben. Strahlend standen

die Sterne vereinzelt am Himmel. Doch mein Blick suchte einen anderen

Himmelskörper um den ich mir viel mehr Sorgen machte.
 

„Der Mond ist wohl hinter den Wolken, falls es dich beruhigt.“ Als ob er gewusst

hätte, wieso ich so angestrengt den Nachthimmel absuchte. Aber es war ohnehin

nicht schwer zu erraten. Was sollte ich schon sonst wollen? Sterne beobachten

wohl kaum.
 

„Verflucht“, zischte Jesko, als sich das Pferd sträubte weiter zu laufen. „Es

riecht es auch“, meinte ich. Glitt von dem Tier herunter. Hielt dem jungem

Werwolf die Hand hin. „Wir gehen zu Fuß weiter. Das wird eh nicht mehr wollen.“

Als ich das letzte Wort ausgesprochen hatte sprang auch der Dunkelhaarige von dem

Huftier. Nahm ihm aber noch vorsichtig das Zaumzeug ab. „Jetzt bist du auch

frei“, meinte er noch zu ihm, bevor er ihm einen Klaps gab und es wie von Sinnen

davon lief.
 

„Das kommt mir wie ein Massaker vor“, meinte ich, als der Geruch immer stechender

wurde. Selbst ein gewöhnlicher Mensch hätte ihn wohl jetzt schon längst gerochen.

Krampfhaft hielt sich das Wölfchen die Nase zu. „Das ist widerlich“, knurrte er.
 

Je weiter wir gingen. Je schlimmer wurde es. Irgendwann wollte Jesko nicht mehr.

„Das stinkt verdammt dreckig!“ Er wollte umdrehen. Doch ich hielt ihn fest. „Wir

laufen aber dann auch nur zurück“, meinte ich. Umklammerte seine Hand. „Dann

nehmen wir doch einfach den querfeldein Weg“, schlug er vor. Doch das wollte ich

nicht. Auf dem eigentlichen Weg war man doch noch am sichersten. Weiß Gott, was

auf einen lauerte, wenn man denn nur einen Moment verlassen würde.
 

„Ich gehe da nicht mehr weiter.“ Er hatte wohl meinen Blick bemerkt. „Komm schon.

Es wird schon nicht so schlimm sein.“ Zaghaft versuchte ich zu lächeln. Jesko

seufzte. Spürte er, dass ich seine Idee nicht so wunderbar fand. „Sei kein

Hasenfuß“, murmelte er. Wohl eher zu sich selbst, als zu mir. Marschierte dann

schnurgerade an mir vorbei.
 

Ich krallte bald schon die Finger in sein Mantel – das er überhaupt einen

anhatte. Mir wurde auch verdammt kalt. Schon die ganze Zeit. Und es schien, als

ob es nur noch kälter werden würde.
 

Jesko blieb plötzlich stehen. Von weiten konnte man schon Licht sehen. Bis zu dem

Dorf, das dort sein sollte, war es jetzt nicht mehr weit. Aber zu dem beißenden

Blut Geruch war noch etwas anderes gekommen. Der Geruch von Feuer und verbrannten

Leichen.
 

„Das ist mehr als ein Massaker.“ Meine Finger bohrte ich noch tiefer in den

Stoff. Drückte meinen Kopf gegen Jeskos Schulter. Sein Blick war starr auf das

Licht, das sich leicht durch die Bäume kämpfte. Woher die Helligkeit kam, konnte

ich mir schon denken.
 

„Du wolltest weiter, also komm!“ Er zog mich einfach hinter sich her. Anfänglich

wehrte ich mich noch etwas. Doch dann gab ich es einfach auf. Im Grunde hatte er

doch Recht. Und immerhin wollte ich doch weit genug von diesem verdammten Ort

weg. Ein kleines Blutbad wäre da doch nicht so schlimm.
 

Durch jeden Schritt stieg mir mehr und mehr dieser grässliche Geruch in die Nase.

Es trieb mir den Geschmack von Galle in den Mund. Doch jedes eklige Gefühl

verflog auf einmal, als Jesko meine Hand ganz leicht drückte.
 

„Du willst mir doch nicht etwa umkippen?“, fragte er scherzhaft. Etwas verlegen

sah ich zu Boden. „Natürlich nicht“, meinte ich schließlich. „Dann komm doch. Wir

müssen doch nur durch, ab dann werden sie doch sicherlich unsere Spur verlieren.“

Etwas verwirrt sah ich zu ihm. „Wie meinst du das?“, wollte ich wissen. Er zog

nur leicht die Mundwinkel hoch. „Bei dem Blutgestank können die nie im Leben

unsere Spur wieder finden.“
 

Ich hörte ihm kaum noch zu. Mir lief auf einmal das Wasser im Mund zusammen. Wie

in Trance ging ich an Jesko vorbei. „Jemil?“ Es klang, als ob ich Watte in den

Ohren hätte.
 

Er packte mich an der Schulter. Zog mich zurück. „Was ist denn?“, fragte ich.

„Stimmt was nicht?“, erwiderte er aber nur mit einer Gegenfrage. Für einen Moment

überlegte ich. „Ich hab Durst“, antwortete ich schließlich. Und es stieg in mir

wirklich hoch. Der Geruch hatte das nur angetrieben. Plötzlich roch es auch gar

nicht mehr eklig, sondern richtig lecker.
 

Verwirrt sah der Werwolf mich an. „Was willst du denn? Hier müsste irgendwo ein

Fluss sein.“ Er drehte sich leicht um. Ließ mich dabei auch wieder los. „Ich will

Blut!“ So schnell konnte nicht einmal ich schauen hatte er sich auch schon wieder

umgedreht.
 

„Wa... Was hast du gesagt?“, stotterte er. „Ich. Will. Blut“, wiederholte ich es

einfach noch einmal ganz langsam. Trat einen Schritt auf ihn zu und legte meine

Arme um seine Schultern.
 

Noch nie hatte ich dieses Gefühl so deutlich gespürt. Eigentlich kannte ich es so

gar nicht. „Dann nimm meines“, meinte Jesko und drückte meinen Kopf an seinen

Hals. Ich brachte nicht einmal die Zähne auseinander, selbst wenn ich zubeißen

wollte.
 

„Dein Blut will ich nicht“, zischte ich und befreite mich aus seinem Griff.

Drehte mich wieder um und tapste weiter in Richtung dieses Dorfes. Es würde wohl

genügend geben, die ohnehin schon so gut wie tot waren. Ein paar mehr oder

weniger würden da schon nicht auffallen.
 

„Jemil! Bleib hier!“, rief er mir hinterher. Wieso hielt er mich nicht einfach

zurück? Dann würde ich ihn aber vielleicht doch beißen müssen. Das könnte ich

doch gar nicht. Ich blieb wieder stehen. Der Geruch war noch stärker geworden.

Nur noch um eine Biegung, dann würde das Dorf direkt vor mir liegen.
 

Ich schluckte. Das wäre ein Genuss.
 

Da schlangen sich plötzlich zwei Arme um mich. „Komm wieder zu dir!“ Wieder

klang es so abgedämpft. „Ich brauch es“, flüsterte ich. Versuchte mich zu

befreien. Kam aber einfach nicht mehr los.
 

„Bitte, Jesko. Riechst du es denn nicht auch. Dieses Süßliche. Es ruft nach mir.

Das spüre ich“ Doch er ließ mich nicht los. Egal wie sehr ich mich losreißen

wollte. Egal wie sehr ich ihn anflehte.
 

Immer wieder trieb ein leichter Wind den Geruch in meine Nase. Langsam, aber

sicher, schalteten alle meine Sinne ab. Nur der Drang nach Blut blieb. Aus

irgendeinem Grund waren auch auf einmal Jeskos Arme weg. Ich konnte mich wieder

frei bewegen.
 

Ich bekam nicht mehr mit, was ich tat. Nur dieses Warme in meinem Gesicht spürte

ich. Wie es sich in meinem ganze Körper ausbreitete und diesen verfluchten Durst

stillte. Bis er ganz weg war.
 

Ich sank zu Boden. Starrte in den Himmel. Ein Knurren riss mich wieder völlig aus

meiner Trance. Verwirrt blickte ich mich um. Alles war Blut überströmt. Kein

Zentimeter des Marktplatzes, auf dem ich saß, war nicht davon bedeckt. Und alle

paar Meter lag eine Leiche. Gelegentlich auch einmal einige auf einem Haufen.
 

Ich zuckte zusammen. Mein Atem begann zu rasen. War ich das gewesen? Hatte ich

sie einfach getötet?
 

Wieder dieses Knurren. Ich sprang auf und wirbelte herum. Sank aber gleich wieder

zusammen, als ich sah, was da vor mir stand und die Zähne fletschte. Ein Wolf.

Ein Werwolf und es war nicht Jesko. Der war doch viel kleiner. Und hatte nicht so

zerzaustes Fell.
 

„Jesko“, flüsterte ich. Eigentlich wollte ich es brüllen. Doch ich war nicht im

Stande dazu. Ich zitterte am ganzen Körper, als ich zurück wich. Der Wolf

verwandelte sich mit jedem Schritt, den er auf mich zutat, weiter zurück.
 

„Dreckiger Vampir“, zischte er, als er wieder ganz zum Menschen geworden war.

Tief dunkle Augen funkelten mich an.
 

„Lass ihn!“ Ich atmete fast erleichtert auf. Jesko. Wieso hatte er mich denn

nicht aufgehalten?
 

Der andere Werwolf drehte sich zu ihm herum. „Dieses Vieh hat aber mein

Abendessen versaut, Schosshund.“ Erst jetzt viel es mir auf. Aus meiner Angst

heraus hatte ich es wohl auch gar nicht gesehen. Seine Hände waren mit Blut

getränkt und auch an seinen Mundwinkeln klebte es. Dann hatte er das hier

angerichtet und nicht alleine ich.
 

„Du hast .... dieses Dorf ausgelöscht?“, fragte Jesko. Kam einige Schritte näher

und lief auch gleich um den anderen herum zu mir. Stellte sich schützend vor

mich. „Genau das habe ich, Kleiner.“ Er sah ihn herablassend an. Wieso auch

nicht? Jesko stellte sich als Wolf vor einen Vampir um ihn zu beschützen. Das war

nicht gerade eine normale Tatsache.
 

„Dann möchte ich mich für den Vampir entschuldigen. Er hatte nur Durst.“ Mein

Werwölfchen verbeugte sich tief. Blieb sogar einige Sekunden unten und wagte es

erst dann wieder hochzukommen.
 

„Du entschuldigst dich für eine Blutsauger? Hast du denn gar keinen Stolz?“ Jesko

blickte bei den Worten des anderen wieder auf den blutigen Boden. „Doch, aber

...“ Ich hörte es regelrecht, wie er sich leicht auf die Unterlippe biss.
 

„Dann verschwinde mit deinem Freund von hier. Lauf am besten um dein Leben, sonst

werde ich euch auch noch fressen!“ Jesko sah auf. „Danke“, murmelte er und

wendete sich zu mir. Nahm meine Hand und zog mich hinter sich her.
 

Erst als wir wieder aus diesem verfluchten Dorf draußen waren, ließ er mich

wieder los. „Wieso hast du das gemacht?“, fragte der Dunkelhaarige. Wendete sich

zu mir. Ich antwortete nicht. Fixierte mit den Augen einen Stein, der auf dem Weg

lag. Nur ein kleines Steinchen.
 

Jesko drückte meinen Kopf mit Gewalt hoch, sodass ich ihn ansehen musste.

„Antworte! Wieso?“
 

Irgendetwas änderte sich gerade zwischen uns. Doch wirklich wissen, was das war,

wusste ich wohl bis jetzt noch nicht.
 

„Ich hatte einfach solchen Durst.“ Meine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern.

„Dann nimm das nächste Mal meines!“ Ich spürte den scharfen Unterton. „Das könnte

ich nie“, murmelte ich. Wie sollte ich das je tun?
 

„Weißt du wie weit es bis zum nächsten Dorf ist?“, fragte ich. Krallte die Finger

in den Stoff seines Mantels. Während er die Arme um meine Schultern legte.
 

„Einen guten halben Tagesmarsch, würde ich sagen. Bis morgen früh konnten wir

dort sein.“
 

Leicht seufzte ich. „Dann beeilen wir uns.“ Jesko hielt mich jedoch fest, als ich

gehen wollte. „Was ist denn?“, fragte ich. „Nimm meines das nächste Mal, auch

wenn du nicht kannst. Bitte!“ Ich zog die Augen zusammen. Das wollte er doch gar

nicht tun. Und ich auch nicht. Lieber würde ich sterben wollen, bevor ich ihn

beißen würde.
 

Das Gefühl wurde wohl schlimmer. Ich wendete mich noch einmal zu dem Werwolf, als

der mich einfach nicht gehen lassen wollte. „Ich mag dich“, meinte ich. Vor

Schreck ließ er mich sofort los.
 

„Nicht mehr“, fragte er, als er sich scheinbar wieder von seinem leichten – ganz

leichten – Schock erholt hatte. „Vielleicht“, erwiderte ich knapp, „wie ist es

denn bei dir?“ Er zog nur die Schultern hoch. Zog den Kopf gleichzeitig ein. Was

sollte das denn jetzt heißen?
 

„Weiß ich nicht.“ Er löste sich wieder aus seiner Starre. Lief schließlich auch

einfach an mir vorbei. Ich sah ihm nur verwirrt hinterher.
 

„Warte!“, rief ich und sprintete hinter ihm her. Bis ich mit ihm wieder auf

gleicher Höhe war. Legte schlussendlich auch meine Finger um sein Handgelenk. Er

blieb abrupt stehen. „Du weißt es“, hauchte ich ihm ins Ohr. Und ich doch auch.

Er 'lie' mich nicht. Er liebte mich. Nur das er es nicht aussprechen konnte, weil

er über meine Gefühle nichts wusste. So verdammt herablassend, wie ich ihn aber

auch schon behandelt hatte. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn er sich nie trauen

würde.
 

Aber jetzt hatte er doch schon einmal einen kleinen Anhaltspunkt dafür. Ein

bisschen mehr wusste er doch über das, was ich spürte. Bei ihm.
 

„Ich denke, dass wohl irgendetwas schon ist“, murmelte er. Ich legte meinen Arme

um ihn. „Vielleicht wird es noch etwas mehr.“ Leicht berührte ich mit meinen

Lippen seinen Hals. Meine Lippen kribbelten für wenige Sekunden. Das fühlte sich

gut an. Das wollte ich noch einmal spüren. Vorsichtig kam ich seiner Kehle wieder

näher. Berührte sie erneut. Wieder dieses Prickeln. Ich kaute auf meiner

Zungenspitze herum.
 

„Gefällt dir das? ... Wenn wir uns nicht beeilen müssen wir wieder tagsüber

laufen. Ich denke nicht, dass dir das gut bekommt.“ Wollte er von mir weg. Es

schien fast so. Jetzt wo wir wohl so gut wie nicht mehr unter den Fittichen von

irgendwelchen Vampir-Werwolf-Verhältnissen standen konnten wir eigentlich tun und

lassen was wir wollte. Nur das wir solche Kreaturen waren sollten wir wohl

niemanden sagen. Viele Menschen glaubten zwar nicht mehr an uns, aber es würde

wohl immer noch vereinzelt welche geben. Und ich wollte nicht einen Fackel

schwingenden wütenden Menschen-Mopp hinter mir haben.

Wärme von wem?

Lost Angel
 

Kapitel 19 – Wärme von wem?
 

Jesko’s PoV
 

Mir fielen die Augen schon fast zu. Wohl oder übel hatte ich zu wenig geschlafen.

Und dann liefen wir auch noch durchgehend. Das Stück, das wir mit dem Pferd

zurückgelegt hatten, hatten wir jetzt schon längst übertroffen. Auch das Dorf,

das von diesem Werwolf regelrecht zu Grunde gerichtet wurde, lag schon weit

hinter uns. Doch ich wollte nicht meckern. Irgendwann würden wir schon einmal

eine Pause machen. Ich musste nur so lange durchhalten.
 

Ich spürte immer wieder Jemils nervöse Blicke, die er mir zuwarf. Meistens

wendete er sich dann aber auch gleich wieder seinen Händen zu. Sie waren noch

immer Blut verschmiert. Das was er im Gesicht gehabt hatte, war leicht

wegzuwischen – so viel war es nicht – aber seine Finger waren noch immer davon

getränkt. Seine Augen zeugte nur so davon, wie es ihn anwiderte.
 

Jedoch wusste ich genauso gut, dass er sich einfach nicht zurückhalten konnte.

Der Durst nach Blut war in ihm übergequollen und hätte ihn wohl innerlich

zerfressen, wenn er es nicht einfach getan hätte.
 

Von dem eigentlichen Massaker, das er angerichtet hatte, hatte ich gar nichts

mitbekommen. Das einzige was ich tat, war ihn loszulassen und dann war er auch

schon weg. Vielleicht hätte ich aber auch einfach nicht so lange auf den Boden

starren sollen. Doch was sollte ich schon anderes tun. Ich wollte es nicht sehen,

wie er diese Menschen umbrachte. Nur deswegen war ich so langsam dann auch hinter

ihm her. Aber wohl doch schnell genug. Dieser Werwolf hätte ihn wohl getötet. Wer

der wohl war? Zumindest war er keiner von denen, die bei Jemils Clan gelebt

haben. Soweit war ich mir sicher.
 

Ich hielt Jemil an der Hand fest. Leckte ihm schließlich über die Finger. Das

Blut ging nicht wirklich gut ab und es schmeckte auch noch grässlich – eben etwas

eingetrocknet – aber irgendwie musste ich ihn davon befreien. Er ekelte sich

davon, dass es an ihm klebte, und trotzdem hatte er es getrunken. Da hatte er

keinen Ekel mehr gefühlt, als er sich auf diese Leute gestürzt hat. Es war wohl

dann wie weggeblasen.
 

„Du bist müde.“ Ich schreckte aus meiner kleinen Säuberungsarbeit hoch. „Ein

bisschen“, nuschelte ich. Wendete mich wieder seinen Händen zu. Ein leichter

salziger Geschmack hatte sich unter den des Blutes gemischt. Er schwitzte auch

etwas. Wahrscheinlich war er genauso erschöpft, wie ich. Es wäre wohl wirklich

besser, wenn wir eine Pause machen würden. Aber ich wollte nicht danach fragen.

Quengeln war nicht so meine Angelegenheit. Möglicherweise war ich aber auch

einfach nur zu unterwürfig.
 

„Ich glaube sie sind sauber.“ Jemil zog seine Hände von mir weg. Wischte sie sich

etwas an seinem Umhang ab. Bildete ich mir das für einen Moment nur ein oder

hatte er einen richtig glücklichen Gesichtsausdruck aufgelegt. Ich konnte mir

einfach ein Grinsen nicht verkneifen. Er sah wirklich für einen Augenblick zu süß

aus.
 

„Du brauchst etwas Schlaf.“ Ich spürte Jemils durchdringenden Blick, als er das

zu mir sagte. Ganz sanft legte er die seine um die meine Hand. Seine Finger waren

ganz kalt. Schon als ich sie abgeleckt hatte, waren sie das. Jetzt nur noch viel

kälter. Er zitterte auch ganz leicht.
 

„Ok. Dann sollten wir uns aber einen anständigen Schlafplatz suchen“, stimmte ich

schließlich seinem Vorschlag zu. Sah mich schon suchend um. Eine Hütte würden wir

hier mitten im Wald nicht finden. Eine kleine Höhle würde wohl jetzt das Beste

für uns sein.
 

Ich blickte mich um. Doch es war nichts Annäherndes zu sehen. „Es sollte hier

irgendwo eine Höhle in der Nähe sein“, meinte da aber auch schon Jemil, „da hab

ich früher immer mit Mila gespielt.“ Irgendetwas lag in seiner Stimme etwas so

traurig klang. Er erinnerte sich wohl nicht gerne an diese Zeit.
 

„Dann sollten wir wohl da hin. Sonst verbrennst du uns noch in der Sonne.“ Es war

noch tief dunkel. Bis es hell werden würde wären wohl noch einige Stunden

vergehen. Aber ich fühlte mich sicherer, wenn er früh genug irgendwo davor

geschützt war, obwohl das wohl sein schwarzer Mantel auch ganz gut tat. Doch ich

war wirklich müde. Zu lange war ich jetzt schon wach.
 

Er hetzte mich aber noch eine ganze Weile durch die Gegend. Und dennoch ging es

dann an einem niedrigen Erdwall wirklich in die Tiefe. So groß konnte das wohl

gar nicht sein. Zumindest dachte ich das im ersten Moment. Als er mich dann

hinein gelotst hatte bemerkte ich aber erst, dass es eine schöne, gemütliche

Höhle war. Mit genügend Platz. Zwar konnte man kaum aufrecht laufen, jedoch

wollte ich ohnehin nur schlafen. Mein Körper brauchte das jetzt um einiges mehr,

als senkrecht stehen zu können.
 

„Na, wie geht es dir?“, fragte Jemil, als er gerade zu mir kroch. Ich hatte es

mir schon auf dem Boden bequem gemacht. Wollte mich schon auf die Seite rollen.

„Geht schon“, gab ich nur knapp zurück. Doch da schmiegte er sich schon an mich.

Machte es sich an meiner Schulter bequem.
 

Ich glitt mit den Fingern über sein Haar. Ganz kurz zuckte er zusammen. „Ich war

schon lange nicht mehr hier“, flüsterte er und es halte dennoch ganz leicht an

den niedrigen Wänden wider.
 

Er blieb mit seinen eigenen Händen auf meiner Brust zum Liegen. Seufzte

erschöpft. „Das alles hätten wir von Anfang an nur nachts durchziehen sollen“,

keuchte er. Es war ihm wohl auch zu viel geworden. Gerade da wir Tagsüber

gelaufen waren. Er war das gar nicht gewohnt. Eigentlich schlief er zu dieser

Zeit und dann musste er jetzt auch noch so eine Marsch hinlegen. Obwohl er doch

ein paar Stunden geschlafen hatte. Im Gegensatz zu mir. Ich war die ganze Zeit

über wach. Hatte über ihn gehütet, wie ein Hirte über ein verlorenes Schaf, das

er erst vor ein paar Minuten wieder gefunden hatte.
 

So ähnlich versuchte ich ihn gerade auch zu umsorgen. Doch ganz ließ er mich

irgendwie trotzdem noch immer nicht an sich heran. Irgendwie fühlte ich das. Er

verschloss sich immer noch vor mir. Dabei hatte er sich wirklich schon weit

geöffnet. Das er mir schon nicht mehr diesen kalten Charakter zeigte, war doch

schon ein Vorteil. Im Ansatz hatte ich doch sein wahres Ich schon wieder zum

Vorschein gebracht.
 

Er war aber wirklich nicht so eiskalt. Eher wirklich richtig schüchtern und

einfach nur zurückhaltend.
 

Er kuschelte sich noch etwas mehr an mich. Wollte er nur meine Wärme spüren.

Vielleicht sollte ich ihn auch etwas zärtlich berühren.
 

Ich fuhr über seine Taille. Ließ meine Finger etwas weiter nach unten wandern. So

weit ich eben kam. Er summte ganz leicht. Klang vergnügt. „Das fühlt sich gut

an“, flüsterte er. Schmiegte seine Kopf noch enger an mich. Es gefiel ihm wohl

wirklich. Ein bisschen Nähe war also sogar ihm richtig lieb. Dann könnte ich wohl

etwas weiter gehen.
 

Sanft streichelte ich über seinen Oberschenkel. Nur über die obersten Stellen.

Weiter kam ich ohnehin nicht. Oder eigentlich wollte ich gar nicht. Es reichte

mir schon so aus. Ihm anscheinend auch. Irgendwie bildete sich ein Grinsen auf

meinem Gesicht, wenn ich mir vorstellte, dass er das wirklich gerade genießen

könnte. Ich fasste ihn doch nur ganz leicht an. Das war doch kaum der Rede wert.
 

„Das fühlt sich wirklich gut an“, schnurrte er. Rutschte noch ein winziges Stück

näher zu mir. Das ging eigentlich schon fast gar nicht mehr.
 

Ich spürte eins seiner Beine zwischen den meinen. Er war auf mich gekrochen. Lag

jetzt halb auf mir. Ein Arm von ihm war zumindest noch auf der kalten Erde.

Stützte sich dort noch immer etwas ab.
 

„Komm doch ganz her.“ Ich zerrte ihn vollendet auf mich. Schloss die Arme um

seinen schmalen Körper. Er zitterte leicht. Etwas fror er immer noch. Obwohl sich

hier langsam unsere gesamte Wärme anstaute. Es ging so gut wie gar nichts davon

nach draußen. Als ob nichts in diese Kälte hinaus wollte.
 

„Mir ist kalt“, flüsterte Jemil. Klammerte sich an mich. Ich konnte ihn kaum noch

mehr wärmen. Mehr konnte ich nicht an ihn abgeben. Es ging einfach nicht. Und

trotzdem versuchte ich es irgendwie. Ich wollte doch nicht, dass ihm kalt war.
 

Er krallte seine Finger in mein Shirt. Zitterte immer noch. Ihm wurde gar nicht

warm. Wieso denn nur nicht? „Komm Jemil, beruhige dich.“ Ich rollte mich herum.

So das er unter mir liegen blieb. Setzte mich schließlich breitbeinig auf ihn.

„Du bist schwer“, murmelte er, als er mich von sich herunter schieben wollte.

Doch jetzt legte ich mich nur auf ihn. Versuchte mich so leicht wie möglich zu

machen.
 

„Wird dir jetzt wärmer?“, fragte ich schlussendlich. „Etwas.“ Er fror wirklich

nicht mehr so sehr. Und jetzt wartete ich eigentlich nur noch darauf, dass er

einschlafen würde. Das, was eigentlich ich machen wollte. Ich wollte schlafen.

Aber ich konnte gar nicht. Zumindest nicht so lange er wach war.
 

Und dann würde ich erst recht nicht mehr zur Ruhe kommen. Irgendeiner musste doch

auf ihn aufpassen.
 

Ich sank auf ihn zusammen. Schloss für einen Moment die Augen. Für diese wenigen

Sekunden spürte ich ein bisschen Wärme an ihm. Ich legte die Arme um ihn. Spürte,

wie er sich an mich drückte. Leicht streichelte ich über seine Taille.

Überdeutlich vernahm ich das Summen, das er von sich gab. Fuhr wieder und wieder

über seine Hüfte.
 

„Du solltest etwas schlafen“, meinte Jemil irgendwann. Schob mich von sich

herunter. Ich landete auf der unbequemen, kalten Erde. Auf ihm war es viel

schöner. Aber scheinbar war ich ihm ohnehin zu schwer. Er würde mich wohl nicht

lange auf sich aushalten können.
 

Eigentlich wollte ich mich neben Jemil zusammen rollen. Doch da beugte er sich

schon leicht über mich. Bettete seinen Kopf auf meine Brust. „Schlaf etwas“,

flüsterte er. Fast zärtlich küsste mich der Vampir. Ich kam nicht mehr dazu auf

den Kuss einzugehen, denn da ließ er schon wieder von mir ab. Setzte sich leicht

auf.
 

„Ich werde mich draußen einmal umsehen. Ok?“ Ich nickte langsam. Aber er hatte

sich schon von mir abgewendet. Kämpfte sich im Halbwaagerechten wieder nach

draußen.
 

War er jetzt irgendwie vor mir geflüchtet? Leicht verwirrt zog ich eine

Augenbraue hoch.
 

Ich rollte mich endlich zusammen. Machte mich zu einer möglichst kleinen Kugel.

Auf einmal war es, als ob mir kalt werden würde. Da hatte er wohl doch mehr mich

warm gehalten, als ich ihn.
 

Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich jetzt sogar richtig einsam. Genauso, wie er

es oft genug getan hatte. So kam es mir zumindest vor. Wie sollte er sich aber

auch anders gefühlt haben, wenn er nie jemand nah genug an sich heran gelassen

hatte. Dabei suchte er Nähe, wie kein anderer. Konnte nur alleine nicht wirklich

etwas dagegen tun.
 

Ich seufzte. Mein kleiner Vampir. Wie konnte es nur nie jemand spüren? Wieso

konnte nur nie jemand sehen, wie er wirklich war? Diese Kälte gab es eigentlich

gar nicht bei ihm. Alles nur gespielt. Nur vorgetäuscht. Es war alles nur dafür

gedacht, dass er niemanden unbedingt in seine Nähe lassen musste. Dass er

überhaupt mich so weit an sich heran ließ.
 

Wieder seufzte ich. Presste die Augen zusammen. Ich war viel zu lange mit einem

Grinsen durchs Leben gesprungen um zu merken, dass es Wesen gab, denen es nicht

so gut ging wie mir. Und trotzdem hab ich seinen Blick immer wieder gesehen. Er

sah so bedrückt auch obwohl viel zu oft, dieses Eisige in seine Augen lag. So

herablassend.
 

Wie sich das doch eigentlich auf einmal geändert hatte. Ich rollte mich auf den

Rücken. Er war ganz anders geworden. Oder hatte er ganz einfach nur seine Maske

weggeworfen und es nur mir gezeigt?
 

Ich wickelte mich in meinen Mantel ein. Ohne ihn war mir wirklich kalt. Und dabei

fühlte ich mich auch mehr wohl, wenn jemand bei mir war, der mich etwas in den

Arm nahm.
 

Mir wurden die Lider schwer. Ich brauchte wirklich Schlaf. Ich war schon viel zu

lange wach. Und der Marsch machte alles gerade nur noch schlimmer. Mir tat alles

weh.
 

Langsam verschwamm alles vor meinen Augen. Löste sich in ein Schwarz auf. Bis es

sich ganz um mich legte. Und mich in einen traumlosen Schlaf zog.

Zurück oder nicht?

Lost Angel
 

Kapitel 20 – Zurück oder nicht?
 

Jemil’s PoV
 

“Oh Brüderchen!” Ein Arm hatte sich um meinen Bauch gelegt. Ich wurde an jemanden

gedrückt. „Brüderchen!“ Wieder dieses Wort. Es wurde mir ins Ohr gehaucht. Gleich

darauf wurde an genau diesem leicht geknabbert.
 

Ich zuckte krampfhaft zusammen. „Lass mich!“ Ich versuchte mich zu winden, als

ich Finger auf meinem Schritt spürte. „Nein“, wimmerte ich. Wo war Jesko? Wieso

hatte er mich plötzlich allein gelassen. Vor ein paar Minuten lag er doch noch

auf mir.
 

Auf einmal wurde alles Schwarz. Ich schlug die Augen auf. Es war nur ein Traum?

Mehr nicht. Und dennoch war es so, als ob er wirklich hinter mir gestehen wäre.

Und mich wirklich berühren würde.
 

Langsam sah ich mich um. Nirgends war Pio zu sehen. Doch ich spürte, dass jemand

hier war.
 

Ich hatte mich unter Jesko hervorgekämpft. War nach draußen gegangen. Das wusste

ich jetzt wieder. Vor der Höhle hatte ich mich hingesetzt und war wohl eingeschlafen.

Es war noch dunkel. Zu meinem Glück.
 

Doch da hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Immer wieder. Mit der Zeit wurde

es lauter.
 

Ich rappelte mich wieder auf. Sah mich um. Das war nicht Jesko. Damit war ich mir

sicher. Doch da drückte mich schon jemand an den nächstbesten Baum. „Verflucht!

Jemil!“ Meine Augen weiteten sich. „Devin?“, flüsterte ich. Was machte denn

gerade der hier.
 

„Wo ist der Wolf?“, zischte er. Ich versuchte mich dumm zu stellen. Zog nur eine

Augenbraue hoch.
 

„Tu nicht so“, fauchte er, „du weißt wo er ist und auch was er gemacht hat!“

Leicht schluckte ich. Zu genau war ich mir im Klaren über das, was Devin redete.
 

„Ich weiß es wirklich nicht“, log ich. Irgendwie war ich mir so sicher, was er

mit Jesko machen würde. Das was sie mit allen Werwölfen machten, die nicht nach

ihrer Pfeife tanzten.
 

„Dann komm zumindest mit! Hier ist es zu gefährlich!“ Er nahm mich einfach am

Handgelenk und wollte mich wegziehen. Doch ich stemmte mich gegen ihn. Einfach

zurückgehen würde ich nicht. Nie. Nie mehr. Nicht ohne Jesko. Und der würde nicht

mehr dorthin gehen.
 

„Himmel, selbst Pio macht sich um dich Sorgen!“ Mir stockte der Atem bei den

Worten von Devin. „Das ist doch nicht dein Ernst“, knurrte ich. Nie würde sich

mein werter Halbbruder um mich sorgen. Das könnte er nicht. Er war dazu gar nicht

fähig. Sein Charakter ließ das doch schon gar nicht zu.
 

„Doch! Er hat wirklich Angst um dich. Meinte sogar irgendwas von 'Er würde diesen

Werwolf umbringen, wenn er dir etwas antut'.“ Ich zog meine Augen zu Schlitzen

zusammen.
 

„Das würde er nie sagen!“, fauchte ich. Riss mich los. Ich spürte wie mein Herz

wie wild schlug. Pio würde so etwas nie von sich geben. Er würde so etwas doch

ohnehin nie für mich machen. Ich war für ihn nur für das Eine gut. Und selbst

dazu zwang er mich.
 

Ich senkte den Kopf. Hatte ich Jesko nicht auch dazu missbraucht? Ihn dazu

gezwungen? War das etwas anders? Es war ein anderes Gefühl. Zwar wusste ich

nicht, wie er dabei fühlte, aber bei mir war ich mir im Klaren. Es war verdammt

schön.
 

Aber Devin riss mich mit einer Ohrfeige aus meinen Gedanken. „So ein Arsch ist

Pio jetzt auch wieder nicht! Er hat zumindest keinen Ältesten umgebracht. Nicht

so wie dein Werwolf!“
 

Woher wollte er das wissen? Er kannte meinen Halbbruder doch nur so, wie er sich

bei allen anderen zeigte. Da spielte er immer den Musterknaben. Doch genau der

war er nicht. Er war ein mies Arschloch. Jedoch merkte das doch wirklich niemand.

Er spielte vor allen nur. Aber wenn ich mit ihm alleine war, dann war er anders.

Dann zeigte er sein wahres Ich. Diese Seite, die so verflucht geil auf mich war.
 

„Das Wölfchen werden wir schon finden!“ Mein Blick wanderte nach oben von woher

diese Stimme kam. „Joe“, flüsterte ich. Wieso waren die denn beide hier? „Und Mr.

Ich-Reißaus nehmen wir jetzt gleich mit!“ Der dunkelhaarige Vampir sprang von dem

Ast auf dem er saß. Packte mich am Handgelenk. Mit Leibeskräften wehte ich mich

gegen sie. Doch ich konnte nichts ausrichten.
 

„Jesko!“ Er schlief noch. Würde mich gar nicht hören. Irgendwie war ich fast

glücklich darüber. Dann würde er zumindest frei bleiben. Sie würden ihn nicht

erwischen. Wahrscheinlich glaubten sie gar nicht, dass er noch hier war.
 

„Das Wölfchen lässt dich doch sicher nicht allein! Es war doch mehr zwischen

euch, als nur das Vögeln“, meinte da aber auf einmal Devin. Joe hob verwirrt eine

Augenbraue. „Er hat mit dem gefickt?“, fragte er etwas irritiert. Das konnte ich

nutzen. Ich löste mich aus ihren Griffen. Stolperte einige Schritte zurück.
 

Ich zuckte bei einem Jaulen zusammen. Das war kein verängstigtes oder wegen

Schmerzen. Das klang eher, als würde jemand den Mond an heulen. Gerade diesen

suchte ich jetzt wieder. Jedoch war er nicht zu sehen. Kam das wohl nicht von

Jesko. Vielleicht ein anderer Werwolf oder einfach nur ein gewöhnlicher Wolf.
 

Aber da spürte ich schon Pranken auf meinen Schultern und vernahm ein überdeutliches

Knurren. Jesko. Er hatte sich wieder verwandelt. Und das ohne den Vollmond?
 

Warmer Speichel traf meinen Hals. Ich schluckte. Er hatte sich also nicht unter

Kontrolle. Könnte mich wohl genauso in Stücke reißen. Jedoch war das immer noch

besser, als wieder in mein altes Leben zurückzukehren.
 

Ich schloss die Augen. Nur für einen Moment. Wartete was der Werwolf tat.
 

Ich spürte seine Schnauze an meinem Hals. Wie er sie dort leicht rieb. Wusste er

doch, dass ich es war? „Jemil“, hörte ich ihn murmeln. Leicht hob ich wieder die

Lider. Sah noch wie Devin und Joe zurückwichen.
 

„Habt ihr Angst vor ihm?“, fragte ich. Jedoch antworteten sie nicht. Blickten nur

verängstigt auf den Werwolf hinter mir. War er denn so Furcht einflössend? So

grausam sah er doch gar nicht aus. Und eigentlich war es auch nicht. Fast schon

handzahm. Obwohl er doch Victor umgebracht hatte. Doch gegenüber mir, war er

sogar so noch richtig nett.
 

Jesko hob den Kopf. Knurrte wieder. Ich zog leicht die Mundwinkel hoch. „Ich

glaube er will, dass ihr verschwindet und uns in Ruhe lasst“, schlussfolgerte ich

aus seiner Reaktion.
 

Er drückte seinen Kopf wieder an meinen Hals. Ich fühlte seine Hundohren. Sie

waren ganz weich. Knickten leicht ab.
 

„Ich werde dich hier ganz sicher nicht mit diesem Monster allein lassen“, zischte

aber auf einmal Devin. Ich sah nur desinteressiert zu ihm. „Er tut mir doch

nichts.“ Ich wusste es genau. Jesko würde mir nie etwas antun. Sonst hätte er es

doch schon längst getan. Er hätte mich schon die ganze Zeit töten können. Und

trotzdem schmiegte er sich nur an mich. Liebkoste jetzt sogar meine Schulter mit

seiner Zunge. Es kitzelte ganz leicht.
 

Wieso hatte er sich überhaupt verwandelt? Er hatte doch den Vollmond gar nicht

gesehen. Er war hinter irgendwelchen Wolken versteckt. Und so stark, dass er auch

ohne in seine Wolfsform wechseln konnte, war er doch noch nicht. Dazu hatte er

noch nicht die Kraft. Und eigentlich war er doch noch viel zu jung. Was konnte es

denn dann schon noch groß für einen Grund geben?
 

Jeskos Knurren ließ mich wieder aus meinen Gedanken schrecken. War es das? War er

wütend? Wut könnte ihm die nötigen Kräfte gegeben haben um sich zu verwandeln.

Aber reichten die wirklich aus?
 

„Geht!“ Ich war mir doch sich, dass sie das nicht tun würden. Nicht nachdem Devin

ihn 'Monster' genannt hatte. „Wenn er nicht will, dann soll er bei dieser

Missgeburt bleiben!“ Joe verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Warf mir noch

einen knappen Blick zu bevor er im Dunkel des Waldes verschwand. Devin stand noch

einige Sekunde einfach nur da. Sah mich fragend an. „Willst du wirklich bei ihm

bleiben?“, wollte er wissen. Ich nickte langsam. Drückte mich an Jesko.
 

„Pio wird dich trotzdem holen wollen“, meinte Devin noch. War dann auch schon im

nächsten Moment weg.
 

Ich spürte wie Jesko wieder seine menschliche Form annahm. Ganz leise noch einmal

knurrte. „Wieso bist du hier raus gegangen?“ fragte er. Legte die Arme um meinen

Bauch. Strich leicht darüber.
 

„Ich brauchte etwas frische Luft“, erwiderte ich einfach.
 

Er küsste mich zärtlich auf den Hals. Doch in der nächsten Sekunde zuckte ich

zusammen. Waren das gerade seine Zähne, die ganz leicht gegen meine Haut

drückten? Wollte er mich beißen?
 

„Du würdest sicherlich zum Hybriden“, meinte er. Mit soviel Sicherheit in der

Stimme. „Wie kommst du darauf?“, fragte ich. Das würde mich aber schon einmal

interessieren. „Du bist noch zur Hälfte Mensch. Ein Teil von dir kann noch zum

Werwolf werden.“ Wie Recht er doch hatte. Dieses eine Stückchen Mensch in mir

würde zu einem Wolf werden, wenn er mich beißen würde. Aber was wäre dann mit

meinem Vampir-Teil? Würde der das auch einfach so zulassen?
 

„Dann tue es doch.“ Zumindest versuchen könnte man es doch. Doch er schüttelte

den Kopf. „Du bist mir als Vampir lieber.“ Sanft berührte er mit der Nase meine

Wange. Stupste sie nur leicht an.
 

„Hättest du wieder einmal Lust?“ Ich zog bei seiner Frage nur die Augenbrauen

zusammen. Drehte mich langsam zu ihm herum. „Auf was Lust?“, wollte ich wissen.

Es sah nur verlegen auf den Boden, als er mich los ließ. „Du weißt schon, was ich

meine“, murmelte er.
 

„Ich würde viel lieber ein bisschen kuscheln.“ Natürlich hatte ich gewusst, was

er wollte. Aber um einiges mehr wollte ich nur in seinen Armen liegen. Wollte,

dass er mich nur ganz sanft liebkoste. Mich nur streichelte. Seine Finger wollte

ich nur ganz leicht auf meiner Haut spüren. Jeden einzelnen. Wie sie über meinen

Körper glitten. Ihn mit seiner kindlichen Neugier erkundeten.
 

„Wenn dir das lieber ist. Aber wohl nicht jetzt. Lange können wir nicht mehr hier

bleiben.“ Ich hm-te nur. Vorsichtig küsste ich ihn. Doch er erwiderte den Kuss

viel zu leidenschaftlich. Viel zu stürmisch. Eigentlich hatten wir doch gar keine

Zeit. Das hatte er doch selbst so ähnlich gesagt. Jetzt hörte ich doch wirklich

schon darauf, was mein kleines Wölfchen sagte.
 

Er biss leicht in mein Shirt, als er wieder von meinen Lippen abließ. „Na komm“,

flüsterte er. Was war er denn auf einmal so leise?
 

Da warf er mir aber schon die Kapuze über den Kopf. „Ausgeschlafen bin ich

jetzt.“ Er grinste. Es schien sogar fast, als ob das von einem Ohr zum anderen

gehen würde. Eigentlich eine unmögliche Tatsache. .
 

Fröhlich lief er vor mir her. Wie so ein kleines Kind. Gerade die leichte

Schneeschicht, die sich auf einigen Büschen gebildet hatte, gefiel ihm. Oder

vielleicht war es auch im Großen einfach nur der Schnee, den er mochte.
 

Abrupt hielt er aber Inne. Lauschte in die Nacht hinein. Ich blieb auch stehen.

Wartete. „Was ist denn?“, fragte ich schließlich. „Da ist wieder ein Dorf“,

murmelte er. Nahm mich an die Hand und lief los. Etwas mühsam kam ich hinter ihm

her. Wenn er mich wohl nicht festgehalten hätte, hätte ich es wohl gar nicht

geschafft.
 

Nach Minuten macht er wieder langsamer. Es waren wirklich in der Dunkelheit

kleine Lichter aufgetaucht. Und nur noch ein paar Meter, dann waren wir aus dem

Wald draußen. Ich war wohl noch nie so weit gekommen.
 

Nichts als Wiese lag vor uns. Und ein kleines Dörfchen mit nur ein paar Häusern.

Langsam ging ich an Jesko vorbei. Ließ mich nach ein paar weiteren Schritten in

den Schnee fallen. Es war ganz angenehm, auch wenn es kalt war.
 

Ich blickte gen Himmel. Eine Sterne konnte ich erkennen. Der restliche Nachthimmel

war von Wolken bedeckt. Genauso wie immer noch der Mond. So musste ich mir wohl

keine Sorgen machen, dass sich Jesko deswegen noch einmal verwandeln würde.
 

Und gerade dieser junge Werwolf blieb neben mir stehen. Sein Atem raste. War er

so erschöpft? Nicht einmal ich fühlte mich annähernd aus der Puste.
 

Er beugte sich zu mir herunter. Berührte meine Oberschenkel. Kam meinem Gesicht

ganz nahe. „Darf ich?“, fragte er. Ich schluckte. „Was denn?“, wollte ich wissen.

Doch da massierte er schon meinen Schritt. „Darf ich mit dir schlafen?“
 

Ich kniff die Augen zusammen. „Wir sollten uns erst einmal wieder einen Schlafplatz

suchen und außerdem ... ist es hier viel zu kalt.“ Ich begann schon leicht zu

schlottern. Obwohl er mir so nahe war.
 

Langsam nickte er. „Ok“, meinte Jesko schließlich und half mir wieder hoch. Ich

klopfte mir den Schnee von den Kleidern. So angenehm war er dann doch nicht.

Eine Unterkunft gefällig?

Lost Angel
 

Kapitel 21 – Eine Unterkunft gefällig?
 

Jesko’s PoV
 

“Bitte. Nur für eine Nacht!” Ich hätte sie wohl auch auf Knien angefleht, wenn

die junge Frau mir nicht schon die Tür vor der Nase zugeschlagen hätte. Ich

marschierte fluchend wieder weg. Das könnte noch eine lange Nacht werden. Seit

über einer Stunde streifte ich jetzt schon durch die Straßen. So klein war das

Dorf gar nicht. Man hatte nur von unserer Position nicht so viel gesehen.
 

Jemil tapste mir entgegen. Eigentlich schwankte er mehr. Beunruhigt lief ich zu

ihm „Geht es dir nicht gut?“ Ich hob leicht sein Kinn an. Seine Augen waren

leicht glasig. „Es geht schon“, erwiderte er nur knapp. Ich wollte ihm schon gar

nicht glauben. Doch da sank er schon in meine Arme. Versuchte sich mühsam wieder

etwas aufzurappeln.
 

„Mir ist so heiß“, nuschelte er. Jetzt konnte ich mir wohl oder übel vorstellen,

was mit ihm los war. Ich blickte mich um. Wir würden hier wohl so bald nichts

finden, wo wir schlafen durften. Also musste ich etwas anders finden. Jemil stand

doch jetzt schon nur noch senkrecht, weil ich ihn festhielt.
 

„Hey, ihr beiden!“ Ich wirbelte herum. Zog den Vampir dabei mit. Ein blondes

Mädchen stand vor mir. Sie sah kaum älter als 16 aus. Lächelte ganz leicht.
 

Ich zog Jemil noch ein Stück weiter zu mir. „Hi“, erwiderte ich schließlich

knapp. „Ihr sucht einen Schlafplatz? Richtig?“, fragte das junge Ding. Ich nickte

langsam. „Dann hättet ihr euch wohl nach dem nettesten Haus umsehen müssen.“ Ihr

Grinsen war schon einmal richtig nett.
 

„Und was willst du jetzt?“, fragte ich. Jemil hatte zu keuchen begonnen. Sank

langsam in meinen Armen zusammen. „Na ja, ich denke mal deinem Freund geht es

nicht gut. Deswegen wollte ich euch bei uns aufnehmen.“ Das Grinsen des Mädchens

wurde breiter, aber das beachtete ich schon gar nicht. Ich nahm Jemil hoch.

Drückte ihn leicht an mich. Er zitterte. Und sein Atem raste. Wie es aussah hatte

wohl Devin recht gehabt. Er wurde wirklich schnell krank.
 

„Das wäre nett“, nuschelte ich. Drückte den jungen Vampir etwas mehr an mich.

Sein Atem begann zu stocken. Er krallte die Finger in mein Shirt. „Jesko“,

flüsterte er. Seine Stimme zitterte.
 

„Wollt ihr jetzt?“ Ich blickte auf. Dieses Mädel stand jetzt nur ein winziges

Stück von mir weg. Blickte mich mit ihren großen, blauen Augen an. Wartete wohl

auf eine Antwort. „Gerne.“ Ich versuchte zu Lächeln. Doch es verging mir, als

Jemil wieder überdeutlich keuchte.
 

„Er ist wohl krank.“ Die Blonde legte den Kopf leicht schief. Etwas verschreckt

drückte ich den Vampir ein Stück weiter an mich.
 

„Ähm, wie heißt du überhaupt?“, wollte ich schließlich wissen, als sie mich und

Jemil schon zu sich nach Hause mitnehmen wollte. „Nina“, gab sie lächelnd zu

Antwort. Sie warf wieder einen Blick auf den Vampir in meinen Armen. Scheinbar

bemerkte sie gar nicht, was wir waren. „Ich bin Jesko und er heißt Jemil“, meinte

ich noch.
 

„Er ist dir wohl ganz schön wichtig. Dein … Liebling?“, fragte sie noch. Ich

zuckte zusammen. Sah man mir das an? Oder war das reiner Zufall. „Äh … ja.“ Etwas

verlegen sah ich zur Seite. Wurde wohl etwas Rot um die Nase herum.
 

„Ist ja süß.“ Jetzt wurde ich wohl erst recht rot. Das sie sich über diese

Tatsache so freute.
 

Binnen weniger Minuten waren wir dann auch vor einer riesigen Villa angekommen.

Mir stieg jetzt schon die Galle hoch. Erst vor vielleicht gut einem Tag waren wir

aus so einem Haus geflohen und gerade dem Moment kamen wir wieder in genau so

eins. Gut, dass wir gar nicht lange bleiben wollten.
 

„Ein Zimmer mit Doppelbett wäre wohl gut“, meinte Nina, als sie uns durch den

fast schon gigantische Eingangshalle geführt hatte, die mit einer Treppe in das

Obergeschoss endete. Links und rechts gingen noch zwei Flure weiter. „Wäre nett.“

Ich blickte mich um. Es sah nicht gerade so aus, als ob noch jemand anderes hier

wohnen würde.
 

„Meine Eltern sind nicht zu Hause und die Bediensteten schlafen schon“, meinte

sie, als sie wohl meine verwirrten Blicke bemerkt hatte. Leicht nickte ich nur.
 

„Na komm mit, dein Süßer braucht ein warmes Bett.“ Sie lotste mich die Treppe

nach oben. Dort den endlosen Gang entlang. In eines der hinteren Zimmer wies sie

mich schließlich.
 

„Ihr könnt gerne so lange bleiben wie ihr wollt. Ich bin hier ohnehin oft

alleine.“
 

Nach einem knappen ‚Danke’ und ‚Gute Nacht’ von meiner Seite verzog sie sich dann

auch. Wollte wohl auch ins Bett. Ich ließ Jemil genau auf ein solches sinken. Es

war wirklich ungelogen einfach nur riesig. Hier könnte man sich wohl so richtig

austoben. Aber er sah nicht gerade danach aus, als ob er das könnte.
 

Vorsichtig berührte ich seine Stirn. Zuckte aber gleich zurück. Sie glühte. Sanft

zog ich ihn aus. Legte die Decke behutsam über ihn. Es würde wohl reichen, wenn

er schlafen konnte. Ich sollte wohl lieber wach bleiben. Devin hatte so

ausgesehen, als ob er wieder zurückkommen würde. Obwohl es auch so wirkte, als ob

er Jemils Entscheidung akzeptierte.. Ich hatte sogar in meiner Wolfsform alles

mitbekommen. Nur nicht ganz so klar. Diese Mordlust hatte mehr und mehr die

Oberhand übernommen. Wenn ich mich wohl nicht wieder zurückverwandelt hätte, dann

wäre Jemil wohl gar nicht mehr am Leben.
 

Ich kniete mich aufs Bett. Verharrte dort minutenlang. Ich hätte ihn wohl

getötet. Ganz unter Kontrolle hatte ich mich nicht mehr. Mein Körper hatte mir

nicht mehr richtig gehorcht. Obwohl ich es mit Mühe und Not halten konnte und

auch noch fast Herr über mich selbst war. Ich hatte mich doch auch selbst

verwandelt. Ohne die Hilfe des Vollmondes. Weiß Gott wie.
 

Leicht schüttelte ich den Kopf. Ich hätte es mir nicht verzeihen können, wenn ich

ihm etwas angetan hätte. Das wäre dann das Schlimmste für mich gewesen.
 

Ich massierte mir die Schläfe. Ein Stechen durchfuhr meinen Kopf. Vielleicht

sollte ich doch auch etwas schlafen. Leicht streckte ich mich und zog mir dann

doch auch Shirt und Hose aus. Ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Kroch dann

auch einfach zu Jemil unter die Decke. Er wollte ohnehin etwas kuscheln, also

könnte ich das doch auch machen.
 

Ich schmiegte mich an ihn. Fuhr mit den Fingern über seine Brust. Er war

eigentlich richtig schmächtig im Gegensatz zu mir. Seltsam, dass Vampire

überhaupt so dünn blieben.
 

Ich summte genüsslich, als er einen Arm um mich legte. War er denn vielleicht

auch noch wach?
 

„Jesko?“, flüsterte er. Ich setzte mich wieder auf. „Geht es dir gut?“, wollte

ich wissen. Legte den Kopf leicht schief. „Alles OK“, erwiderte er noch. Legte

ein verschwitztes Lächeln auf. Das wirkte etwas gestellt. So gut ging es ihm wohl

nicht.
 

„Das glaube ich dir aber nicht“, gab ich meine Zweifel Preis. Beugte mich dabei

über ihn. Sein hitziger Atem schlug mir ins Gesicht. „Mir ist nur etwas heiß“,

meinte er. Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Etwas“, fragte ich mit

zusammengebissenen Zähnen und fügte noch hinzu, „das ist wohl etwas mehr!“
 

„Mach doch aus einer Mücke keinen Elefanten. Ich bin ein Vampir. Das übersteh ich

schon.“ – Er setzte für einen Moment aus – „Wo sind wir überhaupt?“ Krampfhaft

versuchte er sich aufzusetzen. Doch ich drückte ihn mühelos zurück.
 

„So ein Mädel hat uns bei sich aufgenommen“, erwiderte ich. Doch ich erkannte

schon an seinem verschreckten Gesichtsausdruck, dass ihm daran etwas nicht

passte. „Nein, sie weiß nicht, dass wir Werwolf und Vampir sind“, meinte ich

noch.
 

Er atmete erleichtert auf. Presste aber schon im nächsten Moment die Augen

zusammen. „Tut dir etwas weh?“, fragte ich. Kam noch etwas näher zu ihm. Er

schüttelte nur den Kopf. „Es geht schon.“ Nein, ich glaubte ihm überhaupt nicht.

Es ging ihm nicht gut.
 

„Was ist denn los?“, wollte ich wissen. Nahm ihn behutsam in den Arm. Er

schlotterte. „Ich bin wohl nur etwas krank geworden“, gab er nur zur Antwort.

„Etwas ist gut“, meinte ich, „du hast Fieber.“
 

Ich ließ ihn wieder in die Kissen sinken. Deckte ihn wieder zu und nahm ihn auch

gleich wieder in den Arm. Ich wollte ihm nur etwas von meiner Wärme abgeben. Die

konnte er jetzt am Besten brauchen.
 

„Du wolltest doch Sex“, flüsterte er da aber auf einmal. Ich spürte ganz deutlich

seine Finger unter dem Stoff meiner Shorts. „Das muss jetzt nicht sein.“ Ich

drückte seine Hände weg. Zwar hätte ich das schon einmal wieder gern – seine

zärtlichen Berührungen und dieses wunderbare Gefühl waren einfach nur zu schön –

aber er war krank. Also konnte ich es mir gut und gerne verkneifen ihn auch noch

damit zu quälen.
 

„Ich würde es jetzt sogar tun“, murmelte er, als er seinen Kopf an meine Brust

drückte. Ich seufzte: „Kann ich mir schon vorstellen.“ Wie er das überhaupt

konnte, nachdem was Pio mit ihm angestellt hatte? Ich wäre wohl nach so etwas

nicht mehr in der Lage dazu, das zu genießen. Mich überhaupt noch von jemanden so

anfassen zu lassen.
 

„Du bist viel vorsichtiger dabei.“ Ich schreckte aus meinen Gedanken. „Und es

fühlt sich so gut an.“ Ich blickte ihn etwas verwirrt an. Meinte er das ernst?

„Mit dir zu schlafen ist wie, wenn man von einem Engel sanft in den Arm genommen

wird.“ Was für eine süße Beschreibung. Dann wusste ich zumindest schon einmal,

wie es war, wenn er einen in die Arme schloss.
 

„Hast du wohl Recht, mein süßer Engel“, flüsterte ich, „aber es wäre besser für

dich, wenn du etwas schlafen würdest. Dann kannst du dich zumindest etwas

erholen.“
 

Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, als er sich etwas enger an mich

kuschelte. „Dabei will ich gar nicht“, seufzte er, „es ist gerade viel zu schön.“

Er rutschte schon fast auf mich. Seine Augen waren sogar in der Dunkelheit noch

viel zu gut zu erkennen. Und zeigten mehr als nur Lust.
 

„Ich will dich“, murmelte er. Glitt ganz auf mich. Seine Fingerspitzen wanderten

über meine Brust. Ließen meine Brustwarzen versteifen. Ich hielt ihn an der

Taille fest und drückte ihn von mir weg. Rollte mich aber nur so, dass ich über

ihm war.
 

„Wir wäre viel zu laut“, entschied ich einfach. Doch da reckte er sich schon hoch

um mich zu küssen. „Ist doch egal“, meinte er, als er sich wieder von mir löste.
 

War es denn wirklich so egal, dass dieses Haus voller Fremden hörte, dass wir

miteinander schliefen? Es war mir doch schon etwas unangenehm, als wir es in

seinem Zimmer getan hatten. Selbst da hätten es schon ungewollte Personen hören

können. Hatten es wohl sogar.
 

Hier war es für mich sogar doppelt schlimm. Ich kannte wirklich niemanden.
 

Er legte eine Hand auf meinen Nacken. Zog mich zu sich hinunter. „Ich will dich

spüren“, zischte er. „Du bist krank!“ Ich würde ihn seinem Zustand nichts mit ihm

anstellen. Und gerade nicht so etwas.
 

„Du wirst dich als Wölfchen schon nicht anstecken …“ Ich schnitt ihm einfach das

Wort ab. „Darum geht es doch gar nicht“, fauchte ich, „mir geht es um dein Wohl!“

Er fuhr zusammen. Blickte mich mit verschreckten Augen an. „Du … machst dir um …

mich Sorgen?“, flüsterte er ungläubig. „Natürlich! Um wen denn sonst?“ Sein

Blick wendete sich von mir ab. Sein Kopf sank zu Seite. Ich konnte es in der

Dunkelheit nicht sehen, aber hören tat ich es. Er schluchzte. Weinte er demnach

auch?
 

„Was ist denn?“ Hatte ich so hart geklungen. Doch da vermischte sich schon dieser

traurige Laut mit einem Lachen. „Du machst dir wirklich um mich Sorgen.“ Verwirrt

sah ich ihn an. War das jetzt noch so ungewöhnlich?
 

„Hast du etwas dagegen?“ Ich zog die Augenbrauen zusammen, als er sich wieder zu

mir wendete. „Nein, … nur … es ist seltsam“, erwiderte er. Wischte sich mit den

Handrücken über die Augen.
 

Ich sank wieder neben ihm aufs Bett. Legte noch einen Arm um ihn. Zog ihn zu mir.

„Schlaf etwas, bald wird es hell und morgen Nacht sollten wir wieder von hier weg

sein.“
 

Ich schloss die Augen. Wollte endlich auch schlafen. Nicht nur ihm würde wohl die

Ruhe gut tun.
 

„Denkst du wirklich, sie verfolgen uns?“ Leicht hob ich wieder ein Lid. Legte den

zweiten Arm um Jemil. „Hoffen mir es mal nicht“, flüsterte ich. Er bettete seine

warmen Lippen auf meine Brust. Führte sie langsam immer weiter nach unten. Ich

zog ihn wieder hoch.
 

„Nicht in deinem Zustand!“, zischte ich. Dieser verfluchte Idiot. Was sollte das

überhaupt? Wieso stellte er so einen Mist an? Ich hatte ihm doch schon – so gut

wie es ging – verständlich gemacht, dass ich es nicht wollte. Nicht solange es

ihm nicht wirklich gut ging.
 

„Dann nicht“, flüsterte er. Schmiegte sich wieder ganz eng an mich. Eigentlich

wollte ich noch etwas sagen. Doch er war längst eingeschlafen. Endlich. Ein

Lächeln bildete sich noch auf meinen Lippen, bevor ich auch in süße – vielleicht

auch nicht – Träume versank.

Ein Lächeln bringt Wärme

100 Kommentare. Da muss doch mal wieder etwas FanPost beantwortet werden. xD Also schauen wir doch mal:
 

@ Ilona_Delagun: Erst mal, es macht mir gar nichts aus, wenn du immer das schreibst, was dir auffällt. Gefällt mir sogar im Grunde ziemlich gut. So kann ich zumindest auch meine Fehler sehen. ^^ Und ein bisschen Kritik mag ich ohnehin, davon kann ich eigentlich gar nicht genug kriegen. Also schreib nur immer weiter solche Kommentare. ^^
 

@ YuMorino: Die meisten Fragen haben sich ja jetzt schon geklärt. Und abgehauen sind sie ja auch endlich. Zumindest haben sie schon ein ganzes Stück geschafft.
 

@ Flippi: *knuddel* Nochmal danke für das 100. ^^ Hab mich super gefreund. Aber das hab ich dir ja schon geschrieben. ^^ ... Jetzt weiß ich gar nicht, was ich dir noch schreiben soll ... da können wir ja dann beim 150. Kommi weiter reden. xD
 

@ ReinaDoreen: Ich liebe deine Kommentare immer noch. Es ist gerade so, als ob du den Text nur so aufsaugen würdest und alles wirklich ganz genau durchgehst. *_* Das find ich toll.
 

@ Anubi: Danke für deinen wirklich netten Kommentar. Freut mich sehr, dass dir die Idee so gut gefählt.
 

@ midoriyuki: Danke, dass du mich noch auf diesen kleine Fehler hingewissen hast. Hab ich gleich ausgebessert. *verbeug* Ach und mit Nina ... sie ist wirklich nur nett. >.> Und sie hat wohl auch einen der billigsten Namen. xD
 

@ Lokalistenhasser: Der fremde Werwolf hat schon eine kleine Beschreibung gekriegt. Die wird aber noch ausgebaut, wenn mal der Name bekannt ist. ^^ Ach und das 'den Tod mittrinken' ist nicht wegen dem Geschmack des Blutes, sondern, dass er sterben würde, wenn er es trinkt. (Nur damit du Jemil nicht als einen zu sehr verwöhnten Vampir ansiehst. ^^)
 

@ tajika: Die Eins ist schon in der Geschenkeliste aufgenommen. ^^ Danke, noch dafür. ^^ ... Bestraff auch schön die, die über den Kapitel nörgeln. xD
 

@ moriko-chan: Um Pio zu hauen wirst du wohl noch Zeit finden. :D Also mach dich darauf schon einmal bereit. ... Bist du wirklich Jemil-Fan? ... Jetzt hat der auch schon Fans. @.@
 

@ MayaNightmare: Danke. Dann sagt mir zumindest auch mal jemand, dass die FF auch geil ist. xD
 

@ kuestenfee1: Vertraut ihr nur nicht. ò.ó Nein, ... Scherz. Eigentlich ist nichts böses mit ihr geplannt. ...
 

So so, dass war's dann mal mit der FanPost ... ist ja einiges zusammengekommen. xD

Und für alle, die es noch nicht gesehen haben:

Bei den Charabeschreibungen ist auch noch eine kleine Bedankung mit Jesko 'Vorbild'. xD
 

Und jetzt noch viel Spaß mit dem 22. Kapitel. ^^
 

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Lost Angel
 

Kapitel 22 – Ein Lächeln bringt Wärme
 

Jemil’s PoV
 

Eine angenehme Wärme an meinem Nacken ließ mich wach werden. Es fühlte sich im

ersten Moment richtig gut an. Doch auf einmal begann es zu brennen. Wie Feuer

breitete es sich in meinem Körper auf. Ich jaulte auf. Verkroch mich schlagartig

unter der Bettdecke.
 

Zaghaft tastete ich an die Stelle, von wo dieser Schmerz ausgegangen war. Die

Haut dort fühlte sich an wie Asche. Löste sich regelrecht unter meinen

Fingerspitzen auf.
 

„Jemil, was ist denn?“, nuschelte Jesko verschlafen. Doch da war er schon

aufgesprungen. So weit spürte ich es. Ich hörte seine Schritte durch den Raum. Er

lief wohl zum Fenster.
 

„Du kannst wieder raus kommen!“, meinte er, als er sich wieder neben mich setzte.

Zaghaft kroch ich wieder unter der Decke hervor. Mein Nacken brannte noch immer

etwas. Was war das denn nur?
 

Jesko zog mich zu sich hoch. Suchte jede freie Hautstelle nach irgendetwas ab.

Erst an meinem Hals hielt er Inne.
 

Ganz hatte ich noch nicht bemerkt, was diesen Schmerz ausgelöst hatte. Doch dann

sah ich den schmalen Streifen Licht am Fenster, der durch die Vorhänge fiel.

Sonnenlicht.
 

Der Werwolf glitt mit dem Daumen über mein Genick. „Tut das noch weh?“, fragte

er. Ich spürte seinen besorgten Blick. Dabei musste ich ihn gar nicht ansehen.

Doch da fühlte ich schon seine Zunge auf der Wunde. Es brannte. Auch wenn es

nicht so schlimm war. Gegenüber dem, was mir schon angetan worden war, war das

nichts. Gar nichts. Kaum der Rede Wert.
 

Ich schüttelte schließlich den Kopf. „Geht schon.“ Vorsichtig lehnte ich mich an

Jesko. Ich war noch müde. Wenn es jetzt schon hell wurde, hatte ich wohl auch

erst ein paar Stunden geschlafen. Und etwas mehr Schlaf könnte ich eigentlich

noch brauchen.
 

Doch im Moment wollte ich nur hier liegen. Mich etwas an mein kleines Wölfchen

kuscheln. Es wurde gerade so gemütlich. Jesko streichelte leicht über meine Arme.

Sank – samt mir - zurück in die Kissen.
 

„Es geht dir wohl auch besser, als heute Nacht“, meinte er. Zog mich noch etwas

enger an sich. Küsste ganz leicht meinen Hals. Er leckte noch vorsichtig darüber.

Ein wohltuendes Gefühl breitete sich in meinem Körper auf. Wurde nur noch

intensiver, je länger er mich einfach nur streichelte.
 

„Jesko...“ Ich rollte mich herum. Schlang die Arme um ihn. Fing damit an ihn mit

meinen Lippen zu liebkosen. Ein leichter salziger Geschmack verteilte sich in

meinem Mund. „Hast du geschwitzt?“, fragte ich, als ich mich wieder von ihm lösen

wollte. Doch er drückte mich wieder zu sich. „Mach weiter“, seufzte er. Und ich

machte es. Ich gehorchte einfach. Setzte mein kleines Spiel fort.
 

„Jemil, heute will ich. Nur mit dir!“ Er schob mich von sich herunter. Gab mir

wieder zärtliche Streicheleinheiten. Ich summte genüsslich. Begann sogar fast zu

schnurren. Er glitt über meine Schenkel. Nur ganz vorsichtig. Nur mit den

Fingerspitzen. Es kribbelte ganz leicht.
 

Ich begann zu keuchen. Spürte jede Berührung von Jesko nur noch extremer. Jede

Kleinigkeit, die er meinem Körper gutes tat, ließ eine Explosion von wunderbaren

Gefühlen in mir losgehen.
 

Ich zog ihn zu mir hoch. Wollte ihn nur noch küssen. Seine warmen Lippen spüren,

mit denen er mich eigentlich gerade liebkosen wollte. Oder ursprünglich meine

Brustwarzen. Auf die war er aber gerade auch regelrecht versessen. Irgendwie

berührte er die im Moment andauernd. Er genoss es geradezu mich keuchen zu hören,

wenn er auch nur in die Nähe von einer von beiden kam.
 

Er ließ für einen Moment wieder von mir ab. „Willst du wirklich?“, fragte er.

Blickte mich fast schon zu besorgt an. „Himmel, ja! Also, mach schon!“ Ich quoll

über von der Lust, die sich gerade in mir anstaute. Die wollte ich loswerden.
 

Ich spürte seine Finger unter dem Stoff meiner Shorts an meiner noch eindeutig zu

schlaffen Männlichkeit. Er sollte sich einmal beeilen und das ändern, anstatt

mich mit Küssen zu übersähen. Und es war auch noch, als ob er das merken würde.

Er begann mich endlich da zu streicheln, wo es sich wirklich einfach nur geil

anfühlte.
 

Ich raffte mich wieder hoch. Versuchte ihm dieses kleine Spielchen gleich zu tun,

dabei war es bei ihm nicht einmal mehr nötig. Im Grunde saß er schon lange ohne

Shorts vor mir.
 

Ich sank erneut in die Kissen zurück, als er mir fast zu vorsichtig die Shorts

auszog. Sich aber auch gleich wieder über meinen Körper hermachte. Mich unentwegt

küsste. Jede Stelle, die er momentan erreichen konnte. Immer wieder gab ich ein

erregtes Seufzen von mir. Er sollte doch endlich zur Sache kommen.
 

„Kann ich?“, fragte er, als er sich über mich beugte. Dabei ganz vorsichtig schon

meine Beine anhob. Ich nickte. Ließ schließlich den Kopf in den Nacken sinken.
 

So verharrte ich einige Sekunden. Und das war mir schon zu viel. „Mach schon“,

zischte ich. Erst heiß machen und dann kalt werden lassen. Oder wie durfte ich

das jetzt verstehen?
 

Jesko schüttelte leicht den Kopf. „Tut mir leid“, nuschelte er. Fuhr noch einmal

ganz vorsichtig über meine Taille. Ein letztes Mal. Dann stöhnte ich schon

lustvoll auf. Es war nur ein ganz kurzes Stechen, als er in ich eindrang. Ganz

anders, als bei meinem werten Halbbruder Pio. Jesko war einfach vorsichtiger.

Viel liebevoller.
 

Bei jeder seiner Bewegungen keuchte ich. Wurde lauter. Geriet in Ekstase. Ich

spürte ihn ganz deutlich in mir. Jedes einzelne Auf und Ab seiner Hüfte brauchte

mich bis kurz vors Aufschreien. Aber keines Falls aus Schmerzen. Es kam mir vor,

wie reine Lustschreie.
 

„Jesko ... ah ...“ Ich spürte das Gefühl meines langsam kommenden Höhepunkts. Von

meinem rasendem Atem bis hin zum gerade zu kochenden Blut. Ich war schon so gut

wie so weit. Nur auf meinen Werwolf hätte ich gerne noch gewartet. Er war noch

nicht so weit. Aber lange würde es auch nicht mehr dauern. Ich wollte meinen

Orgasmus mit ihm erleben. Im selben Moment.
 

Doch jede Sekunde, die ich länger warten musste, wurde schlimmer. Lange konnte

ich nicht mehr.
 

„Jesko ... ich komme ... ich komme ... ah ... ah ... AH!“
 

Das Gefühl jagte wie ein Blitz durch meinen Körper. Ich sank keuchend zurück.

Hatte mich zuvor aufgebäumt und war jetzt völlig erschöpft zusammengesunken.
 

Eine Art Wohlbefinden breitete sich in mir aus. Es löschte im Kompletten jede

Müdigkeit in mir aus. Sonst konnte ich eigentlich danach immer nur schlafen. Aber

jetzt? Ich fühlte mich, als ob ich noch Kilometer weit laufen könnte.
 

Mein kleines Wölfchen beugte sich über mich. In dem Moment spürte ich ihn nicht

mehr. Er war also nicht mehr in mir.
 

„Und?“ Fragend sah er mich an. Sollte ich ihm jetzt sagen, wie er war. Ich

seufzte. „Für das dritte Mal richtig gut.“ Für einen Augenblick schloss ich die

Augen. Sog die warme Luft in mich ein. Ließ sie mit einem Summen wieder

entweichen. Hob wieder langsam die Lider. Doch Jesko hatte sich schon wieder

aufgesetzt.
 

„Hoffentlich hat uns niemand gehört.“ War das denn wirklich der einzige Gedanke,

den er jetzt noch hatte? Ob irgendeiner von diesen dummen Menschen etwas

mitbekommen hat? Das war doch egal. Wir hatten doch nur Sex. War denn daran

irgendetwas so schlimm? Umgebracht hatten wir doch niemanden, also was machte er

sich denn Sorgen.
 

„Ist doch egal!“ Ich zog ihn zu mir. Schob ihm leicht zwei meiner Finger in den

Mund an dem er sogar genüsslich leckte. Saugte daran. Ganz leicht spürte ich auch

seine Zähne. „Beiß zu“, flüsterte ich. Wie gerne würde ich von ihm noch die Macht

eines Werwolfes bekommen. Vielleicht könnte ich mich dann auch endlich wehren.

Von selbst. Und würde nicht bei allem Hilfe brauchen. Genauso wie er mich dann

nicht mehr beschützen müsste.
 

„Ich könnte nicht.“ Er wich zurück. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf seinem

Gesicht. Dadurch wurde mir irgendwie warm. Fast schon heiß. Diese Geborgenheit

die er auslöste war das wohl. Oder war das etwas anderes?
 

Langsam sollte ich es wohl zugeben. Mir selbst eingestehen. Ich sollte mir über

dieses Gefühl bewusst werden. Es ihm vielleicht auch einmal sagen. Doch wie

sollte ich das denn machen? Ich wusste es und trotzdem konnte ich nicht. Ich

könnte es ihm nie gestehen. Nie was ich für ihn empfand. Im Grunde wollte ich es

doch selbst nicht hören. Nie. Ich konnte das gar nicht für ihn fühlen. So weit

war ich noch nicht. Dem war ich mir selbst bewusst. Es musste noch viel

passieren, dass ich so etwas für jemanden empfinden könnte. Und dafür war es bei

mir dann einfach noch zu früh.
 

„Hey?“ Ich schreckte hoch. Blickte auf. Jesko hatte einen schmollenden

Gesichtsausdruck aufgelegt. „Du beachtest mich gar nicht“, murrte er, als er sich

einfach umdrehte und auf die Bettkante setzte.
 

Hatte ich so lange nichts gesagt? Ihn wirklich so lange nicht beachtet? Oder war

er einfach wegen ein paar Minuten eingeschnappt.
 

Ich rappelte mich auf. Ein schöner Rücken konnte wohl auch entzücken. Ich legte

den Kopf schief. Legte die Finger auf eine Narbe, die sich quer über das rechte

Schulterblatt des Werwolfs zog. Es war nicht die einzige, die sich auf seiner

Rückseite abzeichnete.
 

„Sind die von mir?“ Ich glitt über ein anderes Wundmal auf seinem Rücken, das

knapp unter einem seiner oberen Wirbel war. Er nickte. „Nicht alle“, meinte er

noch. Seufzte leicht. Einmal atmete er tief durch, bevor sich der Werwolf dann

auch wieder mit dem Kopf zu mir wendete.
 

Ich glitt wieder mit den Fingern über die vereinzelt zu sehenden Narben. „Sie

sind nicht so schlimm. Sieht man doch ohnehin kaum.“ Ein weiteres Mal bildete

sich ein warmes Lächeln auf seinem Gesicht. Und wieder wurde mir warm.
 

Ich legte einen Hand auf seinen Hals. Wanderte bis zu seinem Ohr hinauf und

kraulte ihn dort ganz leicht. Jesko ließ sich zurückfallen. Direkt auf meinen

Schoss. Kuschelte sich an mich. Ich zuckte zusammen.
 

„Was machst du denn?“ Ganz war mir diese plötzliche Nähe von ihm nicht geheuer.

Er war doch nur eine Minute zuvor eingeschnappt. Hatte sich doch einfach von mir

abgewendet.
 

„Du willst dich nur einschleimen, also spiele ich einfach mal mit“, summte er.

Drückte seinen Kopf mehr und mehr gegen meine Schritt. Ich wollte ihn

wegschieben. Da baumelten aber schon meine Shorts vor meiner Nase. „Wenn dir was

nicht passt, dann zieh die wieder an“, seufzte Jesko. Sah leicht auf. Streckte

sich herzhaft.
 

Bevor er sich wieder ganz auf mich sinken lassen konnte, zog ich ihm meine Füße

weg. Schlüpfte schnell in meine Boxershorts. Dabei murrte der Werwolf aber nur

wieder.
 

Ich zog ihn wieder zu mir. „Leg dich doch einfach noch mal her.“
 

Es fühlte sich gut an, ihn bei mir zu haben. Das tat es schon die ganze Zeit. In

jeder Sekunde, in der er bei mir war. Jeder kleinste Moment. Das war für mich

noch nie so. Noch nie mochte ich die Nähe von irgendjemanden so lange.

Irgendetwas löste er einfach in mir aus. Irgendetwas, was wirklich schön war. Und

etwas, was mir einfach noch nie jemand wirklich gegeben hatte.
 

Ich fing wieder an Jesko hinterm Ohr zu kraulen. Etwas, was er mochte. Jeder Hund

ließ sich eben gerne kraulen. Und er war da nicht anders. Aber was mochte denn

dann ich? Es gab eigentlich nichts, was sich wirklich für mich gut anfühlte und

was ich so einfach von jemand anderen bekommen konnte.
 

Da ging der junge Werwolf auf einmal hoch. Legte die Hände locker auf meine

Hüften. Er blickte mir eine schier endlose Minute in die Augen. Küsste mich

schließlich zärtlich.
 

War es das, was ich mochte? Was mir jemand geben konnte, was sich wirklich gut

anfühlte? Das war eine idiotische Vorstellung, dass ich mir von einem Werwolf

etwas geben lassen musste, aber in den letzten paar Tagen hatte ich mir über

unsere eigentlichen Wachhunde ohnehin schon ein ganz anderes Bild gemacht. Wenn

sie alles so waren, dann passten sie doch eigentlich ganz gut zu uns Vampiren.

Dann könnten wir doch eigentlich auch auf gleicher Stufe miteinander leben. Und

müssten uns nicht gegenseitig so hassen und auch erst recht nicht die Werwölfe so

ausnutzen. Könnte es den wirklich ein Leben, das jedem der beiden Rassen gut

passte, geben? Es wäre doch eigentlich das Beste. Ohne irgendeine Art von

Unterdrückung. Und erst Recht könnte ich dann einfach so mit Jesko zusammen sein.

Ich könnte mich immer von ihm küssen lassen. Mich auch endlich einmal bei

jemanden wohl fühlen. Dufte ich das noch erleben?

Salat für den Blutsauger

Lost Angel
 

Kapitel 23 – Salat für den Blutsauger
 

Jesko’s PoV
 

Ich wusste doch, wie er diese zärtlichen Berührungen mochte. So lange ich nur

vorsichtig genug war. Dann fühlte er sich wohl. Und etwas anderes wollte ich gar

nicht.
 

Langsam schlang ich die Arme immer enger um ihn. Er keucht leicht auf. Ließ den

Kopf aber schließlich wieder an meine Brust sinken. Wo er ihn schon die ganze

Zeit gehabt hatte. Schon seit Minuten.
 

Jemil kuschelte sich enger an mich. Wie konnte er sich denn nur so gut bei mir

fühlen? Werwolf und Vampir vertrugen sich doch eigentlich nicht. Aber dann durfte

ich mich wohl auch nicht einfach geborgen fühlen. War es denn dann auch bei mir

falsch?
 

Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Wir waren zusammen abgehauen und seine nette

Verwandtschaft würde uns sicher verfolgen. Wenn nicht sogar bis ans Ende der

Welt. Ich konnte es mir schon gut und gerne vorstellen, dass Pio in zurück haben

wollte. Aber nicht aus Bruderliebe heraus.
 

Ich war mir gar nicht so im Klaren, wieso er von seinem Bruder überhaupt so

gequält wurde. Was konnte der denn schon für einen Grund haben, ihm so etwas

antun zu können? Oder war Pio einfach nur krank?
 

Ich streichelte leicht über Jemils Wange. Zog ihn dann einfach mit zurück in die

Kissen. Es war für ihn viel zu früh. Ein paar Stunden Schlaf würden für ihn das

Beste sein.
 

Leicht berührte ich seinen Hals mit den Lippen. Küsste ihn dort nur ein paar Mal,

bevor ich mich aufraffte. Eigentlich trieb mich nur der Hunger dazu. Ob es ihm

wohl gerade ähnlich ging?
 

„Hast du Hunger?“, fragte ich deswegen einfach, als ich gerade meine Boxershorts

vom Boden aufgesammelt hatte. „Wenn du mich nicht gerade an deinem Hals saugen

lassen willst, dann nein“, bekam ich auch gleich zur Antwort. Leicht hob ich eine

Augenbraue. „Können Vampire nichts anderes ... na ja, essen?“, wollte ich wissen.

Er konnte immerhin nicht die ganze Zeit irgendwelche Leute so einfach umbringen,

nur weil er Hunger hatte. Obwohl sie das Blut wohl eher brauchten um irgendwie

ihr Herz halbwegs in Bewegung halten zu können – so hatte ich es zumindest einmal

gehört.
 

„So lange es nicht Fisch oder Fleisch ist. Etwas anderes kann ich nämlich auch

essen.“ Das war jetzt schon ein Schock für mich. „So etwas darfst du nicht Essen?“

Ich blickte ihn verwirrt an. Gerade ohne das könnte ich nicht leben und er

durfte nichts davon haben? Das konnte ich gar nicht glauben.
 

„Nur wenn ich große Lust darauf hätte zu sterben.“ Es kam mir so vor, als hätte

sich ein ganz leichtes Lächeln auf seine Lippen gebildet. Das merkte er wohl gar

nicht. Denn eigentlich hatten seine Stimme nicht einmal irgendwie so geklungen,

als ob er es lustig finden könnte. Das tat ich aber auch nicht. Wenn er deswegen

sterben müsste, dann musste er wohl darauf verzichten.
 

„Willst du dann irgendetwas anders?“, fragte ich. Legte den Kopf leicht schief,

während ich mich wieder auf die Bettkante kniete.
 

Jemil setzte sich auf. Legte seine Finger auf meinen Hals und streichelte leicht

darüber. Er öffnete den Mund. Nur einen Spalt. Leckte mit der Zunge über seine

Schneidezähne. Das entlockte mir nur ein Schlucken. Er blickte mich fast schon

ausgehungert an. Aber von meinem Blut wollte er doch nichts.
 

Er seufzte. Rutschte ein Stück zurück und schüttelte langsam den Kopf. Der Vampir

massierte sich leicht die Schläfe. „Tut mir leid“, murmelte Jemil. Blickte etwas

zaghaft zu mir auf. Irgendwie mochte ich fast schon diesen schüchternen

Gesichtsausdruck. Er wirkte so richtig putzig.
 

„Willst du jetzt irgendetwas anderes?“ Sanft zog ich ihn zu mir. „Wenn du etwas

besorgen kannst.“ Für eine Moment kuschelte er sich sogar noch selbst an mich.

Wich dann aber wieder von mir zurück. Ganz leicht zitterte er.
 

„Ich bin gleich wieder da“, meinte ich, als ich ihm die Decke über den Kopf

geworfen hatte. „Hm“, gab er noch knapp von sich, als ich mich schnell angezogen

hatte und auch schon im nächsten Moment vor der Zimmertür stand. Ganz wusste ich

nicht, wo ich jetzt hin sollte. Ich hatte noch so gut, wie gar nichts von dem

Haus gesehen. Bis auf das Zimmer in dem wir geschlafen hatten.
 

Langsam ging ich den Flur entlang. In Richtung Treppe. Ich hoffte einfach einmal,

dass ich die Küche so finden würde. Mein Hunger würde mich schon dazu antreiben.
 

Kaum war ich aber im Erdgeschoss hörte ich Schritte. „Guten Morgen, Jesko“, wurde

ich da aber auch schon von Nina begrüßt. Da lachte sie aber auch schon auf. „Ist

wohl etwas spät dafür“, meinte sie aber auch gleich.
 

Ich wusste nicht, wie spät es war. Es war aber auch gestern spät genug gewesen,

als ich endlich zur Ruhe kam. Somit wäre es wohl nicht ungewöhnlich, wenn es

längst Mittag wäre. Dann war aber auch mein Hunger nicht gerade ungewöhnlich.

Seit gestern hatte ich auch nichts mehr im Magen. Oder war das schon länger her.
 

„Wollt ihr etwas essen ... oder wohl eher du? Wo hast du denn deinen blonden

Freund gelassen?“ „Jemil schläft noch.“ - Ich setzte kurz aus - „Und ich hätte

gerne etwas zu Essen.“ Ob man wohl das bittende Strahlen in meinen Augen sehen

konnte? Hoffentlich nicht zu deutlich.
 

„Na dann komm mal mit.“ Gelassen führte sie mich durch die Gänge. An einige

Bediensteten vorbei, die gerade am Putzen waren. Viel hatten sie wohl nicht zu

tun.
 

„Willst du Jemil etwas mitnehmen?“, fragte Nina, als wir in der Küche angelangt

waren und ich schon dabei war den Kühlschrank auszuräumen. „Wenn ich darf.“ Kurz

sah ich auf. Vergrub die Nase dann aber auch schon wieder in dem Kühlgerät.
 

Mir lief regelrecht das Wasser im Mund zusammen, bei den ganzen Sachen, die ich

essen könnte. Es war zu viel, was ich mochte oder einfach einmal probieren würde.

Doch alles könnte ich wohl gar nicht mitnehmen.
 

„Bist wohl ganz schön ausgehungert.“ Nina zog eine Augenbraue hoch, als ich mich

voll beladen wieder zu ihr wendete. „Ich muss für Jemil auch etwas mitnehmen“,

meinte ich darauf aber nur knapp. Für uns beide würde das wohl leicht reichen.
 

Sie seufzte leicht. „Du magst ihn wohl sehr.“ Als Antwort bekam sie nur ein

leichtes Lächeln und ein knappes 'Hm'
 

Mehr musste sie gar nicht wissen. Heute Nacht würden wir hier ohnehin wieder

abhauen. Das hatte ich mir für uns schon einmal vorgenommen. Es war mir

eigentlich egal, was Jemil dazu sagen würde. Aber er wollte doch auch einfach nur

immer weiter weg. Meter für Meter. Kilometer für Kilometer. Immer weiter. Bis es

irgendwann nicht mehr ging. Und ich würde bei ihm bleiben. Ich wollte bei ihm

bleiben.
 

„Mann, du musst ja verdammt verliebt sein.“ Ich schreckte aus meinen Gedanken

hoch. „Wie kommst du darauf?“ Hatte ich denn irgendwie so ausgesehen. „Dein

Blick. Du hast einfach so verdammt verliebt geschaut. Na ja, deswegen dachte ich

nur, dass ihr wohl ziemlich gut miteinander verbunden seid.“
 

Ich seufzte. „Er ist mir nur sehr wichtig.“ Ich wusste gar nicht, wieso ich es

nicht zugeben konnte. Vielleicht einfach, weil ich es ihm einfach auch nichts

gesagt hatte. Dann war es wohl nicht ungewöhnlich, dass ich es jemand anderen

auch nicht einfach so erzählen konnte.
 

„Ihr seid wohl noch nicht so lange zusammen.“ Ich gab ganz einfach keine

Erwiderung mehr. Ich wollte gar nicht reden. Nur zu Jemil zurück. Ihn wieder ganz

nah bei mir spüren.
 

Erst als ich wieder vor der Zimmertür war, hinter der ich vor einigen Minuten

meinen kleinen Vampir zurückgelassen hatte, gab sie es endlich auf. Lange hätte

ich ihr Gerede aber auch nicht mehr ausgehalten.
 

„Hey, Jemil“, schallte ich in den Raum. Erhielt aber keine Antwort. Er hatte sich

im Bett zusammengerollt. Was hätte ich aber auch anderes erwartet, als das er

wieder schlief. So wie ich es auf der Uhr in der Küche gesehen hatte, war es erst

kurz vor Mittag. So hatte er wohl seinen Schlaf verdient.
 

Ich ließ das Essen auf den Schreibtisch am Fenster sinken. Alles was Jemil nicht

essen konnte – also Fleisch, Fisch und alles Ähnliche – verleibte ich mir gleich

ein. Es fühlte sich richtig gut an, wieder etwas zu essen.
 

Genüsslich leckte ich mir schließlich über die Lippen, als ich mich wieder dem

Bett zuwendete. Irgendetwas hatte ich von dort gehört. Nur ein leises Murmeln.

Kaum hörbar. Aber für meine Ohren noch gut genug vernehmbar.
 

„Jesko.“ Und wieder. Er wollte mich wohl bei sich haben. „Na, Jemil?“, flüsterte

ich, als ich mich zu ihm kniete. Ihm ganz vorsichtig über die Wange streichelte.

Er war immer noch etwas warm. Nur noch etwas. Bis heute Nacht würde es ihm wohl

wieder ganz gut gehen. Zumindest so weit hoffen durfte ich.
 

„Hey, Jemil. Wach auf. Ich hab was zum Essen für dich.“ Sanft kitzelte ich ihn.

Nur ganz leicht. Ganz vorsichtig. „Hör auf, Jesko.“ Er drückte mich weg. Nicht

gewaltsam. Nur etwas zaghaft. Hob ein Lid. Für einige Sekunden. Versuchte sich

dann wieder auf die Seite zu drehen und wohl weiter zu schlafen. Doch das ließ

ich gar nicht zu.
 

„Ich hab dir was zum Essen mitgebracht.“ Ein Lächeln hatte sich auf meinen Lippen

gebildet, als ich das sagte. Ich wusste nicht einmal wieso ich lächelte. Es

fühlte sich nur verdammt gut an. Und mit was für einem süßen Blick er das

erwiderte.
 

„Hast du etwas Salat?“, fragte er da aber auch schon. Ich verzog das Gesicht.

„Den hab ich übrig gelassen. Dachte aber nicht, dass du den haben willst.“ Ich

stand langsam wieder auf. Schnappte mir den Salat, der in einer Schüssel

angemacht war, und drehte mich gleich wieder zu ihm um. Hielt ihm das Grünzeug

hin. „Wenn es dir schmeckt.“
 

Genüsslich schlang er den Salat sogar hinunter. Dass das wirklich gut war, konnte

ich mir gar nicht vorstellen. Es schmeckte doch eigentlich nach gar nichts. Und

diese grässliche grüne Farbe. Eklig. Da könnte man doch auch gleich Gras essen

oder Blätter. Die konnten auch nicht besser sein.
 

„Ah, das war gut.“ Jemil hielt mir die Schüssel wieder hin. Alles war weg. Gut,

dass ich es nicht mochte. So machte es mir schon gar nichts aus, dass er mir

nicht übrig gelassen hatte.
 

„Was hältst du davon, wenn wir heute Nacht wieder von hier abhauen?“ Ich fragte

es fast schon zaghaft. Seine Reaktion wollte ich aber eigentlich auch gar nicht

hören. Ich würde eh auf keine Widersprüche hören. Wenn er nicht wollte, würde ich

ihn ohnehin einfach mitschleifen. Ich wollte doch auch nur ganz weit mit ihm von

hier weg.
 

„Gerne.“ Es lag etwas Fröhliches in seiner Stimme. „Äh, willst du wirklich?“ Ich

glaubte nicht ganz was ich gehört hatte. Blickte ihn nur etwas verwirrt an. „Das

hab ich doch versprochen. Wir wollte zusammen abhauen. Und das Versprechen halte

ich. Wenn ich schon sonst immer alles versaue.“
 

Natürlich wollten wir gemeinsam weg, aber dass er das so eiskalt durchziehen

würde. Ich hätte es wohl niemanden geglaubt, wenn er mir das vor ein paar Wochen

gesagt hätte. Der wäre für mich einfach nur verrückt gewesen. Krank. Etwas

anderes wäre diese Person dann nicht für mich gewesen. Doch jetzt würde ich es

jedem glauben.
 

Jemil war wohl etwas Anders. Er war etwas Besonderes. Und trotzdem waren wir uns

doch irgendwie – auf irgendeiner Ebene – ähnlich. Vielleicht lag es aber auch nur

daran, dass wir uns gegenseitig brauchten. Ich hätte wohl nie ohne ihn meine

Freiheit gefunden. Und er hätte mir wohl nie gezeigt, wie er wirklich war.
 

Ich legte die Arme um ihn. „Na dann werden wir heute Nacht einfach weiter ziehen.

Es ist doch ohnehin zu gefährlich, wenn wir hier bleiben.“ Wir würden nur diese

Leute mit hineinziehen. Darauf war ich nicht wirklich scharf.
 

„Wir werden dann aber auf Ewig weglaufen. Wirklich unsere Ruhe werden wir nie

haben.“ Jemil klang jetzt wieder so leicht eingeschüchtert. „Zusammen schaffen

wir das schon“, meinte ich nur. Kraulte ihm sanft den Nacken.
 

Er kuschelte sich an mich. Einmal mehr. Locker legte er den Kopf an meine Brust.

„Beschützt du mich für immer?“ Bei seiner Frage nickte ich langsam. „Für immer.

Nur dich.“ Etwas anderes wollte ich doch nicht.
 

Zärtlich küsste ich ihn. „Du schläfst jetzt noch ein bisschen und dann brechen

wir einfach später wieder auf.“ Ich lächelte ihn glücklich an. Doch da war er

doch schon längst wieder eingeschlafen. Was sollte das Vampirchen aber auch

machen, wenn es tagsüber einfach müde war?

Finsternis, Angst und Einsamkeit

Lost Angel
 

Kapitel 24 – Finsternis, Angst und Einsamkeit
 

Jemil’s PoV
 

Ich hatte mich zusammengerollt. Versuchte schon seit einigen Minuten einfach

wieder einzuschlafen. Doch irgendwie ging es nicht. Dabei war es draußen noch

viel zu hell. Durch die Vorhänge viel noch leicht das Sonnenlicht.
 

Zaghaft streckte ich nach dem schmalen Lichtstreifen, der sich auf der Bettdecke

ausbreitete, die Finger aus. Es würde sich sicher wieder für einen Moment gut

anfühlen. Nur noch ein paar Millimeter. Meine Hand zitterte. War das denn so

schwer daran, dass ich dieses bisschen Sonnenlicht berühren wollte?
 

Ich zog die Finger zurück. Rollte mich auf die andere Seite. Jesko war nicht da.

Wie konnte er mich denn einfach so alleine lassen? Und dann auch noch ohne mir

etwas davon zu sagen?
 

Ich zog mir die Decke über den Kopf. Es fühlte sich wieder an wie früher. Wie,

als sich niemand für mich interessierte. Jeder hat gesehen, wie ich über die

Werwölfe gelacht hatte. Aber niemand hat es gesehen, wenn ich mich wieder alleine

irgendwo verkrochen hatte. Jeder hat gehört, was ich gesagt hatten Aber keiner

hat je gewusst, was ich gedacht hatte. Wie oft ich daran gedacht hatte, mich

umzubringen. Innerlich bin ich zerrissen worden. Und niemand hat es bemerkt.

Wieso hat es mir nur niemand angesehen?
 

Jemand streifte über die Decke. Ganz plötzlich verkrampfe ich. Eine Erinnerung

kam in mir hoch. Lässt mein Herz rasen. „Pio“, flüsterte ich. Versuchte mich

klein zu machen. Doch da wurde mir die Steppdecke weg gezogen. „Nein, Jesko“,

maulte der Werwolf. Ich atmete erleichtert auf. Konnte mich aber trotzdem nicht

wieder entspannen.
 

Ich drehte mich weg. Seufzte kaum hörbar. Jetzt war er wieder da und trotzdem

passte es mir nicht wirklich. Gerade war ich wohl doch einmal wieder ganz gerne

allein. Etwas nachdenken lag mir im Moment mehr, als irgendjemanden bei mir zu

haben. Aber Jesko würde ich wohl nicht mehr abwimmeln können.
 

„Was ist denn? Geht’s dir nicht gut?“, fragte er. Und ich spürte schon seine

warmen Finger auf meiner Stirn. Dachte er denn, ich hätte wieder Fieber? Wenn ich

den ganzen Tag nur herumlag? So anfällig war ich nur wieder auch nicht. Zwar war

ich oft krank. Wurde aber auch immer ziemlich rasch wieder gesund.
 

„Sieht so aus, als ob es dir gut geht“, murmelte der Werwolf. Beugte sich über

mich, bis er vorn über fiel und etwas unbequem auf mir landete.
 

„Geh von mir runter“, seufzte ich. Versuchte ihn von mir weg zuschieben. Doch er

war einfach für mich zu schwer. Da rappelte er sich aber schon wieder kichernd

auf. „Tut mir leid.“
 

Ich drehte mich nicht einmal zu ihm herum, als er wieder von mir runter war. Ich

hörte aber sein Murren. „Ich will nur meine Ruhe haben“, meinte ich schließlich.

Jedoch war es da schon zu spät. Jesko zog mich zu sich hoch. In der nächsten

Sekunde lag ich schon in seiner Umarmung. Versuchte mich aber mit Mühe und Not

wieder zu befreien. Doch das gelang mir einfach nicht.
 

„Sein nicht eingeschnappt“, flüsterte Jesko. Er verstand mich wohl doch noch

nicht ganz ohne Worte. „Bin ich doch gar nicht.“ Ein Stück konnte ich mich wieder

von ihm weg drücken. Legte schließlich meine Arme locker um seine Schultern.
 

Ich versuchte zu lächeln. Doch das gelang mir einfach nicht. Nur ganz leicht

konnte ich die Mundwinkel hochziehen. Es sah wohl nicht nach dem aus, was es

werden sollte. Vielleicht war es zumindest zu erahnen. Ich schüttelte innerlich

den Kopf. Nicht mal er würde das sehen können.
 

Jesko streichelte mir über die Wange. „Bald geht die Sonne unter. Dann können wir

weiter. Von Nina hab ich mich schon verabschiedet. ... Ich glaube, sie findet

dich süß.“ Ich hob bei den Worten des Werwolfes die Augenbraue. „Sie kennt mich

doch gar nicht“, meinte ich. Doch da zuckte er schon mit den Schultern.

„Mädchen“, war das einzige was ihm dazu einfiel.
 

Und damit setzte dann auch eine ganze Weile schweigen ein. Könnte ich eigentlich

wieder nachdenken.
 

Ich schloss die Augen. Doch als ich seine sanften Streicheleinheiten an meiner

Taille spürte, riss ich sie schlagartig wieder auf. Aber es war doch nur Jesko.

Was war ich denn so angespannt? Und vor allem so schreckhaft?
 

Er würde mir doch nie etwas tun. Er doch nicht. Nicht mein Jesko. Das könnte er

doch nie.
 

Er begann auf einmal an meinem Ohrläppchen zu knabbern. Ob er es wagen würde,

einfach zu zubeißen? Damit konnte er mich von meinem Leben – wenn man es

überhaupt so nennen wollte – erlösen.
 

Aber selbst das würde er doch nicht tun. Er doch nicht.
 

Ich kuschelte mich an ihn. Nur bei ihm konnte ich mich doch eigentlich richtig

wohlfühlen. Nur ihm war ich überhaupt etwas Wert. Wie viele waren denn auf die

Suche nach mir gegangen. Devin und Joe. Letzterer wohl auch nur um sich gleich

einmal bei den anderen Ältesten einzuschleimen. Von den würde mein Clan ohnehin

bald Besuch kriegen. Irgendwie musste man doch auch Victor wegschaffen. Begraben

würden sie ihn kaum. Werwolfe buddelten dafür eindeutig zu gerne. Obwohl ich das

bei Jesko noch gar nicht gesehen hatte. Dafür aber bei einigen anderen.
 

Ich bemerkte nicht wirklich, wie mir die Augen zufielen. Doch als ich sie wieder

öffnete, war alles schwarz. Nur in weiter Ferne konnte ich etwas Licht sehen.

Fast wie das Licht am Ende des Tunnels.
 

Für einen Moment sah ich mich um. Überall Finsternis. Und Kälte. Mir war so

schrecklich kalt. „Jesko“, murmelte ich. Wo war er auf einmal hin? Und wo war ich

überhaupt?
 

Ich wiederholte den Namen des Werwolfes. Immer wieder. Immer lauter. Doch es kam

keine Antwort. Nur schien meine Stimme irgendwo wider zu hallen. Irgendwann hörte

ich sie aus allen Richtungen. Und sie vermischte sich mit einer anderen, die mich

rief.
 

Jemand schlag die Arme auf einmal um mich. Zog mich zurück. Ich wollte noch

schreien. Doch ich konnte nicht. Aus meiner Kehle kam kein Ton. Panisch blickte

ich mich um. Konnte mich aus dem Griff, der mich immer noch umklammerte nicht

befreien.
 

Hände bahnten sich ihren Weg zwischen meine Beine. Drückten einfach zu. Ich

wollte brüllen. Wieder ging es nicht. Ich war wie stumm.
 

Mit stürmischen Küssen wurde mein Hals übersät. Biss ich die Eckzähne spüre. Wie

sie sich in meinen Hals bohrten. Was würde jetzt mit mir passieren? Als

Halbvampir von einem Vampir gebissen? Viel konnte es nicht ausmachen. Doch ich

spürte, wie mir schwindelig wurde. Ich sank zusammen. Wurde aber aufrecht

gehalten.
 

„Du brichst mir nicht zusammen“, hauchte mir eine kalte Stimme ins Ohr. Ich wurde

enger an diese Person gedrückt. Vor Schmerz ächzte ich auf. Gerade wurde ich

wieder gebissen. Ich fühlte, wie ich ausgesaugt wurde. Hatte ich den so viel Blut

in mir?
 

Der Griff um mich wurde gelockert. Ich sank auf die Knie zusammen. Beugte mich

vorne über. Am ganzen Leib zitterte ich, als ich das erste Mal getreten wurde.

Ich keuchte, als ich versuchte rückwerts wegzukriechen.
 

Da traf mich aber schon der zweite Tritt. „Jemil ... du kommst nicht von mir weg!

Ich werde dich zu mir zurückholen!“ Mein Atem begann zu rasen. „Pio“, brachte ich

kaum hörbar heraus. Zog die Beine näher an den Körper. Versuchte mich so klein

wie möglich zu machen.
 

Als ich es wagte wieder aufzusehen war niemand da. Ich war wieder allein in

dieser Finsternis. Wie immer eben. Und mir wurde erneut kalt. So verdammt kalt.
 

Wo war nur Jesko? Wieso ließ er mich auch alleine? Ich wollte zu ihm. Nur zu ihm.

Diesem wunderbaren Werwolf. Der für mich war, wie ein treuer Hund. Und dennoch

war er jetzt nicht da.
 

Mich umgab auf einmal eine angenehme Wärme. Langsam konnte ich mich dadurch

wieder entspannen.
 

Mein ganzer Körper kribbelte. Vibrierte fast schon. Eigentlich war doch niemand

da, der mich in den Arm nehmen konnte. Und dennoch spüre ich ganz deutlich die

Umarmung von jemanden. Und derjenige war so sanft. So vorsichtig.
 

„Jesko“, flüsterte ich. „Ich bin doch da“, erhielt ich als Antwort. Langsam ließ

ich den Kopf nach vorne sinken, bis ich eine warme Brust fühlte. Erneut murmelte

ich den Namen des Werwolfes. Wartete auf seine Erwiderung. Doch die kam nicht.
 

Ich hob den Kopf. Ich war nicht mehr in dieser Finsternis, sondern lag wieder in

dem Bett, wo ich eigentlich schon die ganze Zeit gewesen war. „Du bist

eingeschlafen“, meinte Jesko, als sich unsere Blicke trafen. Ein Lächeln umspielte

seine Lippen.
 

Dann war das nur ein Traum. Sonst nichts? Das war gar nicht wirklich passiert.
 

Ich faste an meinen Hals, wo mich Pio gebissen hatte. Es war nichts dort. Deine

Spur von Zahnabdrücken. Nicht einmal eine Schramme.
 

„Hast du dir am Hals weggetan?“, fragte da aber schon Jesko. Sah mich besorgt an.

Ich schüttelte zaghaft den Kopf.
 

Es war also wirklich alles gar nicht passiert. Er hatte mich nicht gebissen. Pio

hatte es nicht getan. Aber es hatte sich so verdammt echt angefühlt.
 

Leicht strich mir Jesko über den Nacken und über mein Schlüsselbein. Knapp

darunter hielt er Inne. „Hast du die Schramme da schon immer?“, fragte er. Glitt

noch einmal über die Stelle, die er wohl meinte. Nur eine kleine – fast winzige

– Narbe. Nichts über das man wirklich reden musste. Ich war mir nicht einmal mehr

sicher woher ich sie hatte.
 

„Ja.“ Sanft führte ich seine Finger zu meinem Bauch hinunter. Wie gut sie sich

auf meiner ausgekühlten Haut anfühlten. Von dem Punkt, an dem er mich berührte,

ging aber auch so eine schöne, angenehme Wärme aus.
 

Vorsichtig küsste er meine Schulter. Es war ein wunderbares Gefühl seine Lippen

auf mir zu spüren. Nur bei ihm war das so traumhaft.
 

„Hast du schlecht geträumt?“, fragte der junge Werwolf, als er für einen Moment

von mir abließ, aber auch nur um sich gleich darauf der anderen Schulter zu

widmen. Ich nickte nur langsam. Wendete den Kopf von ihm ab.
 

„Von was?“, wollte er wissen. Doch über so etwas redete ich nicht wirklich gerne.

Es gab Dinge, die nur mich etwas angingen. Und dazu gehörte so etwas auch. Was

mir mein Unterbewusstsein sagen wollte, musste niemand wissen. Gerade, wenn ich

es selbst nicht verstand. Aber wer tat das schon wirklich Voll und Ganz?
 

Leicht streichelte mir Jesko über die Wange. „Dann eben nicht“, flüsterte er mir

ins Ohr. Seine Stimme klang richtig beruhigend. Kam mir wohl aber im Moment

einfach nur so vor. Sonst war sie es doch auch nicht. Oder bemerkte ich das ganz

einfach nicht?
 

Etwas abrupt zog mich der Jüngere auf einmal hoch. Ich blickte ihn nur verwirrt

an. Was war denn jetzt los?
 

„Mir können los“, meinte er da aber auch gleich und ein Blick aus dem Fenster

sagte mir auch, dass es schon länger dunkel sein musste.
 

Es dauerte nur ein paar Minuten, da waren wir schon unten vor der Haustür. Nina

waren wir dabei nicht einmal mehr begegnet. Wirklich etwas geredet hatte ich mit

ihr aber auch nicht. Somit kannte ich sie doch gar nicht.
 

Wir gingen die Straße entlang. Raus aus dem Dorf – vielleicht war es auch eine

kleinere Stadt. Mir war es egal, wo wir landen würden. Nur immer weiter. Und

solange ich nicht allein war, konnte mir alles andere egal sein.
 

Zärtlich nahm Jesko meine Hand, als wir die Häuser fast hinter uns gelassen

hatten. Doch da durchfuhr ein Schrei die Stille der Nacht. Ich riss mich von dem

Werwolf los und wirbelte herum. Es war nichts zu sehen. Nur immer wiederkehrende

Schreie konnte ich hören. Verängstigte Schreie.
 

Jesko hielt die Nase in die Luft. „Werwölfe“, murmelte er nur. Ließ langsam den

Kopf wieder sinken.
 

Mir war ein ganz anderer Geruch in die Nase gestiegen. Er war nur ganz schwach

und dennoch roch ich ihn aus all den anderen Gerüchen heraus.
 

Einige Schritte stolperte ich zurück, bevor mich Jesko wieder festhielt. „Was ist

denn?“, fragte er und hatte die Augenbrauen zusammengezogen. „Er ist hier“,

flüsterte ich nur. Starrte wie gebannt auf die Häuser. Vereinzelt waren Feuer in

den Himmel geschlagen. War er das gewesen? Nein! Er würde sich mit so etwas nicht

die Finger schmutzig machen.
 

Jesko gab mir plötzlich eine Stoß. „Lauf!“, zischte er. Rannte aber schon längst

in die andere Richtung. „Wo willst du hin?“, rief ich ihm noch hinterher. Doch

ich erhielt nur ein weiteres 'Lauf!' als Antwort.
 

Er verschwand in der Dunkelheit. Starr vor Schreck blieb ich stehen. Konnte mich

einfach nicht bewegen. Was wäre, wenn er nicht mehr zurückkommen würde, wenn ich

jetzt einfach weglaufen würde? Dann hätte ich ihn im Stich gelassen. Ich musste

ihm hinterher. Aber er hatte gesagt, ich sollte laufen. Nur wohin?
 

Ich drehte mich um. In der Ferne waren Berge. Davor wieder ein endlos scheinender

Wald. Ich würde es so weit nicht alleine schaffen. Dennoch setzte ich mich in

Bewegung. Ich rannte zwar nicht, aber zumindest bewegte ich mich irgendwie.
 

Aber schon beim nächsten Baum blieb ich wieder stehen. Wendete mich wieder in

Richtung Dorf, wohin Jesko zurückgelaufen war. Es stand schon zum Großteil in

Flammen. Eigentlich konnte ich nur beten, dass ihm nichts passieren würde. Oder

zurück laufen.
 

Doch da spürte ich plötzlich die Anwesenheit einer Person. Und das war ganz

sicher nicht Jesko.

Und wieder ist er da

Lost Angel
 

Kapitel 25 – Und wieder ist er da
 

Jesko’s PoV
 

Ich hätte ihm vielleicht zumindest sagen sollen, wo ich hin wollte. Doch jetzt

war es auch schon zu spät. Er würde wohl schon viel zu weit weggelaufen sein.

Hoffte ich zumindest. Er würde doch auf mich hören.
 

Ich wollte diese Werwölfe zurückhalten. Zurückhalten von Jemil. Wenn er den

gespürt hatten, den ich dachte, dann wäre es wohl wirklich das Beste, wenn ich

mich hier um diese Werwölfe kümmern würde.
 

Ein Jaulen durch zog die Stille, die eigentlich nur vom Knistern der Feuer

gestört wurde. Das klang nach keinem von den Werwölfen, die bei Jamils Familie

lebten. Da war ich mir fast sicher.
 

Ich drehte mich kurz um. Natürlich sah ich den Vampir nicht mehr. Wendete mich

dann wieder in Richtung Dorf. Es waren nur noch wenige Meter bis zu den ersten

Häuser. Und die Standen schon in Flammen. Was, wenn es wirklich nicht die

Werwölfe waren, die bei Jemils Familie lebten. Dann war er da draußen jetzt ohne

Grund alleine.
 

Da spürte ich aber schon den Schlag einer Pranke. Stolperte einige Schritte

zurück. „Fuck!“, zischte ich. Tastete an meine Wange. Blut lief daran herunter.

„Was willst du?“, brüllte mich ein Mädchen mit tiefschwarzem Haar an. Sie hatte

sich gerade zurück verwandelt. Ich durfte mich wohl glücklich schätzen, dass mich

kein Mann erwischt hatte.
 

„Haut von hier ab!“, erwiderte ich nur fast schon gekonnt kühl. Irgendwie hatte

wohl Jemil etwas auf mich abgefärbt.
 

„Ich lasse mir doch von einem Schossköter nichts sagen.“ Das Knurren von noch

mehr Wölfen hörte ich, als sie das sagte. Ich kannte keinen einzigen von diesen

Werwölfen. Dann hätte ich es mir wohl eigentlich sparen können zurückzukommen.

Aber wiederum musste ich sie auch davon abhalten, dass sie hier einfach alles in

Schutt und Asche legten. Obwohl es nicht mehr viel half.
 

Ich ging einige Schritte zurück. Schnee knirschte unter meine Füßen. Wenn sie

mich anfallen würden, dann könnte ich mich ohnehin nicht wehren. Nicht gegen

alle. Und wenn ich jetzt einfach sterben würde, hätte ich auch noch das

Versprechen gegenüber Jemil gebrochen.
 

„Ich will mich wirklich nicht mit euch streiten“, versuchte ich ruhig von mir zu

geben, aber etwas Angst stieg schon in mir hoch. Die meisten der Werwölfe hatten

Blut verschmierte Hände. Von ihren Gesichter einmal ganz abgesehen.
 

„Dann verschwinde wieder und lauf zu deinem Fledermäuschen.“ Einer der Werwölfe,

die um mich standen hatte das gesagt. Woher wussten sie von Jemil? „Denn sollten

wir doch nicht erwähnen“, fauchte ihn schon ein anderer an.
 

Ich blickte mich verwirrt um. Waren sie – so zu sagen – auf das Dorf angesetzt

worden um mich von Jemil wegzulocken? Ich wirbelte herum und lief los. Wer sollte

so etwas tun? Pio? Er sollte sich trauen und Jemil noch einmal anrühren. Dann

wäre er totes Fleisch!
 

Die Werwölfe verfolgten mich nicht. Also gehörte ich wohl wirklich nicht zu ihren

Zielen. Besser für mich.
 

Von weiten nahm ich schon den Geruch eines zweiten Vampirs war. Es war eher schon

ein beißender Gestank.
 

Das Dorf hatte ich bald weit hinter mir gelassen, als ich eine Blutspur

entdeckte. Ich war mir im Klaren, dass das von Jemil war. Er hatte ihn also

wieder angerührt. Dieses verfluchte Schwein.
 

Mit etwas Mühe konnte ich der Blutspur folgen. Mit der Zeit hörte ich auch immer

wieder ein und dieselbe Stimme. Jemil! Jeder Schrei von ihm ließ mich nur

schneller laufen. Dabei war ich schon längst außer Puste.
 

Immer mehr kam ich ihn die Nähe des Waldes. Und wieder durchschnitt ein Schrei

die Nacht. Er brüllte vor Schmerzen. Das Pio es wirklich wagen würde ihn wieder

anzurühren.
 

„Bruder.“ Darauf folgte nur ein Ächzen. Aber ich konnte einfach nicht definieren,

woher es kam. Es war, als würden die Bäume jeden Laut widerhallen lassen.
 

Nicht einmal seinen Geruch konnte ich mehr wahrnehmen. Dabei war meine Nase

eigentlich gerade dafür geeignet irgendjemanden rein wegen seines Duftes zu

finden.
 

Es blieb auf einmal für eine ganze Weile ruhig. Nur noch das gelegentliche

Knirschen des Schnees, wenn ich von einem Bein auf das andere trat, erfühlte den

Wald. Wieder schnupperte ich ihn die Nacht hinein. Aber nichts. Es war wie, wenn

sie gar nicht hier gewesen wären.
 

„Jesko!“ Dieser Schrei ließ mich zusammen fahren. Ich war doch so nah bei ihm und

dennoch konnte ich ihn nicht finden. „Jemil“, flüsterte ich. Einfach loszulaufen

wäre wohl nicht das Wahre, was ich tun könnte. So würde ich ihn nur noch weniger

aufspüren können. Und seine werten Bruder erst recht nicht.
 

Doch da stieg mir endlich wieder der Geruch von Blut in die Nase. Jemils Blut. Es

war nicht schwer der Spur wieder folgen zu können. Ich schlich um einige Bäume

herum. Pio musste mich ja nicht unbedingt sehen – und erst recht nicht hören –

wenn ich kurz davor war ihn in der Luft zu zerreißen. Und das nur, weil er meinen

kleinen Vampir wieder angerührt hatte.
 

Ich hörte ein Wimmern und leises Flehen. Und das erste Mal auch Pio. „Du kleiner

Idiot wirst dafür bezahlen, dass du einfach weggelaufen bist.“ Jemil jaulte auf.

Ich atmete einmal tief durch.
 

„Lass ihn los!“ Gerade fühlte ich mich irgendwie, wie so ein Hollywood-Film-Held,

der seine Geliebte vor den Bösewichten rettete. Nur das hinter mir nicht das

Heldengesetzt § 7 „Der Held kann nicht verlieren“ stand. Eigentlich hatte ich das

Pech, dass keines dieser Gesetze für mich galt.
 

Pio sah mich mit einem kalten Blick an. „Da ist ja das Wölfchen. Dabei dachte

ich, diese Straßenköter hätten dich zerfetzt.“ Dann hatte er sie also auf dieses

Dorf gehetzt. Wieso war ich nur so verdammt blöd gewesen und bin zurückgelaufen?

Ich hätte Jemil nicht alleine lassen sollen.
 

Apropos Jemil. Er wurde von seinem älteren Halbbruder gegen eine Baum gedrückt.

Sein Shirt war aufgerissen. Dann hatte wohl Pio das gleiche wie beim letzten Mal

mit ihm vor. Ich fletschte die Zähne. Knurrte überdeutlich.
 

„Ich habe gesagt: Lass ihn los!“, zischte ich. Doch dafür erntete ich nur ein

überhebliches Grinsen. „Zwing mich doch.“ Er erhöhte den Druck auf Jemil. Machte

sich aber schon in der nächsten Sekunde über dessen Brustwarzen her. Der jüngere

Vampir keuchte.
 

„Lass ihn los!“, brüllte ich jetzt. Irgendwie konnte ich mich noch zurückhalten,

dass ich mich nicht auf ihn stürzte. Lange würde das nur nicht mehr herhalten.
 

Jemils Blick war glasig. Er würde wohl bald einfach zusammensacken. Es sah nicht

einmal so aus, als ob er überhaupt jetzt noch etwas wahrnehmen würde. Es wirkte

nur so, als ob er irgendetwas immer und immer wieder vor sich hinmurmeln würde.

Aber ich versuchte es gar nicht erst von seinen Lippen abzulesen.
 

„Was willst du denn jetzt tun, Wölfchen? Vielleicht dich verwandeln und ihn

gleich mit umbringen, wenn du dann auf mich losgehst? Ich kann mir kaum

vorstellen, dass du das mit deinem Gewissen vereinbaren kannst.“ Ich hätte kotzen

können bei diesem verfluchten Grinsen.
 

Doch einen Plan hatte ich wirklich nicht. Was sollte ich denn auch machen? Ein

falscher Schlag mit meine Klauen und ich könnte Jemil auch mit treffen. Also

konnte ich zumindest schon einmal meine Wolfsform außen vorlassen. Auch wenn ich

nicht einmal richtig wusste, wie ich mich überhaupt verwandelte. Immer wieder

ohne den Vollmond.
 

Ein Schlucken verlor sich in meiner Kehle. Eigentlich war ich doch genauso

hilflos wie Jemil. Nur das ich gerade nicht an einen Baum gedrückt wurde.
 

Pio konnte jetzt eigentlich mit ihm machen was er wollte. Mir waren doch

sprichwörtlich die Hände gebunden. Nur löste sich dieses fast schon Selbstmitleid

auf, als der ältere Vampir wieder begann Jemil mit seiner Zunge zu berühren. Ich

knurrte erneut. Das könnte ich doch jetzt nicht einfach so mit ansehen, wie

dieses Arschloch über meinen Jemil herfiel. Ihn einfach so missbrauchte.
 

„Ach hör doch auf, Wölfchen. Genieß es lieber!“ Das könnte und würde ich nicht

einmal wollen. Ohne weiter darüber nachzudenken stürzte ich mich doch auf ihn.

Ich hatte wohl so etwas wie eine Überraschungseffekt. Mit gerade zu spielerischer

Leichtigkeit riss ich Pio zu Boden.
 

Leider hielt das nicht lange. Er gab mir einfach einen Stoß von sich weg. Als ich

etwas schmerzhaft auf dem zugeschneiten Waldboden landete, blickte ich mich erst

einmal nach Jemil um. Er war zusammengesunken und zitterte am ganzen Leib.
 

Mein Blick schweifte sofort wieder zu Pio. Und genau das tat der mir gerade

gleich. Wütend funkelte er mich an. „Du kleine Missgeburt“, zischte er.
 

Ich packte nur schnell Jemil am Arm und zog ihn zu mir. Sammelte auch gleich

seinen Mantel mit von der Erde auf und warf ihm diesen um die Schultern. Als er

sich an mich lehnte hörte er sogar auf zu zittern. Ob er es spürte, dass ich es

war? Zärtlich strich ich ihm über die Wange. Ließ dabei Pio keinen Moment aus den

Augen.
 

„Du kleines, dummes Wölfchen. Er kommt doch ohnehin immer zu mir zurück.“ Ich hob

eine Augenbraue. „Wird er nicht! Wieso sollte er auch?“ Ich drückte Jemil noch

etwas enger an mich. Dabei auf eine Antwort wartend.
 

„Weil er es doch mag.“ Meine Augen weiteten sich. „Du spinnst doch!“ Gerade

deswegen würde er doch nie zu diesem Irren zurückgehen. Nicht deswegen. Er hasste

es doch. Daran würde er nur zerbrechen. Oder war es eigentlich schon. So wie er

aber auch in meinen Armen hing. Nichts mehr wirklich spürend.
 

Ich nahm Jemil schließlich hoch. Gerade als Pio auf mich zukam. Dass er sich das

jetzt überhaupt traute. Nur noch ein paar Meter waren zwischen uns. „Er wird

zurückkommen. Er braucht es manchmal ein bisschen härter“, flüsterte der ältere

Vampir. Gerade wollte er die Hand nach dem Jüngeren ausstrecken, als ihn ein

Jaulen zusammen zucken ließ. Das hatte ich doch schon irgendwann einmal gehört.
 

„Verflucht“, zischte Pio. Ging wieder rückwärts von mir weg. Blickte mich dabei

wütend an. „Dich dreckige Missgeburt werde ich schon noch erwischen“, zischte er.
 

Ich drückte Jemil an mich, als ich einen warmen Atem an meiner Wange spürte. Kurz

darauf auch eine feuchte Nase. Mir würde der Werwolf vielleicht nichts tun, aber

dem Vampir vielleicht. Möglicherweise würde er aber auch Pio erwischen. Doch als

ich wieder zu dem sah, war er weg. Natürlich hatte er sich verzogen. Wer wurde

aber auch gerne von einem netten Werwolf zerrissen.
 

„Ihr schon wieder!“ Die Stimme kannte ich doch. Der Wolf von gestern aus dem Dorf

an dem Jemil seine Blutlust ausgelassen hatte.
 

Ich drehte mich herum. Immer noch den Vampir an mich gepresst. Nie im Leben würde

ich ihn jetzt einfach loslassen.
 

„Entschuldigung“, nuschelte ich, „wir sind schon wieder weg.“ Ich wollte mich

schon zum Gehen abwenden. Da meinte der andere: „Wieso verfolgt er euch?“ Ich

blieb stehen. Warf einen kurzen Blick auf Jemil. Es schien, als würde er

schlafen. „Wegen ihm“, erwiderte ich schließlich.
 

Ich vernahm ein Auflachen. „Ein Vampir verfolgt einen anderen Vampir. Diese

Blutsauger sind doch wirklich krank. ... Na ja, und du beschützt einen von ihnen

sogar.“ Das musste wohl wirklich seltsam klingen. „Ich hab meine Gründe“,

entgegnete ich nur. Wollte jetzt endgültig gehen. Doch wieder wurde ich

aufgehalten.
 

„Es ist gefährlich hier alleine unterwegs zu sein. Vor allem wohl mit einem

geschwächten Vampir.“ Wollte er auf etwas hinaus? Sollte ich Jemil vielleicht

nach seiner Ansicht besser zurücklassen? Das wäre wohl das Letzte, was ich tun

könnte.
 

„Willst du auf etwas hinaus?“, zischte ich. Möglicherweise hatte ich den falschen

Ton erwischt. „Ein bisschen Unterstützung könnet ihr wohl brauchen. Und ihr wollt

in die gleiche Richtung, wie wir.“
 

Ich zog die Augenbrauen zusammen, als ich mich umdrehte. Doch da bemerkte ich sie

erst. Eine ganze Schar Werwölfe. Und wieder keine, die ich kannte. Ob das wilde

waren? Richtig freie?
 

„Die lassen euch hier ohnehin nicht mehr lebend weg.“ Er hatte wohl erkannt, dass

ich die anderen Wölfe bemerkt hatte. War aber auch nicht so schwer. Das Knurren

von ihnen musste man wohl sogar im ganzen Wald hören.
 

„Ihr könntet mit uns kommen.“ Der Werwolf kam auf mich zu. Streckte die Hand nach

Jemil aus. Ich wollte schon zurückweichen, doch er streifte nur leicht die Wange

des Vampirs. „Er ist kochend heiß.“ Das hätte ich selbst auch gewusst.
 

„Oh, Entschuldigung. Ich heiße Sotsuganai. Und du, kleiner Wolf.“ Er berührte

meinen Hals. Wanderte daran herunter. „Je ... Jesko“, flüsterte ich. Mir wurde

schwindelig, je langer ich Sotsuganai in die Augen sah.
 

„Und der Vampir?“, fragte er. „Jemil“, brachte ich noch heraus, bevor ich

zusammen sank. Was war nur plötzlich los? Ich durfte doch nicht einfach so

bewusstlos werden. Ich musste Jemil beschützen. Meine kleine Fledermaus, die

niemand anrühren durfte solange es mich noch gab.
 

„Schlaf etwas“, wurde mir ins Ohr gehaucht. Das Letzte was ich für eine ganze

Weile hörten würde.

Hybride

Lost Angel
 

Kapitel 26 – Hybride
 

Jemil’s PoV
 

Ich spürte kaltes Metal an einem meiner Handgelenke, als ich langsam die Augen

öffnete. Nicht weit. Nur einen winzigen Spalt. Verschwommen konnte ich etwas

erkennen. Es wirkte für mich, wie ein kleiner Raum. Aber mir war ohnehin zu

schwindelig um überhaupt Entfernungen einschätzen zu können.
 

Mit meiner freien Hand – die andere ging mit diesem metallenen Ding am Gelenk

über meinem Kopf – fuhr ich mir über die Augen. Es half nichts. Ich keuchte

leicht. Fühlte fast im selben Moment, wie sich etwas in meinem Schoss bewegte.

Und das gehörte ganz bestimmt nicht zu mir.
 

Es sah für mich nur aus wie ein großes Fellknäuel. An irgendetwas erinnerte es

mich. Leicht wankte ich mit dem Kopf hin und her. Doch mein Blick wurde nicht

schärfer. Es war nur so, als ob der Druck in meinem Kopf größer werden würde. Es

begann zu schmerzen. Oder wohl eher zu stechen.
 

Ich streichelte über das Ding in meinem Schoss. Es war ganz weich. Fiepte leicht.

Begann sich zu bewegen.
 

Doch da spürte ich schon eine Pranke in meinem Gesicht. „Fass unsere Welpen nicht

an!“, brüllte mich jemand an und entriss mir das Fellknäuel.
 

Mein Kopf wurde durch den Druck herumgerissen. Noch nie hatte mich jemand – bis

auf Pio – ins Gesicht geschlagen. Und erst recht nicht so angebrüllt. Doch ich

gab keinen Laut von mir, der andeuten könnte, dass ich mich aufregte. Nein. Ganz

sicher nicht. Das würde ich in meiner Situation nicht tun.
 

Ich ließ den Blick nach oben wandern. Ein Junge blickte mich wütend an. Der war

doch kaum älter als 14. Wenn überhaupt.
 

„Schau mich nicht so an, Blutsauger!“, zischte er. Das, was er mir da abgenommen

hatte und jetzt auf seinem Arm hatte, war wohl ein Wolfswelpe. Er fiepte immer

wieder.
 

Ich legte den Kopf nur leicht schief. Sah den Jungen immer noch an. Er hatte tief

braune Augen und rabenschwarzes Haar. Etwas schmächtig war er wohl auch.

Vielleicht bekam er nicht genug zu Essen?
 

„Schau mich nicht so an!“, wiederholte er. Nur wütender. „Tut ... mir ... leid“,

brauchte ich langsam heraus. Ließ den Kopf sinken. Der war ohnehin so schwer.
 

„Koinu! Lass unseren Gast in Ruhe!“, wurde der Kleine da aber schon von einer

jungen Frau mit schulterlangem, braunen Haar angeschnauzt. Die war mir gar nicht

aufgefallen. „Der hat aber unseren Welpen angefasst!“, maulte der Jüngere da aber

schon. Doch die Frau hörte ihm gar nicht zu. War nur zu mir gekommen.
 

Sie strich mir über die Wange. „Wow, bei euch heilen Wunden wirklich noch

schneller, als bei uns“, meinte sie würdevoll. Was sie wohl damit meinte? Ich war

mir nicht im Ansatz klar, was sie waren. Zumindest keine Menschen! Werwölfe

vielleicht?
 

„Venanzia, du willst ihn doch jetzt nicht auch noch loben! Seine Art hat dich

damals verstoßen! Nur weil du ein Mischling bist ...“ „Sei still, Koino!“, fiel

sie ihm da aber schon ins Wort, „Sag noch einmal Mischling, dann werde ich dich

wirklich einmal eine Klippe runterwerfen!“ Der Junge senkte den Kopf. „Tut mir

leid, ich meine Hybride.“
 

Meine Augen weiteten sich. Ein Hybride? Dieses Mädchen war ein solcher. Das ging

doch gar nicht. Es gab keine. Es durfte keine von ihnen geben. Einfach ganz

unmöglich.
 

Venanzia wendete sich wieder zu mir. „Ich werde dich erst einmal losmachen, auch

wenn es wohl Sotsuganai nicht passen wird.“ Sie löste die Handschellen und half

mir hoch.
 

„Wo ist Jesko?“, fragte ich, als sie mir bis zum Tisch geholfen hatte, der in

einer Ecke stand. „Jesko? Du meinst den jungen Werwolf. Der wird bei Sotsuganai

sein“, erwiderte sie nur und gab mir ein Glas mit einer roten Flüssigkeit darin.

Meine Nase konnte mir gut genug sagen, was es war.
 

„Blut. Das wird dir gut tun.“ Ich hatte das eigentlich schon gewusst. Nickte

trotzdem lächelnd. Trank das ganze Glas mit einem Zug leer. Erst einen Moment

danach dachte ich daran, was wäre, wenn die Person, von der dieses Blut war,

nicht mehr lebte. Aber da ich mich so ziemlich gut fühlte, war wohl nichts.
 

Venanzia legte den Kopf auf die Tischplatte. „Ich kann mir gar nicht vorstellen,

dass du ein richtiger Vampir bist. ... Irgendwie bist du zu niedlich.“ Solche

Sprüche konnte ich nicht ausstehen. Vor allem nicht von Mädchen. Sie hatten dabei

so einen quietschenden Unterton. Und das schmerzte mir nur in den Ohren.
 

Ich spürte ein paar Finger auf meiner Wange. „Du bist immer noch etwas warm. Noch

ein bisschen Schlaf wäre besser für dich.“
 

Langsam sah ich auf. Nickte leicht. Doch erst als ich mich umsah, viel mir auf,

dass es hier eigentlich nur wieder den Boden geben würde. Ein Bett war hier

keines. Obwohl mir schon so etwas, wie eine Luftmatratze reichen würde. Nur um

halbwegs bequem liegen zu können.
 

Ein kalter Luftzug schlug gegen meinen Rücken, als die Tür aufgerissen wurde.

„Venazia, das Wölfchen will seine Fledermaus wieder. Ist der schon ...“ Der

Werwolf – so sicher war ich mir gar nicht – hatte wohl noch fragen wollen, ob ich

schon wach sein. Aber das sah er jetzt höchst wahrscheinlich selbst.
 

„Na dann kann ich ihn gleich mit zu unserem neuen Wolf nehmen?“ Irgendwie passte

mir der Kerl nicht. Er redete so herablassend. Das wirkte für mich wirklich

seltsam. Noch nicht oft hatte ich so jemanden über mich reden hören. Auch wenn

ich wusste, dass viele über mich hinter meinem Rücken über mich gelästert hatten.
 

Mühsam versuchte ich mich aufzuraffen. Aber ich kam gar nicht so weit. Meine Knie

zitterten. Fühlten sich an wie Wackelpudding.
 

„Bring ihn besser her.“ Ein Lächeln hatte sich auf Venanzias Gesicht gebildet.

Irgendwie war sie ein bisschen, wie mein Jesko. Sie könnten mit Leichtigkeit

Geschwister sein. Aber sie war ein Hybride. Ein Richtiger. Dass mein Werwolf das

nicht war, wusste ich wohl.
 

„Dann hol ich ihn. Der rastet ohnehin bald aus, wenn er ihn nicht wiederbekommt.

Du hättest ihn gerade erleben sollen, als Sotsuganai ihm gesagt hat, dass er

noch nicht zu ihm darf.“ Er lachte knapp auf. Doch verstummte auch gleich wieder.

„Ich hol ihn schon“, meinte der Werwolf schließlich nur und war gleich wieder

weg.
 

Ich ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. Seufzte einmal. Mir tat der Kopf

noch immer etwas weh.
 

„Jemil!“ Ich hatte die Tür nicht gehört. Spürte jetzt aber auch nur noch Jesko.

„Hey“, erwiderte ich nur knapp. „Ich werde dich gleich ins Bett bringen.“ So

schnelle konnte ich gar nicht schauen, hatte er mich schon wieder hochgehoben.

Drückte mich so sehr an sich, als ob er mich schon seit Tage nicht mehr anrühren

hätte dürfen.
 

„Dieses Arschloch hat dich wieder angerührt. Und wieder konnte ich dich nicht

beschützen.“ Ich schmiegte mich als Antwort nur an ihn. Hörte seinen sanften

Herzschlag. Kuschelte mich für einen Moment enger an Jesko. Er war so verdammt

warm.
 

„Kann ich ihn mitnehmen?“, hörte ich Jesko noch fragen. Dann war ich schon wieder

in einen eigentlich ruhigen Schlaf versunken.
 

„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du was mit so einem hast. Jemil habe ich

immer nur als dieses kalte Etwas in Erinnerung. Genauso wie seinen verfluchten

Bruder, Pio.“
 

Bei diesen Worten wurde ich gerade wach. Die Stimme klang noch Venanzia. Doch

wirklich sicher war ich mir nicht. Und ich hätte mir auch gar nicht vorstellen

können, woher ich sie sonst kennen könnte.
 

„Na ja, der gute Pio hat ihn wohl auch ganz schön fertig gemacht. Kein Wunder,

dass er so kalt geworden ist. Aber das hab ich – wie es aussieht – auch schon

geändert.“
 

Jesko. Ich musste ihn nicht sehen um zu wissen, dass er strahlte. Wahrscheinlich

von einem Ohr bis zum anderen. Er hatte sicherlich dieses unbeschwerte Grinsen

wieder aufgelegt. Obwohl es manchmal wie aufgesetzt wirkte. So überhaupt nicht

echt. Wie, wenn er gleich in tiefste Depressionen versinken wollte.
 

Aber das wäre dann doch nicht Jesko? Der, der so lebensfroh war. Der es einfach

nur liebte, wenn man ihn nur ein wenig Beachtung schenkte. Nein. Was dachte ich

denn überhaupt? Ein elendiger Idiot müsste ich sein, wenn ich so etwas glauben

würde.
 

Mühsam raffte ich mich auf. Das war jetzt kein Zimmer mehr, bemerkte ich, als ich

mich umsah. Eher ein Zelt. Ein ziemlich großes. Doch egal, wie riesig es war, ich

sah weder Jesko noch Venanzia. Vielleicht hatte ich mir das aber auch nur

eingebildet. Mein Kopf schmerzte aber auch.
 

Langsam sank ich wieder zurück. Rollte mich auf der Seite zusammen. Binnen

Sekunden wurden mir die Lider wieder schwer. Und dennoch konnte ich nicht

schlafen. Hatte immer wieder das Gefühl, als ob ich angestarrt werden würde. Aber

es war doch gar niemand da. Wurde ich denn langsam paranoid?
 

Wahrscheinlich war ich leicht eingenickt. Denn ganz leicht – fast wie aus weiter

ferne – hörte ich jemanden meinen Namen sagen. Ganz sanft hallte es in meinen

Ohren wider.
 

„Jemil?“

Ganz leicht öffnete ich die Augen und hob den Kopf. Blickte den besorgt drein

schauenden Jesko an. „Ich dachte schon, du wachst gar nicht mehr auf.“ Sein

Gesichtsausdruck jagte mir einen Schauer über den Rücken. Hatte er sich denn

solche Sorgen gemacht?
 

Ich wollte mich aufsetzen. Doch da drückte der Werwolf mich schon zurück. „Bleib

liegen“, hauchte er mir ins Ohr, das von seinem warmen Atem gestreift wurde.
 

Willig machte ich, was er sagte. Irgendwie hatten sich etwas unsere Rollen

geändert. Ich fühlte mich nicht mehr, wie sein Herr. Dafür ließ ich mir viel zu

viel von ihm gefallen. Machte zu viel, was er sagte.
 

„Wieso hast du mich geweckt?“, fragte ich schließlich. Ein sanftes Lächeln

bildete sich auf seinem Gesicht ab. „Ich wollte nur einmal wieder deine Stimme

hören. ... Na ja, und dich fragen, wie es dir geht.“ Leicht hob ich bei dieser

Antwort die Augenbraue. „Wie sollte es mir denn gehen?“ Sein Gesichtsausdruck

sagte mir nur, dass das nicht die richtige Erwiderung war.
 

„Pio“, konnte ich von seinen Lippen ablesen. Abrupt drehte ich den Kopf weg. Das

wollte ich gar nicht hören. Und wissen erst recht nicht. Nein. Das musste nicht

sein. Ich wollte gar nicht mehr daran denken, dass er mich wieder mit seinen

Fingern berührt hatte. Dieses grässliche Gefühl seiner Hände auf meiner Haut. Es

trieb mir nur den Würgreiz hoch, jetzt wieder daran erinnert zu werden.
 

Die Tränen, die sich in meinen Augen gesammelt hatten und schließlich über meine

Wangen liefen, hatte ich gar nicht bemerkt.
 

Erst als Jesko mir mit dem Daumen übers Gesicht wischte wurde es mir bewusst. Ich

heulte hier vor ihm herum. Ich, der doch ach so böse Vampir. Was wäre wohl, wenn

ich letztens Jesko nicht gehabt hätte? Hätte ich mir wieder eine Rasierklinge

genommen und es versucht. Wäre ich wieder nur bei dem bloßen Gedanken, an mein

Blut, zusammengesunken? Oder hätte ich es gewagt? Den letztens Rest Lebenssaft

aus meinem Körper verbannt? Ich hätte es doch ohnehin nicht gekonnt.
 

Jesko hatte mich in den Arm genommen. Einmal mehr. Leicht wiegte er mich hin und

her. „Wir dürfen eine Weile bei denen bleiben“, meinte er, „da traut er sich

sicher nicht mehr her. Er hat sogar – zumindest so wie es aussieht – vor

Sotsuganai Angst.“ „Wer ist Sotsuganai?“ fragte ich. Schmiegte mich enger an ihn.

Jedes Pochen seines Herzens, das ich verspürte, ließ mich ruhiger werden.
 

„Der Werwolf, dem du in diesem Dorf letztens begegnet bist.“ Leicht strich mir

Jesko übers Haar. „Letztens? Das war doch erst gestern oder vorgestern.“ Wieso

redete er denn so, als ob das so lange her wäre? „Du hast fast vier Tage

geschlafen. Dein Bruder hat dich so ziemlich fertig gemacht.“ Ich hörte wohl

nicht recht. Wie konnte ich den überhaupt so lange durchgehend schlafen. Das war

mir bis jetzt noch nie passiert.
 

„Und du warst immer bei mir?“ Ich wollte nur ein Ja hören. Nur ein kleines Ja.

„Bis dich Sotsuganai anketten ließ.“ Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Die

Handschellen. Für was waren die überhaupt gut?
 

„Wieso das überhaupt?“ Ich sprach meine Frage einfach aus. Fragen durfte man doch

noch. „Weil er Angst hatte, dass du über seine 'Kinder' herfällst, wenn du so

lange kein Blut mehr trinkst. ... Er hat es immerhin auch gesehen, wie du dieses

Dorf niedergemetzelt hast.“ Ich nickte nur knapp. Vergrub den Kopf in seiner

Halsbeuge. Das Einzige, was ich noch spürte, waren seine Streichelein. Ganz

vorsichtig glitt er nur mit den Fingern über meinen Körper.
 

Ich keuchte, als Jesko mein Ohrläppchen mit den Lippen berührte. Es schließlich

leicht mit der Zunge liebkoste. Das machte mich ungemein an.
 

„Bekomm mir jetzt bloß keinen Ständer“, raunte mir Jesko ins Ohr, „wir dürfen

hier nämlich nicht.“ Und trotzdem machte er mit seinen kleinen Spielereien

weiter. Küsste meinen Hals. Mein Schlüsselbein. Überall wo er eigentlich mit den

Lippen hinkam. Dabei hätte mir schon rein das Streicheln gereicht. Doch die

setzte er gerade auch nur noch mit fort.
 

Erst als mein Keuchen lauter wurde, ließ er wieder von mir ab.
 

Ich drückte die Beine krampfhaft zusammen. Verdammt. Es ging doch sonst nicht so

einfach.

Kleine Berührungsangst

Lost Angel
 

Kapitel 27 – Kleine Berührungsangst
 

Jesko’s PoV
 

Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. Obwohl es gemein war. Verdammt

gemein. Aber sein Gesichtsausdruck war einfach nur ... süß. Und wie er versuchte

krampfhaft die Beine zusammen zu drücken.
 

„Du bist gekommen“, hauchte ich ihm ins Ohr. Es war ihm richtig anzusehen, dass

da doch irgendetwas war. Egal wie er es jetzt versuchte zu vertuschen.
 

„Frische Unterwäsche?“, fragte ich nur. Das breite Grinsen konnte ich jetzt auch

nicht mehr verbergen. Er nickte nur schnell. Wie niedlich er doch eigentlich sein

konnte.
 

Aus einem Stapel Klamotten kramte ich ein Paar Retros heraus. Die würden ihm

schon passen.
 

Er hatte sich auch in Windeseile umgezogen. Hockte dann schließlich nur in

besagter Unterwäsche und dem von mir wieder zusammen geflickten Shirt vor mir. Er

hatte noch ein paar rote Stellen an den Armen und Beinen. Das aber Pio ziemlich

grob zu ihm war, wusste ich schon.
 

„Er hat ganz schön zugedrückt“, meinte Jemil, als er wohl meinen Blick bemerkt

hatte. Strich sich leicht über den Oberarm. Sein Blick sprach Bände darüber, was

er dachte.
 

Sanft drückte ich ihn. „Eigentlich wollte ich auf dich aufpassen. Bin dafür wohl

doch etwas zu doof“, flüsterte ich, als er seinen Kopf an meine Schulter lehnte.

„Deswegen konntest du doch nichts.“
 

Leicht bohrte er seine Eckzähne in den Stoff meines Shirts. Es machte ihm etwas

Mühe. Konnte es sein, dass sie stumpf geworden waren.
 

Ich nahm seinen Kopf zwischen die Hände und hob ihn an. Seinen Mund hatte er noch

etwas geöffnet und tippte mit der Zunge immer wieder seine oberen Schneidezähne

an.
 

Mit dem Zeigefinger glitt ich über einen der eigentlich spitzen Zähne. Und sie

waren wirklich abgestumpft. Verwundert blickte ich ihn an. „Es geht wohl auf die

Wintersonnenwende zu?“, fragte Jemil da auch schon. Er wusste wohl über was ich

grübelte. Zaghaft nickte ich. „Da werden sie immer irgendwie stumpf.“ Ein sanftes

Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.
 

Mir war das nie aufgefallen, dass er zu irgendeiner Zeit einmal nicht diese

scharfen Eckzähne gehabt hätte. Aber sonst war ich ihm auch nicht so nahe

gekommen. Man lernt wohl jemanden wirklich erst richtig kennen, wenn man mehr

Zeit mit ihm verbrachte.
 

Meine Finger bannten sich ungehindert wieder ihren Weg über Jemils Körper. Er

summte nur gelegentlich angeregt. Es schien ihm wohl zu gefallen, was ich tat.

Ich wollte aber auch nicht zu weit gehen. Ließ größtmöglichen Abstand von seinem

Schritt und allem drum herum. Bis zu seinem Bauch und nicht weiter. Das hatte ich

mir jetzt vorgenommen. Und ich hatte es auch davor schon nicht getan.
 

Doch da spürte ich sie schon wieder. Seine Eckzähne. Dieses Mal hatten sie sich

in den Halssaum meines Shirts gebohrt. Für eine Sekunde hielt ich Inne. Sie waren

nicht so spitz wie sonst, also könnten sie mir doch eigentlich nichts anhaben.

Aber wenn er doch mit ihnen durch die Haut kommen würde und anfinge zu saugen.

Was wäre dann? Er könnte mich sicherlich mit Leichtigkeit leer trinken.
 

Ich zog seine Zähne wieder aus dem Stoff und hielt ihm stattdessen meine rechte

Hand hin. Eigentlich mehr das Handgelenk. „Beiß lieber da“, hauchte ich ihm ins

Ohr, als ich ihn schon das Gelenk direkt vor den Mund hielt. Es sogar leicht

gegen seine Lippen drückte.
 

Den warmen Speichel spürte ich schon bald. Auch die Zähne. Doch kurz bevor er

wirklich zubeißen wollte, drehte er den Kopf weg. „Das kann ich nicht“, murmelte

er. Drückte den Kopf in meine Halsbeuge.
 

Sanft strich ich ihm übers Haar. Ich würde ihn wohl von meinem Blut wirklich

trinken lassen, wenn es sein müsste. Lieber wollte ich sterben, bevor er es tun

müsste.
 

„Dieses Mädchen, Venanzia, sie ist ein Hybride.“ Dass das ging, verwirrte ihn

wohl ganz schön. Aber ich hatte es zuerst auch nicht verstanden, wie das ging.
 

„Ja, genauso wie der kleine Koinu“, meinte ich nur. Strich übe seinen Rücken. „Es

kann aber keine Hybride geben. Man überlebt den Biss doch normalerweise nicht.“

Er hatte den Kopf auf meine Schulter gelegt, als er das sagte.
 

„Sie sind auch nicht gebissen worden.“ Ich konnte mir seinen verwirrten Blick

schon vorstellen. „Was soll das denn heißen?“, fragte er da aber schon. Drückte

sich leicht von mir weg um mir in die Augen sehen zu können. So genau konnte ich

mir die seinen noch gar nicht betrachten. Dieses ziemlich helle Blau war richtig

hübsch bei ihm.
 

„Sie sind geborene Hybride. Beide.“ Den Schock konnte man ihm jetzt vom

Gesichtsausdruck ablesen. Doch so etwas hörte man wohl auch nicht oft. „Dann sind

ihre Eltern ...“ „Ein Vampir und ein Werwolf. Ja, ganz genau.“ Zumindest waren

wir wohl so nicht die einzigen von verschiedenen Rassen, die sich so nahe waren.

Von 'Liebe' wollte ich aber bei uns noch gar nicht reden. Es herrschte zwar bei

mir so etwas, aber bei Jemil war ich mir da nicht so sicher. Meine Streichelein

genoss er zwar, aber auf eine andere Art, als wenn er etwas wirklich Tiefes für

mich empfinden würde.
 

„Wow“, entfuhr es ihm nur noch. Das was er danach noch flüsterte hörte ich gar

nicht mehr. Wollte ich auch eigentlich gar nicht mehr hören.
 

Gerade in diesem Moment wurde der Eingang des Zeltes geöffnet und Venanzia

lächelte uns an.
 

„Sotsuganai will weiter“, meinte sie nur. Es störte sie gar nicht, dass wir hier

in einer innigen Umarmung saßen. Aber davon hatte ich ihr ohnehin schon etwas

gesagt. Und wirklich passen tat es ihr nicht. Sie hatte auch einmal eine Zeit

lang bei Jemils Clan gelebt. Nur ganz kurz. Da hatten sie sie noch als eine von

den Ihren angenommen, bis sie erfahren hatten, dass sie ein halber Werwolf war.

Dann flog sie hochkant raus. Und zu guter Letzt kam sie nur noch bei Sotuganai

unter. Der einzige Werwolf, der wohl etwas von Hybriden hielt. Mir kam es nur so

vor, als ob er sie schon etwas ausnutzen würde. Egal ob Mischling oder reiner

Werwolf.
 

„Packt er das auch?“, fragte die junge Hybridin noch und warf einen besorgten

Blick auf Jemil, der sich immer noch an mich schmiegte.
 

„Hoffen wir doch mal das Beste“, gab ich nur knapp zurück. Und schon war sie auch

wieder weg.
 

Mühsam rappelte ich mich auf. Hatte dabei Jemil von mir wegdrücken müssen.

Interessiert sah er mir dabei zu, wie ich die paar Sachen, die mir jetzt gehörten

zusammen sammelte. Sotuganai hatte mir eigentlich nur ein paar Klamotten für mich

und den Vampir gegeben. Aber das reichte auch schon. Was brauchten wir auch schon

groß mehr?
 

„Du könntest mir schon helfen.“ Nur sein Blick drückte das Gegenteil aus, von dem

was ich sagte. „Helfen“, murmelte er. Das war wohl nicht gerade das, was er oft

gemacht hatte.
 

Langsam raffte auch er sich hoch. Schnappte sich nur noch schnell seine Hose.

Doch ich warf ihm schon eine andere zu. „Die wird ganz verklebt sein“, meinte ich

noch mit einem leichten Grinsen.
 

Und dann half er mir sogar wirklich. Es kostete ihn aber wohl so einiges an

Überwindung. Doch zumindest ging es zu zweit schneller.
 

Auch das Zelt war schnell abgebaut, auch wenn wir das nicht mehr machen mussten.
 

Jemil klammerte sich draußen unter dem offenen Sternenhimmel schon regelrecht an

mich. Es waren aber auch so einige Werwölfe. Und die miesen Blicke, die sie ihm

zuwarfen, würden mir wohl auch nicht gerade passen.
 

„Die tun dir nichts. Dürfen sie nicht einmal“, flüsterte ich ihm zu, was ihn wohl

etwas auflockerte.
 

Da stürmte aber schon der kleine Koinu an uns vorbei. Machte aber schon nach ein

paar Metern wieder auf den Haken kehrt und kam zu uns zurück.
 

„Sotuganai will euch sehen.“ Mehr sagte er nicht. Lief dann schon wieder weiter.
 

Was wollte der jetzt wohl. Ich hatte mich zumindest die ganzen Tage gefügig

seinen Anweisungen gebeugt. Sogar als er Jemil anketten ließ. Gerade dann hätte

ich mich eigentlich auch ganz leicht gegen alles sträuben können. Und dennoch

hatte ich es nicht getan. Aber auch nur, weil ich gewusst hatte, dass es uns

besser bekam, wenn wir eine Zeit lang mit ihnen reisen könnten.
 

„Na dann schauen wir mal, was er will.“ Ich nahm Jemils Hand. Glitt einmal mit

dem Daumen über seine Fingeransätze und marschierte dann einfach los. Sotuganai

konnte man eigentlich immer ganz einfach finden – das hatte ich schon bemerkt.

Wenn irgendwo jemand Befehle verteilte, dann war er das.
 

Somit dauerte es auch gar nicht lange, bis wir ihn gefunden hatten.
 

„Du wolltest etwas von uns?“, meinte ich auch gleich etwas schroff. Jemils

Schlucken hörte ich sofort. Er wusste wohl, wie man mit höheren Leuten umging.

Nur dass das unter Werwölfen manchmal etwas anders ausfallen konnte, war er sich

wohl nicht bewusst.
 

Es gab eine Rangordnung. Nur gehörten wir in die eigentlich nicht. Somit wären

wir zwar an unterster Stelle, aber so etwas interessierte mich gar nicht. Es war

mir – ehrlich gesagt – völlig egal.
 

„Nur deinen kleinen Vampir über die Regeln aufklären, mehr nicht, Jesko.“ Der

Unterton von Sotuganai gefiel mir jetzt aber überhaupt nicht. Und dieser Blick

von Jemil erst recht nicht. Er hatte wieder dieses Kalte aufgelegt. Das passte

nicht zu ihm. Und er war doch auch gar nicht so. Doch wie es aussah brauchte er

das gerade jetzt. Nur um stark zu wirken.
 

„Er soll nur wissen, dass er sich nicht an meinen Wölfen und Hybriden zu

vergreifen hat.“ Jemils Augen verengten sich bei den Worten des Älteren. „Ich bin

durch Zufall anwesend“, zischte er aber auch gleich. Eigentlich wollte ich ihn

schon zu Recht weisen, doch das übernahm auch schon Sotuganai.
 

„Na und, Blutsauger?“ Es dauerte nicht lang, da warfen sie sich schon gegenseitig

Beleidigungen an den Kopf und wenn ich wohl Jemil nicht weggezogen und mich übers

höchste hinaus entschuldigt hätte, wären sie wohl noch aufeinander los gegangen.
 

„Das hätte nicht sein müssen“, seufzte ich, als wir weit genug weg waren. „Der

Kerl hat mich aber blöd angemacht“, fauchte da schon mein eigentlich so

schüchtern wirkender Vampir. Er hatte wohl wirklich wieder sein altes Image

angenommen. Das sollte man wohl eigentlich wieder ändern.
 

Ich drückte ihn abrupt an einen Baum. „Lass das!“, knurrte ich. Erhöhte den Druck

auf seine Schultern noch mehr. Kurz wimmerte er auf. Blickte mich dann fragend

an.
 

„Was soll ich lassen?“ Die Frage hatte ich nicht wirklich erwartet. Bemerkte er

es denn nicht. Bemerkte er nicht, dass er wieder so wurde, wie früher. Zu diesem

kalten Etwas.
 

„Das du wieder so wirst“, erwiderte ich knapp. Ließ langsam von ihm ab.
 

Er ließ schlaff die Arme hängen. Wendete den Blick nach unten. „Scheiße“,

flüsterte er. Jetzt war es ihm wohl doch noch aufgefallen.
 

Ich war eigentlich einige Schritte zurückgegangen. Doch da schlang er schon die

Arme um mich und zog mich wieder zu sich.
 

„Tut mir leid“, murmelte Jemil. Küsste mich ganz zärtlich. Ich hatte schon fast

vergessen, wie sich seine Lippen anfühlten. Aber jetzt kam jeder Gedanke an diese

Wärme wieder zurück.
 

Ich spürte seine Zunge in meinem Mund. Wie sie die meine leicht anstupste.

Unwillkürlich ließ ich mich auf dieses Spiel ein. Rieb über diesen kleinen

Eindringling. Schob ihn schließlich langsam wieder zurück. Aber das passte Jemil

wohl gar nicht. Er wehrte sich strickt dagegen.
 

Keuchend lösten wir uns schließlich nach Minuten wieder von einander. Ich ließ

den Kopf in den Nacken sinken. Was für ein wunderbar angenehmes Gefühl. Genauso

wie das, seine Fingerspitzen auf meiner Haut zu spüren.
 

„Was hast du denn vor?“, fragte ich, als er mit seinen Fingern unter mein Shirt

wanderte. „Dich nur etwas streicheln“, bekam ich auch gleich als Antwort. Da

glitt er aber auch schon über meine Brust. Blieb mit seinen Fingerspitzen kurz an

meinen Brustwarzen hängen. Berührte sie nur einmal für einen winzigen Moment.
 

Ich ließ ihn einfach machen. Er wusste schon, wie weit er gehen wollte. Und zu

weit würde das schon nicht sein.
 

Er berührte für eine Sekunde noch meinen Hals mit seinen Lippen. Dann ließ er

auch mit seinen Finger bald wieder von mir ab.
 

„Ich schätze mal, die wollen bald weiter.“ Er blickte zum Himmel auf. Fast schon

suchend. Wahrscheinlich wollte er nach dem Mond Ausschau halten. Einmal mehr.

Aber der hatte sich schon längst wieder in eine Art Ei zurück verwandelt. Und

somit war der nächste Vollmond schon wieder fast so weit entfernt, wie der

Neumond. Somit musste er sich darum keine Sorgen machen. Ich würde ihm ohnehin

kein Haar krümmen können. Und mit der Zeit konnte ich meine Kräfte schon immer

besser kontrollieren. Dann könnte ich ihn vielleicht sogar beschützen. Und mich

wirklich wann ich wollte verwandeln
 

Wie gerne würde ich ihn doch wirklich immer schützen können. Eigentlich sollte

ihn schon längst niemand mehr falsch anrühren. Jetzt sollte ich das langsam

einmal wirklich durchziehen. Immerhin hätte ich ihm das schon versprochen.
 

Ich legte noch kurz die Arme um ihn. Dann marschierten wir wieder zu der kleinen

Gruppe aus Werwölfen und Hybriden, die schon die ganze Zeit etwas misstrauisch zu

uns herüber gesehen hatten und dabei miteinander getuschelt hatten. Wir waren

wohl einfach nur für sie ein ungleiches Paar. Obwohl die Hybriden daran

eigentlich gewohnt sein müssten. Ihre Eltern waren auch nichts anderes.

Echte Menschenjagd?

Lost Angel
 

Kapitel 28 – Echte Menschenjagd?
 

Jemil’s PoV
 

Dass es so viele waren hätte ich mir nicht denken können. Auf 10 oder 20 hätte

ich getippt. Aber es waren mehr. Viel mehr. Wenn ich es richtig schätzte,

mindestens um die 50. Davon gut die Hälfte Hybride.
 

Ich drückte mich immer enger an Jesko. Wenn aber auch so viele böse Blicke auf

einen nieder hagelten. Jeden einzelnen konnte ich fast schon spüren. Und

eigentlich müsste ich mich doch gar nicht wundern. Jeder warf mir nur solche

Blicke zu. ‚Dreckiges Menschenhalbblut’ hatten sie mir einige aus meinem Clan

einmal hinterher gebrüllt. Da wusste ich zumindest, wieso ich so angesehen wurde.

Hier konnte ich es mir nur denken.
 

Als Vampir unter lauter Werwölfen und Hybriden war ich wohl nicht gerade gern

gesehen. Wie aber auch? Ich war doch für die das reine Böse.
 

Leicht schüttelte mich Jesko von sich ab. „Du kannst doch selber laufen“, meinte

er auch nur knapp dazu. Ich hätte es schon gekonnt, wenn wir nicht schon die

ganze Nacht über gelaufen wären. Mir begannen die Beine zu schmerzen. Jeder

Schritt jagte nur einen weiteren zuckenden Schmerz durch jeden meiner Beinmuskeln

und meinen Bauch.
 

„Ich kann nicht mehr.“ Nur Jesko warf mir einen mitfühlenden Blick zu. Von jedem

anderen, der es gehört hatte, kam wieder nur so etwas Herablassendes.
 

„Bald kannst du dich ausruhen“, hauchte mir der junge Werwolf ins Ohr. Legte mir

den Arm locker um die Schultern. Gerade aufmuntern tat mich das nicht. Lieber

würde ich gleich Pause machen. Aber da hatte ich nicht mitzureden. Und einmischen

wollte ich mich erst recht nicht.
 

Ich spürte, wie mich Jesko an sich drückte. So würden wir doch nur noch langsamer

vorankommen. Durch die ganzen jüngeren Werwölfe und Hybride – einige waren wohl

noch nicht einmal 6 Jahre alt – ging es ohnehin nicht gerade schnell voran.
 

Leicht fühlte ich die Zunge des Werwolfes an meinem Ohr. „Hör auf, Jesko“,

zischte ich. Langsam bekam er wohl mit, was mich scharf machte. „Das magst du

doch“, flüsterte er nur und machte genüsslich weiter. Das er so etwas unterm

Laufen überhaupt hin bekam.
 

„Komm schon, hör auf“, versuchte ich es erneut. Aber wieder bekam ich ihn nicht

dazu, dass er machte, was ich sagte. Schon längst glitt er mit seinen Fingern

über meine Taille. Deswegen nahm mein blasser Teint sogar eine leichte rosa

Färbung an.
 

„Deswegen musst du doch nicht gleich rot werden“, hauchte mir da Jesko schon ins

Ohr. „Werde ich doch gar nicht“, knurrte ich nur als Erwiderung. Doch darauf

kicherte der junge Werwolf nur. „Und wie.“ Er grinste übers ganze Gesicht. So

stieg mir nur noch mehr die Röte ins Gesicht.
 

„Turtelt hier nicht so rum!“ Venanzia schenkte uns - trotz dieser schroffen

Unterbrechung - ein nettes Lächeln. Doch gerade dieses ließ mir einen Schauer

über den Rücken laufen. Ihre gut besetzten Zahnreihen waren für einen Moment

aufgeblitzt und die konnten wohl ganz leicht mit denen von Jesko mithalten. Dabei

war sie doch nur zur Hälfte Werwolf. Der Vampir in ihr ließ wohl diese Zähne

wachsen.
 

„Na, Angst?“, drang da schon wieder Jeskos Stimme an mein Ohr. Ich schluckte

kurz. „Nein. Wieso?“, log ich gekonnt. Noch roter konnte ich ohnehin nicht mehr

werden. „Weil ich dir das nicht glaube.“ Er drückte meinen Kopf gegen seine

Schulter. Blickte mich dabei schon etwas zu verliebt an. Aber gerade das ließ

mich dahin schmelzen. Wie gebannt sah ich ihn an. Es kam mir fast schon so vor,

als ob ich ihn seine Augen versinken könnten.
 

„Starr mich nicht so an!“ Damit riss er mich wieder aus meiner Trance. Doch

bildete ich mir das nur ein oder war er jetzt auch rot geworden.
 

Ich leckte mir leicht über die Oberlippe, bevor ich ihn zärtlich auf die Wange

küsste. Sie war ganz war. Kein Wunder. So viel Blut, wie da gerade durchflossen.
 

Doch gerade dieses Blut trieb mich gerade dazu mich kaum noch von ihm lösen zu

können. Er kam wohl wieder. Dieser ungezügelte Blutdurst. Es stimmte wohl, dass

wenn man einmal damit anfing, nie wieder aufhören konnen.
 

„Meister! … Meister!“ Ein Junge mit langem blondem Haar lief an uns vorbei. Ich

tippte mal darauf, dass er nach diesem Sotuganai suchte. Ich konnte mir aber auch

nicht vorstellen, wenn diese Werwölfe – bzw. Hybriden – hier ‚Meister’ nennen

würden.
 

„Das war ein Hybride“, meinte da schon Jesko. Spitze fast sehbar die Ohren. „Na

und?“, fragte ich desinteressiert. War dann eben ein Hybride. Was war denn daran

so interessant?
 

„Der wird wohl fragen wollen, ob er sich wieder einen Menschen holen darf.“ Ich

zuckte bei dieser Antwort nur zusammen. „Ob er sich einen holen darf?“ Die

Verwirrung konnte man mir wohl von der Nasenspitze ablesen.
 

„Stimmt. Davon weißt du noch gar nichts. Wenn du fragst, darfst du vielleicht

mit.“ In meine Augen bildete sich ein zustimmender Glanz. Aber das war wohl nur

der Hunger.
 

„Na wie es aussieht, könntest du das brauchen.“ Jesko zog mich einfach hinter

sich her.
 

Schon kurz darauf stieß er mich einfach in Richtung Sotuganai, der mich nur etwas

unbeholfen auffing. „Jesko“, zischte ich, als ich mich kurz und knapp

entschuldigt hatte, doch der angesprochene Werwolf grinste nur wieder einmal

übers ganze Gesicht. „Frag doch“, meinte er schließlich.
 

Etwas verlegen drehte ich mich dann auch zu dem älteren Werwolf um und wollte

auch wirklich zum Reden ansetzen, da kam wir aber eine junge – scheinbar –

Hybridin zuvor. „Könnte ich auch mit?“, fragte sie. Der Blutdurst war ihr

wortwörtlich ins Gesicht geschrieben. „Geh mit“, meinte der Werwolf nur und

winkte ab. Wendete sich dann auch wieder mir zu. „Und was willst du, Vampir?“

„Das Gleiche, wie sie“, erwiderte ich nur. Hob dabei nicht einmal den Kopf.
 

Und dennoch spürte ich das Grinsen. „Hat der kleine Vampir etwa Hunger?“ Er legte

die Finger unter mein Kinn und drückte so meine Kopf hoch. Zwang mich damit auch

ihn anzusehen. „Ja“, erwiderte ich kaum hörbar. Das fiese Grinsen wurde dadurch

nur noch breiter. „Na dann lauf mal hinterher und nimm deine Schosshünchen gleich

mit, der ist ohne dich hier etwas sinnlos.“
 

Da knurrte Jesko jedoch schon überdeutlich. „Wenn es doch stimmt“, zischte

Sotuganai. Ich packte den jüngeren Werwolf nur am Arm. Doch er stemmte sich mit

Leichtigkeit gegen mich. „Das lass ich mir nicht sagen“, knurrte er.
 

Ich verdrehte die Augen. „Wenn ich mich an deinen Blut satt trinken soll, dann

komm!“, hauchte ich ihm ins Ohr und endlich gab er auch nach.
 

Ich stapfte zu einer kleinen Gruppe Hybriden – mit Jesko als Anhang. Anfänglich

warfen sie mir nur ängstliche Blicke zu. Wagten es kaum mich anzusehen.
 

„Auf was wartete ihr denn noch?“, fragte ich einfach. Auf Warten hatte ich keine

große Lust. Da wendete sich aber einer der Jüngeren an mich. Sprang freudig vor

mir auf und ab. „Wir dürfen nicht weg ohne einen der Älteren“, meinte er.
 

Der Kleine war wohl einer der fröhlichen Sorte. „Bist du wirklich ein ganz echter

Vampir?“, fragte er mich lächelnd. „Nicht ganz“, erwiderte ich nur knapp. „Er ist

zur Hälfte Mensch“, meinte Jesko neben mir, der immer noch vor sich hin

schmollte. „Dann bist du ja fast wie wir, nur das deine zweite Hälfte kein

Werwolf ist.“ Die Augen des Kleinen leuchteten vor Freude. „Ja“, antwortete da

Jesko aber schon für mich. Er war immer noch eingeschnappt.
 

Ich zog ihn ein Stück von der Gruppe weg. „Könntest du einmal wieder etwas netter

sein?“, fragte ich. Ließ meine Lippen sich über seinen Hals hermachen. „Wenn du

damit etwas weiter unten weiter machst“, erwiderte er aber auch gleich. Rieb sich

mit seinen Zähnen über die Zunge. „Wie weit unten denn?“, fragte ich und stellte

mich spielerisch dumm. Ich konnte mir irgendwie vorstellen auf was er hinaus

wollte. Doch da schüttelte er schon den Kopf. „Das dürfen wir gar nicht“,

flüsterte er. Schmiegte seinen Kopf an meinen Hals.
 

„Hast du dich jetzt wieder beruhigt?“, fragte ich, als er sich immer noch an mich

drückte und ich schon die Blicke der Hybride in meinem Nacken spürte. „Hm“, gab

er knapp von sich. Löste sich langsam von mir. Aber auch nur um meinen Kopf

zwischen seine Hände zu nehmen und mich auch schon wieder zu sich zu ziehen. Nur

das er mich dieses Mal nicht in den Arm nahm. Sonder mir seine Lippen aufdrängte.
 

Ich erwiderte einfach den Kuss. Musste mich auch schon gleich über seine überaus

stürmische Zunge kümmern. Wie sie sich über meine hermachte. Sie ganz zärtlich

verwöhnte.
 

Nur ein Speichelfaden verband uns, als wir unsere Lippen wieder voneinander

lösten. Der riss aber auch ab, als ich den Kopf zu der kleinen Hybride-Gruppe

wendete. Die hatte sich in den paar Minuten wieder vergrößert.
 

„Da haben wohl ganz schön viele Hunger“, meinte Jesko. Legte seinen Kopf auf

meine Schulter. „Sie sind zur Hälfte Vampire. Die haben immer Hunger.“ Ich

schüttelte den Werwolf von mir ab. „Das merkt man aber bei dir nicht.“ Leicht

legte er den Kopf schief. Sah mich interessiert an. „Ich bin von klein auf an die

Blutkonserven gewöhnt worden. Vielleicht liegt es daran.“, erwiderte ich nur.

Marschierte dann langsam wieder zu der stetig wachsenden Gruppe zurück. Jesko

folgte mir sofort.
 

Wie ich es eigentlich erwartete hatte kam gleich der kleine Hybride wieder zu

uns. „Hast du denn Werwolf lieb?“, fragte er auch gleich. Mir stieg sofort die

Röte ins Gesicht. „Äh … ja“, stotterte ich. Warf einen knappen Blick zu Jesko,

der hatte aber schon wieder die Arme um mich gelegt. „Du hast mich also lieb“,

flüsterte er mir ins Ohr. Hatte er das etwa noch nicht bemerkt. Konnte ich ihm so

schlecht ohne Worte verständlich machen, dass ich etwas für ihn empfand? War ich

wirklich so schlecht darin?
 

„Ist es auch ein bisschen mehr, als nur ‚lieb haben’?“ Ich wusste nicht, was ich

auf seine Frage erwidern sollte. Ein Ja wollte mir nicht über die Lippen kommen

und Nein wäre nur eine Lüge.
 

Leicht kuschelte ich mich einfach an ihn. Reichte das für ein Ja? Für mich würde

es sich so anfühlen. Auch wenn ich eben nicht sehr gut darin war, jemand etwas

ohne Worte verständlich zu machen.
 

„Ihr habt euch wirklich lieb.“ Der Kleine strahlte übers ganze Gesicht, als ich

mich langsam von Jesko löste. „Wie heißt du, Kleiner?“, fragte ich. Versuchte

auch zu lächeln. Aber so etwas schaffte ich wohl noch nicht richtig. „Felix“,

antwortete der kleine Hybride sofort. „Na das passt wohl zu dir!“ Felix legte nur

den Kopf schief. „Versteh ich nicht“, meinte er da auch schon. „Felix bedeutet

der Glückliche“, erklärte ich ihm. Und schon grinste er wieder. „Das passt

wirklich“, freute er sich und lief zu einigen anderen jüngeren Hybriden. Dass

waren wohl seine Freude.
 

„Zu dumm, dass wir keine Kinder bekommen können.“ Jesko legte wieder die Arme von

hinten um mich. Ich seufzte. „Ich kann mit Kindern gar nicht umgehen“, murmelte

ich. Doch Jesko drückte mich nur noch enger an sich. „Das sah jetzt eben aber

anders aus“, hauchte er mir ins Ohr. Berührte ganz zärtlich mein Ohrläppchen mit

den Lippen.
 

„Hör auf. Das kitzelt“, keuchte ich. „Kitzeln? Das kitzelt doch nicht. … Soll ich

dir mal zeigen, was kitzelt?“ Ich wollte den Kopf schüttelt. Doch da hatte er mir

schon einen Stoß gegeben und so landete ich auf dem Boden und Jesko auf mir.
 

„Geh von mir runter!“, krächzte ich, als der Werwolf anfing mich zu kitzeln. Es

war mir wohl noch nie so leicht gefallen zu lachen. Obwohl es mir schon komisch

vorkam, dass ich es überhaupt noch konnte.
 

„Wollt ihr noch mit?“, fragte uns auf einmal ein älterer Werwolf – älter auf alle

Fälle, als der kleine Felix –, als Jesko und ich zusammen auf dem Boden kugelten.

„Eigentlich schon.“ Mühsam konnte ich Jesko von mir wegschieben. Doch da war der

ohnehin schon wieder aufgesprungen und zog mich mit hoch.
 

Er lachte trocken auf. „’Tschuldigung“, meinte er auch schon grinsend. Der andere

Werwolf wendete sich nur zu der Gruppe aus Hybriden. „Dann können wir wohl los!“
 

Als wir ein Stück von der eigentlichen Gemeinschaft weg waren, fragte ich den

Wolf, der uns begleitete: „Wir gehen hier jetzt aber nicht wirklich auf

Menschenjagt?“ Dafür erntete ich nur ein Auflachen. „Was willst du denn sonst für

Blut haben? Das von ein paar Ratten?“
 

Abrupt blieb ich stehen und schon rempelten mich einige Hybride an. Knurrten dazu

noch einige unverständliche Beleidigungen. „Das war jetzt nur ein Witz?“, meinte

ich, als ich den Werwolf wieder eingeholt hatte.
 

„Nein, Jemil. … Du bist doch Jemil? Oder?“ Ich nickte langsam. Sah mich aber

sofort nach Jesko um. Er war auf einmal weg.
 

„Dein Wolf ist da drüben. Ach und ich bin Satôbi.“ Er deutete erst in die

Richtung einiger jüngerer Hybride, wo ich auch wirklich Jesko erkannte – er

tollte mit den Kleineren herum – und hielt mir dann die Hand hin, die ich knapp

nickend annahm.
 

„Er ist wohl ganz schön verspielt.“ Leicht legte Satôbi den Kopf schief. „Er ist

einfach noch ein Kindskopf“, erwiderte ich. Das Lächeln, das sich auf meinen

Lippen bildete, bemerkte ich gar nicht. Ich war wohl zu sehr damit beschäftigt

Jesko dabei zuzusehen, wie er sich von den Kleinen austricksen ließ.
 

„Wir sind bald an unserem Ziel. Also mach dich bereit.“ Damit riss mich Satôbi

wieder aus meinen Gedanken. Dann würde ich wohl wieder töten müssen um an mein –

so wichtiges – Blut zu kommen.

Wen würde er beißen?

Lost Angel
 

Kapitel 29 – Wen würde er beißen?
 

Jesko’s PoV
 

Diese kleinen Hybriden waren doch wirklich zu süß. Auch wenn sie auch ein

bisschen nervig waren. Doch so war ich auch einmal. Zumindest irgendwann einmal

früher, als ich noch ganz klein war.. Immerhin hatte ich so eine schöne Kindheit

nie gehabt.
 

„Jesko!“ Ich spitze die Ohren. Drehte mich auch gleich zu Jemil, der mich da

rief, um. „Was ist denn?“ Da rissen mich aber schon ein paar der Kleinen zu

Boden. „Lasst ihn doch einmal in Ruhe.“
 

Der Vampir hockte sich vor mich hin, während die keinen Vampir-Werwolf-Mischlinge

auf mir saßen. „Wieso denn?“, fragte da ein kleiner Blonder. „Weil der gute Jesko

mir gehört“, erwiderte Jemil.
 

„Schade“, seufzte da einige der Kleinen. Ließen auch schon binnen weniger

Sekunden von mir ab. „Danke“, meinte ich grinsend zu Jemil. Doch da schlag der

schon die Arme um mich.
 

„So anhänglich?“, fragte ich mit gehobener Augenbraue. „Nur hungrig“, flüsterte

er da aber schon als Antwort. Küsste zärtlich meinen Hals. Leckte leicht darüber.

„Du bekommst doch bald was.“ Ich löste seine Umarmung um mich.
 

Die Blutlust kam ihm wohl irgendwie momentan ziemlich oft. War er denn wegen

diesen paar Tagen, in denen er geschlafen hatte, so ausgehungert?
 

„Onkel Jemil! Onkel Jesko!“ Ich spürte eine Hand um mein Handgelenk. „Hey,

Felix“, meinte ich nur, als ich den kleinen Hybriden erkannte. Der mich und den

Vampir auch gleich versuchte hinter sich herzuziehen.
 

„Hat er uns gerade ‚Onkel’ genannt?“, flüsterte mir da auf einmal Jemil zu.

Gefügig folgten wir gerade dem Kleinen. „Lass ihn doch.“ Der warme Hauch meiner

Stimme ließ sein Haar für einen Moment sich in Bewegung setzen.
 

„Satôbi hat gesagt, wir sind bald da“, wendete sich da Felix an uns, als wir

schon in Mitten der ganzen Hybriden waren. „Das hat er schon einmal gesagt“,

seufzte ich. „Dieses Mal stimmt es aber auch.“ Der kleine Hybride strahlte

wirklich übers ganze Gesicht.
 

„Ich hoffe mal, dieses Mal passen alle etwas besser auf und ich muss nicht wieder

irgendwelche Zähnen aus irgendwelchen Hälsen ziehen“, meinte da gerade Satôbi.

Irritiert hob ich eine Augenbraue.
 

„Das letzte Mal sind drei hängen geblieben“, erklärte da aber schon Felix. Immer

noch grinsend. Ich hob noch die zweite Augenbraue. Was waren denn das für

Idioten? Wie schwer war es denn seine Zähne wieder aus dem Hals eines Opfers zu

bekommen und das dann am besten noch daran zu hindern, sich zu verwandeln?
 

Ich schüttelte leicht den Kopf. Für einen Moment lehnte sich Jemil an mich. Und

ich wendete mich knapp zu ihm. Doch kaum hob ich mein Haupt wieder, war auf

einmal der Großteil der Hybriden schon weg. „Wir sollten uns vielleicht beeilen“,

meinte da schon der Vampir neben mir.
 

Ich stapfte vor ihm her. Nur einige Hundert Meter vor uns lag ein kleines Dorf.

Das wollten sie wohl ausmeucheln. Jemil seufzte. Er wollte das wohl eigentlich

gar nicht mehr machen. Nie wieder einen Menschen töten. Und jetzt war er doch

wieder so weit. Und es war wohl seine einzige Möglichkeit, dass er sich nicht

völlig planlos auf irgendjemanden stürzen würde.
 

„Du, Jemil? Willst du das wirklich tun?“, fragte ich ihn einfach. Und er wendete

sich leicht zu mir. „Wieso nicht? Ich muss es immerhin tun.“ Doch kaum hatte er

das ausgesprochen, rannte ihn ein Mädchen fast über den Haufen.
 

„Bitte! Helft mir!“ Verängstigt blickte sie ihn an. Krallte die Finger in sein

Shirt. Sein Blick schweifte knapp über ihr Gesicht, bevor er sich ihrem Hals

zuwendete. Kurz schrie sie auf, als er schon seine Eckzähne in ihre Kelle rammte.

Ihre Arme wurden langsam schlaff. Und ihr Körper wohl auch immer kälter.
 

Ich sah Jemil stumm dabei zu, wie er langsam den kostbaren Lebenssaft aus ihr

saugte. Es wirkte aber nicht so, als ob er sie bis zum aller letzten Tropfen

aussaugte. Langsam ließ er ihren Körper auf den Boden fallen. Blickte wie gebannt

in den Himmel, wo die Sterne von einigen Wolken verdeckt wurden.
 

Langsam wanderte sein Blick wieder zu dem Mädchen, das noch immer an seinen Füßen

lag. „Ciao, Kleine“, flüsterte er sich zu ihr bückte und ein ein Knacken kurz die

Stille der Nacht durchbrach.
 

„Äh, was hast du mit ihr gemacht?“, fragte ich, als wir weiter gingen.

„Gebissen“, erwiderte er. Knapp schluckte ich, das war aber doch nicht alles.

„Und danach?“, bohrte ich. Das Knacken war schon ein etwas seltsames Geräusch.
 

Jemil warf mir einen kurzen Blick zu. „Das Genick gebrochen“, meinte er wie

nebenbei. Ich blieb abrupt stehen. „Du hast was getan?“, stieß ich aus. Das hatte

er nie im Leben gemacht.
 

Der Vampir wendete sich wieder zu mir. „Das hab ich doch schon gesagt. Das Genick

gebrochen.“ Er wollte schon weiter gehen. Doch ihn hielt ihm am Kragen fest.

„Wieso?“, zischte ich. Jemil blickte nur desinteressiert an. „Sonst hätte sie

sich verwandelt. Und da ich keine Lust habe ihr etwas von meinem Blut zu geben,

ist es besser. Oder willst du das dir eine willenlose, Blut saugende, sabbernde

Bestie hinterher rennt?“ Langsam schüttelte ich den Kopf, als er sich wieder von

mir befreite. „Siehst du.“
 

Etwas irritiert blickte sich der Vampir um, als wir am Marktplatz des Dorfes

angelangt waren. Er setzte sich auf den Rand des Brunnens, der dort in der Mitte

angelegt worden war. „Sieht so aus, als ob sie so gut wie fertig wären“, meinte

Jemil. Streckte sich leicht.
 

„Wie kommst du darauf?“, wollte ich wissen, als ich mich neben ihm nieder ließ.

„Schau dich doch um. Es treibt sich hier draußen niemand mehr herum, also können

wohl kaum noch viele Menschen leben. Sonst würden sie wohl so weglaufen, wie

dieses Mädchen eben.“
 

Ich beugte mich zu ihm. Strich ihm einen Haarsträhne aus dem Gesicht. „Und wo

sind dann die anderen?“, hauchte ich ihm ins Ohr. „Vielleicht noch bei der

Müllbeseitigung“, erwiderte er nur.
 

Ganz vorsichtig glitt ich mit den Fingern an seinem Hals entlang. Zog ihn etwas

näher zu mir. Liebkoste vorsichtig sein Ohr.
 

Ein Keuchen verließ Jemils Kehle, als ich seinen Schritt berührte. Ihn dort

langsam immer wieder streichelte.
 

„Wir sollten das hier nicht machen“, flüsterte er. Aber ich spürte es doch ganz

deutlich. Er wollte es. „Nur ganz kurz“, säuselte ich. Jedoch drückte er mich da

schon von sich weg. „Nein“, meinte er bestimmend. So ließ ich mich aber nicht

abwimmeln. Zog ihn auf meinen Schoss. Breitbeinig saß er auf mir. Blickte sich

unsicher um.
 

„Das können wir doch nicht machen. Hier kann jederzeit irgendeiner von diesen

Hybriden aufkreuzen.“ Bevor er das letzte Wort überhaupt komplett von sich geben

konnte, verschloss ich schon seine Lippen mit den meinen. Vereinigte sie zu einem

leidenschaftlichen Kuss, aus dem er sich dann fast schon nicht mehr lösen wollte.
 

Jemil keuchte leicht, als ich begann seine Hüfte sanft zu kneten. Er drückte

seinen Kopf gegen meine Brust. Ließ endlich meine Berührungen zu. Auch wenn er

sich wohl auf die Zunge biss, nur damit er nicht zu laut wurde.
 

„Du unterdrückst es doch sonst nicht so.“ Ich übersäte seinen Hals mit Küssen.

„Aber ich will es nur nicht. … Nicht jetzt“, erwiderte er. Kuschelte sich etwas

an mich.
 

Er brauchte es wohl in letzter Zeit eigentlich gar nicht. Oder er hielt es

einfach nur nicht aus, dass uns so viele dabei zuhören könnten.
 

Also fasste ich ihn eben so nicht mehr an. Für die nächste Zeit. Ich

könnte mich schon zurück halten. Unbedingt brauchen tat ich es ja nicht.
 

„Onkel Jemil und Jesko!“ Die Stimme kannte ich doch. „Hey, Felix!“ Eigentlich

wollte ich aufstehen, aber mit Jemil immer noch auf meinem Schoss ging das nicht

so gut. „Schläft er?“ Der kleine Hybride hatte sich neben mich gesetzt. Beäugte

interessiert den Vampir. „Wie es aussieht.“ Jemil war schon ein Fall für sich. Es

gab schon einiges, was ihn zu sehr erschöpfte.
 

„Wo sind die anderen?“, fragte ich. Felix blickte mich mit großen Augen an. „Weiß

ich nicht, aber die treiben sich hier sicher irgendwo herum.“ Der Kleine seufzte

und ließ den Kopf hängen. Ließ seine Beine leicht vor und zurück schwanken.
 

„Und da lassen sie dich ganz alleine?“, wollte ich wissen. Blickte den kleinen

Hybriden fragend an. „Wir trennen uns immer, wenn wir mit auf diese Jagd gehen.

Da ist jeder auf sich selbst gestellt. Und ein anderer würde ohnehin nur stören.“
 

Als ich antworten wollte durchzog ein Schrei die Stille. Ich blickte auf. Es war

nicht zu sehen, was diesen Laut ausstoßen hätte können. Sofort viel also mein

Blick auf Jemil. Doch der lag immer noch friedlich schlafend in meinen Armen.
 

„Und wieder einer weniger“, flüsterte aber schon Felix. Ich sah verwirrt zu ihm.

„Da ist wieder ein Mensch weniger“, erklärte er und blickte zu mir. Erst jetzt

bemerkte ich das Blut, das an seinen Mundwinkeln klebte. Also hatte auch er

jemanden ausgesaugt. Ich konnte mir aber gar nicht vorstellen, dass er denn dann

auch so eiskalt getötet hatte, wie Jemil. Der hatte doch gerade eben nicht einmal

mit der Wimper gezuckt.
 

„Hat er denn auch schon was getrunken?“, fragte aber auf einmal Felix. Riss mich

damit aus meinen Gedanken. „Ja, gerade eben. Das Mädchen liegt noch irgendwo da

vorne.“ Ich nickte in die Richtung, aus der wir gekommen waren.
 

„Hat er sie auch getötet?“ Der Hybride legte den Kopf schief. Blickte mich

fragend an. „Ja“, gab ich knapp zur Antwort. „Dann ist er wirklich ein richtiger

Vampir. Von uns kann das nämlich keiner so einfach. Ich beiße zwar Menschen, aber

umbringen kann ich sie einfach nicht. Dann tun sie mir viel zu sehr leid.“ Der

Kleine seufzte. Fixierte einen undefinierbaren Punkt auf dem Boden mit seinen

Augen.
 

„Na ja, das wirst du wohl auch irgendwann einmal können“, versuchte ich ihm Mut

zu machen. „Ich will das gar nicht können.“ – Er zog die Augenbrauen zusammen. –

„Es ist eklig Menschen so töten zu müssen.“ Ich verzog darauf nur leicht das

Gesicht. „Machen tue ich es auch nicht gerne“, stimmte ich ihm zu, aber fügte

dann noch hinzu: „Manchmal muss man es aber eben machen. Wir sind immerhin

eigentlich Monster.“
 

Der Kleine kauerte sich zusammen. „Eigentlich will ich so was gar nicht machen.

Aber mit dem halben Vampir in mir muss ich das. … Ich finde es eigentlich voll

doof.“ Irgendwie konnte ich ihn verstehen. Mir wäre es auch zu wider einfach so –

grundlos – jemanden töten zu müssen.
 

„Du musst dich mit dem zufrieden geben was du bist“, meinte ich nur. Und im

Grunde stimmte das doch so. Ich war eigentlich auch nicht gerne Werwolf, aber es

war immer noch besser, als irgendetwas anderes zu sein. Da könnte ich mich jetzt

gar nicht mehr hinein versetzen. Aber wenn man schon 16 Jahre lang Werwolf war

konnte man wohl auch nichts anderes lieber sein.
 

„Felix!“ Einige Jungen kamen zu uns gelaufen. Alle waren sie blutbefleckt. Also

alles Hybride.
 

Sie blieben etwas von uns entfernt stehen. Verwirrt hob ich eine Augenbraue und

wie es aussah verstand auch Felix nicht was los war. „Was ist denn?“, fragte er.

Blickte immer wieder zwischen mir und Jemil und seine Freunden hin und her. „Wir

gehen nicht näher an diesen Vampir“, erwiderte ein Junge. Seine Augen glitzerten

fast schon in der Dunkelheit. So wie ich es sah waren sie golden. Ob das daran

lang, dass er ein Mischling war.
 

„Der tut euch doch nichts und außerdem heißt er Jemil!“ Felix klang wütend.

Wollte er meinen Vampir verteidigen. „Bist du dir da sicher. Was wenn er dich

beißt. Dann gehst du drauf.“ Bei den Worten konnte ich nur die Augen verdrehen.

„Der beißt euch doch nicht. Jemil macht das nicht einfach“, mischte ich mich

einfach ein. Es passte mir ohnehin nicht, dass sie so einfach über ihn redeten.
 

„Das glaube ich nicht“, rief ein anderer Junge, „Vampire beißen jeden.“ Amüsiert

begann ich zu kichern. „Davon merke ich aber nicht viel.“ Kein einziges Mal hatte

er es bei mir gemacht, auch wenn ich ihn dazu immer wieder animieren wollte, aber

auch nur, weil ihn seine Lust nach Blut ohnehin irgendwann einmal dazu treiben

würde.
 

„Wahrscheinlich hat er das schon längst und du hast es nur noch nicht bemerkt“,

rief einfach ein Mädchen mit kurzem blondem Haar.
 

Vorsichtig hob ich Jemil hoch. Nur um ihn gleich darauf an den Brunnen zu lehnen.

Ihm noch kurz über die Wange zu streicheln, bevor ich mich wieder erhob und mich

der kleinen Gruppe an Hybriden zuwendete.
 

„Ich kann mir kaum vorstellen, dass er sich als erster an euch vergreifen würde,

also müsst ihr euch darum schon mal keine Sorgen machen.“ Die Kleinen gingen ein

Stück zurück. „Und wenn würde er dann zuerst beißen?“, fragte einer mit leuchtend

rotem Haar. „Mich. Und das wohl auch nicht einmal freiwillig.“ Verwirrt sahen sie

mich an.
 

Knapp wendete ich mich an Felix. „Na dann geh mal wieder zu deinen kleinen

Angsthasen-Freunden“, meinte ich zu ihm und er lief auch gleich los. Drehte sich

aber noch einmal zu mir um.
 

„Wieso würde er dich unfreiwillig beißen?“, fragte er. „Weil ich ihn dazu zwingen

würde“, antwortete ich auch gleich. Und ich würde das wohl tun. Wenn es sein

müsste, sollte er seine Zähne in meinen Hals rammen und in sonst keinen.

Schneetreiben

Lost Angel
 

Kapitel 30 – Schneetreiben
 

Jemil’s PoV
 

„Vampire!“ Dieses eine geschrieene Wort ließ mich hochschrecken. Verwirt sah ich

mich zuerst nur um. Nur grob konnte ich Umrisse erkennen, dabei war meine Sicht

in der Dunkelheit sonst ziemlich gut.
 

Abrupt wurde ich aber hochgezogen und nach draußen gebracht. Erst als das

Mondlicht auf ihn viel erkannte ich Jesko. Der mich nur etwas besorgt ansah.

„Sieht wohl aus, als wollte sich da noch jemand einmischen“, meinte er knapp und

wollte mich schon in das Gewusel aus Hybriden und Werwölfen. Doch mir stieg ein

Geruch in die Nase. Der einer bekannten Person. Und dieses Mal war es weder Pio

noch Devin oder Joe.
 

Ich riss mich von Jesko los. Und lief genau in die gegen gesetzte Richtung, als

alle anderen. Mich trieb es einfach voran. Selbst die Rufe des jungen Werwolfes

ließen mich nicht umdrehen.
 

Erst als er mich festhielt, blieb ich stehen. „Das ist die falsche Richtung!“

Aber ich hörte ihm gar nicht zu. Wirkte fast wie taub. Dieses blonde Etwas zog

mich in seinen Bann. Ihr langes Haar wehte im Wind, der von leichten

Schneeflocken durchzogen war.
 

„Jemil“, konnte ich von ihren Lippen ablesen. Ich schluckte. Was machte gerade

sie hier? Wieso sie?
 

„Mila, was … tust du hier?“ Ich spürte es. Irgendwo in mir platzte gerade eine

Seifenblase. Die, in der meine Hoffnung, nie wieder zurück zu gehen war. Doch

gerade sie ließ das geschehen. Wieso?
 

„Devin und Joe haben mir erzählt, dass sie es nicht geschafft haben. Und selbst

Pio konnte dich nicht überzeugen. Und da ich ohnehin einmal raus musste, will

ich mein Glück zumindest versuchen.“
 

Ihr Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken. So viel Selbstsicherheit

hatte ich noch nie bei ihr gesehen.
 

Ein Knurren ließ mich zusammen zucken. Und da sah ich es erst. Dieses hässliche

Tier, das sich da neben Mila durch den Schnee kämpfte.
 

„Dieses Vieh hat Pio mir mit geschickt. Eine seiner Fledermäuse. Ist ein

grässliches Wesen. Er ist aber wohl weiter gekommen, als dein Vater noch vor ein

paar Monaten.“
 

Ich schwankte einige Schritte zurück. Fühlte schon bald Jeskos Hände auf meinen

Schultern. Leicht wendete ich mich zu ihm. Sein Blick lag auf diesem etwas, das

Mila da als Fledermaus bezeichnet hatte.
 

„Sieht aus, wie das Vieh, dem wir begegnet sind.“ War das, das einzige, was ihm

dazu einfiel? Mehr nicht? Was sagte er denn zu Milas Kommentar? Was hielt er

davon?
 

„Und? Was ist Jemil?“ Die blonde Vampirin kam auf mich zu. Plötzlich war diese

Selbstsicherheit aus ihren Augen verschwunden. Was war auf einmal los mit ihr?
 

„Mila, auch du kannst mich nicht überzeugen!“ So sicher sagte ich es. Ich war

mir so verdammt sicher. Da zog mich aber auch schon Jesko in seine Arme und ein

Knurren durchfuhr die Stille. Dieses Mal kam es nicht von diesem Fledermaus-Vieh.
 

„Werwölfe“, flüsterte Mila. Die würden sie zerreißen. Ich löste mich aus Jesko

Umarmung. Atmete einmal tief durch. „Verschwinde von hier! Sonst bringen die

dich um.“
 

Ich blieb doch wirklich ruhig, bei dem was ich sagte. Oder zumindest versuchte

ich es. „Nein! Ich will, dass du mitkommst!“ Sie packte meine Hand und wollte

mich einfach mitschleifen. Doch das ließ ich gar nicht passieren. Zog sie zurück.
 

„Tut mir leid! Das geht nicht. Ich bleibe bei Jesko!“ Die Vampirin warf über

meine Schulter einen Blick auf den Werwolf. Er stand einfach nur da. Tat keinen

Zucker. Gerade so, als ob er auf etwas warten würde.
 

„Du willst das doch gar nicht. Er hat dich doch einfach mitgenommen!“ Tränen

stiegen ihr in die Augen. Liefen ihr schon bald über die Wangen. Tropften in den

weißen Schnee.
 

Langsam schüttelte ich den Kopf. „Ich bin freiwillig mit. Denn…“ Ich flüsterte

ihr noch etwas ins Ohr. War mir so ziemlich sicher, dass Jesko es nicht hören

würde. Ich würde ihm das einmal ins Gesicht sagen. Dafür brauchte ich aber noch

sehr viel Mut und den hatte ich einfach nicht.
 

„Aber … Jemil … du …“ Sie brachte wohl nichts dazu heraus. Brach einfach ab.

Aber schon im nächsten Moment hatte sie mich geohrfeigt. „Du bist ein

Arschloch!“, brüllte sie. Immer noch flossen die Tränen über ihre Wangen.

Glitzerten wie kleine Kristalle, wenn sie zu Boden fielen.
 

„Du verstehst es nur nicht“, seufzte ich. Machte auch gleich auf den Haken

kehrt. Doch wieder hielt sie mich fest. „Er macht dich doch nur traurig. Du

kannst doch gar kein Glück finden.“
 

Ich riss mich los. „Denk was du willst“, schnaubte ich. Blickte zu Jesko. Jedoch

war er weg. Was sollte das denn jetzt werden? Wollte er mich jetzt hier stehen

lassen. Ich wirbelte wieder zu Mila herum. Die sah sich genauso irritiert um.

Wie es aussah, war ihr kleiner Monsterwächter auch verschwunden.
 

Ein Aufheulen ließ meinen Blick zu der riesigen Wiese fallen, die hinter uns

lag. Einige Vögel stiegen davon auf. Die hatten aber ganz sicher nicht diesen

Laut von sich gegeben.
 

„Jesko. Verdammt!“ Ich lief einfach los. Irgendetwas rief Mila mir noch

hinterher. Doch ich hörte einfach nicht darauf. Mir war Jesko viel wichtiger,

als zu wissen, was sie noch von mir wollte. Ja. Jesko war mir wichtig. Verdammt

wichtig. Das wohl Wichtigste, das ich hatte. Das Einzige, was ich noch hatte,

neben meinem Leben.
 

Das Gras dieser verfluchten Wiese war hoch. Zu hoch. Ich lief doch nur ins

Nichts. Nach Minuten blieb ich aber erst erschöpft stehen. Stützte mich mit den

Armen an den Beinen ab. Keuchte. Völlig hilflos sah ich mich um. Ich würde ihn

nie finden. Und er mich auch nicht.
 

Da glitt etwas an meinem Bein entlang. Etwas Weiches. Ich versteifte völlig. Das

war sicher keine Katze oder ein Hund. Dieses Etwas verbiss sich in meiner Hose.

Zerrte daran. Erst als wieder etwas aufjaulte, ließ es mich los.
 

Ich schluckte, als das Gras raschelte. Spürte Arme um meine Schultern. „Mila ist

weg und dieses Vieh mit dazu.“ Er keuchte. Konnte sich kaum noch auf den Beinen

halten. Was war denn mit ihm los?
 

„Wir müssen zurück“, flüsterte ich. Doch da spürte ich, wie er zusammen sank.

„Jesko!“ Ich wirbelte herum. Fing ihn gerade noch auf. Aber er war mir zu

schwer. Zog mich mit hinunter. Immer wieder wiederholte ich seinen Namen. Bis

ich schon fast in ein Schreien überging. Doch er antwortete einfach nicht mehr.

Sein Atem war auch nur noch ein Röcheln. Nervös durchsuchte ich seinen Körper

nach Bisswunden. Aber davon war keine zu finden. Dann war er zumindest nicht

gebissen worden.
 

Erleichtert atmete ich auf. Auch wenn es mir nichts half. Ich kam alleine hier

nicht weg. Er war mir einfach zu schwer. Ich könnte ihn nie tragen. Und trotzdem

versuchte ich es. Legte seinen Arm um meine Schultern um ihn etwas zu stützen.
 

„Verdammt“, zischte ich. Kam nur ein paar Schritte weit. Sank dann wieder

zusammen. Was hatte dieses Vieh nur mit ihm gemacht.
 

Ich atmete ein paar Mal tief durch. Raffte mich dann wieder hoch. Wieso waren

eigentlich diese ganzen Werwölfe nicht da, wenn man sie brauchen könnte? Zum

Beispiel genau jetzt?
 

Ich würde doch nur ein paar Hundert Meter weit kommen müssen. Dann würden diese

verfluchten Werwölfe auch schon aufkreuzen. Die könnten mir dann zumindest

helfen.
 

Doch wieder kam ich nur ein Stück. Sank dann einfach wieder zusammen. Ich war

ein verdammter Loser. Immerhin konnte ich nicht einmal Jesko hier wegbringen.

Gerade jetzt.
 

Ich blickte gen Himmel. Der Schneefall wurde immer schlimmer. Wenn es so weiter

ginge, würden wir hier noch erfrieren. Mühsam versuchte ich den Werwolf an mich

zu drücken. Aber ich würde ihn nie warm halten können. Wärmen konnte ich mich

doch selbst kaum. Er war doch derjenige, der mich sonst immer aufwärmte.
 

Ich begann zu zittern. Der Schnee ging mir schon bis zu den Knöcheln. Und es

wollte gar nicht aufhören.
 

„Onkel Jemil!“ Ich schreckte hoch. Hatte gar nicht bemerkt, dass ich kurz vor

dem Einschlafen war. Verwirrt blickte ich mich um. Das war doch Felix. Unser

kleiner Werwolf. Ich versuchte wieder Jesko hochzubekommen.
 

„Felix!“, rief ich. Er würde mich schon finden. Nein, er würde uns finden.
 

„Komm schon, Jesko, hilf mich doch ein bisschen“, flüsterte ich. Doch ich bekam

einmal mehr keine Antwort. Seine Lippen waren schon blau. Ich könnte es mir

nicht verzeihen, wenn er es nicht überstehen würde.
 

„Onkel Jemil!“ Der kleine Werwolf kämpfte sich durch das hohe Gras und den

Schnee. Blieb dann aber wie gebannt stehen. „Ich hol die anderen“, meinte er nur

noch machte auch gleich wieder kehrt. Ich hatte mich mit Jesko wieder einige

Schritte weiter gekämpft. War wieder zusammen gesackt. Drückte Jesko jetzt an

mich. Ich hörte kaum noch seinen Atem.
 

„Komm jetzt bloß nicht auf blöde Gedanken“, zischte ich. Bemerkte gar nicht, wie

besorgt ich eigentlich klang. Immer enger drückte ich ihn an mich. Versuchte ihn

wirklich zu wärmen. Aber mein eigener Körper war doch schon nicht mehr richtig

warm. Wie sollte ich das dann bei ihm ändern.
 

Erst nach Minuten kam Felix wieder mit einigen anderen Werwölfen zurück. Einer

davon war Satôbi, den erkannte ich. Die anderen waren mir unbekannt. Viel hatte

ich aber auch nicht von den Werwölfen zu tun. Noch nicht.
 

Satôbi zog mich hoch, während die anderen sich um Jesko kümmerten. Erst jetzt

bemerkte ich eigentlich, wie ich selbst zitterte. Die ganze Zeit hatte ich nur

auf meinen Werwolf geachtet. Mich dabei völlig vernachlässigt.
 

„Was habt ihr hier überhaupt noch gemacht?“, fragte Satôbi. Ich antwortete nur

nicht. Wollte gar nicht. Wie es aussah erwartete er auch gar keine Antwort.
 

„Ihr zwei Idioten“, hörte ich Satôbi noch sagen. Dann brach ich wohl auch

zusammen. Lange hätte ich das wohl auch nicht mehr durchgehalten. Mein Körper

ächzte gerade zu nach etwas Ruhe. Auch wenn ich die ohne Jesko sicherlich nicht

finden könnte.
 

Leicht wurde ich von einer sanften Stimme geweckt. Mein Kopf sank zur Seite.

Schon spürte ich auch warme Lippen auf meiner Wange. Und wieder diesen sanften

Klang. „Na Jemil“, konnte mein Kopf die Töne endlich zu etwas wirklich

verständlichen zusammensetzen. „Jesko“, flüsterte ich. Hob das erste Mal eines

meiner Lider. Es war, als hätte ich meine Augen schon seit Jahrhunderten nicht

mehr geöffnet. Jedes bisschen Licht brannte, wie Feuer auf meiner Netzhaut.
 

Und erst jetzt spürte ich sie. Diese warmen Arme, die sich um mich gelegt

hatten. „Du Dummkopf.“ Langsam hob ich den Kopf. „Wer von uns ist hier ein

Dummkopf. Du bist doch einfach weg.“
 

Jesko biss sich auf die Unterlippe. „Ich wollte dich doch nur vor diesem

Fledermausvieh beschützen, das Mila mit angeschleppt hat!“ Nein, das wollte er

doch nicht. Nicht mich.
 

„Wenn du meinst“, murmelte ich.
 

Ein kalter Windhauch traf mich im gleichen Moment. „Onkel Jemil!“ Der kleine

Felix stürzte sich auf mich. Schlang seine dünnen Arme um meinen Hals. „Ich hab

mir um euch Sorgen gemacht“, flüsterte er mir ins Ohr.
 

Ein Seufzen ließ mich aufsehen. „Du erdrückst ihn noch“, meinte Venanzia. Hatte

die Arme vor der Brust verschränkt. „Aber …“, fing Felix an. Sah dann nur mich

an. Schob schmollend die Unterlippe nach vorne.
 

Ich drückte den kleinen etwas von mir weg. „Das macht doch nichts“, meinte ich

nur zu der Werwölfin, die den Kopf schief gelegt hatte. „Er wird euch nur

nerven.“ Felix schnaubte bei diesen Worten von Venanzia. „Bei was denn?“, fragte

er auch gleich. Blickte Venanzia fragend an. „Was eben zwei Liebende so machen“,

erwiderte sie und packte den Kleinen auch gleich am Arm.
 

„Das werden wir sicher nicht machen“, mischte sich da aber auf einmal Jesko ein.

„Dann kann ich hier bleiben“, freute sich Felix. Riss sich von Venanzia los und

sprang auch gleich wieder auf mich. Legte die Arme um meinen Bauch.
 

„Geht es dir wieder gut, Onkel Jemil?“, fragte der Kleien auf einmal. „Wieso

sollte es mir denn nicht gut gehen?“, erwiderte ich mit einer Gegenfrage. „Weil

du die ganze Nacht über hohes Fieber hattest“, antwortete die Werwölfin für den

Jüngeren. Ich senkte nur den Kopf. Spürte aber schon Jeskos Arm um meine

Schulter. „Deswegen bist du auch ein Dummkopf“, seufzte der.
 

„Er hat dich doch nur lieb“, zischte Felix. Blickte Jesko dabei wütend an. Der

kleine Werwolf merkte wohl alles ziemlich schnell. Alles was meinem Wölfchen

nicht auffiel. Von dem Kleinen könnte er noch etwas lernen.

Vergangenheit und seltsamer Geruch

Lost Angel
 

Kapitel 31 – Vergangenheit und seltsamer Geruch
 

Jesko’s PoV
 

Es musste mich die ganze Zeit im Arm gehabt haben. Sonst wäre ich wohl da draußen

aber auch erfroren.
 

Doch was hätte ich in diesem Moment anderes tun sollen? Dieses Fledermaus-Vieh

wollte auf ihn losgehen. Da war es doch meine Pflicht in zu beschützen. Und auch

nur das hatte ich getan. Mehr nicht. Nur dieses Vieh von ihm weggelockt. Dass es

auch so stark sein könnte, hätte ich doch nicht ahnen können.
 

Ich strich dem jungen Vampir über die Wange. Er lag mit dem Kopf auf meinem

Schoss und schlief. Das war aber wohl gerade auch das Beste für ihn. Bis in die

frühen Morgenstunden hatte er hohes Fieber gehabt. Was glaubte er eigentlich, was

ich mir für Sorgen gemacht hatte? Um ihn. Meinen kleinen, blonden Vampir.
 

Wahrscheinlich hatte er sich dabei gar nichts gedacht und nur versucht mich zu

wärmen. Dabei auf seine eigene Gesundheit überhaupt nicht mehr geachtet. Sich

selbst einfach vernachlässigt. Dass hätte er nicht tun müssen. Ich hätte es

sicher besser überstanden, als er. Devin hatte mir doch damals gesagt, wie leicht

er krank wurde. Und das war auch so. Oft genug hatte ich es jetzt schon

mitbekommen und er wusste es mit Sicherheit auch.
 

Ich seufzte. Wieso machte er so etwas nur gerade wegen mir? Ich war doch nur sein

kleiner, dummer Werwolf.
 

„Dummkopf“, murmelte ich, „merkst du denn nicht, was ich für dich empfinde?“ Wenn

er wach gewesen wäre, hätte ich mir das wohl nie sagen trauen. Aber so kam es mir

ganz leicht über die Lippen.
 

Neben mir regte sich etwas. Gähnte herzhaft. „Na Felix, wieder wach?“ Der kleine

Hybride blickte mich verschlafen an. Sah dann auf der Jemil, der immer noch

friedlich – mit dem Kopf auf meinem Schoss – schlief.
 

„Geht es Onkel Jemil gut?“, fragte der Kleine. Seine Augen drückten so etwas

Trauriges aus. „So lange er schläft“, erwiderte ich nur. Fuhr mit den Fingern

durch das blonde Haar des Vampirs, der vielleicht deswegen leicht die Nase

rümpfte.
 

„Ich glaube wirklich, dass er dich ganz doll lieb hat“, meinte Felix auf einmal.

Wieder lag etwas Trauriges in seinem Blick.
 

„Was schaust du mich denn deswegen so an? Darüber solltest du dich doch

eigentlich freuen!“ Ich wuschelte dem Kleinen durchs Haar. Dadurch hellte sich

sein Gesichtsausdruck aber auch nicht auf.
 

„Weil ihr gar nicht zusammen sein dürft. Es ist mit Vampiren und Werwölfen, wie

bei Romeo und Julia. Und deren Ende kennst du wohl.“ Er seufzte Herz zerreißend.
 

Natürlich wusste ich, wie es mit Romeo Montague und Julia Capulet ausging.

Immerhin war das doch, das wohl bekannteste Liebespaar. Aber wieso sollte es mit

uns auch so enden? Wir waren doch kein Paar aus einer Tragödie von Shakespeare.
 

„Red nicht so einen Mist, Felix!“, murmelte ich. Es würde nie so weit mit uns

kommen. Dafür würde ich schon sorgen. Jemil durfte ganz einfach nicht sterben.

Lieber würde ich das übernehmen und wenn es sein müsste, mich sogar für ihn

opfern.
 

Etwas regte sich jetzt auch von meinem Schoss her. Wie es aussah wurde auch Jemil

langsam wieder wach. Im ersten Moment rollte er sich aber nur andersherum.

Blickte starr gerade aus, bevor er sich zaghaft aufrichtete. Verschlafen sah er

sich um, bis sich unsere Blickte trafen. Seine Mundwinkel zuckten, als ob er

lächeln wollte, es sich aber scheinbar doch noch einmal anders überlegte.
 

Wir blickten uns einige Minuten nur schweigend an. Eigentlich wollte ich auch gar

nichts sagen. Mehr als Vorwürfe wären ohnehin nicht dabei herausgekommen und die

wollte ich ihm überhaupt nicht machen.
 

„Hey“, entfuhr es ihm da fast lautlos, was ich auch nur genauso erwiderte. Viel

mehr viel mir gerade auch gar nicht ein. Doch Jemil unterband es auch, dass ich

weiter sprechen hätte können in dem er sich leicht an mich kuschelte. Leise

kicherte da schon Felix. Mit einem knappen, bösen Blick brachte ich ihn aber

schon wieder dazu, dass er ruhig war.
 

Schweigend saß der kleine Hybride neben uns und sah dabei zu, wie ich immer

wieder an Jemils Rücken auf und ab strich.
 

Ein weiteres Mal verging Minute um Minute. Eigentlich hätte ich nicht gedacht,

dass Felix so lange ruhig sein konnte. Mir wäre wohl in seinem Alter längst

langweilig geworden. Dabei wusste ich gar nicht, wie alt er überhaupt war.
 

Einen Moment überlegte ich noch. Dann fragte ich einfach: „Wie alt bist du,

Felix?“ Der Kleine sah abrupt zu mir. „Sieben“, meinte er dann nur knapp. Senkte

langsam den Kopf wieder. „Ah“, erwiderte ich schließlich. Wendete mich für einen

Augenblick wieder Jemil zu. Immer noch lag er eng an mich gedrückt.
 

„Und was ist mit deinen Eltern?“ Eigentlich sollte man ja nicht einfach Fragen

stellen. Gerade nicht sollte. Aber es interessierte mich, da ich schon lange

einmal wissen wollte, was mit den Verwandten des Kleinen war.
 

„Die sind vor drei Jahren gestorben“, antwortete Felix, als ob er es schon

hunderte Male erzählt hätte. Er verzog dabei noch nicht einmal die kleinste

Miene.
 

Und trotzdem – obwohl es so aussah, als ob es ihm nichts ausmachte – blickte ich

ihn mitleidig an. Damals war ich genauso alt wie er, als ich allein gelassen

wurde.
 

Meine Mutter starb schon kurz nach meiner Geburt. So wie ich es als Kind

mitbekommen hatte, war ihr Körper einfach noch zu Jung um ein Kind zur Welt zu

bringen. Und mein Vater wurde von Vampiren getötet, als ich vier Jahre alt war.

Eigentlich müsste ich diese Blutsauger dafür hassen. Dafür, dass sie mir den

Letzten genommen hatten, dem ich noch wichtig war. Doch ich konnte nicht.
 

Der erste halbe Jahr über hatte ich bei einem wirklich grausamen Herrn gelebt.

Die älteren Werwölfe – vielleicht ab 12 oder 13 – hatte er einfach vergewaltigen

lassen. So waren sie bald für jede Arbeit gefügig geworden. Ich war wohl einfach

noch zu klein, als das ich nicht einfach alles für etwas zum Essen getan hätte.

Immer wieder war ich nachts vor lauter Hunger wach gelegen. Jedes Mal hatte ich

auf diese älteren Werwölfe gewartet, die immer etwas zum Fressen dabei hatten.

Zwar wollten sie mir oft nichts abgeben. Doch wenn sie meinen hungrigen Blick

gesehen hatten, bekam ich immer etwas ab.
 

So hatte ich mich ein halbes Jahr durchgekämpft. Dann wurde ich wohl meinem Herrn

zu sinnlos und er hatte mich verkauft. An Jemils Vater. An den eisigen Blick des

Vampirs konnte ich mich heute noch erinnern. Ich wusste auch noch, dass Jemil

dabei war. Verstollen hatte er mich angegrinst. Und dennoch hatte er sich da

schon genauso edle, wie sein Vater, bewegt.
 

In Erinnerungen versunken blickte ich auf den Vampir hinunter, der mit dem Kopf

wieder auf meinen Schoss gesunken war. Scheinbar war er auch erneut

eingeschlafen.
 

„Und wie ist es mit dir?“ Felix lächelte mich etwas schüchtern an. Noch einmal

warf ich einen kurzen Blick auf Jemil. Seufzte leise.
 

„Mit meinen Eltern sieht es wohl genauso aus, wie bei dir“, meinte ich schließlich.

Lange hatte ich sie nicht und meine Mutter erst recht nicht. Das ich überhaupt so

verdammt warmherzig geworden war.
 

„Und wie sieht es mit Onkel Jemil aus? Und wie alt seit ihr überhaupt?“, bohrte

da der Kleine schon weiter. Im ersten Moment hob ich aber nur eine Augenbraue.

„Wieso ist er eigentlich immer noch ‚Onkel Jemil’, aber mich duzt du schon?“,

erwiderte ich mit einer Gegenfrage.
 

Felix Blickte schweifte abrupt zu Boden. „Ist halt so“, murmelte er dann einfach,

„beantwortest du jetzt meine Frage?“
 

Ich seufzte erst nur knapp. „Jemil hat zumindest noch einen Vater. … Aber der

kann ihn wohl nicht sehr gut ausstehen..“ – Ich seufzte erneut. – „Na ja, und in

Sachen Alter bin ich 16 und Jemil 17.“
 

Und ein weiteres Mal schweifte mein Blick zu dem jungen Vampir hinunter. Sein

Gesichtsausdruck war völlig entspannt, also träumte er entweder gar nichts oder

einmal etwas Schönes. Letzteres wäre wohl auch endlich einmal nett für ihn. Denn

so wie ich es bis jetzt mitbekommen hatte, litt er häufig unter Albträumen. Immer

wieder wälzte er sich im Schlaf hin und her. Dabei konnte er sich doch nie im

Leben erholen.
 

Ein eisiger Wind traf mich mitten ins Gesicht. Sofort sah ich auf.
 

„Sotuganai will dich sprechen, Jesko“, schnaubte ein Werwolf, der gerade das Zelt

betrete hatte. Knapp nickte ich und schob Jemil vorsichtig von meinem Schoss.
 

„Passt du auf ihn auf?“, fragte ich noch Felix, der das sofort bejahte, bevor ich

mit dem anderen Werwolf mitging.
 

Ohne auch nur ein Wort verloren zu haben, kamen wir bei Sotuganai an. Genauso

wortkarg verschwand der andere Wolf auch, aber nicht ohne mir einen viel sagenden

Blick zuzuwerfen.
 

Sotuganai wischte sich eine dunkle Haarsträne aus dem Gesicht, bevor er zu

sprechen begann. Seine Stimm klang einfach nur kalt.
 

„Wie seit ihr beiden Idioten eigentlich auf die Idee gekommen ohne ein Wort zu

sagen euch einfach aus dem Staub zu machen?“ - Ich senkte nur reumütig den Kopf.

- „Wir hätte euch gut und gerne brauchen können!“ - Abrupt hob ich den Blick

wieder. Scheinbar bemerkte Sotuganai wie verwirrt ich war. - „Dein kleiner Vampir

wird wohl noch von ein paar mehr seiner Sippschaft verfolgt“ - Mila hatten wir

schon gesehen. - „und von denen haben sich einige an meinen Werwölfen und

Hybriden vergriffen!“ Meine Augen weiteten sich. Ich konnte mir vorstellen, was

er meinte.
 

„Es tut mir leid, aber ... Jemil ist plötzlich in die andere Richtung gelaufen.

Da musste ich ihm hinterher, immerhin ... konnte ich ihn nicht ... allein

lassen.“ Wieder hatte ich den Kopf gesenkt. Sotuganai sah zu mir auf. Er hatte

sich auf eine Decke auf dem Boden in den Schneidersitz gesetzt. Gab ein Seufzen

von sich, das für mich so klang, als würde diese Entschuldigung für ihn reichen.
 

„Wie geht es ihm?“, fragte der ältere Werwolf, als wir uns einige Sekunden

angeschwiegen hatten. Etwas kam es mir so vor, als ob er mich gerade deswegen

eigentlich holen hatte lassen. Ich überlegte für einen Moment meine Antwort.

„Ganz gut“, erwiderte ich dann schließlich. Leicht bildeten meine Lippen ein

Lächeln. Mehr wollte ich gar nicht von der Freude preis geben, die sich dadurch

in mir ausbreitete, dass es Jemil besser ging.
 

„Na dann geh wieder, bevor der kleine Felix noch denkt, ich hätte dir sonst etwas

angetan.“ Irritiert blickte ich ihn an. Sotuganai lackte knapp auf. „Er hatte mir

schon damit gedroht, dass er mir etwas antut, wenn ich dich zu sehr zusammen

scheiße“, klärte er mich auf. Ich grinste nur verstohlen. So war der kleine

Hybride also drauf.
 

Ich marschierte kurz darauf zurück zu meinem und Jemils Zelt. Wahrscheinlich

hatte Felix, wie versprochen, auf den jungen Vampir aufgepasst. Etwas anderes

konnte ich aber wohl auch nicht von dem kleinen erwarten.
 

„Jesko!“ Kaum hatte ich das geräumige Zelt betreten, stürmte der Hybride schon

auf mich zu. Ich blickte aber an ihm vorbei. Jemil hatte sich aufgesetzt und sah

mich intensiv an. Um seine Beine war eine warme Decke gewickelt und eine zweite

bedeckte seine schmalen Schultern.
 

Ich löste Felix Umarmung um meine Hüfte. Meine Augen waren starr auf den Vampir

gerichtet. Nahm jede seiner auch nur ach so kleinen Bewegungen war.
 

„Geht die Sonne schon unter?“ Damit riss Felix mich aus meiner Trance. „Äh, ich

glaube schon“, erwiderte ich knapp. Der kleine Hybride konnte wegen seinem

Vampirteil in sich genauso wenig wie Jemil ins Sonnenlicht.
 

„Ok, dann lass ich euch allein“, meinte der Kleine freudig und lief nach draußen.
 

Ich tapste auf Jemil zu. Blickte ihm dabei in die Augen, die eine seltsame

leichten goldene Schimmer angenommen hatten. Vielleicht bildete ich mir das aber

auch nur ein.
 

Als ich mich neben ihn setzte stieg mir ein eigenartiger Geruch in die Nase. Wie

der Duft von Mensch und Vampir, wobei der menschliche extrem überwiegte. Einen

Moment schaute ich mich um, um herauszufinden woher dieses Aroma kam. Doch es

wirkte, als ob es von Jemil ausgehen würde. Aber das ging eigentlich gar nicht.

Sonst nahm ich bei ihm immer nur den Vampirgeruch war. Somit bildete ich mir das

sicher nur ein.
 

Ich schlang die Arme um den Blonden, der sich sofort an mich klammerte. Leicht

zitterte er. Was aber schon binnen weniger Sekunden nachließ.
 

„Ich schätze mal Sotunagai wird jetzt bald los wollen, also sollten wir uns wohl

auch fertig machen.“ Jemil nickte darauf nur langsam. Vergrub aber trotzdem erst

einmal das Gesicht in meiner Halsbeuge.

Unaussprechliche Empfindungen

Lost Angel
 

Kapitel 32 – Unaussprechliche Empfindungen
 

Jemil’s PoV
 

Ich wusste nicht, ob er es wahrgenommen hatte. Doch etwas änderte sich bei mir.

Oder wohl eher an mir. Zu gut wusste ich auch an was das lag. Die

Wintersonnenwende kam näher. Von Nacht zu Nacht. Bald würden wir den kürzesten

Tag des Jahres haben. Doch für mich würde es nur der gefährlichste im ganzen

Jahr sein.
 

Ich war mir sicher, dass Pio sich dem auch im Klaren war. Viel zu oft hatte er

gerade diese 24 Stunden genutzt, um wie ein Raubtier über mich herzufallen.

Wahrscheinlich würde er es in diesem Jahr ganz anders ausnützen. Auch wenn ich

genau genommen ja meinen Beschützer hatte. Und der würde es sich nicht nehmen

lassen Pio den Hals umzudrehen, wenn er mich noch einmal anrührte. So kam mir

der junge Wolf zumindest vor.
 

Eigentlich sollte ich es wohl Jesko auch sagen. Damit er sich darauf einstellen

könnte. Doch etwas hinderte mich daran. Vielleicht weil ich mir nicht im Klaren

sein konnte, wie er darauf reagieren würde. Einen Tag lang könnte ich für ihn

nur ein Klotz am Bein sein. Ich könnte mich weder gegen Vampire noch gegen

Werwölfe wehren. Wie ein Mensch. Und mehr würde ich wohl auch nicht sein. Nur

das Futter der Wesen der Nacht.
 

Jedes Jahr war es an diesem einen Tag das Gleiche. Ich musste mir dann meines

schwachen Teiles bewusst werden. Einfach dem Klar werden was ich war. Halb

Vampir und halb Mensch. Doch gerade das konnte ich so einfach nicht ändern. Egal

wie sehr ich es vielleicht wollte. Wie sehr ich doch lieber ein vollblütiger

Vampir wäre. Aber es ging einfach nicht. Nicht einmal die kleinste Möglichkeit

gab es für mich.
 

Ein Seufzen verließ gerade meine trockene Kehle, als Sotunagai ein – für mich –

erlösendes Wort aussprach. „Pause!“ Jetzt könnte ich mich zumindest einmal

hinsetzen und meinen Füßen etwas Ruhe gönnen.
 

Doch Jesko hatte mich noch im gleichen Moment am Arm gepackt und hinter sich her

in den naheliegenden Wald gezogen. Richtig realisierte ich nicht einmal, wo er

ich genau hinbrachte. Dafür war mir das Unterholz hier aber wohl auch zu

unbekannt.
 

„Hier haben wir unsere Ruhe“, meinte der Werwolf, als er sich vor mir in den

Schnee setzte. Ich blieb einige Sekunden wie gebannt stehen und blickte ihn nur

an. Bis er auf seinen Schoss klopfte. „Kannst dich schon zu mir setzen.“ Ein

breites Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, als ich mich endlich neben ihm

auf den eisigen Waldboden niederließ. Immer aber darauf bedacht, dass etwas von

meinem Mantel auch wirklich unter meinem Hintern landete.
 

Ich wagte es nicht ihn anzusehen. Mit ziemlicher Sicherheit konnte ich sagen,

dass ihm schon jemand gesagt hatte, wie ich ihn im Arm gehalten hatte.

Vielleicht wäre es besser für mich gewesen, wenn ich es nicht getan hätte. So

würde es mir jetzt wohl um einiges besser gehen. Das Fieber der vergangenen

Nacht hatte ganz schön an meinem Körper gezehrt. Doch jetzt ging es eigentlich

wieder.
 

Ich spürte einen von Jeskos Armen um meine Schultern. Kniff auf einmal die

Augen zusammen, als ob die Berührung mir unangenehm wäre. Doch eigentlich war

sie das genaue Gegenteil. Sie fühlte sich gut an. Und egal wie kalt mir zuvor

war, jetzt wurde mir auf alle Fälle richtig warm. Bei ihm wurde mir das aber

auch immer.
 

Völlig unbewusst kuschelte ich mich an Jesko. Sog jedes bisschen seiner Nähe in

mir auf. Empfand alles als so verdammt gut. Es war wohl doch nur das Einzige was

ich wirklich brauchte. Nur etwas Nähe und Zuwendung. Und gerade das konnte mir

der junge Wolf so gut geben.
 

Ich fühlte die Nase des Werwolfes an meinem Hals. Selbst nahm ich den extremen

Menschengeruch, der den des Vampires langsam überdeckte, schon längst war.

Vielleicht würde ich jetzt erfahren, wie das bei ihm war. Doch eigentlich müsste

seine feine Wolfsnase den Geruch schon längst erschnüffeln können. Viel mehr

würde es mich schon wundern, wenn es nicht so wäre.
 

„Du riechst so seltsam“, flüsterte der junge Wolf. Immer noch mit der Nase an

meinem Hals, an den auch sein warmer Atem schlug. Doch der ließ mir jetzt eine

Gänsehaut auflaufen.
 

Ein leises Seufzen gab ich von mir. Somit roch er es also. Ich sollte es ihm

dann wohl auch sagen. Es wäre wohl das beste. Doch gerade als ich zum Reden

ansetzen wollte, zog Jesko mich auf seinen Schoss. Schlang die Arme eng um mich.

Sanft mit den Fingern über meinen Rücken glitt.
 

„Wieso?“, hauchte er mir ins Ohr. Also erwartete er erst jetzt eine Erklärung

von mir. Doch jetzt konnte ich nicht mehr. Schmiegte mich nur an ihn und genoss

seine Wärme. Mehr brauchte ich überhaupt nicht.
 

„Du willst es wohl nicht sagen.“ Da verstand er dann doch sehr schnell. Nur bei

meinen Empfindungen war er scheinbar langsam. Und dabei wollte ich, dass er

gerade die anfing zu spüren. Leider tat er das wohl nicht. Noch nicht.
 

Ein Schauer fuhr mir durch jedes Glied, als Jeskos Lippen meinen Hals berührten

und er seine Hände über meine Schultern gleiten ließ.
 

Ganz langsam entspannte ich mich bei seinen Berührungen. Wie sollte es aber auch

anders sein, wenn er schon so sanft zu mir war?
 

Ich gab einen erschöpften Laut von mir. Drückte meinen Kopf gegen die Brust des

Werwolfes, der mir nun schon die ganze Zeit über leise Liebkosungen ins Ohr

flüsterte. Immer und immer wieder. Wiederholte dabei aber wohl nie ein einziges

Wort.
 

Langsam hievte Jesko mich hoch. Ich schwankte im ersten Moment leicht. Konnte

mich dann aber an dem Dunkelhaarigen abstützen. Der gab mir genug Halt.
 

„Geht es dir auch wirklich gut?“ Die Frage kam für mich eigentlich ganz

unverhofft. Nickte aber schließlich doch kurz.
 

Ich müsste nur alles schön langsam angehen lassen. Dann würde mir das schon

insgesamt nicht zu schwer werden. Aber ich war eigentlich nicht der Typ, der

irgendetwas langsam machte.
 

„Weißt du eigentlich wo Sotunagai hin will?“ Ich blickte Jesko fragend an. Der

zuckte aber nur mit den Schultern. „Irgendwas von Transsilvanien hat Felix

gestern erwähnt, als du noch geschlafen hast“, meinte der Werwolf schließlich.

Seine Arme lagen jetzt um meine Schultern und seine Hände glitten langsam über

meinen Rücken.
 

Transsilvanien, das Land meiner Ur-Väter. Was sollten dort Werwölfe und Hybride

wollen. Eigentlich war es der völlig falsche Ort für sie. So würden sie nur noch

mehr zur Zielscheibe von Vampiren. Obwohl gerade die in Transsilvanien wohl

anders auf sie eingestellt waren.
 

„Dracula nannte Werwölfe 'Kinder der Nacht'.“ Ich sah zu Jesko auf. Eigentlich

wusste ich gar nicht, dass er den ältesten aller Vampire kannte.
 

„Woher weißt du das?“, fragte ich. Suchte weiter die Nähe und Wärme des Wolfes.

Und die gab er mir sogar. Ganz freiwillig.
 

„Ich hab mal ein paar Vampiren zugehört, wie sie über ihn geredet haben. Klang

ziemlich herablassend.“ Etwas Irritiertes lag in seiner Stimme. Er konnte sich

wohl nicht vorstellen, wie man so über seinen ältesten Verwandten reden konnte.
 

„Seit fast jeder weiß, dass er eine Menschenfrau geliebt hatte und sogar von ihr

getötet wurde, wird er nicht mehr sehr edel erwähnt. Dabei sind die meisten

geborenen Vampire Nachkommen von ihm.“
 

Jetzt blickte er mich erst recht verwirrt an. Es ist aber auch nicht gerade

einfach zu verstehen, wie es bei einem einzigen Vampir noch reinblütige

Nachfahren geben kann.
 

„Inzest“, meinte ich nur. Vorstellbar war das wohl fast nicht. Doch das wurde

nur getan und eben die Reinheit des Vampirblutes zu bewahren. Auch wenn es

anfänglich öfters auch vorgekommen sein musste, dass Kinder mit Menschen, die

vorher gebissen worden waren, gezeugt wurden. Pio war – so weit ich es wusste –

ein solches Kind. Bei seiner Mutter hatte mein Vater eben noch alles richtig

gemacht, was er bei meiner vergessen hatte.
 

„Das Vampire so etwas tun würden.“ Jesko schüttelte langsam den Kopf. Drehte

mich schließlich herum und schob mich etwas voran. Doch ich stemmte mich schon

im selben Augenblick gegen ihn.
 

„Ich möchte noch ein bisschen mit dir allein sein.“ Den flehenden Unterton hörte

sogar ich selbst aus meiner Stimme heraus. Wie weit war ich jetzt nur schon?
 

Jeskos Hände glitten über meine Schultern und an meiner Brust hinunter. Zärtlich

küsste er meinen Hals. Leckt über mein Schlüsselbein. Ich unterdrücke ein

unnötiges Keuchen, obwohl mein Körper vor Erregung bebt.
 

Ein weiteres Mal streifte die Nase des Werwolfes meine Kehle. Ich wusste, dass

er den Geruch wahrnahm. Er wollte aber wohl nur von mir hören, wieso ich so

duftete. Doch ich brauchte es nicht über die Lippen. Schwäche gestand ich mir

einfach nicht gerne ein. Und immerhin würde er es von selbst auch noch merken.

Wer wusste aber auch schon, wie viele von den anderen es schon bemerkt hatten?
 

„Lass uns wieder zurück gehen“, flüsterte mir Jesko ins Ohr. Jeder Gedanke an

meine Veränderung zu jeder Wintersonnenwende verflog abrupt. Rein bei der

ruhigen Stimme des jungen Werwolfe.
 

Für einen Moment konnte ich noch mit den Fingern über die seinen fahren, die

immer noch auf meiner Brust lagen, unter der mein Herz wie wild schlug. Das

spürte er sicherlich.
 

„Sag mir erst, was du für mich empfindest!“ Es klang von mir so sehr wie ein

Befehl. Dabei sollte es das gar nicht. Ich wollte es doch nur hören. Aus seinem

Mund.
 

„Ich bin mir irgendwie noch nicht so sicher.“ Das war doch nur eine Lüge von

ihm. Er wusste es. Traute er es sich etwa auch nicht aussprechen. Eigentlich

waren es doch nur drei kleine, einfache Worte. Und gerade die waren nicht so

einfach.
 

„Und wie sieht es bei dir aus?“ Seine Finger waren bis zu meinem Bauch hinunter

gewandert. Vorsichtig streichelte er darüber. Für eine Sekunde ließ ich das

einfach nur auf mich wirken.
 

Ich atmete einmal tief durch. Wenn er damit nicht anfangen wollte, dann sollte

ich das vielleicht tun. So schwer konnte das doch eigentlich gar nicht sein.
 

„Ich ... ich ... ich ... na ja ...“ - Verlegen kratzte ich mich am Handgelenk. -

„... ich glaube, dass ich ... ... ... wie soll ich sagen ... ich ...“ Er

unterbrach mich einfach in dem er seine Wange an die meine drückte.
 

„Wenn du nicht kannst, musst du es mir nicht sagen.“ Sanft klang seine Stimme in

meinen Ohren. Ließ mein Herz höher schlagen. Schneller. Ich fühlte mich

erleichtert, dass ich es nicht unbedingt aussprechen musste. Er zwang mich wohl

zu gar nichts.
 

„Tu es einfach, wenn du kannst.“ Das er beim Sprechen ein sanftes Lächeln auf

den Lippen hatte, musste ich nicht einmal sehen. Man hörte es fast schon aus

seiner Stimme heraus.
 

Leicht drehte ich den Kopf zu ihm. Vielleicht verstand er mich ja doch auch so.

Ganz ohne Worte. Möglicherweise waren wir uns ganz einfach auch schon so nahe,

dass ich es nicht einmal selbst merkte, was er fühlte.
 

„Jetzt gehen wir aber wirklich zurück“, flüsterte er. Und ich nickte auch

zustimmend. Was hätte ich aber auch anderes tun sollen. Mich weigern? Wäre wohl

eine dumme Idee.
 

Behutsam hob Jesko mich hoch. Wie mir die Röte ins Gesicht stieg spürte ich nur

im Ansatz. Ich würde doch selbst laufen können. Da brauchte ich doch nicht so

sehr seine Hilfe.
 

„Das muss doch nicht sein“, murmelte ich. So schwach war ich nun nach meinem

Fieber über die letzte Nacht hinweg auch wieder nicht. Eigentlich erholte ich

mich von so etwas aber auch schnell. Zumindest kam es mir selbst so vor.
 

„Ich mach es aber gerne“, säuselte Jesko. Das sanfte Lächeln, das sich dabei auf

seinen Lippen bildete, ließ mich nur noch mehr erröten. Eigentlich war ich mir

noch nicht mal darüber bewusst, dass sich so viel Blut in meinem Körper befand.

Wie konnte ich überhaupt dann so rot werden?
 

„Felix wird sich ohnehin um dich Sorgen machen. Also ist es besser.“ Irritiert

blickte ich auf. Mochte mich denn der kleine Hybride auch so sehr? Ich war mir

dem die ganze Zeit gar nicht bewusst. Dass sich Jesko überhaupt um mich sorgte

reichte mir eigentlich schon völlig. Früher war es immerhin so gut wie niemand,

dem ich einmal etwas wert gewesen wäre. Die Einsamkeit hat mich damals manchmal

so sehr zerfressen. Jesko konnte diese Wunden schon heilen. Und Felix ist nur

noch das Balsam, das noch zusätzlich aufgetragen wird, damit keine zu sehren

Narben entstehen.

Ein Lied in der Erschöpfung

Lost Angel
 

Kapitel 33 – Ein Lied in der Erschöpfung
 

Jesko’s PoV
 

Langsam verwirrte mich Jemils Geruch immer mehr. Doch er gab nicht einmal im

Ansatz den Grund dafür preis. So musste ich es wohl langsam selbst herausfinden.

Auch wenn ich das immer stärker werdende menschliche Aroma einfach nicht

verstehen konnte. Früher hatte ich es nie bemerkt, dass er in irgendeiner Form

einmal seinen Geruch verändert hätte. Vielleicht war ich ihm aber einfach nie so nah gekommen. Und ich war ihm wohl noch nicht nah genug.
 

Einige Stunden Fußmarsch reichten für Jemil eigentlich schon aus um ihn völlig

zu erschöpfen – auch wenn er es nicht zugeben wollte – und jeder Schritt, der

über seine Kraftreserven ging, war eine Qual für seinen Körper. Man sah es ihm

Tag für Tag mehr an, wie es an ihm nagte. Nur wollte er sich auch einfach nicht

helfen lassen. Egal wie erschöpft er vielleicht war. Und das war er auf alle

Fälle.
 

Doch er war sich wohl auch der Gefahr bewusst, wenn wir zu lange an einem Ort

bleiben würden. Er war sich im Klaren, wie leicht uns Pio doch aufspüren könnte,

wenn er nur wollte. Und wer weiß, ob ich das nächste Mal wieder schnell genug

zur Stelle war um ihn vor diesem Arsch beschützen zu können.
 

Doch Jemil konnte doch nicht auch einfach seine Gesundheit vernachlässigen, dass

hatte er doch jetzt schon wegen mir getan. Und ich fühlte mich bei der Tatsache

schon nicht ganz wohl.
 

„Jemil! Mach etwas langsamer!“ Ich hielt den Vampir am Arm fest. Er hetzte sich

immer weiter voran. Man konnte aber auch kaum mit den anderen mithalten, wenn

man zu lange stehen bleiben würde um zu verschnaufen.
 

„Ich bin doch gar nicht schnell.“ Merkte er es gar nicht? Er mühte sich doch nur

ab. Nur um nicht zu weit zurückzufallen und den Schutz der Gruppe zu verlieren.

Das musste doch wirklich nicht sein.
 

„Onkel Jemil!“ Freudig kam Felix auf uns zugelaufen – oder wohl eher auf Jemil.
 

Der Blonde blieb stehen, als der Kleine die Arme um ihn schlang. Wenn ich nur

gewusst hätte, dass das so einfach war, dann hätte ich es wohl auch gleich

genauso gemacht. Felix schmiegte sich mit kindlicher Zuneigung an ihn. Summte

leise vor sich hin. Und ich sah es an, wie Jemil es genoss. Er mochte den

Kleinen wohl sehr.
 

„Sotuganai hat gesagt, dass wir uns bald für den Tag fertig machen.“ Der Vampir

gab ein erlösendes Seufzen bei Felix' Worten von sich. Legte noch im selben

Moment die Arme um den kleinen Hybriden, der sich sofort noch enger an ihn

kuschelte.
 

Ich sah der Szene nur stumm zu. Jemil war bei Felix richtig fürsorglich, als ob

er sein kleiner Bruder wäre. Ich hätte mir eigentlich nie vorstellen können,

dass er so je mit jemanden umgehen könnte. Wenn er mich jetzt streichelte, kam

es mir sogar immer noch etwas seltsam vor.
 

Sanft löste der Vampir die Umarmung des Jüngeren. „Helfen wir doch einmal das

Lager für heute aufzubauen.“ Ein sanfter Unterton schwamm in seiner Stimme mit.
 

Etwas irritiert blickte ich Jemil an, wie der sich von dem Kleinen mitziehen

ließ. Dabei hatte der Vampir den Hybriden doch zum Helfen animiert.
 

Immer noch ganz perplex sah ich den beiden hinterher. Leicht schüttelte ich den

Kopf. Dieses Geräusch hatte ich mir doch jetzt sicher nur eingebildet oder war

es vielleicht von Felix gekommen? Ganz sicher war ich mir nicht. Aber ganz klar

hatte nicht Jemil so herzhaft kurz aufgelacht. Oder vielleicht doch?
 

Ich lief den beiden erst nach einigen Minuten hinterher. Sonst ließ ich mich

eigentlich nicht so einfach verwirren. Doch jetzt riss mich das völlig aus der

Bahn.
 

Zusammen sahen Jemil und Felix aber auch wirklich zu süß aus. Vor noch einiger

Zeit hätte ich mir wohl auch nie vorstellen können, dass er mit einem Kind

umgehen könnte.
 

Auf einer größeren Wiese wurde schon begonnen Zelte aufzubauen. Und einige der

jüngeren Hybride und Werwölfe waren schon zum Schlafen geschickt worden. Nur

noch vereinzelt liefen noch welche der Jüngeren herum.
 

Mein Blick schweifte über den Platz. Ich war im Grunde nur auf der Suche nach

'meinem' Vampir. Und normalerweise konnte ich ihn sonst mit Hilfe meines

Geruchsinnes ganz leicht aufspüren. Aber sein Aroma irritierte mich ja leider

momentan so extrem. So konnte ich ihn nicht einmal erschnüffeln.
 

Ich hielt dennoch meine Nase für eine Sekunde in den Wind. Ein Geruch stieg mir

schon in die Nase. Doch es war der falsche.
 

Felix' Stimme riss mich schlagartig aus meinen Gedanken. Er kam ganz aufgelöst

auf mich zu. Tränen liefen ihm über die Wangen.
 

„Was ist denn?“, frage ich ihn verwirrt, als er sich schluchzend an meinem Arm

festhielt und mich wegziehen wollte.
 

„Onkel Jemil ...“, brachte er nur heraus. Heulte wieder los. Jetzt konnte ich

mir zu mindest im Ansatz vorstellen, was los war.
 

Um ein halb aufgebautes Zelt scharten sich einige Werwölfe. Wahrscheinlich

hatten die gerade nichts zu tun.
 

Etwas ruppig kämpfe ich mich durch die Menge. Und natürlich lag dort Jemil.

Eigentlich hätte ich es mir denken können, dass er es einfach nicht so lange

aushalten würde. Sein Körper machte so viel einfach nicht mit.
 

„Verzieht euch!“, zischte ich und mit der Zeit lichtet sich die kleine Gruppe

wieder. Bis bald nur noch Felix neben mir stand. Ich hatte mich neben Jemil

gesetzt. Sein Kopf lag auf meinem Schoss.
 

Vorsichtig hob ich den Vampir hoch. „Wart' mal einen Moment“, meinte ich zu dem

kleinen Hybriden, der Jemil immer noch besorgt ansah.
 

Ich lege den Blonden unter einen nahe gelegenen Baum. So hätte ich ihn für die

nächsten Minuten noch etwas im Augen.
 

Kurz strich ich Jemil noch über die Stirn. Er war nicht warm, also hatte er sich

wohl wirklich nur überanstrengt. Sein Körper hielt das alles einfach nicht aus.

Im Grunde hatte ich das von Anfang an gewusst. Und das hätte ich auch Sotuganai

klar machen sollen. Doch so weit war ich eben einfach nicht gekommen.
 

Noch einen Moment fuhr ich über sein weiche Haar, bevor ich mich zu Felix

umdrehte. Der Kleine saß auf dem Boden. Blickte mitleidig zu mir und Jemil

herüber. Einen letzten Blick warf ich noch auf dem Vampir. Dann bewegte ich mich

zurück zu Felix.
 

Das Zelt stand schnell genug. So konnte ich mich auch bald wieder Jemil widmen.

Der saß mittlerweile unter dem Baum, an dem ich ihn zurückgelassen hatte. Doch

bevor ich überhaupt zu ihm kam, hatte das schon längst der kleine Hybride getan.

Schlang seine Arme um den Vampir.
 

„Onkel Jemil!“ Krampfhaft klammerte sich der Kleine an den Blonden. Wollte ihn

schon gar nicht mehr loslassen. Erst als ich ihn von Jemil wegzog. Etwas

eingeschnappt sah er mich an.
 

„Ab ins Bett!“, meinte ich, erhielt darauf aber auch nur einen schmollenden

Gesichtsausdruck.
 

„Darf ich bei euch schlafen?“, fragte Felix auch schon und ich wollte sofort

ablehnen, doch da bejahte Jemil schon. Völlig geschockt blickte ich den Vampir

an, als er den kleinen einen Stoß in Richtung unseres Zeltes gab. Gerade dieses

hatte Sotuganai eigentlich nur für uns freigegeben, weil ich ihn geradezu darum

angebettelt hatte. Obwohl es eigentlich ohnehin viel zu wenig Platz gab. Und

jetzt musste ich es wieder teilen. Wahrscheinlich sogar Jemil.
 

Da spürte ich aber schon die sanfte Umarmung des jungen Vampirs um mich. „Ich

mag den Kleinen“, flüsterte er. Es war kaum hörbar und doch fühlte man

regelrecht wie ehrlich er es meinte.
 

Im ersten Moment hm-te ich nur. Doch dann kam mir ein Gedanke. „Und wie sieht

das bei mir aus?“ So könnte ich ihm wohl das Richtige entlocken.
 

„Dich auch“, murmelte er. Legte den Kopf dabei an meine Schulter. So recht hatte

das für mich nicht glaubwürdig geklungen.
 

„Das meine ich ernst!“ Ich zuckte leicht zusammen, als er das von sich gab. Sich

noch enger an mich schmiegte.
 

Jemil zitterte etwas. Kein Wunder aber auch bei den Temperaturen. Die war er

wohl auch eigentlich gar nicht gewohnt. Im Schloss seines Vaters, irgendwo im

Nirgendwo, wurde aber auch immer gut geheizt, dass hatte ich auch selbst bemerkt.
 

Mein Blick schweifte in Richtung Horizont. Dort bildete sich gerade ein schmaler

Streifen Licht. Ging also schon die Sonne auf.
 

„Du gehörst jetzt wohl auch besser ins Bett“, hauchte ich dem Vampir ins Ohr.

Langsam nickte er.
 

„Kommst du auch mit?“, fragte er, als sich unsere Finger von einander lösten, da

er schon ein Stück vorgegangen war. Ich schenkte ihm ein sanftes Lächeln, das

wohl als Antwort ausreichte. Zumindest schloss ich das grob aus seinem

Gesichtsausdruck. Wirklich Gefühle konnte man da bei ihm irgendwie nie so recht

erkennen..
 

„Na dann komm!“ Ich nahm Jemil wieder an die Hand. Gefügig kam er auch mit mir

mit.
 

Ich konnte kurz darauf im Zelt gar nicht so schnell schauen, wie sich der junge

Vampir bis auf die engen Retroshorts auszog und zu Felix, der sich schon unter

die warme Felldecke gekuschelt hatte, kroch.
 

Eng an eng lagen die beiden nebeneinander, als ich mich zu ihnen gesellte. Sie

wirkten wirklich wie Brüder. Felix vertraute wohl Jemil auch sehr. Sonst würde

er sich aber auch nie so an ihn kuscheln.
 

Sie flüsterten sich gerade etwas zu, als ich die Arme vorsichtig um den blonden

Vampir legte und ihn leicht zu mir zog. Der kleine Hybride verzog deswegen nur

sein süßes Gesicht. Es passte ihm wohl so gar nicht, dass sich Jemil von ihm

lösen musste.
 

Doch das interessierte mich einfach einmal nicht. Meine ganze Aufmerksamkeit lag

auf dem jungen Vampir, der sich zaghaft an mich kuschelte.
 

„Wollt ihr eher allein sein?“, fragte da auf einmal der Hybride. Genauso

verwirrt wie ich blickte auch Jemil in an.
 

„Wie kommst du denn darauf?“ Irritiert lächelte ich. „Weil ihr was machen wollt,

wobei ihr mich nicht brauchen könnt“, kam da auch gleich die Antwort. Trocken

lachte ich auf. Wie kam der Kleine auf solche Dinge.
 

„Woher weißt du nur so etwas?“ Liebevoll wuschelte Jemil Felix durch das braune

Haar. Der versuchte sich das natürlich sofort wieder zurecht zu machen.
 

„Meine Mama und mein Papa haben früher auch immer gekuschelt und dann hat Mama

immer so komisches Zeug von sich gegeben.“ Wie kindlich der Kleine das doch

erzählte und dabei verstand er noch nicht einmal, was seine Eltern da gemacht

hatten. War sich nur so ziemlich darüber im Klaren, dass man ihn dabei nicht

gebrauchen konnte.
 

„Dafür wäre ich viel zu erschöpft“, seufzte Jemil, bevor ich überhaupt etwas

sagen konnte. Er zog auch schon Felix wieder zu sich. Genüsslich kuschelte der

Kleine sich auch gleich an die Brust des Vampirs.
 

Und wieder fühlte ich mich fast schon ausgeschlossen. Wie das sprichwörtliche

fünfte Rad am Wagen.
 

Ich hörte Jemil eine Melodie vor sich hinsummen. Es kam mir vor, als ob er

versuchte sich an den Text eines Liedes zu erinnern. Für einen Moment schloss

ich die Augen. Bemühte mich das Summen einem Lied zuzuordnen. Doch bevor ich

eigentlich darauf kam hörte ich den Vampir schon leise singen.
 

Schlafe mein Prinzchen, es ruhn Schäfchen und Vögelchen nun.
 

Abrupt schlug ich die Augen wieder auf. Eigentlich war ich mir gar nicht im

Klaren darüber, dass Jemils Stimme so schön klingen konnte. Und das er singen

konnte, wusste ich auch nicht. Und dann auch noch gerade zu perfekt. War das

denn wirklich der Vampir, der manchmal Werwölfe wie Dreck behandelte? Es konnte

doch gar nicht mehr ein und dieselbe Person sein. Irgendjemand musste mir da

einen anderen Jemil untergeschmuggelt haben.
 

Selbst mir wurden die Lider schwer, als der junge Vampir seinen sanften Gesang

beendete. Aber ich konnte mich – im Gegensatz zu Felix, der in Jemils Armen

eingeschlafen war – wieder fassen.
 

Mit offenen Mund starrte ich Jemil an. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen,

dass er so schön singen konnte. Mit so einem intensiven und doch ruhigen Ton.
 

„Woher kannst du das?“, fragte ich. Meine Augen konnte ich nicht mehr abwenden.

„Meinte Mutter hat es mir früher vorgesungen, als ich noch bei ihr lebte. Ist

schon eine ganze Weile her.“
 

Er rollte sich mit samt dem kleinen Hybriden auf die Seite. Drückte ihn leicht

an sich. „Das Lied ist das Einzige, an das ich mich noch von meiner Mutter

erinnern konnte“, flüsterte er.

Nur ein...

Lost Angel
 

Kapitel 34 – Nur ein...
 

Jemil’s PoV
 

Noch nie hatte ich mit irgendjemanden auch nur im Ansatz über meine Mutter

geredet. Vielleicht einfach nur, weil ich selbst so gut wie nichts mehr von ihr

wusste. Nur dieses Lied war in meinem Gedächtnis zurückgeblieben. Nicht mal an

ihr Gesicht konnte ich mich erinnern.
 

Ich spürte, wie Jesko seine Arme um meine Taille legte. Seinen Kopf drückte er

an meine Schulter.
 

„Ich kann mir vorstellen, dass du nicht darüber reden willst“, hauchte er mir

ins Ohr, „wenn du aber trotzdem willst, dann höre ich gerne zu.“ Ich hörte

regelrecht, wie er sanft lächelte.
 

Zaghaft drehte ich mich zu dem Werwolf herum. Passte nur auf, dass Felix immer

schön unter der Decke blieb.
 

Die leichte Wärme, die Jesko abgab, heizte mich schon genügend auf und trotzdem

kuschelte ich mich an ihn.
 

In jedem Moment in dem ich länger in seinen Armen lag, wurde ich müder. Nur bei

ihm konnte mir das passieren. Sonst fand ich einfach bei niemanden richtig Ruhe.
 

Einmal atmete ich tief durch. „Eigentlich weiß ich nichts mehr von damals.

Selbst ihr Gesicht hab ich vergessen. Aber ... ich kann mich noch an den Tag

erinnern, an dem sich meine Vampirfähigkeiten das erste Mal gezeigt haben. Das

war eigentlich der letzte an dem ich bei ihr war.“ - Für einen Moment setzte ich

aus. Schloss die Augen um mich noch einmal in diesen Augenblick hineinversetzen

zu können. - „Damals war ich schon kurz vor Sonnenaufgang draußen. War durch das

kleine Dorf in dem ich mit meiner Mutter lebte marschiert. Ich sollte für sie

ein paar Semmeln holen. Weil sie die ganze frischen wohl am liebsten moche.“ -

Ein weiteres Mal hielt ich inne. - „Als ich aus der Bäckerei wieder rausgegangen

bin, war die Sonne schon aufgegangen und das Licht viel auf meine Haut. Im

ersten Moment hatte ich es gar nicht richtig wahrgenommen. Doch es begann

plötzlich zu brennen. Wäre ich wohl nicht schnellstmöglich wieder in den

Schatten gekommen, dann wäre ich verbrannt. Einfach zu Asche zerfallen.“
 

Ich schluckte. Dass das alles schon so lange her war. Mit der Zeit würden die

Erinnerungen wohl verwischen. Irgendwann würde es weg sein. Und ich würde

einfach vergessen. Ob es wohl wirklich so einfach war?
 

„Meine Mutter hat mich gesucht, als ich nach einer halben Stunde noch nicht zu

Hause war. Verdammte Sorgen hat sie sich um mich gemacht. Aber als sie mich in

dieser Ecke sitzen sah, wusste sie wohl schon, was passiert sein musste. Es ist,

als ob ich jetzt noch ihr Schluchzen hören könnte. ... Seltsam, dass ich mich

aber sonst nicht an sie erinnern kann.“
 

Jesko drückte mich an sich. Noch enger. „Und dann hat dich ...“, begann er, doch

ich unterbrach ihn einfach. „Mein Vater hat mich in dieser Nacht zu sich geholt.

Damals hatte ich auch das erste Mal Pio kennengelernt. Mir wurde auch seit

diesem Tag eingeredet, dass seine Mutter auch die meinige wäre. Und ich hatte es

geglaubt, je länger es mir gesagt wurde. Erst vor einem Jahr wurde mir dann

wieder von meiner richtigen Mutter erzählt und dass sie ... ein Mensch war. ...“
 

Ich legte meinen Kopf an Jeskos Brust. Sein Herzschlag hielt mich regelrecht

davon ab einfach loszuheulen. Er beruhigte mich gerade zu.
 

Leicht biss ich mir auf die Zunge. „Und was den seltsamen Geruch angeht“,

murmelte ich, „den werde ich jetzt wohl bis so gegen Mitternacht behalten.“ Es

war so weit. Pünktlich zum neuen Tag vor ein paar Stunden hatte ich es bemerkt.

Der Vampir in mir hatte sich komplett meiner menschlichen Hälfte geschlagen

gegeben.
 

„Wieso?“ Die Frage kam gerade zu gerechtfertigt. Selbst hatte ich es auch erst

verstanden, als ich erfuhr, was meine richtige Mutter war bzw. wieder

erfuhr. „Weil sich einmal im Jahr der menschliche Teil im mir durchsetzt und das

ist heute.“
 

Ich sah langsam zu Jesko auf. Der Schrecken war ihm buchstäblich ins Gesicht

geschrieben. „Dann bist du jetzt ... dann bist du jetzt nur ein ... ... ...

ein ... Mensch?“ Ich nickte nur langsam. Es war so. Ich war nur ein sinnloser,

schwacher Mensch. Mehr nicht.
 

„Und das bis heute irgendwann in der Nacht?“, fragte der Werwolf da auch schon.

Ich nickte wieder. Den gesamten Tag über würde ich so bleiben.
 

Leicht fuhr ich mir mit der Zunge über die Zähne. Selbst meine spitzen Eckzähne

hatten sich zurückgebildet.
 

„Dann kannst du aber an die Sonne!“ Was lag denn da jetzt so Freudiges in Jeskos

Stimmen. Gefiel ihm die Tatsache vielleicht ein wenig, dass ich nichts mehr von

einem Vampir an mir hatte.
 

„Kann schon sein“, murmelte ich. Nie hatte ich das ausprobiert, ob ich an diesem

Tag ins Sonnenlicht könnte. Vor allem nicht, seit mich Pio für seine Spielchen

missbraucht hatte. In diesen einen 24 Stunden hatte ich mich aber auch meist

überhaupt nicht aus meinen Zimmer getraut.
 

Abrupt zog mich Jesko hoch. „Das probieren wir jetzt einfach aus“, bestimmte er

einfach und sammelte schon meine Sachen wieder ein, die er mir auch im hohen

Bogen zuwarf. Etwas irritiert stand ich erst nur da, bevor ich die Klamotten

dann auch nahm und sie mir anzog. So sicher war ich mir gar nicht, ob das jetzt

funktionieren würde.
 

Kurz darauf hatte mich der junge Werwolf wirklich nach draußen geschliffen. Im

ersten Moment versuchte ich mich noch etwas im Schatten zu halten. Wo mich die

Sonne überhaupt nicht erreichen konnte. Doch da packte mich Jesko schon einfach

am Arm und zog mich ins Licht.
 

Es brannte nicht. Tat gar nicht weh. Fühlte sich sogar richtig angenehm an. Ganz

warm. Ich hatte dieses Gefühl zwar all die Jahre nie vermisst, aber es war

einmal wieder schön. Eigentlich hatte ich es aber auch gar nicht wirklich

gekannt.
 

„Du genießt das ja richtig.“ Jesko hatte mir seine Arme um die Schultern gelegt

und seine Kopf auf den meinen. Er war schon ein Stück größer als ich.
 

„Es ist nur so schön warm“, erwiderte ich schließlich. Blickte gen Himmel.

Einige Wolken hatten sich dort gebildet. Nur kleine. Zum Schneien würde es somit

wohl nicht anfangen. Dabei gewöhnte ich mich langsam an die Kälte und an dieses

wunderbare Weiß.
 

„Du tust ja gerade so, als ob es Frühling wäre.“ Jesko kicherte leicht. Es

amüsierte ihn wohl sehr, dass ich diese Art von 'Warm' nicht kannte. Die Nacht

war einfach schon immer kälter gewesen, als der Tag. Und für ein Wesen der

Finsternis, wie mich, konnte es doch nur etwas besonderes sein, wenn es einmal

ins Licht durfte.
 

Ich drückte mich etwas zurück. Spürte ganz leicht das ewige Heben und Senken der

Brust des Werwolfes. Wieder etwas, dass mich so unglaublich entspannte.
 

Ich begann leicht auf meiner Zungenspitze zu kauen. Eigentlich sollte ich mich

gar nicht erst so an ihn kuscheln. Sonst würde er doch nie damit herausrücken,

was er für mich empfand. Vielleicht sollte ich ihn auf körperlichen Entzug

schicken und es dann aus ihm heraus quetschen.
 

Aber wäre das nicht eigentlich richtig gemein? Ich gab doch auch nichts von

meinen Gefühlen preis. Außer das ich es ihm vielleicht mit ein paar

Zärtlichkeiten zeigen wollte. Doch das verstand er nicht. Zumindest schien es

nicht so ganz.
 

Jesko ging einen Schritt zurück und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Wie

lange würde es wohl dauern, bis der Wolf in ihm sich nicht beherrschen konnte

und wegen dem Menschengeruch auf mich losgehen würde? Im Grunde war ich gerade

nicht mehr, als sein eigentliches Futter, auch wenn die Werwölfe den einen

Vorteil gegenüber Vampiren hatten, dass sie auch normale Sachen essen konnten.

Mir war es als Halbvampir gerade einmal vorbehalten mich an pflanzlichen Dingen

auch satt essen zu können. Obwohl das wohl manchmal kaum möglich war. Blut war

für mich genauso lebensnotwendig, wie für jeden anderen Vampir.
 

Jesko seufzte. „Frierst du auch nicht?“, fragte er. Etwas sinnlos, wie ich fand.

Wie sollte mir denn bei ihm je kalt sein.
 

Ich schüttelte den Kopf. Da schmiegte er aber schon den seinen an meinen Hals.

Es kitzelte ganz leicht, wenn eines seiner Haare meine Haut streifte.
 

Er flüsterte mir etwas ins Ohr, was ich eigentlich kaum verstand. Aber trotzdem

war es laut genug. „Das sagst du doch nur so!“ Mir stiegen Tränen in die Augen.

Das Einzige, auf das ich eigentlich gewartet hatte einmal von ihm zu hören und

dann fing ich wieder an zu heulen, wenn er es endlich von sich gab.
 

„Das würde ich nie. ... Verdammt Jemil ... Ich kann einfach nicht anders. ...

Ich ... liebe ... dich!“
 

Nur drei verflucht kleine Worte. Und sie jagten mir einen solchen Schauer über

den Rücken. Das ich sie gar nicht glauben konnte, könnte man einfach einmal

hinten anstellen.
 

„Du hast es doch die ganze Zeit schon gespürt, sonst hättest du dich doch nie so

langsam so unglaublich nah an mich herangewagt.“ So begriffsstutzig war er dann

wohl doch nicht, wie ich gedacht hatte.
 

„Ich dich auch“, hauchte ich nur. Es war viel einfach, als es anders zu sagen.

Da hatte ich aber leider ganz ohne Jesko gerechnet. „Sag es richtig!“ Ich kniff

nur die Augen zusammen. Atmete tief durch. „Ich ... ich ... ...“ Weiter kam ich

einfach nicht. Konnte er es nicht verstehen, wie schwer es für mich war, dass

jemanden zu sagen.
 

Abrupt ließ er mich los. Stapfte mürrisch an mir vorbei. Er verstand es wohl

wirklich nicht. „Dann tuest du es wohl wirklich nicht.“
 

Er drehte sich leicht wieder zu mir und biss sich etwas auf die Unterlippe. Doch

es war wohl doch ein bisschen zu viel. Langsam begann das Blut zu tropfen.

Färbte den Schnee zu den Füßen des Werwolfes rot.
 

Zaghaft berührte ich seine Lippe. Wischte die rote Flüssigkeit von dort weg. Und

wieder widerte es mich an, dass ich es an den Fingern hatte. Dieses verfluchte

rote Zeug. Doch Jesko erlöste mich gleich davon. Leckte es mir von den Fingern.

Wie gebannt sah ich ihm dabei zu. Wie seine Zunge sich über meine Fingerspitzen

bewegte. Immer wieder warf er mir dabei einen kurzen Blick zu.
 

Es hatte kaum einen Minute gedauert. Da ließ er meine Hand schon wieder sinken.

Aber ich konnte einfach nicht von ihm los kommen. Legte ihm einen Arm um den

Nacken. Drückte meine Stirn gegen seine Brust.
 

„Ich liebe dich ... ich liebe dich ... ich liebe dich ...“, immer wieder

murmelte ich es vor mich hin, bis er seine Finger um mein Kinn legte und meinen

Kopf leicht anhob. Mein Atem war in ein Stocken übergegangen. Jedoch machte sein

Lächeln das ganz einfach wieder weg.
 

Doch als er mir mit seinen Lippen näher kam, raste nicht nur mein Herz. Ich ging

einfach auf den Kuss ein. Es fühlte sich sogar gut an, dass uns wohl nur ein

paar Vögel dabei zusahen. Die Werwölfe schliefen alle schon oder noch. Genauso

wie die Hybride. Einmal fühlte sich die Einsamkeit richtig gut an. Obwohl ich

gar nicht alleine war. Jesko war bei mir. Und das sollte sich nie ändern.
 

Ich keuchte, als sich der Werwolf wieder von mir löste. Seine braunen Augen

konnten sich wohl gar nicht von mir lösen. Mein Herz schlug auch immer noch wie

wild. Was er doch eigentlich alles in mir auslöste. Es hatte noch nie jemand

einfach so geschafft, dass ich Herzrasen hatte. Oder dieses Kribbeln in meinem

Magen. Wie wenn sich dort Tausende von Schmetterlingen tummeln würden.
 

Auf einmal überkam mich die Müdigkeit wie ein Schauer. Leicht sank ich zusammen.

Krallte die Finger in Jeskos Shirt, nur damit ich nicht ganz auf die Knie

rutschte.
 

„Wie wäre es jetzt mit ein bisschen Schlaf?“, hauchte mir der Wolf ins Ohr.

Sofort schüttelte ich den Kopf. Ich wollte noch nicht schlafen. Lieber würde ich

auf ewig neben ihm wach liegen. Egal was kommen würde. Doch da widersprach er

mir auch gleich: „Es sieht aber ziemlich so aus, als ob du dich dringend etwas

aufs Ohr legen müsstest.“
 

Ich konnte gar nicht mehr so schnell schauen, wie er mich auf einmal über seine

Schulter warf. Wie wild begann ich mit den Beinen zu schlagen. Hämmerte mit den

Fäusten auf seinem Rücken. „Lass mich runter!“, fauchte ich, wie eine wütende

Katze. „Entspann dich!“ Wie konnte er denn nur so vergnügt klingen. Und

entspannen würde ich mich jetzt auch ganz bestimmt nicht.
 

„Verdammtes Arschloch! Lass mich runter!“, brüllte ich. Würde wohl noch das

ganze Lager wieder aufwecken. Doch das war mir gerade so ziemlich egal. Sollten

sie doch merken, was er gerade mit mir machte.
 

Jesko schüttelte nur leicht den Kopf. Ihn störte mein Gezeter wohl überhaupt

nicht. Er drückte mich nur ganz vorsichtig an sich. „Beruhige dich doch einfach

und lass dich tragen“, meinte er. Klang dabei immer noch so belustigt.
 

Ich verschränkte schmollend die Arme. Dann würde ich jetzt eben eingeschnappt

sein. Vielleicht passte ihm das ja mehr.
 

„Plötzlich so ruhig?“, fragte er, als er mich im Zelt auf die Felldecke fallen

ließ. Felix war wohl zum Glück nicht wach geworden.
 

„Kann doch dir egal sein!“, schnaubte ich. Drehte mit einem wütenden Blick den

Kopf weg. Ich hörte sein überdeutliches Seufzen. Und für das, was er dann sagte,

hätte ich ihm wohl am liebsten den Hals umgedreht: „Führ dich nicht auf, wie ein

trotziges Kind! ... Oder sind das jetzt die Nebenwirkungen des Menschseins?“
 

Einige Minuten blieb er ruhig. Setzte sich dann neben mich. „War doch nicht so

gemeint.“ Vorsichtig legte er mir einen Arm um die Schulten. Liebkoste leicht

meinen Hals. Als ich ein erregtes Seufzen von mir gab, ließ er abrupt von mir

ab. „Was ist denn?“, fragte ich. Gerade wollte er sich wieder so an mich heran

machen, aber kaum reagierte ich auf seine sanften Küsse ging er auf Distanz.
 

„Wir sollten das hier nicht machen ... und auch nicht weil du gerade ... na ja,

weil du nur ein Mensch bist.“ Er sah weg.
 

„Was soll denn das 'nur' heißen? Ich bin immer noch Jemil. Nur weil sich gerade

das Vampirblut eindämmen hat lassen, bin ich kein anderer.“ Reumütig blickte er

wieder zu mir. „Ich weiß. Aber ... vielleicht würde ich dir - so wie du jetzt

bist - wehtun.“
 

War das sein einziger Grund? Wollte er mich einfach nicht verletzen?
 

Ich lehnte mich an ihn. Mit der Zeit fielen mir die Augen zu und an seiner

Schulter war es gerade am bequemsten.
 

Doch durfte ich das eigentlich fühlen, was ich fühlte? Ich war mir doch gar

nicht im Klaren, was es bedeutete jemanden zu lieben oder von jemanden geliebt

zu werden. Wer hatte das denn auch in den letzten Jahren für mich getan?

Niemand. Jesko war der Erste nach so langer Zeit, die mir vorkam, wie eine

Ewigkeit.

Lachen hilft eigentlich gegen alles

Lost Angel
 

Kapitel 35 – Lachen hilft eigentlich gegen alles
 

Jesko's PoV
 

Ich machte mir gerade verdammte Sorgen um Jemil. Bis Mitternacht könnte man ihm

wohl noch wirklich alles antun, was man wollte. Er war so hilflos, wie ein

kleines Kind, das man alleine in einem von wilden Tieren heimgesuchten Dorf

zurückgelassen hat.
 

Unter solchen 'wilden Tieren' befand sich der junge Vampir wohl gerade auch. Die

Werwölfe – und somit auch ich – waren doch nicht mehr. Wenn sie erst einmal

merken würden, dass er gerade nur ein Mensch war, dann würden sie sich auf ihn

stürzen. Der Wolf in mir wurde doch wegen seines Geruches schon ganz irre. Ich

war mir nicht so sicher, ob ich das den ganzen Tag über aushalten würde.
 

Meine Finger zitterten, als ich Jemil den Arm um die Schultern legten. Schon

wieder waren wir über zwei Stunden unterwegs. Dadurch, dass es so nah an der

Sonnenwende war, war auch der Tag so verdammt kurz. Somit hatte der junge Vampir

auch kaum Schlaf gefunden.
 

Mein Blut geriet in Wallung. Ich konnte so gut wie nicht atmen. Sein Geruch ließ

den Wolf in mir ausrasten. Er wollte fressen. Doch das würde ich nicht zulassen.

Jemil würde ich nicht einfach beißen und am Ende vielleicht auch noch umbringen.

Dafür war er nicht geschaffen. Und erst recht hatte ich ihm dafür nicht gesagt,

was ich für ihn fühlte.
 

„Was siehst du mich denn so an?“ Etwas verlegen blickte er zu mir auf. Das er so

überhaupt schauen konnte. Sein Gesichtsausdruck war einfach nur zu süß.
 

„Nichts.“ Ich kratzte mich am Hinterkopf. Verdammt. Wenn das immer so sein

würde, wenn ich einen Menschen roch, dann könnte ich mir gleich selbst die Kugel

geben. Das konnte man doch gar nicht aushalten.
 

„Du kannst dich wohl kaum beherrschen.“ Und obwohl er das wusste, legte er

seinen Kopf an meine Schulter. Kuschelte sich genüsslich leicht an mich.
 

Ich könnte ihm wohl eigentlich gar nichts antun. Nicht solange er so an mir

hing. Das wäre doch gar nicht gerächt. Er hätte mich auch schon so oft einfach

beißen können. Mich damit so leicht töten können. Und kein einziges Mal hat er

es getan.
 

Ich blickte von Jemil auf. Vor uns spielten einige junge Hybride und Werwölfe

fangen. Felix war auch darunter. Früher hatte der blonde Vampir auch einmal so

mit Mila gespielt. Oft hab ich ihnen dabei zugesehen. Nur selbst hatte ich nie

mitmachen dürfen. Es war weder ihnen noch mir gestattet zusammen zu spielen.

Auch sonst hatte ich nie jemanden zum Herumtollen. Die anderen Werwölfe waren

alle älter. Hatten sich nur wirklich rührend um mich gekümmert.
 

Irgendwann – ich war vielleicht 11 oder 12 Jahre alt – hatte das aufgehört. Er

wurde kalt. Eis war vielleicht noch etwas Warmherziges gegenüber ihm. Er hatte

einfach aus Langeweile angefangen sich immer wieder Werwölfe herauszusuchen und

sie zu schlagen und zu treten. Möglicherweise war es keine Langeweile. Es könnte

eigentlich auch sein, dass er einfach seine Wut an uns ausgelassen hatte. Seine

Wut auf sich selbst.
 

Ich hatte es einmal gesehen, wie er einen anderen Wolf fast zu Tode geprügelt

hatte. Er hatte dabei geweint. Biss dabei aber krampfhaft die Zähne zusammen um

es zu unterdrücken. Aber ich habe es gesehen. Wie gerne hätte ich ihn doch

damals schon in den Arm genommen. Nur hatte ich es einfach nicht gekonnt. Oder

wohl eher ... gedurft.
 

Jemil seufzte. „Die Kleinen sind wirklich süß“, meinte er. Sah, wie ich, den

kleinen Hybriden und Werwölfen zu. Wie sie durch den Schnee tollten. Es würde

ihm vielleicht sogar gut tun. So ein Kind. Es war doch sogar normal, dass man

Leuten, die in der Psychiatrie waren, nach ihrem Aufenthalt irgendetwas gab, um

das sie sich kümmern konnte. Auch wenn es nicht unbedingt gleich ein Kind sein

müsste.
 

Immer enger schmiegte sich der Vampir an mich. Und mir stieg wieder so extrem

dieser menschliche Geruch in die Nase.
 

„Wie lange noch?“, flüsterte ich. Kniff die Augen zusammen. „Noch ein paar

Stunden. ... Du hältst das schon durch.“ So sicher war ich mir da nicht.

Eigentlich war er doch gerade nur noch Futter für mich.
 

„Würdest du einfach zubeißen?“ Ich drückte seinen Kopf noch etwas weiter an

meine Schulter. Kraulte ihn leicht hinterm Ohr. So wie er es sonst immer bei mir

machte. „Würde ich wohl nicht“, erwiderte ich schließlich. Auch wenn sein Geruch

das ziemlich schnell auch ändern könnte.
 

„Dann ist es ja gut. Es wird immerhin jedes Jahr wieder passieren, dass ich für

diesen Tag ein Mensch sein werde.“ Gerade das jagte mir aber Angst ein. Ich

könnte einfach über ihn herfallen. Ihn zerreißen. Eigentlich würde ich das nie

wollen. Doch was wenn ich mich einfach einmal nicht unter Kontrolle hätte. Jeder

Zeit könnte ich ihm einfach etwas antun.
 

„Ich vertraue dir“, hauchte mir da aber schon Jemil ins Ohr. Löste sich schon in

der nächsten Sekunde von mir und stapfte etwas näher zu den Jüngeren, die sich

gerade wie wild mit Schneebällen bewarfen.
 

„Onkel Jemil!“ - Felix lief auf den jungen Vampir zu - „Spiel ein bisschen mit!“

Abrupt packte der Kleine ihn am Arm und zog ihn einfach mit. Etwas irritiert

blickte ich den Beiden hinterher.
 

Genauso schnell, wie er sich Jemils Arm gepackt hatte, ließ Felix ihn auch

wieder los. Aber auch nur um sich etwas Schnee zu krallen und ihn zu einen Ball

zu formen. Und schon im nächsten Augenblick warf er ihn nach dem Vampir. Doch

der Schnee flog nur knapp an seinem Kopf vorbei. Es kam mir im ersten Moment gar

nicht so vor, als ob Jemil darauf eingehen würde. Doch da hagelte es nur so

Schneebälle auf den kleinen Hybriden, der ihnen nur mit Mühe und Not ausweichen

konnte.
 

Ein fieses Grinsen bildete sich auf meinen Lippen. Das würde ich doch jetzt

nicht zulassen, dass er sich einfach so auf den Kleinen stürzen würde. Der hätte

doch nie gegen ihn eine Chance.
 

Langsam schlich ich mich an Jemil heran. Zuvor hatte ich mir auch etwas von dem

Schnee genommen. Als ich nur noch ein paar Meter hinter ihm war, rief ich

einfach seinen Namen. Natürlich wirbelte der Vampir sofort herum. Da landete das

kalte Weiß aber schon in seinem Gesicht. Auf Anhieb kicherte ich los. Jemils

Gesichtsausdruck war einfach zu goldig.
 

„Jesko!“, fauchte er da aber schon. Konnte sich aber gar nicht lange aufregen.

Da sich schon Felix wieder auf ihn stürzte. Mit Schnee um sich werfend landeten

die beiden auf dem Boden. Ganz sicher, ob das gerade alles passierte, war ich

mir auf einmal nicht mehr. Jemil lachte. Ja, er lachte richtig. Bekam sich gar

nicht mehr ein.
 

Da bombardierte ihn der kleine Hybride aber schon wieder mit einer ganzen Ladung

Schnee. Vielleicht sollte ich ihm einmal helfen. Sonst würde er noch unter den

weißen Massen begraben werden.
 

Ich packte Felix unter den Armen und zog ihn von Jemil weg. Wild schlug der

Kleine um sich, als sich der Vampir aufsetzte. Immer noch kicherte. Schon lange

waren die anderen stehen geblieben. Sahen uns etwas irritiert bei unserem Spiel

zu.
 

Gerade hatte sich der Blonde wieder halbwegs eingekriegt, als ich Felix wieder

auf dem Boden absetzte. Langsam wollte der Vampir aufstehen. Sank aber wieder

zurück. Kicherte erneut los. Und ich konnte es auch nicht mehr zurück halten.
 

Der Kleine tat Jemil wohl wirklich gut. Gerade zu, zu gut. So lachen hatte ich

ihn eigentlich noch nie gehört. Einfach so im Schnee hätte er wohl auch nicht

einfach so getobt.
 

Ein weiteres Mal versuchte der Vampir aufzustehen. Schaffte es auch endlich.

Erst jetzt riss sich auch Felix wieder von mir los. Lief strahlend zu Jemil und

schlang auch gleich die Arme um dessen Taille.
 

„Das reicht jetzt aber wieder.“ Der Blonde wuschelte dem kleinen Hybriden durchs

Haar. Der aber schon im nächsten Moment das Gesicht verzog. „Lass uns doch noch

ein bisschen spielen.“ Der Kleine schob die Unterlippe nach vorne. Doch Jemil

schüttelte den Kopf.
 

„Nimm mich nicht so hart ran.“ Der Vampir strich Felix über die Wange. Dann sah

er auch schon zu mir. Er hatte ein leichtes – wirklich leichtes – verschwitztes

Lächeln aufgelegt.
 

Sanft löste er die Umarmung des Kleinen. Nahm ihm aber auch gleich an der Hand

und kam zu mir zurück. Ihm entfuhr gerade ein kurzes Auflachen, als ich etwas

sagen wollte. „Tut mir leid, Jesko“, entschuldigte er sich. Felix sah nur

zwischen uns hin und her. Grinste dann aber schon. Eine Sekunde später hatte er

schon Jemils Hand losgelassen und war zurück zu den paar jüngeren Hybriden

gelaufen, die sich auch schon wieder eine kleine Schneeballschlacht lieferten.
 

„Das tut richtig gut.“ Jemil legte mir einen Arm um die Schultern. Stützte sich

scheinbar sogar etwas an mir ab. „Geht's dir gut?“, fragte ich besorgt. Es sah

fast so aus, als ob ihn das bisschen Herumgetolle schon völlig fertig gemacht

hatte.
 

„Klar. Das hab ich nur seit Jahren nicht mehr gemacht. Bin es wohl einfach nicht

gewohnt“, erwiderte er schnell. Kuschelte sich aber auf einmal an mich.
 

„Kann es sein, dass du frierst?“ Es war wohl nicht unbedingt unauffällig, dass

er auf einmal wieder so sehr meine Nähe suchte. „Etwas“, gab er zu. Ich legte

ihm einen Arm um die Taille. Wir würden wohl noch die ganze Nacht unterwegs

sein. Also würde es wohl auch noch um einiges Kälter werden.
 

„Denkst du, dass es Pio noch einmal versucht?“ Ich sah Jemil mit gehobener

Augenbraue an. „Was versucht?“ Sein Halbbruder hatte doch schon so viel getan,

für das ich ihn jede erdenklichen Qualen wünschen könnte.
 

„Mich zurück zu holen“, erwiderte der Vampir. Ich glitt über seine Finger. „Kann

schon sein. Aber ich pass auf dich auf.“
 

Langsam löste er sich wieder von mir. Ging ein bisschen schneller, so das er

einen guten halben Meter vor mir hermarschierte. Einmal glitt er mit den Fingern

durch sein blondes Haar. Blickte gen Himmel. Ich folgte seinem Blick. Es

strahlten die Sterne und der Mond hatte eine Sichel gebildet.
 

„Ich kann mir vorstellen, dass wir bis zu den Sternen müssten, bevor er uns

wirklich in Ruhe lässt.“ Ein Seufzen verlässt seine Kehle, scheinbar um das noch

zu verstärken, was er sagte.
 

Eigentlich wollte ich ihm noch etwas erwidern. Doch da halt schon Sotuganais

Stimme durch die Nacht. Er rief wieder eine Verschnaufpause ein. Die Jüngeren

waren aber auch zum größten Teil ganz schön außer Puste. Obwohl sie das fast

alle selbst zu verschulden hatten. Aber man konnte ihnen auch nicht einfach das

Spielen verbieten.
 

Zusammen mit Jemil setzte ich mich in die Nähe einiger Bäume. Wieder erstreckte

sich hinter uns ein Wald.
 

„Ich geh man schnell für kleine Königstiger“, hauchte er mir ins Ohr und

verschwand auch schon im nächsten Moment in dem Wirrwarr aus Ästen und Zweigen.
 

Ich schluckte. Eigentlich sollte ich ihn gar nicht alleine gehen lassen. Was

wenn Pio gerade das ausnützen würde. Jemil war doch gerade nur ein Mensch. Er

könnte sich nie im Leben gegen den Vampir wehren. Das konnte er schon so nicht.
 

Leise seufzte ich. Streckte mich schließlich auch ausgiebig.
 

Aber Jemil würde sich schon bemerkbar machen, wenn irgendetwas wäre. Das würde

er nicht so stillschweigend über sich ergehen lassen. Wie er brüllen konnte

hatte ich jetzt immerhin auch schon erlebt.
 

Was aber, wenn Pio ihn bewusstlos schlägt. So das er sich überhaupt nicht mehr

bemerkbar machen könnte. Es würde mich nicht wundern, wenn Pio das machen würde.

Nur damit ich Jemil nicht helfen könnte.
 

Ich bekam Panik. Ja. Anders konnte ich es gar nicht definieren. Wie lange war

Jemil denn jetzt schon weg? Eindeutig zu lange. Ich sprang auf. Versuchte

krampfhaft den Geruch des Blonden wahrzunehmen. Doch ich konnte einfach nichts

riechen. Eigentlich müsste ich ihn gerade wirklich einfach finden. Er war doch

der Einzige, der nach Mensch roch. Jedoch schnüffelte ich wirklich gar nichts.

Nicht mal im Ansatz.
 

Was wenn ihm wirklich etwas zugestoßen war? Dann wäre ich schuld! Das könnte ich

mir nicht verziehen. Nie im Leben.
 

Ich rief seinen Namen. Doch es kam nichts. Keine Antwort.
 

Wieder rief ich ihn. Und wieder nichts. Nur Stille. Jedoch stieg mir da auf

einmal dieser grässliche Geruch in die Nase. Der reine Vampirgeruch. Konnte das

wirklich sein? Konnte das Pio sein? Würde er ihm wieder etwas antun?
 

Ich stützte kopflos in das Unterholz. Folgte nur diesem Geruch. Den Hals würde

ich ihm umdrehen, wenn er ihn jetzt noch einmal anrühren würde. Nein. Ich würde

ihn gleich in Stücke reißen. Nur das hätte dieses Arschloch verdient!

Nur mir!

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Nur mir! (Sad End) + Epilog

Lost Angel
 

Kapitel 36 – Nur mir!
 

Jemil’s PoV
 

In meinem Kopf drehte sich alles. Dazukam wohl nur noch der kupferne Geschmack

in meinem Mund. Zumindest konnte ich so sagen, dass es noch nicht Mitternacht

vorbei war. Sonst wäre ich immerhin wieder ein halber Vampir und Blut hätte dann

einen anderen Geschmack für mich.
 

Ich spürte kaltes Metal an meinen Handgelenken, wodurch diese über meinem Kopf

nah aneinander gehalten wurden. Eigentlich wollte ich schon gar nicht wissen,

wieso das da war.
 

Mühsam versuchte ich in dem abgedunkelten Raum etwas zu erkennen. Es war

wirklich grässlich, dass Menschen im Dunkeln nicht sehen konnten. Aber mir tat

zudem auch noch der Kopf weh. Von dem immer noch vorhandenen Schwindelgefühl mal

abgesehen.
 

„Hey, Pio! Er ist wach!“ Ein kalter Wind hatte mich getroffen, bevor das jemand

gerufen hatte. Mir kam die Stimme so seltsam bekannt vor. Aber es war wie

weggeblasen, wer das sein könnte.
 

Eine eisige Hand berührte meine Wange. Strich leicht darüber. Ein Schauer

durchfuhr meinen Körper. Und das nicht nur wegen der plötzlichen Kälte.
 

„Hast du ihn unbedingt das antun müssen und dann auch noch angekettet?“, fragt

auf einmal wieder die erste Stimme. Der andere antwortete nicht. Aber das muss

er gar nicht, denn ich erkenne ihn auch so. Pio. Er hat es also wieder

geschafft. Ich hätte nie alleine von Jesko weggehen dürfen. Was war ich denn

auch so dumm?
 

Doch endlich erwidert mein Halbbruder doch etwas. „Ist es nie einem aufgefallen,

was ich mit ihm mache?“ Ich höre nur ein 'Ähm', als Erwiderung. Dann Stille.

Erdrückende Stille. Erst nach ein paar Minuten gab der andere wieder einen Ton

von sich. „Was hast du denn dann mit ihm gemacht? Ihr seid doch auch nur Brüder.“
 

Langsam wird meine Sicht klarer. Und ich kann Pios vor Wut funkelnden Augen

direkt vor mir sehen. „Ich bin nicht der Bruder dieses Missgeburt!“, zischte er.

Ich versuchte über seine Schulter hinweg den anderen zu erkennen, der gerade

einige Schritte zurück stolpert.
 

„Tut mir leid, ich meinte Halbbruder. Wirklich!“ Meine Augen weiten sich. Joe.

Wieso denn gerade er? Es gab jetzt wohl so manchen, den ich jetzt lieber gesehen

hätte. Aber wieso dann gerade er?
 

Ich spürte Pios Finger zwischen meinen Beinen und erst jetzt viel mir auch

überhaupt auf, was ich anhatte. „Du dreckiges Arschloch“, fauchte ich. Kniff die

Augen zu Schlitzen zusammen.
 

„Ach, wie niedlich. Du klingst, wie ein kleines Kätzchen.“ - Das hämische

Grinsen konnte er sich wohl auch nicht verkneifen. - „Was wird nur dein Wölfchen

denken, wenn es dich so sieht? Vielleicht, dass du eine verfluchte Transe bist.“

Und wieder dieses verfluchte Grinsen.
 

„Pio. Das Kleid ist schon ganz schön erniedrigend.“ Wollte Joe mir vielleicht

helfen? Ober mich zumindest aus diesem Fummel befreien? Das wäre doch gar nicht

seine Art. Nein. So war er nicht. Er wollte das sicher nur einmal angemerkt

haben, wie verdammt demütigend das war.
 

„Wieso denn? Er ist doch nur ein Mädchen, das sich von einem Wolf ficken hat

lassen. ... Das wäre doch einmal ein Einfall für ein Märchen.“ Pio drückte immer

fester gegen meinen Schritt. Und es stiegen mir Tränen in die Augen.
 

Wieso war ich nur so ein Idiot und hatte mich von Jesko einfach getrennt? Ich

hätte bei ihm bleiben sollen. Er hätte mich beschützt. Auf ewig. Aber jetzt war

es zu spät. Jetzt hing ich hier regelrecht in diesem roten Kleid mit den

unzähligen Rüschen.
 

Auf einmal bohrte sich ein grauer Flügel durch meine rechte Schulter. Verwirrt

sah ich auf Pio, von dem dieser kamen. Nur ein Ältester könnte solche Schwingen

haben. ... Oder jemand, der das Blut eines Ältesten getrunken hat.
 

„Die sind hübsch. Nicht?“, fragte er. Ein noch breiteres Grinsen bildete sich

auf seinem Gesicht. „Dafür musste ich nur Verona töten. Ihr Blut war wirklich

ein Genuss“, fügte er noch hinzu.
 

Mein Atem stockte. Somit hatte er uns auch tagsüber folgen können. Wer weiß, wie

lange er schon wieder so nah an unseren Fersen klebte. Vielleicht seit Mila bei

uns war. Vielleicht sogar noch früher.
 

Pios Finger glitten unter meine Shorts. Doch er berührte nicht einmal im Ansatz

mein schlaffes Glied. Wanderte schon viel lieber weiter nach hinten. Ich spürte

schon in der nächsten Sekunde einen seiner Finger in mir. Keuchte.
 

Mir wurde wieder schwindelig. Alles in meinem Kopf drehte sich. Ich konnte kaum

einen klaren Gedanken fassen. Nur eins bekam ich immer wieder richtig zu fassen.

Jesko. ... Jesko. ... Und nochmal Jesko.
 

„Bis dein Wölfchen kommt, bist du schon längst tot.“ Pio wischte mir etwas von

dem langen, strähnigen Haar von der Schulter. Also wollte er mich wohl sogar mit

einer Perücke noch ganz zum Mädchen machen.
 

Fast schon andächtig suchte mein Halbbruder an meinem Hals die Schlagader.

Wollte er mich aussaugen? Mich so einfach umbringen. Vielleicht sogar noch,

während er mich wieder vergewaltigte.
 

Ich kniff die Augen vor Schmerz zusammen, als er mit dem zweiten Finger in mich

glitt. Versuchte krampfhaft einen Schrei zu unterdrücken. Doch es kam dennoch

ein Wimmern zum Vorschein.
 

„Bleib ruhig, Brüderchen. Dieses Mal tut es nicht so lange weh.“
 

Mein Kopf lag auf seiner Schulter, als er mit den Zähnen ansetzen wollte. Joe

stand immer noch in einer Ecke und sah uns zu. Da spürte ich es aber auf einmal.

Das Vampirblut kam zurück.
 

Ich zog meinen Kopf zurück und somit auch meinen Hals von Pios Zähnen weg. Nur

ein paar Minuten würde ich vielleicht brauchen. Dann könnte mir ein Biss

eigentlich nichts mehr anhaben. Nur wenn er zu lange saugen würde.
 

„Was ist denn, Brüderchen? Gerade hast du doch dein Schicksal noch anerkannt.“

Mit gespielter Freundlichkeit sah er mich an. Das bisschen Zeit würde mir jetzt

reichen.
 

„Ich lass mich doch nicht einfach von dir beißen“, knurrte ich. Doch da drückte

er mich schon wieder zu sich zurück. Mein Kopf lag wieder auf seiner Schulter.

Direkt neben seinem Hals. Ich spürte schon wieder meine Eckzähne. Die müsste ich

ihm nur in den Nacken treiben. Wenn ich genügend von seinem Blut hätte, würde

auch er schwächer werden. Genauso, wie ein Mensch, der zu viel Blut verlor.
 

Ohne nachzudenken rammte ich ihm einfach die Zähne ins Fleisch, bevor er

überhaupt wieder meine Schlagader gefunden hatte. Er sprang vor Schreck auf,

aber ich ließ nicht locker. Hatte mich schon längst festgebissen.
 

„Joe, du Idiot! Hilf mir!“, brüllte er. Doch jetzt wollte es der wohl trotzdem

nicht mehr mit ansehen und war weg. Gut für mich.
 

Das Blut brannte in meinem Körper. Natürlich. Es war Ältestenblut, das in seinen

Adern floss. Er hatte Verona nur dafür getötet, dass er mich verfolgen konnte.

Vielleicht reichte es, wenn ich sie rächen würde, dass man Jesko verzeihen

könnte, dass er Victor getötet hatte.
 

„Du Missgeburt wagst es wirklich deine Zähne in meinen Hals zu rammen!“, brüllte

Pio mich an. Immer wieder spürte ich seine dreckigen Finger auf meinem Körper,

wie sie mir tiefe Schrammen zufügte. Seine Nägel waren eben genauso scharf wie

meine. Wenn nicht sogar schärfer.
 

Als er zusammensackte ließ ich von ihm ab. Stolperte selbst einige Schritte

zurück. „Du Missgeburt“, fauchte er. Jetzt kam er wohl einem Kätzchen gleich.
 

Eigentlich stärke mich Blut sonst immer nur, aber dieses hatte mir fast meine

ganze Kraft geraubt. Doch es kam mir eigentlich gar nicht vor, als ob es Pio so

viel Lebensenergie gekostet hätte, die ich ihm samt seinem Blut geraubt hatte.
 

Mühelos stand er wieder auf und kam auf mich zu. „Du denkst doch nicht wirklich,

dass man so einfach jemanden töten könnte, der das Blut eines Ältesten in sich

hat. Köpfen ist meinst die einzige Möglichkeit, Süßer.“
 

Mit Leichtigkeit konnte er mich wieder hoch drücken. Löste mit einer kurzen

Handbewegung auch die Handschellen. Schlaff sanken meine Arme nach unten. Jetzt

war es wirklich aus. Nur weil ich sein Blut – und wohl auch das von Verona –

getrunken hatte, würde ich das nicht überstehen. Nicht alleine. Ach Jesko, wieso

bin ich Idiot denn nur alleine gegangen?
 

Wieder spürte ich eine von Pios Händen zwischen meinen Beinen. Die andere

streift mir langsam dieses grässliche Kleid ab. Es ist genauso rot, wie das

Blut, das in meinem Gesicht klebte. Und gerade diese Flüssigkeit widerte mich

gerade nicht einmal mehr an. Vielleicht, weil ich einfach zu viel Angst hatte.

Es ist wohl nicht mehr, als die pure Panik. Pio würde mich nach diesem Mal

umbringen.
 

„Wieso?“, murmle ich und für einen Moment sah er zu mir auf. Das Kleid lag

längst auf dem Boden. Nur noch meine Shorts würden mich vor ihm schützen, wenn

er seine Finger nicht auch schon unter denen hätte.
 

„Was 'wieso'?“, fragt er mich, während eine seiner Hände über meine Brust

streife. Immer wieder leicht über meine Brustwarzen glitten. Bei Jesko würde

mich das jetzt wohl verdammt scharf machen. Aber jetzt? Ich fühlte mich so

dreckig.
 

„Wieso tust du mir das immer wieder an? Hasst du mich denn so sehr?“ Diese eine

Frage. Die Antwort darauf wollte ich schon immer wissen. Es erschien mir jetzt

wohl der richtige Moment dafür zu sein. Vielleicht sogar die letzte Chance es

ihn zu fragen.
 

„Weil du nur mir gehörst, Brüderchen! Nur mir!“ - Für einen Moment setzte er ab.

- „Ich wusste immer, dass du irgendwann versuchen würdest zu fliehen. Aber dass

du das mit einem Wolf tun würdest hätte ich nie gedacht. Na ja, auch egal. Es

war ohnehin alles geplant. Wenn du versuchen würdest wegzulaufen, dann würde ich

dich verfolgen und umbringen. Nur damit dich kein anderer bekommt.“
 

Er zwang mir seine Lippen auf. Wollte mit der Zunge in meinen Mund. Doch den

presste ich nur zusammen. War ich denn nur sein Eigentum? Eigentlich gehörte ich

niemand. Wenn es gut kam vielleicht Jesko. Aber bei dem beruhte es sich doch

wenn dann schon auf Gegenseitigkeit.
 

„Du willst dich doch wirklich dagegen wehren.“ Ein Grinsen umspielte Pios Lippen.
 

„Jesko wird dich umbringen!“ Es sah nicht so aus, als ob ihn das irgendwie

schocken würde. „Soll es der kleine Wolf doch versuchen.“
 

Ich schluckte. Jesko würde ihn umbringen, da war ich mir sicher. Aber ob ich das

noch erleben würde, wäre wohl dann noch so eine Sache.
 

Pio leckte langsam über meine Kehle und biss dann einfach zu. Ich spürte, wie

meine Kräfte immer schwächer wurden, je länger er saugte. Da hörte ich aber auf

einmal ein Knurren.
 

„Das Wölfchen ist ja doch noch da.“ Mein Bruder ließ abrupt von mir ab. Leicht

konnte ich an ihm vorbei sehen. Ein verwandelter Werwolf stand vor ihm. Das Fell

bedeckt mit Schnee, der langsam zu schmelzen begang.
 

„Jesko“, flüsterte ich nur, als Pio schon gelassen auf ihn zuging. Egal wie sehr

er knurrte. Ich konnte mir vorstellen, dass der Werwolf sich nie im Leben

beherrschen könnte. Nicht so wütend wie er war. Er würde ihn zerreißen.
 

„Weißt du, was gegen Werwölfe am besten hilft?“, meinte Pio auf einmal. So

sicher war ich mir nicht, als er sich leicht zu mir herumdrehte. „Silberkugeln!“

Ein fieses Grinsen lag auf seinen Lippen. Da wendete er sich aber schon wieder

dem Werwolf zu.
 

Ich kniff die Augen zusammen und hörte nur, wie ein Schuss die Hütte erfüllte

und das kurze Aufjaulen des Wolfes. Leicht hob ich wieder ein Lid. Blut

verteilte sich auf dem Boden. Klebte an der Wand. Bedeckten Pio, der sich gerade

wieder zu mir drehte.
 

Jesko hatte sich wieder zurückverwandelt. Mein Atem wurde schneller. Das hatte

er nicht getan. Pio war nicht so grausam. „Du verfluchtes Arschloch!“, brüllte

ich, bevor ein Heulkrampf über mich kam.
 

Er wollte mich nur retten. Mich, dieses verfluchte, kleine Halbblut. Ich hatte

es nicht verdient, dass er wegen mir starb. Nicht wegen mir. Ich war es nicht

wert. Mein Leben war sinnlos im Gegensatz zu seinem.
 

„So und jetzt wieder zu dir, Brüderchen.“ Wie konnte er nur so gefühlskalt sein.

Wieso? Konnte er mich denn nicht glücklich sehen. Wollte er mir denn wirklich so

etwas antun?
 

„Ich hasse dich!“, zischte ich noch, bevor er es wieder tat, obwohl ich ohnehin

nichts mehr spürte. Jetzt hatte er mich wirklich gebrochen. Hatte er mir denn

nicht das Letzte genommen, was ich hatte?
 

„Wie willst du sterben, Bruderherz?“, fragte er doch wirklich noch, als er

wieder von mir abließ. Ich sah mit leerem Blick zu ihm auf. Erwiderte nichts.
 

Hinter ihm knarrte der Dielenboden. „Igitt. Jetzt liegt hier auch noch ein toter

Wolf“, hörte ich Joe angeekelt sagen. Ein zweiter Schuss erfühlte die Stimme.

„Nerviges Vieh“, murmelte Pio und wendete sich leicht um.
 

„Du bist krank“, flüsterte ich, da beugte sich mein Halbbruder aber schon wieder

über mich. „Denkst du? Nur weil ich dich haben will?“ Langsam nickte ich als

Erwiderung. Genau deswegen. Er konnte doch nur irre sein.
 

Da machte er mich aber auf einmal los und ließ die Pistole vor mir fallen. „Mach

damit was du willst, Brüderchen.“
 

Er machte einfach auf den Hacken kehrt und wollte mich allein lassen. „Soll ich

wirklich?“, rief ich ihm aber noch hinterher.
 

„Stirb doch neben ihm, wie Julia“, gab er noch von sich. Dann ließ er mich

einfach hier zurück. Er war sich wohl im Klaren darüber, dass ich nicht ohne

Jesko leben würde.
 

Ich kroch neben meinen Werwolf und zog ihn zu mir. Behutsam strich ich ihm übers

Haar. „Wie hübsch du doch bist“, flüsterte ich kaum hörbar und legte seinen Kopf

auf meinen Schoss. In der rechten Hand hatte ich immer noch die Waffe. Sollte

ich es denn wirklich tun? Wie Julia neben ihrem Romeo sterben?
 

Leise seufzte ich und setzte den Lauf an meine Schläfe an. Noch einmal atmete

ich tief durch, bevor ich abdrückte.
 

Meinen Aufprall spürte ich schon gar nicht mehr. Keine Sekunde den Schmerz,

obwohl mein Herz davor schon genug geschmerzt hatte. Jetzt hatte es aufgehört.

Endlich.
 

Genauso, wie mir der Schuss, der noch in der Ferne zu hören, war entging. Pio

hat es in seinem Leben wohl auch nicht mehr ausgehalten. Zumindest würden wir

uns in der Hölle nicht treffen.
 

~~~
 

Epilog - Good Bye
 

Jesko's PoV
 

Ich kann ihn immer noch spüren. Seine sanfte Umarmung. Seine warmen Lippen.

Dabei steht mein Herz schon längst still. Mein Atem tut nicht mehr seine

Pflicht. Und dennoch fühle ich ihn. Immer noch. Jede seiner zärtlichen

Berührungen. Als ob ich noch leben würde.
 

Es tut mir so leid, Jemil. Ich kann dich nicht mehr fliegen lassen. Dabei habe

ich dir doch gerade das versprochen. So habe ich es wohl gebrochen. Es tut mir

so unendlich leid.
 

Doch wenn wir uns irgendwann wieder sehen. In einem anderen Leben. In einer

anderen Zeit. Zu anderen Umständen. Wenn wir uns wirklich lieben dürfen. Dann

bitte, bitte, erkenne mich. Denn ich werde es tun. Ich werde dich immer wieder

erkennen. Deine wunderbaren Augen werde ich in jedem Leben wieder finden können.

Selbst wenn du dich sonst völlig verändern würdest.
 

Wie gerne würde ich dich aber jetzt wieder sehen. Nur für einen Moment. Doch das

wird mir wohl verwährt bleiben. Mein Leben ist aus. Und ich kann dich nicht

einmal beschützen. Das will ich doch auch tun.
 

Aber zumindest hast du für eine kurze Zeit meinem Leben einen Sinn gegeben. Ich

hätte wohl auf ewig in Knechtschaft gelebt. Doch du hast mir meine Freiheit

gegeben. Wie gerne hätte ich mich doch dafür auch noch bedankt. Wie gerne.
 

Es tut mir doch alles so leid. Ich habe dich mit in den Tod gerissen. Nur weil

ich so ein verfluchter Idiot bin.
 

Aber zumindest kannst du jetzt deine Flügel wieder aufspannen. Du hast sie

wieder. Also im Grunde habe ich dich doch wieder zum Fliegen gebracht. Also

flieg. Und am besten für mich gleich mit. Denn ich würde wohl nur abstürzen.
 

Good bye, Jemil.
 

Jemil's PoV
 

Wie lange hatte ich in Einsamkeit gelebt? Ich habe doch nur niemand an mich

heran gelassen. Niemand sollte mich anfassen. Niemand sollte spüren, wie es mir

geht. Und jetzt werde ich ihn nie wieder sehen. Er hat sich für mich geopfert

und ich stürze mich mit ihm in den Tod. Er wollte mich schützen und ich lasse es

nicht einmal zu.
 

Oh, Jesko, mit dir hätte ich gerne einmal richtig gelacht. Aber habe ich das

unterbewusst nicht? Ja, du hast mich gelegentlich wirklich zum Strahlen

gebracht. Nur du hast das gekonnt. Du bist der Einzige, der mir je wirklich ein

Lächeln entlocken konnte. Nur du. Kein anderer. Aber wie sollte ich auch anders?
 

Doch ich hätte mich noch so gerne bei dir für alles bedankt. Alles was du getan

hast. Dabei war es nie wirklich viel. Ein sanftes Lächeln. Doch das hatte sich

immer so gut angefühlt. Jedes Mal hatte mein Herz irgendwie einen kleinen Sprung

gemacht. Aber es sollte wohl nicht sein. Unsere Liebe sollte nicht sein. Dabei

tue ich es doch wirklich. Ich liebe dich über alles.
 

Aber wieso muss es so enden? Wie gerne hätte ich den Rest meines unendlichen

Lebens mit dir in Frieden verbracht. Doch die Zeit hat es nicht zugelassen.

Unser Stand war zu verschieden. Aber was sagen schon Stände über jemanden aus?

Ich war als Vampir doch eigentlich viel niedriger, als du als Werwolf. Du

konntest dich über dein Leben freuen und ich war immer nur einsam. Wieso hatte

ich dich nicht schon früher so lieben könnten? Wieso habe ich es mir nicht

eingestanden?
 

Vielleicht war ich einfach nur ein Idiot. Ein verflucht dummer. Dabei hätte ich

der Klügere von uns beiden sein müssen. Und dennoch war es umgekehrt. Du hast

dein Leben gelebt. Das konnte ich nie. Aber du hast es versucht mir zu zeigen.

Versucht mir beizubringen, wie man richtig lebt. Einfach in den Tag hinein. Und

nie auf morgen warten. Am besten auch nie zurücksehen.
 

Aber du hast mir das Fliegen zumindest wieder beigebracht. So können wir das

endlich zusammen tun. Nur das ich dich nicht sehen kann. Aber ich spüre dich.

Auch wenn ich nicht mehr lebe. Ich spüre dich.
 

Wie gerne würde ich es dir jetzt in dein strahlendes Gesicht sagen. Danke. Und

... ich liebe dich.
 

Good Bye, Jesko.
 

~~~
 

Eigentlich war das Ende ganz am Anfang so geplant. ôô

Den Epilog hatte ich sogar schon im Juni gehabt, aber irgendwie haben sich dann

die Umstände doch geändert und ich hab es jetzt nur so noch ... na ja, einfach

so noch geschrieben. ôô

Irgendwie gefällt mir der Epilog besser. Nur zum anderen Ende passt er nicht.

Freiheit

Lost Angel
 

Epilog – Freiheit
 

Jesko's PoV
 

Waren wir wirklich frei? Würde uns niemand verfolgen. Nie wieder. Eigentlich

konnte man es sich kaum vorstellen. Aber bis jetzt waren wir frei. Natürlich

würde es noch weit sein bis Transsilvanien. Und dort könnten wir unsere Ruhe

finden. Oder wohl eher Jemil. Auch wenn sein Bruder, der ihn jahrelang gequält

hatte, nicht mehr lebte, die Erinnerungen blieben. Es würde wohl noch lange

dauern, bis die Wunden deswegen wirklich verheilt waren. Und ich konnte ihm

dabei auch nur helfen. Aber irgendwann. Irgendwann könnte er zu vergessen

anfangen.
 

Und ich würde bei ihm bleiben. Egal, wie lange. Egal, was passiert. Ich würde an

seiner Seite bleiben.
 

Jemil's PoV
 

Freiheit? Was war das schon? War nicht jeder in seinem Leben gefangen? Wohl

nicht. Denn wir waren doch gerade aus diesem ausgebrochen. Zusammen. Wir haben

uns den Schranken des Vampir- und Werwolfdasein gesträubt. Und das auch nur,

weil wir zusammen sein wollten. Und ich wollte auch bei Jesko bleiben. Er könnte

mich wohl von dem größten Leid, das mich noch zerfraß befreien. Nur er. Aber

auch nur, weil er mir auch helfen wollte. Und ich ihn das auch tun ließ. Also

war es wohl so am besten.
 

Und so konnte ich auch bei ihm bleiben. So lange ich wollte. Egal, was passieren

würde. An seiner Seite fühlte ich mich wohl. Und dort wollte ich bleiben.
 

~~~
 

Damit hätten wir wohl das geschafft. ôô

Vielleicht kommen ja noch ein paar Abschlusskommentare zusammen. Wäre recht nett.

Wer nicht mag, kann sich ja dann auf die Fortsetzung stürzen, von der ich demnächst den Prolog hochlade. Aber wohl für den Anfang auch nur den, da ich erst

einmal etwas an meinen anderen Stories arbeite.
 

Und wem das Ende jetzt überhaupt nicht gefallen hat, dem kann ich in den nächsten Tage noch das Sad End anbieten. Dann ist aber Schluss.
 

Na ja, bis dem nächst zu Lost Angel - Die Flügel wachsen wieder!



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Von:  KuroMikan
2013-02-25T08:30:47+00:00 25.02.2013 09:30
woahhh !!! also ich hab jetz die ganze ff in einem durch ^^ und ich kann nur sagen toooooooooooooooooooooll!!! die zwei sind einfach zu putzig *.*
dein schreibstil ist auch sehr gut und ich fand es auch super dass nich die ganze ff aus der sicht eines einzelnen geschrieben war ^^
also hut ab ^^ ich werd mich jetz an die nächste machen da du sie ja schon so schön angekündigt hast ^^
Von:  MondWolf
2010-06-29T22:10:47+00:00 30.06.2010 00:10
Also ich find die Geschichte bis jetzt richtig klasse! *gespannt sei wie es weiter geht*
Von:  Brenna
2009-07-01T09:49:51+00:00 01.07.2009 11:49
Ich finde die Kapitel, die ich bis jetzt gelesen habe, richtig gut. ^^ Vor allem Mila ist mir jetzt richtig sympathisch geworden.
Das einzige was mir nicht soo gut gefällt ist, dass Jesko für meinen Geschmack ein kleines bisschen zu nah am Wasser gebaut ist.
Alles in allem eine wirklich gelungene FF. ^^
Von: abgemeldet
2009-01-04T20:27:28+00:00 04.01.2009 21:27
Huhu Kagome!

Echt tolle Geschichte!! Bin sehr begeistert! Ich hab sie von vorne bis hinten so gut wie ohne Unterbrechung gelesen... Also, es war super spannend und packend und (abgesehen von klitzekleinen Rechtschreibfehlern hier und da^^(aber das ist ja nicht soo wichtig ;) ))finde ich deinen Schreibstil total toll!
Was ich nicht so ganz verstehe, bei fanfiction.de gibt es nur 35 Kapitel + Epilog und hier 37... Ist das 36. anders als das 37., die ja beide Nur mir! heißen? Kann sie ja leider nicht öffnen^^...
Bin jedenfalls gespannt auf die Fortsetzung. Müsste Jemil jetzt nicht das Sonnenlicht abkönnen? Er hat doch jetzt Ältestenblut getrunken.

lg *wink*
Aleonora
Von: abgemeldet
2009-01-03T19:44:27+00:00 03.01.2009 20:44
Wow...
Das war wirklich sehr traurig, aber mir hat dieses Ende wirklich auch sehr gut gefallen.
Es war wirklich dramatisch und total genial.
Es hat echt gut gefallen!^.^

Mit herzallerliebsten Grüßen
Von:  Flippi
2009-01-03T18:52:25+00:00 03.01.2009 19:52
Oh ja, das ich auch wieder ein super Kapi!
Gut, wirklich traurig, aber genial!
So, dann hat hier wohl jeder sein Ende gefunden....
Aber das ist wirklich soo schön darmatisch!
Gut vielleicht wird der zweite Teil ja auch ein so böses Ende haben?
Nur das es den alten Pio nicht mehr gibt...
Gut wer weiss, kann ja der nächste durchgeknallte kommen! ^__^
Ich bin dan schon mal soo gespannt!
lg

Flippi
Von:  Tajuja-chan
2009-01-02T23:52:39+00:00 03.01.2009 00:52
och nö das vor letzte kappi issn aduld *heul*
aba nit so schlimm aud grund des epilogs kann ich mir in etwa vorstellen was passiert is
schade dass es scho vorbei is
ne supper tolle ff vielen dank fürs schreiben *kuchen schenk*
freu mich scho auf die fortsetzung

LG Tajuja-chan^^
Von:  Flippi
2009-01-02T22:01:59+00:00 02.01.2009 23:01
Oh ja, dann bist du da wirklich fast fertig!
Finde es ist dir da wirklich sehr gut gelungen!
Bin da wirkrlich sehr begeister!
Das hast du wirklich toll gemacht und auf das andere Ende freue ich mich auch schon!
Jup und auf die Forsetzung am meisten!
Freue mich schon wieder was von dir zu hören!
Lg

Flippi
Von:  Flippi
2009-01-02T21:58:05+00:00 02.01.2009 22:58
Oh man, das ist da aber schön hart....
Pio hat da wirklich schön was mit Jemil angestellt.
Wär der gute Jesco nicht rechtzeitig gekommen hätte es ein böses Ende genommen...
Gut und Jemil war da wirklich nett zu seinem Bruder,
hätte ihm das leben geschänkt,
aber Pio machte ja mal wieder alles falsch....
Gut, wenigstens sind die Beiden jetzt wirklich sooo frei!
Da kann gar nichts mehr schief gehen!
(Oder hoffentlich...)
Gut das mit Joe war auch klasse! ^__^
Einfach super! ^__^
Lg

Flippi
Von:  midoriyuki
2009-01-02T21:43:13+00:00 02.01.2009 22:43
*nick*
Gute und stimmige Abschlussgedanken^^

Dass du eine Fortsetzung schreiben willst hat mich jetzt zwar überrascht, weil ich die Geschichte so als ziemlich abgeschlossen und mit einer hoffnungsvollen Grundidee für die Zukunft der Beiden aufgefasst habe aber gut^^
Ne Fortsetzung wird wohl kaum schaden^^

Insgesamt eine sehr ausgeklügelte Handlung, die sich an sich gut verfolgen lässt auch wenn zwischendurch die Handlungen der Charaktere etwas verwirren^^
Besonders was Pio betrifft, da man von ihm lediglich den Aspekt des grausamen Monsters mitbekommt, was allerdings auch nicht weiter tragisch ist, da Verständnis durch die beiden Protagonisten absolut deplatziert wäre.

Was mir besonders gefallen hat ist die Entwicklung deines Schreibstils.
Zu Anfang war der noch eher einfach gehalten und zwischendurch eher abgehackt, aber du hast dich von Kapitel zu Kapitel gesteigert, so dass du im Endeffelt in einen flüssigen und ordentlichen Schreibfluss gekommen bist.
Das soll nicht heißen, dass die ersten Kapitel schlecht waren, sondern in Ordnung und dieses Potenzial hast du richtig genutzt.

In diesem Sinne

Liebe Grüße
Yuki


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